Details

Adresse
Orpheumgasse 16, 8020 Graz, Österreich
Architektur
Hans Gangoly
Mitarbeit Architektur
Ida Pirstinger, Therese Janeschitz-Kriegl, Mary-Ann Vajdic
Bauherrschaft
Albin Sorger
Fotografie
Paul Ott
Weitere Konsulent:innen
Haustechnik-Planung: Kurt Angermaier, Graz; e+r E-Planung GmbH, Graz
Bauleitung: Peter Fähnrich (Büro Turk, Gleisdorf)
Funktion
Wohnbauten
Planung
1995
Ausführung
1998 - 1999

Preise und Auszeichnungen

Publikationen

Presseschau

20. Oktober 2001Ernst Eichinger
Der Standard

Hindernisparcours aus Holzbalken

Durch die zwangsweise Einbindung der ursprünglichen Holzkonstruktion haben die Wohnungen in der ehemaligen Stadtmühle in Graz ein eigenes Flair. Von einem großzügig angelegten Innenhof gelangen die Mieter in ihre 22 loftartigen Domizile. Zielgruppe sind junge Menschen, die dort nur einen bestimmten Lebensabschnitt verbringen. Nach diesem Muster plant der Architekt Hans Gangoly bereits den Umbau des ehemaligen Gesindehauses.

Durch die zwangsweise Einbindung der ursprünglichen Holzkonstruktion haben die Wohnungen in der ehemaligen Stadtmühle in Graz ein eigenes Flair. Von einem großzügig angelegten Innenhof gelangen die Mieter in ihre 22 loftartigen Domizile. Zielgruppe sind junge Menschen, die dort nur einen bestimmten Lebensabschnitt verbringen. Nach diesem Muster plant der Architekt Hans Gangoly bereits den Umbau des ehemaligen Gesindehauses.

„Die Zielgruppe, auf die das Projekt ausgerichtet war, ist auch tatsächlich eingezogen“, freut sich der für den Umbau der ehemaligen Stadtmühle am rechten Mühlgang in Graz verantwortliche Architekt Hans Gangoly. Also junge Menschen mit kreativen Berufen wie Softwareentwickler, zwei Diskjockeys oder die Geschäftsführerin einer Grazer Kulturinstitution.

Ursprünglich war an eine herkömmliche Nutzung des Objekts gedacht. Die lange Zeit als Lagerhalle genutzte Stadtmühle sollte „entkernt“, und bis auf die Außenmauern ausgeräumt werden. „Wir trauten der Holzkonstruktion nicht. Der vier mal vier Meter große Holzstützenraster hätte sowohl Statik, Brandschutz als auch Akustik stark beeinträchtigt“, erläutert Gangoly.

Geplant waren nach üblichem Muster Zwei- oder Dreizimmerwohnungen. Nachdem die Pläne bei der Behörde eingereicht wurden, stellte diese das Objekt unter Denkmalschutz. „Damit waren keine konventionellen Wohnungen mehr möglich, und für uns hieß das: unter ganz anderen Rahmenbedingungen zurück zum Start“, meint Gangoly.


Erlebtes Holz

„Wesentliches Gestaltungskriterium für den Umbau der Stadtmühle war das Herausheben der einzigartigen Holzkonstruktion im Innenhof und in den Wohnungen“, erläutert Gangoly. Das Problem in der Praxis war, dass alle vier Meter Holzbalken im Weg standen, die in die Planung eingebunden werden mussten.

Zentrum des Projekts ist ein mehrgeschoßiger, mit einem Glasdach überspannter Innenhof, der für Belichtung und Lüftung sorgt. Von diesem „Erschließungsraum“ können alle 22 loftartigen Wohnungen, in der Größe zwischen 45 Quadratmeter und 90 Quadtratmeter, erreicht werden.

„Wichtig war, die Wohnungen für die Menschen so bequem wie möglich zu machen und durch die Holzstützen ein eigenes Flair zu schaffen. Helligkeit war dabei gar nicht so wichtig“, meint Gangoly. „Das sind Wohnungen, die einem bestimmten Lebensabschnitt entsprechen“, sagt Gangoly.

Der einzige abgeschlossene Raum in jeder Wohnung ist das Badezimmer. Durch Raumhöhen von 3,6 Metern, die Decke der Badezimmer wurde abgesenkt, konnte auch hier die Loft-Atmosphäre erhalten bleiben. Das Badezimmer in Form einer „Sanitärbox“ gab quasi die weitere Raumaufteilung in der Wohnung vor.

Mit 50 S/m² Miete, exklusive Betriebskosten, hält sich auch die finanzielle Belastung in akzeptablen Grenzen. „Innerhalb kürzester Zeit waren alle Wohnungen vermietet, und es gibt auch schon eine Warteliste“, freut sich Gangoly. Daher sei bereits ein weiteres Projekt mit dieser Ausrichtung geplant.

Das ehemalige Gesindehaus an der Ecke Volksgartenstraße/Orpheumgasse in Graz soll nach ähnlichem Muster umgebaut werden. Spätestens im kommenden Frühjahr soll mit dem Bau begonnen werden.

29. November 2000Franziska Leeb
Der Standard

Grazer Glücksfall

(SUBTITLE) Neue Häuser

Wohnen in einer denkmal- geschützten Mühle. Das klingt nach Antiquitäten ebenso wie nach Antiquiertheit. Wie es anders auch geht, zeigt eine jüngst zweifach preisgekrönte Revitalisierung in Graz von Hans Gangoly.

Wohnen in einer denkmal- geschützten Mühle. Das klingt nach Antiquitäten ebenso wie nach Antiquiertheit. Wie es anders auch geht, zeigt eine jüngst zweifach preisgekrönte Revitalisierung in Graz von Hans Gangoly.

Die alte Stadtmühle am Rechten Mühlgang hat ihre ursprüngliche Bestimmung in der Zwischenkriegszeit verloren. Eine Zeit lang wurde sie als Lager genutzt, und irgendwann schien das zentral gelegene Gebäude gar niemanden mehr zu interessieren. Albin Sorger nahm sich des leer stehenden Bauvolumens an und beauftragte im Jahr 1993 den Grazer Architekten Hans Gangoly, der für ihn bereits etliche Bäckereifilialen geplant hatte, mit der Umwandlung in ein möglichst profitables Wohnhaus.

Das Gebäude sollte entkernt und mit marktkonformen Zwei- oder Dreizimmerwohnungen gefüllt werden. Diese Pläne durchkreuzte jedoch das Denkmalamt, das die Stadtmühle nach der Einreichung des Wohnprojektes unter Denkmalschutz stellte. Manch anderer Architekt würde das als behördliche Schikane auslegen, Gangoly hat dies offenbar erst richtig angespornt. Was vorher als statisch und sicherheitstechnisch als Risiko erachtet wurde und daher entfernt werden sollte, nämlich die innere Tragstruktur aus Holzstützen und -balken, mutierte unter den neuen Bedingungen zum wichtigsten Entwurfskriterium. Eine kulturelle Nutzung wurde in Betracht gezogen, konnte aber mangels Finanzen nicht realisiert werden.

So kehrte man zurück zum Wohnprojekt, aber unter Berücksichtigung des Potenzials der alten Struktur und nach genauer Definition einer Zielgruppe. Loftartige Wohnungen für ein junges Publikum sollten realisiert werden. Bald stand auch fest, dass Flächenausbeutung und architektonische Qualität in diesem Fall keinesfalls vereinbar sind. Architekt und Bauherr entschieden sich für das Zweite - ein Engagement, das jüngst neben weiteren sieben Preisträgern mit dem Bauherrenpreis 2000 der Zentralvereinigung der Architekten Österreichs belohnt wurde.

Da die Errichtung von Balkonen nicht möglich war und auch sonst keine Freiflächen vorhanden waren, entschloss Gangoly sich dazu, die Wohnungen u-förmig um einen überdachten, aber nicht klimatisierten Hof zu gruppieren. Unter und zwischen den alten Holzbalken bietet nun ein von allen Bewohnern nutzbarer und fünf Geschoße hoher Luftraum eine einzigartige Atmosphäre.


Erschwinglicher Luxus

Auch in den Wohnungen selbst bleibt die alte Konstruktion nachvollziehbar und die Raumhöhe erhalten. Die Sanitäreinheiten gliedern die Grundrisse in verschiedene Bereiche, abgetrennte Zimmer gibt es keine.

Dass der aufwendige Umbau für die angestrebte Zielgruppe erschwinglich blieb, ist der Wohnbauförderung zu verdanken. Obwohl Grundrisse und Gesamtkonzept abseits des Üblichen sind, wurde eine Unterstützung gewährt. Und so sind es nicht junggebliebene Yuppies, die sich hier ihre schicken Lofts mit teuren Designermöbeln ausstatten, sondern junge Leute aus vor allem kreativen Berufsgruppen, für die solche Wohnungen in der Stadt sonst unerschwinglich wären. Es war ein privater Bauherr ohne besondere Erfahrung bei der Vermarktung von Wohnungen, der sich mutig auf dieses Projekt einließ. Der Erfolg gibt ihm Recht. Innerhalb von zwei Wochen gab es - ohne auch nur ein Inserat zu schalten - 140 Bewerbungen für 22 Wohnungen. Warum sich Profis unter den Bauherren, zum Beispiel die großen Bauträger, kaum über solche Projekte wagen, ist daher unerklärlich. Es allen recht machen zu wollen heißt schließlich, es niemandem wirklich recht zu machen.

Die Erfolgsgeschichte geht nun weiter. Auf dem Nachbargrundstück wird Gangoly das ehemalige Bediensteten-Wohnhaus der Mühle umbauen. Es wird andere Pluspunkte bieten als das Mühlengebäude wie Terrassen über dem Bach und ein nutzbares Dach und wird im Sinne einer Ensemblebildung städtebaulich und gestisch auf den ersten Umbau Bezug nehmen. Kurz vor Redaktionsschluss erreichte uns die Nachricht, dass die Revitalisierung der Stadtmühle im Rahmen des Piranesi-Preises, der jährlich für außergewöhnliche architektonische Leistungen in Mitteleuropa vergeben wird, mit einem Anerkennungspreis gewürdigt wurde.


[Architekt DI Hans Gangoly Volksgartenstraße 13/1, 8010 Graz, Tel.: (0316) 71 75 50 ]

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