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Presseschau

26. Oktober 2004ORF.at

Die Antwort auf Flick

(SUBTITLE) Sammlung Frieder Burda: Zukunftsweisendes Privatmusem

Ein privat finanziertes Museum mitten in der deutschen Provinz ist auf dem besten Weg dazu, den Kunsttempeln in den Großstädten den Rang abzulaufen.

Bereits...

Ein privat finanziertes Museum mitten in der deutschen Provinz ist auf dem besten Weg dazu, den Kunsttempeln in den Großstädten den Rang abzulaufen.

Bereits...

Ein privat finanziertes Museum mitten in der deutschen Provinz ist auf dem besten Weg dazu, den Kunsttempeln in den Großstädten den Rang abzulaufen.

Bereits 9600 Besucher

Der Unternehmer und Kunstsammler Frieder Burda hat der 50.000-Einwohner-Stadt Baden-Baden am Fuße des Schwarzwaldes einen Prachtbau spendiert, in dem er seine seit 30 Jahren gewachsene, international bedeutsame Privatsammlung zeigt.

Für die Besucher des neuen Museums ist bereits Schlange stehen angesagt: Seit die vom US-Stararchitekten Richard Meier entworfene Sammlung am Samstag fürs Publikum geöffnet wurde, haben sie schon 9600 Menschen besucht.

Kaufkriterium „Herzklopfen“

Mehr als 550 Kunstwerke der klassischen Moderne und der zeitgenössischen Kunst hat Burda in den vergangenen drei Jahrzehnten gesammelt - mit einem, wie auch Kritiker einräumen, beinahe unheimlichen Gespür für Qualität. Dabei hat der zweite Sohn des Verlegerehepaars Franz und Aenne Burda nach eigenen Angaben nur gekauft, was ihn auch „persönlich angesprochen“ oder „Herzklopfen“ verursacht hat.

Joseph Beuys etwa sucht man vergeblich, ebenso wie Jörg Immendorff. Von seiner persönlichen Leidenschaft für Farbe und Malerei zeugen 150 Hauptwerke, die bis zum 20. Februar in Baden-Baden gezeigt werden.

Staatlich-private Kooperation

Sammlermuseen gibt es einige. Dass ein Mäzen aber ein komplettes Haus baut - das allein 20 Millionen Euro gekostet hat -, den täglichen Betrieb ebenfalls aus eigener Tasche finanziert und sich dazu noch baulich wie inhaltlich an ein traditionsreiches Museum andockt, dürfte Modellcharakter haben - mehr dazu in „Trend zu Privatmuseen?“.

Burda kooperiert eng mit der benachbarten Baden-Badener Staatlichen Kunsthalle. Die neuartige Zusammenarbeit - symbolisiert durch eine gläserne Verbindungsbrücke - wird schon bei der häuserübergreifenden Eröffnungsschau demonstriert.

„Frieder Burda bezahlt alles“

Anlass für das großzügige Geschenk an seine Heimatstadt war der Wunsch des 68-Jährigen, seine hochkarätige Sammlung dauerhaft zu sichern.

Burda hat dazu eine gemeinnützige Stiftung eingerichtet. „Das Finanzierungsmodell ist denkbar einfach“, erklärt ein Sprecher: „Frieder Burda bezahlt alles.“ Nur das Grundstück wird dem Kunstsammler vom Land Baden-Württemberg zur Verfügung gestellt.

Nachhaltigkeit statt Sensationsgier

Die Kunstkritiker sehen in diesem großzügigen Konzept vor allem eine Antwort auf Projekte wie die umstrittene „Flick Collection“ in Berlin: „Wo andere auf rasch wechselnde Sensationen setzen, bemüht [Burda] sich um eine nachhaltige Wirkung der Kunst“, heißt es etwa in der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“.

Burdas Museum sei ein „in einer Region verwurzelten Gegenmodell gegen allzu triumphal auftretende Großsammler“, spielt das Blatt auf die bombastische Eröffnung der Flick-Schau vor wenigen Wochen an.

„Gediegen wie der Kaffee im Kurpark“

Dass Burdas Sammeltätigkeit bisher höchst erfolgreich verlaufen ist, darin ist sich das deutsche Feuilleton einig. Einzig die „Frankfurter Rundschau“ mischt in ihre Lobeshymne schnippische Kritik: „Sie ist schön geworden, seine Kunstvilla, sehr repräsentativ; von gediegener Qualität wie der Kaffee im Kurpark.“

Kein Geld mehr für Experimente?

Die „Welt am Sonntag“, die an der Sammlung per se ganz und gar nichts auszusetzen hat, sieht mit den sinkenden Ankaufsbudgets der staatlichen Museen - und der damit verbundenen Abkehr von Gießkannenprinzip und demokratischen Entscheidungsstrukturen - allerdings ein neues Problem auf die Kunstwelt zukommen: „Da Privatsammler eine immer wichtigere Rolle spielen, wird auch ihr Privatgeschmack eine immer wichtigere Rolle spielen.“

26. Oktober 2004ORF.at

Antwort auf knappe Kassen

(SUBTITLE) Frieder Burda: Museen ohne staatliche Hilfe werden Schule machen

Das Modell seines jetzt in Baden-Baden eröffneten, privat finanzierten Kunstmuseums könnte nach Ansicht des Sammlers und Mäzens Frieder Burda Schule machen.

Wegen...

Das Modell seines jetzt in Baden-Baden eröffneten, privat finanzierten Kunstmuseums könnte nach Ansicht des Sammlers und Mäzens Frieder Burda Schule machen.

Wegen...

Das Modell seines jetzt in Baden-Baden eröffneten, privat finanzierten Kunstmuseums könnte nach Ansicht des Sammlers und Mäzens Frieder Burda Schule machen.

Wegen der leeren kommunalen Haushalte werde es künftig mehr Sammlermuseen geben, die ohne finanzielle Unterstützung des Staates auskommen müssten, sagte Burda vor der Eröffnung dem Düsseldorfer „Handelsblatt“.

Wohin mit Privatsammlungen?

Eigentümer bedeutender Sammlungen glaubten zwar, dass sich die Städte um sie rissen. „Das hat sich durch die gesamtwirtschaftliche Lage geändert. Wenn die finanzielle Lage der Kommunen weiterhin so schlecht bleibt, wird es viele Sammler geben, die nicht wissen, wohin mit ihren Sammlungen. Die Kommunen werden auf das Modell Baden-Baden verweisen.“

Stiftung finanziert Museumsunterhalt

Für sein Museum in Baden-Baden habe er vor sechs Jahren eine gemeinnützige Stiftung öffentlichen Rechts gegründet, erklärte Burda. Diese trage die 20 Millionen Euro Baukosten für das Museum.

Zudem gingen nach seinem Tod alle Bilder der Sammlung Frieder Burda in den Besitz der Stiftung über. „Damit der Staat nicht für den laufenden Museumsunterhalt aufkommen muss, fließt mein Vermögen sukzessive in die Stiftung“, sagte Burda.

Hochkarätige Sammlung

Frieder Burda, Bruder des Verlegers Hubert Burda, sammelt seit 1968 Kunst der Klassischen Moderne und zeitgenössische Künstler.

Seine hochkarätige Sammlung umfasst heute mehr als 500 Werke, darunter von Gerhard Richter, Georg Baselitz, Arnulf Rainer, Sigmar Polke, Jackson Pollock, Willem de Kooning, Mark Rothko, Max Beckmann, Ernst Ludwig Kirchner, Wilhelm Lehmbruck und August Macke.

26. Oktober 2004ORF.at

Rundgang durch Burdas „Stadtvilla“

(SUBTITLE) Eine große Überblicksausstellung eröffnet Frieder Burdas neuen Kunsttempel

Etwa 150 der insgesamt über 550 Werke umfassenden Sammlung Frieder Burda sind bei der Eröffnungsausstellung in Baden-Baden zu sehen - von den deutschen...

Etwa 150 der insgesamt über 550 Werke umfassenden Sammlung Frieder Burda sind bei der Eröffnungsausstellung in Baden-Baden zu sehen - von den deutschen...

Etwa 150 der insgesamt über 550 Werke umfassenden Sammlung Frieder Burda sind bei der Eröffnungsausstellung in Baden-Baden zu sehen - von den deutschen Expressionisten Ernst Ludwig Kirchner und August Macke über die US-Künstler Jackson Pollock, Willem de Kooning und Mark Rothko bis hin zum späten Picasso. Den eigentlichen Kern der Sammlung bilden Hauptwerke von Gerhard Richter, Georg Baselitz, Arnulf Rainer und Sigmar Polke.

Licht als Baumaterial

Architekt Richard Meier hat dazu den passenden persönlichen Rahmen geschaffen. In seinem einer „Stadtvilla“ nachempfundenen Haus - außen ist es mit pulverbeschichteten Aluminiumplatten in leicht gebrochenem Weiß verkleidet - wird der Besucher auf dunklem Eichenparkett von Raum zu Raum geführt, schräge Rampen verbinden die Stockwerke und erlauben immer wieder überraschende Einblicke.

„Licht ist hier das wichtigste Baumaterial, ihm kommt eine Schlüsselfunktion zu“, sagt Meier. „Der Besucher soll die Möglichkeit haben, die Kunstwerke im gleichen natürlichen Licht zu betrachten, in dem die meisten Künstler sie auch geschaffen haben.“

Sechs-Meter-Gemälde als Auftakt

Den Auftakt markiert das sechs Meter lange Gemälde „Böhmen liegt am Meer“ von Anselm Kiefer.

Von da aus geht es in eine große Halle, in der prominent die Highlights der Sammlung zur Geltung kommen: Vier riesige abstrakte Gemälde von Richter und Kopfbilder von Baselitz stehen fünf großen transparenten Kunstharzbildern von Polke gegenüber.

Viel Glas

Im ersten Obergeschoss rauschen Richters „Zwei Fiats“ vorbei. Die Schwarz-Weiß-Gemälde stehen in schönem Kontrast zum Ausblick auf die herbstliche Lichtentaler Allee, die Meier immer wieder durch riesige Glasflächen ins Haus holt. Richters berühmtes Kerzenbild hat sich ein windstilles Eckchen am Übergang zur Staatlichen Kunsthalle gesucht.

Ein Kabinett im zweiten Obergeschoss ist den deutschen Expressionisten Max Beckmann, Ernst Ludwig Kirchner und August Macke gewidmet. Im Gegensatz zur großzügigen Hängung der Zeitgenossen müssen sie sich etwas drängeln. Auch die US-Künstler Mark Rothko, Willem de Kooning und Jackson Pollock sind prominent vertreten.

Fontana im Schlafzimmer

Spannende Einblicke gibt es auch in der benachbarten Kunsthalle, die durch eine gläserne Brücke verbunden ist. Im großen Saal begegnen dem Besucher Markus-Lüpertz-Werke dort, wo sie schon einmal vor 30 Jahren hingen. „Die Bilder haben sich ihre Plätze gesucht“, sagt Museumsdirektor Klaus Gallwitz.

Ein Bild aus dem Jahr 1968 sucht man dabei allerdings vergeblich: jene vaginal aufgeschlitzte Leinwand von Lucio Fontana, mit der Burdas Sammelleidenschaft begann. Burda: „Den habe ich zu Hause behalten. Der hängt bei mir im Schlafzimmer.“

23. Oktober 2004Gabriele Hoffmann
Neue Zürcher Zeitung

Ein Brückenschlag in Baden-Baden

(SUBTITLE) Richard Meiers Haus für die Sammlung Frieder Burda

Der Unternehmer und Kunstmäzen Frieder Burda entschied sich vor zehn Jahren für eine öffentliche Präsentation seiner Kunstsammlung. Mit deren Einzug in ein eigenes Museum, das Richard Meier neben der Staatlichen Kunsthalle Baden-Baden erbaut hat, bekommt die Öffentlichkeit auf Dauer Zugang zu hochkarätigen Werken.

Der Unternehmer und Kunstmäzen Frieder Burda entschied sich vor zehn Jahren für eine öffentliche Präsentation seiner Kunstsammlung. Mit deren Einzug in ein eigenes Museum, das Richard Meier neben der Staatlichen Kunsthalle Baden-Baden erbaut hat, bekommt die Öffentlichkeit auf Dauer Zugang zu hochkarätigen Werken.

Private Kunstsammler geraten immer mehr ins Rampenlicht. Ein Hauptgrund dafür sind die stark geschrumpften Ankaufsetats öffentlicher Museen. Viele öffnen ihre Häuser privaten Kollektionen auch ohne Garantie für eine längerfristige Leihgabe. Eine andere Wendung hat die vor drei Jahren begonnene Tuchfühlung zwischen dem Sammler Frieder Burda, der Stadt Baden- Baden und dem Land Baden-Württemberg genommen. Der 1936 im badischen Gengenbach geborene Sohn des Verlegerehepaares Franz und Aenne Burda hatte Ende der sechziger Jahre begonnen, die Familientradition des Kunstsammelns fortzusetzen. Galt die Vorliebe der Eltern den deutschen Expressionisten, so legte der Sohn mit einer geschlitzten Leinwand von Lucio Fontana den Grundstein für die eigene Sammlung, die heute 550 Werke moderner und zeitgenössischer Kunst umfasst. Erst vor zehn Jahren kam ihm der Gedanke, sie der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Als sich sein Wunsch nach einem eigenen Museum im südfranzösischen Mougins, Picassos letztem Wohnsitz, zerschlug, entdeckte der seit über zwanzig Jahren in Baden-Baden ansässige Unternehmer die berühmte Lichtentaler Allee als Alternative. Das Land Baden-Württemberg, interessiert am Verbleib der international angesehenen Sammlung, bot ihm einen Bauplatz unmittelbar neben der Baden-Badener Kunsthalle an. Frieder Burda gründete daraufhin eine Stiftung zur Finanzierung des Baus sowie des späteren Unterhalts und gewann den durch zahlreiche Museumsbauten ausgewiesenen New Yorker Architekten Richard Meier für sein Projekt.

Gebrochenes Weiss

An diesem Wochenende, drei Jahre nach dem ersten Spatenstich, wird nun die Sammlung Frieder Burda im Haus Lichtentaler Allee 8b eröffnet. So ungewöhnlich wie die bauliche Verbindung durch einen gläsernen Steg zur Kunsthalle Lichtentaler Allee 8a ist der auf Kooperation angelegte ideelle Brückenschlag zwischen der staatlichen Kunstinstitution und dem privaten Sammlermuseum. Eine «grosse Villa» nennt Meier das Bauwerk und verweist damit auf sein Konzept, die Architektur zum Park mit seinem alten Baumbestand und zu der noch immer von Villen geprägten Stadt zu öffnen. Das geschieht in der für Meiers Museumsbauten üblichen Weise durch eine den Gerüstbau umgebende Aussenhaut mit Wandelementen aus Aluminiumplatten in leicht gebrochenem Weiss im Wechsel mit Fassadenteilen aus Glas. Prägend für die Aussenansicht sind Klarheit, Leichtigkeit und Transparenz. Das feinlinige Rechteckraster im Weiss der Aussenwände betont das Statische der Architektur im Kontrast zur Vielfalt der Landschaft mit den im Tages- und Jahresrhythmus wechselnden Farben. Auch der Bezug zur neuklassizistischen Kunsthalle von Hermann Billing mit ihrer dezenten Pilastergliederung im Natursteinmauerwerk besteht in der Balance aus Nähe und Abgrenzung.

Im Innern gewährt die Architektur dem Besucher auf Schritt und Tritt die Sicht nach draussen - fast wie in einem der hier ausgestellten Bilder, dem «Blick aus dem Fenster in Baden-Baden» von Max Beckmann. Für Meier hat die Öffnung der Aussenwände in erster Linie die Funktion, die Kunstwerke in kontrolliertem Tageslicht zu präsentieren. Das perfekte Beleuchtungssystem gewährt selbst dem Untergeschoss noch natürliches Licht. Offene Rampen erschliessen die verschiedenen Ebenen und funktionieren zugleich als Erlebnispfad, der beim Auf- und Absteigen einzelne Räume und das architektonische Ganze in ständig wechselnden Blickwinkeln erscheinen lässt. Die Sammlung verteilt sich auf zwei grosse Säle und zwei Kabinette. Vom Atrium aus betritt man einen Saal für Grossformate. Gedämpftes Licht dringt durch die mit Lamellen abgeschirmte Fensterwand. Beim Blick zur Decke scheint der grosse Saal des Obergeschosses über dem unteren zu schweben. Neben den Rampen sind es die an den Ecken offenen Räume, die dem Besucher ein abwechslungsreiches Zusammenspiel von inszenierter Ausstellung und nicht weniger inszenierter Architektur bieten. «Licht ist hier das wichtigste Baumaterial, ihm kommt eine Schlüsselfunktion zu», hält Meier fest.

Schwerpunkte der Sammlung

Klaus Gallwitz, Gründungsdirektor des Burda- Museums und früher einmal Leiter der benachbarten Kunsthalle, zeigt in der Eröffnungsausstellung 150 Werke der Sammlung, verteilt auf beide Häuser. «Böhmen liegt am Meer», diesem erst 2004 erworbenen Gemälde von Anselm Kiefer weist Gallwitz die Rolle des Präludiums zu. Ein Weg durch Ödland - zwei helle Streifen im Dickicht gebrochener Farben - führt in eine unabsehbare Weite. In seiner Unschärfe ist das Bild mit dem in ungelenken Buchstaben zitierten Anfang eines Gedichtes von Ingeborg Bachmann eine Antithese zur Architektur. Im Parterresaal hängt in Nachbarschaft zu grossformatigen Gemälden von Polke und Baselitz ein Triptychon von Richter («Schräge», «Stand», «Grad»). Die einem zerschlissenen Gewebe ähnliche Textur basiert auf dem Farbauftrag mit Rakeln. Die Ausstellung belegt mit hervorragenden Beispielen - neben späteren abstrakten Bildern auch die Arbeiten «Kerze» und «Party» aus der frühen Phase der Fotomalerei - das anhaltende Interesse des Sammlers am Werk Gerhard Richters. Der obere grosse Saal enthält sieben Bilder von Picasso aus seinem letzten Lebensjahrzehnt. Burda erwarb sie, als das Spätwerk noch kaum Beachtung fand. Frühe figürliche Bilder von Rothko hängen neben «Black Stripe», das im Tageslicht seine Rot verströmt. Ganz in der Nähe eine Leinwand von Clifford Still in flammigem Rot mit durchbrechendem Schwarz und Weiss - ein Highlight in Burdas Sammlung von Gemälden des abstrakten Expressionismus. In einem der beiden Kabinette sind Bilder der deutschen Expressionisten Kirchner, Macke und Jawlensky versammelt, zusammen mit einer «Frauenbüste» von Lehmbruck. Herausragendes bietet die Sammlung Burda in ihrem Beckmann-Schwerpunkt. Im Gemälde «Die Stourdza-Kapelle. Regentag in Baden-Baden» hat der Maler kurz vor seiner Emigration Eindrücke von einem Kuraufenthalt verarbeitet.

Auf der anderen Seite der gläsernen Passage, in der Kunsthalle, begegnet man Richter und Polke noch einmal, jedem in einem eigenen Raum. Den grossen Saal dominiert Baselitz mit wichtigen Werken aus allen Perioden von «Tränenbeutel» (1963) bis zu einem Bild aus der Folge «Knaben» (1998). Erst seit wenigen Jahren sammelt Frieder Burda auch Arbeiten von William Copley: plakativ gemalte Western- und Erotikszenen vor gemusterten Hintergründen. Dass auch weiterhin nicht Schluss sein soll mit dem Sammeln, beweisen die in die Eröffnungsschau eingestreuten Bilder von Corinne Wasmuth und Tim Eitel und ein eigener Raum für die auf dem Kunstmarkt heiss begehrte coole Malerei von Alex Katz. Nur eines wird es bei Frieder Burda wohl nie geben: Kunst mit neuen Medien.

[ Die Eröffnungsausstellung dauert bis zum 20. Februar 2005. Katalog: Sammlung Frieder Burda. Hrsg. Stiftung Frieder Burda. Verlag Hatje Cantz, Ostfildern Ruit 2004. 256 S., Euro 29.-. ]

21. Oktober 2002Roman Hollenstein
Neue Zürcher Zeitung

Moderner Klassizismus

Richard Meiers Burda-Kunstmuseum für Baden-Baden

Richard Meiers Burda-Kunstmuseum für Baden-Baden

Der leicht morbide Charme von Baden-Baden ist verführerisch. Doch will der welke Pomp der Gründerzeit nicht recht zur biederen Beschaulichkeit passen, die heute das Strassenbild dominiert. Ihr Echo findet sie in baulichen Interventionen, welche die Stadt mehr und mehr verschandeln. So wurde vor zwei Jahren das Palais Hamilton des grossen Friedrich Weinbrenner durch eine skandalöse Erweiterung stark lädiert. Nur die im frühen 19. Jahrhundert jenseits der Oos als Gegenstück zur Altstadt inszenierten Kuranlagen verströmen noch immer stille Grösse. Beherrscht von Klenzes antikisierender Stourdza-Kapelle, reihen sich in einer Parklandschaft vom Säulenportikus des Badischen Hofs über die Arkaden von Heinrich Hübschs Trinkhalle bis hin zu Weinbrenners Kurhaus klassizistische Juwelen, deren Tonhöhe wieder aufgenommen wird von der 1909 vollendeten Kunsthalle von Hermann Billing am Eingang zur Lichtentaler Allee.

Der neuklassische Musentempel, der sich vor allem in den achtziger Jahren mit bedeutenden Ausstellungen einen Namen machte, erhält nun einen Nachbarbau. In diesem wird vom Herbst 2004 an die Sammlung Frieder Burda, die ursprünglich im südfranzösischen Mougins ein von Ricardo Legorreta geplantes Domizil erhalten sollte, permanent zusehen sein. Als Ende September mit den Bauarbeiten begonnen wurde, erinnerten nur noch die unter einem Baum hingelegten Blumen und die Inschrift «Wir trauern um die Allee» daran, dass viele Baden-Badener die Vorgeschichte dieses Neubaus noch nicht wirklich überwunden haben. Frieder Burda, der erst 1996 durch die erfolgreiche Präsentation seiner zeitgenössischen Meister in der Kunsthalle auf die Idee gekommen war, die expressionistisch ausgerichtete Sammlung in Baden-Baden anzusiedeln, hatte zunächst das Basler Büro Steib & Steib mit der Planung beauftragt. Doch scheiterte der Entwurf, der auf Grund seiner Dimensionen einen massiven Eingriff in den kostbaren Baumbestand entlang der Lichtentaler Allee verlangt hätte, am vehementen Widerstand der Bevölkerung.


Heiter und leicht

Burda liess sich aber nicht entmutigen und versuchte sein Glück mit einem neuen Architekten. Doch statt einen Traditionalisten wie Hans Kollhoff zu beauftragen, von dem man ein neuklassisches, dem Geist des Ortes angepasstes Projekt hätte erwarten können, entschied er sich für Richard Meier und damit für eine ganz andere Klassizität, die Le Corbusier und der Moderne nahesteht. Meier, der mit Museumsbauten in Atlanta, Barcelona und Frankfurt sein Können längst bewiesen und darüber hinaus mit dem Getty Center in Los Angeles eine spektakuläre Akropolis geschaffen hat, entschied sich einmal mehr für ein weisses Gebäude, das wie die Verkleinerung des MACBA in Barcelona wirkt. Obwohl das Burda-Museum volumenmässig bedeutend grösser wird als die benachbarte, aber leicht erhöht stehende Kunsthalle, ordnet es sich ihr mit seiner tiefer liegenden Traufhöhe diskret unter. Viel Glas und frei gestellte Wandflächen dürften dem neuen Haus, das durch eine gläserne Brücke an den gravitätischen Billing-Bau angekoppelt werden soll, etwas Heiteres und Leichtes geben.

Eine Ausstellung in der Kunsthalle vermittelt zurzeit anhand von Plänen und Modellen sowie Fotos anderer Meier-Werke einen Eindruck vom künftigen Museumsbau. Ein nach Osten zur Lichtentaler Allee hin gerichtetes Vordach wird künftig die Besucher in das dreigeschossige Atrium führen, von wo eine Rampe hinabweist zum Wechselausstellungssaal im Untergeschoss. Hier befinden sich zudem die Büros und die Depots. Von Süden her erlaubt eine durch zwei Wasserflächen und eine Kaskade begrenzte Absenkung des Parks natürlichen Lichteinfall. Im Parterre öffnet sich ein gut 15 × 30 Meter weiter und 13 Meter hoher Ausstellungssaal, der seitlich sowie durch ein Oberlicht erhellt wird. Dieses ist allerdings zum Teil verdeckt durch eine zweite, unter dem Glasdach eingehängte Galerie, die man durch den Luftraum des Foyers über vier Rampen und eine kleine, ebenfalls als Ausstellungsfläche genutzte Plattform im Zwischengeschoss erreicht.


Synergieeffekt

Der Besucher wird auf seiner Promenade architecturale dank grossen Fensterflächen und verglasten Ecken weder den Kontakt zur Aussenwelt noch die Orientierung verlieren. Hingegen dürfte er sich in diesen Sälen, in denen die Wandflächen entweder riesig und von einem Lichtsog nach oben bestimmt oder aber seitlich durch Raumschlitze geöffnet sein werden, wohl nur schlecht auf die Exponate konzentrieren können. Meiers Ausstellungsräume sind nämlich exakt die Antithese zu den vorbildlichen, nach innen orientierten Galerien der Kunsthalle. Als museologisches Experiment dürfte dieses Gegensatzpaar dereinst viel Interesse wecken. Doch wird man wohl bald merken, dass die Gemälde von Kirchner, Macke oder Beckmann, die Werkgruppen Rothkos und des späten Picasso sowie die Arbeiten von Pollock oder Clyfford Still in intimeren Räumen besser zur Geltung kämen; und selbst die grossformatigen Bilder von Baselitz, Polke und Richter könnten im turnhallenartigen Parterresaal dereinst verloren wirken.

Gleichwohl darf man im Neubau - dem ersten architektonisch ernst zu nehmenden zeitgenössischen Gebäude der Stadt - schon jetzt einen Gewinn für Baden-Baden sehen. Das neue Museum wird sich nicht nur gut in den Park einfügen, sondern mit der Burda-Sammlung auch die Stellung der Kunsthalle stärken. Dank der geplanten Zusammenarbeit der beiden Institutionen wird es möglich sein, mindestens einmal im Jahr eine wirklich umfangreiche, beide Häuser einbeziehende Ausstellung zu zeigen. So hofft man ähnlich wie mit dem 1997 von Wilhelm Holzbauer etwas bombastisch umgebauten Festspielhaus im Alten Bahnhof ein grosses Publikum anlocken zu können. Baden-Baden setzt also auf den Synergieeffekt - anders als etwa Bern, wo man mit der Auslagerung von Klee in ein «Museum Center» an der Autobahn das Gewicht des Kunstmuseums vermindern wird.


[Bis 10. November. Katalog: Der Neubau von Richard Meier. Hrsg. Sammlung Frieder Burda. Kunsthalle Baden-Baden, Baden-Baden 2002. 68 S., Euro 10.-.]

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