Details

Adresse
Triester Straße 91, 1100 Wien, Österreich
Architektur
Elsa Prochazka
Bauherrschaft
Coca-Cola Beverages Austria GmbH
Maßnahme
Neubau
Ausführung
1997 - 1998
Abbruch
2017

Preise und Auszeichnungen

Publikationen

Presseschau

06. Juni 2003Der Standard

Muster der Moderne

(SUBTITLE) Rondo spezial Alu

Mit dem Coca-Cola-Gebäude gelang der Architektin Elsa Prochazka die Neugestaltung eines Wiener Wirtschaftswunderbaus

Mit dem Coca-Cola-Gebäude gelang der Architektin Elsa Prochazka die Neugestaltung eines Wiener Wirtschaftswunderbaus

Durchblick vom Biedermeier bis zum Jugendstil: Dass Aluminium bei der Renovierung von historischen Gebäuden eine tragende Rolle wahrnimmt, beweist heute der erfolgreiche Einsatz von Fenster- und Türrahmen in allen möglichen Stilrichtungen. Der komplexen Aufgabe stellte sich die Wiener Architektin Elsa Prochazka, als sie 1998 von Coca-Cola Beverages mit der Adaptierung des firmeneigenen Verwaltungsgebäudes betraut wurde.

Einen wenig bemerkenswerten Industriebau aus der schnelllebigen Wirtschaftswunder-Ära der 50er-Jahre galt es zu sanieren, und allein die markante Stadtrandlage an der Triester Straße, nur wenige Hundert Meter südlich des spätgotischen Favoritner Wahrzeichens der Spinnerin am Kreuz, forderte dabei besondere Obacht auf räumliche, aber auch historisch-kulturelle Bezüge.

Die Lage an der Wiener Südeinfahrt erforderte überdies auch noch ein akzeptables Nachterscheinungsbild, das, der hohen Verkehrsfrequenz entsprechend, im Entwurf mit einkalkuliert wurde. So weit zur „Kür“ der Architektin - wenn man die Rücksicht auf diese essenziellen Rahmenbedingungen so nennen will.

Denn natürlich gab es auch die planerische „Pflicht“ zu integrieren: Die technische Aufrüstung und Optimierung der Arbeitsplätze - es handelt sich um die Nutzung durch die EDV-Abteilung - zählten dazu.

Damit verbanden sich aber auch komplexe Anforderungen hinsichtlich der Lichtraumqualität von Computerarbeitsplätzen, die zuletzt zum markantesten Ausgangspunkt der architektonischen Gestaltung wurden - und sich nun an der Außenhaut in Form von scheinbar

regellos angeordneten Fensteröffnungen widerspiegeln. Monotonie kommt dabei keine auf.

Allein schon deswegen, weil die Aluverkleidungen je nach Himmelsrichtungen und Position innerhalb des Gebäudes von Raum zu Raum ein wenig anders platziert werden mussten. Horizontale Schlitze unter den Decken, traditionelle, öffenbare Fensterflächen, und darunter, zwischen Brüstungshöhe und Bodenniveau platzierte „Unterfenster“ sorgen hingegen für eine abwechslungsreiche Optik - und eben auch für optimale Lichtverhältnisse.

Die computergenerierte Außenhaut wurde auf der Basis von Aluminiumpaneelen entwickelt: zwölf Zentimeter starke, gedämmte Sandwichplatten, deren hauchdünne, gerade zwei Millimeter starke Aluaußenhaut dem Bau viel optische Eleganz und Leichtigkeit verleihen, ohne die technoide Anmutung des industriellen Werkstoffs lautstark in den Vordergrund zu stellen.

Augenscheinlich ist aber auch die akkurate Verarbeitung der Paneele: Sie sind scharf und präzise gefügt, lediglich die Stoßfugen werden durch vertikale Aluleisten verdeckt, die aber keinerlei Hinweis auf das dahinter liegende Stahlbetonskelett geben. Die Zweidimensionalität des „Patterns“ der Alupaneelfassade ist aber nicht nur durch die Funktionalität der blendfreien Computerarbeitsplätze geprägt, sondern soll - so die ausdrückliche Intention der Architektin - auch die Botschaft des Digitalen vermitteln.

Ein semantischer Bezug, der sich nächtens, wenn die über vier Stockwerke reichende Komposition der unterschiedlichen Fenster ihre stärkste Wirkung entwickelt, am augenscheinlichsten zutage tritt - und wohl auch mit ein Grund, dieses Objekt im Jahre 2000 mit dem Aluminium-Architektur-Preis auszuzeichnen.

Bleibt schließlich noch ein praktischer Aspekt nachzutragen - nämlich die brave Erfüllung der Wiener Brandschutzbestimmungen, für die Aluminium allemal besonders taugt. Letzteres beweisen auch Baustellen und Kunstgriffe jenseits von Favoriten: Aluminium-Profil-Systeme für verglaste Türen, Trennwände, Fassaden und Lichtdächer werden gerne als Brandschutzkonstruktionen eingesetzt, die sich jedem architektonischen Stil mühelos anpassen.

04. Dezember 1999Liesbeth Waechter-Böhm
Spectrum

Erlebnisraum Stiegenhaus

Vorher: eine Fünfziger-Jahre-Ruine an der Wiener Südausfahrt. Nach der Adaptierung durch Elsa Prochazka: ein ausgetüfteltes, lichtdurchflutetes Büro-und Betriebsgebäude. Wo Umbau mehr bedeutet als routinierte Innenraumorganisation und Facelifting.

Vorher: eine Fünfziger-Jahre-Ruine an der Wiener Südausfahrt. Nach der Adaptierung durch Elsa Prochazka: ein ausgetüfteltes, lichtdurchflutetes Büro-und Betriebsgebäude. Wo Umbau mehr bedeutet als routinierte Innenraumorganisation und Facelifting.

Die schlichte Aluminium-Kiste des umgebauten Coca-Cola-Werkes von Elsa Prochazka steht an einem – aus städtebaulicher Sicht – neuralgischen Punkt im Wiener Süden. Das ursprüngliche Gebäude wurde in den fünfziger Jahren errichtet und formulierte früher einmal gemeinsam mit dem Philips-Haus auf der gegenüberliegenden Seite der Triester Straße eine Art Tor zur Stadt. Danach kam nur noch der Abhang des Wienerberges mit seiner gewaltigen Industriebrache und einer keineswegs reizlosen Teichlandschaft, die die Ziegelwerke hier gegraben hatten.

Nun, die Zeiten ändern sich, und Städte entwickeln sich. Am Wienerberg schritt diese Entwicklung ohnehin vergleichsweise langsam voran. Aber jetzt ist sie in dynamischer Bewegung. Die Baukräne des Fuksas-Doppelhochhauses beweisen es: Hier wird die Grenze der Stadt sichtbar hinausgeschoben, das dicht bebaute urbane Gebiet wächst.

Unter diesen komplexen Voraussetzungen kann man den Umbau eines solchen Büro-und Betriebsgebäudes nicht nur als routinierte Innenraum-Organisation, verbunden mit einem äußerlichen Standard-Lifting, auffassen. Allerdings hätte sich Elsa Prochazka wohl auch in einer weniger empfindlichen Situation nicht für Allerweltslösungen der gängigen Art bereit gefunden.

Die Aufgabenstellung war so: Es gab zwei, keineswegs besonders große Betriebs- und Bürogebäude vorne an der Triester Straße, der Südausfahrt Wiens. Das erste, jetzt umgebaute, stammt aus den fünfziger Jahren: Seinerzeit, als man durch eine riesige Glasscheibe im Erdgeschoß auf ein Fließband schauen konnte, über das die leeren Cola-Flaschen zum Befüllen wanderten, war es vor allem für Kinder eine Sensation. Später dann, in den sechziger oder frühen siebziger Jahren, kam das zweite Gebäude hinzu. Verbunden waren diese Bauten durch ein Stiegenhaus, das allerdings nur bis zum zweiten Obergeschoß reichte. Übrigens verdecken die beiden Häuser – quasi als „Kopfbauten “– ein dahinter liegendes, sehr ausgedehntes Betriebsareal mit zahlreichen Lagerhallen und einer – im wörtlichen Sinn – eindrucksvollen „Kistenlandschaft“.

Man kann ruhig sagen, daß beide Häuser unter architektonischen Gesichtspunkten immer schon als Trivialität abzuhaken waren. Das ist noch nicht einmal boshaft. Aber nun hat sich das geändert.

Und diese Veränderung wurde mit schlichten, dabei höchst raffinierten, also intelligent eingesetzten Mitteln bewerkstelligt. Was man sieht, ist eine Aluminiumhaut mit einer auf den ersten Blick markant unregelmäßig erscheinenden Fensterlösung. Da sitzen schmale, lange Öffnungen über teils quadratischen, teils im Format halber, hochgestellter Quadrate zugeschnittenen Fenstern. Da gibt es aber auch schmale, eher kurze „Unterfenster“ (Prochazka). Klar, daß daraus ein Muster entsteht; ein unregelmäßiges Muster, aber doch geometrisiert, systematisiert, digitalisiert? Das System ist nicht gleich durchschaubar.

Wer die Arbeiten von Elsa Prochazka kennt, der wird natürlich folgerichtig schließen, daß das, was man von draußen sieht, mit dem, was sich drinnen abspielt, zu tun hat. Und so ist es auch. Die Fassadenlösung wurde so entwickelt, daß sie optimale Arbeitsplätze in den Büros garantiert. Und das heißt bei der heutigen Bildschirmarbeit: Oberlichten, Unterfenster und Fenster, die individuell beschattbar sind, die aber nicht unbedingt beschattet werden müssen, weil sie so angeordnet sind, daß sich der Arbeitsplatz im Raum entsprechend situieren läßt. Es fällt das Licht nie direkt auf den Bildschirm.

Bei einer solchen Fassadenlösung fragt man sich heutzutage automatisch: Ja, aber wie trägt das dem Anspruch Rechnung, daß ein Bürohaus flexibel sein soll? Wenn die Fensterlösung derartig maßgeschneidert ist, wie kann sie dann noch funktionieren, wenn sich die Büroaufteilung im Inneren eines Tages ändert? Das Zauberwort heißt: „computergenerierte Fassade“.

Das bedeutet, daß alle möglichen Umbauvarianten schon im Vorfeld der Planung durchgerechnet wurden; es bedeutet, daß solange herumgetüftelt wurde, bis eine Lösung herauskam, die den jetzigen Ansprüchen genügt und auch allen erdenklichen Varianten künftiger Nutzungen gerecht wird. Auch rein zeichnerisch ließe sich eine solche Planung entwickeln. Nach dem Aufwand darf man allerdings nicht fragen, denn der ist auch schon bei der Computervariante groß.

Ursprünglich hat das Haus im Erdgeschoß und auf dem ersten Obergeschoß Produktionsräume beinhaltet, darüber war ein Lagerraum, und wieder darüber waren Büros. Zu diesen vier Ebenen kommt nun eine fünfte, neue dazu, und das alte Stiegenhaus wurde weggerissen und durch ein neues ersetzt, das beide Gebäude des Bestands optimal verbindet.

Optimal heißt, daß durch dieses Stiegenhaus auch unterschiedliche Geschoßhöhen miteinander verknüpft sind. Und das mit einem Minimum an Raum: Da mußte zum Teil mit Rampenlösungen ausgeglichen werden, die Sichtbetonstiege ist überdies verhältnismäßig steil. Es war sehr wenig Platz. An ein Stiegenauge, an vielgeschoßigen Luftraum war unter diesen Umständen nicht zudenken.

Elsa Prochazka hat etwas entwickelt, was einen solche Zwänge vollständig übersehen läßt. Sie hat statt einer Brüstung eine Wand kreiert, die in Leichtbauweise errichtet und mit petrolfarben lasierten Platten verkleidet ist. Durch den signifikanten Zuschnitt – es gibt „ausgeschnittene“Durchsichten und „Oberlichten“, wo es einen geradezu weiterzieht, und die Beleuchtung ist überaus minuziös gesetzt – schafft es diese Wand, aus dem engen Treppenhaus, das allerdings lichtdurchflutet ist, weil es nach außen optimale Fensterflächen hat, einen Erlebnisraum zu machen.

Man kommt gar nicht auf die Idee, daß man hier durch ein – mit höchsten Brandschutzauflagen bedachtes – „Notstiegenhaus“ geht, es ist ein Raum, ein Baukörper, dessen Position und Außenansicht ein eigenständiges Statement darstellt.

Man muß überhaupt sagen: Elsa Prochazka hat für diesen Umbau eine Lösung und auch eine ästhetische Sprache entwickelt, die zwar eindeutig und selbstbewußt sind, die aber den nebenstehenden Banalbau nicht irgendwie „blamieren“.Nur en passant angemerkt: Möglicherweise läßt eine solche Haltung auch gewisse Rückschlüsse auf die Berechtigung jener angeblich kompromißlosen Zwanghaftigkeit der Selbstverwirklichung von Architekten zu, mit der man es immer wieder zu tun hat, wenn es um „anspruchsvolle“ Architektur geht.

Natürlich ist es so: Elsa Prochazka agiert kompromißlos. Aber auf einer anderen Ebene. Daß die Sache funktioniert, ist sowieso das oberste Gebot, aber daß sie sich sehen lassen kann, ist schlichtweg eine Folge davon. Aus dem Haus ist ein bemerkenswertes Bürogebäude geworden, aber nicht weil die Architektin geglaubt hat, eine neue Antwort auf das Thema Bürohaus zu erfinden.

Die Räume sind – eigentlich ganz konventionell – entlang der Fassaden organisiert, und in der Mittelzone wurden Nebennutzungen angesiedelt. Wie gesagt, solche zweihüftigen Lösungen sind durchaus üblich. Es kommt halt immer darauf an, was man daraus macht. Elsa Prochazka hat einen aufregenden Raum daraus gemacht. Sie hat für die Nebenfunktionen – von der Teeküche bis zum Besprechungsraum – Körper, Räume formuliert, die einen unglaublich spannenden Binnenraum entstehen lassen.

Denn diese Raumeinheiten stehen tatsächlich als einzelne Körper – oder Objekte – da. Und sie verleihen dem durchgehenden Geschoß eine Art Rhythmus. Sie geben den Takt an. Von den ganz einfach, aber sehr ansehnlich entworfenen Garderobenschränken für Besucher bis zu den – als Leichtkonstruktion in den Raum gestellten und beplankten – Raumeinheiten für Konferenzen. Dort herrscht übrigens die Farbe Türkis vor. Elsa Prochazka hat die simplen Sperrholzplatten also nicht einfach natur verwendet, sondern für einen gewissen „Kick “gesorgt.

Es ist wirklich höchst reizvoll, was aus diesem ausgeräumten Stahlbetonskelett, dieser auch zuvor schon mehrfach umgebauten Fünfziger-Jahre-Ruine letztlich geworden ist. Es ist ein lichtdurchflutetes Bürohaus, das atmosphärisch eine Großzügigkeit suggeriert, die sich flächenmäßig ganz gewiß nicht belegen läßt. Aber auf diesem Gebiet, man weiß es von den vielen anderen Arbeiten der Elsa Prochazka, ist sie ohne Zweifel eine Meisterin.

Wie man mit Innenräumen umgeht, was man daraus machen kann – es gibt wohl niemanden in Österreich, der das überzeugender, besser vorgeführt hätte. Bleibt das Thema der Haut. Und die Haut des Gebäudes am Wienerberg, überzeugt in ihrer subtilen Ausgetüfteltheit genauso wie zum Beispiel die Glasfassade des Schulzubaus, den Elsa Prochazka vor Jahren realisiert hat.

Es ist schon so: Gute Lösungen kommen nicht von ungefähr. Sie haben eine Vorgeschichte. Und Elsa Prochazka ist jemand, der diese Vorgeschichte nicht nur durchgestanden, sondern auch eine ganz eigene sprachliche Kraft daraus destilliert hat.

Es gibt nicht sehr viele Frauen in der Architektur, denen man Aufgaben einer großen Größenordnung zutrauen und wünschen würde. Wenn es eine gibt, dann ist es Elsa Prochazka.

02. Juli 1999Margit Ulama
Neue Zürcher Zeitung

Architektonische Schichtungen

(SUBTITLE) Zwei Bauten von Elsa Prochazka in Wien

Ähnlich wie in anderen Bereichen haben auch in der Architektur Frauen noch häufig einen schweren Stand. In diesem Umfeld verfolgt die Wiener Architektin Elsa Prochazka seit den späten siebziger Jahren einen konsequenten Weg. Dies wurde in den vergangenen Jahren anerkannt und mit Einladungen an die Architekturbiennale in Venedig belohnt.

Ähnlich wie in anderen Bereichen haben auch in der Architektur Frauen noch häufig einen schweren Stand. In diesem Umfeld verfolgt die Wiener Architektin Elsa Prochazka seit den späten siebziger Jahren einen konsequenten Weg. Dies wurde in den vergangenen Jahren anerkannt und mit Einladungen an die Architekturbiennale in Venedig belohnt.

Bereits zweimal war Elsa Prochazka auf der Architekturbiennale von Venedig vertreten: 1991 stellte die 51jährige Wiener Architektin im österreichischen Pavillon eine der «13 Austrian Positions» vor; 1996 repräsentierte sie eine der «Emerging voices». Die damals gezeigte Neugestaltung der Wiener Musikergedenkstätten stellt eine spezifische Version der Detailkultur der Stadt dar. Vom Beginn der neunziger Jahre stammt das museographische Konzept des Jüdischen Museums in Hohenems. Bei weiteren Installationen und Ausstellungsgestaltungen reflektierte die Architektin immer wieder das Thema der Präsentation. Die verschiedenen Entwürfe vexieren zwischen zurückhaltendem Minimalismus und eigenwilliger Expressivität. Das jüngste Beispiel in dieser Reihe von Arbeiten stellt die Ausgestaltung des im Vorjahr in Wien eröffneten Arnold-Schönberg-Centers dar. Parallel dazu entstand ein Büro- und Produktionsgebäude für Coca-Cola an der südlichen Stadtkante. Trotz den unterschiedlichen Massstäben kann man bei beiden Beispielen von der kalkulierten Umdeutung einer vorhandenen Bausubstanz sprechen.

Das Arnold-Schönberg-Center

Mit der Gründung des Arnold-Schönberg-Centers holte man den 1951 in Los Angeles verstorbenen Komponisten in seine Geburtsstadt zurück. Schönbergs gesamter Nachlass wurde von Kalifornien nach Wien transferiert, wo man einen Ort vielfältiger Aktivitäten schuf. Das dafür notwendige Engagement seitens der Politik wurde durch die Entscheidung für eine adäquate architektonische Gestaltung der Räumlichkeiten ergänzt. Diese befinden sich in einem neoklassizistischen Repräsentationsbau von Ernst von Gotthilf- Miscolczy und Alexander Neumann am Schwarzenbergplatz. Bei der Umgestaltung handelt es sich weniger um eine architektonische Interpretation des Themas; Prochazka schuf vielmehr eine der Funktion entsprechende Atmosphäre.

Auffällig sind in diesem Zusammenhang die beiden Foyers. Die Räumlichkeiten erstrecken sich über 1300 Quadratmeter und damit über das gesamte Geschoss des ungewöhnlichen dreiflügligen Baukörpers mit Innenhof. Von den beiden Treppenhäusern öffnen sich relativ schmale Gänge, die dennoch als repräsentative Empfangsräume fungieren sollten: einmal als Foyer für Ausstellungsbereich, Bibliothek, Medienraum, Handschriftensammlung und diverse Arbeitsräume, das andere Mal als feierliche Überleitung zum Veranstaltungsraum. Eine gekonnte Verwandlung der Raumatmosphäre gelang Prochazka durch die Einfügung von silbrig glänzenden, massiv wirkenden Wandelementen, die unmittelbar an weiss verputzte Flächen anschliessen. Integriert sind Türen, etwa jene zur Garderobe, die sich nahtlos schliessen lassen, aber auch eine indirekte Beleuchtung und Klappelemente, die während der Pausen schmale Ablageflächen bilden. Die Wandstücke vereinen somit die Idee des intelligenten Möbels mit einer raumdefinierenden Funktion im architektonischen Sinn. Auch an anderen Stellen verwandelt sich das Möbel in Architektur und umgekehrt.

Beim Schönberg-Center galt es, eine «Hybridnutzung» in einen Geschossbau zu integrieren. Zur Lösung dieser schwierigen Aufgabe situierte Prochazka die Funktionen mit besonderer Öffentlichkeit an den Eckpunkten; die Bibliothek liegt in einem ovalen Raum mit weitem Blick über den Schwarzenbergplatz, die Ausstellungsfläche bildet ein Rechteck, der Veranstaltungssaal eine ungewöhnliche V-förmige Konfiguration. Unterschiedliche Farben - Gelb, Grün und Blaugrau - visualisieren das Konzept. Für die Ausstellungen wurden nicht nur eigene Vitrinen geschaffen, sondern auch verschiebbare Wandelemente, die je nach den Erfordernissen offene Raumnischen bilden und die Fensterreihe abschliessen können. Beim technisch ausgeklügelten Konzertsaal in elegantem Blaugrau entsteht durch die V-Form eine unter den gegebenen Bedingungen erstaunliche räumliche Grosszügigkeit.

Auf Grund der belassenen Glastüren wird die Überlagerung einer etwas älteren mit einer jüngeren Schicht ablesbar. Die spezifischen Raumstimmungen entstehen durch die Verwendung von Halbfertigfabrikaten, und zwar im Sinne einer offenen, lebendigen Ästhetik. Ein gewisser Verfremdungseffekt der Materialien kommt zum Tragen. Den Arbeitsräumen verleihen braune MDF- Platten also einerseits eine «werkstattähnliche» Atmosphäre, farbig differenziert schaffen diese andererseits eine gehobene Stimmung.

Ein Umbau für Coca-Cola

Die architektonischen Lösungen entsprechen funktionalen Erfordernissen und entwickeln doch einen eigenen Ausdruck, der sowohl den zeitlichen als auch den örtlichen Kontext erkennen lässt. Um 1980 realisierte die Arbeitsgemeinschaft Werner Appelt, Eberhard Kneissl und Elsa Prochazka drei kirchliche Mehrzweckhallen, die heute als eigenwillige Bauten jener Zeit bereits etwas fremd wirken. Auch bei diesen experimentierten die Architekten mit der Überlagerung konträrer Schichten, handelsübliche Produkte wurden in einem neuen Zusammenhang mit unterschiedlichen Referenzen verwendet. Auf diese frühe Zeit mag Prochazkas Vorliebe für Halbfertigprodukte zurückgehen. Beim Umbau des Firmensitzes von Coca-Cola an der Triesterstrasse kommen ähnliche Materialien zum Einsatz wie beim Schönberg- Center, wieder überlagern sich Schichten, und wieder drückt sich Dekoratives aus.

Das Coca-Cola-Gebäude steht schräg vis-à-vis dem «Philipshaus» aus den frühen sechziger Jahren von Karl Schwanzer. Lange Zeit war dieser Bau das einzige, gleichzeitig prominente Zeichen an der südlichen Stadtausfahrt. Prochazka fand einen Kubus aus den sechziger und siebziger Jahren vor, der umgebaut und um ein Geschoss aufgestockt werden sollte. Unter der Prämisse eines engen gestalterischen Spielraumes wurde das Stahlbetonskelett erhalten, die einzelnen Büros reihen sich an der Fassade aneinander und umfassen eine offene innere Zone mit Nebenräumen und einem Besprechungsraum. Bei einer konventionellen inneren Konzeption verdichtet sich die Gestaltung in der äusseren Hülle. Prochazka splittete die Fenster, um den Anforderungen der heutigen Bildschirmarbeit gerecht zu werden. Die unregelmässige Anordnung der Öffnungen erzeugt verschattete Zonen. Müssen sie im mittleren Bereich dennoch abgedunkelt werden, bleiben Ausblicke im Fuss- und Deckenbereich erhalten.

Was im Inneren die Büroräume auflockert, erzeugt aussen ein Muster, das die Geschossteilungen verwischt. Prochazka spricht vom «computergenerierten digital-pattern» der Alu-Paneelfassade, das heisst, unterschiedliche Möglichkeiten der Fensteranordnung wurden am Computer durchgespielt. Der so produzierte Eindruck des Dekorativen variiert nicht nur ein Thema anderer Arbeiten, etwa die wie zufällig verteilten Erker beim Wohnbau der «Frauen-Werk-Stadt» jenseits der Donau. Die Textur der Aussenhaut antwortet gewissermassen auch auf die vorgehängten, tief eingedrückten Elemente des unmittelbar angrenzenden Baus von Coca-Cola. Doch das neu fertiggestellte Gebäude betont im Gegensatz dazu die bündige Fläche als Folie für das «pattern» der Fenster. Vergleichbares beobachtet man bei jüngeren Bauten der Grazer Architekten Florian Riegler und Roger Riewe, und Herzog & de Meuron legten erst jüngst in Eberswalde den glatten Kubus ihrer ornamentalen Fassadengestaltung zugrunde. Die strenge Reduktion auf ein einfaches Volumen wird konterkariert. Prochazka schuf jedoch keinen perfekten Körper. Der unverändert belassene Waschbetonsockel visualisiert wiederum das Thema der Schichtung.

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