Pläne

Details

Adresse
Ernst-Melichor-Gasse 11, 1020 Wien, Österreich
Mitarbeit Architektur Werner Neuwirth
Lorenzo De Chiffre, Eva Pribitzer, Daniel Lühr, Lukas Rückerl, Manfred Walzer
Mitarbeit Architektur von Ballmoos Krucker
Sofia Pimentel, Cristiano Costantino
Mitarbeit Architektur Sergison Bates architects
Christoph Schlaich, Stefan Jurgensen, Mark Tuff
Bauherrschaft
Neues Leben
Tragwerksplanung
Buschina & Partner
Haustechnik / Elektro
Michael Künzl
Haustechnik / Heizung, Klima, Lüftung
Thermo-Projekt
Soziale Nachhaltigkeit
wohnbund:consult (Ernst Gruber)
Funktion
Wohnbauten
Wettbewerb
2010
Planung
2010 - 2011
Ausführung
2011 - 2013
Grundstücksfläche
4.393 m²
Bruttogeschossfläche
11.840 m²
Nutzfläche
8.680 m²
Umbauter Raum
37.850 m³

Ausführende Firmen

GU: PORR Bau GmbH, Hochbau Wien

Preise und Auszeichnungen

Architekturwettbewerb

Das Projekt ist aus dem Verfahren Wohnanlage u0022Interkulturelles Wohnenu0022, Nordbahnhof 2. Phase hervorgegangen

Publikationen

Presseschau

01. März 2015Wojciech Czaja
db

Klammer aus Kratzputz

(SUBTITLE) »PAN Interkulturelles Wohnen« in Wien, A

Die Wohnhausanlage »PAN Interkulturelles Wohnen« in Wien ist der kulturellen Vielfalt ihrer Bewohner gewidmet, die sich bei der Vergabe geförderter Mietwohnungen ganz von selbst einstellt. So beschloss Architekt Werner Neuwirth, das Projekt nicht allein abzuwickeln, sondern Partnerarchitekten aus Zürich und London einzuladen. Gestalterischen Zusammenhalt findet das gelungene Architekturensemble nicht zuletzt über seine wertigen Kratzputzfassaden.

Die Wohnhausanlage »PAN Interkulturelles Wohnen« in Wien ist der kulturellen Vielfalt ihrer Bewohner gewidmet, die sich bei der Vergabe geförderter Mietwohnungen ganz von selbst einstellt. So beschloss Architekt Werner Neuwirth, das Projekt nicht allein abzuwickeln, sondern Partnerarchitekten aus Zürich und London einzuladen. Gestalterischen Zusammenhalt findet das gelungene Architekturensemble nicht zuletzt über seine wertigen Kratzputzfassaden.

»Das Haus, in dem ich wohne, ist so richtig 70er Jahre!«, sagt Sennur Aslantürk missbilligend. »Aber mich hat das Projekt sofort angesprochen. Ich habe mich hier um eine Wohnung beworben, weil ich die Ideen, die hier realisiert wurden, sehr gut finde.« Die türkische Hausfrau wohnt im Haus der Architekten von Ballmoos Krucker aus Zürich. Auch der kaufmännische Angestellte Michael Lenz wohnt hier und stellt ebenfalls die äußere Erscheinung der beige-braunen Häuser infrage, findet jedoch die Wohnungen »super«.

Die Wohnhausanlage »PAN Interkulturelles Wohnen« auf dem Areal des ehemaligen Wiener Nordbahnhofs spaltet die Gemüter. Sie zählt zu den beachtlichsten und eigenwilligsten geförderten Wohnbauprojekten der letzten Jahre. Schon seit 1995 gibt es in Wien das Modell des Bauträger-Wettbewerbs, bei dem ein Bauträger stets in Zusammenarbeit mit einem Architekturbüro ein Konzept ausarbeitet und sich damit um eine Förderung der Stadt Wien bewirbt (s. db 1/2012, S. 24). Und obwohl die Qualität dieser Bauten traditionell sehr hoch ist, bereichert das Kooperationsprojekt PAN des gemeinnützigen Bauträgers Neues Leben und des Architekten Werner Neuwirth die Reihe dieser Wettbewerbe nun noch zusätzlich.

Für Werner Neuwirth war von Anfang an klar, dass – wenn es um Wohnungsbau speziell für unterschiedliche Kulturen geht – auch Planer aus anderen Kulturen eingeladen werden müssen, um sich gemeinsam des Themas anzunehmen. Man könne nicht von einem einzigen Architekten erwarten, sich in verschiedene Kulturen hineinzudenken, sonst geriete das bauliche Resultat solch eines Unterfangens zur Karikatur.

Neuwirth überzeugte den Bauträger, für die Bebauung des Grundstücks nicht nur ihn, sondern noch zwei weitere Architekturbüros aus anderen Ländern zu engagieren. Und so konnte er schließlich gemeinsam mit von Ballmoos Krucker Architekten aus Zürich und Sergison Bates architects aus London ein heterogenes Gebäudeensemble mit insgesamt 90 sehr unterschiedlich gestalteten Wohnungen entstehen lassen. Die nationalen Handschriften aus Österreich, der Schweiz und Großbritannien sind dabei unverkennbar.

Doch warum gerade diese beiden Länder? Neuwirth schätzt die besondere Wohnkultur in der Schweiz, die dort seit der Nachkriegszeit gepflegt wird und die seiner Meinung nach mit ihren einzigartigen Grundrissen zum Weltbesten gehört. Großbritannien habe aufgrund seiner geografischen Distanz zu Kontinentaleuropa ebenfalls seine eigenen Gesetzmäßigkeiten beim Bauen und Wohnen entwickelt. Hier, am ehemaligen Wiener Nordbahnhof, wird man der Zusammenführung der architektonischen Welten mit all ihren einzigartigen Schnitten, Schiebetüren und Split-Levels gewahr.

In diesem gelungenen architektonischen Miteinander soll auch die Nachbarschaft der Nutzer, die bereits wie ein zartes Pflänzchen zwischen den Wohnungstüren gedeiht, weiterhin gestärkt werden. Dafür findet als aktive Unterstützung in regelmäßigen Abständen ein mehrstündiges Mediationsverfahren statt, zu dem alle Bewohner eingeladen sind; Ziel ist es dabei, Vorbehalte abzubauen und die Menschen miteinander bekannt zu machen.

Vielfalt und Einheit

Der Unterschied im Charakter der drei verputzten Stahlbeton-Bauten ist zwar augenfällig, aber nicht aufdringlich. So manches Detail erschließt sich erst auf den zweiten Blick. Eine gewisse Heterogenität war den Planern wichtig. Um die Individualität nicht zu übertreiben, sollte das Ensemble jedoch auch ein gewisser Zusammenhalt auszeichnen, gerade in einer Stadt wie Wien mit ihrer typischen Blockrandbebauung und ihren zahllosen Putzfassaden. So unterschiedlich die drei Gebäude bei genauerer Betrachtung sind, so sehr sind sie durch die Kratzputzfassaden am Ende wieder vereint. Für den Architekten ist Kratzputz eine »zutiefst österreichische«Technik, weil sie sehr robust und langlebig ist. Umso mehr bedauert er, dass sie in den letzten Jahrzehnten aufgrund ihrer Arbeitsintensität in Vergessenheit geriet. Im Gegensatz zu normalem Dünnputz, der meist organisch gebunden und nicht dicker als 2-3 mm ist, handelt es sich beim eingesetzten Material um einen mineralischen, sehr grobkörnigen Dickputz mit 15-20 mm Dicke. Man sieht den Unterschied nicht nur, man hört ihn auch: Die Fassade klingt dumpf und schwer.

Gegenüber organischen Putzen hat der mineralische Kratzputz auch bauphysikalische Vorteile. Er bildet keine geschlossene Haut, sondern eine offene, poröse Textur mit unendlich vielen Mikrorissen. »Bei organischen Putzen entstehen in der Regel lange, große Risse, wenn die zusammenhängenden Flächen zu groß dimensioniert sind, da die geschlossene Oberfläche nur bis zu einem gewissen Grad Spannung aufnehmen kann«, erklärt Neuwirth. »Hier jedoch wird diese Spannung bereits vom Putzkörper aufgenommen.«

Die Verarbeitung des Kratzputzes fand in zwei Phasen statt. Zunächst wurde er auf die Mineralwolle- bzw. XPS-Platten aufgetragen und verrieben. Am darauffolgenden Tag, sobald er zur Hälfte eingetrocknet war, wurde er dann mit einem Nagelspachtel nochmals aufgerissen. Das ergibt die charakteristische, unverwechselbare »Elefantenhaut«-Oberfläche, die je nach Tageszeit und Lichteinstrahlung mal weich und ineinander fließend, mal hart und voller Kontraste erscheint.

Anspruchsvolle Handarbeit

Soll die materielle Qualität der Oberflächen stimmen, kommt es beim Aufkratzen des halb »angezogenen« Putzes auf die richtige Temperatur, die richtige Luftfeuchtigkeit und nicht zuletzt den richtigen Zeitpunkt an. Ein abrupter Witterungswechsel mit Schnee und Regen während der Trocknungsphase kommt einer Katastrophe gleich, daher wird der Winter für diese Tätigkeit tunlichst gemieden. Hinzu kommt, dass der Vorgang des Aufkratzens möglichst gleichmäßig und in einem Zug ohne größere Unterbrechungen erfolgen soll. Ein mobiler Autokran ist für diese Arbeit dienlicher als ein Baustellengerüst, das die geschossweise Bearbeitung der Fassade erzwingt und zumeist zu horizontalen Streifen führt.

»Ein paar Grad Unterschied, das falsche Wetter am nächsten Morgen und vielleicht zu viele Handwerker, die alle eine unterschiedliche Handschrift haben, und die Schäden sind nicht mehr wegzubringen«, so berichtet Neuwirth, der sich die Putzexpertise selbst angeeignet und bei diesem Projekt erstmals angewandt hat. Das macht die Methode aufwendig und kostspielig – gut das Doppelte der Kosten für einen handelsüblichen Dünnputz.

Abgesehen von der Tatsache, dass es kein einfaches Unterfangen war, Firmen zu finden, die diese Putztechnik überhaupt noch beherrschen, bereitete das Fassadenmaterial auch den Behörden und Ausführenden Schwierigkeiten: Kratzputz wiegt ein Vielfaches von Materialien, die in Österreich heute marktüblich und somit auch in der Norm berücksichtigt sind. Die nötige Tragfähigkeit pro Fassadenanker (bei 18 cm Stahlbeton, 16 cm Wärmedämmung) war daher weitaus höher als die in der Norm festgehaltene Maximallast. Dies führte dazu, dass die Tragwerksplaner die Lasten individuell berechnen mussten, die Behörden hatten Genehmigungen zu erteilen und die Baufirmen mussten die Haftungsrichtlinien der Putzarbeiten mit Bauträger und Architekt individuell vereinbaren. ›

Durchgefärbt

Die Kritik vieler Bewohner an der Architektur gilt v. a. der vermeintlich einheitlichen Farbgebung der drei Gebäude. Tatsächlich jedoch sind es drei unterschiedliche Beigetöne, die nah beieinander liegen: einmal mit etwas höherem Grauanteil, einmal mit einem Braunstich und einmal mit mehr Grün. Dabei bleibt die Farbgebung bewusst sehr nah an natürlichen Erd- und Lehmfarben, um den körperlichen Eindruck der Architektur zu betonen, statt einen kolorierten Eindruck zu hinterlassen. Dazu trägt auch bei, dass der Kratzputz durchgefärbt wurde. Ein Anstrich kam nicht infrage, um nicht die mühsam hergestellte offenporige Oberfläche wieder zu versiegeln. Der Architekt meint sogar: »Einen Kratzputz anzumalen, wäre ein Fauxpas.«

Als wären die ungewöhnliche Putzfassade und die vielfältigen Wohnungszuschnitte nicht schon genug des Überdurchschnittlichen, verfügen die drei Niedrigenergiehäuser über Fußbodenheizung und Dreischeiben-Verglasung. Das ist ein beinahe schon luxuriöses Gesamtpaket. Ob der hohe Aufwand und die entsprechend hohen Kosten in Relation zu der Idee des geförderten und zu bezahlenden Wohnens stehen, ist für Werner Neuwirth nicht die Frage, da es bei den Baukosten gelang, innerhalb des förderbaren Budgetrahmens zu bleiben.

Wenn ein Bauwerk sozialen und kulturellen Wert hat, wenn es über so etwas wie Charakter und Identität verfügt, wenn es darüber hinaus auch noch Ästhetik und Sinnlichkeit besitzt, dann wird es die nächste Generation gerne übernehmen und weiternutzen. Davon kann man beim Projekt »PAN Interkulturelles Wohnen«, in dem Bewohner aus mehr als 20 Nationen zu Hause sind, ohne jeden Zweifel ausgehen.



verknüpfte Zeitschriften
db 2015|03 Putz

23. Oktober 2013Wojciech Czaja
Der Standard

Und vor der Wohnungstür die halbe Welt

Das Wohnprojekt „Interkulturelles Wohnen“ am ehemaligen Nordbahnhof in Wien wurde konsequent umgesetzt: Die Architekten stammen aus drei, die Bewohner sogar aus zwanzig Ländern.

Das Wohnprojekt „Interkulturelles Wohnen“ am ehemaligen Nordbahnhof in Wien wurde konsequent umgesetzt: Die Architekten stammen aus drei, die Bewohner sogar aus zwanzig Ländern.

„Geschmack hat er ja keinen, der Architekt, aber der Wohnungsgrundriss, der ist wirklich gelungen!“ Michael Lenz, 36 Jahre alt, seines Zeichens kaufmännischer Angestellter, wohnhaft auf Stiege 1, ist vor wenigen Tagen eingezogen und wundert sich kopfschüttelnd über die beige-braun verfliesten Badezimmer in seinem Haus. Das Siebzigerjahreschachbrettmuster an der Wand, das in seiner Wohnung standardmäßig vorgesehen war, hat er bis heute nicht verkraftet. „Das ist eine Art Ästhetik, die sich mir nicht ganz erschließt. Aber darum geht es bei dieser Wohnhausanlage ja auch nicht.“

Richtig. Lenz ist Bewohner einer dreiteiligen Wohnhausanlage, die unter dem Motto „Interkulturelles Wohnen“ entstanden ist. Das Thema war Vorgabe des seinerzeit ausgeschriebenen Bauträgerwettbewerbs, aus dem der gemeinnützige Bauträger Neues Leben mit dem Wiener Architekten Werner Neuwirth als Sieger hervorging. Neuwirth, Mastermind des ungewöhnlichen Projekts, holte die beiden Büros Von Ballmoos Krucker (Zürich) und Sergison Bates Architects (London) ins Boot und schuf ein heterogenes Dreierensemble mit insgesamt 90 Wohnungen.

„Interkulturalität ist so eine Sache“, sagt Neuwirth, „denn der Begriff erhebt den Anspruch, dass es Hauptkulturen und Zwischenkulturen gibt, und daran glaube ich nicht. Aber wenn wir schon von einem Wohnbau für unterschiedliche Kulturen sprechen, dann muss man auch Architekten aus unterschiedlichen Kulturen dazu einladen, sich dieses Themas anzunehmen. Man kann nicht von einem einzigen Architekten erwarten, sich in verschiedene Kulturen hineinzudenken. Das bauliche Resultat dieses Unterfangens wäre ein Comic.“

Im Gegensatz zu den meisten anderen geförderten Wohnbauten, die auf dem Gelände des ehemaligen Wiener Nordbahnhofs in den letzten Jahren entstanden sind, handelt es sich beim Projekt in der Ernst-Melchior-Gasse um eine kleinteilige Anlage mit 28 bis 32 Wohnungen pro Haus. Und jedes Haus ist anders. Die nationalen Handschriften aus Austria, Schwyz und United Kingdom sind unverkennbar - sei es die Retroverfliesung auf Stiege 1, der Parkettvorplatz auf Stiege 2 oder die unzähligen Niveausprünge auf Stiege 3. „30 Wohnungen sind die Obergrenze, damit noch so etwas wie aktiv gelebte Nachbarschaft entstehen kann“, so Neuwirth. „Alles, was darüberliegt, ist Quell für Anonymität.“

„Nicht wie in einem Hotel“

Dariusz Malinowski, gebürtiger Pole, Stiege 3, vierter Stock, kann das bestätigen. „Die meisten meiner Freunde und Bekannten wohnen in großen Wohnhausanlagen, in denen viele Wohnungen an einem langen Gang aufgefädelt sind“, sagt er. „Sie leben dort wie in einem Hotel. Niemand kennt niemanden. Ich finde das schrecklich. Hier aber habe ich schon jetzt erste Kontakte knüpfen können, und das, obwohl ich noch mitten im Umsiedeln bin.“

Um die Nachbarschaft, die wie ein zartes Pflänzchen zwischen den Wohnungstüren gedeiht, weiterhin zu stärken, veranstaltet der Soziologe Raimund Gutmann einmal pro Woche einen mehrstündigen Workshop, zu dem alle Bewohner eingeladen sind, und das ein halbes Jahr lang. Ziel ist es, die mentalen Mauern, die in einer neuen Wohnhausanlage üblicherweise aufgezogen werden, einzureißen und die Menschen untereinander bekannt zu machen.

„Adresswechsel und Wohnungsbezug sind eine stressige Angelegenheit“, sagt Gutmann, Geschäftsführer des Mediations- und Beratungsbüros wohnbund consult. „Vor allem in einem Projekt mit einem so hohen Ausländeranteil wie hier ist es wichtig, die Menschen in den ersten Monaten zu begleiten.“ Nicht zuletzt geht es darum, für die noch leeren Gemeinschaftsflächen im Erdgeschoß im Zuge eines Mitbestimmungsprozesses die richtige Nutzung zu erarbeiten. Zur Auswahl stehen Spielraum, Wohnsalon und Bibliothek. Die endgültige Auswahl treffen die Mieter.

„Wie man sieht, habe ich selbst Migrationshintergrund, wie man so schön sagt, und daher finde ich es sehr spannend, dass man eine ganze Wohnhausanlage unter das Motto Interkulturalität stellt“, sagt die in Istanbul geborene Sennur Aslantürk. Gemeinsam mit ihren beiden Söhnen wohnt sie auf Stiege 1, im „Haus der beiden Schweizer“, wie sie meint. „Bislang habe ich mit Interkulturalität nicht nur positive Erfahrungen gemacht, aber das ist hier eindeutig anders. Nächste Woche startet der erste Workshop. Da bin ich fix dabei.“ Und was das Siebzigerjahreschachbrettmuster in ihrem Bad betrifft: „Das sind halt Architekten. Daran gewöhnt man sich.“

90 Wohnungen, 20 Sprachen

Nicht nur sozial, auch ökologisch nachhaltig ist das Wohnprojekt am ehemaligen Nordbahnhof. Beheizt werden die Wohnungen - die Größen variieren zwischen 30 und 115 Quadratmetern - mittels Fußbodenheizung und kontrollierter Wohnraumlüftung. Die Niedertemperaturheizung sorgt für geringen Energieverbrauch und somit auch für eine nachhaltige Schonung des Geldbörsels.

Fehlt nur noch, dass das letzte, noch leerstehende Geschäftslokal vermietet wird. „Wir haben bisher einen Kindergarten und eine bilinguale Kindergruppe im Haus“, sagt Heidi Skomar, Projektleiterin beim Bauträger Neues Leben. „Im dritten Gassenlokal wollten wir das Weltcafé als Mieter gewinnen, aber das hat leider nicht geklappt. Wir hoffen, dass sich noch ein Gastronomiebetrieb findet. Das wäre ein schöner Abschluss dieses auf Kommunikation basierenden Projekts.“

Im Wohnpark „Interkulturelles Wohnen“ sind 20 Nationen vertreten. Nachbarschaft wird hier nicht als Problem wahrgenommen, sondern als Chance. Geht doch.

06. Oktober 2011Der Standard

Interkulturelles Wohnen am Nordbahnhofgelände

PaN-Wohnpark: Der Bau der 90 geförderten Wohnungen mit kommunikationsförderndem Charakter hat begonnen

PaN-Wohnpark: Der Bau der 90 geförderten Wohnungen mit kommunikationsförderndem Charakter hat begonnen

Am rund 75 Hektar großen Nordbahnhofgelände wurde am Mittwoch der offizielle Spatenstich für das erste Wohnprojekt der zweiten Bebauungsphase des ehemaligen Bahnhofsareals gesetzt. „Interkulturelles Wohnen“ war das Thema des Bauträgerwettbewerbs für den Teilbereich des Nordbahnhofsgeländes rund um den Rudolf-Bednar-Park.

In der zweiten Bebauungsphase sollen hier auf sechs Bauplätzen über 500 geförderte Mietwohnungen, 100 Heimplätze sowie Geschäftsflächen entstehen. Der „PaN-Wohnpark“ ist Teil davon. "Schon in den vergangenen Jahren wurden sehr erfolgreich interkulturelle Wohnprojekte, wie etwa das Wohnmodell „Interethnische Nachbarschaft“ in der Liesinger Anton-Baumgartner-Straße, realisiert", so Wohnbaustadtrat Michael Ludwig. „Ziel des zweiten Bauträgerauswahlverfahrens am Nordbahnhof war es, diese Modelle weiterzuentwickeln und innovative Ideen in die Praxis umzusetzen, die das Zusammenleben von Wienerinnen und Wienern unterschiedlicher Herkunft stärken.“ Bei Gesamtbaukosten von rund 14,7 Millionen Euro wird die Errichtung der Wohnhausanlage mit etwa 5,3 Millionen Euro aus Mitteln der Wiener Wohnbauförderung unterstützt.

Impulsschub für den Bezirk

PaN steht für „Partner aller Nationen“ und bezeichnet den Dachverband aller österreichisch-ausländischen Gesellschaften mit Sitz in Wien. Ziel des Verbandes ist es, das harmonische Zusammenleben verschiedener Bevölkerungsgruppen, ungeachtet von Nationalität, Religion oder sozialer Herkunft zu fördern. „Eine Kooperation mit einem innovativen, interkulturellen Wohnbauprojekt war für uns daher ein Gebot der Stunde“, erklärte Claus Walter, Vorsitzender des PaN-Vorstandes.

Bezirksvorsteher Gerhard Kubik gab sich zufrieden über die Entwicklung in Leopoldstadt: „Bis 2025 entsteht hier ein neuer Stadtteil, der rund 10.000 Wohnungen für 20.000 BewohnerInnen und 10.000 Arbeitsplätze bieten wird. Die Leopoldstadt ist bereits jetzt ein boomender Wohnbezirk. Mit der Wohnbebauung auf dem ehemaligen Nordbahnhofgelände erwarte ich einen weiteren kräftigen Impulsschub für den Bezirk.“

Erdgeschoße als kommunikative Zentren

Die 90 geförderten Mietwohnungen des PaN-Wohnparks werden auf drei Häuser verteilt sein, die von den Architekten Werner Neuwirth aus Wien, Sergison Bates Architects aus London und Von Ballmoos-Krucker Architekten mit Sitz in Zürich geplant wurden. Die Häuser gruppieren sich um einen Platz und sollen so einen eigenen urbanen Stadtraum bilden.

Jedes Gebäude wird über Gemeinschaftseinrichtungen im Erdgeschoß verfügen: Geplant sind eine Lese-Lounge und ein Weltcafé, ein Gemeinschaftsraum, ein Kinderspielraum mit Waschküche sowie eine zentrale Fahrradhalle mit 60 versperrbaren Fahrradboxen. Die Erdgeschoßzonen sollen somit die großen, kommunikativen Zentren und sozialen Treffpunkte der Wohnhausanlage bilden, wo kulturelle Veranstaltungen, Konzerte und Partys, ebenso wie Kochkurse passend zum Thema des fairen Handels sollen im Weltcafé abgehalten werden.

Das Wohnungsangebot soll Ein- bis Vier-Zimmer-Wohnungen in den Größen von etwa 45 bis 107 m² umfassen, davon überwiegend Zwei- bis Drei-Zimmer-Wohnungen. Durch die Kopplung mit autonomen Ein-Zimmer-Wohnungen können Wohneinheiten auch für begrenzte Zeiträume erweitert werden. Für die geförderten Mietwohnungen betragen die Eigenmittel voraussichtlich 467,80 Euro/m2, die monatliche Miete beginnt bei 6,59 Euro/m2.

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