Editorial

«Sein Blick ist vom Vorübergehn der Stäbe so müd geworden, dass er nichts mehr hält |
Ihm ist, als ob es tausend Stäbe gäbe und hinter tausend Stäben keine Welt |
Der weiche Gang geschmeidig starker Schritte, der sich im allerkleinsten Kreise dreht |
ist wie ein Tanz von Kraft um eine Mitte, in der betäubt ein grosser Wille steht |
Nur manchmal schiebt der Vorhang der Pupille sich lautlos auf. – Dann geht ein Bild hinein | geht durch der Glieder angespannte Stille – und hört im Herzen auf zu sein.»[1]

Exotische Tiere faszinieren die Menschen schon seit Jahrtausenden. Zu Zeiten der Menagerien wurden sie noch in engen Käfigen eingesperrt und ausgestellt. Verfolgt man die Entwicklung der Zoos und Tierparks, fällt auf, dass die Gehege immer mehr Platz beanspruchen. Wie sie sich im Laufe der Zeit verändert haben, wird im ersten Artikel zusammengefasst.

Durch die Erwartung der Besucher und durch die neuen Erkenntnisse der Verhaltensforschung verändern sich die Anforderungen an die Gehege auch heute noch laufend. Die Verhaltensbereicherung und die Bewegungsfreiheit sind bei jeder Tierart neu zu definieren. Laut Kurt Brägger, der massgeblich das Bild des Basler Zoos beeinflusste, müssen bei der Gestaltung eines Tiergartens drei Dinge zu einer Einheit verschmolzen werden: das offene, aber nie allseitig einsichtige Tiergehege, der trennende Graben mit Wasser und Vegetation und der im Verborgenen liegende Spaziergang für die Besucher. Daher sind der künstlerischen Freiheit von Architekten und Ingenieuren enge Grenzen gesetzt. Architektonisch interessante Gebäude oder Aussenanlagen sind aus Sicht der Tierhaltung nicht immer geeignet. Die Vorgaben reichen von tierpflegerischen Aspekten über die Tierbiologie bis hin zur Attraktivität für die Besucher. Im Zoo Basel zum Beispiel gibt es kein geschöntes «Naturbild». Die sichtbare Verbindung zur Realität der Stadt und der «bedingten Freiheit» für die Tiere bleibt erhalten. Diese Philosophie wurde auch im renovierten Gehege der Panzernashörner umgesetzt.
Im Februar 2007 meldete die BBC, dass das neue Gehege der Goldäffchen im Zoo von Los Angeles von einer Feng-Shui-Meisterin kreiert wird. Ganz so weit gehen die Zoos und Tierparks in der Schweiz noch nicht. Dennoch wird die Umgebung für die Tiere so angenehm wie möglich gestaltet und ihrem natürlichen Lebensraum nachempfunden. Das allerdings nicht ganz uneigennützig, denn Besucher wollen eben meist viele Tiere sehen. Damit die Besucher tatsächlich Tiere zu Gesicht bekommen, werden Teiche, Heizplatten und andere Extras so angelegt, dass die Tiere sich unweigerlich vor den Besuchern bewegen, wie zum Beispiel bei der neuen Gemeinschaftsanlage für Bären und Wölfe des Natur- und Tierparks Goldau. Daniela Dietsche, Katinka Corts

[1] Rainer Maria Rilke: Der Panther. Im Jardin des Plantes. Paris, 6.11.1902

Inhalt

Wettbewerbe
Blüten – Wohnüberbauung in Zürich
Altstetten

Magazin
Kurzmeldungen: Zoos, Pärke und Tier-
haltung

Sia
PPP – Anspruchsvolle Partnerschaft |
«Umsicht in Rapperswil | Vernehmlassung LHO SIA 106

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Abschied vom Käfig?
Daniela Dietsche | Zoos und Tierparks sind seit je Publikumsmagneten. Aus den kleinen Gitterkäfigen wurden im Laufe der Jahre grosszügige Gehegelandschaften.

Auf Augenhöhe
Katinka Corts | Im Basler Zoo entsteht eine neue Grossanlage, der «Fuss des Himalayas». Die Panzernashörner, die darin eine Hauptattraktion sind, erhalten bis Herbst 2007 eine neue Aussenanlage.

5-Sterne-Natur
Daniela Dietsche | Betreutes Wohnen für Bären und Wölfe in einer einzigartigen Naturlandschaft: Der Natur- und Tierpark Goldau erweitert seine Fläche.

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Abschied vom Käfig?

Zoos und Tierparks sind weltweit Publikumsmagneten. Doch ihre Gestaltung hat sich verändert. Grosszügige, naturnah gestaltete Gehege lösten im Laufe der Zeit die engen Käfige ab. Die Besucher tauchen heute scheinbar in den Lebensraum der Tiere ein.

Die ersten zooähnlichen Anlagen entstanden schon im zweiten Jahrtausend v. Chr. in Ägypten. Bei den königlichen Palästen wurden wilde Tiere zu rituellen Zwecken gehalten. Legendär war der «Garten des Ammon» der Königin Hatschepsut in Theben. Sie versammelte 1500 v. Chr. in den Tempelanlagen Deir al Bahri Wasserböcke, Antilopen, Gazellen, Strausse, Giraffen und Elefanten. Bekannt ist auch der «Park der Intelligenz», den Kaiser Wu-Wang 1150 v. Chr. errichtete. Der Park am kaiserlichen Hof nahe Peking bestand bis 1900 n. Chr. Auf 400 ha wurden zahlreiche Säugetiere, Vögel, Reptilien und Fische ge­halten.

Menagerien

Im Europa des 16. Jahrhunderts, des Zeitalters der grossen Entdeckungen, begann der weltweite Tierhandel. Fürsten und Königshäuser hielten exotische Tiere zu Repräsenta­tionszwecken in Gärten und Parks. Damit war die Urform des Zoos, die Menagerie, geboren. Die Menagerie beim Schloss Schönbrunn bei Wien, die 1752 eingerichtet wurde, gilt als der älteste Zoo der Welt. Diese Tiergärten der königlichen Höfe waren für das Volk meist nicht zugänglich. Später entwickelten sich «Fahrende Menagerien», und die wilden Tiere wurden als Attraktion auf Jahrmärkten gezeigt. Bis ins 19. Jahrhundert waren Zoos «Menagerien», in denen möglichst viele Tiere aus allen Erdteilen gesammelt wurden. Die Haltung der Tiere spielte keine Rolle, enge Käfige waren die Regel. Zur Zeit der Französischen Revolution wurde Kritik an dieser Art der Tierhaltung laut. 1793 führte die Französische Revolution dazu, die Menagerie in Versailles aufzulösen. Der Tierbestand war die Grundlage für den «Jardin des Plantes». Der Pariser Tierpark war der erste bürgerliche Zoo in Europa, der für alle Volksschichten geöffnet war. Die Gründung des Zoos in London 1828 löste eine Zoogründungswelle in Europa, später auch in Amerika, Japan und Australien aus. Die Besucher konnten nun durch eine Parklandschaft spazieren und die Tiere in ihren mehr oder weniger geräumigen Käfigen bestaunen. Die Tiere waren oft in architektonisch spektakulären Gebäuden untergebracht. Ab 1870 begannen die zoologischen Gärten nordische Holzkirchen für Hirsche, orientalische Maharadscha-Paläste für Elefanten und Burgen für Greifvögel zu bauen. Doch wurden nicht nur Tiere vorgeführt. Es wurden beispielsweise ganze Dörfer eingerichtet, in denen Nubier, Marokkaner oder Singhalesen für Wochen eingesperrt wurden und ihre Kriegs- und Maskentänze oder Schlangenbeschwörungen vorführen mussten. Diese Tier- und Völkerschauen zum Beispiel im Basler Zoo ­erfreuten sich bis 1932 grosser Beliebtheit bei der Bevölkerung.

Natur imitieren

Eine neue Epoche begann um 1900 mit dem Schweizer Kunststeinpionier und Bildhauer Urs Eggenschwyler und dem Hamburger Menageriebesitzer Carl Hagenbeck. Er hatte die Idee, Tiere in einem möglichst authentischen Lebensraum zu präsentieren. Nach jahrelangen Versuchen zum Sprungvermögen der Tiere eröffnete er 1907 bei Hamburg den ersten «Gitterlosen Tierpark». Es wurden erstmals künstliche Landschaften, Gebirge, Schluchten,
Abstufungen im Gelände, Seen und Wassergräben geschaffen. Diese wirkten zwar immer noch wie Theaterkulissen und waren aus Sicht der Menschen gestaltet. Dennoch stellten sie in Sachen artgerechter Haltung einen Quantensprung dar.[1]

Nach dem Zweiten Weltkrieg kam die Verhaltensforschung auf, und man begann vermehrt, Gehege zu bauen, die dem natürlichen Verhalten der Tiere entgegenkamen. 1942 veröffentlichte der Schweizer Zoologe Heini Hediger sein Buch «Grundriss der Tiergartenbiologie». Heini Hediger und der Basler Wildbiologe Rudolf Schenkel widerlegten den Mythos der unbeschränkten Freiheit der Wildtiere. Ihrer Ansicht nach leben Tiere auch in der Wildnis in natürlicher Unfreiheit; in Revieren, in denen es Futter und Wasser geben muss und die von Nahrungskonkurrenten und Artgenossen bedrängt werden. Ihre These war, dass Tiere artgerecht gehalten würden, wenn es gelänge, dieses natürliche Territorium organisatorisch nachzubilden.

Naturnah gestalten

Ab 1950 ermöglichten abwaschbare Baumaterialien wie Fliesen, Edelstahl, Beton und Sicherheitsglas eine hygienischere Tierhaltung. Futter wurde nicht mehr nur auf den Boden geworfen, sondern in Futterkrippen verteilt. Zoos bauten vor allem in den 1960er- und 1970er-Jahren sterile und funktionalistische Gehege. Ab 1980 war ein Wandel spürbar. Aufgrund der veränderten Ansichten der Besucher und didaktischer Überlegungen wurden die Gehege vermehrt naturnah gestaltet. Tiere werden nun in Ausschnitten ihres Lebensraums präsentiert. Grosszügige, natürlich aussehende Freianlagen, in denen Zootiere in Gruppen miteinander leben, lösen langsam die Käfighaltung ab. Der Besucher betritt scheinbar den natürlichen Lebensraum der Tiere. Das Tier soll kein reines Ausstellungsstück mehr sein und hat zum Leidwesen der Besucher auch die Möglichkeit, sich zurückzuziehen.

Die Gehege und Parks heute

Der Auftrag der wissenschaftlich geführten Zoos («verein zooschweiz») ist es heute, Erholung, Bildung, Forschung und Naturschutz zu vereinen. Sie möchten ihren Besuchern und Besucherinnen die Natur näher bringen und sie für das Verständnis natürlicher Zusammenhänge sensibilisieren. So werden nicht nur die einzelnen Gehege Schritt für Schritt in grosszügige, naturnahe Anlagen umgebaut, auch die gesamte Gestaltung der Parks verändert sich. Sichtbar wird dies durch das Anlegen der Wege und der offenen Flächen. Natursteine, Wasser und Bepflanzung sollen den Zoos eine natürliche Wirkung verleihen. So sind im Laufe der Jahre zum Beispiel viele von Menschen geformte Gartenmotive wie Blumenbeete, geschnittene Hecken und Bäume oder auch gepflegter Rasen verschwunden.

In unserer Zeit dienen die Zoos neben der Erholung auch immer mehr der Forschung und der Erhaltung bedrohter Arten. Denn inzwischen sind auch freilebende Tiere einem «allumfassenden, menschlichen Management unterworfen»[2]. Einziger Unterschied: In der ­Natur überleben nur die Starken, im Zoo bekommen auch die Schwachen eine Chance.

TEC21, Mo., 2007.06.11

Anmerkungen/Literatur:
[1] Von der Menagerie zum Naturschutzzentrum. Natur- und Tierpark Goldau (Autor unbekannt)
[2] Heini Hediger: Ein Leben mit Tieren. Autobiografie, 1990. Zoos im Wandel. Natur- und Tierpark Goldau (Autor unbekannt)
Brockhaus Enzyklopädie

11. Juni 2007 Daniela Dietsche

Auf Augenhöhe

Der Zoologische Garten Basel wird zunehmend zu einem von Tieren bewohnten Landschaftsgarten. Die Verwaltung baut im so genannten Sautergarten aus den 1950er-Jahren eine asiatische Biotop-Grossanlage namens «Fuss des Himalayas». Indische Panzernashörner und der Grosse Panda sollen längerfristig die Hauptattraktionen sein. Die Innenräume der Nashornanlage wurden bereits im September 2006 nach der Sanierung wiedereröffnet, die Aussenanlage soll nun bis Herbst 2007 folgen.

Als der Basler Zoo 1870 vor den Toren der Stadt gegründet wurde, war er der erste Tierpark in der Schweiz. Auf dem Gelände, das die Stadt dem Tierpark zur Verfügung stellte, wurden ab Sommer 1874 vor allem europäische Tiere und die Alpenfauna der Bevölkerung vorgestellt. Bereits zehn Jahre nach der Eröffnung musste das Gelände zum ersten Mal erweitert werden. 1934 konnte die Zooverwaltung mit einem Legat von Ulrich Sauter ein Stück Land zwischen der Elsässerbahn und dem Dorenbachviadukt erwerben. Das neue Areal wurde 1939 als «Sautergarten» eröffnet, in dem sich unter anderen das Steinbockgehege und die Pinguinanlage befanden.

Ein Haus für die Panzernashörner

Die Architekten Max Rasser und Tibère Vadi bauten mit dem Ingenieur Heinz Hossdorf das Nashornhaus 1959 im Sautergarten. Das Gebäude planten sie als lang gestreckten Riegel, der sich am Bahndamm der Zugtrasse entlangzieht. Das schmale Gebäude wirkt sehr dynamisch, weil es im Grundriss ein um 17° geneigtes Parallelogramm darstellt und auch alle Wände im Innenbereich diese Neigung übernehmen (Bilder 6 und 7). Vermutlich lehnten sich Rasser und Vadi dabei an Skizzen von Le Corbusier an, mit dessen Arbeiten sie sich beschäftigten. Den abgewinkelten Grundriss mit indirekt belichteten Räumen thematisierte Le Corbusier 1940 für die Ausstellung «France d’outre-mer» in Paris[1].

Die Zoobesucher betreten das Gebäude an der Stirnseite. Der Raum dahinter ist der Länge nach geteilt, etwa ein Viertel der Raumbreite ist als Besucherbereich begehbar, der Rest gehört den Tieren. Die Nashörner hielten sich vor der Sanierung jeweils in einer der vier Einzelboxen auf, deren Boden leicht erhöht war, damit die Besucher die Tiere besser über den Trennungsgraben hinweg betrachten konnten. Auf der Stirnseite, die gegenüber dem Eingang lag, konnten die Besucher in einen kleinen eingeschobenen Grünraum schauen und dann über eine Treppe zu den Zwergflusspferden im Obergeschoss und in den oberen Gartenbereich gelangen. Die Architektur überdauerte die Zeit, die Haltungsbedingungen für Panzernashörner jedoch veränderten sich. Mit der bestehenden Anlage konnte der Basler Zoo in den letzten Jahren die gesetzlichen Auflagen der Tierschutzverordnung und die Empfehlungen zur Tierhaltung nicht mehr erfüllen. Als Zuchtbuchführerin für die Panzernashörner wollte die Zooverwaltung jedoch eine vorbildliche Nashornanlage vorweisen und entschied sich 2004 für den Umbau des gesamten Geheges und der Aussenanlagen.

Sanierung im Bestand

Bei der Sanierung sollte die Architektur weitgehend erhalten werden. Gleichzeitig musste aber mehr Raum für die Tiere geschaffen und das Gebäude weiterhin mit dem Aussenraum verbunden bleiben, damit die Besucher vom Gehege direkt die Aussenanlage erreichen. Die Um- und Ausbaumassnahmen konnte der Architekt Peter Stiner aus Basel zum Teil im bestehenden Gebäudevolumen bewerkstelligen. Mit dem Einbau einer Spundwand zum Bahndamm hin erweiterte er das Gebäude und schuf Platz für ein grösseres Männchengehege. Um das Innengehege der Nashornweibchen zu vergrössern, wurden die Boxentrennwände herausgeschnitten (vgl. gelbe Wände in den Bildern 6 und 8) und je zwei Boxen zusammengelegt. Dadurch entstanden grössere Bewegungsbereiche für die einzelnen Tiere, die sich hier auch gemeinsam mit ihren Jungtieren aufhalten können. Die Betonwände in den Gehegen wurden zum Schutz und zur Körperpflege für die Tiere mit Holz beplankt (Bild 2 Bestand, Bild 3 im sanierten Zustand). Da sich Nashörner in der Freiheit vorwiegend auf weichen Böden von Wald- und Wiesenbereichen aufhalten, wurde auch der Boden des Geheges mit einer Schicht aus Holzhäckseln gedeckt.

Den Graben, der ursprünglich Besucher und Tiere trennte, entfernte Stiner. Er senkte den Boden des Geheges ab, damit Mensch und Tier auf gleicher Augenhöhe zueinander stehen, und er ersetzte den Graben durch ein gläsernes Besuchergeländer sowie eine innere Abgrenzung aus Metallstangen. Zwischen diesen beiden Barrieren bleibt zwar ein schmaler Sicherheitsabstand, optisch fällt dieser jedoch weniger ins Gewicht als der vorher bestehende Graben. Nachdem die Grabenmauer abgebrochen und die Innenwände entfernt waren, veränderte sich die Statik im Gebäude. Die zweigeschossigen Stützen am Besuchergang wurden nach altem Vorbild erstellt und den heutigen Anforderungen angepasst. Der schmale Querschnitt der Wände konnte beim Umbau dank einer stärkeren Armierung erhalten werden. Für die Sichtbetonoberflächen wurden Schalungsbretter statt -platten verwendet, um ein einheitliches Bild von Bestand und Erweiterung zu erhalten.

Am Ende des Ganges können die Besucher in die neu entstandene Badezone der Nashornkühe schauen. Das Gehege des Männchens und die Verbindungsgänge liegen dahinter im neu gebauten Bereich und sind für Besucher nicht einsehbar. Im Obergeschoss sind nicht mehr die Zwergflusspferde untergebracht, das Gehege wurde in einen Ausstellungsbereich umgebaut. Wie auch vor der Sanierung wird der Besucher nach der Fertigstellung der Erweiterung hier das Gebäude verlassen und in den Aussenbereich der Anlage gelangen.

Grüne Inseln und Lichtungen

Mit der Planung und Gestaltung der Aussenanlage wurden nach einem Evaluationsverfahren die Landschaftsarchitekten Schweingruber Zulauf aus Zürich beauftragt. Die gesamte Anlage sollte an die aktuellen Tierhaltungsempfehlungen angepasst und zusätzlich erweitert werden. Gerade die Erweiterung erwies sich als problematisch, da der Zoo mitten in der Stadt liegt und keine neuen grossen Aussenbereiche erwerben kann. Um die Männchenanlage auf mindestens 500 m² und die Weibchenanlage auf mindestens 1000 m² erweitern zu können, mussten andere bestehende Anlagen verlegt oder entfernt werden. Dazu gehörten die Rentier- und Teile der Flusspferdanlage sowie diverse Volieren. Nach dem Abbruch der Anlagen wurde die bisherige Abgrenzung zum Birsig entfernt und die Grenzmauer näher am Fluss wieder aufgebaut. Von der neuen, 5 m hohen Aussenmauer werden die Besucher nach der Fertigstellung nur etwa 1 m wahrnehmen, da die Mauer vorgeschüttet und bepflanzt werden soll. Auch einige alte Bäume mussten dem Projekt bereits weichen, als Ersatz werden am neu gestalteten Ufer andere Bäume gepflanzt. Durch die Verschiebung der Zoobegrenzung um 1 bis 7 m konnten die Landschaftsarchitekten 220 m² Fläche für die Nashornanlage und die dazugehörige Erschliessung für Personen und Fahrzeuge gewinnen.

Entsprechend dem Landschaftsparkkonzept mussten Schweingruber Zulauf für die Gestaltung der neuen Aussenanlage eine ausgewogene Mischung von vegetativen Kulissen, Erschliessungszonen und Tieranlagen finden. Die Lage für die Männchen- und die Weibchenbereiche war weitgehend durch die Ein- und Ausgänge im Gebäude definiert. Die Landschaftsarchitekten entwickelten ein Aussenraumkonzept, das den BesucherInnen den Eindruck einer zusammenhängenden Anlage vermittelt und dennoch eigene Bereiche für Männchen und Weibchen bietet. Die Besucher betreten den Sautergarten durch die Unterführung und sollen sich zukünftig in einer Graslandschaft wiederfinden. Schweingruber Zulauf verwenden hochwüchsigen Chinaschilf (Miscanthus sinensis giganteus), der an die Graslandschaft in der Heimat der Nashörner erinnert und den Besuchern den direkten Blick auf die Tiere und die Gebäude vorerst versperrt.

Entsprechend der Zoophilosophie in Basel sollen die Gehege nicht durchblickt werden können. Die Zoobesucher können vielmehr in einzelne Lichtungen der künstlich geschaffenen Graslandschaft schauen, in der die Tiere leben. Mit der räumlichen Gliederung, den an das Grasland im Kaziranga erinnernden Grüninseln und den Sand- und Kiesbankformationen, die der Ufersituation am Bramaputra entlehnt sind, wollen die Landschaftsarchitekten den natürlichen Lebensraum des Nashorns glaubwürdig vermitteln. Die künstlichen Nagelfluhfelsen, die in allen Gehegen des Basler Zoos vorkommen und ein einheitliches Bild schaffen, werden im Zusammenspiel mit unterschiedlich hohen Gräsern und den Wasserflächen der Badestellen die natürliche Umgebung – Überschwemmungsland, Sumpf, Röhricht und Feuchtwiesen – wiedergeben. Ergänzt wird das «Grasland» durch einzelne Bäume, die den Besucherweg begrenzen. In die Anlage werden Totbäume eingesetzt, die auch in der Natur den Nashörnern unter anderem als Kratzstellen und zur Körperpflege dienen. Die Anlagen von Männchen und Weibchen sind grundsätzlich durch Barrieren im hinteren Bereich getrennt, müssen aber in der Paarungszeit auch zueinander geöffnet werden können. Ein grosses Wasserbecken mit diskreter Barriere wird beide Bereiche an der Oberfläche verbinden, damit die Tiere miteinander Kontakt aufnehmen können. Wie auch im Innenbereich wird der Boden aus einem lockeren Bodensubstrat bestehen, das der Tierpfleger dennoch gut und sicher begehen kann. Als Untergrund wird eine einschichtige Asphaltdecke eingebracht, in der Entwässerungsrinnen verlaufen und Bodeneinläufe liegen. Darauf liegt eine Drainageschicht, die Wasser ableitet und den Untergrund elastisch macht. Nach einer Reihe von Versuchen hat sich herausgestellt, dass der 40 cm starke Weichbelag zu einem grossen Teil aus Rindenschnitzeln und kalkfreiem Sand aufgebaut werden soll, in den Suhlen wird dünnflüssiger Opalinuston verwendet.

tierische wohngemeinschaft

Zusammen mit den Panzernashörnern werden Zwergotter und Muntjaks, eine asiatische Hirschgattung, die etwa einen halben Meter hoch wird, die Anlage bewohnen. Die unter-
irdischen Behausungen, die für die Kleintiere bereits im Zuge der Gebäudesanierung im Nashornhaus integriert wurden, sind mit der Aussenanlage über ein Röhrensystem verbunden. Auf den Vegetationsinseln haben die Muntjaks eigene Rückzugsbereiche, die die Nashörner nicht erreichen können. Ausserdem sind in den Grüninseln – wieder unsichtbar für die Besucher – drei beheizte Otterburgen integriert. Für die Zwergotter wird ein Bachlauf am Gehege entlanggeführt, damit die Tiere ein sauberes Fliessgewässer entsprechend ihrem natürlichen Habitat zur Verfügung haben. Hier wechseln sich, ähnlich wie in natürlichen Bächen, Tief- und Seichtwasserbereiche ab. Der künstlich geschaffene Bach hat eine naturnahe Sohle mit Lehmdichtung. Die Wasserbereiche speist der Rümelinbach an der Westgrenze des Sautergartens. Eine Schieberanlage soll den Zufluss für die Flusspferdanlage, den Bach und die Wasserbecken steuern. Die Haus- und Filtertechnik für das gesamte Asienbiotop fand im neuen Untergeschoss des Nashornhauses ihren Platz. Das Wasser der beiden innen liegenden Badebecken wird durch Überläufe und einen grossen Rüttelfilter, der grobe Bestandteile ausscheidet, in das Filter- und Ausgleichbecken geführt. Darin wird es gereinigt und erwärmt, um dann wieder in die Badebecken eingeleitet zu werden. Die Aussenanlagen werden nicht an die Reinigungsanlage angeschlossen, die abgesetzten Schlämme stattdessen periodisch entfernt. Die Wassertümpel und künstlich geschaffene Kiesbänke nutzen die Landschaftsarchitekten auch als Abgrenzung zum Besucherbereich. Die Tümpel sind an den Aussengrenzen der Anlage 1.50 m tief und damit unüberwindbar für die Tiere, wodurch auf sichtbare Zäune und Gräben verzichtet werden kann. Nur am Besuchereingang wird eine 2 m hohe Stützmauer nötig sein, diese wird aber durch die Vegetationsinseln in der Anlage weitestgehend verdeckt.

Die Erweiterung der Aussenanlage verspricht einen – den beengten Zooverhältnissen entsprechend – angemessenen Lebensraum für die Panzernashörner. Fertig gestellt werden soll der Nashornbereich im Herbst 2007 – und vielleicht ist der Basler Zoo bis dahin auch dem Wunsch nach dem Riesenpanda als Panzernashornnachbar am «Fuss des Himalayas» ein Stück näher gekommen.

TEC21, Mo., 2007.06.11

11. Juni 2007 Katinka Corts-Münzner

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