Details

Adresse
Dr.-Neumann-Gasse 7, 1230 Wien, Österreich
Architektur
Ernst A. Plischke
Bauherrschaft
Stadt Wien
Fotografie
Manfred Seidl
Ausführung
1930 - 1932

Archfoto

Genereller introtext zu Archfoto der von nextroom geschrieben wird.

Presseschau

03. Dezember 1997Gert Walden
Der Standard

Meisterwerk der Moderne von privatem Unternehmen gerettet

Immobilien-Developer, die Verantwortung gegenüber der gebauten Umwelt und der kulturellen Vergangenheit zeigen, zählen zu den ganz seltenen Beispielen...

Immobilien-Developer, die Verantwortung gegenüber der gebauten Umwelt und der kulturellen Vergangenheit zeigen, zählen zu den ganz seltenen Beispielen...

Immobilien-Developer, die Verantwortung gegenüber der gebauten Umwelt und der kulturellen Vergangenheit zeigen, zählen zu den ganz seltenen Beispielen des freien Unternehmertums. Die Wiener „Stadterneuerungs-und Eigentumswohnungs-Ges.m.b.H. (SEG) erfüllt diesen Auftrag: Sie hat das denkmalgeschützte Arbeitsamt von Ernst Anton Plischke in Liesing aus dem Jahr 1930 für 7,5 Mio.S von der Bundesimmobiliengesellschaft erworben und vom Plischke-Schüler Hermann Czech um einen Betrag von rund 16 Mio.S restaurieren lassen.

Ganz ohne finanzielle Hilfe der Gemeinde Wien ist aber die Rettung des Arbeitsamtes auch nicht möglich, weil sonst die SEG über 40.000 S für den Quadratmeter Bruttogeschoßfläche (insgesamt: 501 Quadratmeter) zahlen hätte müssen. Außerdem mildert die Wohnbauwidmung des Restgrundstücks den finanziellen Mehraufwand. Wohnungen nach den Plänen des Architekturbüros Groh&Partner werden dort errichtet werden. Ernst Anton Plischkes Arbeitsamt, das im Erdgeschoß künftig eine Büroeinheit mit 335 Quadratmetern und zwei Wohnungen mit jeweils 66,5 und 99 Quadratmetern aufnehmen soll, zählt zu den wenigen Beispielen der Moderne im Wien der Zwischenkriegszeit. Es wurde als einziges österreichisches Gebäude in Alberto Sartoris’ Standardwerk „Gli elementi dell’ architettura funzionale“ 1935 publiziert. Das NS-Regime in seiner Aggression gegen die Moderne hat dann das Arbeitsamt weitgehend verändert, die 2.Republik ließ das Haus verfallen.

Der sorgfältigen Arbeit Hermann Czechs und dem beträchtlichen finanziellen Aufwand der SEG ist es nun zu verdanken, daß dieses Meisterwerk von Plischke wieder in seiner ursprünglichen Konzeption wahrnehmbar wird. Und da gibt es einige Überraschungen, die wieder beweisen, daß die Rezeption von Architektur durch das fotografische Bild gegenüber dem tatsächlichen Augenschein verfremden kann, weil wichtige Momente ausgeblendet oder überbetont werden.

Der hohe Abstraktionsgrad, wie ihn die historischen Aufnahmen – Bild links oben – vermitteln, wird beim restaurierten Gebäude konfrontiert mit der Materialwirkung der Faserzementplatten an der Straßenfassade und den blauen Fensterrahmen im gesamten Haus. Besonders im berühmten Treppenhaus, das mit seiner Transparenz als Synonym für die Öffnung der staatlichen Institutionen gelten sollte, ist der Dialog von Material und Konstruktion deutlich. Ebenfall neu müssen die Proportionen der Innenräume gesehen werden. Im Gegensatz zu den alten Fotografien sind die Verhältnisse zwischen Höhe, Breite und Länge etwas gedrückter, was aber der Wirkung der mit Glasplatten kassettierten und von oben belichteten Decke im Zentralraum des Hauses keinen Abbruch tut.

Für einen künftigen Büronutzer des Erdgeschoßes hat Hermann Czech zusätzlich rotgerahmte, tiefe Fenster in die pavillonähnlich anliegenden Räume eingefügt. Diese notwendige Intervention steht zwar für sich selbst, unterstreicht aber gleichzeitig die nun freigestellten Trägerelemente der Stahlskelettbauweise, die Ernst Anton Plischke hier verwendet hat, um eine möglichst große Transparenz des Hauses zu erreichen.

16. April 1997Gert Walden
Der Standard

Wohnen und Arbeiten im Juwel der Moderne

Jahrelang verfiel das Arbeitsamt in Liesing unter den Händen des Wirtschaftsministeriums. Einer Privatinitiative ist es nun zu verdanken, daß dieses seltene Beispiel der Moderne in Österreich gerettet wird.

Jahrelang verfiel das Arbeitsamt in Liesing unter den Händen des Wirtschaftsministeriums. Einer Privatinitiative ist es nun zu verdanken, daß dieses seltene Beispiel der Moderne in Österreich gerettet wird.

Die Wiener „Stadterneuerungs- und Eigentumsges.m.b.H.“ (SEG) konnte das Gebäude von Ernst Anton Plischke (1903-1992) aus dem Fundus der Bundesimmobiliengesellschaft für 7,5 Mio.S ersteigern und läßt es von Architekt Hermann Czech mit dem beträchtlichen Aufwand von 16 Mio. S restaurieren. Dafür entstehen eine Büroeinheit mit 335 Quadratmetern und zwei Wohnung mit je 66,5 Quadratmetern und 99 Quadratmetern Fläche.

Ökonomisch betrachtet ist das Unternehmen der SEG eine Liebhaberei, denn die Auflagen des Denkmalschutzes und die periphere Lage gestalten die Verwertung schwierig. Für alle jene, die eine kulturelle Verantwortlichkeit von Immobilien-Developern einfordern, dient das Projekt der Rettung eines Gebäudes, das die spezifischen Qualitäten der österreichischen Moderne vermittelt.

Ernst Anton Plischkes Werk muß im Rahmen der funktionalistischen Architektur gesehen werden. Der pädagogische Anspruch wird eingefordert und baulich mit einer transparenten Hülle als Synonym für Öffnung der staatlichen Behörde umgesetzt. Materielle Grundlage für diese Programmatik ist die Konstruktion in Stahlbeton-Skelettbauweise. Ihre Trägerelemente bestimmen die räumliche Disposition und sind Haltepunkte für großzügige Fensterflächen, die den funktionalen Ablauf im Haus sichtbar machen.

Aber die Architektur des Arbeitsamtes vermochte noch mehr zu leisten als die proklamierte Änderung von Arbeitsbedingungen. Die Funktion des Gebäudes transzendierte mit seinen ausgefeilten Proportionen zur reinen Form, die in ihrem bestimmten Minimalismus Bescheidenheit und Selbstbewußtsein der Architektur erklärte. Die Verbindung von Transparenz und Demokratie wurde vom NS-Regime sehr wohl verstanden und daher ein Mitschüler Plischkes beauftragt, diesen „Mißstand“ mittels einer dichten Verpackung der filigranen Konstruktionen zu ändern. Die 2.Republik ignorierte schließlich das Gebäude.

Plischkes Schüler Hermann Czech plant nun an der Restaurierung der Hauses in der Neumanngasse. Die Konstruktion wird freigelegt und erneuert, spätere Zubauten müssen abgerissen werden. Neu ist auch der Verwendungszweck. Die SEG will hier ein zusammenhängendes Büro im pavillonähnlich strukturierten Erdgeschoß anbieten. Hier wird auch der nach außen hin sichtbarste Eingriff Czechs erfolgen, denn die Fenster der ehemaligen Warteräume müssen durch tieferliegende Öffnungen ergänzt werden, um eine direkte Belichtung der neuen Arbeitsplätze zu ermöglichen. Architektonisch betrachtet erhält die abstrakte Hülle Plischkes damit stark physiognomisch wirkende Details.

Pragmatischer – auf Grund der Bauvorschriften – sind die Änderungen in der Verglasung. Im Erdgeschoß sind Isolierglasscheiben vorgesehen, im Obergeschoß kommen wieder die Einfachverglasungen für den unbeheizten Korridor. Die Präzision der Restaurierung, die im Dezember abgeschlossen wird, läßt hoffen, daß ein Meisterwerk der Moderne wiederersteht. Ein künftiger Büromieter kann mit der Umwegrentabilität für das Marketing seines Unternehmens rechnen.

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