Details

Adresse
Hinter dem Gießhaus 3, 10117 Berlin, Deutschland
Architektur
Ieoh Ming Pei
Mitarbeit Architektur
Christiane Flasche (Projektarchitektin I.M. Pei)
Weitere Konsulent:innen
Kontaktarchitekten: Eller+Eller Architekten, Düsseldorf/Berlin (Erasmus Eller, Philipp Eller)
Planung
1997
Ausführung
1998 - 2003

Preise und Auszeichnungen

Publikationen

Presseschau

04. Juni 2003Gerald Felber
Salzburger Nachrichten

Geschichten einer Vision

Eröffnung des von Ieoh Ming Pei entworfenen Erweiterungsbaus am Deutschen Historischen Museum Berlin mit einer Schau zur „Idee Europa“.

Eröffnung des von Ieoh Ming Pei entworfenen Erweiterungsbaus am Deutschen Historischen Museum Berlin mit einer Schau zur „Idee Europa“.

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26. Mai 2003Bert Rebhandl
Der Standard

Weltläufige Nabelschau

Mit der Ausstellung „Idee Europa“ eröffnet das Deutsche Historische Museum seine Pforten: Stararchitekt I. M. Pei bann die Idee einer allmählich zusammen- wachsenden Welt in einem Berliner Prachtbau von internationalem Glanz.

Mit der Ausstellung „Idee Europa“ eröffnet das Deutsche Historische Museum seine Pforten: Stararchitekt I. M. Pei bann die Idee einer allmählich zusammen- wachsenden Welt in einem Berliner Prachtbau von internationalem Glanz.

Europa ist ein Haus, das schwer in Ordnung zu halten ist. Auf einer steirischen Völkertafel aus dem Jahr 1725 stand zum Beispiel schon zu lesen, dass „der Teutsche“ eine wesentliche Untugend hat: Er ist „verschwenderisch“. Hans Eichel würde dies vermutlich zähneknirschend unterschreiben. Der „Bolack“ hingegen bleibt mit allen Ambitionen an die Scholle gebunden. „Sein Leben endet: Im Stall“, und nicht im Irak, schreibt der Geopolitiker aus der Steiermark, dessen Einschätzungen vielleicht wirkmächtiger sind, als den Politikern lieb ist.

Eine Föderation aus Nationen mit kultureller Vielfalt will Europa eines Tages sein, und auch eine Metapher gibt es: das gemeinsame Haus. Wenn an diesem Samstag das Deutsche Historische Museum in Berlin mit einer Ausstellung über Idee Europa - Entwürfe zum „Ewigen Frieden“ wiedereröffnet, so tritt dieses Bild aber schon wieder in den Hintergrund, weil es ein außergewöhnliches neues Gebäude zu bestaunen gibt.

Der sinoamerikanische Architekt I. M. Pei hat hinter das Zeughaus Unter den Linden eine Ausstellungshalle gebaut, in deren universalistischer Eleganz die Schau über das sich zusammenraufende Europa fast ein wenig provinziell wirken muss.

Dem Gebäude gilt der Stolz der Berliner Republik, getrübt ist dies allein durch die Tatsache, dass es eine Erfindung von Helmut Kohl ist. Auf einem Videoausschnitt ist der Kanzler der Wiedervereinigung zu sehen, wie er in monumentaler Leutseligkeit den Bauherren macht. In Paris hat I. M. Pei mit seiner Pyramide für den Louvre die Repräsentationsachse der Seine-Stadt entscheidend zentriert.

In Berlin hingegen steht sein Werk ein wenig abseits des Boulevards Unter den Linden, schräg hinter der Neuen Wache von Schinkel und in Nähe der Museumsinsel. Die Besucher werden das Historische Museum künftig von dieser Seite her betreten, an der eine verglaste Wendeltreppe die Zugänge eröffnet.


Zugang Zeughaus

Klarer entfaltet sich die Architektur allerdings über den Zugang durch das Zeughaus, das ab 2004 die ständige Ausstellung des Deutschen Historischen Museums beherbergen soll. Der barocke Schlüterhof wird durch ein neues Glas-Stahl-Dach zu einem grandiosen Forum. Von diesem Innenhof führt der Weg eine Ebene tiefer in den Pei-Bau, der sich in dieser Perspektive mit betörender Leichtigkeit von ganz unten in den Berliner Himmel schraubt.

In einer kleinen Ausstellung werden I. M. Peis bisherige Museumsbauten dokumentiert, wodurch Berlin in eine nicht unwillkommene Genealogie mit Washington und Paris gerät. Die Ausstellung Idee Europa hingegen hat Amerika weniger im Blick als Asien und einen Rest der Welt, der den Kartografen lange als eine Terra incognita galt. Alle Entwürfe zum „Ewigen Frieden“ haben schließlich mit Landesgrenzen und Völkerrecht zu tun, bei aller Langlebigkeit des mythologischen Überbaus.

In dieser Perspektive sitzt Europa bekanntlich auf dem Rücken eines Stiers, der wahlweise von Herkules oder von Picasso in die Schranken gewiesen wird. Die Fruchtbarkeitssymbolik auf das deutsche Bruttosozialprodukt oder die polnische Landwirtschaft direkt anzuwenden, würde vermutlich eine diffizile Ausstellung ergeben.

Idee Europa aber steht ganz im Zeichen der legitimierenden Debatten, die seit 1945 das Zusammenwachsen begleiten. Das Bild vom „Strom der Zeiten“, der an einer Quelle entspringt und sich dann in ein Delta mit Feinverästelungen ausdifferenziert, setzt schließlich auch einen See und irgendwann ein Meer voraus, in das sich die Zukunft friedlich ergießen wird.

Die Metapher vom Meer Europa hat sich, trotz Braudel, nicht durchgesetzt, deswegen hängen im Deutschen Historischen Museum viele Bilder und Landkarten an Wänden. Sie bilden ein Haus, für das I. M. Pei ein Weltgebäude geschaffen hat.

24. Mai 2003Claudia Schwartz
Neue Zürcher Zeitung

Am schnellsten war die Schnecke

Deutsches Historisches Museum eröffnet Schauhaus von Pei

Deutsches Historisches Museum eröffnet Schauhaus von Pei

In Berlin bot am Freitag die feierliche Eröffnung des neuen Ausstellungsgebäudes von Ieoh Ming Pei für das Deutsche Historische Museum (DHM) eine verhaltene Szenerie. Den Festreden lauschte man nicht im lichtdurchfluteten, erst danach zu besichtigenden Neubau, sondern im Eingangsbereich des in Sanierung befindlichen historischen Zeughauses. Hier wird voraussichtlich im Herbst 2004 mit der Dauerausstellung das Herzstück des Museums eröffnen.

Dass sich der Auftakt nicht zu einer dem Ereignis angemessenen Geste aufschwang, mag auch dem Start in Raten geschuldet sein. Aber die Diskrepanz zwischen der Abwesenheit von Bundeskanzler wie Bundespräsident und den Worten des DHM-Generaldirektors Hans Ottomeyer, der vom «entscheidenden Schritt für die Zukunft» des deutschen Nationalmuseums spricht, war kaum zu übersehen. Als Festredner für die Eröffnungsschau mit dem Titel «Idee Europa. Entwürfe zum ‹ewigen Frieden›» wäre auch Joschka Fischer mit Ambitionen auf den Posten des EU-Aussenministers denkbar gewesen. Schröder entsandte indes die Kulturstaatssekretärin und unterstrich damit den Eindruck, dass er das von seinem Vorgänger, dem Historiker Kohl, mit Enthusiasmus auf den Weg gebrachte Haus lieber aus einer gewissen politischen Distanz betrachtet.

Dabei liesse sich in schwierigen Zeiten schon Staat machen mit der am berühmten Boulevard Unter den Linden gelegenen, dem Regierungsviertel nahen Einrichtung, deren Geburtsstunde 1987 in eine Zeit fiel, als man noch gut und gerne Geld für Kultur ausgab. Die von Kohl im Schatten der Mauer konzipierte Westberliner Museumsidee, gedacht als Antipode zum offiziellen DDR-Geschichtsbild im Zeughaus, wurde von der deutschen Wende überholt. Mit der Erweiterung durch einen Neubau des an den Bund übergegangenen Zeughauses beauftragte der Kanzler in der Folge jenen Architekten, der schon Mitterrands Paris mit dem Ruhmesprojekt einer Glaspyramide für den Louvre verschönert hatte.

Das DHM etablierte sich als erste gesamtdeutsche Kultureinrichtung trotz politischem Widerstand, der sich aus der damaligen Abneigung gegen nationale Gesten erklärt. Die gegenwärtig von verantwortlicher Seite demonstrierte Ignoranz gegenüber dem - neben dem Jüdischen Museum in Berlin - wichtigsten Bundesmuseum erscheint im sechzehnten Jahr seines Bestehens hingegen etwas kleingeistig. Zumal die im Gründungsakt festgeschriebene Verpflichtung auf «Verständigung über die gemeinsame Geschichte von Deutschen und Europäern» aktueller ist denn je. Von der Dynamik der ersten Jahre nach der Wiedervereinigung unter der Leitung von Christoph Stölzl, als die Institution eine vernehmbare Stimme in der Aufarbeitung deutscher Geschichte war, ist kaum noch etwas zu spüren. Die für die Neukonzeption der Dauerausstellung wichtige Zwischenphase prägen Desorientierung und internes Hickhack, befördert durch eine einschneidende Kürzung der jährlichen Bundesmittel, die gegenwärtig 1,2 Millionen Euro betragen.

So erzählt Peis Gebäude vom Schwung der Gründerjahre nach der Wende. Das neue Ausstellungshaus war bereits im Vorfeld der Eröffnung einer der in letzter Zeit in Berlin am heftigsten gelobten Neubauten, weil es eine klassisch anmutende Moderne in die historische Mitte der Stadt bringt. Souverän belehrt der amerikanische Architekt chinesischer Abstammung all jene eines Besseren, die gerne behaupten, dass die Baukunst der Gegenwart nichts zuwege bringe. Peis Schauhaus zählt zwar nicht zu den grossen Innovationen des Architekten. Es erscheint vielmehr als unbeschwertes Alterswerk, das sich in verspielter Formensprache über die Hinterhoflage des zerschnittenen und eingezwängten Grundstücks hinwegsetzt und, den einen oder anderen Vorgänger zitierend, Peis Würfen in Washington und Paris Nachdruck verleiht.

Durch die gläserne, bogenförmige Fassade gen Süden wird das riesige Foyer von Licht durchflutet; den in strenger Klarheit eingesetzten Materialien Kalkstein, Granit und eingefärbter Beton verleiht dies eine haptische, sinnliche Ausstrahlung. Pei vermeidet jede Historisierung, erweist aber mit Ausblicken seinem architektonischen Ahnen Schinkel die Reverenz - und vor allem dem Zeughaus. Die Nordseite des DHM-Stammhauses mit den Plastiken von Schlüter darf, von Peis gläsernem Foyer aus betrachtet, einer Schaufassade gleich auftrumpfen. Allerdings hat Pei Schinkels Maxime, wonach ein Museum «erst erfreuen und dann belehren» soll, derart hochgehalten, dass seine effektvolle Inszenierung in Gestalt des zweckfreien Foyers rund die Hälfte der Gesamtfläche in Anspruch nimmt. Die Enge der vier Ausstellungsetagen, die 2500 Quadratmeter umfassen, dürften in Zukunft sowohl die Kuratoren der Wechselausstellungen wie die Besucher noch zu spüren bekommen.

Weniger Altersmilde hätte man sich bei Peis gläserner Treppenspindel gewünscht, die sich in einem ersten Entwurf geschlossener zeigte. Nun kragt - weniger nüchtern und auf den ersten Blick wohl gefälliger - eine Treppenwindung als fette Wulst aus dem Zylinder, weshalb der Berliner Volksmund in seiner liebenswürdigen Art die Glaswindung bereits zur «Schnecke» gemacht hat. Würde allerdings manch anderes bedächtig und ruhig wie sie seiner Vollendung entgegengleiten, wäre aus der deutschen Hauptstadt wieder so etwas wie Bewegung zu vermelden.

[ Das DHM präsentiert bis zum 22. September eine Pei-Werkschau. Publikation: I. M. Pei - Der Ausstellungsbau für das Deutsche Historische Museum, hrsg. von Ulrike Kretzschmar. Prestel-Verlag, München 2003. 96 S., Fr. 26.-. Eine Besprechung der Ausstellung «Idee Europa. Entwürfe zum ‹ewigen Frieden›» (25. Mai bis 25. August) folgt. ]

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