Editorial

Wenn heute zahlreiche Gemeinden ihre Freibäder renovieren müssen, da Bauten und Technik ins Alter kommen, gilt es, auf veränderte Bedürfnisse, Gewohnheiten und Nutzungsansprüche einzugehen. Viele Bäder erleben – nach einer Krise in den 80er-Jahren, als manchenorts über Schliessungs- oder Privatisierungsszenarien nachgedacht wurde – seit den 90er-Jahren ein Revival oder gar eine nie dagewesene Blüte der Badekultur. Die Liberalisierung der Gastgewerbeordnungen hat mancher «Badi» einen gastrokulturellen Aufschwung beschert und die Kioskpächter zu innovativen Wirten werden lassen. Die Befriedigung verschiedener körperlicher Bedürfnisse, im 20. Jahrhundert auf strikt getrennte Orte verteilt, rückt wieder näher zusammen; das Bad wird zu einem multifunktionalen Ort mit Gartenrestaurant, Bar, Kino oder Museum – und mancher Bademeister wird ein wenig zum Kulturmanager.

Dafür tritt der sportliche Aspekt in den Hintergrund. Der Schwimmsport erfreut sich zwar wachsender Beliebtheit, doch er findet heute eher im Hallenbad statt, ebenso das Schulschwimmen. Spezielle Sport- und Schulschwimmbecken braucht es deshalb in den Freibädern nicht mehr. Und weil sich nur noch ein kleiner Teil der Badegäste zum Umziehen verstecken möchte, werden Garderobengebäude frei für neue Nutzungen: als gedeckte Spielflächen, als Räume für Kulturveranstaltungen oder ganzjährig nutzbare Lokale für Vereine im Quartier. Die Bäder müssen sich gegen vielfältige Konkurrenz durchsetzen und eine immer mobilere Bevölkerung fesseln. Die Gemeinde als Betreiberin muss dem Bedürfnis nach mehr Fun, Action und Events nachkommen. Sie kann es sich aber nicht leisten, mit allzu vielen Rutschbahnen, künstlichen Wellen und Partys die Stammgäste zu vertreiben. Diese nutzen das Bad v.a. als erholsamen Garten und suchen eher stille Ecken zum Lesen oder für ein ruhiges Gespräch. Gefragt ist also die Quadratur des Zirkels: Das Bad soll allen etwas bieten und gleichzeitig ein klares Profil haben. Zu Letzterem, einem eindeutigen Charakter, verhilft ihm nicht selten seine historische Bausubstanz. Kommunale Bäder wurden oft mit viel Sorgfalt geplant. Wie wertvoll und attraktiv Architektur und Gartengestaltung in manchem Fall sind, wurde in den letzten Jahren bewusster, nicht zuletzt dank einer – leider vergriffenen – Publikation des Schweizer Heimatschutzes.

Dieses Heft berichtet von drei Bädern: Das älteste «künstliche» Freibad der Schweiz, das 1911 von Rittmeyer & Furrer gebaute Bad Geiselweid in Winterthur, ist so marode, dass es tiefgreifend umgebaut werden muss; nun erhält es ein Biobad. Das Freibad Letzigraben in Zürich von 1949 hat mit Max Frisch als Architekten, Gustav Ammann als Gartenbauer und seiner Lage auf einer alten Hinrichtungsstätte und den Überresten einer römischen Villa eine so reiche Geschichte, dass seine Garderoben heute als Museum dienen können. Aber nicht nur hier setzt die Stadt Zürich auf Denkmalpflege. Auch im weniger prominenten Freibad Seebach, 1966 von Adolf Wasserfallen und Willi Neukomm als Teil eines grösseren Ensembles öffentlicher Bauten erstellt, ist es der feinfühlige Umgang mit der bestehenden Bau-(und Gartenbau-)Substanz, der dem Ort Einzigartigkeit und Charme sichert.
Ruedi Weidmann

Inhalt

Wettbewerbe
Entwurfslabor | Aufwertung in Hanglage | Ein- und angefügt | Im Kern erfasst

Magazin
«Werdende Wahrzeichen» | Verkehrslärm und Raumluftqualität | Landschaftlich im Bilde | Ingenieurbiologische Bauwerke | Semesterreise «Künstliche Landschaften»

SIA
GINES – Nachhaltige Raumentwicklung | Naturgefahren begegnen | Zwischen den Disziplinen

Produkte

Weniger sport – mehr Spass
Jean-Pierre Wymann
Das Freibad von Max Frisch und Gartenbauer Gustav Ammann von 1949 wurde in den letzten beiden Jahren umfassend erneuert. Wasserfontänen, Massagedüsen und ein Wellenbad verwandeln das Bad in ein Erlebnisbad.

Erfrischendes Baudenkmal
Axel Simon
Das Freibad Seebach war in die Jahre gekommen. Die Architekten Hermann Kohler und Enrico Ilario erneuerten die Technik, sanierten die Gebäude und frischten die gesamte Anlage auf.

Baden ohne rote Augen
Claudia Carle
Fast 100 Jahre nach seiner Erbauung wird das Freibad Geiselweid in Winterthur saniert. Dabei wird eines der
Becken durch einen Naturbadeteich ersetzt.

Impressum

Veranstaltungen

Weniger Sport - mehr Spass

Das Freibad von Max Frisch und Gartenbauer Gustav Ammann liegt am Letzigraben, wo zur Römerzeit eine Villa stand und später der Galgen-
hügel. In den letzten beiden Jahren wurde die Anlage von 1949 umfassend erneuert. Wasserfontänen, Massagedüsen und ein Wellenbad steigern die Attraktivität und unterstützen den Wandel zum Erlebnisbad.

Das Freibad Letzigraben befindet sich im Entwicklungsgebiet Letzi am Schnittpunkt der Quartiere Altstetten, Albisrieden, Aussersihl und Wiedikon. Während der Industrialisierung entstand hier zwischen Zürichs Blockrandbebauung mit Wohnungen und den dörflichen Strukturen von Albisrieden und Altstetten im Südwesten ein Gebiet mit Arbeitsplätzen. Begonnen hat die Entwicklung des ehemals landwirtschaftlich genutzten Gebiets mit grossen Industriebetrieben wie der Motorenwagenfabrik Arbenz oder dem städtischen Schlachthof.

Frisch
Mitten im Zweiten Weltkrieg gewann Max Frisch den Wettbewerb für das Letzibad. Sein Projekt überzeugte die Jury durch die konsequente Anordnung der Bauten entlang der Grundstücksgrenzen. Den Eingangsbereich fügte er geschickt in den Geländezwickel als Gartenhof ein und nutzte so das ganze Grundstück. Dank diesem Auftrag konnte Frisch ein eigenes Architekturbüro gründen. Das Letzibad blieb jedoch Frischs einziges grosses Projekt. 1955 überliess er sein Büro seinem langjährigen Mitarbeiter Hannes Trösch und widmete sich ausschliesslich dem Schreiben. Die Überarbeitung des Wettbewerbsprojekts führte zu einigen funktionalen Verbesserungen, was die Anlieferung des Restaurants oder die Zufahrt zur Sanität von aussen anbelangt. Die Qualitäten des Entwurfes mit dem grossem Freiraum, in den die Wasserbecken als freie Form einbeschrieben sind, blieben erhalten. Aufgrund der Materialknappheit verzögerte sich die Ausführung des Projektes bis 1947. Frisch hoffte, an diesem geschichtsträchtigen Ort bei den Aushubarbeiten einen Schädel zu finden: «Vor hundert Jahren war hier der Galgenhügel; der Aushub wird nicht ohne Schädel sein, wie sie Hamlet in die Hand genommen hat, und weiter drüben ist es das alte Pulverhaus, das sie eben abbrechen; fast lautlos stürzen die alten Mauern, verschwinden in einer Wolke von steigendem Staub. ­­– Wären es die Pulverhäuser aller Welt.»1 Beide Wünsche haben sich nicht erfüllt. Ein Skelett wurde später doch noch gefunden, leider ohne Schädel, obwohl an diesem Ort bis 1810 Hinrichtungen stattfanden und der Galgen erst 1831 abgebrochen wurde.

Landi-Stil
Frischs Bauten sind deutlich von der Architektur der Landesausstellung beeinflusst. Die grazilen Gebäude in Leichtbauweise mit Holz, Stahl und Glas vermittelten nach dem Ende des Krieges eine geradezu heitere und unbeschwerte Stimmung. Dies trifft insbesondere auf das Restaurant zu, das als einziges Gebäude frei auf dem höchsten Punkt des Geländes steht und einen Rundblick über die ganze Anlage erlaubt. Der zweigeschossige Pavillon baut auf einer achteckigen Grundform auf. Die Holzkonstruktion des Obergeschosses ist mit schlanken Holzstützen auf den Boden abgestützt und über eine Freitreppe zugänglich, die einen Zierteich überbrückt. Der Pavillon und der schlanke hohe Sprungturm aus Beton sind die beiden Wahrzeichen des Bades.
Für die Gestaltung der Gartenanlage hat Max Frisch den Landschaftsarchitekten Gustav Ammann beigezogen, zu dessen wichtigsten Werken die Werkbundsiedlung Neubühl, die Landesausstellung 1939 und das Freibad Allenmoos von Max E. Haefeli und Werner M. Moser gehört. Im Letzibad entstand ein «Wohngarten», ein erweiterter Wohnraum in der Natur, der Architektur und Landschaft miteinander verbindet. Geschwungene Wege aus Natursteinplatten führen über das sanft modulierte Gelände. Lockere Baum- und Strauchgruppen ersetzen geschnittene Hecken und gliedern die grosszügige Gartenanlage. Überhaupt war die ursprüngliche Bepflanzung sehr vielfältig. Neben schlanken Säulenpappeln, ausladenden Trauerweiden, fiederblättrigen Laub- und grossblättrigen Trompetenbäumen kommen auch Kiefern und Lärchen vor.

Umnutzung
Das Bad ist als Baudenkmal eingestuft. weberbrunner architekten und SKK Landschaftsarchitektur haben es verstanden, der Anlage innerhalb von zwei Jahren ihre ursprüngliche Gestalt zurückzugeben und sie dabei schonend vom Sport- und Freizeitbad zum Freizeit- und Erlebnisbad umzubauen. Für die Saison 2006 musste das Bad geschlossen werden. Insgesamt gliederte sich das Bauvorhaben in 13 verschiedene Baustellen. Ziel war neben der Instandsetzung der Anlage die Umnutzung der nicht mehr verwendeten Garderoben, die umfangreiche Erneuerung der Bädertechnik und die Umsetzung der aktuellen Vorschriften betreffend Sicherheit und Hygiene. Heute benutzen nur noch wenige Badegäste die Garderoben. Vier der ursprünglich bedienten Garderobenbereiche im Gartenhof wurden deshalb in den letzten Jahren als Lager zweckentfremdet, wobei die gesamte Einrichtung entfernt wurde. Dadurch büsste der Eingangsbereich viel von seinem Charme ein. Mit der Instandsetzung wurden die Garderobengebäude in den originalen Zustand rückgebaut. Anstelle der ursprünglichen Inneneinrichtung wurden neue, ganz verglaste Einbauten als Haus im Haus in die originale Bausubstanz eingefügt. Sie nehmen zwei Ausstellungsräume, einen Kiosk sowie eine Badeboutique auf. Das Sportschwimmen verlagerte sich im Lauf der rund 60-jährigen Geschichte des Freibades zunehmend in die Hallenbäder, da
diese das ganze Jahr über benutzbar sind. Das Sportbecken wurde somit in der Folge nur noch von Wasserballern und zum Turmspringen benutzt. Man entschied sich, das Sportbad zu einem Wellenbad umzugestalten. So konnte der Sprungturm erhalten werden, und aus dem Einschwimmbecken wurde eine hölzerne Liegefläche. Im Restaurant wurde eine Gastroküche eingebaut. Die Kombination mit der vermietbaren Lounge im Obergeschoss soll eine Nutzung über die Badesaison hinaus ermöglichen.

Technik
Für die Becken war in Anpassung an heutige Hygienestandards eine grössere Umwälzleistung erforderlich, was den Ersatz der Wasserleitungen notwendig machte. Schwierigkeiten tauchten im Bereich der Ringleitungen um die Wasserbecken auf. Die Platten des Umgangs und der obere Rand der Beckenwand mit der Rinne mussten neu betoniert werden. Besondere Sorgfalt wurde darauf verwendet, den ursprünglichen Übergang von Umgang und Becken zu bewahren. So blieben der Wasserspiegel abgesenkt und die Stärke der Betonplatten des Umgangs sichtbar. Die Beckenwand wurde konventionell mit einem Sperrputz gedichtet und hellblau gestrichen. Das Filtergebäude für die Wasseraufbereitung konnte unter die Terrasse beim Nichtschwimmerbecken integriert werden. Für den Einbau der sechs neuen 50-Tonnen-Sandfilter waren umfangreiche Massnahmen zur Verstärkung der bestehenden Konstruktion notwendig. Die Desinfektion erfolgt mit Chlorgranulat und die Neutralisation mit Schwefelsäure. Die Anlage wälzt in zwei Kreisläufen insgesamt zwei Millionen Liter pro Stunde um. Eine Luftwärmepumpe sorgt für die Wassererwärmung. Solarkollektoren kamen nicht in Betracht, da ihre Aufstellung auf den Dächern der eingeschossigen Bauten die filigrane Architektur zu stark beeinträchtigt und lange Leitungen mit grossen Verlusten zur Folge gehabt hätten. Die Technikzentrale für das Wellenbad im ehemaligen Sportbecken wurde im Fundamentbereich der Sprungtürme untergebracht und bleibt ebenfalls unsichtbar.

Instandsetzung
Verschiedene Eingriffe hatten die ursprüngliche Qualität der Anlage stark beeinträchtigt. Die vielfältige Bepflanzung war stark vereinfacht und das Sportbad mit zusätzlichen Hecken ausgegrenzt worden, sodass wichtige Sichtverbindungen verloren gingen. Wege aus Natursteinplatten waren stellenweise aufgehoben oder asphaltiert, Natursteinmauern durch Betonelemente ersetzt und der Zierteich beim Restaurant zugeschüttet worden.
Mit der Instandsetzung konnten alle diese Eingriffe rückgängig gemacht werden. Als Grundlage dienten Pläne von Ammann und Frisch, alte Fotos und Pflanzenbestellungen aus der Bauzeit. Der wertvolle Baumbestand wurde weitgehend erhalten und ergänzt, um die ursprüngliche Vielfalt wieder herzustellen. Betonelemente konnten durch Sandsteinmauern ersetzt sowie Wege mit Natursteinplatten erneuert werden. Auch die Bauten sind sorgfältig instand gestellt worden. Die Recherchen zur Feststellung der ursprünglichen Farbigkeit gestalteten sich aufgrund der mehrheitlich in schwarz-weiss vorliegenden Archivfotos schwierig. Trotzdem konnte nachgewiesen werden, dass das Restaurant ursprünglich eine differenzierte Farbigkeit von Weiss und Hellblau aufwies. Sogar die noch vorhandenen originalen Gartenmöbel erhielten ihre ursprüngliche Farbe zurück.

Erneuerungswelle
Im Lauf der letzten Jahre sanierte das Hochbaudepartement der Stadt Zürich in Zusammenarbeit mit dem Sportamt sukzessiv fast alle Freibäder im Stadtgebiet. War das Freibad ursprünglich ein Ort der Hygiene und der körperlichen Ertüchtigung, so steht heute Entspannung und Spass im Vordergrund. Die unterschiedlichen Eingriffe stärken die spezifischen Eigenarten der verschiedenen Freibäder. Sie sind auf die jeweiligen Bedürfnisse der Quartierbewohnenden zugeschnitten und in eine Analyse der Stadtentwicklung eingebettet. Das Letzibad ist seit je wegen seiner Landschaftsgestaltung als «öffentlicher Wohngarten» beliebt. Überdurchschnittlich viele Stammgäste fühlen sich in den überschaubaren Räumen der Anlage wohl und mieten Umkleidekabinen gleich für eine ganze Saison.

TEC21, Fr., 2007.08.24

24. August 2007 Jean-Pierre Wymann

Erfrischendes Baudenkmal

Das Freibad Seebach war in die Jahre gekommen. Die Architekten Hermann Kohler und Enrico Ilario erneuerten die Technik, sanierten die Gebäude und frischten die gesamte Anlage auf. Die ist nun zeitgemässes Freibad und junges Baudenkmal in einem.

Die Sport- und Freizeitanlage Seebach liegt in einer lang gezogenen Mulde des Katzenbaches und besteht aus pavillonartigen Gebäuden, die eine kunstvoll modellierte Parklandschaft begrenzen. Neben dem Heuried ist sie die grösste in der Stadt Zürich. Das Hochbauamt der Stadt Zürich plante die Anlage unter der Leitung des damaligen Stadtbaumeisters Adolf Wasserfallen zusammen mit dem Landschaftsarchitekten Willi Neukom. Die Realisierung erfolgte in Etappen: 1963–1966 wurde das Freibad erstellt, 1967 das Volierengebäude in der Nähe des Badeinganges und 1968–1970 das Gemeinschaftszentrum, das die Anlage nach Westen hin abschliesst.
Das Freibad besteht aus drei Schwimm-, einem Planschbecken und vier Gebäuden: einem Dienstgebäude am Eingang mit separater Dienstwohnung, dem benachbarten Garderobengebäude sowie dem ehemaligen Restaurant am anderen Ende des Bades
mit Sportgarderoben und einem Anbau für die Filteranlage. Die Häuser huldigen einer materialbetonten Sachlichkeit. In den Worten ihres Architekten sind sie «dem Zweck der ­Anlage entsprechend architektonisch einfach gehalten und in robusten Materialien ausgeführt» – eine unaufgeregte Architektur, wie man sie heute wieder schätzt. Auskragende Flachdächer mit stark in Erscheinung tretenden Betonrippen prägen ihre ­horizontale Erscheinung. Die darunter liegenden Fassaden sind entweder aus Sichtbackstein oder aus rötlichem Sipoholz. Der nach Norden ansteigende Rasen der An-lage ist weich moduliert und von einzelnen Bäumen und horizontalen Betonbändern durchsetzt.
Die Freiräume sind im Inventar der schützenswerten Anlagen und Gärten der Stadt ­Zürich aufgeführt, die Gebäude bei der Denkmalpflege inventarisiert. Das Bad befand sich gröss­tenteils noch im Originalzustand, musste jedoch nach vierzigjährigem Gebrauch dringend instand gesetzt werden. Die Wasseraufbereitungstechnik war veraltet, Leitungen waren desolat, der Beton sanierungsbedürftig und die Kacheln der Becken defekt. Bei der Instandsetzung der Anlage galt es aber auch, funktionelle Mängel zu ­beheben, sie allgemein aufzufrischen und für heutige Bedürfnisse attraktiver zu machen.
Das mit Planung und Ausführung beauftragte Architekturbüro Kohler Ilario begann in einer ersten Phase (Winter 2004/05) mit einer vollständigen Erneuerung der technischen Anlage sowie der Becken. Hier setzten die Architekten den erneuten Einsatz bläulicher Keramik durch statt einer heute oft verwendeten Edelstahl-Oberfläche. Nach Plänen des Landschaftsarchitekten Andreas Geser wurden ausserdem Spielgeräte, Rampen und Pflanzkübel entfernt, der Baumbewuchs ergänzt, ein zusätzlicher Weg angelegt sowie die einstigen beckennahen Staudenbepflanzungen wiederhergestellt. Beim Kleinkinderbereich findet sich nun ein Wasserspiel und beim Nichtschwimmerbecken ein grosser Rutschbahnturm. Das ungenutzte Lehrbecken überdeckt ein Liegerost – so konnte hier eine Erfindung Adolf Wasserfallens vor dem völligen Verschwinden bewahrt werden: Die «Zürcher Überlaufrinne» entwickelte der Architekt für das Freibad Seebach. Sie sorgte für einen gleichmässigen Wasseraustausch der Becken und wurde zum Vorbild für viele andere Bäder.
Im Winter 2005/06 folgten die Massnahmen an den Gebäuden. Die Betonoberflächen sämtlicher Häuser wurden saniert, die Backsteinwände sowie die wertvolle Holzverschalung gründlich gereinigt und teilweise ergänzt. Die Nutzungen der Gebäude veränderten sich zum Teil stark. Den bereits provisorisch eingerichteten Verpflegungskiosk am Eingang erweiterte man mit moderner Küchentechnik und einer WC-Anlage. Er ersetzt nun definitiv das ehemalige Selbstbedienungsrestaurant im Obergeschoss des Sportumkleidengebäudes im hinteren Teil der Anlage. Das Restaurant wurde dort zu wenig frequentiert, weshalb an dessen Stelle nun weitere Saisonkabinen eingebaut wurden. Die einstige Restaurantterrasse wurde zur Liegefläche – die darüber liegenden Sonnenschutzlamellen aus Beton nehmen nun auch den ehemals geschlossenen Teil des Daches ein. Im Geschoss darunter wurden die Sammelgarderoben zu einem Spiel- und Sportraum hinter einer Faltschiebewand umgebaut – der Bedarf an Umkleiden hat sich im Laufe der Zeit mehr und mehr reduziert.
Das zeigt auch der grösste Eingriff in die historische Anlage im unteren Geschoss des Garderobengebäudes. Die Männer teilen sich nun mit den Frauen die obere Etage. Ihre ehemalige Umkleide im Untergeschoss steht nun als Mehrzweckraum der Öffentlichkeit das ganze Jahr über zur Verfügung, was auch im Winter zur Belebung dieses sozial nicht ganz einfachen Ortes beiträgt. Sein Zugang befindet sich ausserhalb des Bades: ein ehemaliger Serviceweg entlang des Katzenbaches. Die einstige Werkstatt ist nun ein Entree mit WC und durch eine innere Glasfront vom frei teilbaren Raum getrennt. Schwarze Platten an den Wänden und naturbelassener Steinholzbelag kontrastieren mit den gelbgrünen Vorhängen, die für gute Akustik und Intimität sorgen – hier zeigt sich der neue Eingriff in zeitgemässer Frische. In der hallenartigen Garderobe darüber scheint sich dagegen kaum etwas verändert zu haben: Die hölzernen Umkleidekabinen wurden leicht erhöht, einige Schliessfächer vergrössert und der Dusch- und WC-Bereich erneuert.
Eine diskrete Arbeit der Künstlerin Franziska Koch macht die Erneuerung des Freibades Seebach zum Thema: Über der Brüstung der ehemaligen Restaurantterrasse hängt ein Badetuch, vor Schmutz starrend und tropfend, als hätte es dort jemand vergessen. Erst bei genauerer Betrachtung sieht man: Es ist aus Metall gegossen. Sämtliche Möbel in der Anlage wie Tische, Stühle, Liegestühle und Sonnenschirme sind kräftig rot und bilden so einen satten Kontrast zum Grün der Bepflanzung, zum Blau der Wasserbecken und zur zurückhaltenden Tonigkeit der Gebäude.

TEC21, Fr., 2007.08.24

24. August 2007 Axel Simon

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