Details

Bauherrschaft
Wien-Mitte Bauprojektmanagement GesmbH
Fertigstellung
2006

Presseschau

09. Mai 2003Roman David-Freihsl
Der Standard

Alle Planungen beginnen von vorne in Wien-Mitte

Es wird ein neuer Planungswettbewerb für Wien-Mitte gestartet. Das wurde nun beschlossen. Die Bauträger Austria Immobilien bleiben vorerst Investor.

Es wird ein neuer Planungswettbewerb für Wien-Mitte gestartet. Das wurde nun beschlossen. Die Bauträger Austria Immobilien bleiben vorerst Investor.

Nun wird also tatsächlich alles neu geplant in Wien-Mitte. Der Planungsausschuss der Stadt hat Mittwochnachmittag beschlossen, einen neuen städtebaulichen Wettbewerb durchführen zu lassen, damit rund um das Bahnhofsgelände im dritten Bezirk doch noch eine attraktive Lösung umgesetzt werden kann. Damit bleibt der „Ratzenstadel“ (Bürgermeister Michael Häupl) aber auf vorerst unbestimmte Zeit ein unansehnlicher Willkommensort für Reisende.

Wie berichtet, hat die Diskussion rund um die Höhe der ursprünglich bis zu 97 Meter hohen Türme diese letztlich zu Fall gebracht. Der Investor, die Bauträger Austria Immobilien, hat daraufhin einen Rückzieher gemacht. Der Grund: Nur mit entsprechender Höhe sei das Projekt über dem Bahnhof rentabel. Aus Hintergrundgesprächen wurde klar, dass der Geschäfts-und Hotelbau am derzeitigen Immobilienmarkt ohnehin nicht die gewünschten Erlöse gebracht hätte. Auch, weil die ÖBB auf guten Pachterträgen beharrte.

Vorerst bleibt die BAI als Investor mit an Bord, erklärte Andreas Schieder, SP-Ausschussmitglied, gegenüber dem STANDARD. Entscheidend sei jetzt, dass bei den vorbereitenden Sitzungen erstmals alle Beteiligten an einem Tisch sitzen - also ÖBB, BAI, Wiener Linien und Stadtplanung.

Neu ist, dass jetzt die Markthalle in die städtebaulichen Planungen einbezogen wird. Das Ergebnis könne dann auch modulhaft umgesetzt werden - also zum Beispiel mit oder ohne Markthalle.


360.000 Euro Kosten

Beschlossen wurde ein Sachkredit über 360.000 Euro für einen städtebaulichen Wettbewerb, zu dem namhafte Architekten eingeladen werden sollen - und zwar einstimmig von allen Gemeinderatsparteien. In der Ausschreibung wurde festgehalten, dass bei den Neuplanungen auch das städtebauliche Umfeld - und also auch das nahe gelegene Weltkulturerbe Innere Stadt - zu berücksichtigen ist.

Dass neu gewidmet werden muss, ist so gut wie sicher, da auch bei einer deutlichen Unterschreitung der Bauhöhe eine Änderung der Flächenwidmung nötig wird. Bis zum Herbst soll der Wettbewerb entschieden sein - noch vor Eröffnung des neuen Airport-Shuttles.

Die Pläne von Neumann/ Ortner seien nach wie vor Grundlage für die Planungen - „dann wird man sehen, ob man das Projekt adaptieren kann oder nicht“, meint Schieder. Einfach die Höhe zu reduzieren, das sei zu wenig.

26. März 2003Der Standard

Schadensbegrenzung nach Städtebauflop und neu beginnende Diskussion um Stadtplanung

(SUBTITLE) Drei Jahre Zeit für Wien-Mitte neu

Drei Jahre Zeit für Wien-Mitte neu Nach dem Fall der Türme drängt die Stadt auf rasche Präsentation einer Alternative für die Wien-Mitte-Überbauung. Gleichzeitig wird aber auch diskutiert, was an diesem Standort überhaupt noch errichtet werden kann.

Drei Jahre Zeit für Wien-Mitte neu Nach dem Fall der Türme drängt die Stadt auf rasche Präsentation einer Alternative für die Wien-Mitte-Überbauung. Gleichzeitig wird aber auch diskutiert, was an diesem Standort überhaupt noch errichtet werden kann.

Wien - Ehe in Wien-Mitte sich atemberaubende architektonische Blickfänge ergeben, werden wohl noch drei Jahre vergehen. In dieser Zeitdimension rechnet SP-Bürgermeister Michael Häupl, innerhalb derer ein Projekt zur Bahnhofsüberbauung doch noch umgesetzt werden kann. Häupl drängt jedenfalls darauf, dass der Investor, die Bauträger Austria Immobilien (B.A.I.), die kürzlich das Turmprojekt abgesagt hat, rasch die angekündigte „Light-Variante“ präsentiert.

Nach wie vor gelte für alle neuen Pläne, dass die Verträglichkeit mit dem Welterbe in der Inneren Stadt gegeben sein müsse. Der Unesco und ihrem Welterbebeirat Icomos soll also kein weiteres Mal Anlass zur Kritik gegeben werden. Bereits bei Absage des heftig umstrittenen Wien-Mitte-Projekts mit den bis zu 97 Meter hohen Türmen hat Wolfgang Lipp, Präsident von Icomos-Österreich, mit Erleichterung reagiert. Unter diesen Bedingungen sehe er keine Gefahr mehr, dass die Unesco der Stadt Wien das Welterbe aberkennen werde.


Planungsneustart

Der Wiener VP-Planungssprecher Alexander Neuhuber forderte indes am Dienstag einen kompletten Planungsneubeginn für das Areal: „Man muss sich schließlich den neuen Gegebenheiten anpassen. Als Wien-Mitte geplant wurde, war Wien gerade in einer Art Hochhaus-Euphorie“ - inzwischen stagniere der Büromarkt aber. Auch seien damals etwa Urban-Entertainment-Center der letzte Schrei gewesen, „aber die sind längst wieder passé. Das Sony-Center in London etwa hat schon wieder zugesperrt.“

Ein Shoppingangebot werde es in Wien-Mitte jedenfalls geben müssen, bei Büros wäre Neuhuber derzeit vorsichtig. Denkbar sei auch noch ein Hotelbau oder etwa auch „ein größeres Musical-Theater. Platz gibt es genug - die Frage ist nur, wie das finanziert werden soll.“

Wichtigster Ansatzpunkt ist für den Planungssprecher, dass über die Pachthöhe neu verhandelt werden müsse. Denn wie Neuhuber bereits im STANDARD erläuterte, müssten die ÖBB nun darauf reagieren, dass das Grundstück angesichts der Welterbediskussion nicht mehr voll ausgenützt werden kann.

17. März 2003ORF.at

Projekt mit Weltkulturerbe inkompatibel

Das Hochhaus-Projekt Wien-Mitte wird in der geplanten Form nicht gebaut.

Das Hochhaus-Projekt Wien-Mitte wird in der geplanten Form nicht gebaut.

Die B.A.I. (Bauträger Austria Immobilien GmbH) wird das umstrittene Hochhaus-Projekt Wien-Mitte nicht realisieren. Das hat das Unternehmen der APA am Freitag mitgeteilt.

Beschlossen wurde jedoch, die bestehenden Überbauungsrechte zu nutzen und auf einem Teilstück des Areals - dem ehemaligen Busbahnhof - ein Projekt „Wien-Mitte light“ zu planen. Dieses wird aber bedeutend niedriger werden, versicherte eine B.A.I.-Sprecherin.


97-Meter-Turm geplant

Das Turm-Projekt hat seit Jahren für Aufregung gesorgt. Geplant war, eine drei Hochhäuser umfassende Bahnhofs-Überbauung zu errichten. Einer der Türme hätte 97 Meter hoch werden sollen.

Verschärft hat sich die Debatte in den vergangenen Monaten: Politiker und Denkmalschutz-Experten warnten davor, dass die Wiener Innenstadt das UNESCO-Prädikat „Weltkulturerbe“ angesichts des Projekts verlieren könnte.


Häupl: „Wird so nicht gebaut“

Bürgermeister Michael Häupl erklärte, bereits in einem am Freitag erschienenen Interview mit der Tageszeitung „Die Presse“, das Hochhaus-Bauprojekt „Wien-Mitte“ für tot. „Das Projekt kann in der Form nicht stattfinden, es wird so nicht gebaut“, sagte er.

Laut Häupl muss das Gebäude mit dem Titel Weltkulturerbe kompatibel sein, so der Bürgermeister.


„Es wird sehr viel getan“

Häupl weiter im Interview: „Es kann nicht sein, dass das auf Dauer das Tor Wiens ist, wenn unsere Gäste vom Flughafen hereinkommen.“

Die Türme werden in dieser Höhe „mit Sicherheit“ nicht gebaut. Auf die Frage, ob bereits an einer Alternative gearbeitet werde, meinte Häupl: „Es wird sehr viel getan. Das Ganze muss ja auch ein für den Investor verträgliches Projekt sein.“


Welterbe-konforme Auflagen „nicht finanzierbar“

Laut der Mitteilung des Bauträgers wurde die Stadt Wien sowie der für das geplante Einkaufszentrum zuständige Projektpartner „Sonae Imobiliaria“ am Freitag über den Rückzug informiert. Begründet wird dieser in erster Linie mit den Auflagen, die eine dem Weltkulturerbe-konforme Umsetzung des Großprojektes mit sich gebracht hätte. Diese wären nicht finanzierbar gewesen, hieß es.

B.A.I.-Geschäftsführer Maximilian Weikhart: „Wir haben jetzt 14 Tage lang gemeinsam mit der Stadt Wien alles geprüft und nochmals jeden Stein in die Hand genommen. Das Ergebnis ist eindeutig: Unter den von ICOMOS (der Denkmalbeirat der UNESCO, Anm.) geforderten Rahmenbedingungen ist das Großprojekt Wien-Mitte finanziell nicht darstellbar.“ ICOMOS hatte unter anderem gefordert, die Höhe der Türme auf rund 60 Meter zu reduzieren.


Verunsicherung der Investoren

Die öffentliche Diskussion rund um das Projekt habe außerdem zu einer ernsten Verunsicherung der Investoren und aller Beteiligten geführt, betonte der Bauträger. Für die B.A.I. sei das Projekt Wien-Mitte damit aber nicht beendet. "Wir wollen ein Projekt nicht gegen, sondern für die Wiener gestalten, deshalb konzentrieren wir uns jetzt auf den brachliegenden Bereich des ehemaligen Busbahnhofes und wollen dort gemeinsam mit der Stadt Wien „Wien-Mitte light“ bauen", berichtete Weikhart.

Von der Absage nicht betroffen ist der bereits im Bau befindliche „City Tower“ der IMMO-Finanz. Dieser wird 87 Meter hoch werden, die Fertigstellung ist für den kommenden Herbst geplant. Justizmister Dieter Böhmdorfer will drei Gerichte in diesem Gebäude ansiedeln.


Ziel: Erneuerung des Bahnhofs

Die ÖBB sind laut einem Sprecher am Freitagvormittag über den Rückzug informiert worden. Jetzt warten die Bundesbahnen auf eine offizielle Verständigung. „Dann werden wir die Sache analysieren und unsere weitere Vorgangsweise festlegen“, so ein Bahn-Sprecher. Ziel bleibe jedoch die „nachhaltige und umfassende Erneuerung“ des Bahnhofsbereichs.

17. März 2003ORF.at

Was wird verwirklicht?

Noch heuer sollte mit den Abbrucharbeiten der bestehenden Bahnhofsüberbauung begonnen werden.

Noch heuer sollte mit den Abbrucharbeiten der bestehenden Bahnhofsüberbauung begonnen werden.

Nach den ursprünglichen Pläne der B.A.I. (Bauträger Austria Immobilien GmbH) hätten für das Projekt Wien-Mitte drei Büro-Hochhäuser (eines mit 97 Metern, zwei mit je 87 Metern) errichtet werden sollen.

Die Kosten für das bis Ende 2005 geplante Projekt wurden mit rund 300 Millionen Euro angesetzt.


Bahnhofs-Überbauung

Der Bahnhof Wien-Mitte sollte mit einer 17.000 Quadratmeter großen Platte überbaut werden. An einer Längs- und einer Schmalseite waren die drei Hochhäuser der B.A.I. geplant. Auf der anderen Seite der Marxer Brücke wird bereits ein weiterer Turm - der Vienna City Tower - gebaut. Bauträger für dieses 87 Meter hohe Gebäude ist aber nicht B.A.I., sondern die IMMO-Finanz.

Gemäß den Plänen des Bauträgers sollten rund 28.000 Quadratmeter an Flächen für den Bahnhof, den City-Check-In für den Flughafen, sowie für Einkauf, Gastronomie und Freizeit errichtet werden. Zusätzlich waren 29.000 Quadratmeter an Büroflächen und ein Hotel mit 340 Zimmern geplant. Was davon verwirklicht wird, ist nach dem Aus für das Hochhaus-Projekt zum Teil offen. Lediglich für den City-Check-In sind Vorarbeiten bereits im Gang.


Scheitern nach Welterbe-Debatte

Bereits seit Jahren wogt der Streit um die Hochhaus-Pläne. Verschärft hat sich die Auseinandersetzung, seit die Wiener Innenstadt am 13. Dezember 2001 in die Welterbe-Liste der UNESCO aufgenommen worden ist. Das Welterbekomitee empfahl schon damals ein Überdenken der Höhe und des Volumens der geplanten Bauten.

Wiens Bürgermeister Michael Häupl (S) kündigte noch am Tag der Aufnahme in die UNESCO-Liste Gespräche mit dem Bauträger an. Planungsstadtrat Rudolf Schicker (S) nahm Gespräche mit dem Investor, der B.A.I. (Bauträger Austria Immobilien), auf.


Bauträger zunächst stur

Die Forderungen der Projektkritiker - FPÖ, Denkmalschutz-Experten, eine Bürgerinitiative und namhafte Architekten - nach einer Reduktion stieß bei der B.A.I. zunächst aber auf taube Ohren: Im März 2002 wurde verkündet, dass die Türme wie geplant bis zu 97 Meter hoch gebaut würden. Eine Verkleinerung wurde aus Gründen der Wirtschaftlichkeit abgelehnt.

Die Stadt hatte keine rechtliche Handhabe: Für die Türme gab es seit Mai 2000 - also der Amtszeit von VP-Planungsstadtrat Berhard Görg - einen entsprechenden Flächenwidmungs- und Bebauungsplan. Im August 2000 war der Fluchtlinienbescheid erlassen worden. Am 22. Juli 2002 erhielt die B.A.I. dann die Baubewilligung für drei Türme, einer davon 97 Meter und zwei 87 Meter hoch.


Warnungen vor „Welterbe“-Verlust

Unterdessen wurden Stimmen laut, die vor einem Verlust des Welterbe-Prädikats warnten. Im Mai 2002 kam deshalb Francesco Bandarin, Direktor des UNESCO-Welterbebüros aus Paris zum Lokalaugenschein nach Wien. Er betonte, dass die Gefahr einer Streichung von der Welterbeliste nicht ernstlich gegeben sei. Wenig später, im Juli 2002, drohte das UNESCO-Welterbekomitee aber in einer Sitzung in Budapest mit dem Prädikatsentzug. Die Stadt Wien wurde dringend zu einem Bericht aufgefordert.

Für einen Paukenschlag sorgte dann Michael Petzet, Präsident von ICOMOS („International Council on Monuments and Sites“, der UNESCO-Fachbeirat für Weltkulturerbe). In einem APA-Interview kündigte er an, sich für die Aberkennung des Prädikats „Weltkulturerbe“ einzusetzen, falls das Hochhausprojekt verwirklicht werde.


B.A.I. forderte finanziellen Ausgleich

Anfang Oktober 2002 versuchte Wien, die UNESCO mit dem gewünschten Bericht zu beschwichtigen: Die „visuelle Integrität“ der Altstadt sei nicht gefährdet, wurde versichert. Die Stadt lege Wert darauf, auf der Welterbeliste vertreten zu sein. Man werde sich um Kompatibilität des Projekts bemühen.

Während sich der Beginn der Bauarbeiten an dem abgewohnten Bahnhof nahe der Innenstadt verzögerte, der benachbarte „City Tower“ der Immofinanz aber bereits in die Höhe wuchs, wurde bekannt, dass die B.A.I. einen finanziellen Ausgleich für eine allfällige Reduktion der Turmhöhe auf das Ausmaß des benachbarten Hilton Hotels (rund 60 Meter) haben wollte.


Höhen-Limit aus Österreich

Die Stadt verhandelte unterdessen mit der UNESCO. Im Februar 2003 gab Wiens Welterbe-Beauftragter Arnold Klotz bekannt, dass diese zwar eine Reduktion fordere, dafür aber kein absolutes Limit setze. Genau jenes kam aber kurz darauf von ICOMOS-Österreich: Präsident Wilfried Lipp forderte eine grundlegende Neuplanung mit der Hilton-Höhe als Limit, andernfalls sei die Vereinbarkeit mit dem Welterbe-Prädikat nicht gegeben.


Hektische Verhandlungen

Die FPÖ forderte daraufhin einen sofortigen Stopp für das Projekt. Bürgermeister Häupl begann sich Sorgen um einen Ausstieg der B.A.I. zu machen und übte Kritik an potenziellen „Mördern des Projekts“. Geheimnisvoll kündigte er an, dass die Stadt bereits an ein Alternativprojekt denke. Im Februar und März wurde zwischen Vertretern der Stadt und der B.A.I. hektisch verhandelt.

Nachdem bereits über eine Neuplanung samt Architektenwettbewerb spekuliert wurde, die B.A.I. aber weiter eine Aufgabe dementierte, erklärte Häupl am Donnerstag das Projekt für tot. Mit der offiziellen Bekanntgabe des Projektausstiegs durch die B.A.I. am Freitag fanden die hoch fliegenden Hochhauspläne schließlich endgültig ihr Ende.

17. März 2003ORF.at

„Armutszeugnis für Wiens Planungspolitik“

Grüne: „Armutszeugnis“ für Planungspolitik - FP: Verträgliches Projekt könnte schon stehen - VP: Sieg der Vernunft.

Grüne: „Armutszeugnis“ für Planungspolitik - FP: Verträgliches Projekt könnte schon stehen - VP: Sieg der Vernunft.

Im Wiener Rathaus wird nach der Entscheidung des Wien-Mitte-Bauträgers von Seiten der Opposition Kritik laut: Grün-Gemeinderat Günter Kenesei sprach von einem „Armutszeugnis schlechthin für die Wiener Planungspolitik“. Gegenüber der APA forderte er den Rücktritt von Planungsstadtrat Rudolf Schicker (S). Dieser trage gemeinsam mit Bürgermeister Michael Häupl (S) die Schuld an dem „Desaster“, so Kenesei. Häupl und Schicker waren für eine Stellungnahme vorerst nicht zu erreichen.

Schicker habe sich in seiner bisherigen Amtszeit lediglich durch nicht realisierte Projekte hervorgetan, kritisierte Kenesei. Investoren derart zu „verscheuchen“ sei ein verheerendes internationales Signal. Häupl wäre gut beraten, sich nach einer geeigneteren Person umzusehen, die über die Planungskultur in Wien besser Bescheid wisse.


Grüne für Rainer-Projekt

Seit dem Gutachterverfahren im Jahr 1991 werde an dem Projekt „herumgedoktert“, im Laufe der Jahre sei das Projekt immer größer geworden, kritisierte Kenesei. Nun müsse ein neues Projekt raschest realisiert werden, und zwar auf der Grundlage jenes Masterplans, der seinerzeit vom Architekten Roland Rainer zusammen mit dem Verkehrsplaner Hermann Knoflacher erstellt worden sei. Das Ziel: Ein locker bebautes, niedrigeres Projekt, „das man herzeigen kann und zu dem man als Stadt auch steht“.

FP-Gemeinderat Heinz-Christian Strache sagte gegenüber der APA: „Wenn man von Beginn an auf uns gehört hätte, hätten wir uns vieles erspart, nämlich Zeit, Ärger und die Debatte um das Weltkulturerbe.“ Inzwischen könnte schon längst ein mit dem Stadtbild verträgliches Projekt stehen, so der FP-Mandatar.


Investoren „abgeschreckt“

Überrascht zeigte sich Strache - seit Jahren einer der heftigsten Gegner der Hochhäuser - laut eigenen Angaben nicht. Der Bauträger habe kein Interesse, den „starken Mann“ zu spielen, da dieser in Zukunft auch bei anderen Projekten zum Zug kommen wolle. Die Investoren, so versicherte Strache weiters, seien auch durch die bestehende Rechtsunsicherheit abgeschreckt worden. Er verwies auf laufende Klagen vor dem VfGH.

Doch nicht nur Anrainer und Bürger, sondern auch die UNESCO hätten ihren Unwillen zum Ausdruck gebracht, betonte der FP-Politiker. Die Drohung einer Aberkennung des Welterbe-Prädikats sei ernst zu nehmen gewesen, zeigte er sich überzeugt.


„Sieg der Vernunft“

„Dass der Investor nun selbst bestätigt hat, eine redimensionierte niedrigere Variante des Hochhausprojekts in Wien-Mitte zu verwirklichen, ist als Sieg der Vernunft zu werten“, freute sich der Klubobmann der Wiener ÖVP, Matthias Tschirf. Nachdem die UNESCO die Diskussion über die Unvereinbarkeit des „völlig überdimensionierten Baus“ begonnen habe, hätten sich die SPÖ-Verantwortlichen lange Zeit gegen die vorgebrachten Bedenken gewehrt und diese nicht zur Kenntnis nehmen wollen, kritisierte er.

Jetzt sei eine Prüfung notwendig, inwieweit sich das neue Projekt in die Vorgaben des Weltkulturerbes einfügen werde. „Das Einlenken des Projektbetreibers ist aber in jedem Fall zu begrüßen“, meinte Tschirf.

15. März 2003Ute Woltron
Der Standard

Welterbe „erniedrigt“ die Türme

Völlig überraschend hat sich die Bauträger Austria Immobilien vom bisherigen Projekt Wien-Mitte verabschiedet. Bis zum Schluss wurde beteuert, man wolle die Bahnhofsüberbauung realisieren. Nicht zuletzt, weil der Baubescheid vorlag. Der wird auch weiterhin genützt, kündigt der Bauträger an, um eine niedrige „Light-Version“ realisieren zu können.

Völlig überraschend hat sich die Bauträger Austria Immobilien vom bisherigen Projekt Wien-Mitte verabschiedet. Bis zum Schluss wurde beteuert, man wolle die Bahnhofsüberbauung realisieren. Nicht zuletzt, weil der Baubescheid vorlag. Der wird auch weiterhin genützt, kündigt der Bauträger an, um eine niedrige „Light-Version“ realisieren zu können.

Wien - Das war es dann also: zwölf Jahre Planung, zwei Jahre Diskussion um Höhen, Baudichte und Welterbe - jetzt das endgültige Aus. Die Bauträger Austria Immobilien (B.A.I.), ein Unternehmen der Bank-Austria-Gruppe, gibt das Projekt Wien-Mitte in seiner jetzigen Form auf: keine 97 Meter hohen Türme, kein wuchtiger Bau entlang der Invaliden-und Landstraßer Hauptstraße.

Stattdessen soll die „Light-Variante“ realisiert werden, kündigt man seitens der B.A.I. an. Ein Büro- und Geschäftszentrum beim Bahnhof Wien-Mitte soll jedenfalls gebaut werden, aber wesentlich niedriger, versichert eine B.A.I.-Sprecherin. Vor allem will man die bestehenden Baurechte nützen, denn der Investor verfügt über eine Baugenehmigung, hätte damit seit Monaten die Möglichkeit gehabt - ungeachtet sämtlicher Proteste von Politikern, Denkmalschützern und Anrainern -, mit dem Bau zu beginnen.

Nähere Details zu „Wien-Mitte-Light“ werden Anfang nächster Woche bekannt gegeben, kündigte die Sprecherin gegenüber dem STANDARD an. Die Stadt stehe einer reduzierten Projektvariante, die seit Wochen intern diskutiert wurde, jedenfalls positiv gegenüber, hört man aus dem Rathaus.

Für den wichtigsten Projektpartner kommt die Entscheidung der B.A.I. ebenfalls unerwartet. Man sei im Laufe des Freitags informiert worden, dass eine endgültige Entscheidung seitens des Investors getroffen worden sei - „aber wir warten noch auf die offizielle Verständigung“, erklärt ÖBB-Sprecher Gary Pippan. Dass sich der Projektpartner B.A.I. allerdings vom bestehenden Projekt verabschieden würde, sei nicht abzusehen gewesen, betont er. Die Österreichischen Bundesbahnen blieben jedenfalls an einer Neugestaltung des heruntergekommenen Bahnhofsareals interessiert. Man müsse jetzt abwarten, wie die neuen Detailpläne der B.A.I. aussähen.


Jahrelanges Tauziehen

Von derlei „Light“-Plänen wird auch die weitere Diskussion um das Projekt abhängen. Vor allem, ob dann in Ruhe und mit Aussicht auf Rendite gebaut werden kann. Denn der Streitpunkt war die Bauhöhe des ursprünglichen Projekts gewesen. Bis zu 97 Meter sollten die vier Türme über der Bahnhofsplatte in die Höhe ragen. Was zu immer heftigeren Protesten seitens Icomos geführt hatte, als Wiens Innenstadt am 13. Dezember 2001 den Status „Welterbe“ zuerkannt bekommen hatte. Der Unesco-Welterbebeirat sah durch das Projekt das Welterbe beeinträchtigt - und drohte Wien, das prestigeträchtige Prädikat abzuerkennen. Das Welterbekomitee empfahl schon seit Dezember 2001, die Höhe und das geplante Bauvolumen zu überdenken. Wie die Unesco über den Welterbe-Status Wiens unter den neuen Bedingungen denkt, wird sich spätestens im Juni bei ihrer Generalversammlung zeigen.

Wiens SP-Bürgermeister Michael Häupl hatte noch am Tag der Aufnahme der City in die Unesco-Liste Gespräche mit dem Bauträger aufgenommen. Planungsstadtrat Rudolf Schicker (SP) nahm ebenfalls Gespräche mit dem Bauträger Austria Immobilien auf. Die Forderungen der Projektkritiker - darunter die FPÖ, Denkmalschützer, eine Bürgerinitiative und namhafte Architekten wie Gustav Peichl und Roland Rainer - nach einer Reduktion stieß bei der B.A.I. zunächst auf taube Ohren. Sogar der Bürgermeister kritisierte die Art, in der die B.A.I. Anrainer und Öffentlichkeit über ihre Pläne (nicht) informierte.

Im März 2002 wurde dann verkündet, dass die Türme wie geplant bis zu 97 Meter hoch gebaut würden. Eine Verkleinerung wurde „aus Gründen der Wirtschaftlichkeit“ abgelehnt.


Frage der Ökonomie

Kommt Wien-Mitte „light“, würde das die Welterbe-Debatte entschärfen. Offen bleiben nun verschiedene ökonomische Aspekte.

Einerseits muss die B.A.I. eine Variante der Verbauung finden, die es ihr mit dem Ko-Investor Sonae Immobiliare aus Portugal ermöglicht, vernünftige Renditen zu erwirtschaften. Bei derart guten Lagen wie jener am Verkehrsknotenpunkt Wien-Mitte gilt es, hohe Grundstückspreise und Kosten für die Infrastruktur zu kompensieren. Das bedingt mehr Stockwerke, in denen Büros und Geschäfte untergebracht und vermietet werden müssen.

Darüber hinaus sind die ÖBB Grundstückseigentümer. Sie sind ebenfalls interessiert daran, die gute Innenstadtlage gewinnbringend für sich zu nutzen. Bis dato wollen sie 700.000 Euro Jahrespacht von den Investoren. Eine Reduktion der Pachtsumme, um das Turmprojekt bei geringerer Bauhöhe rentabel zu halten? Davon will man bei den ÖBB nichts wissen. Man habe eine exquisite Innenstadtlage anzubieten, dafür sollen auch marktübliche Preise gezahlt werden. Die ÖBB würden nicht „einen privaten Investor quersubventionieren“, wurde erst kürzlich auf Wirtschaftlichkeit gepocht.

Der nächste ökonomische Aspekt ergibt sich aus den bisher geleisteten Arbeiten für das Projekt. Kolportierte „zig Millionen“ seien bereits für Planungen, Umgestaltungen, Geometer, Anwälte und Wettbewerbskosten ausgegeben worden. Das macht die Neuausschreibung eines Wettbewerbs für die „Light“-Version unrealistisch.

Architekt Heinz Neumann, von der „Arge Architekten Wien-Mitte“, will sich vorerst nicht äußern. Er geht aber davon aus, dass die bisherigen Planer - Neumann, Ortner & Ortner sowie Lintl & Lintl - auch für die Neugestaltung der Bahnhofsüberbauung verantwortlich zeichnen werden. Man habe auch bisher bloß „Aufwandsentschädigungen“ erhalten, was einem „Bruchteil“ der tatsächlich geleisteten Arbeit entspreche. Eine Neuauflage eines Wettbewerbs dürfte es also nur geben, wenn die B.A.I. sich völlig zurückziehen würde, was aufgrund der teuren Vorleistungen unwahrscheinlich ist.

15. Februar 2003Laurids Ortner
Der Standard

Wien-Mitte, mon amour

Architekt antwortet auf „Abscheulichkeit“

Architekt antwortet auf „Abscheulichkeit“

In ihrer couragierten Art hat Ute Woltron das eigentliche Problem von Wien-Mitte benannt: „Die geplante Architektur ist kalt, brutal, unschön, weil viel zu dicht“ und „ . . . die Räder der Ökonomie haben das Projekt zerrieben und Abscheuliches ausgespien“.

Endlich deutliche Worte und auch der mögliche Ansatz, die Architekturdiskussion hierzulande präziser zu machen. Man braucht fürs Erste die negativen Attribute „kalt, brutal, unschön, dicht“ durch positive zu ersetzen: etwa „heimelig, freundlich, gefällig, aufgelockert“. Das könnte ja schon Kriterien für gute Architektur ergeben. Fehlt vielleicht noch der saloppe Begriff „fesch“, den „uwo“ gern gebraucht, wenn es um schmissige architektonische Formen geht, die irgendwie auch in die Zukunft weisen.


Triebfeder Ökonomie

Wie allerdings die „Räder der Ökonomie“ durch etwas ersetzt werden könnten, das nun nicht mehr „Abscheuliches“ ausspeit, sondern vielleicht Anmutiges, wüsste ich nicht. Denn war nicht gerade die Ökonomie, das knapp kalkulierte Haushalten, eine der wichtigsten architektonischen Erkenntnisse des vergangenen Jahrhunderts?

„Form follows function“ nur als ästhetische Anleitung zu verstehen und nicht als ökonomischen Grundsatz, würde wesentliche Erkenntnisse der Moderne zunichte machen.

Womit wir schließlich bei jener unsäglichen Investorenarchitektur angelangt sind, die aus purer Profitgier mit schlechter Architektur und überzogenen Massen unsere Städte zerstört. Eine Achse des Bösen, die sich da zwischen Politik und Kapital gebildet haben muss - wie sonst wäre das möglich? Das Vertrauen in die kontrollierenden Mechanismen der Demokratie schwindet in dieser Stadt, sobald im Einzelnen das Gefühl aufkommt, davon etwas zu verstehen.

Von Architektur verstehen Gott sei Dank alle was. Herr Lipp aus Linz erklärt die Höhe des Hilton Hotels zum Maß für Wien-Mitte, emeritierte Universitätsprofessoren entwickeln kühne Umschichtungsstrategien von Baumassen zum Westbahnhof hin, nicht wenige Bürger wollen statt alldem einen Park, „uwo“ begnügt sich mit „abscheulich“.


13 Jahre Diskussion

Man sollte an dieser Stelle den Hinweis riskieren, dass dieses Projekt Wien-Mitte nicht vorgestern zum ersten Mal der Öffentlichkeit vorgestellt wurde und nun der überfällige Sturm von Meinungen und Vorschlägen losbricht. Nein, Wien-Mitte geht ins 13. Jahr. Es hat alle Instanzen der demokratischen Auseinandersetzung, des vorgeschriebenen Rechtswegs mehrmals durchlaufen. Es wurde mit Bürgerinitiativen und der Bezirksvertretung in zahllosen Sitzungen abgestimmt, Ergebnisse öffentlich präsentiert, vom Fachbeirat auf architektonische und städtebauliche Qualität mehrfach geprüft, das Denkmalamt immer wieder damit befasst, auf höchster politischer Ebene eingehend behandelt. Und schließlich im Konsens aller Beteiligter eine Baugenehmigung erteilt. Keine ausreichende Information, keine ausreichende fachliche Kontrolle? Alles Deppen und Gauner?


Recht ist Recht

Was dieser Standort an Architektur verträgt, wurde in einem langen und sorgfältigen Prozess geklärt und ist rechtskräftig. Ob die Innere Stadt mittlerweile zum Weltkulturerbe erklärt wurde, darf diesen Prozess nicht infrage stellen, weil er letztlich jede Rechtssicherheit und jede fachliche Integrität aller Beteiligten infrage stellt. Im Übrigen wüsste ich auch nicht, wer das Projekt architektonisch intelligenter hätte machen können.

13. Februar 2003Der Standard

Turmhohe Bedenken gegen Wien-Mitte

Die Empfehlung von Icomos Österreich an die Unesco ist eindeutig: Das Projekt Wien-Mitte soll vollkommen neu geplant und auf die Hilton-Höhe reduziert werden. Im Hotel Hilton wiederum hat man die Pläne für den „Wolken“-Aufbau definitiv aufgegeben.

Die Empfehlung von Icomos Österreich an die Unesco ist eindeutig: Das Projekt Wien-Mitte soll vollkommen neu geplant und auf die Hilton-Höhe reduziert werden. Im Hotel Hilton wiederum hat man die Pläne für den „Wolken“-Aufbau definitiv aufgegeben.

Wien - Die Sprache ist unmissverständlich: Es bestehe die Notwendigkeit einer „tief greifenden Um- bzw. Neuplanung, die dem Welterbe-Ambiente angemessen ist und den Empfehlungen des Welterbekomitees entspricht“. Wilfried Lipp, Vorsitzender des Nationalkomitees der Icomos, lässt in seiner schriftlichen Stellungnahme zum Projekt Wien-Mitte keinen Zweifel daran, dass für ihn das geplante Bauvorhaben mit den vier bis zu 97 Meter hohen Türmen mit dem Welterbe „nicht vereinbar ist“.

Damit wird die Diskussion weiter angeheizt, ob die turmhohe Bahnhofsüberbauung den einschlägigen Bestimmungen der von Österreich ratifizierten Welterbekonvention entspricht. Den neuen Icomos-Bericht bezeichnet SP-Planungsstadtrat Rudolf Schicker als „kritisch, aber fair“. Auch die Stadt Wien hat ihre eigene Sichtweise zum Projekt der Unesco bereits übermittelt.

Die lokale Stadtpolitik übertrifft sich seit Monaten in Forderungen, wie der Fall Wien-Mitte zu lösen sei. Die FP fordert „einen sofortigen Projektstopp“, die VP fordert die Stadt auf, mit der Bank Austria als Bauträger zu verhandeln. Dort wiederum wünscht man sich eine Ausgleichszahlung von der Stadt, wenn man die Dimensionen des Baus reduzieren muss.

Im Juni findet die entscheidende Sitzung des Welterbekomitees statt. Befürchtet wird, dass die Unesco an Wien ein Exempel statuieren könnte und dem Land für das Kulturdenkmal „Innere Stadt“ das Welterbe aberkennt. Bisher ist das noch nie geschehen. Wilfried Lipp empfiehlt der Unesco jedenfalls nicht, das Wiener Welterbe von der Liste zu streichen. Er schlägt aber ganz konkret vor, die Türme in Wien-Mitte müssten gekappt werden - und das lasse sich „nicht allein durch marginale Kürzung der Türme“ bewerkstelligen. Der Denkmalschützer sieht die maximale Höhe des Hotel Hilton als Maß künftiger Baudinge.

Der Hotelturm ragt derzeit 65 Meter in die Höhe und liegt in unmittelbarer Nähe zur Innenstadt, steht neben dem Bahnhof Wien-Mitte.

Die Höhe des Hilton wird sich trotz geplanten Umbaus auch nicht verändern: Claudia Wittmann, Sprecherin des Hotels, erklärt im STANDARD-Gespräch, dass der geplante „wolkengleiche Aufbau“ nach Plänen des Architekten Hans Hollein definitiv nicht umgesetzt würde. Die Eigentümerin Soravia Bauträger GmbH habe anders entschieden.

Hinter vorgehaltener Hand heißt es, dass die Aufregung rund um Wien-Mitte ein wesentlicher Grund sei, den auffälligen Wolkenbau nicht zu realisieren. Derzeit will es sich seitens der Stadtpolitik niemand leisten, bei der Unesco weiter mit schlechten Nachrichten aus Wien im Gespräch zu bleiben.

13. Februar 2003Ute Woltron
Der Standard

Erben und erwerben

Die Debatte um den in Wien-Mitte konzipierten Hochhauskomplex reißt nicht ab.

Die Debatte um den in Wien-Mitte konzipierten Hochhauskomplex reißt nicht ab.

Die treffsicherste Munition der Projektgegner liefert der Titel „Weltkulturerbe“, den die gleich nebenan gelegene Wiener Innenstadt trägt. Die ist schön, alt, erhaltenswürdig, keine Frage, und vor allem die Höhe der benachbarten Wien-Mitte-Häuser würde laut Projektgegnern dieser Eleganz abträglich sein. Tatsächlich ist das Scharmützel um das Weltkulturerbe, dessen Schändung und die etwaige Ab- erkennung des ehrenhaften Titels ein Sinnbild der Ohnmacht, mit der man großen Investorenprojekten in Wien begegnet.

Seit den ersten Wettbewerbsplanungen im Jahr 1990 hat sich der Bau um 30 Meter erhöht, haben sich die Kubaturen um ein Drittel vermehrt, denn der kommerzielle Druck, der auf dem heiklen Grundstück lastet, ist enorm. Fazit: Wer an dieser Immobilie irgendwann verdienen will, muss auf Fläche machen. Die Stadtplanung hat mitgezogen und entsprechend gewidmet, das Projekt ist im Laufe der Jahre groß, massig, unelegant geworden - Umstände, die seit langem bekannt sind. Erst die Erkenntnis von außen, die Innenstadt sei ein Erbe, das pfleglich zu behandeln sei, lässt nun eine Hochhaus-Gegnerschaft erstarken. Man echauffiert sich über die Höhenentwicklung und spricht geflissentlich das eigentliche Problem nicht aus: Die geplante Architektur ist kalt, brutal, unschön, weil viel zu dicht.

Wenn bloßes Kommerzdenken das Stadtbild prägt, heißt es Abschied nehmen von Architektur, denn das Erben ist eines, das Erwerben offenbar ein ganz anderes. Die Architekten haben vor dreizehn Jahren solide entworfen, die Räder der Ökonomie haben ihr Projekt zerrieben und Abscheuliches ausgespien. Ob das Weltkulturerbe gleich nebenan liegt oder nicht, sollte in der Debatte eigentlich nur eine untergeordnete Rolle spielen.

13. Februar 2003Ute Woltron
Der Standard

„Gegner haben Jahre geschlafen“

Kritik an Wien-Mitte für Architekten Laurids Ortner unzeitgemäß

Kritik an Wien-Mitte für Architekten Laurids Ortner unzeitgemäß

Wien - Für Architekt Laurids Ortner ist die jüngste Stellungnahme von Icomos-Österreich zum Projekt Wien-Mitte lediglich eine „altbekannte Position“, die nun neuerlich „aufgekocht“ würde. Das Büro Ortner & Ortner ist Teil der Wien-Mitte-Projektgemeinschaft, der auch die Architekten Heinz Neumann sowie Lintl & Lintl angehören. Diese Planer-Konstellation steht seit 1990 fest, sie ging aus einem damals veranstalteten Architekturwettbewerb hervor.

Ortner versteht nicht, warum die Debatte um das Bauvorhaben erst im Stadium der faktischen Baureife losbrach: „Das Projekt gibt es seit einem Jahrzehnt, die Gegner haben zehn Jahre lang geschlafen und kommen jetzt drauf, dass ihnen etwas nicht passt.“ Man würde sehr wohl dazu bereit sein, „der Unesco entgegenzukommen“, es habe auch seitens der Stadtplanung „diverse Anläufe gegeben, guten Willen zu zeigen“.

Doch Fakt sei, dass eine Widmung vorliege und jede gravierende Änderung mit Unkosten verbunden sei, die schlichtweg unleistbar wären. „Die Überplattung und die Ablösemaßnahmen für die Bahn kosten so viel Geld, dass das Projekt ohnehin schon knapp an der Kippe des Leistbaren steht“, so Ortner.

Tatsächlich dürfte gut die Hälfte der mit 300 Millionen € bezifferten Bausumme auf den Grundpreis fallen: Soll dieser Kapitaleinsatz irgendwann fruchtbringend sein, so muss sehr dicht - und entsprechend hoch gebaut werden. Gustav Peichl, der seinerzeit den Juryvorsitz des Wettbewerbs führte, kritisiert genau dies: Vom ursprünglich nur 67 Meter hohen Projekt sei „nichts übergeblieben“, die Baumassen hätten sich fast verdoppelt, es gehe „um Profitdenken“. Ortner vertritt die Investorensicht: „Wenn dieses Projekt nicht zustande kommt, wird es in den nächsten zwanzig, dreißig Jahren dort gar nichts geben.“

21. Januar 2003Die Presse

Chaos bei Wien-Mitte: Türme doch niedriger?

Die Stadt Wien will erneut verhandeln, falls die Unesco niedrigere Türme wünscht. Der Bauträger hat aber seine Umplanungen abgesagt.

Die Stadt Wien will erneut verhandeln, falls die Unesco niedrigere Türme wünscht. Der Bauträger hat aber seine Umplanungen abgesagt.

Hinweis: Leider können Sie den vollständigen Artikel nicht in nextroom lesen. Sie haben jedoch die Möglichkeit, diesen im „Die Presse“ Archiv abzurufen. Vollständigen Artikel anssehen

23. Dezember 2002Friedrich Kurrent
Die Presse

An der Nabe der Stadt

Die unverantwortliche Baumasse und Höhenentwicklung des Projekts Wien-Mitte beweisen die Schwäche der derzeitigen Stadtplanung - und die Stärke der Investoren. Von besseren und schlechteren Lagen - und wie aus dem einen das andere wird. Eine Attacke.

Die unverantwortliche Baumasse und Höhenentwicklung des Projekts Wien-Mitte beweisen die Schwäche der derzeitigen Stadtplanung - und die Stärke der Investoren. Von besseren und schlechteren Lagen - und wie aus dem einen das andere wird. Eine Attacke.

Hinweis: Leider können Sie den vollständigen Artikel nicht in nextroom lesen. Sie haben jedoch die Möglichkeit, diesen im „Die Presse“ Archiv abzurufen. Vollständigen Artikel anssehen

04. Oktober 2002Die Presse

Höhe der Wien-Mitte-Türme bleibt: Bericht wurde Unesco übergeben

Welterbe-kompatibel sind die Wien-Mitte-Türme, betont Wien in einem Bericht an die Unesco.

Welterbe-kompatibel sind die Wien-Mitte-Türme, betont Wien in einem Bericht an die Unesco.

Hinweis: Leider können Sie den vollständigen Artikel nicht in nextroom lesen. Sie haben jedoch die Möglichkeit, diesen im „Die Presse“ Archiv abzurufen. Vollständigen Artikel anssehen

09. August 2002Horst Prillinger
Der Standard

Der Turmbau zu Wien-Mitte

In guter babylonischer Tradition sprechen alle über neue Turmhöhen in Wien-Mitte. Am Projekt und seinen städtebaulichen Chancen auf Erfolg wird nicht gezweifelt - zu Recht?

In guter babylonischer Tradition sprechen alle über neue Turmhöhen in Wien-Mitte. Am Projekt und seinen städtebaulichen Chancen auf Erfolg wird nicht gezweifelt - zu Recht?

Das kontroversielle Projekt Wien-Mitte der Architekten Ortner & Ortner hat sich bei der kürzlich erfolgten Vorstellung im Architekturzentrum Wien als eigentlich enttäuschend entpuppt.

Hoffentlich kann es nach der Fertigstellung durch gelungene Innenräume überzeugen; von außen versucht es eher durch eine merkwürdige Spielart von Gigantomanie zu beeindrucken. Im Endeffekt wird wohl am Standort Wien-Mitte ganz einfach ein einfallsloser 60er-Jahre-Klotzbau durch einen leider nicht viel einfallsreicheren 90er-Jahre-Klotzbau ersetzt. Der Unterschied ist der Maßstab, nicht die Qualität. Dass in den Medien jedoch nur Ersterer, nicht aber Zweitere diskutiert wird, ist bedauerlich.

Würde man - wie immer wieder gefordert - die geplanten Türme um je zehn Meter verkürzen, so würde der Bau an sich um nichts sinnvoller oder architektonisch besser; es wäre einfach ein gleichartiger, um zehn Meter niedrigerer (und eventuell etwas unproportionalerer) Bau. Warum dadurch der Status „Weltkulturerbe“ erhalten bleiben soll, bleibt schleierhaft, noch dazu wo in unmittelbarer Nähe mit dem RZB-Gebäude, dem Hilton, dem W3-Kino, der Landstraßer Markthalle, dem statistischen Zentralamt und dem Amtsgebäude in der Zollamtsstraße (vulgo „Kachelofen“) schon eine Vielzahl nicht gerade beeindruckender Beispiele Wiener Baukunst herumstehen.

Städtebaulich ist der Bereich Wien-Mitte ohnehin einigermaßen, um es salopp zu sagen, vermurkst. Durch Wienfluss, Stadtpark und einen Riegel undurchdringlicher (oben erwähnter) Großbauten vom Rest der Stadt getrennt, gibt es keine wirklich durchgehenden Straßenzüge.

Die Stadt wird aber durch das Sich-Bewegen in ihr wahrgenommen, und somit ist, seitdem in den 80er-Jahren auch noch einige der ehemals durchgehenden Straßenbahnlinien eingestellt wurden und damit der Bereich Wien-Mitte die Oberflächenverbindung zur restlichen Innenstadt völlig verloren hat, die Gegend langsam aus dem kollektiven Gedächtnis verschwunden - das Einzige, was man kennt, ist gerade noch die heruntergekommene U-Bahn-Station, aber für die meisten Wiener ist der dritte Bezirk, wie ich als langjähriger Bewohner feststellen musste, ein völlig unbeschriebenes Blatt.


Die Umsteigestation

Auch das anhaltende Geschäftesterben in der Landstraße seit der Einstellung der Straßenbahn weist darauf hin, dass die Gegend immer weniger wahrgenommen wird. Wien-Mitte hat sich über die letzten 20 Jahre von einer Aussteigestation, also einer städtischen Destination, einem „Ort“, zu einer typischen Umsteigestation, einem, wenn man so will, „Unort“, gewandelt. Abgesehen von der üblen Bausubstanz des bestehenden Gebäudes wird gerade dies von den Befürwortern des Projekts Wien-Mitte am lautesten als Argument ins Treffen geführt: Durch die Schaffung eines öffentlichen Raumes (Bahnhof, Einkaufszentrum, Urban Entertainment Center) würde diese Gegend maßgeblich aufgewertet.

Das kann sein, muss aber nicht sein. Wie das Beispiel des gegenüber liegenden W3-Kinocenters zeigt, dessen Betreiber bereits offen über einen Rückzug sprechen, ist Wien-Mitte für urban entertainment wie auch als Standort für ein Einkaufszentrum auch aus oben erwähnten stadtstrukturellen Gründen kein so guter Standort, wie man vielleicht glaubt.

Die Bevölkerung in diesem Bereich des Bezirkes ist alters-und einkommensmäßig derart strukturiert, dass kein besonderes Interesse an einem „Urban Entertainment Center“ besteht (sogar McDonald's scheiterte beim Versuch, in der Nähe des Rochusmarktes Fuß zu fassen); von der übrigen Wiener Bevölkerung wird die Gegend so wenig wahrgenommen, dass sie sicher nicht auf die Idee kommt, hier statt in der nahe gelegenen Innen-stadt oder der Mariahilfer Straße einzukaufen. Zu hoffen, dass ein eindrucksvoller, groß dimensionierter Bau allein schon Kundschaft anzieht, hat sich oft, zuletzt beim Gasometer, als Wunschdenken herausgestellt.

Ich denke, der Bauträger weiß das auch. Der Neubau des Bahnhofes und des Urban Entertainment Centers ist bis zu einem gewissen Grad sicher ein mediales Feigenblatt, um die Zustimmung der Bevölkerung zu sichern. In Wirklichkeit geht es primär um die Schaffung von profitablem Büroraum in zentraler Citylage; darauf hin ist das Projekt optimiert, und das erklärt, warum so groß und so hoch gebaut werden soll. Über die Ästhetik der Größe kann man nun geteilter Meinung sein, aber die Größe liegt in der Natur dieses Projektes.

Die Frage sollte demnach eigentlich sein: Wollen wir überhaupt das Eindringen von Bürohochhäusern, die sich bislang eher in der Peripherie befunden haben, in die historische Innenstadt? Wenn ja, dann dürfen wir uns nicht beschweren, dass diese nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten, also ziemlich groß dimensioniert, gebaut werden. Eine Kürzung der Wien-Mitte-Türme um zehn Meter ist für den Bauträger ebenso uninteressant, wie es für die Beibehaltung des Weltkulturerbes irrelevant ist.

Die zweite Frage ist, ob das Projekt Wien-Mitte überhaupt geeignet ist, den Standort städtebaulich aufzuwerten, oder ob es dafür nicht bessere Möglichkeiten gegeben hätte. Vielleicht sind Ortners Türme in 40 Jahren genauso heruntergekommen wie Wien-Mitte heute. Wie schon beim Turmbau zu Babel entscheidet nicht die Größe über den Erfolg des Projektes, sondern die Sinnhaftigkeit der dahinter stehenden Absicht. Die wird nur leider nicht diskutiert.


[Dr. Horst Prillinger ist Fachreferent für Technik, Verkehr und Raumplanung an der Universitätsbibliothek Wien.]

07. August 2002ORF.at

Das umstrittene Projekt „Wien Mitte“

In einem kleinen Raum im Wiener Architekturzentrum (AzW) sind bis zum 19. August Pläne, Modelle und Fotomontagen des Projekts „Wien Mitte“ zu sehen.

In einem kleinen Raum im Wiener Architekturzentrum (AzW) sind bis zum 19. August Pläne, Modelle und Fotomontagen des Projekts „Wien Mitte“ zu sehen.

Das AzW ist neben seinen sonstigen sommerlichen Architektur-Aktivitäten derzeit Gastgeber für die privaten Betreiber des Projekts Wien Mitte und der Investorengruppe, die im Museumsquartier den Stand des heiß umstrittenen Projekts thematisieren.


Die Präsentation

Die Überbauung des Bahnhofareals Wien Mitte mit einem 85.000 m² großen multifunktionalen Gebäudekomplex stellt die derzeit größte innerstädtische Projektentwicklung Wiens dar. Im Zuge dessen soll der Nahverkehrsknoten Wien Mitte revitalisiert und ein neues, stadtbildprägendes urbanes Zentrum gebaut werden. In der Ausstellung wird das von der Architekten-Arbeitsgemeinschaft Lintl & Lintl, Neumann & Steiner sowie Ortner & Ortner geplante Projekt präsentiert


Kritiker

Nach endgültiger Abwicklung des Baugenehmigungsverfahrens soll der um 3,1 Millionen Euro teure Umbau des Busbahnhofes im Jahr 2006 abgeschlossen sein.

Im Vorfeld gab es zahlreiche Diskussionen. Achitekten wie Gustav Peichl und Roland Rainer kritisierten das Projekt als städtebaulich zu wenig ausgewogen. Bürgerinitiativen setzten sich vornehmlich gegen die geplanten sechs 97 Meter hohen Türme zur Wehr. Die Grünen kritisierten die fehlende Raumverträglichkeitsstudie, die fehlende Analyse der Individualverkehrsproblematik und die fehlende städtebauliche Anbindung der Anrainer.


Der Bund erhebt keinen Einspruch

Ein von ÖVP und FPÖ erhofftes Einschreiten des Bundes gegen den Flächenwidmungsplan wurde am 22. Juli zerschlagen. Bundesministerien Gehrer sah sich nur als Vermittlerin zwischen UNESCO und Investorengruppe. Am selben Tag ergingen die Baubescheide einspruchlos.


UNESCO-Kulturerbe

Gegen das Projekt wurde immer wieder das UNESCO-Weltkulturerbe für die Innere Stadt ins Treffen geführt. ÖVP- und FPÖ-Vertreter der Stadt Wien sahen eine Gefährdung dieses Welterbes durch die Errichtung der hohen Türme, würde doch der Blick auf die Innere Stadt verstellt werden.

Wie sich das Panorama nun vom Stephansdom Richtung Landstraße gestalten könnte, zeigt eine Fotomontage, die in der Ausstellung zu sehen ist. Seitens der UNESCO gab es zwar in letzter Zeit immer wieder ein lautes Nachdenken über das Weltkulturerbe der Inneren Stadt, Gabriele Eschig, Leiterin des UNESCO-Büros Wien sah aber die Sorge über die Aberkennung dieses Status als übertrieben an.


Das umgestaltete Projekt

Dennoch wurde den Einwänden der Bürger Rechnung getragen. Vom Oktober bis zum September 1999 lag der Entwurf der Architektengruppe zur Einsicht vor. Die Bürgerinitiative Wien Mitte manifestierte ihren Unmut und ihre Besorgnis gegen die vorgesehene urbane Verdichtung des Verkehrsknotenpunkts Wien-Mitte. Kritisiert wurde die Höhe und Anzahl der Türme.

In der endgültigen Realisierung sollen nun statt der bisherigen sechs Hochhaustürme nur mehr drei Türme - zwei Türme an der Gigergasse mit jeweils 87 Meter Gebäudehöhe, ein Turm an der Landstraßer Hauptstraße mit 97 Meter Gebäudehöhe - errichtet werden. Der Turm an der Gigergasse/Marxergasse soll als verdrehter Kubus auf einem 40 Meter hohen ersten Sockelhochhaus ruhend angeordnet werden. Der hohe Turm an der Landstraßer Hauptstraße soll ebenfalls auf einem verdrehten Kubus aufsetzen. Baubewilligung und Flächenwidmung sind erteilt. Es darf also gearbeitet werden.

01. März 2002Ute Woltron
Der Standard

„Oberflächlich und banal“

(SUBTITLE) Architekt Roland Rainer warnt vor Kommerz und Dichte

STANDARD:
Sie haben vor zwanzig Jahren eine vom Magistrat bereits abgesegnete, nie realisierte Studie über Wien-Mitte gemacht. Wie beurteilen Sie das...

STANDARD:
Sie haben vor zwanzig Jahren eine vom Magistrat bereits abgesegnete, nie realisierte Studie über Wien-Mitte gemacht. Wie beurteilen Sie das...

STANDARD:
Sie haben vor zwanzig Jahren eine vom Magistrat bereits abgesegnete, nie realisierte Studie über Wien-Mitte gemacht. Wie beurteilen Sie das aktuelle Bauvorhaben?

Roland Rainer:
An dieser Stelle große Interventionen zu machen würde alles zerstören, denn es gibt dort viele wichtige und empfindliche Punkte und Blickbezüge eines gewachsenen Stadtensembles. Was gerade geschieht, halte ich für die oberflächlichste, banalste und miserabelste Gesinnung, die es überhaupt gibt. Im Umfeld liegen alte Kirchen, der Stadtpark, die Museen - irgendwo muss man einmal auch Zurückhaltung üben können.

STANDARD:
Was passiert, wenn man das nicht tut?

Roland Rainer:
Es wird ein Verkehrschaos und noch mehr Rummel geben. Man glaubt, dass man mit großen Häusern noch mehr Geschäft machen kann, doch das halte ich für Unsinn. Die Leute brauchen keine Hochhäuser, um Stiefel kaufen zu können. Man bedenke allein die Beschattung, die sich durch diese hohe Bebauung ergibt, an die vollkommene Veränderung der Umwelt, der Belichtung, der Lärmbelastung. Dieser Ort ist eine der schönsten Gegenden Wiens, und die soll völlig verändert werden. Andere Städte gehen mit ihrer Substanz wesentlich vorsichtiger um. Was hier in Wien waltet, ist die primitive Geschäftstüchtigkeit der Hausmeister.

STANDARD:
Die Planer verwehren sich gegen den Vorwurf des potenziellen Verkehrschaos, weil man vor allem die in Wien-Mitte Umsteigenden anziehen wolle.

Roland Rainer:
Ich bezweifle, dass das ernst gemeint ist, denn dann wird man dort kein Geschäft machen. Die meisten fahren doch nur durch.

STANDARD:
Wie hätten Sie planerisch mit dem Ort verfahren?

Roland Rainer:
Ich habe gar nichts gegen eine gewisse, aber behutsam geplante Verdichtung, wenn sie dem stadträumlichen Gefüge entspricht, und wenn dazwischen Plätze, wie es sie in Wien ohnehin kaum mehr gibt, geschaffen werden. Doch es ist nicht egal, ob es dort acht oder zwanzig Geschoße gibt, auch wenn die Kanten zurückgesetzt sind.

01. März 2002Ute Woltron
Der Standard

Shopping und Unterhaltung

Das neue Urban Entertainment Center soll sich auf einer Baufläche von insgesamt 17.600 m² erheben. An drei Stellen ist der Komplex 87 bzw. 97 Meter hoch....

Das neue Urban Entertainment Center soll sich auf einer Baufläche von insgesamt 17.600 m² erheben. An drei Stellen ist der Komplex 87 bzw. 97 Meter hoch....

Das neue Urban Entertainment Center soll sich auf einer Baufläche von insgesamt 17.600 m² erheben. An drei Stellen ist der Komplex 87 bzw. 97 Meter hoch. Die Baukosten belaufen sich auf rund 300 Millionen Euro (4,2 Mrd öS). Als Bauherr tritt die Wien-Mitte Bauprojektmanagement GesmbH auf, die im Eigentum der Bauträger Austria Immobilien GesmbH (B.A.I.) und der Internationalen Projektfinanz (IFP) steht. Als Mitinvestor und Teilbetreiber gewann man den portugiesischen Shoppingmallkonzern Sonae Imobiliaria. Bis 2006 sollen ein Einkaufs- und Entertainmentcenter, ein 340-Zimmer-Hotel, Büros sowie exklusive Dachwohnungen errichtet werden. Die planenden Architekten sind Neumann & Steiner, Lintl & Lintl und Ortner & Ortner.

01. März 2002Ute Woltron
Der Standard

Wenn die Rendite baut, baut sie hoch

(SUBTITLE) Streitfall Wien-Mitte

Die Debatte um Hochhäuser in Wien erreicht mit dem Projekt Wien-Mitte einen neuen Höhepunkt. Während die Investoren alle Rahmenbedingungen erfüllt sehen, werfen Projektgegner der Stadtplanung Schlamperei vor.

Die Debatte um Hochhäuser in Wien erreicht mit dem Projekt Wien-Mitte einen neuen Höhepunkt. Während die Investoren alle Rahmenbedingungen erfüllt sehen, werfen Projektgegner der Stadtplanung Schlamperei vor.

Während die Planungen eines Urban Entertainment Centers (UEC) in Wien-Mitte so gut wie fertig gestellt und der Baubeginn mit Ende des Jahres terminisiert ist, erreicht der Wirbel um die hohen Häuser am Anfang der Landstraßer Hauptstraße einen Höhepunkt. Entstehen soll dort ein neues Zentrum mit gemischter Nutzung, das an drei Punkten in 87 respektive 97 Meter Höhe emporwachsen wird. Widerstand kommt von Stadtopposition und Bürgerinitiativen. Dass die Innenstadt gerade von der Unesco zum Weltkulturerbe erklärt wurde und sich der Bauplatz in der Schutzzone befindet, sorgt für zusätzlichen Zündstoff.

Warum die Investoren (B.A.I. und IFP) ihre Häuser hoch bauen wollen, erschließt sich durch eine kurze Schlussrechnung: Bei 80.000 m² Nutzfläche und durchschnittlichen 1800 Euro Quadratmeterherstellungskosten ergibt sich eine Bausumme von rund 144 Millionen EURO, das gesamte Projekt wird mit 300 Millionen EURO beziffert, bei der Differenz kann es sich in logischer Folge nur um die Grundkosten handeln. Dieser appetitliche Happen dürfte mittels eines Superedifikats (im Eisenbahnbuch eingetragener Dienstbarkeitsvertrag) in den ÖBB-Säckel gewandert sein, denen das Grundstück gehört.

Will man eine entsprechende Rendite des eingesetzten Kapitals sehen, muss das Grundstück voll ausgeschöpft werden. Roman Rusy, Sprecher der Bauherrin Wien-Mitte Bauprojektmanagement GesmbH will sich dazu nicht äußern, betont aber den für Investoren besonders attraktiven Standort: Schließlich sei Wien-Mitte mit 110.000 Umsteigern der wichtigste heimische Verkehrsknotenpunkt, dieses Publikum wolle man mit dem Shopping-und-Freizeit-Projekt samt Büro-und ausgesuchter Wohnnutzung über den Dächern der Altstadt ansprechen. Außerdem seien die Flächenwidmungspläne genehmigt, der Sanktus der Stadtplaner also längst erteilt.


Schlampig vorbereitet

Projektgegner wie Christoph Chorherr von den Grünen werfen der Stadtplanung „schlampige Vorbereitung“ vor. Chorherr: „Hier rächt es sich, wenn man nicht sorgfältig feststellt, wie viel Dichte ein Standort verträgt.“ Ältere Projekte wie etwa Roland Rainers Studie aus den frühen 80er-Jahren hätten sehr wohl vorgezeigt, dass man „zwar dicht, aber standortverträglich“ bauen könne. Auch TU-Verkehrsplaner Hermann Knoflacher kritisiert das Investorendenken: „Man soll das Geschäft machen, dabei aber längerfristig die Stadtstruktur berücksichtigen.“

Die Projektgenese selbst war langwierig, die nun planende Architekten-Arbeitsgemeinschaft (Neumann & Steiner, Lintl & Lintl, Ortner & Ortner) entstammt einem Architekturwettbewerb aus dem Jahr 1990. Heinz Neumann, Arge-Sprecher, versteht den Aufruhr nicht: „Das Projekt ist längst geplant, wir haben alle Auflagen erfüllt, die Debatte ist kontraproduktiv.“

Zur Architektur des UIC selbst ist zu sagen, dass sie sehr schlicht daherkommt und schon ein wenig an die Berliner Investorenprojekte gemahnt, die der deutschen Hauptstadt keinen Rang in der jüngeren Architekturgeschichte sichern werden.

Produkte

9 | 8 | 7 | 5 | 6 | 4 | 3 | 2 | 1