Pläne

Details

Tragwerksplanung / Holzstatik
SJB.Kempter.Fitze AG
Fertigstellung
2008
Eröffnung
2008

Ausführende Firmen

Holzbau: Blumer-Lehman AG, Gossau (CH)

Publikationen

Presseschau

13. Juli 2010Charles von Büren
zuschnitt

Unterm Blätterdach

(SUBTITLE) Clubhaus für Golfer

Die Anlage des Nine Bridges Golf Resort im südkoreanischen Yeoju besteht aus drei Gebäudekomplexen: einem Clubhaus für reguläre Mitglieder, einem Trakt...

Die Anlage des Nine Bridges Golf Resort im südkoreanischen Yeoju besteht aus drei Gebäudekomplexen: einem Clubhaus für reguläre Mitglieder, einem Trakt...

Die Anlage des Nine Bridges Golf Resort im südkoreanischen Yeoju besteht aus drei Gebäudekomplexen: einem Clubhaus für reguläre Mitglieder, einem Trakt für vip-Mitglieder und den Empfangsräumen für vvips. Jeder Bauteil ist unterschiedlich konstruiert. Das baulich prägende Clubhaus besteht aus einer Holzkonstruktion, die in ihrer Grundform auf das traditionelle »bamboo wife« zurückgeht, ein für Korea typisches, aus Spänen geflochtenes Sommerkissen. Der VVIP-Teil ist weitgehend eine Stahlkonstruktion, im VIP-Trakt finden sich zudem Betonstrukturen. Alle Bauten beziehen sich in zeitgemässer Form auf tradierte Architekturformen Koreas.

Das Clubhaus sieht aus wie ein streng geometrisch ausgerichteter »Wald«. 21 Baumstützen tragen die Dachfläche von 36 mal 72 Meter. Das lastabtragende »Astgeflecht« der Kronen verläuft bis in das 4,50 Meter breite Vordach. Die gesamte Höhe der Konstruktion misst 13,60 Meter. Wie in der Natur, so ist auch bei dieser Konstruktion kein Stab gerade. Sämtliche Flächen sind zumindest einfach, grossteils zweifach gekrümmt. Auf den Kronen ruht ein Trägerrost mit Haupt- und Nebenträgern, in den 21 Lichtkuppeln mit einem Durchmesser von 3 Metern integriert sind. Den oberen Abschluss der Holzkonstruktion bildet eine Dreischichtplatte. Die Baumstützen dienen als tragendes Element für das Dach, lassen mit ihrer transparenten Konstruktion aber zugleich Tageslicht in die Räume fliessen und sorgen für eine natürliche Entlüftung des Raumes.

Nach jedem einzelnen Montageschritt war die Konstruktion auszurichten und zu stabilisieren. Die Stämme wurden mit einer Einspannung ins Fundament aufgestellt. Anschliessend konnten die in einem Zelt auf der Baustelle vormontierten Kronensegmente mit ihren vier Stielen aufgesetzt werden. So entstand eine Art Dom, der pro Feld vier Stämme stabilisierte. Nur so liess sich auch die umlaufende Glasfassade präzise einbauen. Das Gebäude kommt ohne diagonale Verstrebungen der Fassaden aus, das gesamte in globo wirkende Tragwerk garantiert die Stabilität. Der an sich einfache, rechteckige Grundriss führte zu technisch vorteilhaften Wiederholungen von Ausführungsdetails.

Shigeru Ban betont, dass die Holzkonstruktion auch aus ökologischen Gründen gewählt wurde und er Wert darauf gelegt habe, ausschliesslich mit smarten EDV-Programmen und hochpräziser Vorfertigung zu arbeiten. Nur so liessen sich das Abbinden der Teile in der Schweiz und das Aufrichten vor Ort effizient durchführen. In Südkorea gibt es keine holzverarbeitenden Maschinen, mit denen man derart komplex geformte Teile zuschneiden könnte. Deshalb wurden für die Planung und Berechnung der Raumgeometrie, die Ingenieurarbeiten und die Produktion aus der Schweiz Firmen und Personen beigezogen. Deren Ingenieurwissen war Shigeru Ban bereits vom neuen Centre Pompidou im französischen Metz bekannt.

Bereits dort hatte das Schweizer Ingenieurteam Création Holz das Holzdach geplant und berechnet. Mit den dabei gemachten Erfahrungen waren beim Clubhaus in Yeoju neue Ufer zu betreten. Dabei wurde ein Verbindungskonzept mit paarweisen Überblattungen entwickelt, das nicht nur eine Neuheit, sondern sogar der Schlüssel für die Realisierbarkeit dieses Projektes war, das anfangs als unausführbar gegolten hatte. Als Verbindungsmittel kamen lediglich Schrauben und Verklebungen für die Schubübertragungen in den Lagen und den Kreuzungspunkten zur Anwendung. Auch wenn es sich in diesem Fall also nicht um reine Holz-Holz-Verbindungen handelt, ist Hermann Blumer von Creátion Holz doch davon überzeugt, dass ein derartiges System künftig auch mit Holzdübeln konstruierbar sein wird.

Der Autor dankt Ingenieur Hermann Blumer für seine Informationen und die Durchsicht des Manuskripts.

13. Juli 2010Franz Tschümperlin
Hermann Blumer
zuschnitt

Hohe Komplexität

(SUBTITLE) Erfahrungsbericht der Ingenieure

Lernen von Metz
Als wir erstmals mit dem Wettbewerbsprojekt für das Centre Pompidou-Metz konfrontiert wurden, hatten wir die Skizze eines hexagonalen...

Lernen von Metz
Als wir erstmals mit dem Wettbewerbsprojekt für das Centre Pompidou-Metz konfrontiert wurden, hatten wir die Skizze eines hexagonalen...

Lernen von Metz
Als wir erstmals mit dem Wettbewerbsprojekt für das Centre Pompidou-Metz konfrontiert wurden, hatten wir die Skizze eines hexagonalen Netzes vor uns, basierend auf einem Sechseckgrundriss mit einer Diagonalen von 100 Metern. Vier Stützen, ebenfalls als verflochtenes Netz ausgebildet, sollten die Kräfte des zeltartigen Daches in die Fundamente leiten. Angesichts der grossen Aussparungen im Netz war unsicher, ob es gelingen würde, die Konstruktion ins Gleichgewicht zu bringen. Eine wichtige Frage war auch: Wie können wir die Geometrie der Fläche mathematisch exakt formulieren, wie dies für die statische Berechnung nötig sein würde?

Bei Pionierbauten in dieser Komplexität besteht die Gefahr einer Überforderung der Entscheidungsträger. In Metz waren das die Bauherrschaft, die Architekten, die Ingenieure aller Spezialgebiete, der Generalunternehmer, die Einzelunternehmungen, die Versicherer und die Prüfstatiker. Die Folge war ein unmethodisches Kooperieren der vielen mitbestimmenden Akteure. Sie beherrschten zwar ihr jeweiliges Teilgebiet, hatten aber Mühe, die Mosaiksteine zu einem Ganzen zusammenzufügen. Die Lehre, die wir daraus gezogen haben, ist: Wenn Architekten in Zukunft vermehrt so komplexe Strukturen planen, werden die Führungs- und Entscheidungsfähigkeiten der Ingenieure – neben ihrem technischen Können – in hohem Mass gefordert sein.

Die Bäume in Yeoju
Mit den Erfahrungen beim Centre Pompidou-Metz konnten wir beim Clubhaus in Yeoju Neuland betreten. In weniger als acht Monaten gelang es uns, die Masterfläche zu definieren, die Konstruktion zu entwickeln, die statische Berechnung durchzuführen, eine neue CNC-Anlage zu bauen und zu programmieren, die Holzteile in der Schweiz abzubinden, diese in einem sechswöchigen Schiffstransport nach Korea zu bringen und dort die Montage fristgerecht durchzuführen. In diesem Fall konnten wir auf ein optimal eingespieltes Team mit bewährten Spezialisten bauen. Die Zusammenarbeit mit der Bauherrschaft, den Architekten und den Ingenieuren vor Ort war hervorragend. Solche Projekte sind Glücksfälle in einem Ingenieurleben! Die Projekte in Metz und Yeoju haben die Konstruktion von Freiflächen mit Holz ins Zentrum der Aufmerksamkeit gerückt; es ist absehbar, dass solche Freiflächen Architekturschaffende inspirieren werden.

Planerische Ingenieurleistung und Datenfluss
So wie in Metz war auch beim Dach in Yeoju der Kristallisationskern aller geometrischen Daten die mathematisch exakt definierte Masterfläche. Über eigene und von der Firma designtoproduction generierte Programme konnten Daten aus dieser Fläche in die Bereiche Statik, Fertigung und Montage verlustfrei übertragen und in beide Richtungen genutzt werden. Änderungen in der Geometrie der 16.000 Laufmeter Stäbe konnten dank der Digitalisierung bis zum Schluss berücksichtigt werden. Die Datenmenge überstieg alles, was wir bis dahin kannten: Immerhin musste jeder der dreissig Lastfälle für 20.000 Knoten und 30.000 Stäbe gerechnet werden. Mit dem abstrahierten, aber sehr detaillierten Tragwerk-Statikmodell waren wir in der Lage, während des ganzen Projektverlaufs prompt auf die im Planungsumfeld ständig auftauchenden Detailfragen Antworten zu liefern.

Mit dem neuen Ansatz, die Holzstäbe dreidimensional zu fräsen – und nicht etwa in Form zu zwingen, sodass es zu Rückstellungen kommt –, konnte die Präzision über die Vorfabrikation essenziell verbessert werden. Diese Präzision der Formgebung im Zehntelmillimeterbereich ermöglichte es, die Montagen beider Bauwerke schnell und zwängungsfrei durchzuführen. Diese Methode hatte auch entscheidende finanzielle Vorteile; noch mehr Wirtschaftlichkeit ist in Zukunft dank der Weiterentwicklung der Technologie bei der Datenbereitstellung und der CNC-Bearbeitung möglich.

Info
Dieser Beitrag ist die gekürzte und überarbeitete Version eines Artikels, der unter dem Titel »Hohe Komplexität – Erfahrungsberichte der Ingenieure« in der Zeitschrift TEC21, 7/2010, erschienen ist.



verknüpfte Bauwerke
Centre Pompidou-Metz

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