07. März 2022 - HDA
Integrierte Volumen und zentrale Ebene: Jeweils doppelte Raumhöhe beanspruchend, liegen sich Orchestersaal und Turnsaal im Gebäude diagonal versetzt gegenüber. Während der Turnsaal vom Untergeschoß ins Erdgeschoß hochgeführt wird, reicht der Orchestersaal vom Erdgeschoß ins Obergeschoß. Beide beziehen sich ganz unmittelbar auf die zwischen ihnen aufgespannte Ebene im Erdgeschoß, dem zentralen Bereich des Gebäudes.
Die offene Bibliothek der Schule gibt nicht nur den Einblick in den Turnsaal frei, sie erweitert sich vor dem Orchestersaal, der sich hier über die gesamte Raumbreite öffnen lässt, zur Aula. Die zentrale Bibliothek bildet den Überlagerungsbereich von Schule, Musikverein und idealerweise Öffentlichkeit, die eingeladen ist, das vorhandene Raumangebot jederzeit, oder wenigstens bei Veranstaltungen zu nutzen.
Ein Haus durchschauen: Im Inneren des Gebäudes gelegen, erhalten in diesem Bereich Belichtung und wechselnde Ausblicke in die Umgebung besondere Bedeutung. Es gibt hier keinen Standpunkt, von dem aus man nicht in zwei Richtungen das Gebäude durchschauen könnte. Der Blick fällt so durch die Loggien in den Grünraum um den Schulhof, durch den Eingangsbereich hinaus auf den Vorplatz, oder durch den Turnsaal nach Osten, in Richtung der Kirche und des Orts.
Drei Freibereiche im Haus: Zum Schulhof hin öffnet sich die Ganztagsschule, das große Atelier der Nachmittagsbetreuung, mit einer durchgehenden Glasfassade zu einem überdeckten Vorbereich und dem anschließenden Schulhof. Der Haupteingang vom Vorplatz im Erdgeschoß wird an der Westseite des Gebäudes durch zwei Loggien ergänzt, während im Obergeschoß das Atrium einen zweiten, diesmal innenliegenden Schulhof bildet, der über den umlaufenden Gang und den offenen Lernbereich, direkt mit den Klassenräumen in Blickkontakt steht.
Cultural landscape – political landscape: Als kommunales Bauvorhaben einer Dimension, die den Bau der Mittelschule und des Musikvereins zusammenführt, werden Faktoren einer Kulturlandschaft besondere Bedeutung erhalten. Umso mehr, wenn die politische Landschaft der Gemeinde selbst durch die Strukturreform der letzten Jahre ganz grundlegend verändert wurde.
Seit 2015 ist Leutschach mit Schloßberg, Eichberg-Trautenburg und Glanz im Rahmen der Gemeindestrukturreform zur Großgemeinde Leutschach an der Weinstraße zusammengeschlossen. Gleichzeitig wird das Projekt der Schulsanierung wieder aktuell und neu interpretiert. Als nachhaltige Sicherung des Schulstandorts soll ein kulturelles Zentrum entstehen, das nicht nur NMS und Musikverein zusammenführt, sondern durch die Schwerpunktsetzung auf Tourismus und Kooperationen mit anderen Fachschulen, zu einem Zentrum der Erwachsenenbildung werden soll. Ein großes Ziel für ein Schulgebäude, das seit 1968 als Zubau einer bestehenden Klosterschule nicht weiter verändert wurde.
Zurück zur cultural landscape und nach Leutschach (slowenisch Lučane). Ein wichtiger Hinweis zur Nähe der Sprachgrenze, die am Kamm der nächsten Hügelkette verläuft und die Staatsgrenze zu Slowenien bildet. Keine alte Grenze, erst vor rund 100 Jahren gezogen und keine Grenze, die Kulturlandschaften trennen würde. Trotzdem für 50 Jahre Teil des Eisernen Vorhangs zwischen Ost und West.
Für die Region und die Menschen dieser Region bleibt das nicht ohne Folgen. Tatsächlich am Rand gelegen, dauert es Jahrzehnte, bis es gelingt, sich neu zu definieren. Beginnend mit besonderer Anstrengung im Bereich des Weinbaus und in allerletzter Zeit bis hin zum boomenden Tourismus. Vielleicht gelingt es dem Leutschach-Campus aus seiner besonderen Lage, mit Blick auf die Grenze, genau diese zu nutzen, um Gemeinsames zu sehen und den Tourismus Schwerpunkt weiter zu fassen. Ohne „Grand Tour“ auf einer „kleinen Runde“, einem Spaziergang auf alten Wegen, zu den jetzt wieder nahen Nachbarn. (Text: Architekten)