Pläne

Details

Adresse
Alxingergasse 78, 1100 Wien, Österreich
Mitarbeit Architektur
Ronald Mikolics, Maria Kirchweger, Marie-Theres Holler, Michael Werner; Ivan Zdenkovic (CAD-Visualisierung)
Bauherrschaft
WBV-GPA
Tragwerksplanung
FCP
Funktion
Wohnbauten
Planung
2002 - 2003
Ausführung
2003 - 2004
Grundstücksfläche
231 m²
Bruttogeschossfläche
1.562 m²
Nutzfläche
1.034 m²
Bebaute Fläche
230 m²
Umbauter Raum
5.100 m³
Baukosten
1,4 Mio EUR

Ausführende Firmen

Generalunternehmer: Universale Bau GmbH & Co KG, Wien (A)
Metall-Aussenwand-Systemlieferant: Domico, Vöcklamarkt
Metall-Aussenwand, Montage: ThyssenKrupp Systembau Austria, Wien
Fenster: Walch Fenster-Systeme, Nüziders/Vbg. (Velfac-Fenster)
Verglasungen: Strussnig, Einöde bei Villach

Presseschau

27. August 2005Christian Kühn
Spectrum

Blechblitz im Kalkputz

Wenn in hundert Jahren von der Kalkputzstadt Wien nur Reste übrig sind, werden Wohnbau-Projekte wie die von Artec und Geiswinkler & Geiswinkler als Kristallisationskerne eines neuen städtischen Gewebes gewirkt haben.

Wenn in hundert Jahren von der Kalkputzstadt Wien nur Reste übrig sind, werden Wohnbau-Projekte wie die von Artec und Geiswinkler & Geiswinkler als Kristallisationskerne eines neuen städtischen Gewebes gewirkt haben.

Das Gebiet zwischen Triester Straße und Laxenburger Straße in Favoriten, dem zehnten Wiener Gemeindebezirk, ist eines der typischen Stadterweiterungsgebiete, wie sie im späten 19. Jahrhundert außerhalb des Gürtels entstanden. Während die Fassaden mit dicken Schichten aus Putz und Ornament ein gutbürgerliches Gesicht zeigten, verriet der Stadtgrundriss seine Bestimmung als Paradies für Spekulanten: Ein rechtwinkliger Blockraster mit dichtester Bebauung, in dem nur ab und zu ein „Beserlpark“ - wie die Wiener diese Aussparungen im Raster nennen - für etwas Grün sorgt.

Die Haltung der Stadtplanung zu solchen Gebieten hat sich in Wien seit den 1960er-Jahren radikal geändert. Anstelle von Flächensanierungen, also dem Abriss und Neubau von möglichst großen, zusammenhängenden Arealen, wurde die „Sanfte Stadterneuerung“ durch Sanierung des Bestands in den 1970er-Jahren zur dominierenden Doktrin. Sie bezog sich ursprünglich auf den Umgang mit historisch „wertvollen“ Gebieten, wie er im Wiener Schutzzonengesetz aus dem Jahr 1972 geregelt wurde. 1978 räumte Bürgermeister Leopold Gratz in seiner Regierungserklärung dieser Art der Stadtentwicklung grundsätzlich Priorität vor Stadterweiterung und Flächensanierung ein. Zu diesem Zeitpunkt hatte sich mit dem „Planquadrat“ im vierten Bezirk bereits ein Pilotprojekt der „Sanften Stadterneuerung“ etabliert, und der Wiener ÖVP-Chef Erhard Busek hatte gezeigt, dass man mit dem Thema politisch gegen die Bagger-Fraktion punkten konnte.

„Sanfte Stadterneuerung“ beschränkt sich aber nicht auf eine Sanierung des Bestands. Gerade in Gebieten mit schlechter Bausubstanz und längst aller gründerzeitlicher Verzierungen beraubten Fassaden müssen Impulse von Neubauten ausgehen, die versuchen, das Wohnen in der Stadt zeitgemäß zu definieren. Urbanität, also „städtisches Lebensgefühl“, braucht neben einer hohen Dichte auch Faktoren wie Theatralik und Hybridität: Die Stadt lebt von der Koexistenz unterschiedlicher Lebensentwürfe, die sich im Stadtraum ausdrücken und in ihrer gegenseitigen Überlagerung den spezifischen Rhythmus einer Stadt bilden. Die hoch spekulativen gründerzeitlichen Erweiterungsgebiete außerhalb des Gürtels konnten über ihre differenzierten Fassaden nur einen Anschein davon vermitteln. Für eine zeitgemäße Urbanität braucht es hier gezielte Irritationen, die jenseits der Reparatur des Bestehenden ein neues städtisches Gewebe knüpfen.

Eine erstaunliche Häufung von in dieser Hinsicht ambitionierten Wohnbauten findet sich in Favoriten in den Baublöcken um den Paltramplatz, einen typischen „Beserlpark“ zwischen der Siccardsburg- und der Van-der-Nüll-Gasse. Die guten Geister der beiden in den Straßennamen verewigten Architekten der Wiener Oper haben offensichtlich gewirkt: Zu den viel publizierten Wohnbauten von Delugan-Meissl direkt am Paltramplatz und von Patrizia Zacek in der Siccardsburggasse aus den Jahren 2002 und 2003 sind heuer in der Alxingergasse zwei neue Nachbarn hinzugekommen. An der Ecke zur Hardtmuthgasse haben die Architekten Geiswinkler und Geiswinkler für den Bauträger „Neues Leben“ geplant, schräg gegenüber findet sich eine Baulückenverbauung von Artec für die Wohnbauvereinigung für Privatangestellte, GPA.

Geiswinkler und Geiswinkler beweisen, dass sich das Prinzip der „gestapelten Einfamilienhäuser“ auch in diesem Umfeld erfolgreich realisieren lässt. Die Wohnungen sind zweigeschoßig angelegt und verfügen jeweils über einen raffiniert angelegten Freibereich, der aus einer kleinen Terrasse, einem Stück Wiese und einem „Vertikalgarten“ besteht und einen Puffer zwischen der Wohnung und dem Straßenraum bildet. Einblick in diesen Freibereich ist immer nur von Räumen der eigenen Wohnung aus möglich. Das Konzept ergibt für die Wohnräume eine erstaunliche Balance aus Öffnung und Intimität, die sich noch steigern wird, wenn die fünf Meter hohen Rankgerüste der seitlichen Loggienwände bewachsen sind. Die oft von Bauträgern geäußerte Behauptung, dass Bewohner in der dicht verbauten Stadt keine Loggien und Balkone wünschen, weil man diese nicht nutzen könne, wird hier eindrucksvoll widerlegt.

Voraussetzung ist die Bereitschaft des Bauträgers, aus seinem Grundstück nicht das Maximum an Nutzfläche herauszupressen, sondern Raum für eine begrünte Zwischenzone zu lassen. Dass sich auf dem Dach zusätzlich ein gemeinsam zu nutzender Dachgarten mit schönem Blick über Wien findet, ist ein geradezu luxuriöses Extra. Ähnlich großzügig ist der Bauherr mit dem Erdgeschoß verfahren. Statt hier noch ein - in diesem Viertel sowieso kaum vermietbares - Geschäftslokal oder eine schlecht belichtete Wohnung vorsehen zu müssen, durften die Architekten beim Eingang viel Straßenraum ins Haus ziehen und im Erdgeschoß einen großen Gemeinschaftsraum anlegen, der sich zu einem Hofgarten öffnet.

Auch im Wohnbau von Artec wird das Verhältnis zwischen Straßenraum und Gebäude neu ausgelotet. Die Baulücke liegt im Gefälle an der Schnittstelle zwischen zwei Bauklassen mit unterschiedlicher Bauhöhe. Der Entwurf löst den kompakten Block in eine rhythmisch gegliederte Anordnung von vor- und zurückspringenden Kuben auf. Durch diese Staffelung erhält einerseits der Straßenraum mehr Licht, andererseits entstehen bereits ab dem vierten Obergeschoß großzügige Dachterrassen. Die Wohnungen im ersten und zweiten Geschoß teilen sich einen vorspringenden Baukörper mit Fenstern, die einen Blick in die Tiefe des Straßenraums erlauben. Die Erdgeschoßwohnungen haben entsprechend dem Gefälle bis zu vier Meter Raumhöhe und hofseitige Gärten.

Die Gebäudehülle wird von einer hinterlüfteten Leichtwand gebildet, die aus Stahlkassetten mit Wärmedämmung besteht und zur Straße hin mit Platten aus Titanzink und raumseitig mit Sperrholz verkleidet ist. Die Fenster sind spezielle Holz-Aluminium-Konstruktionen. In der Material- und Farbwahl - besonders hervorzuheben: das glänzend rot gestrichene Treppenhaus, das im Straßenraum hervorblitzt - ist das Projekt typisch für die räumliche Choreografie von Artec: plötzliche Materialwechsel, unvermitteltes Aneinanderstoßen von Raumschichten und im Inneren eine Kombination aus kräftigen Farben und Texturen.

Beide Projekte sind beispielhaft für das exzellente Niveau, das der geförderte Wohnbau in Wien in konzeptioneller, formaler und technischer Hinsicht erreichen kann. Dass man im frei finanzierten Bereich (zu höheren Kosten) kaum Vergleichbares findet, ist ein Indiz dafür, dass die Regulierungssysteme der öffentlichen Hand im Interesse der Nutzer, aber auch im Sinne der Stadtentwicklung funktionieren: Wenn von der Kalkputzstadt Wien in 100 Jahren nur noch Reste übrig sind, werden Projekte wie diese als Kristallisationskerne des neuen städtischen Gewebes gewirkt haben.



verknüpfte Bauwerke
Wohnhaus Alxingergasse

29. Januar 2005Isabella Marboe
Der Standard

Feinfacettiertes Wohnjuwel in Favoriten

Die edle Titanzinkblechfassade des von ARTEC geplanten, neuen sozialen Wohnbaus in der Alxingergasse sorgt für Glanz im grauen Gründerzeitblock. In exzellenter Ausführungsqualität realisierte Bauträger GPA die Hausskulptur, die mit Dachterrassen und Gärten, innenraumweitenden, geschlossenen Loggien und rot lackiertem Stiegenhaus höchste Qualität bietet.

Die edle Titanzinkblechfassade des von ARTEC geplanten, neuen sozialen Wohnbaus in der Alxingergasse sorgt für Glanz im grauen Gründerzeitblock. In exzellenter Ausführungsqualität realisierte Bauträger GPA die Hausskulptur, die mit Dachterrassen und Gärten, innenraumweitenden, geschlossenen Loggien und rot lackiertem Stiegenhaus höchste Qualität bietet.

Im Zug innerstädtischer Verdichtung mausert sich der klassische Arbeiter-und Industriebezirk Favoriten im Schatten der Wienerberger Ziegeleien zum Architekturparcours. Zunehmend werden baufällige, niedere Häuser im Gründerzeitblockraster durch moderne, ambitionierte soziale Wohnbauten ersetzt. In gehäufter Form senden sie rund um den Paltramplatz schon das deutliche Signal einer neuen, besseren Wohnära in die Stadtlandschaft.

Mit Glanz füllten ARTEC ihre Lücke in der Alxingergasse 78, schon von weitem strahlt die lichtreflektierende Titanzinkblechfassade aus dem grauen, rigiden Blockraster. Um 70 Zentimeter fällt die Straße von Süden nach Norden, ebenso springt die Bauklasse von IV auf III. Passgenau meißelten die Architekten ein skulpturales Wohnhaus aus der zulässigen Kubatur. Hochelegant meistert der aus zwei versetzten Ecktürmen und überm Erdgeschoss schwebenden, geschlossenen Loggien differenziert gestaltete Baukörper die Höhendifferenz. Die dachterrassenbekrönten, vorspringenden Bauteile schaffen den oberen Wohnungen privaten Freiraum zu Straße im Osten oder Hof im Westen. Die lebensqualitätsbessernde Baukörperplastik macht keinen Unterschied zwischen Schau-und Rückseite, sie zeigt sich zum Hof ebenso vornehm wie zur Straße. Plan sitzen die skandinavischen Fenster mit dem zarten Aluprofil, die sich zum Putzen nach außen wenden lassen, in der Fassade. Die 60 Zentimeter breiten Blechbahnen wirken wie Platten, die Witterung wird dem glatten Silberpanzer Alterswürde geben.

Alterswürde geben. Die Ausführungsqualität, in der Bauträger GPA das Haus durchgehend präzise realisierte, ist im sozialen Wiener Wohnbau exzeptionell. In den unteren zwei Regelgeschossen erweitern die Loggien der Ost-West-belichteten, durchgesteckten Einheiten den Wohnraum um luxuriöses Mehr: ihre verglaste Schmalseite schenkt Weitblick und lässt zusätzlich Süd- oder Nordlicht einfallen. Das Haus ist ein Skelettbau, die Außenwände eine hinterlüftete Leichtbaukonstruktion. Innen mit hellem Sperrholz verkleidet, scheinen sie aus dem Ahornboden zu wachsen, hinter Holzfensterstöcken verschwinden die Alurahmen, optimal entfaltet sich die Panoramawirkung der Hof- Himmel-Dach-oder Straßenperspektiven. Sie unterscheiden sich in jeder Einheit, den hofseitigen Garconnieren schafft die Holzwand mit Grünblick exquisite Atmosphäre, Ahornschiebetüren auf 35 Quadratmeter flexibel nutzbare Weite.

Dem Entree bringt die Loggia gedeckten Straßenraum, subtil variiert das Zweischeibenglas der Tür das Thema der Plastizität, fröhlich leuchtet das an Boden, Wänden und Decke rot lackierte Stiegenhaus nach außen. Metallbrüstung, Sichtbetontreppen und Kellerbeleuchtung verstärken die Wirkung. Optimal nutzten ARTEC die 70 Zentimeter im Hang: Doppelt gestapelt stehen die Autos in der Garage, eine Hebebühne hievt sie auf die Zufahrt am tiefen Nordende. Darüber thront hoch überm Trottoir die Glasfront von Büro oder Praxis der Erdgeschosswohnung. Sie hat zwei Eingänge, privat lebt man am Splitlevel mit Garten. Schwungvoll führt die Metallbrüstung im Foyer zur Tür der zweiten, hoforientierten ebenerdigen Einheit mit japanisch anmutendem, sichtbetonummauertem Garten, in der Schönheit des Verfalls ragen davor Feuermauerziegel hoch. Galerie mit Sichtbetontreppe, Holzbrüstung und fünf Meter Höhe entfalten Loos’sche- Raumplanqualität, die im roten Stiegenhausluftraum Spuren hinterlässt. Die krönende Dachmaisonette hat Ost-und Westterrasse, bauordnungsbedingt mündet sie straßenseitig in ein schräges Oberlicht, zwei Stufen führen zum Bad überm Lift. Wie alle Nassräume ist es raumhoch verfliest. Eines vieler außergewöhnlicher Details, die dieses Wohnjuwel fein facettieren.

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