Pläne

Details

Adresse
Kleingartensiedlung Nusime, 4400 Steyr, Österreich
Bauherrschaft
Alfred Hertl
Fotografie
Paul Ott
Weitere Konsulent:innen
Elektro + HLS: Bogner
Planung
2004
Ausführung
2004 - 2005
Grundstücksfläche
267 m²
Nutzfläche
45 m²
Bebaute Fläche
32 m²
Baukosten
130.000,- EUR

Ausführende Firmen

Holzbau Bruckner (Tel: 07475-53010), Baumeister Mayr Bau (Tel: 07252-715), Glas Hayek (Tel: 07252-73625), Fenster Bittermann (Tel: 07252-53219, Elektro + HLS Bogner (Tel: 07252-45464), Böden Divinzenz (Tel: 07472-63222)

Preise und Auszeichnungen

Publikationen

Presseschau

31. März 2007Isabella Marboe
Der Standard

Onkel Freds Hütte

In einer Kleingartensiedlung am Rande von Steyr plante Architekt Gernot Hertl seinem Onkel Fred ein kleines Passivhaus. Hier findet der Segler und Weltreisende auf engstem Raum alles, was es braucht, um auch in der Heimat jederzeit vor Anker gehen zu können.

In einer Kleingartensiedlung am Rande von Steyr plante Architekt Gernot Hertl seinem Onkel Fred ein kleines Passivhaus. Hier findet der Segler und Weltreisende auf engstem Raum alles, was es braucht, um auch in der Heimat jederzeit vor Anker gehen zu können.

Onkel Fred ist ein Wanderer zwischen den Welten. Beruflich pendelt er zwischen Asien und Europa, privat segelt er leidenschaftlich gern übers Meer. Am wohlsten fühlt er sich in Bootskajüten und in japanischen Hotels, die auf engstem Raum alles Nötige bieten. „Onkel Fred lebt am liebsten in kleinen, gut geplanten Zimmern“, sagt Architekt Gernot Hertl. Er muss es wissen, denn er ist sein Neffe.

Onkel Fred ist Geschäftsmann, kalkuliert scharf, denkt praktisch und liebt den Überblick. Oft macht er in Steyr Station. Doch Hotel und Mietwohnung waren ihm auf Dauer zu teuer, seine Sehnsucht nach Garten konnten sie auch nicht stillen. Weit günstiger und besser schien ihm da ein kleines Passivhaus im Grünen, das in seiner Anwesenheit nur minimale, in seiner Abwesenheit jedoch gar keine Betriebskosten verursachte. Frei von überflüssigem Ballast wollte er auf Heimaterde in perfekt organisierten Räumen vor Anker gehen. Der bauherrliche Anspruch unterbot gängige Wohnstandards, auf einem Pachtgrund im Kleingarten ließ er sich erfüllen.

Fein säuberlich reihen sich gleich große Parzellen an die Straße. Auf jeder steht ein Häuschen, meist aus Holz, immer maximal 35 Quadratmeter groß, kein First über 4,25 Meter Höhe. Mehr erlaubt die Vereinsordnung nicht. Onkel Fred war's recht, Gernot Hertl kam jedoch ordentlich ins Tüfteln: „Bei so einem kleinen Haus ist der Passivhausstandard katastrophal. Das Verhältnis von Nutzfläche zu Außenhülle ist sehr ungünstig, die extreme Dämmstärke schränkt ein.“ Mit 37 Zentimeter Stärke blieb die Wand im Rahmen. Raffiniert hoch und quer geschraubte Fichtenlatten verleihen ihr einen dezenten silbergrauen Schimmer.

Japan im Kleingarten

Onkel Freds Hütte ist eine veredelte Kreuzung aus japanischer Lebensart und heimischer Bautradition. Das sattelbedachte Haus steht in einer Dichtbetonwanne, die sich in die Gartenerde senkt und dem Wohnraum im Süden einen exklusiven Vorhof schenkt. Dieser Kunstgriff ermöglicht es, unterm First zwei Ebenen unterschiedlicher Atmosphäre zu kreieren, weder Regenrinne noch Vordach stören den Archetypus Haus. Unter der breiten Holzfront, die schattig übers Sonnenfenster ragt, ruht Onkel Fred unter der leichten Dachschräge. Drei breite Stufen führen aufs Schlafpodest mit Schrankwand, unter einem zarten Oberlichtschlitz ist sogar noch eine Wanne integriert. „Das obere Geschoß ist extrem introvertiert, das untere dafür sehr weit. Der kleine Raum braucht das kontrastreiche Raumempfinden“, sagt Gernot Hertl, es sei spannend, jeden Quadratzentimeter zu nutzen.

Zwei Miniatur-Freitreppen schaffen der Tür im Osten einen abgesenkten Vorplatz. Das Treppenmöbel dahinter, in dem Kühlschrank, Weinregal und erstaunliches Staupotenzial steckt, ist gleichzeitig Raumteiler für die Hüttenkombüse. Für Wärmetauscher und kontrollierte Wohnraumlüftung, die Maximalkomfort zu minimalen Kosten bieten, reicht eine kleine Nische. Aus der Dusche erspäht man die Couch auf dem Bambusboden im Wohnraum. Auffällig ist das eingelassene Bodenmaß der japanischen Tatami- matten, die erst im Hof enden. Wenn Onkel Fred am Holztisch tafelt, sitzt er gleichsam im Garten. Ein japanisches Detail am Rande: eine schwarz lackierte Bestecklade in der Tischplatte. „Es ist ideal. Ich kann sogar meinen eigenen Schnittlauch ansetzen.“

15. April 2006Anne Isopp
Der Standard

Dem Nachbarn so nah

Seit Schrebergärten in Wien ganzjährig bewohnt werden dürfen, entstehen immer mehr von Architekten geplante Kleingartenwohnhäuser. Auch in anderen Städten finden Bauherren Geschmack am Minihaus aus Architektenhand. Schönes Beispiel: Onkel Freds Hütte in Steyr.

Seit Schrebergärten in Wien ganzjährig bewohnt werden dürfen, entstehen immer mehr von Architekten geplante Kleingartenwohnhäuser. Auch in anderen Städten finden Bauherren Geschmack am Minihaus aus Architektenhand. Schönes Beispiel: Onkel Freds Hütte in Steyr.

So sieht Luxus aus: In einem eigenen Haus mit Garten wohnen, viel Grün drum herum und eine U-Bahn-Station in der Nähe. Die Vor- und Nachteile von Stadt und Land gegeneinander abzuwägen - das steht für viele, spätestens wenn Kinder da sind, auf dem Programm. Die Wiener Kleingärten bieten hier einen guten Kompromiss: Die 32.000 Schrebergärten, die es in Wien gibt, bilden einen grünen Gürtel um die Stadt. Sie sind zentral gelegen und haben gleichzeitig etwas von einer ländlichen Idylle. Von der einen oder anderen Parzelle hat man zudem einen herrlichen Blick auf die Stadt. Seit in Wien das ganzjährige Wohnen in diesen Oasen erlaubt ist, haben viele das Sommerhaus zu ihrer Dauerresidenz gemacht: Bereits mehr als 20.000 Kleingärten wurden für ganzjähriges Wohnen umgewidmet.

Um die Umwidmung müssen sich die Siedlungen kümmern - Voraussetzung sind Infrastrukturmaßnahmen wie Kanalanschluss und Winterwasserleitung. Aber auch dann gelten einschränkende Baubestimmungen. Laut Wiener Kleingartengesetz dürfen die in Kleingärten errichteten Gebäude 50 Quadratmeter Grundfläche, eine durchschnittliche Fassadenhöhe von 5,5 Metern und eine Kubatur von 250 Kubikmetern nicht überschreiten. Das sind zumindest 15 Quadratmeter mehr als zu Zeiten der reinen Sommernutzung.

Enges Planungskorsett

Immer mehr der neu errichteten Objekte beruhen dabei auf Architektenplanungen. Vor allem junge Architekten nehmen sich dieser ungewöhnlichen Bauaufgabe an. Die strengen Auflagen scheinen ihre Fantasie zu beflügeln: Innerhalb des engen Korsetts entwickeln sie raffinierte Raumlösungen.

Ist ein Haus fertig gestellt, kommen oft Folgeaufträge. Denn zum einen sind die Bauaktivitäten seit der Novellierung des Kleingartengesetzes enorm. Zum anderen gilt im Schrebergarten nach wie vor: Es wird genau beobachtet, was in der Nachbarschaft passiert.

„In der Kleingartensiedlung ist alles sehr nah“, weiß auch Architekt Gernot Hertl. Deshalb habe er bei dem von ihm geplanten Kleingartenhaus in Steyr die Ausblicke sehr genau gewählt. „Onkel Freds Hütte“ ist ein Holzhaus mit nur wenigen Öffnungen. Der Namen kommt nicht von ungefähr: Der Bauherr ist wirklich der Onkel des Architekten, und der Bau hat in seiner Kompaktheit und Materialität auch etwas von einer Hütte.

Der Unterschied zu Wiener Kleingärten: Das Haus darf nicht als Hauptwohnsitz genutzt werden und die bebaute Fläche 35 Quadratmeter nicht überschreiten. Dazu kam, dass der Bauherr ein Passivhaus wünschte, was dickere Wandstärken mit sich brachte und die Nutzfläche schrumpfte.

„In Japan hat ein Hotelzimmer zehn Quadratmeter inklusive Badezimmer“, erzählt Alfred Hertl, der Herr der Hütte. Etwa die Hälfte des Jahres ist er beruflich im asiatischen Raum unterwegs und das Leben auf kleinstem Raum gewöhnt. Zudem ist Minimalismus für ihn eine Form der Lebenseinstellung.

Wohnen in der Wanne

Das Haus ist in eine Wanne aus Beton gestellt, die um 1,2 Meter in den Boden versenkt wurde. „Sie dient dazu, den imaginären Wohnraum zu vergrößern“, sagt Gernot Hertl. Der Wohnraum definiert sich nicht über die Gebäudehülle, sondern über die Wanne, die den Terrassenbereich räumlich mit einfasst. Über eine Treppe läuft diese in den eigentlichen Garten aus.

Ein weiterer Kunstgriff des Architekten, jede Form der Einengung zu vermeiden, ist die Decke im Wohnraum, die vor der Glasfassade nach oben verspringt und damit den Ausblick vergrößert. Eine Treppe im Inneren verbindet die beiden Geschoße und trennt zugleich die rückwärtig liegende Küche und das Bad vom Wohn- und Schlafraum ab.

Da Hertl die Parzelle nur gepachtet hat, kann man das Haus aus Holzfertigteilwänden bei Bedarf leicht wieder abbauen. Vorerst aber genießt der Bauherr im Sommer sein Gartenreich und im Winter die ihn umgebende Ruhe.

In Wien ist die Winterruhe in den Schrebergärten längst passé: Immer weniger Siedler nutzen ihre Grundstücke lediglich in den Sommermonaten. Und da man die Parzellen, sobald sie umgewidmet sind, käuflich erwerben kann, ist auch das Miteinander, das vorher durch die Vereinszugehörigkeit geprägt war, ein weniger enges.

9 | 8 | 7 | 5 | 6 | 4 | 3 | 2 | 1