15. Juli 2007 - Architekturzentrum Wien
Nähert man sich dem Gebäude von der Straße aus, wirkt es turmartig, streng und abweisend. Unmittelbar hinter der hohen Gartenmauer aus Sichtbeton wachsen die glatten Fassaden nach oben, strahlend weiß und bar jedes unnötigen Zierrats. Das lenkt den Blick auf den plastisch durchgebildeten Baukörper, der sich aus ineinander verschachtelten Kuben zusammensetzt.
So zugeknöpft sich das Haus von der Straßenfront gibt, so aufgeschlossen wirkt es an der Gartenseite. Dort öffnen sich die Wohnräume auf allen Ebenen mit großen Fensterflächen zum Garten und zur Sonne. Für ausreichend Bewegungsspielraum an der frischen Luft sorgen die großzügig dimensionierte Terrasse vor dem zentralen Wohnraum und Balkone vor Schlafzimmer und Bad im Obergeschoss. Eine Außenstiege erlaubt den Aufstieg zur Dachterrasse, welche einen atemberaubenden Rundblick auf die Weinberge und den Wienerwald gestattet.
Das Innere des Hauses wird mittels eines durchdachten Kommunikationskonzeptes erschlossen. Ausgehend von der Erkenntnis, dass die Wahrnehmung eines Raumes wesentlich von der Bewegung des Wahrnehmenden abhängt, inszenierte der Planer einen Weg, der vom Vorhof in wechselnden Richtungen über das Hauptgeschoss bis in den ersten Stock führt. Dadurch wird das Volumen des Bauwerks erfahrbar. Im Aufstieg vom Vorraum über den öffentlichen Wohn- und Essbereich bis in die Privatsphäre mit Schlafzimmer, Garderobe und Bad, ergeben sich immer wieder neue Perspektiven und Aussichten.
Die reduzierte Formensprache, der bewusste Verzicht auf ein repräsentatives Erscheinungsbild ist für Gestaltung und Ausstattung des Hauses Programm. Das schreibt einerseits die Tradition der mit Adolf Loos begründeten Wiener Moderne und den Leitspruch „Form follows function“ fort. Andererseits ist es Resultat einer bewussten Bezugnahme der Architektur auf die historisch gewachsene Siedlungsstruktur „Es kann von einem Neubau nicht verlangt werden, dass er vom Baustil, der Bauform und der technologischen Gestaltung den benachbarten historischen Gebäuden angeglichen wird“, meint Jürgen Radatz. „Daher wurde versucht, maßstabsgerecht und unter Vermeidung modischer Effekte ein Haus zu schaffen, das sich der Umgebung wie selbst verständlich einordnet.“ Ein Unterfangen, das auf gleichermaßen zeitgemäße wie noble Weise gelungen ist. (Text: Edith Almhofer)