Pläne

Details

Adresse
Spallartgasse 29,, 1140 Wien, Österreich
Mitarbeit Architektur
Christine Schindler, Joachim Lèaud
Bauherrschaft
Eisenhof
Mitarbeit Bauherrschaft
Roman Krammer
Mitarbeit Tragwerksplanung
Johannes Kaiser
Landschaftsarchitektur
Büro Kandl (Paul Kandl)
Fotografie
Stephan Huger
Maßnahme
Neubau
Funktion
Wohnbauten
Wettbewerb
05/2016 - 10/2016
Planung
05/2018
Ausführung
07/2020 - 09/2021
Grundstücksfläche
2.050 m²
Bruttogeschossfläche
8.253 m²
Nutzfläche
6.068 m²
Bebaute Fläche
1.107 m²
Umbauter Raum
21.404 m³

Nachhaltigkeit

Beschatten durch Baumerhalt.
Das bisher unzugängliche Areal Körnerkaserne, mit seinem wertvollen Baumbestand sollte für Wohnen und einen öffentlichen Park umgenutzt werden. Baukörperpositionierung für maximalen Baumerhalt
aufwändige Bauführung mit Wurzelschutzvorhängen
Minimierung der versiegelten Flächen durch Verzicht auf Feuerwehrwege, (Kompensation Sicheres Stiegenhaus)
Beschattung der Gartenfassaden durch Bestandsbäume
Gründach mit PV Anlage

Energiesysteme
Fernwärme, Photovoltaik
Materialwahl
Stahlbeton, Überwiegende Verwendung von HFKW-freien Dämmstoffen, Vermeidung von PVC für Fenster, Türen, Vermeidung von PVC im Innenausbau

Raumprogramm

71 geförderte Wohnungen, Supermarkt im EG

Ausführende Firmen

GU: PORR

Preise und Auszeichnungen

„gebaut 2022“ Preis der MA 19

Publikationen

Die Presse Spectrum 21.01.2023: Schöner Stiegen steigen von Isabella Marboe
Baunetz 21.11.2022; Den Aufzug mal stehen lassen

Presseschau

26. Januar 2023Isabella Marboe
Spectrum

Schöner Stiegen steigen in Penzing

In zwei Häusern in Wien-Penzing exerzieren die Architekten die hohe Kunst der schönen Treppe im sozialen Wohnbau, denn: Ein Stiegenhaus ist wichtig für die Orientierung und sollte ein räumliches Erlebnis bieten.

In zwei Häusern in Wien-Penzing exerzieren die Architekten die hohe Kunst der schönen Treppe im sozialen Wohnbau, denn: Ein Stiegenhaus ist wichtig für die Orientierung und sollte ein räumliches Erlebnis bieten.

Rein funktional betrachtet, sind Treppen dazu da, eine Höhendifferenz zu überwinden. Das birgt gestalterisches Potenzial. Kein Schloss ohne Prachtstiege, auf der des Kunsthistorischen Museums posieren Hochzeitspaare gern, auch die der Staatsoper eignet sich bestens zum Defilee. Jugendstil und Gründerzeit waren reich an opulenten Treppen, selbst die der Mietzinskasernen scheinen im Vergleich zur heutigen Norm großzügig. Optimierungswille und Kostendruck ließen den Typus der Stiege, die den Geschoßwechsel zelebriert, nach und nach verschwinden. Froetscher Lichtenwagner Architekten (FLA) haben ein Faible für schöne Stiegenhäuser und Jahrzehnte Erfahrung im sozialen Wohnbau. Dessen Quadratmeterpreise sind an Baukostenobergrenzen, die Wohnbauförderung an die Kriterien Ökonomie, soziale Nachhaltigkeit, Architektur und Ökologie gebunden. FLA wissen den Rahmenbedingungen möglichst viel Qualität abzutrotzen.

2016 gewann Architekt Georg Driendl den offenen, städtebaulichen Wettbewerb auf dem Areal der Körner-Kaserne in Wien Penzing. Es wird im Norden von der Spallartgasse, im Osten von der Kendlerstraße, im Süden von der Hütteldorfer- und im Westen von der Leyserstraße begrenzt. Der Park der Kaserne wuchs über Jahrzehnte hinter einer graffitibesprühten Ziegelmauer dschungelartig zu. Driendls Bebauungsplan formierte Baukörper von den Rändern her so geschickt zu hofartigen Strukturen, dass trotz hoher Dichte nur wenige alte Baumriesen fallen mussten. Es gibt viele Durchgänge, Anrainer spazieren gern im Park, auch Fuchs und Dachs wurden gesichtet.

FLA planten den Neubau mit dem L-förmigen Grundriss an der Leyserstraße 4 für die Wohnbauvereinigung für Privatangestellte (WBV-GPA). Um Bäume zu erhalten, ist der längere Bauteil zehn Meter vom Gehsteig abgerückt, im rechten Winkel dazu ragt ein kleinerer Bauteil in den Park. Die vorgegebene Trakttiefe von 20 Metern ist ein klarer Fall für Mittelgang, beidseitig Wohnungen, alle rollstuhlgerecht adaptierbar, umlaufend Balkon-/Loggienzone. Von 108 Einheiten sind 36 besonders geförderte Smart-Wohnungen zu Mietkosten von 7,50 Euro pro Quadratmeter. Ihre Grundrisse sind hocheffizient. „Das lässt so gut wie keinen Gestaltungsspielraum“, sagt Lichtenwagner. Bleibt die Erschließung. Auch ein Haus kann einen guten ersten Eindruck machen.

Geschoßwechsel spürbar machen

Die Stiege in der Dunkelzone am Eck ist der einzige Fluchtweg und muss daher als Sicherheitsstiege mit Druckbelüftung ausgeführt sein. Eine große Herausforderung für eine natürlich belichtete Stiege mit einer attraktiven Wegführung, die den Geschoßwechsel spürbar macht. „Wir beteten mantraartig herunter, dass ein schönes Stiegenhaus für die Orientierung wichtig ist und ein räumliches Erlebnis bieten muss“, sagt Lichtenwagner. Die WBV-GPA war bereit, die Mehrkosten dafür zu tragen.

Der Haupteingang ist etwas eingerückt an der Leyserstraße, dunkelbraune Klinkerriemchen an den Seitenwänden ziehen nach innen, links die Postkästen, dahinter weitet eine rückspringende Wand den Raum vor den Liften mit der Bank, zum Sitzen, für Einkäufe und Post. Sie lenkt den Blick auf den Treppenantritt, der die Stiege aus ihrem finsteren Eck ins durchgesteckte Foyer vorzieht und durch den Hintereingang Licht erhält. Am Boden, robust, preiswert: Feinsteinzeug. Hier ist aus den Fliesen – anthrazit, hellbeige, diagonal geschnitten – eine Art Tangram gelegt. Wie ein Teppich zwischen Treppe, Lift und Bank. Drei Wohnungen sind für Sehbehinderte und Blinde, auch ihre Leitlinien führen über den Teppich. Sie sind auf den Lift angewiesen, alle anderen sollten die Stiege nehmen.

Sie steigt sich fast von selbst, jedes Eck ist gerundet, das setzt Handlauf und Schritt in eine fließende Bewegung, der Antritt lenkt um 90 Grad in Gehrichtung. Um ein rechteckiges Stiegenauge – groß genug, damit Licht und Blick bis nach unten dringen – windet sich die Treppe abwärts, einläufig führt sie einen Stock höher auf ein frei ausschwingendes, halbkreisförmiges Podest, leichtfüßig folgt man der Drehung, anstrengungslos eben führt ein Steg aufs Liftpodest, in das alle Mittelgänge einmünden. Von Geschoß zu Geschoß schraubt sich diese Stiege durch einen haushohen Luftraum, der nach oben hin immer heller wird. Im sechsten Stock führt ein Steg auf die Dachterrasse am niederen Bauteil. Ab hier zelebriert eine drei Geschoß hohe Glaswand die neue Freiheit, bunte Scheiben zerlegen das Licht in seine Spektralfarben: je nach Tageszeit anders, je mehr Sonne, umso bunter.

Verwerten von jedem Quadratmeter

Die meisten Stiegen werden als Fertigteile zwischen dem oberen und unteren Podest eingehängt. Beim frei in den Luftraum ragenden Halbkreis funktionierte das nicht. Kragplatten und Treppenlauf mussten betoniert, Letzterer in die Wand eingespannt, die darauf aufliegende Fertigsteilstiege schalltechnisch entkoppelt werden. Das erforderte zwischen beidem eine Trittschalldämmung, die Treppenwangen aus weiß lackiertem Stahl gehen mit der Rundung.

Der zweite Wohnbau liegt etwas höher am Eck Leyserstraße/Spallartgasse, auch sein Grundriss ist L-förmig. Er hat 71 Wohnungen und wurde von der gemeinnützigen Wohnungsgesellschaft Eisenhof umgesetzt. „Das Stiegenhaus liegt an der Innenecke des Hauses; ein Raum, der de facto nicht als Wohnung genutzt werden kann“, sagt Willi Froetscher. „Das Verwerten von jedem Quadratmeter ist ein gefährlicher Sport, der viele Qualitäten vernichtet.“ Dieser Fall ist besonders: Im Erdgeschoß gibt es einen Supermarkt, der fast den ganzen Längstrakt an der Leyserstraße einnimmt, die Zulieferung erfolgt ums Eck von der Spallartgasse aus. Sie muss an das Geschäftslokal angebunden sein, die Verbindung verläuft rückseitig, Foyer und Stiege können also in den zwei Geschoßen, die der Supermarkt und seine Büros einnehmen, nicht durchgesteckt sein. Der Weg vom Eingang zur Stiege ist zwangsläufig lang und verzogen.

FLA glückte ein einladendes Entrée. Zur linken die Postfächer, Gold eloxiert, zur rechten mündet eine Holzbank in die schräge Wand mit dem Fenster zum Park, der Übergang zur Stiege ist fließend. Drei Stufen sind es auf das Zwischenpodest, von dem eine einläufige Treppe diagonal quer über den Luftraum zum Beginn der regulären Stiege führt. Die Bauarbeiter tauften sie „Harry-Potter-Stiege“. Die Situation ist so großzügig, dass sie sich vor Ort sehr belebt zeigt. Die Stiege wird genutzt. Sie variiert die Kombination aus gerader, einläufiger Treppe mit freischwingendem, halbkreisförmigem Podest und Plattform zum Lift durch einen haushohen Luftraum. Ein Einschnitt in den Baukörper bringt mehr Tageslicht; Handlauf und runde Ecken ziehen leichtfüßig nach oben. Die Dachterrasse belohnt mit Blick auf Schönbrunn und Gloriette.



verknüpfte Bauwerke
Wohnbau Leyserstrasse [Froetscher Lichtenwagner]

06. März 2020Maik Novotny
Der Standard

Körner-Kasernen-Areal: Hausschlapfen statt Heeresstiefel

In Wien-Breitensee werden rund 1000 Wohnungen entstehen. Der Versuch einer Balance zwischen Verdichtung und Grün in Zeiten städtischer Überhitzung

In Wien-Breitensee werden rund 1000 Wohnungen entstehen. Der Versuch einer Balance zwischen Verdichtung und Grün in Zeiten städtischer Überhitzung

Besonders kriegerisch sieht sie nicht aus, die General-Körner-Kaserne an der Spallartgasse in Wien-Penzing. Ursprünglich Teil der um 1900 angelegten umfangreichen Breitenseer Kasernen, war das ummauerte Areal mit seinen Bäumen und Tennisplätzen eher ein Offizierseldorado als ein staubiger Exerzierplatz. Doch jetzt wird es staubig, zumindest für knapp zwei Jahre. Denn ab 2022 werden hier rund 2000 Menschen wohnen.

Städtebaulicher Wettbewerb

Ein Konsortium rund um den oberösterreichischen Projektentwickler Consulting Company hatte das 4,1 Hektar große Areal 2015 für 30,3 Millionen Euro erworben. Die Sivbeg, die bis zu ihrer Auflösung 2016 die Liegenschaften des österreichischen Bundesheeres verwaltete, hatte den Mindestkaufpreis mit 26,8 Millionen Euro fixiert. Gemeinnützige Bauträger und grüne Politiker kritisierten damals, dass ein so hoher Preis leistbares Wohnen gar nicht zuließe. Doch es sollte anders kommen.

Aus einem städtebaulichen Wettbewerb im Herbst 2016 ging ein Entwurf des Wiener Büros Driendl Architects ZT als Gewinner hervor. Ähnlich wie am Nordbahnhof wird hier die Bebauung an den Rändern konzentriert und türmt sich teilweise zu elf Geschoßen. Zum Ausgleich darf die Mitte grün bleiben – insgesamt 15.000 Quadratmeter des Gesamtareals. Dies wurde in der Flächenwidmung festgeschrieben: Seit 1892 war das Areal als reines Bauland ausgewiesen, auch wenn es danach großteils grün blieb. Jetzt hat es einen unverbaubaren grünen Fleck in der Mitte. Platz zum Atmen.

Spatenstich vor einer Woche

Auch die Befürchtung, hier würde mitten im vorstädtischen Breitensee ein Reichenghetto entstehen, hat sich nicht bewahrheitet: Rund 600 der insgesamt etwa 1000 Wohnungen, die in den nächsten Jahren hier entstehen, werden geförderte Mietwohnungen sein. Vorigen Donnerstag luden die fünf Bauträger zum Spatenstich. Den größten Anteil mit rund 470 Wohnungen errichtet die Immo 360grad GmbH, eine Tochter des Österreichischen Siedlungswerks (ÖSW AG), auf den Bauplätzen 5, 6 und 7 unter dem Projektnamen THEOs (Architekten: Driendl und BWM), hier entsteht ein Mix aus freifinanzierten Eigentums- und geförderten Mietwohnungen. Auf dem Bauplatz 4 wird die im Verbund der Sozialbau befindliche Volksbau mit Driendl Architekten 224 geförderte Mietwohnungen errichten.

Auf der Eckparzelle Nummer 3 folgen die Bauträger Eisenhof und Frötscher Lichtenwagner Architekten mit 71 geförderten Mietwohnungen, auf den Bauplätzen 1 und 2 schließlich errichtet die WBV-GPA mit den Architekten Frötscher Lichtenwagner und Gangoly Kristiner 224 geförderte Mietwohnungen. Auch hier ließ man sich bei der Namensgebung von der Geschichte inspirieren, die beiden Bauten heißen Theodor und Rosalie. „Im Bauteil Theodor werden drei Wohnungen und das Leitsystem speziell für sehbehinderte Menschen adaptiert,“ sagt WBV-GPA-Geschäftsführer Michael Gehbauer. „Im Bauteil Rosalie wird die Baugruppe Vorstadthaus Breitensee ein komplettes Stockwerk besiedeln und neun Wohneinheiten anmieten. Damit wird neben den üblichen geförderten Wohnungen das Angebot in Richtung Vielfalt und Inklusion ausgeweitet.“

Die Miete beträgt je nach Bauteil zwischen 8,72 und 9,10 Euro pro Quadratmeter, insgesamt 174 Wohnungen auf dem Gesamtareal werden im Rahmen des Smart-Wohnbauprogramms zu Sonderkonditionen vergeben. Hinzu kommen ein Büro- und Geschäftslokal, ein Nahversorger, ein „Mobility Point“, Gemeinschaftsräume und ein Kindergarten. Die Fertigstellung ist für Herbst 2021 bis Frühjahr 2022 vorgesehen.

Wohnqualität durch Bäume

„Wir schätzen uns glücklich, gemeinsam mit unseren Projektpartnern dieses neue Wohnquartier realisieren zu dürfen“, so Michael Pech, ÖSW-Vorstandschef. „Die Erhaltung des alten Baumbestands bietet eine außerordentliche Wohnqualität, die allen Bewohnern des Quartiers und der Umgebung zugutekommt.“ Sozialbau-Generaldirektor Josef Ostermayer lobt das „verkehrsgünstig gelegene Wohnquartier mit grüner Naherholungsqualität.“

Apropos grün: Auch wenn Bauland nach 128 Jahren teilweise in Grünland umgewidmet wird, bedeutet das eine Umverteilung des realen Grüns. Die 141 Bäume, für deren Rodung Ende 2019 eine Bewilligung erteilt wurde, sind laut Ansicht einer Breitenseer Bürgerinitiative zu viel des Guten. Bei den Bauträgern wirbt man um Verständnis: „Nahezu 70 Prozent der vorhandenen Bäume können erhalten werden“, heißt es auf STANDARD-Anfrage bei der Immo 360grad. „In Abstimmung mit der zuständigen Behörde und dem Baumschutzkonzept folgend werden vielfach Bäume gerodet, die aus pflegerischen Maßnahmen (Altersgrenze erreicht, Schadsymptome, zu nahe bei wertvollerem Baum gepflanzt, Gefahr für Menschen) zu entfernen sind.“ Wenn der Staub sich legt, bleibt als Ergebnis: ein erstmals öffentlich zugänglicher Park und Wohnen im Grünen für 2000 Menschen. Kein schlechter Kompromiss für eine verdichtete Stadt in heißen Zeiten.



verknüpfte Bauwerke
Wohnbau Leyserstrasse [Froetscher Lichtenwagner]
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