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29. Juli 2015Niloufar Tajeri
dérive

Wiedervereinte Nachkriegsmoderne

Wenn man durch die Ausstellung „Radikal Modern – Planen und Bauen im Berlin der 1960er Jahre“ geht, gibt es zwei für ihren Kontext relevante Aspekte. Der...

Wenn man durch die Ausstellung „Radikal Modern – Planen und Bauen im Berlin der 1960er Jahre“ geht, gibt es zwei für ihren Kontext relevante Aspekte. Der...

Wenn man durch die Ausstellung „Radikal Modern – Planen und Bauen im Berlin der 1960er Jahre“ geht, gibt es zwei für ihren Kontext relevante Aspekte. Der Prolog thematisiert zum einen die Zerstörungen des Zweiten Weltkriegs sowie den Bau der Berliner Mauer 1961 als wichtigste Rahmenbedingungen für die architektonischen und stadträumlichen Konzepte der 1960er Jahre, auf die in den sechs Kapiteln der Ausstellung näher eingegangen wird. Der schlechte Zustand der alten Bausubstanz als Auslöser für das Aufkeimen des radikalen Wunsches nach einer Neuausrichtung der Stadt wird hier ebenso deutlich wie die stadträumliche und ideologische Bedeutsamkeit des wichtigsten Bauwerks der Zeit – der Berliner Mauer. Die Entwürfe und Bauten müssen im Kontext einer geteilten und zerstörten Stadt gesehen werden, die ihre Vergangenheit rigoros überwinden und nach vorne schauen wollte.

Zum anderen – und dieser Aspekt wird in der Ausstellung nicht direkt thematisiert – gibt es die gegenwärtige Situation einer wiedervereinigten Stadt, in der die Rekonstruktion nach wilhelminischem Ideal vorherrscht – das Stadtschloss ist gerade im Bau – und die Zerstörung oder Umgestaltung vieler Bauten der Nachkriegsmoderne anstrebt. Aktuell werden beispielsweise die Nachahmung mittelalterlicher Strukturen an einem der zentralen Plätze der „Ostmoderne“ – dem Rathausplatz am Fernsehturm – sowie die Verdichtung des Kulturforums von Hans Scharoun im ehemaligen Westberlin unter dem Paradigma der „traditionellen, europäischen“ Stadt diskutiert. Viele Bauten und Stadträume aus der Nachkriegsmoderne sind aktuell gefährdet, dem Bauerbe der Nachkriegszeit haftet ein negatives Image an.

Die Kuratorin Ursula Müller positioniert sich ganz klar zur aktuellen Situation in Berlin: Die Ausstellung sei ein Plädoyer für eine differenzierte Betrachtung des Bauerbes der 1960er Jahre.

Damalige Fragestellungen, wie z. B. die Wohnungsfrage oder die Suche nach einer neuen Stadtidentität, sind heute wieder aktuell – eine präzise Auseinandersetzung mit den Studien und Experimenten des Jahrzehnts könnte Lösungen für die Gegenwart anregen. Ebenso wie beide Systeme nach dem Mauerbau nach einer neuen Identität suchten, steht das wiedervereinigte Berlin vor der gleichen Herausforderung. Doch statt einer neuen, zeitgemäßen Herangehensweise, die den jetzigen gesellschaftlichen Anforderungen und Verhältnissen gerecht wird, gibt es eine Reorientierung hin zur Vergangenheit und touristischen Attraktion. Auch die Wohnungsfrage ist wieder da: Berlin wächst, Wohnraum ist knapp, die Mieten steigen, und die bisherige Strategie, sich auf private InvestorInnen zu verlassen, verschärft die Situation, statt sie zu verbessern. Die Ansätze und Debatten aus den 1960er Jahren waren, wie die Ausstellung zeigt, von einer Vielfalt ästhetischer Antworten auf die damaligen Verhältnisse geprägt, die von einer kritischen Debattenkultur und umfassenden Studien und Experimenten begleitet wurde.

Die unterschiedlichen thematischen Schwerpunkte stellen anhand von noch bestehenden, teils vom Abriss oder Umbau bedrohten sowie zerstörten Bauten die Baukultur der 1960er Jahre in Ost- und Westberlin vor. Zugleich geben die Auseinandersetzung mit ungebauten Visionen und Stadtutopien und der Umgang der ArchitektInnen mit der historischen Bausubstanz einen Eindruck von der komplexen Debatten und dem Ideenreichtum der Zeit. Zu sehen ist auch eine differenzierte Aufbereitung der Entstehung wichtiger gebauter Beispiele wie z. B. der Neuen Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche von Egon Eiermann und des Staatsratsgebäudes von Roland Korn, Hans-Erich Bogatzky und Klaus Pätzmann – in beiden Gebäuden wurden die Ruinen in die Figur der neuen Architektur eingearbeitet – oder des Europa-Centers von Helmut Hentrich und Hubert Petschnigg als Westberliner Antwort auf das Rockefeller Center und des Hauses des Lehrers von Hermann Henselmann als Ostberliner Hommage an Brasilia.

Erstaunliche Parallelen in der Formensprache der Ost- und Westmoderne wurden aufgespürt, und es wird deutlich, dass über die physische Grenze der Mauer hinweg nicht nur Konkurrenz zwischen Ost und West herrschte, sondern auch Verflechtungen und Korrespondenzen aufrechterhalten wurden, zumal die Realisation des Kollektivplanes, welcher zunächst auf die Gesamtstadt ausgerichtet war, in beiden Stadthälften vor dem Hintergrund der Teilung weitergedacht werden musste. Hier bricht die Ausstellung mit den gewohnten Erzählstrategien des Kalten Krieges, die die Konkurrenz und unterschiedlichen Bezugssysteme der zwei Stadthälften in den Vordergrund stellen, und lenkt den Blick auf die Gemeinsamkeiten: Das Bild der Moderne, das Bild der Zukunft waren richtungsweisend. Beide Seiten erlebten einen Bauboom, begleitet von gesellschaftlichen und kulturellen Umbrüchen und dem Enthusiasmus für eine neue Zukunft – beide Systeme wollten die jüngste Vergangenheit überwinden und fanden ihr städtebauliches Leitbild in der autogerechten Stadt. Dabei entstanden aus dem Geist des rationalisierten Bauens und dem Einsatz neuer Bautechniken und Materialien radikal neue Räume.

Man war sich zugleich auf beiden Seiten bewusst, dass die technisch-ökonomischen Vorgaben und die Orientierung an der Bauwirtschaft auch Nachteile mit sich brachten, und setzte sich z. B. mit der Monotoniegefahr der Typisierung im Wohnungsbau auseinander. Interessant ist in diesem Zusammenhang die detaillierte Präsentation der Punkthochhaus-Studien von Manfred Zumpe (Ost) und Klaus Müller-Rehm (West) – beide eindrucksvolle Wiederentdeckungen –, die sich ausgiebig mit dieser Thematik befassten. Zumpes gut aufbereitete Korrespondenz mit Walter Gropius, der damals an den Planungen für die Gropiusstadt arbeitete, offenbart zugleich exemplarisch die Verflechtungen zwischen Ost und West.

Diese sowie andere Beispiele lassen den sachlichen Blick der KuratorInnen erkennen, zumal der Nostalgiegefahr mit einer detaillierten Dokumentation der inhärenten Kritik der Zweiten Moderne entgegengesteuert wird. Die Zweite Moderne war demnach nicht nur radikal, Kritik und selbstkritische Auseinandersetzungen waren oft prägend für die Entwicklung der Bauten und Stadträume. Es war beispielsweise nicht vorgesehen, dass die Ruinen der Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche erhalten wurden. Der Protest der Kirchengemeinde und Bevölkerung überzeugte Egon Eiermann, den neuen Entwurf mit der Ruine zusammenzuführen. Auch viele der unrealisierten Entwürfe sind als zeitnahe Kritik am bauwirtschaftlichen Mainstream zu verstehen: Georg Kohlmaier und Barta von Sartorys Entwurf für rollende Gehwege (West) sollte den Menschen vor der Dominanz der motorisierten Stadt schützen; Engelbert Kremsers „Erdarchitektur“ als Entwurf für das Europa-Center, das an heutige parametrische Renderings denken lässt, beruhte auf einer komplett neuen Bautechnik und unterminierte die mächtige Bauwirtschaft. In Ostberlin hingegen wurden Josef Kaisers Großhügelhäuser, die mit Dieter Urbachs eindrucksvollen Collagen den Zukunftsoptimismus der Zeit verbildlichen, „unter Verweis auf aktuelle soziologische Studien“ mit dem Argument abgelehnt, „dass angesichts der zunehmenden Differenzierung der Lebensbedürfnisse ein solch gigantisches Wohnhausprojekt widersinnig sei“.

Die Ausstellung wirkt wie ein Befreiungsschlag aus den emotional und ideologisch geführten Debatten, in denen die Ostmoderne pauschal als totalitäre, unmenschliche Utopie und die Westmoderne als unwirtliche, unästhetische Architektur geschmäht und die Rückkehr zum Mythos einer „gewachsenen europäischen“ Stadt für die Berliner idealisiert wird. Durch das Zusammendenken beider Stadthälften in der ersten Dekade nach der endgültigen räumlichen Teilung wird deutlich, dass die Nachkriegsmoderne als Antwort auf die gesellschaftlichen, räumlichen und kulturellen Umstände und Bedingungen der 1960er gesehen werden muss. Die Parallelen und Analogien deuten auf eine Unbedingtheit dieser Formensprache zur Überwindung des Zweiten Weltkriegs und einer Distanzierung von der mythologisierenden, historisierenden Ästhetik des Nationalsozialismus. In diesem Zusammenhang würde man sich heute dringend einen Paradigmenwechsel und eine neue Debattenkultur für das wiedervereinigte Berlin wünschen. Die Ausstellung bietet hierfür eine sehr gute Grundlage, und man kann nur hoffen, dass sie mit der Betrachtung der 1970er, 1980er und 1990er Jahre bis zur heutigen Zeit eine Fortsetzung erfährt. Vielleicht würde dadurch nachvollziehbar, wie es zur gegenwärtigen „radikalen Unmoderne“ kommen konnte.


Radikal Modern. Planen und Bauen im Berlin der 1960er Jahre
29. 5.–26. 10. 2015
Berlinische Galerie – Museum für Moderne Kunst, Berlin

Radikal Modern Symposium
Verflechtungen. Planen und Bauen im Berlin der 1960er Jahre
26. 6. 2015, 10–17 Uhr, Auditorium Berlinische Galerie

Ausstellungskatalog
Thomas Köhler und Ursula Müller für die Berlinische Galerie (Hg.)
Radikal Modern. Planen und Bauen im Berlin der 1960er Jahre
Berlin: Wasmuth, 2015
208 Seiten, 38 Euro

dérive, Mi., 2015.07.29



verknüpfte Zeitschriften
dérive 60 Henri Lefebvre und das Recht auf Stadt

02. Februar 2015Niloufar Tajeri
dérive

Eine produktive Fiktion

Das Buch Team 10 East. Revisionist Architecture in Real Existing Modernism, herausgegeben von Lukasz Stanek, weist gleich in der Einführung darauf hin,...

Das Buch Team 10 East. Revisionist Architecture in Real Existing Modernism, herausgegeben von Lukasz Stanek, weist gleich in der Einführung darauf hin,...

Das Buch Team 10 East. Revisionist Architecture in Real Existing Modernism, herausgegeben von Lukasz Stanek, weist gleich in der Einführung darauf hin, dass es sich bei der Bezeichnung »Team 10 East« um ein fiktives Konzept und nicht etwa um einen osteuropäischen Zweig des Team 10 handelt.

Im Unterschied zur CIAM, die in nationalen und regionalen Gruppen organisiert war – österreichische, tschechoslowakische, ungarische, polnische und jugoslawische ArchitektInnen riefen sogar kurzzeitig das CIAM-East ins Leben –, waren die osteuropäischen Mitglieder des Team 10 abgeneigt eine einheitliche Haltung einzunehmen und somit die ideologische Spaltung des Eisernen Vorhangs zu bestätigen. Sie fühlten sich mit ihren Kollegen und Kolleginnen im Westen stark verbunden in dem Bestreben dem technologischen und sozialen Paradigmenwechsel nach dem Wiederaufbau mit erneuerten architektonischen und urbanistischen Herangehensweisen und Konzepten gerecht zu werden. Sie waren sich einig darüber, dass eine neue avantgardistische Architektur die technokratische, funktionalistische Massenarchitektur der Nachkriegszeit überwinden, Veränderbarkeit und Wachstum ermöglichen und den Menschen in den Mittelpunkt stellen müsse. Die Bezeichnung East im Titel der Publikation bekräftigt entsprechend nicht etwa eine Dichotomie der Architekturideologien des Kalten Krieges, wie so oft am Beispiel Ost- und Westberlins vollzogen, sondern – und dies wird durch das Hinzufügen zweier Staaten zum Team 10 East deutlich: Finnland, einem westlichen, militärisch neutralen Wohlfahrtsstaat, sowie Jugoslawien, nach dem Tito-Stalin-Bruch Gründungsmitglied der Blockfreien Staaten – rückt zum ersten Mal die Vielfalt sozialistischer Auslegungen und Ausprägungen der Neuausrichtung der Nachkriegsmoderne in den Vordergrund. Der Diskurs des Team 10 beruhte demnach keinesfalls auf einem klaren Konsens sondern entsprach der Komplexität der politischen und wirtschaftlichen Landschaft zur Zeit des Kalten Krieges.

In den zwölf Texten werden ausgewählte Projekte des Team 10 East im Zusammenhang mit politischen Gegebenheiten und Produktionsbedingungen und auch als Teil eines internationalen Netzwerks und Diskurses thematisiert. Dabei wird nicht selten deutlich, wie unterschiedlich die Team 10 Postulate »openness«, »greatest number« und »participation« ausgelegt wurden, aber auch, wo diese Konzepte aufgrund der spezifischen politischen Bedingungen besonders wirksam Anwendung fanden. Das Prinzip der offenen Form und Unfertigkeit (»openness«), die durch den Einsatz von additiven Strukturen und funktionaler Flexibilität realisierbar wurde, kam beispielsweise in Jugoslawien besonders zum Tragen, da die Bauvorhaben nicht selten durch die finanziellen Engpässe des real existierenden Sozialismus nur teilweise fertiggestellt werden konnten. Auch das Konzept der Partizipation (»participation«) hatte in Jugoslawien einen erhöhten Stellenwert und eine besondere Reichweite, da diese als architektonische Version des Prinzips der dort gängigen Selbstverwaltung ausgelegt wurde und den Nutzern und Nutzerinnen eine maximale Mitbestimmung und Beteiligung ermöglichte.

Oskar Hansens Projekt »Linear Continuous System« stellt die radikalste Auslegung des Umgangs mit der Masse (»greatest number«) dar – es provozierte nicht nur im Kontext des Team 10 sondern auch in polnischen Regierungskreisen. Sein Konzept berief sich zum einen auf eine marxistische Deutung der Masse und beruhte entsprechend auf einer großmaßstäblichen landesweiten Enteignung von Land, um eine klassenlose, hierarchiefreie und egalitäre Versorgung zu ermöglichen – eine Maßnahme, die im Diskurs des Team 10 sicherlich kritisch diskutiert wurde. Im Zusammenhang mit seinem Manifest Open Form (1959) forderte zum anderen eine architektonische Form, in der die Individualität des Menschen mit all ihren Zufälligkeiten und Unvorhersehbarkeiten den Raum bereichern und zugleich formen kann.

Hier wird deutlich, warum er in Polen auch durchaus als Dissident gesehen werden konnte: Seine Planung stellte die Autorität des Staates ganz im Sinne des »Absterben des Staates« in Frage.

Der Kunstgriff des Herausgebers Lukasz Stanek, die Architekten und Architektinnen aus Polen, Finnland, Ungarn, Jugoslawien und der Tschechoslowakei nach mehreren Jahrzehnten in der Theorie zu vereinen, erweist sich in diesem Buch als äußerst produktive Methode, eröffnet sie doch eine neue, differenzierte Perspektive auf die etablierte Narrative des Übergangs von CIAM zu Team 10. Dass ein radikaler Bruch mit CIAM bzw. ihre Auflösung, wie maßgeblich von den niederländischen und englischen Mitglieder forciert, von vielen Mitgliedern des Team 10 nicht befürwortet wurde, kommt in einem Brief von den polnischen Mitgliedern Oskar Hansen und Jerzy Soltan an die Ratsmitglieder der CIAM 1957 zum Ausdruck: Das Bewusstsein für die Errungenschaften der CIAM als Organisation, die einen breiten internationalen Diskurs etablierte und ermöglichte, war vor allem hinsichtlich der angespannten politischen Situation nicht nur für die osteuropäischen sondern generell für alle nicht-westlichen Mitglieder von besonderer Relevanz, da sie von einer organisierten Infrastruktur politisch und/oder baukulturell abhängig waren. Auch vertraten sie einen gemäßigteren Standpunkt, was das Verhältnis zur Moderne betraf. Soltan, ebenso wie viele andere Mitglieder des fiktiven Team 10 East, trat für eine Weiterführung der Moderne unter neuen Vorzeichen ein – einer »Moderne mit menschlichem Antlitz« –, anstelle ihrer radikalen, avantgardistischen Erneuerung. Doch das von den Smithsons angeregte Bestreben ab 1958 nur noch Mitglieder einzuladen, die der Team-10-Denkweise entsprachen, führte dazu, dass die Belange der Peripherie nicht mehr berücksichtigt wurden und der Diskurs um die Neuausrichtung der Nachkriegsmoderne wesentlich eingeschränkter geführt wurde. Der avantgardistische Anspruch, der sich inhaltlich um eine progressive Weiterentwicklung architektonischer Prinzipien wie Flexibilität, Mobilität, Offenheit und Partizipation bemühte, führte was den Diskurs betraf zu einer autoritären, dogmatischen und steifen Ausschluss-Dynamik, die den Eurozentrismus und Elitismus der Gruppe ins Extrem führte.

Die subversive Leistung des Buches besteht darin, den Mythos des Konsenses innerhalb des Team 10 aufzuheben, die verschiedenen politischen Haltungen, die zweifellos im Kontext des Kalten Krieges zu verstehen sind, zu differenzieren und sie in einem direkten Zusammenhang mit den vielfältigen Haltungen und Ausprägungen des architektonischen Revisionismus zu untersuchen. Auch wird das vorherrschende Narrative des Team 10, das den Einfluss des Sozialismus kaum berücksichtigt, auf den Kopf gestellt: Indem er die Wirkungsmacht der Projekte und Ideen des Team 10 East in den Vordergrund stellt, bekräftigt Stanek, dass der Diskurs des Team 10 nicht nur mit sozialistischen Vorstellungen und Themen verwoben sondern, ebenso wie dies vor dem Zweiten Weltkrieg der Fall war, durch diese gesteuert wurde.


Lukasz Stanek (Hg.)
Team 10 East:
Revisionist Architecture in Real
Existing Modernism
Warschau: Museum of Modern Art in Warsaw, 2014
250 Seiten, 25 Euro

dérive, Mo., 2015.02.02



verknüpfte Zeitschriften
dérive 58 Urbanes Labor Ruhr

Presseschau 12

29. Juli 2015Niloufar Tajeri
dérive

Wiedervereinte Nachkriegsmoderne

Wenn man durch die Ausstellung „Radikal Modern – Planen und Bauen im Berlin der 1960er Jahre“ geht, gibt es zwei für ihren Kontext relevante Aspekte. Der...

Wenn man durch die Ausstellung „Radikal Modern – Planen und Bauen im Berlin der 1960er Jahre“ geht, gibt es zwei für ihren Kontext relevante Aspekte. Der...

Wenn man durch die Ausstellung „Radikal Modern – Planen und Bauen im Berlin der 1960er Jahre“ geht, gibt es zwei für ihren Kontext relevante Aspekte. Der Prolog thematisiert zum einen die Zerstörungen des Zweiten Weltkriegs sowie den Bau der Berliner Mauer 1961 als wichtigste Rahmenbedingungen für die architektonischen und stadträumlichen Konzepte der 1960er Jahre, auf die in den sechs Kapiteln der Ausstellung näher eingegangen wird. Der schlechte Zustand der alten Bausubstanz als Auslöser für das Aufkeimen des radikalen Wunsches nach einer Neuausrichtung der Stadt wird hier ebenso deutlich wie die stadträumliche und ideologische Bedeutsamkeit des wichtigsten Bauwerks der Zeit – der Berliner Mauer. Die Entwürfe und Bauten müssen im Kontext einer geteilten und zerstörten Stadt gesehen werden, die ihre Vergangenheit rigoros überwinden und nach vorne schauen wollte.

Zum anderen – und dieser Aspekt wird in der Ausstellung nicht direkt thematisiert – gibt es die gegenwärtige Situation einer wiedervereinigten Stadt, in der die Rekonstruktion nach wilhelminischem Ideal vorherrscht – das Stadtschloss ist gerade im Bau – und die Zerstörung oder Umgestaltung vieler Bauten der Nachkriegsmoderne anstrebt. Aktuell werden beispielsweise die Nachahmung mittelalterlicher Strukturen an einem der zentralen Plätze der „Ostmoderne“ – dem Rathausplatz am Fernsehturm – sowie die Verdichtung des Kulturforums von Hans Scharoun im ehemaligen Westberlin unter dem Paradigma der „traditionellen, europäischen“ Stadt diskutiert. Viele Bauten und Stadträume aus der Nachkriegsmoderne sind aktuell gefährdet, dem Bauerbe der Nachkriegszeit haftet ein negatives Image an.

Die Kuratorin Ursula Müller positioniert sich ganz klar zur aktuellen Situation in Berlin: Die Ausstellung sei ein Plädoyer für eine differenzierte Betrachtung des Bauerbes der 1960er Jahre.

Damalige Fragestellungen, wie z. B. die Wohnungsfrage oder die Suche nach einer neuen Stadtidentität, sind heute wieder aktuell – eine präzise Auseinandersetzung mit den Studien und Experimenten des Jahrzehnts könnte Lösungen für die Gegenwart anregen. Ebenso wie beide Systeme nach dem Mauerbau nach einer neuen Identität suchten, steht das wiedervereinigte Berlin vor der gleichen Herausforderung. Doch statt einer neuen, zeitgemäßen Herangehensweise, die den jetzigen gesellschaftlichen Anforderungen und Verhältnissen gerecht wird, gibt es eine Reorientierung hin zur Vergangenheit und touristischen Attraktion. Auch die Wohnungsfrage ist wieder da: Berlin wächst, Wohnraum ist knapp, die Mieten steigen, und die bisherige Strategie, sich auf private InvestorInnen zu verlassen, verschärft die Situation, statt sie zu verbessern. Die Ansätze und Debatten aus den 1960er Jahren waren, wie die Ausstellung zeigt, von einer Vielfalt ästhetischer Antworten auf die damaligen Verhältnisse geprägt, die von einer kritischen Debattenkultur und umfassenden Studien und Experimenten begleitet wurde.

Die unterschiedlichen thematischen Schwerpunkte stellen anhand von noch bestehenden, teils vom Abriss oder Umbau bedrohten sowie zerstörten Bauten die Baukultur der 1960er Jahre in Ost- und Westberlin vor. Zugleich geben die Auseinandersetzung mit ungebauten Visionen und Stadtutopien und der Umgang der ArchitektInnen mit der historischen Bausubstanz einen Eindruck von der komplexen Debatten und dem Ideenreichtum der Zeit. Zu sehen ist auch eine differenzierte Aufbereitung der Entstehung wichtiger gebauter Beispiele wie z. B. der Neuen Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche von Egon Eiermann und des Staatsratsgebäudes von Roland Korn, Hans-Erich Bogatzky und Klaus Pätzmann – in beiden Gebäuden wurden die Ruinen in die Figur der neuen Architektur eingearbeitet – oder des Europa-Centers von Helmut Hentrich und Hubert Petschnigg als Westberliner Antwort auf das Rockefeller Center und des Hauses des Lehrers von Hermann Henselmann als Ostberliner Hommage an Brasilia.

Erstaunliche Parallelen in der Formensprache der Ost- und Westmoderne wurden aufgespürt, und es wird deutlich, dass über die physische Grenze der Mauer hinweg nicht nur Konkurrenz zwischen Ost und West herrschte, sondern auch Verflechtungen und Korrespondenzen aufrechterhalten wurden, zumal die Realisation des Kollektivplanes, welcher zunächst auf die Gesamtstadt ausgerichtet war, in beiden Stadthälften vor dem Hintergrund der Teilung weitergedacht werden musste. Hier bricht die Ausstellung mit den gewohnten Erzählstrategien des Kalten Krieges, die die Konkurrenz und unterschiedlichen Bezugssysteme der zwei Stadthälften in den Vordergrund stellen, und lenkt den Blick auf die Gemeinsamkeiten: Das Bild der Moderne, das Bild der Zukunft waren richtungsweisend. Beide Seiten erlebten einen Bauboom, begleitet von gesellschaftlichen und kulturellen Umbrüchen und dem Enthusiasmus für eine neue Zukunft – beide Systeme wollten die jüngste Vergangenheit überwinden und fanden ihr städtebauliches Leitbild in der autogerechten Stadt. Dabei entstanden aus dem Geist des rationalisierten Bauens und dem Einsatz neuer Bautechniken und Materialien radikal neue Räume.

Man war sich zugleich auf beiden Seiten bewusst, dass die technisch-ökonomischen Vorgaben und die Orientierung an der Bauwirtschaft auch Nachteile mit sich brachten, und setzte sich z. B. mit der Monotoniegefahr der Typisierung im Wohnungsbau auseinander. Interessant ist in diesem Zusammenhang die detaillierte Präsentation der Punkthochhaus-Studien von Manfred Zumpe (Ost) und Klaus Müller-Rehm (West) – beide eindrucksvolle Wiederentdeckungen –, die sich ausgiebig mit dieser Thematik befassten. Zumpes gut aufbereitete Korrespondenz mit Walter Gropius, der damals an den Planungen für die Gropiusstadt arbeitete, offenbart zugleich exemplarisch die Verflechtungen zwischen Ost und West.

Diese sowie andere Beispiele lassen den sachlichen Blick der KuratorInnen erkennen, zumal der Nostalgiegefahr mit einer detaillierten Dokumentation der inhärenten Kritik der Zweiten Moderne entgegengesteuert wird. Die Zweite Moderne war demnach nicht nur radikal, Kritik und selbstkritische Auseinandersetzungen waren oft prägend für die Entwicklung der Bauten und Stadträume. Es war beispielsweise nicht vorgesehen, dass die Ruinen der Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche erhalten wurden. Der Protest der Kirchengemeinde und Bevölkerung überzeugte Egon Eiermann, den neuen Entwurf mit der Ruine zusammenzuführen. Auch viele der unrealisierten Entwürfe sind als zeitnahe Kritik am bauwirtschaftlichen Mainstream zu verstehen: Georg Kohlmaier und Barta von Sartorys Entwurf für rollende Gehwege (West) sollte den Menschen vor der Dominanz der motorisierten Stadt schützen; Engelbert Kremsers „Erdarchitektur“ als Entwurf für das Europa-Center, das an heutige parametrische Renderings denken lässt, beruhte auf einer komplett neuen Bautechnik und unterminierte die mächtige Bauwirtschaft. In Ostberlin hingegen wurden Josef Kaisers Großhügelhäuser, die mit Dieter Urbachs eindrucksvollen Collagen den Zukunftsoptimismus der Zeit verbildlichen, „unter Verweis auf aktuelle soziologische Studien“ mit dem Argument abgelehnt, „dass angesichts der zunehmenden Differenzierung der Lebensbedürfnisse ein solch gigantisches Wohnhausprojekt widersinnig sei“.

Die Ausstellung wirkt wie ein Befreiungsschlag aus den emotional und ideologisch geführten Debatten, in denen die Ostmoderne pauschal als totalitäre, unmenschliche Utopie und die Westmoderne als unwirtliche, unästhetische Architektur geschmäht und die Rückkehr zum Mythos einer „gewachsenen europäischen“ Stadt für die Berliner idealisiert wird. Durch das Zusammendenken beider Stadthälften in der ersten Dekade nach der endgültigen räumlichen Teilung wird deutlich, dass die Nachkriegsmoderne als Antwort auf die gesellschaftlichen, räumlichen und kulturellen Umstände und Bedingungen der 1960er gesehen werden muss. Die Parallelen und Analogien deuten auf eine Unbedingtheit dieser Formensprache zur Überwindung des Zweiten Weltkriegs und einer Distanzierung von der mythologisierenden, historisierenden Ästhetik des Nationalsozialismus. In diesem Zusammenhang würde man sich heute dringend einen Paradigmenwechsel und eine neue Debattenkultur für das wiedervereinigte Berlin wünschen. Die Ausstellung bietet hierfür eine sehr gute Grundlage, und man kann nur hoffen, dass sie mit der Betrachtung der 1970er, 1980er und 1990er Jahre bis zur heutigen Zeit eine Fortsetzung erfährt. Vielleicht würde dadurch nachvollziehbar, wie es zur gegenwärtigen „radikalen Unmoderne“ kommen konnte.


Radikal Modern. Planen und Bauen im Berlin der 1960er Jahre
29. 5.–26. 10. 2015
Berlinische Galerie – Museum für Moderne Kunst, Berlin

Radikal Modern Symposium
Verflechtungen. Planen und Bauen im Berlin der 1960er Jahre
26. 6. 2015, 10–17 Uhr, Auditorium Berlinische Galerie

Ausstellungskatalog
Thomas Köhler und Ursula Müller für die Berlinische Galerie (Hg.)
Radikal Modern. Planen und Bauen im Berlin der 1960er Jahre
Berlin: Wasmuth, 2015
208 Seiten, 38 Euro

dérive, Mi., 2015.07.29



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dérive 60 Henri Lefebvre und das Recht auf Stadt

02. Februar 2015Niloufar Tajeri
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Eine produktive Fiktion

Das Buch Team 10 East. Revisionist Architecture in Real Existing Modernism, herausgegeben von Lukasz Stanek, weist gleich in der Einführung darauf hin,...

Das Buch Team 10 East. Revisionist Architecture in Real Existing Modernism, herausgegeben von Lukasz Stanek, weist gleich in der Einführung darauf hin,...

Das Buch Team 10 East. Revisionist Architecture in Real Existing Modernism, herausgegeben von Lukasz Stanek, weist gleich in der Einführung darauf hin, dass es sich bei der Bezeichnung »Team 10 East« um ein fiktives Konzept und nicht etwa um einen osteuropäischen Zweig des Team 10 handelt.

Im Unterschied zur CIAM, die in nationalen und regionalen Gruppen organisiert war – österreichische, tschechoslowakische, ungarische, polnische und jugoslawische ArchitektInnen riefen sogar kurzzeitig das CIAM-East ins Leben –, waren die osteuropäischen Mitglieder des Team 10 abgeneigt eine einheitliche Haltung einzunehmen und somit die ideologische Spaltung des Eisernen Vorhangs zu bestätigen. Sie fühlten sich mit ihren Kollegen und Kolleginnen im Westen stark verbunden in dem Bestreben dem technologischen und sozialen Paradigmenwechsel nach dem Wiederaufbau mit erneuerten architektonischen und urbanistischen Herangehensweisen und Konzepten gerecht zu werden. Sie waren sich einig darüber, dass eine neue avantgardistische Architektur die technokratische, funktionalistische Massenarchitektur der Nachkriegszeit überwinden, Veränderbarkeit und Wachstum ermöglichen und den Menschen in den Mittelpunkt stellen müsse. Die Bezeichnung East im Titel der Publikation bekräftigt entsprechend nicht etwa eine Dichotomie der Architekturideologien des Kalten Krieges, wie so oft am Beispiel Ost- und Westberlins vollzogen, sondern – und dies wird durch das Hinzufügen zweier Staaten zum Team 10 East deutlich: Finnland, einem westlichen, militärisch neutralen Wohlfahrtsstaat, sowie Jugoslawien, nach dem Tito-Stalin-Bruch Gründungsmitglied der Blockfreien Staaten – rückt zum ersten Mal die Vielfalt sozialistischer Auslegungen und Ausprägungen der Neuausrichtung der Nachkriegsmoderne in den Vordergrund. Der Diskurs des Team 10 beruhte demnach keinesfalls auf einem klaren Konsens sondern entsprach der Komplexität der politischen und wirtschaftlichen Landschaft zur Zeit des Kalten Krieges.

In den zwölf Texten werden ausgewählte Projekte des Team 10 East im Zusammenhang mit politischen Gegebenheiten und Produktionsbedingungen und auch als Teil eines internationalen Netzwerks und Diskurses thematisiert. Dabei wird nicht selten deutlich, wie unterschiedlich die Team 10 Postulate »openness«, »greatest number« und »participation« ausgelegt wurden, aber auch, wo diese Konzepte aufgrund der spezifischen politischen Bedingungen besonders wirksam Anwendung fanden. Das Prinzip der offenen Form und Unfertigkeit (»openness«), die durch den Einsatz von additiven Strukturen und funktionaler Flexibilität realisierbar wurde, kam beispielsweise in Jugoslawien besonders zum Tragen, da die Bauvorhaben nicht selten durch die finanziellen Engpässe des real existierenden Sozialismus nur teilweise fertiggestellt werden konnten. Auch das Konzept der Partizipation (»participation«) hatte in Jugoslawien einen erhöhten Stellenwert und eine besondere Reichweite, da diese als architektonische Version des Prinzips der dort gängigen Selbstverwaltung ausgelegt wurde und den Nutzern und Nutzerinnen eine maximale Mitbestimmung und Beteiligung ermöglichte.

Oskar Hansens Projekt »Linear Continuous System« stellt die radikalste Auslegung des Umgangs mit der Masse (»greatest number«) dar – es provozierte nicht nur im Kontext des Team 10 sondern auch in polnischen Regierungskreisen. Sein Konzept berief sich zum einen auf eine marxistische Deutung der Masse und beruhte entsprechend auf einer großmaßstäblichen landesweiten Enteignung von Land, um eine klassenlose, hierarchiefreie und egalitäre Versorgung zu ermöglichen – eine Maßnahme, die im Diskurs des Team 10 sicherlich kritisch diskutiert wurde. Im Zusammenhang mit seinem Manifest Open Form (1959) forderte zum anderen eine architektonische Form, in der die Individualität des Menschen mit all ihren Zufälligkeiten und Unvorhersehbarkeiten den Raum bereichern und zugleich formen kann.

Hier wird deutlich, warum er in Polen auch durchaus als Dissident gesehen werden konnte: Seine Planung stellte die Autorität des Staates ganz im Sinne des »Absterben des Staates« in Frage.

Der Kunstgriff des Herausgebers Lukasz Stanek, die Architekten und Architektinnen aus Polen, Finnland, Ungarn, Jugoslawien und der Tschechoslowakei nach mehreren Jahrzehnten in der Theorie zu vereinen, erweist sich in diesem Buch als äußerst produktive Methode, eröffnet sie doch eine neue, differenzierte Perspektive auf die etablierte Narrative des Übergangs von CIAM zu Team 10. Dass ein radikaler Bruch mit CIAM bzw. ihre Auflösung, wie maßgeblich von den niederländischen und englischen Mitglieder forciert, von vielen Mitgliedern des Team 10 nicht befürwortet wurde, kommt in einem Brief von den polnischen Mitgliedern Oskar Hansen und Jerzy Soltan an die Ratsmitglieder der CIAM 1957 zum Ausdruck: Das Bewusstsein für die Errungenschaften der CIAM als Organisation, die einen breiten internationalen Diskurs etablierte und ermöglichte, war vor allem hinsichtlich der angespannten politischen Situation nicht nur für die osteuropäischen sondern generell für alle nicht-westlichen Mitglieder von besonderer Relevanz, da sie von einer organisierten Infrastruktur politisch und/oder baukulturell abhängig waren. Auch vertraten sie einen gemäßigteren Standpunkt, was das Verhältnis zur Moderne betraf. Soltan, ebenso wie viele andere Mitglieder des fiktiven Team 10 East, trat für eine Weiterführung der Moderne unter neuen Vorzeichen ein – einer »Moderne mit menschlichem Antlitz« –, anstelle ihrer radikalen, avantgardistischen Erneuerung. Doch das von den Smithsons angeregte Bestreben ab 1958 nur noch Mitglieder einzuladen, die der Team-10-Denkweise entsprachen, führte dazu, dass die Belange der Peripherie nicht mehr berücksichtigt wurden und der Diskurs um die Neuausrichtung der Nachkriegsmoderne wesentlich eingeschränkter geführt wurde. Der avantgardistische Anspruch, der sich inhaltlich um eine progressive Weiterentwicklung architektonischer Prinzipien wie Flexibilität, Mobilität, Offenheit und Partizipation bemühte, führte was den Diskurs betraf zu einer autoritären, dogmatischen und steifen Ausschluss-Dynamik, die den Eurozentrismus und Elitismus der Gruppe ins Extrem führte.

Die subversive Leistung des Buches besteht darin, den Mythos des Konsenses innerhalb des Team 10 aufzuheben, die verschiedenen politischen Haltungen, die zweifellos im Kontext des Kalten Krieges zu verstehen sind, zu differenzieren und sie in einem direkten Zusammenhang mit den vielfältigen Haltungen und Ausprägungen des architektonischen Revisionismus zu untersuchen. Auch wird das vorherrschende Narrative des Team 10, das den Einfluss des Sozialismus kaum berücksichtigt, auf den Kopf gestellt: Indem er die Wirkungsmacht der Projekte und Ideen des Team 10 East in den Vordergrund stellt, bekräftigt Stanek, dass der Diskurs des Team 10 nicht nur mit sozialistischen Vorstellungen und Themen verwoben sondern, ebenso wie dies vor dem Zweiten Weltkrieg der Fall war, durch diese gesteuert wurde.


Lukasz Stanek (Hg.)
Team 10 East:
Revisionist Architecture in Real
Existing Modernism
Warschau: Museum of Modern Art in Warsaw, 2014
250 Seiten, 25 Euro

dérive, Mo., 2015.02.02



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