Pläne

Details

Adresse
Universitätsstraße 1, 6020 Innsbruck, Österreich
Mitarbeit Architektur Erich Strolz
Johannes Alge, Ferdinand Reiter
Mitarbeit Architektur Dietrich | Untertrifaller
Peter Nussbaumer, Andreas Lehner
Bauherrschaft
IIG
Tragwerksplanung
TOMS (Bernd Toms)
örtliche Bauaufsicht
Malojer Baumanagement
Bauphysik
Spektrum
Raumakustik
Müller-BBM
Fotografie
Roland Halbe
Weitere Konsulent:innen
Geotechnik: Teindl, Innsbruck
Haustechnik: Mikfey, Wien & Ortner, Innsbruck
Elektro: Brugger, Innsbruck
Licht: Ragg, Innsbruck
Brandschutz: IBS, Innsbruck
Bühne: Kottke, Bayreuth
Wettbewerb
2014
Ausführung
2015 - 2018
Grundstücksfläche
14.037 m²
Bruttogeschossfläche
14.748 m²
Nutzfläche
7.980 m²
Umbauter Raum
70.791 m³

Nachhaltigkeit

Heizwärmebedarf
1,7 kWh/m²a (Energieausweis)
Endenergiebedarf
126,1 kWh/m²a (Energieausweis)
Primärenergiebedarf
330,3 kWh/m²a (Energieausweis)
Energiesysteme
Wärmepumpe
Materialwahl
Stahlbeton

Ausführende Firmen

Fassade: Starmann GmbH, Klagenfurt
Dach: Dachbau GmbH, Piesendorf
Mauerwerk: ARGE Strabag/Bodner (Strabag AG + Ing. Bodner BaugmbH)
Türen: Lindner AG, Arnstorf (D) / Hörburger GmbH, Altach
Elektroinstallationen: Fiegl & Spielberger GmbH, Innsbruck
Heizung, Lüftung, Sanitär: Ortner GmbH, München
Kunst am Bau: Werner Feiersinger (Lichtobjekt), Carola Dertnig & Esther Stocker (Möbel-Objekte)

Preise und Auszeichnungen

EU Mies Prize for Contemporary Architecture (Shortlist)
Auszeichnung des Landes Tirol für Neues Bauen 2020, Nominierung

Architekturwettbewerb

Das Projekt ist aus dem Verfahren Haus der Musik in Innsbruck hervorgegangen

1. Rang, Gewinner, 1. Preis

Publikationen

Architektur Aktuell, Detail, Deutsche Bauzeitung

Archtour

Genereller introtext zu Archtour der von nextroom geschrieben wird.

Presseschau

08. Oktober 2018Wojciech Czaja
Der Standard

Von kontrovers bis konzertant

Heute, Samstag, wird in Innsbruck das neue Haus der Musik eröffnet. Der (fast) schwarze Würfel zwischen Hofburg und Landestheater spaltet die Gemüter – und fügt sich genau deshalb so wunderbar in die einzigartige Planungskultur dieser Stadt.

Heute, Samstag, wird in Innsbruck das neue Haus der Musik eröffnet. Der (fast) schwarze Würfel zwischen Hofburg und Landestheater spaltet die Gemüter – und fügt sich genau deshalb so wunderbar in die einzigartige Planungskultur dieser Stadt.

Schauen Sie sich nur einmal die alte Säuleneiche an, deren Äste und Blätter fast in den Saal hineinwachsen! Ist das nicht wunderbar? Es ist, als hätte der Baum auf dieses Haus geradezu gewartet.“ Johannes Reitmeier, Intendant des Tiroler Landestheaters, ist ganz außer sich, als er den großen, rundum mit Eichenholz getäfelten Konzertsaal betritt. Vor der riesigen Glasfassade mit ihren sieben Meter hohen Fensterscheiben werden gerade die letzten Handgriffe gemacht, die Bühnenelemente eingepasst, die Nachhallvorhänge in Position gebracht, die Orchesterstühle in den Saal hereingetragen. Heute Abend, eine Woche nach Austragung der Straßenrad-WM, die am provisorisch asphaltierten Vorplatz ihre Zieleinfahrt hatte, wird das Innsbrucker Haus der Musik mit Ausschnitten aus Don Giovanni und Barbier von Sevilla sowie mit einem Saxofonkonzert des französischen Komponisten Jacques Ibert feierlich eröffnet.

Mit dem Haus der Musik, das anstelle der in die Jahre gekommenen und teils desolaten Stadtsäle zwischen Landestheater, Hofburg und Jesuitenkirche auf den Platz gestellt wurde, geht eine lange, kontroversiell diskutierte Entstehungsgeschichte einher. Die einen, wie etwa die lokalen Printmedien, stoßen sich an der dunklen Fassade und bezeichnen den Würfel als „schwarzes Monster“, als „Stein des Anstoßes“, als „Kaba von Innsbruck“. Die anderen, allen voran die Innsbrucker FPÖ, halten sich erst gar nicht mit architektonischen Details auf, sondern stellen ganz generell infrage, ob es denn eines solchen Neubaus überhaupt bedürfe.

Polemische Dauerfrage

Der 2013 ausgeschriebene, zweistufige Wettbewerb, an dem sich 126 Architekten aus ganz Europa beteiligt hatten, beantwortet die polemische Dauerfrage der Konservativen mit einem eindeutigen Ja. Mit der Zusammenführung und Verdichtung von einem knappen Dutzend Institutionen – darunter etwa das Mozarteum, das Landeskonservatorium, das Institut für Musikwissenschaft der Universität Innsbruck, die Festwochen der Alten Musik sowie etliche übergeordnete Vereinsverbände – sollte Innsbruck endlich als Musikstadt wahrnehmbar werden. Hinzu kommt, dass das Tiroler Symphonieorchester mit der Fertigstellung des Neubaus seinen jahrzehntelang ersehnten Probenraum erhält.

„Das richtige Raumprogramm war eine echte Herausforderung“, sagt der Innsbrucker Architekt und Wettbewerbssieger Erich Strolz, der das Projekt gemeinsam mit dem Vorarlberger Büro Dietrich Untertrifaller realisierte. „Es ist nicht nur ein Konzerthaus mit insgesamt vier verschieden großen Konzert- und Kammersälen, sondern vielmehr eine Art kulturelles Infrastrukturgebäude, in dem auch unterrichtet und verwaltet wird.“ Aus einigen Musik- und Seminarräumen der in den oberen Etagen angesiedelten Institute blickt man durch das Glasdach direkt nach unten ins Foyer. Köpfe mit hochgesteckten Frisuren und Abendroben werden bald das Sichtfeld dieser Räume prägen.

Auffälligstes und auch heißestdiskutiertes Element des neuen, knapp 13.000 Quadratmeter großen Musikzentrums sind die dunkel glasierten, melanzanig anmutenden Keramiklamellen, die sich von der Fassade bis ins Foyer, bis an die Saaleingangstüren nach innen ziehen. Es ist genau dieses hybride Spiel zwischen innen und außen, zwischen Haus und Stadt, zwischen Weit-weg-Sein und Angreifen-Können, die den Pausenraum mit seinen flachen Auf- und Abgängen trotz aller farbigen und materiellen Unterkühltheit (weiße Dispersion, hellgrauer Fliesenboden, in seiner ganzen Erscheinung absolut unmusikalischer Edelstahl) dennoch so spannend machen.

Guter und wichtiger Prozess

„Wir haben lange nach einem passenden Material für die Fassade gesucht“, erinnert sich Strolz, der zu Beginn mit hellen Keramikplatten und sogar hölzernen Lamellen experimentiert hat. Doch nachdem sich selbst die Chronikredaktionen der lokalen Medien in die Debatte eingeschaltet und danach getrachtet haben, die Bevölkerung nach und nach zu instrumentalisieren, wurde kurzerhand das Bundesdenkmalamt, der Innsbrucker Stadt- und Ortsbildschutzbeirat, der Innsbrucker Gestaltungsbeirat sowie ein eigens ins Leben gerufener Projektbeirat unter der Leitung von Ernst Beneder und Elke Delugan-Meissl zurate gezogen.

„Das war ein guter und wichtiger Prozess“, meint der Architekt, „weil wir dadurch auf sachlicher Ebene über die unterschiedlichen Vor- und Nachteile diskutieren konnten. Ich jedenfalls bin mit dem Resultat zu 95 Prozent zufrieden.“ Drei verschiedene, eigens für dieses Haus produzierte Strangpressprofile wurden so gegeneinander versetzt verbaut, dass der eingeweihte Profi darin baulich manifestierte Terzen und Quarten zu erkennen glauben sollte. So will es das Konzept. Und die restlichen fünf Prozent? „Die sind nicht unbedingt Unzufriedenheit, sondern einzig und allein die Ungewissheit, wie die Generation nach uns diese zeitgenössische Entscheidung des Bauens im historischen Umfeld auffassen wird“, so Strolz.

Damit fügt sich das jüngste Großprojekt der Tiroler Landeshauptstadt (kolportierte Baukosten 62,7 Millionen Euro) perfekt in die für Österreich so einzigartige Planungskultur. Schon seit den Rathaus-Galerien von Dominique Perrault, seit der Bergiselschanze von Zaha Hadid, seit dem Kaufhaus Tyrol von David Chipperfield wird nicht das realisiert, was dem Mittelmaß und dem größten gemeinsamen Geschmacksnenner der Bevölkerung entspricht, sondern schlichtweg das, was eine Gruppe hochkarätiger Profis für die bestmögliche Lösung hält. Die drei eben genannten Projekte waren bei Planung, Errichtung und Fertigstellung Hassobjekte von Mensch und Medien. Heute sind sie heißgeliebte Sehenswürdigkeiten, die niemand mehr vermissen will. Schlussakkord.

11. September 2018Wojciech Czaja
Der Standard

Das große Schwarze: Streit um Haus der Musik in Innsbruck

Vorzeigearchitektur oder Millionengrab? Darüber wird bereits vor der Eröffnung diskutiert. Besonders umstritten: die dunklen Keramiklamellen der Fassade

Vorzeigearchitektur oder Millionengrab? Darüber wird bereits vor der Eröffnung diskutiert. Besonders umstritten: die dunklen Keramiklamellen der Fassade

Schwarzes Monster“, „Stein des Anstoßes“ und „Kaaba von Innsbruck“ sind nur einige der Spitznamen, die das Haus schon heute, wenige Wochen vor der Eröffnung von den lokalen Medien und politischen Fraktionen abbekommen hat.

Es ist eine österreichische Spezialität, Großprojekte – und hier vornehmlich jene aus dem Kulturbereich – durch den wirtschaftlichen und vor allem auch architektonischen Fleischwolf zu drehen, doch im Falle des seit zwölf Jahren diskutierten Hauses der Musik fällt die im Stadtblatt , in der Tiroler Tageszeitung und vor allem in den Reihen der FPÖ geführte Diskussion bisweilen besonders unsachlich aus.

„Das wird wieder ein Millionen-Euro-Grab“, sagt der blaue Stadtparteiobmann Rudi Federspiel und bezeichnet die bis Mai 2018 amtierende Bürgermeisterin und nunmehrige Vizechefin Christine Oppitz-Plörer (ÖVP) als „Schuldenbürgermeisterin und Masseverwalterin der Tiroler Landeshauptstadt“, denn sie „zerstört nicht nur baulich die Innenstadt, sondern treibt die Stadt in den Ruin“.

Um das Ausmaß der Diskussion zu verstehen, muss man wissen, dass Innsbruck seit Mitte der Neunzigerjahre eine überaus strenge Wettbewerbskultur pflegt und – abhängig von Lage und Projektgröße – auch private Bauherren zur Durchführung von Gestaltungsausschreibungen zwingt.

Internationale Kapazunder

Rund 220 Architekturwettbewerbe wurden seitdem durchgeführt. 98 Prozent davon seien realisiert worden, rechnet der ehemalige Planungsstadtrat und nunmehrige Gemeinderat Gerhard Fritz (Grüne) vor. „Das ist eine Zahl, die finden Sie nirgendwo sonst in Österreich.“

Diese über mehr als 20 Jahre eingenommene Haltung hat der Tiroler Landeshauptstadt einige außergewöhnliche Bauten und Platzgestaltungen von sowohl regionalen Architekten als auch internationalen Kapazundern wie etwa Zaha Hadid, Dominique Perrault und David Chipperfield beschert.

„Das Niveau der Architektur und der Architekturdiskussion in Innsbruck hat sich seit den Neunzigerjahren konsequent gesteigert und ist heute vorbildlich“, sagt Arno Ritter, Leiter des Ausstellungs- und Vermittlungshauses Architektur und Tirol.

Dieser Kultur füge sich auch der 2014 entschiedene, zweistufige Wettbewerb um den Neubau des Hauses der Musik, an dem sich 126 Architekten aus ganz Europa beteiligt haben und der von einer hochkarätigen Jury beurteilt wurde. Der Sieg ging an den Innsbrucker Architekten Erich Strolz, der das Projekt in Zusammenarbeit mit dem Vorarlberger Büro Dietrich Untertrifaller realisierte.

Zu viel Raum, zu wenig Platz

„Die in den Fünfzigerjahren an dieser Stelle errichteten Stadtsäle waren für unseren Betrieb einfach nicht mehr brauchbar“, blickt Johannes Reitmeier, Intendant des Tiroler Landestheaters, zurück.

„Die Anlage war längst zu klein, es gab akustische Probleme, kaputte Lüftungsanlagen, regelmäßige Wasserschäden und sogar so starke Schimmelbefälle, dass wir zuletzt einige Vorstellungen absagen mussten, um unsere Künstlerinnen und Künstler nicht unnötig gesundheitlichen Problemen auszusetzen. Ein Neubau war dringend nötig. Daher verstehe ich nicht, dass einige Leute seit Jahren die Notwendigkeit dieses Gebäudes und die dafür aufzubringenden Kosten infrage stellen.“

Im Gegensatz zu den Stadtsälen, die die Kammerspiele sowie einen Probenraum für die Symphoniker beherbergten, handelt es sich beim neuen Haus der Musik um einen multifunktionalen Hybrid, in dem ein knappes Dutzend Institutionen Einzug gehalten hat, die bislang über die ganze Stadt verteilt waren.

Darunter etwa die Festwochen der Alten Musik, das Mozarteum, das Institut für Musikwissenschaft der Universität Innsbruck, das Landeskonservatorium mit einer eigenen Jazzabteilung sowie etliche Vereinsverbände für Gesang, Blasmusik und Volksmusik. Hinzu kommen vier Kammer- und Konzertsäle mit 512, 208, 110 und 60 Zuschauerplätzen.

Investition in die Kunst

Während manchen Experten die Funktionsbündelung viel zu dicht erscheint („zu großes Raumprogramm auf zu wenig Platz“, Arno Ritter), wird hausintern gerade diese Dichte geschätzt. „Bislang war Innsbruck als Musikstadt kaum wahrnehmbar“, meint Wolfgang Laubichler, Direktor des Hauses der Musik.

„Mit der Zusammenführung und Verdichtung an einem Ort wird diese Qualität nun endlich sichtbar. Die vielen Institutionen sorgen erstens für Synergieeffekte und zwingen die Nutzerinnen zweitens zur Kommunikation. Davon wird dieses Haus profitieren.“

Musik sei ein Kulturgut und ein österreichischer Exportschlager, so Wolfgang Laubichler. In Salzburg etwa habe man das verstanden, in Innsbruck jedoch werde man dafür zur Rechenschaft gezogen.

Die allgemeine Kritik gilt nicht zuletzt den Kosten und der dunklen Farbe. Wurden die Baukosten zu Beginn noch mit 55 bis 58 Millionen Euro beziffert, so liegen sie aktuell bei kolportierten 62,7 Millionen Euro, das ist eine Kostenüberschreitung von rund zehn Prozent. Die endgültige Abrechnung wird frühestens Ende 2018 vorliegen, sagt Georg Preyer, Projektleiter in der Innsbrucker Immobilien GmbH (IIG), die das Haus errichtete und nun an die Nutzer vermietet. Dies sei eine gute Investition in die Kultur.

Schimmernde Fassade

Und dann das Schwarz. „Das ist kein Schwarz, das ist eine dunkle Farbe, die je nach Tageszeit und je nach Wetter von Rot und Braun bis Aubergine schimmert“, erklärt Architekt Erich Strolz, der diese Entscheidung gemeinsam mit dem Innsbrucker Gestaltungsbeirat gefällt und gegenüber den Ortsbild- und Denkmalschützern verteidigt hat. „Wir haben uns bewusst für eine hochwertige Fassade entschieden, die sich hinter den Bäumen zurücknimmt und die die Farben und Lichtstimmungen der Umgebung reflektiert.“

Konkret handelt es sich dabei um teils fixe, teils bewegliche Keramiklamellen, die eigens für dieses Projekt entwickelt und produziert wurden. „Doch ich respektiere, dass die Fassade nicht jedem gefällt, denn Architektur ist und bleibt Geschmackssache“, so Strolz.

Kein heller Kompromiss

Dass das Haus der Musik kein weißer oder heller Kompromiss geworden ist, wie dies in Österreich gang und gäbe ist (Museum der Moderne in Salzburg, Musiktheater in Linz, wo sich laut internen Quellen und entgegen allen Expertenmeinungen letztendlich der damalige Landeshauptmann Josef Pühringer mit seinem Wunsch nach hellem Travertin durchsetzte), ist auf jeden Fall als Erfolg architektonischer und städtebaulicher Kompetenz zu verbuchen.

Architektur darf und soll polarisieren und zu Diskussionen anregen. Und so ist das Haus der Musik vor allem für jene ein „Stein des Anstoßes“ (Tiroler Tageszei tung), die Freunde österreichischen Mittelmaßes sind. Die Eröffnung findet am 6. Oktober statt.

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