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30. Januar 2023Norbert Philipp
Spectrum

„Materialnomaden“ feiern Erntedank auf dem Baufeld

Die „Materialnomaden“ bergen aus Häusern Schätze, die andere gar nicht sehen. Und machen sie für alle nutzbar.

Die „Materialnomaden“ bergen aus Häusern Schätze, die andere gar nicht sehen. Und machen sie für alle nutzbar.

Auch eine Kegelhalle, die in die Jahre gekommen ist, kann eine wertvolle Ressource sein. Als Raum für ein Unternehmen etwa, das sich selbst um Ressourcen kümmert. Noch dazu vor allem um jene, die viele in der Architekturszene und Bauwirtschaft noch gar nicht als solche wahrgenommen hätten. Das Büro, das sich „Materialnomaden“ nennt, schürft von Wien Favoriten aus nach Materialschätzen, die längst verbaut sind, in den Häusern genauso wie in den Kegel­hallen des Landes.

Heben muss die „Schätze“ trotzdem jemand. Oder besser: „ernten“. Dann rücken die „Materialnomaden“ aus, auf die Baufelder, auf denen die neue Architektur die alte gerade ablöst. Der Architektur-Urbanismus-Volksmund sagt dazu manchmal auch: „Urban Mining“. Doch für die „Materialnomaden“ sind das Schürfen und Ernten nur die ersten ihrer vielen Aufgaben, wie Peter Kneidinger erklärt. Der Bauingenieur, der gern tief in technische Materialdetails eintaucht, leitet das Büro gemeinsam mit Andrea Kessler, die als Architektin die gestalterische Perspektive im Augenwinkel behält. Zusammen mit einem interdisziplinären Team möchten sie beim Bauen miteinander verschweißen, was bislang kaum verknüpft scheint: nämlich das Ende des einen Projekts mit dem Anfang eines anderen. Aus vielen einzelnen Segmenten und Prozessen soll ein Kreislauf werden. Und eine der Werkstätten, in der das geschehen soll, ist die Kegelhalle in Wien Favoriten, die „zum ersten Circular Hub Österreichs geworden ist“, erzählt Peter Kneidinger. Heute ist er eine Sammelstelle für all die Daten und Expertise, die man so generieren kann – zu Bauteilen mit Zukunft, die man aus Gebäuden holt, die selbst keine mehr haben.
Nachgenutzt, wiederverwertet

Die Kegelhalle ist Büro, Ideenlabor und Materialwerkstatt. Dort veredelt das Team der „Materialnomaden“ ehemals genutzte Bauteile zu neuem Potenzial. Ein Haufen an Material, von dem man früher nicht wusste, wohin damit, wird systematisch mit gestalterischen Perspektiven aktualisiert. Dem Standort selbst geht es wie dem Großteil der Architektur – er hat ein Ablaufdatum. Diesen Sommer ist Schluss. Doch dann werden die „Materialnomaden“ an anderer Stelle das Ende eines Bau­projekts mit dem Anfang eines anderen verknüpfen. Noch lässt das Büro in der „Kreta“ in Wien Favoriten, die in der ­Gründerzeit als eine der ärmsten Wiens verschrien war, die Gedanken strawanzen. Mit einem klaren Ziel: Architektur und Bauen kreislauffähig zu machen. Auf den Außenflächen vor der Halle stapeln sich Bauteile, die man bei Rückbauten und Abrissen zuvor aus dem Bestand geholt hat.

Aluminium-Außenjalousien etwa, die die „Materialnomaden“ selbst zu Dach­paneelen upgegradet haben. Oder andere Paneele, ebenfalls aus Aluminium, unter denen Hunderttausende Menschen in den letzten Jahrzehnten in die Stadt gependelt sind, jene der alten blau-weißen Schnellbahnmodelle „4020“, die gerade von den ÖBB ausrangiert werden. Gerade Aluminium sei besonders wertvoll, erklärt Peter Kneidinger: „Man muss rechnen, dass eine Tonne davon acht Tonnen CO2 produziert.“ Ein guter Anlass, die Paneele zu einer Wandverkleidung in der „Magdas“ Großküche zu falten, diesmal sogar mit akustischer Zusatzfunktion.

Erntehelfer

Nachnutzung – ein nachhaltiger Aspekt der Architektur. Und das ist bei Materialien und Bauteilen auch nicht anders als bei Räumen. Denn wenn sie die Entwürfe der Architekturbüros offen und flexibel anlegen, erhöht sich die potenzielle Nutzungsdauer. Auch die Kegelhalle hätte wohl nicht gedacht, dass hier einmal „Materialnomaden“ an Bauteilen schrauben. Und die Mitarbeiter und Architektinnen mit ihren Ideen und Herzblut punkten statt mit Vor- oder Rückhand an den Tischtennis-Tischen, auf denen heute ihre Computer stehen. Doch auch aus der Kegelhalle wird das, was aus den meisten Gebäuden einmal wird: ein Haufen Schutt.

Üblicherweise rollen dann die Lkw an, um ihn wegzubringen. Damit später noch mehr Lkw kommen können, um neues Material und neue Bauteile heranzukarren. Schon das Material selbst hat bis dorthin ganz schön viel auf das CO2-Konto eingezahlt. Der Transport legt noch einiges drauf. Da suchen Peter Kneidinger, Andrea Kessler und ihr Team doch lieber nach Abkürzungen und vor allem nach Kreisläufen, in die sie Bauteile, die sie zuvor katalogisiert haben, einklinken können. An anderer Stelle vielleicht. Oder noch besser natürlich: gleich an ein- und derselben.

So bleiben dann und wann schon Bauteile direkt am Bauplatz. Wenn auch in anderer Funktion. Beim Projekt „Grellgasse“ in Wien vom Bauträger Schwarzatal, das von Knötzl Architekten umgesetzt wurde, war das etwa so. Zuvor stand dort ein Bürohaus der OMV. In Workshops mit Eigentümern und Architekten erarbeiteten die „Materialnomaden“ gestalterische Potenziale für die vorgefundenen Bauteile. Gemeinsam mit Landschaftsarchitektin Carla Lo etwa für die Gestaltung des Außenraums. Dafür entwickelte das Büro Bänke aus Betonfassaden-Elementen. Und auch in der Kletterwand am Spielplatz sollte die bauliche Vergangenheit durchschlagen. Doch einer spielte nicht mit: der TÜV und seine Standards. Aber für die Beschattung der Sandkiste hat’s gereicht. „Bei solchen Projekten muss man in der Nachnutzung auch flexibel bleiben“, sagt Kneidinger. Das funktioniert, wenn die Bauteile detailliert aufgearbeitet sind. Damit die Gestalter auch wissen, was sie den Elementen später im Entwurf zumuten dürfen. Schließlich sei „Nein, das geht nicht“ einer der häufigsten Stehsätze im Prozess, erzählt Kneidinger. Gefolgt von der Standardfrage: „Und wer übernimmt die Haftung?“

Kataloge

Schon deshalb löschen die „Materialnomaden“ vorsorglich gleich die größten Fragezeichen für die Nachnutzung. Bei Bauteilen von Fliesen, Türen bis hin zu Teilen ehemaliger Beichtstühle. Im „Magdas Hotel“ im dritten Bezirk Wiens verkleiden sie nun die Bar im Lokal. Dafür musste man sie aber nach brandschutztechnischen Standards neu lackieren. Das Haus war zuvor ein Priesterheim der Caritas. Als die Nutzer auszogen, wurden auch die Beichtstühle obsolet. An gleicher Stelle reaktivierten die „Materialnomaden“ auch unzählige Leuchten. Nachdem sie sie neu zertifizieren ließen und mit LED-Komponenten bestückten.

Schon oft sind die „Materialnomaden“ ausgerückt, um aus Büroimmobilien Hunderte Quadratmeter Parkett auszubauen. „Mit Werkzeugen und Methoden, die wir selbst entwickelt haben“, sagt Kneidinger, „damit die Bauteile unversehrt bleiben“. Wie auch aus einem ehemaligen Fitnesscenter am Columbusplatz. „Doch das noch Wertvollere lag unsichtbar darunter.“ Die Trittschalldämmung. Inzwischen macht sie sich in einem ganz anderen Projekt nützlich. Unter der Bühne des Theaters Werk X in Wien.

Spectrum, Mo., 2023.01.30

20. April 2022Norbert Philipp
Spectrum

Wie Architektur das Land aufwertet

Mehr als nur ein Sehnsuchtsort: Eine Ausstellung zeigt, wie Architektur und Baukultur das Land aufwertet, Perspektiven eröffnet und dabei auch das Selbstbewusstsein hochschrauben kann.

Mehr als nur ein Sehnsuchtsort: Eine Ausstellung zeigt, wie Architektur und Baukultur das Land aufwertet, Perspektiven eröffnet und dabei auch das Selbstbewusstsein hochschrauben kann.

Land und Stadt. Dass man das eine vom anderen scharf trennen könne wie Schwarz von Weiß, von dieser Illusion hat man sich längst gelöst. Alles scheint im universalen Sowohl-als-auch zu überblenden. Auch in Österreich fühlen sich manche Regionen ästhetisch und funktional längst so an, als hätte da jemand scheint eine Stadt zwischen den Bergen ausgeschüttet. Anderen Gegenden dagegen will man das Merkmal „Land“ dann doch ansehen, an den Dächern der Häuser, an den Materialien, aus denen sie entstanden sind, oder an der Anzahl der Blumenbalkone. Darin manifestiert sich auch ein untrüglicher Charakterzug einiger Regionen: der Gestaltungswille und die baukulturelle Haltung dahinter. In Österreich schiebt sich bei diesen Gedanken unweigerlich der Bregenzerwald ins Vorbewusstsein. An anderer Stelle blitzen dagegen weniger idyllische Bilder auf: Einfamilienhäuser etwa, die mit dem Land und ihren baulichen Traditionen so viel zu tun haben wie der Swimmingpool im Garten mit dem See in der Landschaft. Eine Ausstellung des Deutschen Architekturmuseums (DAM) nähert sich dem „Land“ nun, ohne es als romantisierten Sehnsuchtsort zu verstehen. „Schön hier. Architektur auf dem Land“ breitet keine idyllischen Vorstellungen aus.

Vielmehr Perspektiven, wie Architektur und Baukultur jene Flächen des Planeten aufwerten kann, auf denen sich genauso entscheidet, wie die Klimakrise dereinst ausgeht. „Hierbei geht es natürlich immanent auch um die Themen Flächenverbrauch und Bodenversiegelung“, sagt Stefanie Lampe, die gemeinsam mit Annette Becker und Lessano Negussie die Schau kuratiert hat. Und gerade in diesem Themenfeld demonstrieren auch viele der 70 ausgewählten Projekte, was die Architektur am Land vielleicht am dringendsten braucht: den intelligenten Umgang damit, was schon vorhanden ist. „Dazu gehört natürlich auch einfach der bauliche Bestand“, sagt Lampe. Bauernhäuser, aufgelassene Klöster, Scheunen. Die Architektur kann ihnen neue Nutzungen und damit Zukunft injizieren. Die Ausstellung selbst beweist es schon irgendwie: Sie präsentiert der Öffentlichkeit in einer Scheune, im Freilichtmuseum Hessenpark in Neu Anspach.

Lebendige Ortszentren

Aber auch die Expertise sowie die Materialien vor Ort gehören zu den Ressourcen, die die Architektur nutzen kann, um das Potenzial des ländlichen Raums auszuschöpfen. Jenes, das auch die Digitalisierung durchaus aktivieren könnte. Denn gerade Arbeit und Bildung könnten die Stadt irgendwann nicht mehr brauchen, um sich zu verorten. Schon gar nicht baulich.

Die Ausstellung „Schön hier“ beweist vor allem eines: Wie die Architektur dem Land dabei hilft, selbstbewusst Land zu sein. Und den Dörfern, Dorf zu sein. Eines, das funktioniert vor allem. Und lebt. Auch in den Ortskernen. „Wir zeigen natürlich viele öffentliche Projekte. Aber dabei muss es sich nicht immer klassisch um Rathäuser samt Gemeindesaal drehen“, sagt Lampe. Denn die Architekten und Architektinnen bringen auch ganz andere Orte und Bauten ein, die vor allem eines stiften: Gemeinschaft. Und dabei gleichzeitig neues Leben triggern. Dabei kann man auch unkonventionelle Nutzungen kombinieren, die früher vielleicht nicht so selbstverständlich zusammengefunden hätten, wie Lampe erzählt: Etwa in Hittisau im Bregenzerwald, wo im ersten Stock das Frauenmuseum eingezogen ist und im Erdgeschoß die Feuerwehr. Mitten im Dorfzentrum.

In einer anderen Gemeinde der Region, in Krumbach, haben sich die Kuratorinnen und Kuratoren auch besonders tief eingelassen auf das, was dort geschieht. Wie die Prozesse laufen, wie die Finanzierungen zustanden kommen, welche Akteure beteiligt sind. „Nicht nur das Anknüpfen an lokale Bautraditionen ist wichtig. Auch die Partizipationsmöglichkeiten“, sagt Lampe. Und für das Landpanorama, das die Ausstellung aufzieht, hat das Kuratoren-Team auch intensiv zugehört. Was Gemeinderäte, lokale Architektinnen, die Winzer und die Bürgerinnen zu sagen haben.

Miteinander

Neben Krumbach hat man sich vor allem auch in Thüringen, in Valedas in der Schweiz sowie im Schwarzwald umgehört und eingefühlt. „Dort gibt es etwa seit 2020 die Baukultur-Initiative Bauwerk Schwarzwald, die auch Gestaltungsberatung von Fachleuten für Private anbietet.“ Denn baukulturelle Haltungen sollen womöglich auch jenseits der Thuyenhecken und Carports aus dem Baumarkt einsickern. Doch das Einfamilienhaus ist ohnehin die Typologie der Vergangenheit. Gemeinden wie Krumbach rücken da ganz andere ins Zentrum, sprichwörtlich noch dazu: Wie etwa Generationenhäuser mit barrierefreien Wohnungen. „Uns ging es vor allem aber auch darum, die Vielfalt der architektonischen Aufgaben aufzufächern“, sagt Lampe. Und diese reichen von öffentlichen Bauten wie Bushaltestellen und Gemeindeämtern über neue Wohnformen bis hin zu den Produktionsstätten. Auch die sollten sich schließlich im besten Fall ins Landschaftsbild fügen.

Spectrum, Mi., 2022.04.20

23. Dezember 2021Norbert Philipp
Spectrum

Design 2021: Kreise, die sich schließen

Möbel in der Warteschleife, die Suche nach dem Archaischen und die Designbüros als Ausgabestelle für nachhaltige Gestaltungsprinzipien.

Möbel in der Warteschleife, die Suche nach dem Archaischen und die Designbüros als Ausgabestelle für nachhaltige Gestaltungsprinzipien.

Mit dem Faustkeil hat alles begonnen. Archäologen haben ihn auch schon einmal als ältestes Design-Objekt der Menschheitsgeschichte bezeichnet. Seitdem ist viel dazugekommen an Dingen. Auch dieses Jahr. Manche haben wir sogar in die Familie aufgenommen: Möbel sind ja unsere besten Freunde. Mit kaum jemandem verbringen wir derart viel Zeit. Und so nah überhaupt. Die einzigen Freunde außer Haustiere bei denen das Social Distancing nicht schlagend wurde. Und es funktioniert mit den Dingen wie in wirklichen sozialen Beziehungen: Manche werden so vertraut, man mag sie gar nicht austauschen. Das Problem: Die Möbelbranche hätte aber gern, dass man sie austauscht. Und deshalb macht sie ständig Vorschläge. In diesem Jahr fehlte dem Business allerdings die Plattformen dazu. Die größten Möbelmessen fielen in diesem Jahr aus, die allergrößte, die Mailänder, rettete sich mit einem neu erfundenen Format, dem „Super Salone“ in die Aufmerksamkeit jener, für die die schönste aller Bescherungen schlichtweg neue Designmöbel sind.

Selbstreflexion

Dafür hatte die Branche durch den von Corona verordneten Pausenmodus Gelegenheit, über ihre eigene Bredouille nachzudenken: Schließlich will man nachhaltig sein, aber Neues verkaufen will man auch. Also muss das Meiste, was jetzt Sofaüberzug oder Gartenstuhl ist vorher zumindest einmal in anderer Form im Meer gewschwommen sein. Oder zumindest von einer Hochland-Community in einem Land mit viel Hochland gewebt, gemeisselt oder wenigstens in der Hand gehalten worden sein. Oder die Stühle müssen von Menschen gemacht worden sein, die seit 150 Jahren in 20. Generation nichts anderes machen als diese heikle raffinierte Holzverbindung genau so und nicht anders. Außerdem haben die Designhersteller das beste Rezept gegen das Altern gefunden: Sie nehmen die ganz alten Rezepte. Zum Beispiel: Archaisches, weil Kreise bleiben immer jung. Oder sie holen sich Designer als Change-Manager auf den Besprechungstisch, der früher mal ein Esstisch war, weil: Ein Tisch ist alles. Denn auch das Zuhause ist inzwischen „alles“ geworden ist. Vor allem auch Büro. Danke, Pandemie. Danke, Marketing.

Der Designer Stefan Diez hat sich etwa den Leitfaden für Design in der Kreislaufwirtschaft ausgedacht und legt ihn nicht nur in die Werkstätten und Lehrveranstaltungen seiner Klasse an der Universität für Angewandte Kunst. Schon im April 2021 hatte der Müncher die 10 Gebote (apropos archaisch) ausgegeben, auch als Briefing an sich selbst für seine eigenen Designkooperationen mit Möbelherstellern. „Ein gute Produkt ist reparierbar“ lautet etwa ein Punkt. Mindestens. Auch in Österreich beschäftigten sich die kreativen Köpfe mit den Kreisen, den neuen, aber auch damit, wie man aus den alten Kreisen (im Denken vor allem) ausbricht: Besonders Harald Gründl tat sich da im Jahr 2021 wieder hervor, mit dem Social-Design Spin-Off von EOOS, das sich EOOS Next nennt. Nicht nur für die Ausstellung im Rahmen der Vienna Biennale for Change 2021, wo das Studio die Ausstellung „Digital & Circular. Wege in die Kreislaufwirtschaft“ beigetragen hat. Das Institute of Design Research Vienna stellte bei dieser Gelegenheit einige „Circular Design Rules“ auf: als Regelwerk für die Gestaltung kreislauffähiger Produkte. Und bis sich der Markt auch an solche Ideen gewöhnt hat, springen noch zwei neue österreichische Labels in die wenigen Nischen am Markt, die noch bleiben.Und wenn die Online-Vertriebswege die neuen Showrooms sind und die haptischen Berührungspunkte zwischen Mensch und Möbel verlustig gehen, dann kann man sich auch 2021 auf eine Tendenz verlassen: Alles überblendet. Die Lock-Downs haben jedenfalls diese Ahnung beheizt bei jenen, die ohnehin schon letzten Februar unter dem Heizpilz im Schanigarten gesessen sind: Draußen ist das neue Drinnen. Und was das billige Gipsdekor an der Fassade in der Gründerzeit war ist auch heute der vorgehängte Balkon an den Fassaden der Investoren-Architektur. Dort kann man auch im Lock-Down sitzen und sich selbst applaudieren, dass man wieder einen Tag Home-Office geschafft hat, in einem „Home“, das dafür eigentlich nie geschaffen wurde.

Spectrum, Do., 2021.12.23

30. Oktober 2020Norbert Philipp
Die Presse

Frauen bauen Stadt: Architektur mit Auftrag

Frauen bauen Stadt. Und noch ganz andere Dinge. Aber sie dekonstruieren auch konsequent: Längst überholte Bilder, Rollen und Zuschreibungen. In einer Branche, in der mehr Männer entscheiden, aber dennoch viele Architektinnen wirken.

Frauen bauen Stadt. Und noch ganz andere Dinge. Aber sie dekonstruieren auch konsequent: Längst überholte Bilder, Rollen und Zuschreibungen. In einer Branche, in der mehr Männer entscheiden, aber dennoch viele Architektinnen wirken.

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19. Januar 2017Norbert Philipp
Die Presse

Weltausstellung: Museumsarchitektur

Begehbare Kunstwerke: Neue Exponate der Museumsarchitektur rund um die Erde.

Begehbare Kunstwerke: Neue Exponate der Museumsarchitektur rund um die Erde.

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03. Juni 2016Norbert Philipp
Die Presse

Bilder einer Umwälzung

Der Fotograf Kurt Hörbst dokumentierte den Bau der S10, die schon fast bis an seine Haustür im Mühlviertel führt.

Der Fotograf Kurt Hörbst dokumentierte den Bau der S10, die schon fast bis an seine Haustür im Mühlviertel führt.

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verknüpfte Akteure
Hörbst Kurt

20. April 2016Norbert Philipp
Die Presse

Das Festival als Türöffner

Die Architekturtage öffnen im Juni wieder im ganzen Land Häuser, Büros und neue Zugänge.

Die Architekturtage öffnen im Juni wieder im ganzen Land Häuser, Büros und neue Zugänge.

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31. März 2013Norbert Philipp
Die Presse

Die Baukunst hat ihre Kunst verlernt

Öde, lieblos, kunstlos – so sehen manche Kritiker die Architektur der Gegenwart. Statt der Baukulturverpflichten sich viele Architekten eher den streng kalkulierten Interessen der Investoren. Das hat Folgen, die nicht nur dem Auge wehtun.

Öde, lieblos, kunstlos – so sehen manche Kritiker die Architektur der Gegenwart. Statt der Baukulturverpflichten sich viele Architekten eher den streng kalkulierten Interessen der Investoren. Das hat Folgen, die nicht nur dem Auge wehtun.

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Presseschau 12

30. Januar 2023Norbert Philipp
Spectrum

„Materialnomaden“ feiern Erntedank auf dem Baufeld

Die „Materialnomaden“ bergen aus Häusern Schätze, die andere gar nicht sehen. Und machen sie für alle nutzbar.

Die „Materialnomaden“ bergen aus Häusern Schätze, die andere gar nicht sehen. Und machen sie für alle nutzbar.

Auch eine Kegelhalle, die in die Jahre gekommen ist, kann eine wertvolle Ressource sein. Als Raum für ein Unternehmen etwa, das sich selbst um Ressourcen kümmert. Noch dazu vor allem um jene, die viele in der Architekturszene und Bauwirtschaft noch gar nicht als solche wahrgenommen hätten. Das Büro, das sich „Materialnomaden“ nennt, schürft von Wien Favoriten aus nach Materialschätzen, die längst verbaut sind, in den Häusern genauso wie in den Kegel­hallen des Landes.

Heben muss die „Schätze“ trotzdem jemand. Oder besser: „ernten“. Dann rücken die „Materialnomaden“ aus, auf die Baufelder, auf denen die neue Architektur die alte gerade ablöst. Der Architektur-Urbanismus-Volksmund sagt dazu manchmal auch: „Urban Mining“. Doch für die „Materialnomaden“ sind das Schürfen und Ernten nur die ersten ihrer vielen Aufgaben, wie Peter Kneidinger erklärt. Der Bauingenieur, der gern tief in technische Materialdetails eintaucht, leitet das Büro gemeinsam mit Andrea Kessler, die als Architektin die gestalterische Perspektive im Augenwinkel behält. Zusammen mit einem interdisziplinären Team möchten sie beim Bauen miteinander verschweißen, was bislang kaum verknüpft scheint: nämlich das Ende des einen Projekts mit dem Anfang eines anderen. Aus vielen einzelnen Segmenten und Prozessen soll ein Kreislauf werden. Und eine der Werkstätten, in der das geschehen soll, ist die Kegelhalle in Wien Favoriten, die „zum ersten Circular Hub Österreichs geworden ist“, erzählt Peter Kneidinger. Heute ist er eine Sammelstelle für all die Daten und Expertise, die man so generieren kann – zu Bauteilen mit Zukunft, die man aus Gebäuden holt, die selbst keine mehr haben.
Nachgenutzt, wiederverwertet

Die Kegelhalle ist Büro, Ideenlabor und Materialwerkstatt. Dort veredelt das Team der „Materialnomaden“ ehemals genutzte Bauteile zu neuem Potenzial. Ein Haufen an Material, von dem man früher nicht wusste, wohin damit, wird systematisch mit gestalterischen Perspektiven aktualisiert. Dem Standort selbst geht es wie dem Großteil der Architektur – er hat ein Ablaufdatum. Diesen Sommer ist Schluss. Doch dann werden die „Materialnomaden“ an anderer Stelle das Ende eines Bau­projekts mit dem Anfang eines anderen verknüpfen. Noch lässt das Büro in der „Kreta“ in Wien Favoriten, die in der ­Gründerzeit als eine der ärmsten Wiens verschrien war, die Gedanken strawanzen. Mit einem klaren Ziel: Architektur und Bauen kreislauffähig zu machen. Auf den Außenflächen vor der Halle stapeln sich Bauteile, die man bei Rückbauten und Abrissen zuvor aus dem Bestand geholt hat.

Aluminium-Außenjalousien etwa, die die „Materialnomaden“ selbst zu Dach­paneelen upgegradet haben. Oder andere Paneele, ebenfalls aus Aluminium, unter denen Hunderttausende Menschen in den letzten Jahrzehnten in die Stadt gependelt sind, jene der alten blau-weißen Schnellbahnmodelle „4020“, die gerade von den ÖBB ausrangiert werden. Gerade Aluminium sei besonders wertvoll, erklärt Peter Kneidinger: „Man muss rechnen, dass eine Tonne davon acht Tonnen CO2 produziert.“ Ein guter Anlass, die Paneele zu einer Wandverkleidung in der „Magdas“ Großküche zu falten, diesmal sogar mit akustischer Zusatzfunktion.

Erntehelfer

Nachnutzung – ein nachhaltiger Aspekt der Architektur. Und das ist bei Materialien und Bauteilen auch nicht anders als bei Räumen. Denn wenn sie die Entwürfe der Architekturbüros offen und flexibel anlegen, erhöht sich die potenzielle Nutzungsdauer. Auch die Kegelhalle hätte wohl nicht gedacht, dass hier einmal „Materialnomaden“ an Bauteilen schrauben. Und die Mitarbeiter und Architektinnen mit ihren Ideen und Herzblut punkten statt mit Vor- oder Rückhand an den Tischtennis-Tischen, auf denen heute ihre Computer stehen. Doch auch aus der Kegelhalle wird das, was aus den meisten Gebäuden einmal wird: ein Haufen Schutt.

Üblicherweise rollen dann die Lkw an, um ihn wegzubringen. Damit später noch mehr Lkw kommen können, um neues Material und neue Bauteile heranzukarren. Schon das Material selbst hat bis dorthin ganz schön viel auf das CO2-Konto eingezahlt. Der Transport legt noch einiges drauf. Da suchen Peter Kneidinger, Andrea Kessler und ihr Team doch lieber nach Abkürzungen und vor allem nach Kreisläufen, in die sie Bauteile, die sie zuvor katalogisiert haben, einklinken können. An anderer Stelle vielleicht. Oder noch besser natürlich: gleich an ein- und derselben.

So bleiben dann und wann schon Bauteile direkt am Bauplatz. Wenn auch in anderer Funktion. Beim Projekt „Grellgasse“ in Wien vom Bauträger Schwarzatal, das von Knötzl Architekten umgesetzt wurde, war das etwa so. Zuvor stand dort ein Bürohaus der OMV. In Workshops mit Eigentümern und Architekten erarbeiteten die „Materialnomaden“ gestalterische Potenziale für die vorgefundenen Bauteile. Gemeinsam mit Landschaftsarchitektin Carla Lo etwa für die Gestaltung des Außenraums. Dafür entwickelte das Büro Bänke aus Betonfassaden-Elementen. Und auch in der Kletterwand am Spielplatz sollte die bauliche Vergangenheit durchschlagen. Doch einer spielte nicht mit: der TÜV und seine Standards. Aber für die Beschattung der Sandkiste hat’s gereicht. „Bei solchen Projekten muss man in der Nachnutzung auch flexibel bleiben“, sagt Kneidinger. Das funktioniert, wenn die Bauteile detailliert aufgearbeitet sind. Damit die Gestalter auch wissen, was sie den Elementen später im Entwurf zumuten dürfen. Schließlich sei „Nein, das geht nicht“ einer der häufigsten Stehsätze im Prozess, erzählt Kneidinger. Gefolgt von der Standardfrage: „Und wer übernimmt die Haftung?“

Kataloge

Schon deshalb löschen die „Materialnomaden“ vorsorglich gleich die größten Fragezeichen für die Nachnutzung. Bei Bauteilen von Fliesen, Türen bis hin zu Teilen ehemaliger Beichtstühle. Im „Magdas Hotel“ im dritten Bezirk Wiens verkleiden sie nun die Bar im Lokal. Dafür musste man sie aber nach brandschutztechnischen Standards neu lackieren. Das Haus war zuvor ein Priesterheim der Caritas. Als die Nutzer auszogen, wurden auch die Beichtstühle obsolet. An gleicher Stelle reaktivierten die „Materialnomaden“ auch unzählige Leuchten. Nachdem sie sie neu zertifizieren ließen und mit LED-Komponenten bestückten.

Schon oft sind die „Materialnomaden“ ausgerückt, um aus Büroimmobilien Hunderte Quadratmeter Parkett auszubauen. „Mit Werkzeugen und Methoden, die wir selbst entwickelt haben“, sagt Kneidinger, „damit die Bauteile unversehrt bleiben“. Wie auch aus einem ehemaligen Fitnesscenter am Columbusplatz. „Doch das noch Wertvollere lag unsichtbar darunter.“ Die Trittschalldämmung. Inzwischen macht sie sich in einem ganz anderen Projekt nützlich. Unter der Bühne des Theaters Werk X in Wien.

Spectrum, Mo., 2023.01.30

20. April 2022Norbert Philipp
Spectrum

Wie Architektur das Land aufwertet

Mehr als nur ein Sehnsuchtsort: Eine Ausstellung zeigt, wie Architektur und Baukultur das Land aufwertet, Perspektiven eröffnet und dabei auch das Selbstbewusstsein hochschrauben kann.

Mehr als nur ein Sehnsuchtsort: Eine Ausstellung zeigt, wie Architektur und Baukultur das Land aufwertet, Perspektiven eröffnet und dabei auch das Selbstbewusstsein hochschrauben kann.

Land und Stadt. Dass man das eine vom anderen scharf trennen könne wie Schwarz von Weiß, von dieser Illusion hat man sich längst gelöst. Alles scheint im universalen Sowohl-als-auch zu überblenden. Auch in Österreich fühlen sich manche Regionen ästhetisch und funktional längst so an, als hätte da jemand scheint eine Stadt zwischen den Bergen ausgeschüttet. Anderen Gegenden dagegen will man das Merkmal „Land“ dann doch ansehen, an den Dächern der Häuser, an den Materialien, aus denen sie entstanden sind, oder an der Anzahl der Blumenbalkone. Darin manifestiert sich auch ein untrüglicher Charakterzug einiger Regionen: der Gestaltungswille und die baukulturelle Haltung dahinter. In Österreich schiebt sich bei diesen Gedanken unweigerlich der Bregenzerwald ins Vorbewusstsein. An anderer Stelle blitzen dagegen weniger idyllische Bilder auf: Einfamilienhäuser etwa, die mit dem Land und ihren baulichen Traditionen so viel zu tun haben wie der Swimmingpool im Garten mit dem See in der Landschaft. Eine Ausstellung des Deutschen Architekturmuseums (DAM) nähert sich dem „Land“ nun, ohne es als romantisierten Sehnsuchtsort zu verstehen. „Schön hier. Architektur auf dem Land“ breitet keine idyllischen Vorstellungen aus.

Vielmehr Perspektiven, wie Architektur und Baukultur jene Flächen des Planeten aufwerten kann, auf denen sich genauso entscheidet, wie die Klimakrise dereinst ausgeht. „Hierbei geht es natürlich immanent auch um die Themen Flächenverbrauch und Bodenversiegelung“, sagt Stefanie Lampe, die gemeinsam mit Annette Becker und Lessano Negussie die Schau kuratiert hat. Und gerade in diesem Themenfeld demonstrieren auch viele der 70 ausgewählten Projekte, was die Architektur am Land vielleicht am dringendsten braucht: den intelligenten Umgang damit, was schon vorhanden ist. „Dazu gehört natürlich auch einfach der bauliche Bestand“, sagt Lampe. Bauernhäuser, aufgelassene Klöster, Scheunen. Die Architektur kann ihnen neue Nutzungen und damit Zukunft injizieren. Die Ausstellung selbst beweist es schon irgendwie: Sie präsentiert der Öffentlichkeit in einer Scheune, im Freilichtmuseum Hessenpark in Neu Anspach.

Lebendige Ortszentren

Aber auch die Expertise sowie die Materialien vor Ort gehören zu den Ressourcen, die die Architektur nutzen kann, um das Potenzial des ländlichen Raums auszuschöpfen. Jenes, das auch die Digitalisierung durchaus aktivieren könnte. Denn gerade Arbeit und Bildung könnten die Stadt irgendwann nicht mehr brauchen, um sich zu verorten. Schon gar nicht baulich.

Die Ausstellung „Schön hier“ beweist vor allem eines: Wie die Architektur dem Land dabei hilft, selbstbewusst Land zu sein. Und den Dörfern, Dorf zu sein. Eines, das funktioniert vor allem. Und lebt. Auch in den Ortskernen. „Wir zeigen natürlich viele öffentliche Projekte. Aber dabei muss es sich nicht immer klassisch um Rathäuser samt Gemeindesaal drehen“, sagt Lampe. Denn die Architekten und Architektinnen bringen auch ganz andere Orte und Bauten ein, die vor allem eines stiften: Gemeinschaft. Und dabei gleichzeitig neues Leben triggern. Dabei kann man auch unkonventionelle Nutzungen kombinieren, die früher vielleicht nicht so selbstverständlich zusammengefunden hätten, wie Lampe erzählt: Etwa in Hittisau im Bregenzerwald, wo im ersten Stock das Frauenmuseum eingezogen ist und im Erdgeschoß die Feuerwehr. Mitten im Dorfzentrum.

In einer anderen Gemeinde der Region, in Krumbach, haben sich die Kuratorinnen und Kuratoren auch besonders tief eingelassen auf das, was dort geschieht. Wie die Prozesse laufen, wie die Finanzierungen zustanden kommen, welche Akteure beteiligt sind. „Nicht nur das Anknüpfen an lokale Bautraditionen ist wichtig. Auch die Partizipationsmöglichkeiten“, sagt Lampe. Und für das Landpanorama, das die Ausstellung aufzieht, hat das Kuratoren-Team auch intensiv zugehört. Was Gemeinderäte, lokale Architektinnen, die Winzer und die Bürgerinnen zu sagen haben.

Miteinander

Neben Krumbach hat man sich vor allem auch in Thüringen, in Valedas in der Schweiz sowie im Schwarzwald umgehört und eingefühlt. „Dort gibt es etwa seit 2020 die Baukultur-Initiative Bauwerk Schwarzwald, die auch Gestaltungsberatung von Fachleuten für Private anbietet.“ Denn baukulturelle Haltungen sollen womöglich auch jenseits der Thuyenhecken und Carports aus dem Baumarkt einsickern. Doch das Einfamilienhaus ist ohnehin die Typologie der Vergangenheit. Gemeinden wie Krumbach rücken da ganz andere ins Zentrum, sprichwörtlich noch dazu: Wie etwa Generationenhäuser mit barrierefreien Wohnungen. „Uns ging es vor allem aber auch darum, die Vielfalt der architektonischen Aufgaben aufzufächern“, sagt Lampe. Und diese reichen von öffentlichen Bauten wie Bushaltestellen und Gemeindeämtern über neue Wohnformen bis hin zu den Produktionsstätten. Auch die sollten sich schließlich im besten Fall ins Landschaftsbild fügen.

Spectrum, Mi., 2022.04.20

23. Dezember 2021Norbert Philipp
Spectrum

Design 2021: Kreise, die sich schließen

Möbel in der Warteschleife, die Suche nach dem Archaischen und die Designbüros als Ausgabestelle für nachhaltige Gestaltungsprinzipien.

Möbel in der Warteschleife, die Suche nach dem Archaischen und die Designbüros als Ausgabestelle für nachhaltige Gestaltungsprinzipien.

Mit dem Faustkeil hat alles begonnen. Archäologen haben ihn auch schon einmal als ältestes Design-Objekt der Menschheitsgeschichte bezeichnet. Seitdem ist viel dazugekommen an Dingen. Auch dieses Jahr. Manche haben wir sogar in die Familie aufgenommen: Möbel sind ja unsere besten Freunde. Mit kaum jemandem verbringen wir derart viel Zeit. Und so nah überhaupt. Die einzigen Freunde außer Haustiere bei denen das Social Distancing nicht schlagend wurde. Und es funktioniert mit den Dingen wie in wirklichen sozialen Beziehungen: Manche werden so vertraut, man mag sie gar nicht austauschen. Das Problem: Die Möbelbranche hätte aber gern, dass man sie austauscht. Und deshalb macht sie ständig Vorschläge. In diesem Jahr fehlte dem Business allerdings die Plattformen dazu. Die größten Möbelmessen fielen in diesem Jahr aus, die allergrößte, die Mailänder, rettete sich mit einem neu erfundenen Format, dem „Super Salone“ in die Aufmerksamkeit jener, für die die schönste aller Bescherungen schlichtweg neue Designmöbel sind.

Selbstreflexion

Dafür hatte die Branche durch den von Corona verordneten Pausenmodus Gelegenheit, über ihre eigene Bredouille nachzudenken: Schließlich will man nachhaltig sein, aber Neues verkaufen will man auch. Also muss das Meiste, was jetzt Sofaüberzug oder Gartenstuhl ist vorher zumindest einmal in anderer Form im Meer gewschwommen sein. Oder zumindest von einer Hochland-Community in einem Land mit viel Hochland gewebt, gemeisselt oder wenigstens in der Hand gehalten worden sein. Oder die Stühle müssen von Menschen gemacht worden sein, die seit 150 Jahren in 20. Generation nichts anderes machen als diese heikle raffinierte Holzverbindung genau so und nicht anders. Außerdem haben die Designhersteller das beste Rezept gegen das Altern gefunden: Sie nehmen die ganz alten Rezepte. Zum Beispiel: Archaisches, weil Kreise bleiben immer jung. Oder sie holen sich Designer als Change-Manager auf den Besprechungstisch, der früher mal ein Esstisch war, weil: Ein Tisch ist alles. Denn auch das Zuhause ist inzwischen „alles“ geworden ist. Vor allem auch Büro. Danke, Pandemie. Danke, Marketing.

Der Designer Stefan Diez hat sich etwa den Leitfaden für Design in der Kreislaufwirtschaft ausgedacht und legt ihn nicht nur in die Werkstätten und Lehrveranstaltungen seiner Klasse an der Universität für Angewandte Kunst. Schon im April 2021 hatte der Müncher die 10 Gebote (apropos archaisch) ausgegeben, auch als Briefing an sich selbst für seine eigenen Designkooperationen mit Möbelherstellern. „Ein gute Produkt ist reparierbar“ lautet etwa ein Punkt. Mindestens. Auch in Österreich beschäftigten sich die kreativen Köpfe mit den Kreisen, den neuen, aber auch damit, wie man aus den alten Kreisen (im Denken vor allem) ausbricht: Besonders Harald Gründl tat sich da im Jahr 2021 wieder hervor, mit dem Social-Design Spin-Off von EOOS, das sich EOOS Next nennt. Nicht nur für die Ausstellung im Rahmen der Vienna Biennale for Change 2021, wo das Studio die Ausstellung „Digital & Circular. Wege in die Kreislaufwirtschaft“ beigetragen hat. Das Institute of Design Research Vienna stellte bei dieser Gelegenheit einige „Circular Design Rules“ auf: als Regelwerk für die Gestaltung kreislauffähiger Produkte. Und bis sich der Markt auch an solche Ideen gewöhnt hat, springen noch zwei neue österreichische Labels in die wenigen Nischen am Markt, die noch bleiben.Und wenn die Online-Vertriebswege die neuen Showrooms sind und die haptischen Berührungspunkte zwischen Mensch und Möbel verlustig gehen, dann kann man sich auch 2021 auf eine Tendenz verlassen: Alles überblendet. Die Lock-Downs haben jedenfalls diese Ahnung beheizt bei jenen, die ohnehin schon letzten Februar unter dem Heizpilz im Schanigarten gesessen sind: Draußen ist das neue Drinnen. Und was das billige Gipsdekor an der Fassade in der Gründerzeit war ist auch heute der vorgehängte Balkon an den Fassaden der Investoren-Architektur. Dort kann man auch im Lock-Down sitzen und sich selbst applaudieren, dass man wieder einen Tag Home-Office geschafft hat, in einem „Home“, das dafür eigentlich nie geschaffen wurde.

Spectrum, Do., 2021.12.23

30. Oktober 2020Norbert Philipp
Die Presse

Frauen bauen Stadt: Architektur mit Auftrag

Frauen bauen Stadt. Und noch ganz andere Dinge. Aber sie dekonstruieren auch konsequent: Längst überholte Bilder, Rollen und Zuschreibungen. In einer Branche, in der mehr Männer entscheiden, aber dennoch viele Architektinnen wirken.

Frauen bauen Stadt. Und noch ganz andere Dinge. Aber sie dekonstruieren auch konsequent: Längst überholte Bilder, Rollen und Zuschreibungen. In einer Branche, in der mehr Männer entscheiden, aber dennoch viele Architektinnen wirken.

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19. Januar 2017Norbert Philipp
Die Presse

Weltausstellung: Museumsarchitektur

Begehbare Kunstwerke: Neue Exponate der Museumsarchitektur rund um die Erde.

Begehbare Kunstwerke: Neue Exponate der Museumsarchitektur rund um die Erde.

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03. Juni 2016Norbert Philipp
Die Presse

Bilder einer Umwälzung

Der Fotograf Kurt Hörbst dokumentierte den Bau der S10, die schon fast bis an seine Haustür im Mühlviertel führt.

Der Fotograf Kurt Hörbst dokumentierte den Bau der S10, die schon fast bis an seine Haustür im Mühlviertel führt.

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verknüpfte Akteure
Hörbst Kurt

20. April 2016Norbert Philipp
Die Presse

Das Festival als Türöffner

Die Architekturtage öffnen im Juni wieder im ganzen Land Häuser, Büros und neue Zugänge.

Die Architekturtage öffnen im Juni wieder im ganzen Land Häuser, Büros und neue Zugänge.

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31. März 2013Norbert Philipp
Die Presse

Die Baukunst hat ihre Kunst verlernt

Öde, lieblos, kunstlos – so sehen manche Kritiker die Architektur der Gegenwart. Statt der Baukulturverpflichten sich viele Architekten eher den streng kalkulierten Interessen der Investoren. Das hat Folgen, die nicht nur dem Auge wehtun.

Öde, lieblos, kunstlos – so sehen manche Kritiker die Architektur der Gegenwart. Statt der Baukulturverpflichten sich viele Architekten eher den streng kalkulierten Interessen der Investoren. Das hat Folgen, die nicht nur dem Auge wehtun.

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20. Januar 2013Norbert Philipp
Die Presse

Die Kunst der Improvisation – 45 Etagen hoch

Den Torre David in Caracas machten die Menschen selbst zu ihrem Lebensraum: ein faszinierendes Beispiel für die Kraft der Selbstorganisation. Das Büro „Urban Think Tank“ hat sie beobachtet.

Den Torre David in Caracas machten die Menschen selbst zu ihrem Lebensraum: ein faszinierendes Beispiel für die Kraft der Selbstorganisation. Das Büro „Urban Think Tank“ hat sie beobachtet.

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