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08. Februar 2025Marius Huber
Neue Zürcher Zeitung

Der Architekt eines als Luxusbau verschrienen Zürcher Schulhauses sagt: «Ich würde alles noch einmal genau gleich machen»

Das Zürcher Schulhaus Leutschenbach ist nicht zum ersten Mal in den Schlagzeilen – zu Unrecht, findet Christian Kerez.

Das Zürcher Schulhaus Leutschenbach ist nicht zum ersten Mal in den Schlagzeilen – zu Unrecht, findet Christian Kerez.

Für den Architekten Christian Kerez muss es sich unangenehm vertraut anfühlen, wie das Aufplatzen einer alten Wunde. Das spektakuläre Zürcher Schulhaus Leutschenbach mit der Turnhalle auf dem Dach, eröffnet vor 15 Jahren, wird regelmässig als Beispiel herangezogen, wenn die Stadt Zürich für ihre Bauten kritisiert wird. Ein effekthaschender Luxusbau sei das, Kunst um der Kunst willen, viel zu teuer. Diese Vorwürfe wiederholen sich jetzt erneut auf allen Kanälen, weil bekanntgeworden ist, dass das Schulhaus im Sommer wegen Lärmproblemen nachgebessert werden musste.

Herr Kerez, wenn Sie noch einmal zurückkönnten: Was würden Sie am Schulhaus Leutschenbach anders machen?

Ich schaue es mir immer noch sehr gerne an, es ist grosszügig und abwechslungsreich. Ich würde alles noch einmal genau gleich machen.

Obwohl Sie dadurch im Ruf stehen, einer zu sein, der zu teuer baut und primär auf Architekturpreise aus ist?

Diese Kritik kommt meist von Leuten, die das Schulhaus nie von innen gesehen und erlebt haben. Viel wichtiger sind mir die Reaktionen der Direktbetroffenen.

Wenn Sie die Kritik wirklich kaltliesse, sässen wir kaum hier.

Ich möchte einiges klarstellen. Von den 64 Millionen Franken Anlagekosten, von denen immer geschrieben wird, sind lediglich 40,5 Millionen reine Gebäudekosten. Ich will mich gegen das schlechte Image dieses Schulhauses wehren – auch im Namen der Schüler, die dort einen wichtigen Abschnitt ihres Lebens verbringen und stolz sind auf ihre Schule.

Den Schülern macht doch gar niemand einen Vorwurf.

Aber als Schüler identifiziert man sich mit seiner Schule. Darum ist es wichtig, dass Schulhäuser unterschiedlich aussehen und eine eigene Persönlichkeit haben. Die Fussballmannschaft aus dem Leutschenbach hat die besondere Form ihres Schulhauses auf den Trikots abgebildet – das bedeutet mir mehr als mancher Architekturpreis.

Was sagen Sie zum Vorwurf der eitlen Spektakelarchitektur: Ist es nicht ein Fakt, dass es auch viel einfacher ginge?

Wir haben den Wettbewerb damals nicht gewonnen, weil wir ein Spektakel boten. Sondern weil wir Platz für einen öffentlichen Park gewonnen haben, indem wir in die Höhe bauten.

Auch in die Höhe bauen kann man konventioneller – ohne komplexe Statik aus dem Brückenbau und schwebende Geschosse.

Bauen ist nirgends so teuer wie in der Schweiz, und, ja, auch das Schulhaus Leutschenbach war teuer. Aber der Schein trügt. Viele halten es für teurer, als es war, weil die Fachwerkbauweise aus Stahl im Schulhausbau ungewohnt ist. Im Brückenbau, wo sie herkommt, wird sie angewandt, um Kosten zu sparen. Aber im zwinglianischen Zürich ist etwas gleich verdächtig, wenn es aus dem Rahmen fällt.

Pro Kubikmeter war das Schulhaus zu seiner Zeit eines der teureren.

Das ist richtig. Aber das liegt daran, dass es eine extrem kompakte Anlage mit sparsamen Grundrissen ist. Die Kosten pro Klassenzimmer liegen leicht unter dem Durchschnitt der Schulhäuser jener Zeit.

Allerdings heisst es unter Architekten heute, dass sich seit dem Leutschenbach kaum noch jemand traue, im Schulhausbau Experimente zu wagen. Ohne Grund wurde es kaum zur Zäsur.

Ich dachte damals, dass ich die Tür öffne für andere, die Experimente wagen. Tatsächlich hat das Leutschenbach kaum zu Veränderungen geführt. Es gab allerdings einen Wandel, der ausgelöst wurde durch eine politisch motivierte Polemik, dass die öffentliche Hand zu teuer baue. Als Folge davon hat man den Schulhausbau privatisiert. Und was ist passiert? Die teuerste Schulhausanlage in der Stadt Zürich ist die ZHdK, die Hochschule der Künste. Der Kanton ist dort nur Mieter der Allreal. Diese Schule hat 550 Millionen Franken Baukosten verschlungen. 550 Millionen! Aber kaum jemand spricht darüber.

Warum überhaupt Experimente? Was spricht dagegen, einen Zweckbau nach bewährtem Muster zu erstellen?

Weil Vielfalt wichtig ist. Ein Experiment muss auch nicht teuer sein. Man kann anders bauen und trotzdem billig. Ich baue mit meinem Büro zurzeit 450 Wohnungen in Südamerika – jede davon kostet weniger als 35 000 Franken.

Ein Experiment bedeutet doch per definitionem mehr Unwägbarkeit, auch finanziell. Dass ausgefallene Bauten teurer werden als geplant, ist die Regel. Auch bei Ihnen hat sich die Bauzeit damals verlängert.

Ich habe als junger Architekt einen Fehler gemacht: Wir haben den Kostenvoranschlag unter politischem Druck linear um 5 Prozent gekürzt. Wir dachten, wir könnten nicht nur alles besser, sondern auch etwas billiger machen. Das war ein Irrtum, diese freiwilligen Kürzungen haben uns am Ende gefehlt.

Sind sich Baukünstler nicht einfach zu schade dafür, auch einmal einen Entwurf abzuliefern, der nicht alles neu erfindet?

Ich beobachte etwas anderes: Wettbewerbe schränken heute den Spielraum von Architekten so stark ein, dass sich die verschiedenen Projekte kaum noch unterscheiden. Vielleicht braucht es in Zukunft gar keine Architekten mehr, weil eine KI die strengen Vorgaben besser umsetzen kann.

Abgesehen von einem tollen Motiv fürs Fussballtrikot: Was haben Kinder und die Lehrer davon, wenn ihnen der Staat eine Architektur-Ikone als Schulhaus hinstellt?

In diesem Schulhaus gibt es ganz viele unterschiedliche Räume. Eine reichhaltige räumliche Organisation, die dank der Stahlkonstruktion sehr direkt umgesetzt werden konnte.

Man wird den Verdacht nicht los, dass am Anfang der Wunsch des Architekten stand, diese aufregende Konstruktion zu errichten. Und alles andere musste sich dann danach richten, bis hin zur kühlen Materialisierung aus Stahl, Beton und Industrieglas.

Überhaupt nicht, die erste Idee war der Aussenplatz. Wir wollen nicht wie alle anderen hier eine Turnhalle und da die Klassenzimmer hinstellen, deshalb stapelten wir alles aufeinander. Daraus ergab sich die Frage, wie man den Weg von unten nach oben ansprechend gestaltet. So kamen wir auf die Organisation der Räume. Und erst daraus ergaben sich die Statik und das Material.

Was wussten Sie über die Bedürfnisse von Kindern, als Sie das Haus entworfen haben?

Sehr viel! Der spätere Schulleiter und ein Vertreter des pädagogischen Dienstes waren Teil der Wettbewerbsjury. Und in einer zweiten Phase konnten sich auch Lehrer mit ihren Wünschen einbringen. Dieses Projekt habe ich nicht im Alleingang entwickelt. Darum wehre ich mich gegen den Vorwurf, es sei mir nur um die Architektur gegangen. Die Auszeichnungen bekam das Gebäude später auch deshalb, weil es im Schulhausbau damals als vorbildlich galt. Unter anderem wegen der grossen Gemeinschaftszonen und der guten Nutzung vom Tageslicht.

Pädagogische Fachleute sind das eine, die Perspektive von Kindern ist etwas anderes. Wie kommen Sie darauf, dass sich Kinder leere Räume aus Stahl, Beton und Industrieglas wünschen?

Als Architekt bereite ich nur die Bühne, auf der sich die Kinder ausdrücken können – Farbe und Reichtum bringen diese selbst rein. Meine Architektur ist bewusst karg, aus Respekt vor den Nutzern.

Auch zu den fehlenden Nischen sagten Sie einmal, dass die Kinder sich diese selbst erkämpfen müssten. Eine seltsam harte Haltung.

Ich erinnere mich an meine eigene Kindheit. Das Erlebnis dieser weiten Pausenplätze ohne Versteckmöglichkeiten war grossartig. Gleichzeitig hat man als Kind stets auch Nischen gefunden und sich in diesen exponierten Räumen eingerichtet. Die verborgenen Nischen, die die Lehrer nicht kannten, haben uns mehr interessiert als jene, die von den Lehrern für uns eingerichtet wurden. Auch das will ich als Architekt nicht vorwegnehmen.

Das neue Zürcher Kinderspital von Herzog & de Meuron sorgt mit einem ganz anderen Ansatz für Aufsehen: Es will Geborgenheit vermitteln und setzt auf viel Holz, auf Pflanzen und auf Nischen.

Das finde ich wunderbar – ich war übrigens Teil der Jury. Aber es ist ein Spital, das ist etwas anderes. Wobei ich nicht ausschliessen will, dass man im Schulhausbau auch einen solchen Weg gehen kann.

Wenn Architekten wegen der Polemik ums Leutschenbach wirklich ängstlicher geworden sind und sich weniger trauen: Warum sind dann die neuesten Zürcher Schulhäuser noch teurer geworden?

Wenigstens sehen diese Schulen billig aus, dann muss sich ja niemand mehr drüber ärgern. (Lacht.) Architekten müssen immer mehr und aufwendigere gesetzliche Auflagen erfüllen. Ob es nun um Materialien geht, um Energieeffizienz oder Befindlichkeiten – es ist verrückt. Das treibt die Kosten in die Höhe und führt dazu, dass sich heutige Schulhäuser kaum noch voneinander unterscheiden.

Man könnte auch hier günstiger bauen, das hat zum Beispiel die private Zurich International School mit ihrem Campus gezeigt.

Der Architekt Marc Angélil hat für diese private Bauherrschaft viel weniger Auflagen erfüllen müssen. Diese Schule hat etwa kein Minergie-Label.

Könnte es daran liegen, dass diese Schule im Gegensatz zur Stadt Zürich im Leutschenbach nicht ein Zeichen für herausragende Baukultur setzen wollte?

Nein, noch einmal: Das Leutschenbach mag teuer aussehen, aber kostenmässig ist es ein durchschnittliches Schulhaus.

Sollte man angesichts stark schwankender Schülerzahlen nicht konsequent auf modulare, erweiterbare Schulen setzen statt auf in sich geschlossene Bildungstempel?

In einem Zürcher Schulmodul kostet ein Klassenzimmer fast gleich viel wie in einem Neubau. Die Kosten senkt man so also kaum. Und schauen Sie nach Frankreich: Dort hat man extrem günstig gebaut, alles vorfabriziert. Bei den Unruhen in den Banlieues wurden diese Schulen angezündet, weil sie als Ausdruck der Hoffnungslosigkeit wahrgenommen werden. Das kann man dem Leutschenbach und der Stadt Zürich nicht vorwerfen.

Warum haben Sie eigentlich nach dem Leutschenbach nie mehr ein Schulhaus gebaut?

Das klingt angesichts der schlechten Presse zurzeit vielleicht seltsam, aber ich habe damals jahrelang all meine Energie in dieses Projekt investiert. Danach fand ich, dass ich für mich das bestmögliche Schulhaus gebaut habe. Da braucht es kein zweites mehr.

Neue Zürcher Zeitung, Sa., 2025.02.08



verknüpfte Bauwerke
Schulanlage Leutschenbach

24. Januar 2025Marius Huber
Neue Zürcher Zeitung

Zürichs berühmtestes Schulhaus ist ein Traum für Architekten, aber bewährte sich im Alltag nicht. Darum musste die Stadt teuer nachbessern

Es ist nicht so, dass diese Entlarvung der Zürcher Eitelkeit unvermeidlich gewesen wäre. Denn es gab rund um den Bau des Zürcher Schulhauses Leutschenbach...

Es ist nicht so, dass diese Entlarvung der Zürcher Eitelkeit unvermeidlich gewesen wäre. Denn es gab rund um den Bau des Zürcher Schulhauses Leutschenbach...

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verknüpfte Bauwerke
Schulanlage Leutschenbach

02. Oktober 2024Marius Huber
Neue Zürcher Zeitung

«Spitäler gehören zu den hässlichsten Orten der Welt», sagt der Stararchitekt Jacques Herzog – aber nicht dieses: So sieht das neue Zürcher Kinderspital aus

Einen Monat vor der Eröffnung tritt die leidvolle Baugeschichte mit den Verzögerungen und Finanzierungsproblemen in den Hintergrund.

Einen Monat vor der Eröffnung tritt die leidvolle Baugeschichte mit den Verzögerungen und Finanzierungsproblemen in den Hintergrund.

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04. September 2024Marius Huber
Neue Zürcher Zeitung

Einst als «Rosthaufen» verspottet, ist die Zürcher Pyramide am See jetzt tatsächlich verrostet. Die Schönheitsklinik zieht aus

Das Gebäude in seiner bisherigen Gestalt zu erhalten, ist nicht trivial.

Das Gebäude in seiner bisherigen Gestalt zu erhalten, ist nicht trivial.

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11. Juli 2024Marius Huber
Neue Zürcher Zeitung

Heimatschutz der bizarren Sorte: Man kann nicht die ganze Stadt Zürich bewahren. Sonst kommt ihr die Zukunft abhanden

Der Ortsbildschutz ist, wie er heute angewendet wird, mehr Fluch als Segen. Dabei könnte er zur Lösung eines grossen Problems beitragen.

Der Ortsbildschutz ist, wie er heute angewendet wird, mehr Fluch als Segen. Dabei könnte er zur Lösung eines grossen Problems beitragen.

Er sah das Unheil kommen. An einem wolkenlosen Tag im Januar 2014 schickte der damalige Zürcher Baudirektor Markus Kägi einen besorgten Brief an den Bundesrat. Denn das, was da auf seinem Pult lag, ergab einfach keinen Sinn.

Da war einerseits das neue Raumplanungsgesetz, das bald in Kraft treten sollte. Ein grosser Umbauplan zur Verdichtung bestehender Städte nach innen, um die weitere Zersiedlung des Landes zu verhindern.

Aber da war noch ein anderer Plan, der ebenfalls bald Gültigkeit erlangen sollte, und der widersprach dem ersten. Eine Karte, angelegt in akribischer Arbeit von Angestellten des Bundesamtes für Kultur zur Erweiterung des Bundesinventars der schützenswerten Ortsbilder (Isos). Sie zeigte Strassenzug für Strassenzug, welche Teile der Stadt Zürich in der einen oder anderen Form für die Nachwelt erhalten werden sollten. Es waren über drei Viertel der gesamten Stadt.

Man erkennt auf den ersten Blick: Das ist zu viel. Eine Stadt ist ein lebendiger Organismus. Wenn er sich nicht entwickeln kann, stirbt er. Man muss darum auch loslassen können – bei allem legitimen Interesse am Heimatschutz, der in der Verfassung verankert ist.

Die Experten des Bundes zerstreuten vor zehn Jahren jedoch die Sorgen von Kägi und anderen Zürcher Baufachleuten. Das Ortsbildinventar sei keine definitive Schutzverfügung, sondern nur Verhandlungsgrundlage. Wo das öffentliche Interesse am Umbau der Stadt nachweislich überwiege, stehe dem nichts im Weg.

Darauf zu vertrauen, war ein Fehler, wie sich nun zeigt. Solche Regelwerke entwickeln ein Eigenleben, wenn man keine klaren Grenzen zieht. Es ist wie mit dem ungebetenen Gast, der nur fünf Minuten bleiben will, aber für vier Wochen gepackte Reisekoffer bei sich hat: Wenn man ihn hereinlässt, darf man sich hinterher nicht wundern.

Vor Gerichten hat sich inzwischen eine kafkaeske Auslegung der rechtlichen Grundlagen des Inventars eingeschlichen. Diese Rechtsprechung widerspricht der ursprünglichen Intention und verhindert selbst sorgfältig begründete Bauvorhaben. Dennoch wird sie von allen möglichen Bremsern konsequent angewendet – von Heimatschützern aus Überzeugung, von Nachbarn aus Eigeninteresse, von Richtern aus schlafwandlerischer Gleichgültigkeit.

Darin kommt eine Eigenart dieses übervorsichtigen Landes zum Ausdruck: Der Geist des Bewahrens wirkt stark, und er hat in Justiz und Bürokratie willfährige Diener.

Dies belegt derzeit auch das überarbeitete Regelwerk der Stadt Zürich für den Bau von Hochhäusern: Spielte man anfangs noch mit dem Gedanken, in der Ebene mehr und höhere Bauten zuzulassen als heute, hat sich dies im Endresultat ins Gegenteil verkehrt.
Bausünden sind Ursache der Ängstlichkeit

Zürich hätte einen anderen Geist nötig, denn die Stadt wächst rasant und braucht dringend mehr Wohnungen. Gefragt ist auch ein qualitatives Wachstum. Arbeitsmodelle und Lebensentwürfe wandeln sich, der Bankenplatz verliert an Bedeutung, die Tech-Branche zieht gut ausgebildete Menschen aus aller Welt an. Gleichzeitig sorgt die Klimaerwärmung für Bedingungen, für die Zürich nicht gemacht ist.

All das bedeutet: Wenn diese Stadt ein lebenswertes Zuhause für alle bleiben soll, muss sie sich schnell und zugleich mit Bedacht anpassen. Sie braucht Mut, Optimismus und Klugheit. Der Impuls zur flächendeckenden Konservierung einer Kulisse wie aus der «Kleinen Niederdorfoper» ist Realitätsverweigerung.

Regelwerke wie das Ortsbildinventar Isos müssen in den Zentren, auf die sich der Wandel des Landes konzentriert, so schlank wie möglich gehalten werden. Und gleichzeitig so streng wie nötig, damit die Bevölkerung vom Wandel nicht überfordert wird und in den Widerstand geht. Diese Balance ist offensichtlich nicht gefunden.

Es ist durchaus sinnvoll, identitätsstiftende Bereiche der Stadt zu bewahren und die Tradition bei Neubauprojekten zu berücksichtigen. Doch es wird schnell übers Ziel hinausgeschossen. Grund ist ein Mangel an Vorstellungskraft, dass es besser werden könnte, wenn es anders wird.

Dies ist erstens der Tatsache geschuldet, dass sich Zürich heute punkto Lebensqualität weltweit an der Spitze befindet. Wenn man sich bewegt, kann es nur abwärtsgehen, denken viele. Sie verkennen, dass die Welt sich weiterdreht und die Grundlagen von Wohlstand immer wieder neu geschaffen werden müssen. Auch in städtebaulicher Hinsicht.

Zweitens sind die Generationen, die heute den Ton angeben, traumatisiert von Fehlentwicklungen der jüngeren Vergangenheit. Die rabiaten Eingriffe ins historische Gefüge von Ortschaften während des Baubooms der sechziger und siebziger Jahre wirken bis heute nach.

Das ist verständlich. Aber eine gesunde Skepsis gegenüber unbedachten Veränderungen ist das eine, daraus ein pessimistisches Naturgesetz abzuleiten, etwas ganz anderes.

Die zentrale Frage: Wie stellt man sicher, dass es gutkommt?

Man sollte sich vor Augen halten: Alles, was heute als erhaltenswert gilt, musste auch erst einmal gebaut werden. Der Preis war stets, dass etwas anderes verschwindet – und es waren nicht immer nur grüne Wiesen.

Eindrücklichstes Beispiel ist das verwinkelte Kratzquartier, das sich bis Ende des 19. Jahrhunderts auf der Seeseite des Fraumünsters befand. Es wurde geschleift, um Platz für die repräsentative Zeile an der Limmat zu schaffen. Stadthaus, Nationalbank, Bürkliplatz: All das gäbe es nicht, wenn damals der gleiche Geist geherrscht hätte wie heute.

Es gibt auch abschreckende Beispiele: grössenwahnsinnige Visionen für einen Totalumbau Zürichs, wie sie der Stadtrat vor hundert Jahren anstiess. Damals lancierte der Architekt Karl Moser die Idee, die Altstadt zu planieren und beidseits der Limmat gläserne Türme zu errichten. Rückblickend ist es ein Glück, dass dieser radikale Plan versandete.

Dies führt zur entscheidenden Frage: Wie lässt sich in der Bevölkerung Vertrauen schaffen, dass es gutkommt, wenn es anders wird? Mit welchen Mitteln lassen sich schlechte Bauvorhaben von solchen trennen, die dereinst als Gewinn empfunden werden? Teil der Antwort – auch wenn das paradox klingt – könnte das Ortsbildinventar Isos sein.

Auf den ersten Blick wirken die Schutzkategorien dieses Inventars sehr streng. Sie reichen von einem Abbruchverbot bis zu dem Gebot, dass ein Gleichgewicht zwischen Alt- und Neubauten bestehen müsse. Doch selbst die strengste Kategorie gilt nicht absolut. Das wäre auch verfehlt, handelt es sich doch um eine Expertenmeinung ohne demokratische Legitimation und Mitsprachemöglichkeiten.

Die Isos-Autoren haben selbst immer wieder darauf hingewiesen, und sie betonen es auch in einem aktuellen Bericht des Bundes, der den Gemeinden helfen soll, das Isos korrekt zu interpretieren. Das Inventar sei nur «eine von mehreren Grundlagen» bei der Interessenabwägung, wenn Städte verdichtet würden.

Es soll «Tabula-rasa-Planungen» verhindern und sicherstellen, dass sich Bauherren Gedanken zur Identität eines Ortes machen, wenn sie mit ihren Projekten durchkommen wollen. Stadt- und Raumplaner – auch solche aus Zürich – sahen es deshalb sogar als eine Chance, Sünden der Vergangenheit zu korrigieren und «Stadtreparatur» zu betreiben.

Eine Versicherung also gegen unsensible Eingriffe und grössenwahnsinnige Visionen. Vor allem auch in kleineren Gemeinden, wo die Baubehörden oft nicht gut genug dotiert oder willens sind, der Einordnung von Neubauten ins Ortsbild Rechnung zu tragen.

Welche Fehler schnell korrigiert werden müssen

Das hat anfangs nicht schlecht funktioniert, doch inzwischen ist die Sache entgleist: Ein lange unbeachteter Paragraf ist vor Bundesgericht auf unerwartete Art zu einer destruktiven Kraft mutiert. Es handelt sich um eine Ausnahmeregelung, die besagt, dass die Isos-Bestimmungen in einem speziellen Fall ohne Wenn und Aber gelten: bei Erfüllung einer Bundesaufgabe, an der kein zwingendes nationales Interesse besteht.

Gemeint war offensichtlich, dass der Bund nicht einfach sein eigenes Inventar übersteuern darf, um zum Beispiel einen Waffenplatz mitten in die Zürcher Altstadt zu bauen. Angewendet wird die Ausnahmeregelung heute aber auch dann, wenn Dritte in einem Isos-Gebiet bauen wollen und nur am Rand eine Bundesaufgabe tangiert ist – es genügt schon, wenn das Fundament ins Grundwasser ragt. Ergebnis ist de facto ein flächendeckendes Neubauverbot auf einem grossen Teil der Stadt Zürich.

Das ist offensichtlich widersinnig und muss korrigiert werden. Gleichzeitig sollte das Ortsbildinventar für grosse Städte wie Zürich überarbeitet – sprich: verschlankt – werden. Der Geist des Bewahrens muss nicht gleich komplett in die Flasche verbannt, aber in sinnvolle Schranken verwiesen werden. Manche Quartiere soll man komplett neu denken dürfen, auch in der Höhe, bei anderen soll man sich am Bestehenden orientieren und sie punktuell ganz erhalten.

So liesse sich der Widerspruch auflösen, der Markus Kägi vor zehn Jahren Kopfschmerzen bereitete. Und das Isos kann als Instrument das leisten, was man sich von ihm versprach: dazu beizutragen, dass der rasante Umbau der Städte auf überzeugende Weise gelingt. Damit sich die Zürcherinnen und Zürcher in ihrer Stadt auch künftig zu Hause fühlen und sagen können: Es ist anders als früher, aber es ist sicher nicht schlechter.

Neue Zürcher Zeitung, Do., 2024.07.11

23. April 2024Marius Huber
Neue Zürcher Zeitung

Sie planten gross und schauten nicht zurück – bis alles Geld weg war. Der Fall des Zürcher Kinderspitals

Die Geschichte hinter der Rettungsaktion für das grösste Kinderspital des Landes.

Die Geschichte hinter der Rettungsaktion für das grösste Kinderspital des Landes.

Martin Vollenwyder steht plötzlich am Pranger. Der 70-jährige ehemalige Finanzvorsteher der Stadt Zürich ist das Gesicht des grössten Kinderspitals des Landes. Seit Anfang April bekanntgeworden ist, dass der Kanton die 150 Jahre alte Institution vor dem Kollaps retten muss, wird Vollenwyder an der Tramhaltestelle erkannt. Ein wildfremder Mann beschimpfte ihn dort kürzlich lauthals als Lügner. Andere ereifern sich über den pompösen Neubau oder fordern den Rücktritt der unfähigen Führung.

Wenn Monumente wanken, werden Menschen wütend. Das war bei der Swissair so, bei der Credit Suisse – und nun auch beim Kinderspital.

Umso wichtiger ist es, die Frage des Warum zu klären. Wie ist es so weit gekommen, dass das Kinderspital mit einer dreistelligen Millionensumme vom Staat gerettet werden musste?

1. Der Stararchitekten-Vorwurf

Ein wichtiger Teil der Geschichte spielt im Winter 2012: Im alten Zürcher Zeughaus sind die Mitglieder einer Fachjury versammelt, die auch Vertreter des Spitals umfasst. Es geht um eine zentrale Weichenstellung: den Neubau für das Kinderspital.

Seit Tagen, Wochen und Monaten hat sich die Jury immer wieder über Zeichnungen und Gipsmodelle gebeugt. Von ursprünglich fünfundzwanzig Teilnehmern des Architekturwettbewerbs sind noch fünf übrig – und unter diesen gibt es einen klaren Favoriten.

Noch ahnt ausserhalb dieses Raumes niemand, dass die Basler Stararchitekten Herzog & de Meuron das neue Spital bauen werden. Und erst recht nicht, dass der Betrieb wegen dieses Vorhabens zwölf Jahre später in bedrohliche Schieflage geraten würde.

Nun erhebt sich im Zwielicht des Zeughauses Martin Meuli. Das hat selbst hier den Effekt, als betrete er eine Bühne. Er ist eine imposante Erscheinung. Lange bevor er zum gefeierten Chefchirurgen am Kinderspital wurde, hatte er eine Karriere am Opernhaus in Aussicht – die Statur und das Theatralische sind ihm geblieben.

Jetzt wolle er doch einmal sehen, ob dieses neue Spital, das es erst auf dem Papier gibt, in der Praxis etwas tauge, sagt er in seinem Churer Dialekt. Er postiert sich vor den aufgehängten Plänen, bewegt sich im Geist durch die Räume, wendet sich hierhin und dorthin und greift nach Operationsbesteck, das nicht da ist. Dann dreht er sich zum Saal um. Letzter Akt, der Moment der Entscheidung.

Für die Architekten im Raum ist der Fall klar: Herzog & de Meuron schlagen die anderen um Längen. Einleuchtende Betriebsabläufe, eine heimelige, kindgerechte Atmosphäre mit viel Holz und Pflanzen, eine unverwechselbare Erscheinung – Sieger in allen Kategorien. Und weil ihr Entwurf obendrein kompakter ist als alle anderen, sollte er laut der Kostenschätzung eines Experten auch der günstigste sein.

«So eindeutig ist das nur selten», erinnert sich Patrick Gmür, der damalige Zürcher Stadtbaumeister, der die Jury präsidierte. «Es war, als ob Real Madrid in der Schweizer Super League angetreten wäre.»

Gmür ist es auch, der erzählt, wie der Chefchirurg Meuli an jenem Tag aus seiner imaginären Operation auftauchte und sein verblüfftes Urteil abgab: Auch er finde am Projekt von Herzog & de Meuron keinen Fehler. Die Jury entscheidet einstimmig.

Zwölf Jahre später klingt alles anders: Das Kinderspital habe sich aus Prestigegründen für Stararchitektur entschieden, ohne auf die Kosten zu achten. So lautet der Vorwurf, der in der Öffentlichkeit nun die Runde macht.

Zumal die Basler weltweit Negativschlagzeilen machten, weil ihre Elbphilharmonie in Hamburg um ein Vielfaches teurer wurde als prognostiziert.

Die damaligen Spitalverantwortlichen, die Teil der Jury waren, weisen zur Verteidigung gerne darauf hin, dass der Wettbewerb anonymisiert gewesen sei. So auch der damalige Präsident der Eleonorenstiftung, der privaten Betreiberin des Spitals, in einem Gastbeitrag in der NZZ. Tatsächlich trifft dies aber nur für die erste Phase des Wettbewerbs zu, in der entscheidenden zweiten Phase wird die Anonymisierung aufgehoben – und kein Mitbewerber hat annähernd das Renommee von Herzog & de Meuron.

Knapp zwei Jahre nach dem Entscheid für den Bau von Herzog & de Meuron übernimmt Martin Vollenwyder das Präsidium des Stiftungsrats. Ihm ist offenbar bewusst, dass die Wahl kritische Fragen aufwirft. Er sagt damals öffentlich, wenn man Architekten einfach machen lasse, habe man am Schluss «einen Superbau, aber ein finanzielles Fiasko». Deshalb holt er den Experten Heini Brugger und macht ihn zum Kopf der Baukommission. Brugger hatte in Basel den Bau der neuen Messe von Herzog & de Meuron beaufsichtigt – und war im Budget geblieben.

Fast noch wichtiger: Zuvor war in Basel bereits ein vielbeachteter Spitalbau der Stararchitekten realisiert worden, ohne dass die Kosten aus dem Ruder liefen: die Basler Rehab-Klinik, die mit ihren Holzfassaden, den grünen Höfen und dem Verzicht auf lange Fluchten zur Vorlage fürs neue Kispi wurde.

Ein bescheidener Bau ist das neue Kinderspital zwar nicht. Selbst einer der Architekten, die zu den Wettbewerbsverlierern gehörten, findet aber, dass Herzog & de Meuron die Aufgabe eindrücklich gelöst hätten – auch mit Blick auf die Kosten.

Unter jenen, die mit der Materie vertraut sind, herrscht Konsens: Stararchitektur ist nicht der Grund, weshalb die Kosten für den Neubau des Kinderspitals zum Problem wurden.

Die Wurzeln des Problems reichen tiefer.

2. Die Wunschliste

Es beginnt damit, dass der Neubau das geistige Kind einer alten Welt ist. Einer Welt, in der die Zürcher Spitäler – anders als heute – davon ausgehen durften, dass ihnen der Kanton ihre Bauten zahlt. Das Kinderspital bestellt, der Kanton übernimmt die Rechnung: So wird dies 2009 in einer Vereinbarung festgehalten. Und davon geht die Eleonorenstiftung, die private Betreiberin des Spitals, aus, als sie die Kosten für den Neubau ermittelt.

Dies geschieht im Jahr 2010, lange vor dem Architekturwettbewerb, bevor jemand überhaupt wissen kann, was dereinst genau gebaut wird. So stellte es Françoise de Vries später dar, die damals in der Stiftung die Baukommission leitete und die bis heute für die Finanzierung und die strategische Steuerung des Projektes zuständig ist.

Mit anderen Worten: Als die Baukosten Jahre später, nach dem Wettbewerb, auf 550 bis 600 Millionen Franken beziffert werden, hat dies nichts mit dem konkreten Bauprojekt zu tun. Die Kostenschätzung von 2010 basiert einzig auf der abstrakten Frage: Wie viel Platz braucht das Spital?

Um sie zu klären, hatten die Verantwortlichen der Eleonorenstiftung eine Strategie erarbeitet und daraus ein Raumprogramm abgeleitet. Ihre Antwort lautete: mehr von allem – 50 Prozent mehr Fläche, 25 Prozent mehr Betten, zusätzlicher Platz für Intensivpflege und Geburten. Einerseits, weil das Kispi am alten Standort aus allen Nähten platzt, andererseits, weil man in Zukunft mit einer weiteren Zunahme der Behandlungen rechnet.

Auch der zweite Arm des Kinderspitals, der oft vergessengeht, hatte offensichtlich Ansprüche, die sich im Budget niederschlagen: die wissenschaftliche Forschung, die eng mit der Universität verbunden ist. Sie bekommt neben dem neuen Spitalgebäude einen eigenen Neubau, der mit seinen aufeinandergestapelten weissen Scheiben ans Guggenheim-Museum in New York erinnert. Seine Dimensionen sprechen für sich.

Offen bleibt, ob die Bestellung besonders grosszügig ausfiel, weil man davon ausging, dass man quasi einen Blankocheck des Kantons habe. Der damalige Stiftungsratspräsident will sich nicht mehr dazu äussern.

Aber bald darauf ist ohnehin alles anders. Die alte Welt geht unter, und die Spitäler müssen sich in einer neuen Welt zurechtfinden. In einer, in der sie selbst für ihre Bauten aufkommen müssen und gleichzeitig die Erträge zurückgehen. Grund dafür ist das neue Spitalfinanzierungsgesetz. Dieses sieht vor, dass die Spitäler ihre Infrastruktur aus den Fallpauschalen selbst finanzieren müssen.

3. Neue Spielregeln

2015 ist fürs Kinderspital ein Schicksalsjahr. Es ist das Jahr, in dem Martin Vollenwyder, der neue Präsident, ins Risiko geht. Er bewegt den Stiftungsrat dazu, den Neubau trotz komplett veränderten Spielregeln wie geplant zu realisieren und das Geld dafür selbst aufzutreiben.

Kaum ist der Achitekturwettbewerb entschieden, lässt der Kanton durchblicken, dass er die Rechnung womöglich nicht wie vereinbart bezahlen werde. Später stellt er stattdessen ein Darlehen in Aussicht.

Vollenwyder gilt als Machertyp. Er hat ein ausgereiftes Bauprojekt in der Tasche, die Zinsen fallen, die Gelegenheit ist günstig. Geduld hat am Kinderspital niemand mehr, denn Neubaupläne wurden bereits in den Achtzigern gewälzt, sie scheiterten aber jedes Mal.

Diesmal muss es klappen. Als ehemaliger Banker und Finanzvorsteher der Stadt Zürich kennt sich Vollenwyder in der Finanzbranche aus. Also geht er an die Börse und platziert zwei Anleihen über 300 Millionen Franken, zudem sichert er dem Spital einen Kredit der ZKB.

Andere wären vielleicht davor zurückgeschreckt und über die Bücher gegangen. Denn als das 600-Millionen-Franken-Projekt 2010 aufgegleist worden war, ging der Stiftungsrat primär von den Bedürfnissen des Spitals aus. Die Tragbarkeit spielte eine Nebenrolle, weil der Kanton den Bau bezahlt hätte. Nun aber ist sie plötzlich zentral.

Vollenwyder sieht trotzdem keinen Anlass, das Projekt zu redimensionieren. Der Businessplan sei aufgegangen, sagt er. Und zwar, ohne dass man spitz habe rechnen müssen. Die Alternativen wären alle teurer geworden. Und was später kam – die Corona-Pandemie, der Ukraine-Krieg –, habe niemand ahnen können.

Man könne ein Vorhaben dieser Komplexität nicht ändern, ohne viel Geld zu verlieren, sagt Vollenwyder. Er bemüht eine Bergsteiger-Metapher: «Irgendwann kommt der Punkt, an dem Umkehren das Gefährlichste ist.» Es gab am Kispi nur noch eine Richtung: vorwärts.

4. Die Existenzkrise

Zehn Jahre später, an Ostern 2024, stellt sich am Kinderspital die Frage: Tod oder Auferstehung? Am Gründonnerstag erhalten alle Mitglieder des Stiftungsrats eine kryptische E-Mail. Martin Vollenwyder lädt zu einer ausserordentlichen Sitzung. Die Kantonsregierung hat über eine überlebenswichtige Finanzhilfe fürs Spital entschieden – wie der Entscheid ausgefallen ist, steht nicht. Topsecret.

Gleich nach Ostern, einen Tag bevor die Sache öffentlich wird, treffen sich die Stiftungsräte in einem rosafarbenen Gebäude, das sonst für Schulungen genutzt wird. Nur gerade eineinviertel Stunden haben die Mitglieder Zeit, die 55 Seiten Jahres- und Finanzbericht zu prüfen, die ihnen vorgelegt werden.

Es ist der Höhepunkt einer Krise, die drei Jahre vorher Fahrt aufgenommen hat.

Im Juni 2021 trifft sich der Stiftungsrat ebenfalls zu einer ausserordentlichen Sitzung. Anlass: Der Neubau wird teurer als geplant. Vollenwyder informiert, dass die Kosten von 625 Millionen Franken auf 680 Millionen gestiegen sind und der Umzug sich um ein ganzes Jahr verzögert.

Die Pandemie hat das Kinderspital im Jahr zuvor voll getroffen. Es schreibt wie viele andere Krankenhäuser in der Schweiz ein Defizit. Wichtige Spendenanlässe fallen aus. Und auf der Baustelle für das neue Spital steht die Arbeit zeitweise still. Materialien sind nicht verfügbar oder nur zu höheren Preisen. Die Kosten schnellen in die Höhe.

Das ist für das Spital eigentlich nicht zu verkraften. In internen Diskussionen taucht darum ein Begriff auf, der die nächsten Jahre prägen wird: Impairment – eine ausserplanmässige Abschreibung.

Laut Peter Leibfried, Professor für Accounting an der Universität St. Gallen, kommt es zu einem Impairment, wenn sich unerwartet herausstellt, dass eine Investition zu einem höheren Betrag aufgeführt ist, als sie tatsächlich wert ist. Denn wert ist eine Investition – etwa ein Neubau – nicht, was sie gekostet hat, sondern nur so viel, wie sie über ihre Lebensdauer realistischerweise einbringen kann.

Wenn sich eine Investition plötzlich verteuert, driften die beiden Zahlen auseinander, die Bilanz gerät aus dem Lot. Die Geschäftsleitung muss die Differenz auf der Vermögensseite aus den Büchern streichen. Das bedeutet laut Leibfried: «Sie hat Geld vernichtet.»

Zwingend ist ein Impairment nicht, wenn sich ein Neubau verteuert. Es wird laut Leibfried nur dann notwendig, wenn es im Businessplan nicht genügend Luft hat. Wenn die budgetierten Baukosten also bereits so nahe an dem liegen, was der Bau eintragen kann, dass kaum mehr Kostensteigerungen drinliegen.

Und genau das ist das Problem des Kinderspitals. Von Anfang an wurde knapp kalkuliert. Dies geht aus einem Prüfbericht vom November 2015 hervor, den die Gesundheitsdirektion damals bei der Revisionsgesellschaft PwC in Auftrag gegeben hatte.

Das Kinderspital erwirtschaftet laut dem Bericht genug, um 500 Millionen Franken Fremdkapital verzinsen und amortisieren zu können. Weil der Neubau aber damals schon 600 Millionen kosten soll, kalkuliert die Stiftung 100 Millionen Franken ein, die sie durch Spenden und Eigenmittel decken will.

Das ist ein gewagter Plan, grössere Kostensteigerungen sieht er nicht vor. Doch genau damit sieht sich die Stiftung im Sommer 2021 konfrontiert. Sie muss also noch mehr Geld auftreiben, um die Löcher zu stopfen. Doch woher soll es kommen?

Einerseits will der Stiftungsrat noch stärker auf Spendenfang gehen. Das ohnehin schon hochgesteckte Ziel von 100 Millionen Franken wird sukzessive nach oben geschraubt: erst auf 125 Millionen, dann sogar auf 150 Millionen.

Andererseits muss das Spital das Stiftungsvermögen antasten. Damit beginnt jener Prozess, der das Kispi in Existenznöte stürzen wird. Zwischen 2019 und 2023 schmilzt das Vermögen dahin. Von einst 277 Millionen Franken sind im Dezember 2023 noch 62 Millionen übrig. Liegenschaften, die gute Mieteinnahmen generierten, werden verkauft.

Das Eigenkapital beträgt nur noch 10 Prozent – in einem gesunden Betrieb müssten es mindestens drei Mal so viel sein.

In der Krisensitzung vom Sommer 2021 glauben Vollenwyder und seine Mitstreiter noch, dass es ohne Staatshilfe geht. Doch auch der Stiftungsratspräsident weiss, wie eng die Sache ist. Teurer als 680 Millionen Franken darf der Neubau nicht werden. Nur: Es kommt noch viel schlimmer.

2022 steigen die Kosten weiter – auf 761 Millionen Franken. Von den anfänglichen 600 Millionen Franken hat sich das Kinderspital weit entfernt. Auf Druck des externen Wirtschaftsprüfers nimmt die Stiftung Impairments über insgesamt 265 Millionen Franken vor. Sie schiesst den Grossteil des Eigenkapitals sowie Spendengelder ein.

Im Mai 2023 wird die Situation allmählich kritisch. Martin Vollenwyder geht nach eigenen Angaben erstmals zur kantonalen Gesundheitsdirektorin Natalie Rickli und warnt sie davor, dass das Spital möglicherweise Geld vom Kanton benötige.

Im Herbst geht es dann Schlag auf Schlag: Zuerst sagt der externe Wirtschaftsprüfer, es müsse sofort eine tragfähige Finanzierungslösung her, sonst könne er den Jahresabschluss nicht gutheissen – ein echtes Problem für ein Unternehmen, das an der Börse Anleihen platziert hat. Dann wird ein Krisenstab eingesetzt. Martin Vollenwyder organisiert von der ZKB einen Notkredit, um es wenigstens über das Jahresende zu schaffen. Schliesslich ersucht die Stiftung beim Kanton offiziell um finanzielle Hilfe.

Am Morgen des 4. Aprils 2024 tritt Gesundheitsdirektorin Natalie Rickli vor die Medien und verkündet den Entscheid. Der Zürcher Regierungsrat gewährt für den Spitalbau ein zusätzliches Darlehen von 100 Millionen und spricht zudem 35 Millionen Franken Subventionen zur Deckung des Betriebsdefizits. Im Gegenzug muss sich die Stiftung durchleuchten lassen.

Die zentrale Frage, die sich stellt: Hätte die Stiftung anders handeln und die Krise abwenden können? Dazu hätte sie entweder mehr aus dem Betrieb rausholen oder die Baukosten senken müssen.

Den Betrieb effizienter zu machen und mehr Gewinn zu erzielen, kostet Zeit. Vollenwyder sagt, im labyrinthischen Altbau sei das schwierig. «Wie wollen Sie hier die Effizienz steigern? Unsere Ärzte legen bei der Arbeit täglich zum Teil 12 Kilometer zurück.»

Auch bei den Baukosten habe man gemacht, was möglich sei. Wenn Unternehmer etwa Preisaufschläge geltend machten, habe die Stiftung Einblick in ihre Bücher verlangt. So habe man etwa einen Betrieb erwischt, der ohne Anlass das Dreifache verlangte.

5. Die 200-Millionen-Franken-Frage

Die Hilfsaktion des Kantons rettet zwar den Neubau, doch ausgestanden ist die Krise für das Kinderspital nicht. Denn auch der Betrieb ist defizitär. Im letzten Jahr schrieb das Spital einen operativen Verlust von über 29 Millionen Franken. Solche Defizite kann sich das Kinderspital nicht leisten, weil es kaum mehr Eigenkapital hat, um die Löcher zu stopfen. Und das ist nicht alles: In vier Jahren muss es auch noch eine Anleihe über 200 Millionen Franken refinanzieren.

Damit nicht bald schon die nächste staatliche Rettung nötig wird, muss das Spital schnell wieder schwarze Zahlen schreiben. Der Businessplan, der den Weg dahin aufzeigt, ist laut den Wirtschaftsprüfern erreichbar, aber «ambitioniert».

Für den Accounting-Professor Leibfried ist klar, was dies in einem solchen Kontext heisst: Es besteht ein nennenswertes Risiko, dass es anders kommt. Als Prüfer wolle man ein Unternehmen nicht unnötig behindern. «Das führt dazu, dass Revisoren an die Grenzen dessen gehen, was nach den berufsüblichen Standards noch vertretbar ist.»

Der Stiftungsratspräsident Vollenwyder versichert, dass die Prüfer genau hingeschaut hätten. Immerhin seien die Revisionsgesellschaft des Kinderspitals und die vom Kanton beauftragten Prüfer zum gleichen Resultat gekommen. Die Ziele seien zweifellos ambitioniert, räumt er ein, aber: «Man kann nicht nicht ambitioniert sein.»

Martin Vollenwyder hatte früher in seinem Stadtratsbüro einen Sinnspruch hängen: «Ein Optimist sieht in einem Problem eine Aufgabe. Ein Pessimist sieht in einer Aufgabe ein Problem.» Es ist keine Frage, wo er sich selbst einreihen würde.

Neue Zürcher Zeitung, Di., 2024.04.23

24. Januar 2024Marius Huber
Neue Zürcher Zeitung

Das Opernhaus darf als Notlösung einen ungewöhnlichen Holzpavillon auf den «Fleischkäse» setzen. Trotz Zürichs durchzogener Bilanz mit Provisorien

Der Heimatschutz ist skeptisch, erhebt aber keinen Rekurs.

Der Heimatschutz ist skeptisch, erhebt aber keinen Rekurs.

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16. Januar 2024Marius Huber
Neue Zürcher Zeitung

«Der ‹Fleischkäse› verschwindet aus dem Stadtbild»: Warum fürs Zürcher Opernhaus nur ein Neubau infrage kommt, der deutlich höher wird als das heutige Gebäude

Platz im Untergrund zu schaffen, wäre nicht nachhaltig – und könnte den Altbau wortwörtlich in Schräglage bringen.

Platz im Untergrund zu schaffen, wäre nicht nachhaltig – und könnte den Altbau wortwörtlich in Schräglage bringen.

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Presseschau 12

08. Februar 2025Marius Huber
Neue Zürcher Zeitung

Der Architekt eines als Luxusbau verschrienen Zürcher Schulhauses sagt: «Ich würde alles noch einmal genau gleich machen»

Das Zürcher Schulhaus Leutschenbach ist nicht zum ersten Mal in den Schlagzeilen – zu Unrecht, findet Christian Kerez.

Das Zürcher Schulhaus Leutschenbach ist nicht zum ersten Mal in den Schlagzeilen – zu Unrecht, findet Christian Kerez.

Für den Architekten Christian Kerez muss es sich unangenehm vertraut anfühlen, wie das Aufplatzen einer alten Wunde. Das spektakuläre Zürcher Schulhaus Leutschenbach mit der Turnhalle auf dem Dach, eröffnet vor 15 Jahren, wird regelmässig als Beispiel herangezogen, wenn die Stadt Zürich für ihre Bauten kritisiert wird. Ein effekthaschender Luxusbau sei das, Kunst um der Kunst willen, viel zu teuer. Diese Vorwürfe wiederholen sich jetzt erneut auf allen Kanälen, weil bekanntgeworden ist, dass das Schulhaus im Sommer wegen Lärmproblemen nachgebessert werden musste.

Herr Kerez, wenn Sie noch einmal zurückkönnten: Was würden Sie am Schulhaus Leutschenbach anders machen?

Ich schaue es mir immer noch sehr gerne an, es ist grosszügig und abwechslungsreich. Ich würde alles noch einmal genau gleich machen.

Obwohl Sie dadurch im Ruf stehen, einer zu sein, der zu teuer baut und primär auf Architekturpreise aus ist?

Diese Kritik kommt meist von Leuten, die das Schulhaus nie von innen gesehen und erlebt haben. Viel wichtiger sind mir die Reaktionen der Direktbetroffenen.

Wenn Sie die Kritik wirklich kaltliesse, sässen wir kaum hier.

Ich möchte einiges klarstellen. Von den 64 Millionen Franken Anlagekosten, von denen immer geschrieben wird, sind lediglich 40,5 Millionen reine Gebäudekosten. Ich will mich gegen das schlechte Image dieses Schulhauses wehren – auch im Namen der Schüler, die dort einen wichtigen Abschnitt ihres Lebens verbringen und stolz sind auf ihre Schule.

Den Schülern macht doch gar niemand einen Vorwurf.

Aber als Schüler identifiziert man sich mit seiner Schule. Darum ist es wichtig, dass Schulhäuser unterschiedlich aussehen und eine eigene Persönlichkeit haben. Die Fussballmannschaft aus dem Leutschenbach hat die besondere Form ihres Schulhauses auf den Trikots abgebildet – das bedeutet mir mehr als mancher Architekturpreis.

Was sagen Sie zum Vorwurf der eitlen Spektakelarchitektur: Ist es nicht ein Fakt, dass es auch viel einfacher ginge?

Wir haben den Wettbewerb damals nicht gewonnen, weil wir ein Spektakel boten. Sondern weil wir Platz für einen öffentlichen Park gewonnen haben, indem wir in die Höhe bauten.

Auch in die Höhe bauen kann man konventioneller – ohne komplexe Statik aus dem Brückenbau und schwebende Geschosse.

Bauen ist nirgends so teuer wie in der Schweiz, und, ja, auch das Schulhaus Leutschenbach war teuer. Aber der Schein trügt. Viele halten es für teurer, als es war, weil die Fachwerkbauweise aus Stahl im Schulhausbau ungewohnt ist. Im Brückenbau, wo sie herkommt, wird sie angewandt, um Kosten zu sparen. Aber im zwinglianischen Zürich ist etwas gleich verdächtig, wenn es aus dem Rahmen fällt.

Pro Kubikmeter war das Schulhaus zu seiner Zeit eines der teureren.

Das ist richtig. Aber das liegt daran, dass es eine extrem kompakte Anlage mit sparsamen Grundrissen ist. Die Kosten pro Klassenzimmer liegen leicht unter dem Durchschnitt der Schulhäuser jener Zeit.

Allerdings heisst es unter Architekten heute, dass sich seit dem Leutschenbach kaum noch jemand traue, im Schulhausbau Experimente zu wagen. Ohne Grund wurde es kaum zur Zäsur.

Ich dachte damals, dass ich die Tür öffne für andere, die Experimente wagen. Tatsächlich hat das Leutschenbach kaum zu Veränderungen geführt. Es gab allerdings einen Wandel, der ausgelöst wurde durch eine politisch motivierte Polemik, dass die öffentliche Hand zu teuer baue. Als Folge davon hat man den Schulhausbau privatisiert. Und was ist passiert? Die teuerste Schulhausanlage in der Stadt Zürich ist die ZHdK, die Hochschule der Künste. Der Kanton ist dort nur Mieter der Allreal. Diese Schule hat 550 Millionen Franken Baukosten verschlungen. 550 Millionen! Aber kaum jemand spricht darüber.

Warum überhaupt Experimente? Was spricht dagegen, einen Zweckbau nach bewährtem Muster zu erstellen?

Weil Vielfalt wichtig ist. Ein Experiment muss auch nicht teuer sein. Man kann anders bauen und trotzdem billig. Ich baue mit meinem Büro zurzeit 450 Wohnungen in Südamerika – jede davon kostet weniger als 35 000 Franken.

Ein Experiment bedeutet doch per definitionem mehr Unwägbarkeit, auch finanziell. Dass ausgefallene Bauten teurer werden als geplant, ist die Regel. Auch bei Ihnen hat sich die Bauzeit damals verlängert.

Ich habe als junger Architekt einen Fehler gemacht: Wir haben den Kostenvoranschlag unter politischem Druck linear um 5 Prozent gekürzt. Wir dachten, wir könnten nicht nur alles besser, sondern auch etwas billiger machen. Das war ein Irrtum, diese freiwilligen Kürzungen haben uns am Ende gefehlt.

Sind sich Baukünstler nicht einfach zu schade dafür, auch einmal einen Entwurf abzuliefern, der nicht alles neu erfindet?

Ich beobachte etwas anderes: Wettbewerbe schränken heute den Spielraum von Architekten so stark ein, dass sich die verschiedenen Projekte kaum noch unterscheiden. Vielleicht braucht es in Zukunft gar keine Architekten mehr, weil eine KI die strengen Vorgaben besser umsetzen kann.

Abgesehen von einem tollen Motiv fürs Fussballtrikot: Was haben Kinder und die Lehrer davon, wenn ihnen der Staat eine Architektur-Ikone als Schulhaus hinstellt?

In diesem Schulhaus gibt es ganz viele unterschiedliche Räume. Eine reichhaltige räumliche Organisation, die dank der Stahlkonstruktion sehr direkt umgesetzt werden konnte.

Man wird den Verdacht nicht los, dass am Anfang der Wunsch des Architekten stand, diese aufregende Konstruktion zu errichten. Und alles andere musste sich dann danach richten, bis hin zur kühlen Materialisierung aus Stahl, Beton und Industrieglas.

Überhaupt nicht, die erste Idee war der Aussenplatz. Wir wollen nicht wie alle anderen hier eine Turnhalle und da die Klassenzimmer hinstellen, deshalb stapelten wir alles aufeinander. Daraus ergab sich die Frage, wie man den Weg von unten nach oben ansprechend gestaltet. So kamen wir auf die Organisation der Räume. Und erst daraus ergaben sich die Statik und das Material.

Was wussten Sie über die Bedürfnisse von Kindern, als Sie das Haus entworfen haben?

Sehr viel! Der spätere Schulleiter und ein Vertreter des pädagogischen Dienstes waren Teil der Wettbewerbsjury. Und in einer zweiten Phase konnten sich auch Lehrer mit ihren Wünschen einbringen. Dieses Projekt habe ich nicht im Alleingang entwickelt. Darum wehre ich mich gegen den Vorwurf, es sei mir nur um die Architektur gegangen. Die Auszeichnungen bekam das Gebäude später auch deshalb, weil es im Schulhausbau damals als vorbildlich galt. Unter anderem wegen der grossen Gemeinschaftszonen und der guten Nutzung vom Tageslicht.

Pädagogische Fachleute sind das eine, die Perspektive von Kindern ist etwas anderes. Wie kommen Sie darauf, dass sich Kinder leere Räume aus Stahl, Beton und Industrieglas wünschen?

Als Architekt bereite ich nur die Bühne, auf der sich die Kinder ausdrücken können – Farbe und Reichtum bringen diese selbst rein. Meine Architektur ist bewusst karg, aus Respekt vor den Nutzern.

Auch zu den fehlenden Nischen sagten Sie einmal, dass die Kinder sich diese selbst erkämpfen müssten. Eine seltsam harte Haltung.

Ich erinnere mich an meine eigene Kindheit. Das Erlebnis dieser weiten Pausenplätze ohne Versteckmöglichkeiten war grossartig. Gleichzeitig hat man als Kind stets auch Nischen gefunden und sich in diesen exponierten Räumen eingerichtet. Die verborgenen Nischen, die die Lehrer nicht kannten, haben uns mehr interessiert als jene, die von den Lehrern für uns eingerichtet wurden. Auch das will ich als Architekt nicht vorwegnehmen.

Das neue Zürcher Kinderspital von Herzog & de Meuron sorgt mit einem ganz anderen Ansatz für Aufsehen: Es will Geborgenheit vermitteln und setzt auf viel Holz, auf Pflanzen und auf Nischen.

Das finde ich wunderbar – ich war übrigens Teil der Jury. Aber es ist ein Spital, das ist etwas anderes. Wobei ich nicht ausschliessen will, dass man im Schulhausbau auch einen solchen Weg gehen kann.

Wenn Architekten wegen der Polemik ums Leutschenbach wirklich ängstlicher geworden sind und sich weniger trauen: Warum sind dann die neuesten Zürcher Schulhäuser noch teurer geworden?

Wenigstens sehen diese Schulen billig aus, dann muss sich ja niemand mehr drüber ärgern. (Lacht.) Architekten müssen immer mehr und aufwendigere gesetzliche Auflagen erfüllen. Ob es nun um Materialien geht, um Energieeffizienz oder Befindlichkeiten – es ist verrückt. Das treibt die Kosten in die Höhe und führt dazu, dass sich heutige Schulhäuser kaum noch voneinander unterscheiden.

Man könnte auch hier günstiger bauen, das hat zum Beispiel die private Zurich International School mit ihrem Campus gezeigt.

Der Architekt Marc Angélil hat für diese private Bauherrschaft viel weniger Auflagen erfüllen müssen. Diese Schule hat etwa kein Minergie-Label.

Könnte es daran liegen, dass diese Schule im Gegensatz zur Stadt Zürich im Leutschenbach nicht ein Zeichen für herausragende Baukultur setzen wollte?

Nein, noch einmal: Das Leutschenbach mag teuer aussehen, aber kostenmässig ist es ein durchschnittliches Schulhaus.

Sollte man angesichts stark schwankender Schülerzahlen nicht konsequent auf modulare, erweiterbare Schulen setzen statt auf in sich geschlossene Bildungstempel?

In einem Zürcher Schulmodul kostet ein Klassenzimmer fast gleich viel wie in einem Neubau. Die Kosten senkt man so also kaum. Und schauen Sie nach Frankreich: Dort hat man extrem günstig gebaut, alles vorfabriziert. Bei den Unruhen in den Banlieues wurden diese Schulen angezündet, weil sie als Ausdruck der Hoffnungslosigkeit wahrgenommen werden. Das kann man dem Leutschenbach und der Stadt Zürich nicht vorwerfen.

Warum haben Sie eigentlich nach dem Leutschenbach nie mehr ein Schulhaus gebaut?

Das klingt angesichts der schlechten Presse zurzeit vielleicht seltsam, aber ich habe damals jahrelang all meine Energie in dieses Projekt investiert. Danach fand ich, dass ich für mich das bestmögliche Schulhaus gebaut habe. Da braucht es kein zweites mehr.

Neue Zürcher Zeitung, Sa., 2025.02.08



verknüpfte Bauwerke
Schulanlage Leutschenbach

24. Januar 2025Marius Huber
Neue Zürcher Zeitung

Zürichs berühmtestes Schulhaus ist ein Traum für Architekten, aber bewährte sich im Alltag nicht. Darum musste die Stadt teuer nachbessern

Es ist nicht so, dass diese Entlarvung der Zürcher Eitelkeit unvermeidlich gewesen wäre. Denn es gab rund um den Bau des Zürcher Schulhauses Leutschenbach...

Es ist nicht so, dass diese Entlarvung der Zürcher Eitelkeit unvermeidlich gewesen wäre. Denn es gab rund um den Bau des Zürcher Schulhauses Leutschenbach...

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verknüpfte Bauwerke
Schulanlage Leutschenbach

02. Oktober 2024Marius Huber
Neue Zürcher Zeitung

«Spitäler gehören zu den hässlichsten Orten der Welt», sagt der Stararchitekt Jacques Herzog – aber nicht dieses: So sieht das neue Zürcher Kinderspital aus

Einen Monat vor der Eröffnung tritt die leidvolle Baugeschichte mit den Verzögerungen und Finanzierungsproblemen in den Hintergrund.

Einen Monat vor der Eröffnung tritt die leidvolle Baugeschichte mit den Verzögerungen und Finanzierungsproblemen in den Hintergrund.

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04. September 2024Marius Huber
Neue Zürcher Zeitung

Einst als «Rosthaufen» verspottet, ist die Zürcher Pyramide am See jetzt tatsächlich verrostet. Die Schönheitsklinik zieht aus

Das Gebäude in seiner bisherigen Gestalt zu erhalten, ist nicht trivial.

Das Gebäude in seiner bisherigen Gestalt zu erhalten, ist nicht trivial.

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11. Juli 2024Marius Huber
Neue Zürcher Zeitung

Heimatschutz der bizarren Sorte: Man kann nicht die ganze Stadt Zürich bewahren. Sonst kommt ihr die Zukunft abhanden

Der Ortsbildschutz ist, wie er heute angewendet wird, mehr Fluch als Segen. Dabei könnte er zur Lösung eines grossen Problems beitragen.

Der Ortsbildschutz ist, wie er heute angewendet wird, mehr Fluch als Segen. Dabei könnte er zur Lösung eines grossen Problems beitragen.

Er sah das Unheil kommen. An einem wolkenlosen Tag im Januar 2014 schickte der damalige Zürcher Baudirektor Markus Kägi einen besorgten Brief an den Bundesrat. Denn das, was da auf seinem Pult lag, ergab einfach keinen Sinn.

Da war einerseits das neue Raumplanungsgesetz, das bald in Kraft treten sollte. Ein grosser Umbauplan zur Verdichtung bestehender Städte nach innen, um die weitere Zersiedlung des Landes zu verhindern.

Aber da war noch ein anderer Plan, der ebenfalls bald Gültigkeit erlangen sollte, und der widersprach dem ersten. Eine Karte, angelegt in akribischer Arbeit von Angestellten des Bundesamtes für Kultur zur Erweiterung des Bundesinventars der schützenswerten Ortsbilder (Isos). Sie zeigte Strassenzug für Strassenzug, welche Teile der Stadt Zürich in der einen oder anderen Form für die Nachwelt erhalten werden sollten. Es waren über drei Viertel der gesamten Stadt.

Man erkennt auf den ersten Blick: Das ist zu viel. Eine Stadt ist ein lebendiger Organismus. Wenn er sich nicht entwickeln kann, stirbt er. Man muss darum auch loslassen können – bei allem legitimen Interesse am Heimatschutz, der in der Verfassung verankert ist.

Die Experten des Bundes zerstreuten vor zehn Jahren jedoch die Sorgen von Kägi und anderen Zürcher Baufachleuten. Das Ortsbildinventar sei keine definitive Schutzverfügung, sondern nur Verhandlungsgrundlage. Wo das öffentliche Interesse am Umbau der Stadt nachweislich überwiege, stehe dem nichts im Weg.

Darauf zu vertrauen, war ein Fehler, wie sich nun zeigt. Solche Regelwerke entwickeln ein Eigenleben, wenn man keine klaren Grenzen zieht. Es ist wie mit dem ungebetenen Gast, der nur fünf Minuten bleiben will, aber für vier Wochen gepackte Reisekoffer bei sich hat: Wenn man ihn hereinlässt, darf man sich hinterher nicht wundern.

Vor Gerichten hat sich inzwischen eine kafkaeske Auslegung der rechtlichen Grundlagen des Inventars eingeschlichen. Diese Rechtsprechung widerspricht der ursprünglichen Intention und verhindert selbst sorgfältig begründete Bauvorhaben. Dennoch wird sie von allen möglichen Bremsern konsequent angewendet – von Heimatschützern aus Überzeugung, von Nachbarn aus Eigeninteresse, von Richtern aus schlafwandlerischer Gleichgültigkeit.

Darin kommt eine Eigenart dieses übervorsichtigen Landes zum Ausdruck: Der Geist des Bewahrens wirkt stark, und er hat in Justiz und Bürokratie willfährige Diener.

Dies belegt derzeit auch das überarbeitete Regelwerk der Stadt Zürich für den Bau von Hochhäusern: Spielte man anfangs noch mit dem Gedanken, in der Ebene mehr und höhere Bauten zuzulassen als heute, hat sich dies im Endresultat ins Gegenteil verkehrt.
Bausünden sind Ursache der Ängstlichkeit

Zürich hätte einen anderen Geist nötig, denn die Stadt wächst rasant und braucht dringend mehr Wohnungen. Gefragt ist auch ein qualitatives Wachstum. Arbeitsmodelle und Lebensentwürfe wandeln sich, der Bankenplatz verliert an Bedeutung, die Tech-Branche zieht gut ausgebildete Menschen aus aller Welt an. Gleichzeitig sorgt die Klimaerwärmung für Bedingungen, für die Zürich nicht gemacht ist.

All das bedeutet: Wenn diese Stadt ein lebenswertes Zuhause für alle bleiben soll, muss sie sich schnell und zugleich mit Bedacht anpassen. Sie braucht Mut, Optimismus und Klugheit. Der Impuls zur flächendeckenden Konservierung einer Kulisse wie aus der «Kleinen Niederdorfoper» ist Realitätsverweigerung.

Regelwerke wie das Ortsbildinventar Isos müssen in den Zentren, auf die sich der Wandel des Landes konzentriert, so schlank wie möglich gehalten werden. Und gleichzeitig so streng wie nötig, damit die Bevölkerung vom Wandel nicht überfordert wird und in den Widerstand geht. Diese Balance ist offensichtlich nicht gefunden.

Es ist durchaus sinnvoll, identitätsstiftende Bereiche der Stadt zu bewahren und die Tradition bei Neubauprojekten zu berücksichtigen. Doch es wird schnell übers Ziel hinausgeschossen. Grund ist ein Mangel an Vorstellungskraft, dass es besser werden könnte, wenn es anders wird.

Dies ist erstens der Tatsache geschuldet, dass sich Zürich heute punkto Lebensqualität weltweit an der Spitze befindet. Wenn man sich bewegt, kann es nur abwärtsgehen, denken viele. Sie verkennen, dass die Welt sich weiterdreht und die Grundlagen von Wohlstand immer wieder neu geschaffen werden müssen. Auch in städtebaulicher Hinsicht.

Zweitens sind die Generationen, die heute den Ton angeben, traumatisiert von Fehlentwicklungen der jüngeren Vergangenheit. Die rabiaten Eingriffe ins historische Gefüge von Ortschaften während des Baubooms der sechziger und siebziger Jahre wirken bis heute nach.

Das ist verständlich. Aber eine gesunde Skepsis gegenüber unbedachten Veränderungen ist das eine, daraus ein pessimistisches Naturgesetz abzuleiten, etwas ganz anderes.

Die zentrale Frage: Wie stellt man sicher, dass es gutkommt?

Man sollte sich vor Augen halten: Alles, was heute als erhaltenswert gilt, musste auch erst einmal gebaut werden. Der Preis war stets, dass etwas anderes verschwindet – und es waren nicht immer nur grüne Wiesen.

Eindrücklichstes Beispiel ist das verwinkelte Kratzquartier, das sich bis Ende des 19. Jahrhunderts auf der Seeseite des Fraumünsters befand. Es wurde geschleift, um Platz für die repräsentative Zeile an der Limmat zu schaffen. Stadthaus, Nationalbank, Bürkliplatz: All das gäbe es nicht, wenn damals der gleiche Geist geherrscht hätte wie heute.

Es gibt auch abschreckende Beispiele: grössenwahnsinnige Visionen für einen Totalumbau Zürichs, wie sie der Stadtrat vor hundert Jahren anstiess. Damals lancierte der Architekt Karl Moser die Idee, die Altstadt zu planieren und beidseits der Limmat gläserne Türme zu errichten. Rückblickend ist es ein Glück, dass dieser radikale Plan versandete.

Dies führt zur entscheidenden Frage: Wie lässt sich in der Bevölkerung Vertrauen schaffen, dass es gutkommt, wenn es anders wird? Mit welchen Mitteln lassen sich schlechte Bauvorhaben von solchen trennen, die dereinst als Gewinn empfunden werden? Teil der Antwort – auch wenn das paradox klingt – könnte das Ortsbildinventar Isos sein.

Auf den ersten Blick wirken die Schutzkategorien dieses Inventars sehr streng. Sie reichen von einem Abbruchverbot bis zu dem Gebot, dass ein Gleichgewicht zwischen Alt- und Neubauten bestehen müsse. Doch selbst die strengste Kategorie gilt nicht absolut. Das wäre auch verfehlt, handelt es sich doch um eine Expertenmeinung ohne demokratische Legitimation und Mitsprachemöglichkeiten.

Die Isos-Autoren haben selbst immer wieder darauf hingewiesen, und sie betonen es auch in einem aktuellen Bericht des Bundes, der den Gemeinden helfen soll, das Isos korrekt zu interpretieren. Das Inventar sei nur «eine von mehreren Grundlagen» bei der Interessenabwägung, wenn Städte verdichtet würden.

Es soll «Tabula-rasa-Planungen» verhindern und sicherstellen, dass sich Bauherren Gedanken zur Identität eines Ortes machen, wenn sie mit ihren Projekten durchkommen wollen. Stadt- und Raumplaner – auch solche aus Zürich – sahen es deshalb sogar als eine Chance, Sünden der Vergangenheit zu korrigieren und «Stadtreparatur» zu betreiben.

Eine Versicherung also gegen unsensible Eingriffe und grössenwahnsinnige Visionen. Vor allem auch in kleineren Gemeinden, wo die Baubehörden oft nicht gut genug dotiert oder willens sind, der Einordnung von Neubauten ins Ortsbild Rechnung zu tragen.

Welche Fehler schnell korrigiert werden müssen

Das hat anfangs nicht schlecht funktioniert, doch inzwischen ist die Sache entgleist: Ein lange unbeachteter Paragraf ist vor Bundesgericht auf unerwartete Art zu einer destruktiven Kraft mutiert. Es handelt sich um eine Ausnahmeregelung, die besagt, dass die Isos-Bestimmungen in einem speziellen Fall ohne Wenn und Aber gelten: bei Erfüllung einer Bundesaufgabe, an der kein zwingendes nationales Interesse besteht.

Gemeint war offensichtlich, dass der Bund nicht einfach sein eigenes Inventar übersteuern darf, um zum Beispiel einen Waffenplatz mitten in die Zürcher Altstadt zu bauen. Angewendet wird die Ausnahmeregelung heute aber auch dann, wenn Dritte in einem Isos-Gebiet bauen wollen und nur am Rand eine Bundesaufgabe tangiert ist – es genügt schon, wenn das Fundament ins Grundwasser ragt. Ergebnis ist de facto ein flächendeckendes Neubauverbot auf einem grossen Teil der Stadt Zürich.

Das ist offensichtlich widersinnig und muss korrigiert werden. Gleichzeitig sollte das Ortsbildinventar für grosse Städte wie Zürich überarbeitet – sprich: verschlankt – werden. Der Geist des Bewahrens muss nicht gleich komplett in die Flasche verbannt, aber in sinnvolle Schranken verwiesen werden. Manche Quartiere soll man komplett neu denken dürfen, auch in der Höhe, bei anderen soll man sich am Bestehenden orientieren und sie punktuell ganz erhalten.

So liesse sich der Widerspruch auflösen, der Markus Kägi vor zehn Jahren Kopfschmerzen bereitete. Und das Isos kann als Instrument das leisten, was man sich von ihm versprach: dazu beizutragen, dass der rasante Umbau der Städte auf überzeugende Weise gelingt. Damit sich die Zürcherinnen und Zürcher in ihrer Stadt auch künftig zu Hause fühlen und sagen können: Es ist anders als früher, aber es ist sicher nicht schlechter.

Neue Zürcher Zeitung, Do., 2024.07.11

23. April 2024Marius Huber
Neue Zürcher Zeitung

Sie planten gross und schauten nicht zurück – bis alles Geld weg war. Der Fall des Zürcher Kinderspitals

Die Geschichte hinter der Rettungsaktion für das grösste Kinderspital des Landes.

Die Geschichte hinter der Rettungsaktion für das grösste Kinderspital des Landes.

Martin Vollenwyder steht plötzlich am Pranger. Der 70-jährige ehemalige Finanzvorsteher der Stadt Zürich ist das Gesicht des grössten Kinderspitals des Landes. Seit Anfang April bekanntgeworden ist, dass der Kanton die 150 Jahre alte Institution vor dem Kollaps retten muss, wird Vollenwyder an der Tramhaltestelle erkannt. Ein wildfremder Mann beschimpfte ihn dort kürzlich lauthals als Lügner. Andere ereifern sich über den pompösen Neubau oder fordern den Rücktritt der unfähigen Führung.

Wenn Monumente wanken, werden Menschen wütend. Das war bei der Swissair so, bei der Credit Suisse – und nun auch beim Kinderspital.

Umso wichtiger ist es, die Frage des Warum zu klären. Wie ist es so weit gekommen, dass das Kinderspital mit einer dreistelligen Millionensumme vom Staat gerettet werden musste?

1. Der Stararchitekten-Vorwurf

Ein wichtiger Teil der Geschichte spielt im Winter 2012: Im alten Zürcher Zeughaus sind die Mitglieder einer Fachjury versammelt, die auch Vertreter des Spitals umfasst. Es geht um eine zentrale Weichenstellung: den Neubau für das Kinderspital.

Seit Tagen, Wochen und Monaten hat sich die Jury immer wieder über Zeichnungen und Gipsmodelle gebeugt. Von ursprünglich fünfundzwanzig Teilnehmern des Architekturwettbewerbs sind noch fünf übrig – und unter diesen gibt es einen klaren Favoriten.

Noch ahnt ausserhalb dieses Raumes niemand, dass die Basler Stararchitekten Herzog & de Meuron das neue Spital bauen werden. Und erst recht nicht, dass der Betrieb wegen dieses Vorhabens zwölf Jahre später in bedrohliche Schieflage geraten würde.

Nun erhebt sich im Zwielicht des Zeughauses Martin Meuli. Das hat selbst hier den Effekt, als betrete er eine Bühne. Er ist eine imposante Erscheinung. Lange bevor er zum gefeierten Chefchirurgen am Kinderspital wurde, hatte er eine Karriere am Opernhaus in Aussicht – die Statur und das Theatralische sind ihm geblieben.

Jetzt wolle er doch einmal sehen, ob dieses neue Spital, das es erst auf dem Papier gibt, in der Praxis etwas tauge, sagt er in seinem Churer Dialekt. Er postiert sich vor den aufgehängten Plänen, bewegt sich im Geist durch die Räume, wendet sich hierhin und dorthin und greift nach Operationsbesteck, das nicht da ist. Dann dreht er sich zum Saal um. Letzter Akt, der Moment der Entscheidung.

Für die Architekten im Raum ist der Fall klar: Herzog & de Meuron schlagen die anderen um Längen. Einleuchtende Betriebsabläufe, eine heimelige, kindgerechte Atmosphäre mit viel Holz und Pflanzen, eine unverwechselbare Erscheinung – Sieger in allen Kategorien. Und weil ihr Entwurf obendrein kompakter ist als alle anderen, sollte er laut der Kostenschätzung eines Experten auch der günstigste sein.

«So eindeutig ist das nur selten», erinnert sich Patrick Gmür, der damalige Zürcher Stadtbaumeister, der die Jury präsidierte. «Es war, als ob Real Madrid in der Schweizer Super League angetreten wäre.»

Gmür ist es auch, der erzählt, wie der Chefchirurg Meuli an jenem Tag aus seiner imaginären Operation auftauchte und sein verblüfftes Urteil abgab: Auch er finde am Projekt von Herzog & de Meuron keinen Fehler. Die Jury entscheidet einstimmig.

Zwölf Jahre später klingt alles anders: Das Kinderspital habe sich aus Prestigegründen für Stararchitektur entschieden, ohne auf die Kosten zu achten. So lautet der Vorwurf, der in der Öffentlichkeit nun die Runde macht.

Zumal die Basler weltweit Negativschlagzeilen machten, weil ihre Elbphilharmonie in Hamburg um ein Vielfaches teurer wurde als prognostiziert.

Die damaligen Spitalverantwortlichen, die Teil der Jury waren, weisen zur Verteidigung gerne darauf hin, dass der Wettbewerb anonymisiert gewesen sei. So auch der damalige Präsident der Eleonorenstiftung, der privaten Betreiberin des Spitals, in einem Gastbeitrag in der NZZ. Tatsächlich trifft dies aber nur für die erste Phase des Wettbewerbs zu, in der entscheidenden zweiten Phase wird die Anonymisierung aufgehoben – und kein Mitbewerber hat annähernd das Renommee von Herzog & de Meuron.

Knapp zwei Jahre nach dem Entscheid für den Bau von Herzog & de Meuron übernimmt Martin Vollenwyder das Präsidium des Stiftungsrats. Ihm ist offenbar bewusst, dass die Wahl kritische Fragen aufwirft. Er sagt damals öffentlich, wenn man Architekten einfach machen lasse, habe man am Schluss «einen Superbau, aber ein finanzielles Fiasko». Deshalb holt er den Experten Heini Brugger und macht ihn zum Kopf der Baukommission. Brugger hatte in Basel den Bau der neuen Messe von Herzog & de Meuron beaufsichtigt – und war im Budget geblieben.

Fast noch wichtiger: Zuvor war in Basel bereits ein vielbeachteter Spitalbau der Stararchitekten realisiert worden, ohne dass die Kosten aus dem Ruder liefen: die Basler Rehab-Klinik, die mit ihren Holzfassaden, den grünen Höfen und dem Verzicht auf lange Fluchten zur Vorlage fürs neue Kispi wurde.

Ein bescheidener Bau ist das neue Kinderspital zwar nicht. Selbst einer der Architekten, die zu den Wettbewerbsverlierern gehörten, findet aber, dass Herzog & de Meuron die Aufgabe eindrücklich gelöst hätten – auch mit Blick auf die Kosten.

Unter jenen, die mit der Materie vertraut sind, herrscht Konsens: Stararchitektur ist nicht der Grund, weshalb die Kosten für den Neubau des Kinderspitals zum Problem wurden.

Die Wurzeln des Problems reichen tiefer.

2. Die Wunschliste

Es beginnt damit, dass der Neubau das geistige Kind einer alten Welt ist. Einer Welt, in der die Zürcher Spitäler – anders als heute – davon ausgehen durften, dass ihnen der Kanton ihre Bauten zahlt. Das Kinderspital bestellt, der Kanton übernimmt die Rechnung: So wird dies 2009 in einer Vereinbarung festgehalten. Und davon geht die Eleonorenstiftung, die private Betreiberin des Spitals, aus, als sie die Kosten für den Neubau ermittelt.

Dies geschieht im Jahr 2010, lange vor dem Architekturwettbewerb, bevor jemand überhaupt wissen kann, was dereinst genau gebaut wird. So stellte es Françoise de Vries später dar, die damals in der Stiftung die Baukommission leitete und die bis heute für die Finanzierung und die strategische Steuerung des Projektes zuständig ist.

Mit anderen Worten: Als die Baukosten Jahre später, nach dem Wettbewerb, auf 550 bis 600 Millionen Franken beziffert werden, hat dies nichts mit dem konkreten Bauprojekt zu tun. Die Kostenschätzung von 2010 basiert einzig auf der abstrakten Frage: Wie viel Platz braucht das Spital?

Um sie zu klären, hatten die Verantwortlichen der Eleonorenstiftung eine Strategie erarbeitet und daraus ein Raumprogramm abgeleitet. Ihre Antwort lautete: mehr von allem – 50 Prozent mehr Fläche, 25 Prozent mehr Betten, zusätzlicher Platz für Intensivpflege und Geburten. Einerseits, weil das Kispi am alten Standort aus allen Nähten platzt, andererseits, weil man in Zukunft mit einer weiteren Zunahme der Behandlungen rechnet.

Auch der zweite Arm des Kinderspitals, der oft vergessengeht, hatte offensichtlich Ansprüche, die sich im Budget niederschlagen: die wissenschaftliche Forschung, die eng mit der Universität verbunden ist. Sie bekommt neben dem neuen Spitalgebäude einen eigenen Neubau, der mit seinen aufeinandergestapelten weissen Scheiben ans Guggenheim-Museum in New York erinnert. Seine Dimensionen sprechen für sich.

Offen bleibt, ob die Bestellung besonders grosszügig ausfiel, weil man davon ausging, dass man quasi einen Blankocheck des Kantons habe. Der damalige Stiftungsratspräsident will sich nicht mehr dazu äussern.

Aber bald darauf ist ohnehin alles anders. Die alte Welt geht unter, und die Spitäler müssen sich in einer neuen Welt zurechtfinden. In einer, in der sie selbst für ihre Bauten aufkommen müssen und gleichzeitig die Erträge zurückgehen. Grund dafür ist das neue Spitalfinanzierungsgesetz. Dieses sieht vor, dass die Spitäler ihre Infrastruktur aus den Fallpauschalen selbst finanzieren müssen.

3. Neue Spielregeln

2015 ist fürs Kinderspital ein Schicksalsjahr. Es ist das Jahr, in dem Martin Vollenwyder, der neue Präsident, ins Risiko geht. Er bewegt den Stiftungsrat dazu, den Neubau trotz komplett veränderten Spielregeln wie geplant zu realisieren und das Geld dafür selbst aufzutreiben.

Kaum ist der Achitekturwettbewerb entschieden, lässt der Kanton durchblicken, dass er die Rechnung womöglich nicht wie vereinbart bezahlen werde. Später stellt er stattdessen ein Darlehen in Aussicht.

Vollenwyder gilt als Machertyp. Er hat ein ausgereiftes Bauprojekt in der Tasche, die Zinsen fallen, die Gelegenheit ist günstig. Geduld hat am Kinderspital niemand mehr, denn Neubaupläne wurden bereits in den Achtzigern gewälzt, sie scheiterten aber jedes Mal.

Diesmal muss es klappen. Als ehemaliger Banker und Finanzvorsteher der Stadt Zürich kennt sich Vollenwyder in der Finanzbranche aus. Also geht er an die Börse und platziert zwei Anleihen über 300 Millionen Franken, zudem sichert er dem Spital einen Kredit der ZKB.

Andere wären vielleicht davor zurückgeschreckt und über die Bücher gegangen. Denn als das 600-Millionen-Franken-Projekt 2010 aufgegleist worden war, ging der Stiftungsrat primär von den Bedürfnissen des Spitals aus. Die Tragbarkeit spielte eine Nebenrolle, weil der Kanton den Bau bezahlt hätte. Nun aber ist sie plötzlich zentral.

Vollenwyder sieht trotzdem keinen Anlass, das Projekt zu redimensionieren. Der Businessplan sei aufgegangen, sagt er. Und zwar, ohne dass man spitz habe rechnen müssen. Die Alternativen wären alle teurer geworden. Und was später kam – die Corona-Pandemie, der Ukraine-Krieg –, habe niemand ahnen können.

Man könne ein Vorhaben dieser Komplexität nicht ändern, ohne viel Geld zu verlieren, sagt Vollenwyder. Er bemüht eine Bergsteiger-Metapher: «Irgendwann kommt der Punkt, an dem Umkehren das Gefährlichste ist.» Es gab am Kispi nur noch eine Richtung: vorwärts.

4. Die Existenzkrise

Zehn Jahre später, an Ostern 2024, stellt sich am Kinderspital die Frage: Tod oder Auferstehung? Am Gründonnerstag erhalten alle Mitglieder des Stiftungsrats eine kryptische E-Mail. Martin Vollenwyder lädt zu einer ausserordentlichen Sitzung. Die Kantonsregierung hat über eine überlebenswichtige Finanzhilfe fürs Spital entschieden – wie der Entscheid ausgefallen ist, steht nicht. Topsecret.

Gleich nach Ostern, einen Tag bevor die Sache öffentlich wird, treffen sich die Stiftungsräte in einem rosafarbenen Gebäude, das sonst für Schulungen genutzt wird. Nur gerade eineinviertel Stunden haben die Mitglieder Zeit, die 55 Seiten Jahres- und Finanzbericht zu prüfen, die ihnen vorgelegt werden.

Es ist der Höhepunkt einer Krise, die drei Jahre vorher Fahrt aufgenommen hat.

Im Juni 2021 trifft sich der Stiftungsrat ebenfalls zu einer ausserordentlichen Sitzung. Anlass: Der Neubau wird teurer als geplant. Vollenwyder informiert, dass die Kosten von 625 Millionen Franken auf 680 Millionen gestiegen sind und der Umzug sich um ein ganzes Jahr verzögert.

Die Pandemie hat das Kinderspital im Jahr zuvor voll getroffen. Es schreibt wie viele andere Krankenhäuser in der Schweiz ein Defizit. Wichtige Spendenanlässe fallen aus. Und auf der Baustelle für das neue Spital steht die Arbeit zeitweise still. Materialien sind nicht verfügbar oder nur zu höheren Preisen. Die Kosten schnellen in die Höhe.

Das ist für das Spital eigentlich nicht zu verkraften. In internen Diskussionen taucht darum ein Begriff auf, der die nächsten Jahre prägen wird: Impairment – eine ausserplanmässige Abschreibung.

Laut Peter Leibfried, Professor für Accounting an der Universität St. Gallen, kommt es zu einem Impairment, wenn sich unerwartet herausstellt, dass eine Investition zu einem höheren Betrag aufgeführt ist, als sie tatsächlich wert ist. Denn wert ist eine Investition – etwa ein Neubau – nicht, was sie gekostet hat, sondern nur so viel, wie sie über ihre Lebensdauer realistischerweise einbringen kann.

Wenn sich eine Investition plötzlich verteuert, driften die beiden Zahlen auseinander, die Bilanz gerät aus dem Lot. Die Geschäftsleitung muss die Differenz auf der Vermögensseite aus den Büchern streichen. Das bedeutet laut Leibfried: «Sie hat Geld vernichtet.»

Zwingend ist ein Impairment nicht, wenn sich ein Neubau verteuert. Es wird laut Leibfried nur dann notwendig, wenn es im Businessplan nicht genügend Luft hat. Wenn die budgetierten Baukosten also bereits so nahe an dem liegen, was der Bau eintragen kann, dass kaum mehr Kostensteigerungen drinliegen.

Und genau das ist das Problem des Kinderspitals. Von Anfang an wurde knapp kalkuliert. Dies geht aus einem Prüfbericht vom November 2015 hervor, den die Gesundheitsdirektion damals bei der Revisionsgesellschaft PwC in Auftrag gegeben hatte.

Das Kinderspital erwirtschaftet laut dem Bericht genug, um 500 Millionen Franken Fremdkapital verzinsen und amortisieren zu können. Weil der Neubau aber damals schon 600 Millionen kosten soll, kalkuliert die Stiftung 100 Millionen Franken ein, die sie durch Spenden und Eigenmittel decken will.

Das ist ein gewagter Plan, grössere Kostensteigerungen sieht er nicht vor. Doch genau damit sieht sich die Stiftung im Sommer 2021 konfrontiert. Sie muss also noch mehr Geld auftreiben, um die Löcher zu stopfen. Doch woher soll es kommen?

Einerseits will der Stiftungsrat noch stärker auf Spendenfang gehen. Das ohnehin schon hochgesteckte Ziel von 100 Millionen Franken wird sukzessive nach oben geschraubt: erst auf 125 Millionen, dann sogar auf 150 Millionen.

Andererseits muss das Spital das Stiftungsvermögen antasten. Damit beginnt jener Prozess, der das Kispi in Existenznöte stürzen wird. Zwischen 2019 und 2023 schmilzt das Vermögen dahin. Von einst 277 Millionen Franken sind im Dezember 2023 noch 62 Millionen übrig. Liegenschaften, die gute Mieteinnahmen generierten, werden verkauft.

Das Eigenkapital beträgt nur noch 10 Prozent – in einem gesunden Betrieb müssten es mindestens drei Mal so viel sein.

In der Krisensitzung vom Sommer 2021 glauben Vollenwyder und seine Mitstreiter noch, dass es ohne Staatshilfe geht. Doch auch der Stiftungsratspräsident weiss, wie eng die Sache ist. Teurer als 680 Millionen Franken darf der Neubau nicht werden. Nur: Es kommt noch viel schlimmer.

2022 steigen die Kosten weiter – auf 761 Millionen Franken. Von den anfänglichen 600 Millionen Franken hat sich das Kinderspital weit entfernt. Auf Druck des externen Wirtschaftsprüfers nimmt die Stiftung Impairments über insgesamt 265 Millionen Franken vor. Sie schiesst den Grossteil des Eigenkapitals sowie Spendengelder ein.

Im Mai 2023 wird die Situation allmählich kritisch. Martin Vollenwyder geht nach eigenen Angaben erstmals zur kantonalen Gesundheitsdirektorin Natalie Rickli und warnt sie davor, dass das Spital möglicherweise Geld vom Kanton benötige.

Im Herbst geht es dann Schlag auf Schlag: Zuerst sagt der externe Wirtschaftsprüfer, es müsse sofort eine tragfähige Finanzierungslösung her, sonst könne er den Jahresabschluss nicht gutheissen – ein echtes Problem für ein Unternehmen, das an der Börse Anleihen platziert hat. Dann wird ein Krisenstab eingesetzt. Martin Vollenwyder organisiert von der ZKB einen Notkredit, um es wenigstens über das Jahresende zu schaffen. Schliesslich ersucht die Stiftung beim Kanton offiziell um finanzielle Hilfe.

Am Morgen des 4. Aprils 2024 tritt Gesundheitsdirektorin Natalie Rickli vor die Medien und verkündet den Entscheid. Der Zürcher Regierungsrat gewährt für den Spitalbau ein zusätzliches Darlehen von 100 Millionen und spricht zudem 35 Millionen Franken Subventionen zur Deckung des Betriebsdefizits. Im Gegenzug muss sich die Stiftung durchleuchten lassen.

Die zentrale Frage, die sich stellt: Hätte die Stiftung anders handeln und die Krise abwenden können? Dazu hätte sie entweder mehr aus dem Betrieb rausholen oder die Baukosten senken müssen.

Den Betrieb effizienter zu machen und mehr Gewinn zu erzielen, kostet Zeit. Vollenwyder sagt, im labyrinthischen Altbau sei das schwierig. «Wie wollen Sie hier die Effizienz steigern? Unsere Ärzte legen bei der Arbeit täglich zum Teil 12 Kilometer zurück.»

Auch bei den Baukosten habe man gemacht, was möglich sei. Wenn Unternehmer etwa Preisaufschläge geltend machten, habe die Stiftung Einblick in ihre Bücher verlangt. So habe man etwa einen Betrieb erwischt, der ohne Anlass das Dreifache verlangte.

5. Die 200-Millionen-Franken-Frage

Die Hilfsaktion des Kantons rettet zwar den Neubau, doch ausgestanden ist die Krise für das Kinderspital nicht. Denn auch der Betrieb ist defizitär. Im letzten Jahr schrieb das Spital einen operativen Verlust von über 29 Millionen Franken. Solche Defizite kann sich das Kinderspital nicht leisten, weil es kaum mehr Eigenkapital hat, um die Löcher zu stopfen. Und das ist nicht alles: In vier Jahren muss es auch noch eine Anleihe über 200 Millionen Franken refinanzieren.

Damit nicht bald schon die nächste staatliche Rettung nötig wird, muss das Spital schnell wieder schwarze Zahlen schreiben. Der Businessplan, der den Weg dahin aufzeigt, ist laut den Wirtschaftsprüfern erreichbar, aber «ambitioniert».

Für den Accounting-Professor Leibfried ist klar, was dies in einem solchen Kontext heisst: Es besteht ein nennenswertes Risiko, dass es anders kommt. Als Prüfer wolle man ein Unternehmen nicht unnötig behindern. «Das führt dazu, dass Revisoren an die Grenzen dessen gehen, was nach den berufsüblichen Standards noch vertretbar ist.»

Der Stiftungsratspräsident Vollenwyder versichert, dass die Prüfer genau hingeschaut hätten. Immerhin seien die Revisionsgesellschaft des Kinderspitals und die vom Kanton beauftragten Prüfer zum gleichen Resultat gekommen. Die Ziele seien zweifellos ambitioniert, räumt er ein, aber: «Man kann nicht nicht ambitioniert sein.»

Martin Vollenwyder hatte früher in seinem Stadtratsbüro einen Sinnspruch hängen: «Ein Optimist sieht in einem Problem eine Aufgabe. Ein Pessimist sieht in einer Aufgabe ein Problem.» Es ist keine Frage, wo er sich selbst einreihen würde.

Neue Zürcher Zeitung, Di., 2024.04.23

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