Pläne

Details

Adresse
Haideggerweg 38, 8044 Graz, Österreich
Mitarbeit Architektur
Stephan Schmidt, Gernot Moser, Patrick Steiner, Bettina Gossak-Kowalski, Jan Müller, Claudia Pittino, Matthias Johannes Holzner, Stephan Brugger
Bauherrschaft
Versicherungsanstalt für Eisenbahnen und Bergbau
Tragwerksplanung / Holzbau
merz kley partner (Konrad Merz, Gordian Kley)
örtliche Bauaufsicht
Baukoord DI Eigner GmbH
Fotografie
Paul Ott, pierer.net
Weitere Konsulent:innen
Haustechnik: Pechmann GmbH
Elektrotechnik: Ogrisek & Knopper GmbH
Geotechnik: Insitu Geotechnik ZT GmbH
Küchenplanung: TB PlanQuadrat Ingenieurbüro für Gastronomie und Kältetechnik GmbH
Projektsteuerung: ARGE FCP-Ritter: FCP Fritsch, Chiari & Partner ZT GmbH, Architekt DI Alfred Ritter ZT
Begleitende Kontrolle: Ingenos.Gobiet.ZT GmbH
Leitsystemplanung: Architekt DI Alfred Ritter ZT
Wettbewerb
06/2014 - 10/2014
Planung
2015 - 2019
Ausführung
11/2016 - 08/2019
Grundstücksfläche
33.000 m²
Bruttogeschossfläche
13.500 m²
Nutzfläche
10.200 m²
Baukosten
26,0 Mio EUR

Nachhaltigkeit

Heizwärmebedarf
28,1 kWh/m²a (Energieausweis)
Außeninduzierter Kühlbedarf
14,7 kWh/m²a (Energieausweis)
Energiesysteme
Fernwärme, Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung, Solarthermie
Materialwahl
Holzbau, Mischbau, Stahlbeton, Vermeidung von PVC für Fenster, Türen, Vermeidung von PVC im Innenausbau

Ausführende Firmen

Holzbau: Kaufmann Bausysteme GmbH
Baumeisterarbeiten: Bauunternehmung Granit GmbH
Schlosserarbeiten-Lamellenfassade: Reinhard Eder Blechbau GmbH
Schlosserarbeiten: S. Jaritz Stahlbau & Montage GmbH
Holzfenster-Holzglasfassade: Tischlerei Rimpler GmbH
Garten- und Landschaftsbau: FORSTDIENST Lebensräume im Grünen GmbH
Geotechnik, Hangsicherung: Gebrüder Haider Bauunternehmung GmbH
HKLS: Hübl Haustechnik Ges.m.b.H
Elektrotechnik: Pichler GmbH
Trockenbauarbeiten: Pichler GmbH
Bautischlerarbeiten: Gleichweit Objekttischlerei GmbH
Möbeltischlerarbeiten: Tischlerei Füreder GmbH Objekteinrichtungen
Bädertechnik: GWT Gesellschaft für Wassertechnik
Schwimmbecken: Francesconi Edelstahltechnik GmbH
Fördertechnik: Schindler Aufzüge und Fahrtreppen GmbH
Brandabschottungen: Wallner schützt, dämmt GmbH
Terrazzofliesen: Aigner Natur- und Kunststeinwerk GmbH
Fliesen-, Platten- und Mosaiklegearbeiten: Fliesen Wurm GmbH
Holz-, Teppich-, Linoleumfußböden, Wandbeläge: Schatz Objekt GmbH
Beschichtungen und Anstriche: Malermeister Wegl GmbH
Sportbau: Schweiger-Sport GmbH
Kücheneinrichtung: Grossküchentechnik Austria GmbH
Kühlzellen und Gewerbekälte: Lang Kältetechnik GmbH & Co KG
Sauna: Klafs GmbH
Leitsystem: Total Solution Architekturprodukte GmbH
Serienmöbel: Inside, Selmer, FLW Handels GesmbH, Wittmann GmbH, Wolkenreich

Preise und Auszeichnungen

Architekturwettbewerb

Das Projekt ist aus dem Verfahren Neubau Gesundheitseinrichtung Josefhof hervorgegangen

1. Rang, Gewinner, 1. Preis
2. Rang, 2. Preis
5. Rang, Anerkennung
6. Rang, Anerkennung
1. Stufe

Presseschau

03. August 2019Christian Kühn
Spectrum

Drei Schiffe auf einem Hang

Ein Haus, wo Gesunde gesünder werden: Der Josefhof in Graz-Mariatrost steht für Entschleunigung und Achtsamkeit. Seine Architektur ist die perfekte Übersetzung dieser Ideen in die dritte Dimension.

Ein Haus, wo Gesunde gesünder werden: Der Josefhof in Graz-Mariatrost steht für Entschleunigung und Achtsamkeit. Seine Architektur ist die perfekte Übersetzung dieser Ideen in die dritte Dimension.

Zwölf Fußballfelder: So viel Boden wird in Österreich täglich der Kulturlandschaft entzogen, um Verkehrsflächen und Bauland zu schaffen. Aufs Jahr hochgerechnet, entspricht das einem Zehntel der Fläche Wiens. Die Österreicher sind Meister im Asphaltieren und Zersiedeln: Im Verhältnis zur Einwohnerzahl besitzt das Land das umfangreichste Straßennetz Europas, und knapp 80 Prozent aller Gebäude sind Einfamilienhäuser. Der grassierende Bodenfraß ist nicht nur ein ästhetisches, sondern ökologisches Problem, da unter diesen Bedingungen die Biodiversität leidet und Ökosysteme ihre Widerstandskraft verlieren. Wer heute ein großes Gebäude in die Landschaft stellt, darf sich daher auf Fragen nach seinem ökologischen Gewissen gefasst machen.

Das Zentrum für stationäre Gesundheitsförderung und Prävention, das Dietger Wissounig in Graz für die Versicherungsanstalt für Eisenbahnen und Bergbau geplant hat, bietet dafür einigen Anlass. Es ist ein sehr großes Gebäude in einer sehr schönen, freien Landschaft, von der man kaum annehmen würde, dass sie noch im Grazer Stadtgebiet liegt.

Die Versicherung betrieb hier unter dem Namen „Josefhof“ eine Gesundheitseinrichtung mit 71 Zimmern, die nicht mehr sanierbar war und abgebrochen wurde. Der Neubau mit 120 Zimmern besteht aus drei lang gestreckten parallelen Baukörpern, die sich in einen leicht nach Süden abfallenden Hang schmiegen. Teils scheinen sie über dem Boden zu schweben, an den Rändern verschwinden sie im Gelände. Das oberste Schiff ist das breiteste und enthält im Erdgeschoß die Eingangshalle, Speisesäle und die Verwaltung, im Obergeschoß an einem Mittelgang aufgereihte 50 Zimmer, die teilweise nach Süden hangabwärts orientiert sind, teilweise nach Norden zum Schöckl, dem Grazer Hausberg. Das mittlere und das untere Schiff sind schmaler, da sie je nur eine Reihe von südseitig orientierten Zimmern enthalten.

Die Schiffe liegen so im Gelände, dass sie jeweils um eineinhalb Geschoße versetzt angeordnet sind, wodurch sich vom oberen Geschoß aus ein freier Blick über das Dach des unteren ergibt. Ein entsprechend gestaffeltes Treppenhaus, annähernd in der Mittelachse der Anlage gelegen, verbindet diese Niveaus. Was dem Hang an Fläche entzogen wird, bekommt er auf den Dächern der Schiffe zurück: Auf den unteren beiden, die von oben einsehbar und daher als fünfte Fassade gestaltet sind, befindet sich eine üppige Bepflanzung, auf dem Dach des obersten Schiffs ein Rasendach.

Um seinen ökologischen Fußabdruck zu reduzieren, ist das Haus zu einem überwiegenden Teil in Holz konstruiert, in einem Modulsystem der Firma Kaufmann Bausysteme, bei dem selbsttragende Boxen aus Brettsperrholz im Werk gefertigt und an der Baustelle montiert werden. Bis auf den Fernseher und die Vorhänge sind diese stapelbaren Einheiten inklusive der Sanitärbereiche fertig installiert. Serielle Fertigung kann leicht dazu führen, dass die Ergebnisse schematisch und barackenartig aussehen. Der „Josefhof“ ist der Beweis, dass es auch anders geht. Das liegt einerseits daran, dass nicht die gesamte Konstruktion aus präfabrizierten Boxen besteht. Die erdberührenden Bauteile im Hang sind aus Stahlbeton, was größere Stützweiten und unterschiedliche Raumhöhen erlaubt, wie sie für Gymnastik- und Speisesäle benötigt werden. Am spannendsten werden die Räume, wenn sich Konstruktionssysteme überlagern, etwa dort, wo das große Schwimmbecken im untersten Geschoß von einem raumhohen Träger überspannt wird, der die Hotelboxen trägt, aber zugleich ein Oberlicht ermöglicht, durch das Licht von oben auf das Becken fällt. Ein besonders raffiniertes Detail mit einem eigenen Rhythmus sind die Balkonbrüstungen, die aus horizontalen Aluminium-Lamellen gebildet werden und die Beschattung übernehmen: Ihre Breite verhindert direkte Sonneneinstrahlung im Sommer und erlaubt sie im Winter. Auf eine Klimatisierung der Zimmer konnte so verzichtet werden. Allerdings brauchen die Lamellen, um als Absturzsicherung zugelassen zu werden, eine Ergänzung: Damit Kinder die Brüstungen nicht mit einer Leiter zum Hochklettern verwechseln, sind diese zusätzlich mit Glasplatten abgedeckt – was zu einem weiteren Detail führt, einem Mechanismus, mit dem die Gläser zur Reinigung heruntergeklappt werden können. Auch das gehört zu guter Architektur.

Ein wichtiges Gestaltungselement der Anlage sind fünf Atrien, die an strategischen Punkten in die Baukörper geschnitten sind. Diese Atrien dienen nicht zum Aufenthalt von Nutzern. Sie sind als kleine Landschaftsausschnitte angelegt, mit dichter Bepflanzung auf einem Miniaturhügel in der Mitte. Ihre Aufgabe ist es, gewissermaßen als Akkumulatoren von Achtsamkeit, die umliegenden Räume atmosphärisch zu beruhigen. Das mag seltsam klingen, passt aber sehr gut zur Aufgabe, der sich diese Gesundheitseinrichtung verschrieben hat. Hierher kommt man nämlich nicht, wenn man krank ist, sondern aus Gründen der Prophylaxe. Es geht um „stationäre Gesundheitsförderung“, bei der Versicherte eine Woche lang lernen, gesünder zu leben, vom Essen über die Bewegung bis zur Rauchentwöhnung. Deshalb gibt es hinter dem Speisesaal eine Lehrküche, in der die Gäste in die Welt abseits von Stelze und Schnitzel eingeführt werden. Die Gäste gehören zum größten Teil zur Altersgruppe jenseits der 50, wobei es eigene Angebote für die Zeit unmittelbar nach der Pensionierung gibt sowie für Pensionisten zwischen 65 und 75 Jahren. Die Kosten übernimmt die Versicherung, berufstätige Gäste müssen für die Zeit im „Josefhof“ ihren Urlaub konsumieren.

Die Atmosphäre des Hauses passt perfekt zu den Themen Entschleunigung und Achtsamkeit, die hier vermittelt werden sollen. Die Architektur der Moderne hatte einen ihrer Ursprünge in ähnlichen Ideen, man denke an Josef Hoffmanns Sanatorium Purkersdorf, dessen reduzierte Ornamentik sich als Psychotherapie verstand, oder an die kalifornischen „Case Study Houses“. Diesen Geist mithilfe der Versicherungen für Eisenbahnen und Bergbau in die Gegenwart zu tragen ist keine geringe Leistung.

In einem Punkt ist der Anlage eine Nachbesserung aber dringend anzuraten. Der Pkw-Parkplatz, der auf dem ebenen Areal des abgebrochenen Altbaus angelegt wurde, ist ein einziger Affront gegen den Geist des Hauses. Gelände wäre genug da, ihn unter ein grünes Dach zu verlagern.

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