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22. März 2004Derek Weber
Salzburger Nachrichten

Unterirdische Wunderwelt

Der Wiener Musikverein hat am Wochenende vier neue Säle eröffnet. Sie liegen unter der Erde und sollen neues Publikum in das ehrwürdige Haus locken.

Der Wiener Musikverein hat am Wochenende vier neue Säle eröffnet. Sie liegen unter der Erde und sollen neues Publikum in das ehrwürdige Haus locken.

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verknüpfte Bauwerke
Wiener Musikverein - Neue Säle

05. Juni 2003Derek Weber
Neue Zürcher Zeitung

Zweimal grünes Licht in Salzburg

Umbau des Festspielhauses grundsätzlich genehmigt

Umbau des Festspielhauses grundsätzlich genehmigt

Die jüngste Sitzung des Salzburger Festspielkuratoriums endete mit zwei wichtigen Ergebnissen: Grünes Licht gab es für die Bestellung Martin Kušejs zum Nachfolger Jürgen Flimms (NZZ 2. 6. 03). Und grünes Licht gab es auch für den Umbau des Kleinen Festspielhauses, insofern, als dem Direktorium die grundsätzliche Bewilligung für den Bau und die Einholung konkreter Offerten gegeben wurde. Allerdings muss diese Entscheidung bei einer ausserordentlichen Sitzung am 28. Juli nach Sichtung der Angebote der mit dem Bau zu beauftragenden Firmen noch einmal endgültig bestätigt werden.

Die Kosten für das nach langen Diskussionen und Querelen angenommene Projekt der österreichisch-luxemburgischen Architektengemeinschaft Holzbauer/Valentiny waren von der Wirtschaftsprüfungsfirma Diederichs und Partner ursprünglich mit 37 Millionen Euro taxiert worden. Es wurde in der Zwischenzeit entscheidend modifiziert, neuerlich einer Bewertung unterzogen und als im Kostenrahmen bleibend, «aber hart am Limit liegend» (Bürgermeister Schaden) bezeichnet. (So sickerte durch, dass die «Reserve für Unvorhergesehenes», die in der Regel 15 Prozent der Bausumme beträgt, auf 5 Prozent gekürzt wurde und dass die Kürzungen auch zulasten der technischen und der Bühnenausstattung gehen werden.) Das Kuratorium hat eine permanente begleitende Kostenkontrolle vorgeschrieben und sich die letzte Entscheidung für den Juli vorbehalten. Die verbleibende Finanzierungslücke von 4 Millionen Euro, die wegen der aller Wahrscheinlichkeit nach nicht eintreffenden Gelder Alberto Vilars offen bleiben wird, muss vermutlich durch Kreditaufnahmen gedeckt werden. Sollte es dem Direktorium jedoch gelingen, über diesen Betrag hinaus weitere Sponsoren für den Umbau zu finden, werde man ihm, versicherte Schaden, bei der Realisierung der nun gestrichenen Ausstattungs-Sonderwünsche nicht in den Arm fallen.

Ausdrücklich betonte der Bürgermeister, dass es trotz den Einsparungen keine Abstriche bei der Qualität der verwendeten Materialien geben werde. «Wenn man mit wenig Geld bauen muss», kommentierte Landeshauptmann Franz Schausberger die Entscheidung, «dann sind Kompromisse unvermeidlich.» So seien die VIP-Lounge und viele Extras gestrichen worden. Die Fassade wird nun aus Kostengründen doch ganz abgerissen und neu wieder aufgebaut; statt der geplanten zwei Eingänge wird es nur einen geben, und eine ganze Reihe von architektonischen Eingriffen in die Fassade - wie der grosse Balkon - wurde entschärft. Damit wurde auch den Wünschen der für das Aussehen der Altstadt zuständigen «Sachverständigen-Kommission» der Stadt Salzburg Rechnung getragen, die in solchen Fragen ein Einspruchsrecht besitzt und Änderungen am ursprünglich vorgelegten Plan von Holzbauer/ Valentiny verlangt hatte.

Während sich das Direktorium mit der Entscheidung des Kuratoriums für das Umbauprojekt höchst zufrieden zeigte, hält sich die Begeisterung bei Bürgermeister Schaden und der «Sachverständigen-Kommission» in Grenzen. Kritisiert wird darüber hinaus, dass die technische Ausstattung des Hauses nach dem Umbau nicht besser sein wird als jetzt. Optimistisch geben sich die Verantwortlichen, dass der Umbau fristgerecht zum Mozart-Jahr fertiggestellt sein wird. Ebenso rechnet man mit der Zustimmung des österreichischen Bundesdenkmalamtes zur neuen Fassadenlösung. Die Behörde wäre die einzige Instanz, die das Projekt noch zu Fall bringen könnte, von dem viele meinen, es wäre besser gewesen, es nach all den Pannen und Verzögerungen bei der Vergabe ohne Rücksichtnahme auf das Jahr 2006 neu auszuschreiben.

Neue Zürcher Zeitung, Do., 2003.06.05



verknüpfte Bauwerke
Kleines Festspielhaus - Wettbewerb

01. April 2003Derek Weber
Neue Zürcher Zeitung

Salzburger Umbau-Probleme

Verzögerungen im Projekt des Kleinen Festspielhauses

Verzögerungen im Projekt des Kleinen Festspielhauses

Der Umbau des Salzburger Kleinen Festspielhauses zu einem «Haus für Mozart» sorgt seit eineinhalb Jahren für Diskussionen. Unruhe erzeugten zunächst die allgemeine Verzögerung bei der Entscheidung für ein Architektenteam und der Vergabemodus des Auftrages selbst (vgl. NZZ vom 27. 9. 02). Nun kündigt das Festspieldirektorium an, das Kleine Festspielhaus - entgegen den ursprünglichen Verlautbarungen - im Jahr 2005 gar nicht bespielen zu können. Zugleich zeichnet sich ab, dass das finanzielle Korsett für den Umbau äusserst eng geschnürt ist und dass der Umbau ziemlich sicher grössere Eingriffe in die Fassade und das Innere des Festspielhauses mit sich bringen wird als noch vor wenigen Monaten konzediert. Dazu hat sich in den letzten Tagen auch der sogenannte Gestaltungsbeirat unter der Führung des Grazer Architekten Klaus Kada mit drastischer Kritik geäussert.

Der Auftrag wurde letzten Herbst im Zuge eines Verhandlungsverfahrens an das Architektenteam Holzbauer/Valentiny vergeben. Das Spezifische an diesem Verfahren liegt darin, dass - im Gegensatz zu einem Wettbewerbsverfahren - das siegreiche Projekt im Grunde nicht mehr darstellt als den allgemeinen Nachweis, dass jemandem zuzutrauen sei, die in Frage stehende Aufgabe zu bewältigen. Nach den vorgelegten Plänen realisiert werden muss es deshalb noch lange nicht. Schon bei der Vorstellung des Modells im November 2002 deutete sich an, dass die Umbaupläne nur «vorläufige» waren. Nun hat man von Seiten des Festspieldirektoriums dafür den Ausdruck «work in progress» geprägt. Und bei diesem «progress» wird immer deutlicher, dass Wilhelm Holzbauer den Ballast der Argumente, mit denen er seine Konkurrenten aus dem Feld zu schlagen versucht hat, über Bord zu werfen beginnt. Immer hatte er sich als Sachwalter des Erbes seines Lehrers Clemens Holzmeister dargestellt, der die Aussenfassade und die Trennwand zwischen Kleinem Festspielhaus und Felsenreitschule unangetastet liesse. Nun gilt beides nicht mehr. Holzbauer spricht offen davon, die Fassade «überarbeiten» zu wollen, weil sie der «Umbaubelastung» nicht standhalten werde. Der Vorsitzende des Festspielkuratoriums, der Salzburger Bürgermeister Heinz Schaden, meint gar, das Architektenteam habe nun «freie Hand, die Fassade des Festspielhauses abzureissen». Der Salzburger Architekt Rainer Kaschl verneint dies; die für Altstadtbelange zuständige Sachverständigenkommission, der er selbst angehört, habe Holzbauer «keinen Freibrief zum Abriss» gegeben.

Für die Kosten des Umbaus gibt es eine Obergrenze von 29 Millionen Euro. Festspielpräsidentin Helga Rabl-Stadler bezeichnete dieses Limit als «niedrig»; dennoch werde man sich daran halten und im Haus selbst überprüfen, welche Wünsche zwar «grundsätzlich richtig, aber nicht vordringlich» seien. Kostenüberschreitungen seien aber nur bei den auf Grund verschärfter gesetzlicher Bestimmungen neu vorgeschriebenen Fluchtwegen zu erwarten. Bis zu einer Kuratoriumssitzung am 11. April muss das Direktorium nun einen Finanzplan für die Jahre 2004-06 vorlegen, der auch «etwaige aus dem Umbau resultierende Kosten durch alternative Spielstätten» berücksichtigen soll, erklärte Schaden. Für diese Mehrkosten werde es keine zusätzlichen Subventionen geben. Ausserdem müsse das Direktorium monatlich über die Einhaltung der Kosten- und Terminplanung berichten. Gelinge es nicht, den Kostenrahmen einzuhalten, müsse das Umbauprojekt «zurück an den Start» und auf die Zeit nach dem Mozartjahr 2006 verschoben werden. Im Mai ist eine weitere Sitzung angesetzt, bei der das Architektenteam schriftlich die Kosten (und die Termine) garantieren muss. Zugleich sammeln sich auf lokalpolitischer Ebene die Kritiker des Umbaus um den grünen Planungsstadtrat Padutsch und den FPÖ-Vizebürgermeister Mitterdorfer, die offen damit drohen, das Projekt mit rechtlichen Schritten zu Fall zu bringen bzw. den dazu benötigten öffentlichen Baugrund nicht herzugeben.

Der Umbau macht - entgegen den im Dezember abgegebenen Versicherungen - auch gravierende Änderungen in der Spielplangestaltung der Festspiele notwendig. Statt - wie geplant - das Kleine Festspielhaus bis 2006 mit kleinen Behinderungen zu bespielen, wird man 2005 in Ausweichquartiere umsiedeln müssen. In Rede stehen der seit Jahren aus finanziellen Gründen nicht mehr genutzte Residenzhof und die 4000 Personen fassende «Arena»-Halle auf dem Messegelände, die im Herbst 2003 eröffnet werden wird. Festspielleiter Ruzicka denkt daran, 2005 mit der «Zauberflöte» dorthin auszuweichen. Die im Kleinen Festspielhaus geplante Premiere von «Le Nozze di Figaro» wird auf 2006 verschoben. Die Aufführung sämtlicher 22 Bühnenwerke Mozarts im Jahr 2006 sei nicht gefährdet.

Der Hauptgrund für die Umbauverschiebungen liegt in der für 2004 geplanten Koproduktion von Korngolds «Toter Stadt» mit der Wiener Staatsoper. Dieser Kooperation, die eine intakte Technik im Kleinen Haus erfordert, kommt laut Rabl- Stadler höchste Priorität zu. Sie soll die Spannungen zwischen Wien und Salzburg in der Ära Mortier endgültig aus der Welt schaffen. Eine weitere Verschiebung hat dagegen andere als umbaubedingte Ursachen: Matthias Pintschers neue Oper, ein für 2005 vorgesehenes Projekt, wird nach Ruzickas Angaben auf einen «späteren Zeitpunkt» verschoben, weil der Komponist zuvor noch einen Auftrag für Paris fertigzustellen habe. Laut Pintscher erfolgte die Absage jedoch «schon vor Monaten» und «einseitig» wegen des finanziellen Risikos durch Salzburg. Hier scheinen sich - wie bei der Rückstufung von Opern auf konzertante Aufführungen im Jahr 2003 - monetäre Bremsspuren abzuzeichnen, die Ruzickas Fünf- Säulen-Festspiel-Dramaturgie einen Anflug von Fiktion verleihen könnten.

Neue Zürcher Zeitung, Di., 2003.04.01



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Kleines Festspielhaus - Wettbewerb

21. November 2002Derek Weber
Neue Zürcher Zeitung

Mozart-Haus mit Stadtfenster

Neues zu den Salzburger Bauplänen

Neues zu den Salzburger Bauplänen

Die Spannungen und Unsicherheiten, die das Projekt eines Umbaus des Salzburger Kleinen Festspielhauses zu einem «Haus für Mozart» seit mehr als einem Jahr begleitet haben, waren auch bei der Präsentation des Siegermodells durch das Festspieldirektorium und die Architekten Wilhelm Holzbauer und François Valentiny greif- und sichtbar. Alle unterlegenen Architekten (unter ihnen das Zürcher Team Bétrix & Consolascio) hatten es im letzten Augenblick untersagt, ihre Pläne gemeinsam mit dem Siegermodell auszustellen. Man ist nun also in ästhetischen Fragen so klug wie zuvor, doch besteht, wie Eraldo Consolascio andeutete, die Absicht, die vier unterlegenen Projekte in einer gesonderten Ausstellung in Salzburg zu zeigen. Wie man hört, wurden bestimmte Einspruchsfristen nur knapp (um eine Stunde) versäumt, und das, obwohl die Eingaben, wie die betroffenen Architektenteams versichern, rechtzeitig beim Bundesvergabeamt in Wien abgegeben worden waren.

Alle offenen Rechtsfragen könnten jedoch, so versicherte Peter Ruzicka, der Intendant der Salzburger Festspiele, die Vergabe an das Siegerteam nicht mehr beeinflussen, sondern im schlimmsten Fall Schadenersatzforderungen nach sich ziehen. Man werde das umgebaute Haus pünktlich zur Premiere von Mozarts «Figaro» am 27. Juli 2005 eröffnen können. Baubeginn sei der September 2003. In einem ersten Schritt würden die Grundsicherung für die Unterfangung des Bühnenhauses und der Bau der Unterbühne vorgenommen; im zweiten Jahr (2004/05) würden Zuschauerraum und Foyer umgebaut werden. Beeinträchtigungen für das Publikum werde es nur im Bereich des Foyers geben. Die Finanzierung sei weitgehend gesichert. Die noch fehlenden Mittel sollen über eine Werbekampagne unter dem Motto «Jede Note zählt» aufgebracht werden.

Ruzicka wie die beiden Architekten betonten, dass die Zeitverzögerung von über einem Jahr letzten Endes produktiv gewesen sei. Das neue Projekt der Arbeitsgemeinschaft Holzbauer- Valentiny sei mehr als bloss die Summe jener zwei Projekte, die im ersten Anlauf eingereicht worden seien; es spiegle vielmehr «Aura und Geist des Ortes». Holzbauer begründete seine vor einem Jahr getätigten Einsprüche damit, dass es ihm darum gegangen sei, die von seinem Lehrer Clemens Holzmeister geschaffene «Einheit der Fassade» zu retten. Die Frage, ob diese «Einheit» nun gewahrt ist, könnte freilich für Diskussionen sorgen. Als eine optische Erweiterung des Karl- Böhm-Saales wird das neu geplante Foyer nach aussen hin die Fassade durch ein grosses, balkonbewehrtes Fenster aufbrechen. Im obersten Geschoss ist eine VIP-Lounge mit verglastem Dach vorgesehen. Auch das Aussehen des Daches wird durch eine Abwalmung beträchtlich verändert werden.

Der Opernsaal selbst wird um zehn Meter verkürzt und um einen Meter verbreitert; er erhält einen zweiten Rang, der - ebenso wie der Balkon - alle drei Saalwände umschliesst, wobei die seitlichen Galerien bis fast zur Bühne vorgezogen werden. Das Fassungsvermögen wird dadurch um 250 auf zirka 1600 Plätze erhöht. Der für die Akustik zuständige Experte des Teams, Karlheinz Müller, bezeichnete die Raumverhältnisse als «hoch, elegant und ideal für die Opern Mozarts und moderne Kammeropern».

Die Kosten des Umbaus werden mit 29 Millionen Euro angegeben. Das Projekt lässt allerdings noch einige Einzelheiten offen; die detaillierte Planung wird erst Ende 2002 abgeschlossen sein. Die Tatsache, dass man sich bei der Auftragsvergabe nicht an die Empfehlungen der Bewertungskommission hielt, wurde von Ruzicka damit begründet, dass es sich dabei um ein bloss beratendes Gremium gehandelt habe, an dessen Rat man nicht gebunden gewesen sei. Von der Existenz eines vom Direktorium eingeholten zusätzlichen (und letzten Endes ausschlaggebenden) Gutachtens des Landesbauamtes hatte das Schweizer Team Bétrix & Consolascio, das zuvor in der ersten Position gestanden hatte, freilich erst am Tag des Zuschlags an seine Konkurrenten erfahren. Und auch das nur, so Eraldo Consolascio, «über geheime Kanäle».

Neue Zürcher Zeitung, Do., 2002.11.21



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Kleines Festspielhaus - Wettbewerb

27. September 2002Derek Weber
Neue Zürcher Zeitung

Entscheidung vertagt

Offene Fragen um das Kleine Festspielhaus in Salzburg

Offene Fragen um das Kleine Festspielhaus in Salzburg

Regelmässig zu Mozart-Jubiläen wird die Frage eines Umbaues des Kleinen Salzburger Festspielhauses virulent. Als Erster nahm Clemens Holzmeister 1926 an dem aus der Mitte des 19. Jahrhunderts stammenden, nur 19 Meter breiten, schachtelförmigen Raum Veränderungen vor. Mit Blick auf 1941 wurde 1937 erneut über den unbefriedigenden Saal diskutiert; man sprach von einer Drehung des Zuschauerraums um 180 Grad. Zur Realisierung des neuen Holzmeister-Planes kam es wegen des «Anschlusses» Österreichs nicht mehr. Mittlerweile steht - im Hinblick auf das Mozart-Jahr 2006 - ein weiterer Umbau an (NZZ vom 18. 2. 02 und 8. 5. 02).

Im Mittelpunkt der neuesten Diskussion steht der Holzmeister-Schüler Wilhelm Holzbauer, der 1986 einen ersten Entwurf vorlegte und 1998 von Gerard Mortier mit einer Machbarkeitsstudie für den Umbau beauftragt wurde, bei der er die Idee der Tieferlegung von Bühne und Zuschauerraum ins Zentrum rückte. Danach vergingen drei Jahre, in denen der Festspielfonds vergebens versuchte, Holzbauer direkt mit dem Umbau zu betrauen. Schliesslich erwies es sich als unumgänglich, das Projekt EU-weit auszuschreiben. Da die Zeit zu drängen begann, wurde im Frühjahr 2001 jedoch statt eines offenen Architekturwettbewerbs ein sogenanntes Verhandlungsverfahren ausgeschrieben, das die Zahl der Bewerber beschränkte.

Seither sind siebzehn wertvolle Monate verstrichen, ohne dass eine Entscheidung für das «Haus für Mozart» gefallen wäre. Und die Sitzung des Festspielkuratoriums vom 13. September, die eine endgültige Klärung hätte bringen sollen, hat die Frist für den Baubeginn um weitere vier Wochen verkürzt: Bis zum 10. Oktober soll das Direktorium wie mit einem Zauberschlag lösen, was in den letzten eineinhalb Jahren nicht gelungen ist, und alle noch offenen rechtlichen, akustischen und kaufmännischen Fragen klären.

Inzwischen mehren sich die Stimmen, die dafür plädieren, die Fixierung auf das Jahr 2006 aufzugeben und den Umbau ohne Zeitdruck völlig neu auszuschreiben. Die vom Festspielfonds als Bauträger im Sommer 2002 durchgeführte Neuausschreibung des Verhandlungsverfahrens, die den beteiligten Architekten die Möglichkeit einräumte, untereinander Planungsgemeinschaften einzugehen, endete damit, dass der Holzbauer- Schüler Franz Valentiny mit seinem Partner im letzten Augenblick aus der im ersten Verfahren siegreichen Planungsgemeinschaft Hermann/Valentiny/Wimmer/Zaic absprang und nunmehr als «Subunternehmer» Holzbauers fungiert. Die Salzburger Architekten Wimmer und Zaic wurden daraufhin aus formalen Gründen vom Verfahren ausgeschlossen; ihr Anwalt beantragte am 30. August eine gerichtliche einstweilige Verfügung gegen den Salzburger Festspielfonds. Eine Entscheidung über diesen Antrag soll in den nächsten Tagen fallen.

Das Schicksal des Ausschlusses droht auch dem Schweizer Architektenteam Bétrix/Consolascio, dessen Entwurf - wie inzwischen durchsickerte - von der Bewertungskommission am 28. August knapp vor jenem der Arbeitsgemeinschaft Holzbauer/Hermann & Valentiny an die erste Stelle gesetzt worden war. Dies war zwischen den Zeilen aus den Stellungnahmen der Festspielpräsidentin und des Salzburger Landeshauptmanns nach der Sitzung am 13. September herauszuhören, in denen angedeutet wurde, dass «ein Architektenteam» kein Theaterprojekt als Referenz vorweisen könne. Der Zuschlag würde dann wohl automatisch dem zweitplacierten Entwurf zufallen.

Eines wurde auf der letzten Pressekonferenz klar: Sowohl das Festspieldirektorium als auch Landeshauptmann Schausberger wollen - unter Hinweis auf den Stand der weit fortgeschrittenen künstlerischen Planung und auf die greifbare finanzielle Realisierung - unbedingt an einem Umbau bis spätestens 2006 festhalten, auch wenn von verschiedenen Seiten in Zweifel gezogen wird, dass das Projekt in der noch zur Verfügung stehenden Zeit ohne Schliessung des Kleinen Festspielhauses realisierbar sei. Auch hier ist man optimistisch, zumal als letzter Ausweg der für 2005 angekündigte «Figaro» auf die Mozart- Woche im Januar 2006 verschoben werden könnte.

Seit letztem Wochenende hat Helga Rabl-Stadler einen Vertrag mit einem neuen Sponsor, dem New Yorker Verleger Donald Kahn, einem langjährigen Mäzen der Salzburger Festspiele, in Händen, der einen Finanzierungsbeitrag von 4,36 Millionen Euro für den Umbau leistet. Das Geld ist zweckgebunden und muss zurückbezahlt werden, wenn das vorgesehene Umbauprojekt scheitert. Damit, erläutert Rabl-Stadler, sei nicht nur die Hälfte des noch fehlenden Geldes aufgebracht, sondern auch die wichtige Vorbedingung für die Einhaltung der Finanzierungszusage in derselben Höhe durch Alberto Vilar erfüllt. «Wenn am 10. Oktober alles klappt, kann ich am Tag darauf Vilar anrufen und auch den Vertrag mit ihm unter Dach und Fach bringen.» Insgesamt soll der Umbau des Kleinen Festspielhauses etwas mehr als 28,5 Millionen Euro kosten. Mehr als 8,7 Millionen Euro würden dann von den beiden amerikanischen Grosssponsoren aufgebracht. Sollte es am 10. Oktober im Festspielkuratorium zu keiner Einigung kommen, muss das Umbauprojekt als gescheitert betrachtet werden.

Neue Zürcher Zeitung, Fr., 2002.09.27



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Kleines Festspielhaus - Wettbewerb

08. Mai 2002Derek Weber
Neue Zürcher Zeitung

Neue Prüfung

Verzögerung beim Umbau des Kleinen Festspielhauses in Salzburg?

Verzögerung beim Umbau des Kleinen Festspielhauses in Salzburg?

In offiziellen Stellungnahmen gibt man sich im Salzburger Festspielbezirk gelassen; in informellen Gesprächen ist der besorgte Unterton nicht zu überhören. Dabei geht es weniger um die versprochenen und seit einiger Zeit gerüchteweise nur zögernd fliessenden Sponsor-Millionen Alberto Vilars, sondern vielmehr um ein Kapitel des österreichischen Rechtslebens, das eines kafkaesken Zuges nicht entbehrt. Vier Jahre ist es her, seit Gerard Mortier den österreichischen Architekten Wilhelm Holzbauer mit dem Umbau des ästhetisch wie akustisch als unbefriedigend empfundenen Kleinen Festspielhauses betraute, um daraus - mit Blickrichtung auf das Jubiläumsjahr 2006 - ein «Haus für Mozart» zu formen (vgl. NZZ 18. 2. 02). Im Frühjahr 2001 - Holzbauers Entwürfe waren längst fertig - musste das Projekt neu ausgeschrieben werden, da es nicht gelungen war, den Vergabemodus den EU-Normen anzupassen. Die Zeit drängte: Das Kleine Festspielhaus sollte bis 2006 bespielbar bleiben und 2005 im neuen Gewand mit Mozarts «Figaro» eröffnet werden. Also wurde ein abgekürztes Wettbewerbsverfahren ausgeschrieben, zu dem fünf ausgewählte Bewerber eingeladen wurden. Eine neunköpfige Jury kürte im September 2001 den Entwurf der luxemburgisch-salzburgischen Architektengruppe Hermann & Valentiny, Wimmer, Zaic zum Siegerprojekt. Holzbauer, ein Schüler Clemens Holzmeisters, wurde nur an zweiter Stelle placiert. Gegen diese Entscheidung legte Holzbauer beim Bundesvergabeamt Berufung ein.

Genau hier kommt das kafkaeske Element ins Spiel. Es ist gar nicht leicht, herauszufinden, was diese Institution genau macht und wer ihr angehört. Das Bundesvergabeamt ist ein aus drei Personen bestehendes, nicht weisungsgebundenes Gremium beim österreichischen Wirtschaftsministerium, das über die Einhaltung der Bundesvergabe-Ordnung wacht. Es tritt unter dem Vorsitz eines Juristen immer dann zusammen, wenn es um eine Entscheidung angerufen wird. Hat es seinen Spruch erst einmal gefällt, ist eine Berufung dagegen nur noch beim Bundesverfassungsgericht möglich. Die Bestimmungen der Bundesvergabe-Ordnung scheinen aber nicht so klar zu sein, wie man sich das vorstellt. Im Grunde weiss ein Auftraggeber immer erst im Nachhinein, ob er im Einklang mit allen Vorschriften gehandelt hat oder nicht. Im Fall des Festspielhaus-Umbaus entschied die Kommission zugunsten Holzbauers, mit der Begründung, es lägen grobe Verletzungen des Ausschreibungstextes durch die erstplacierte Planungsgemeinschaft Hermann & Valentiny vor. Der Entwurf verstosse zudem gegen die Vorschriften des Denkmalschutzes. Für diesen Spruch benötigte das Bundesvergabeamt fünf Monate. Mitte April gab es seine erste Erkenntnis heraus, erklärte die Zuschlagserteilung an Hermann & Valentiny, Wimmer, Zaic für nichtig und kündigte weitere Bescheide an. Am 15. Mai sollen die restlichen Fragen geklärt werden.

Die Reaktionen auf den Bescheid waren entsprechend unterschiedlich. Während Holzbauer sich in seiner Kritik bestätigt sah, denkt die unter der Führung des Holzbauer-Schülers Valentiny stehende Architektengruppe laut darüber nach, beim Verfassungsgerichtshof einen Antrag auf Ausschluss Holzbauers aus dem Verhandlungsverfahren einzubringen. Das Festspielkuratorium beschloss auf einer Sondersitzung, alle fünf im Jahr 2001 eingereichten Projekte auf der Grundlage neuer Richtlinien der Salzburger Landesbaudirektion von der Jury neu prüfen zu lassen. Bei einer Kuratoriumssitzung am 22. Mai soll dann endgültig die Entscheidung darüber fallen, wer den Umbau durchführen wird.

«Wir wollen kein Risiko mehr eingehen», erklärt der Salzburger Landeshauptmann Franz Schausberger. Aus dem Festspielhaus verlautet dazu, wenn man am 22. Mai zu einer «hieb- und stichfesten Entscheidung» komme, bleibe man im Zeitplan. Sollte dies nicht der Fall sein, sei der in Aussicht genommene Termin für die Eröffnung im Jahr 2005 schwer einzuhalten. Das wiederum würde bedeuten, dass die gesamte Planung für 2006 ins Wanken komme. Festspielpräsidentin Helga Rabl-Stadler sagte gegenüber der NZZ, man gehe bewusst auf den Stand vom 21. September 2001 zurück. «Ein unabhängiger Prüfer wird klären, wieweit die damals vorliegenden Angebote miteinander vergleichbar sind. Die verschiedenen Teams haben nämlich - unter Beiziehung von renommierten Akustikern - recht unterschiedliche Projekte eingereicht. » Ob der 22. Mai tatsächlich das Ende aller Querelen bringen wird, ist also ungewiss. Weitere Beschwerden und Klagen scheinen vorprogrammiert, auch wenn man sich auf politischer Ebene bemüht, durch informelle persönliche Gespräche eine einvernehmliche Lösung zustande zu bringen.

Der Umbau des Kleinen Festspielhauses soll etwas mehr als 28,5 Millionen Euro kosten. 4,4 Millionen wurden von Alberto Vilar zugesagt. Nach Auskunft von Festspielpräsidentin Helga Rabl-Stadler ist das Finanzierungsversprechen zwar noch nicht vertraglich abgesichert, der Mäzen habe aber vor wenigen Tagen ausdrücklich bestätigt, dass er zu seiner Zusage stehe. Rabl-Stadler dementiert auch ausdrücklich Zeitungsmeldungen, Vilar sei den Salzburger Festspielen gegenüber mit für die Vergangenheit zugesagten Zahlungen - 1,45 Millionen Euro pro Jahr seit 1999 - im Rückstand.

Neue Zürcher Zeitung, Mi., 2002.05.08



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Kleines Festspielhaus - Wettbewerb

18. Februar 2002Derek Weber
Neue Zürcher Zeitung

Welches Haus für Mozart?

Salzburg verfügt bis heute über kein Theater, das für die Aufführung von Mozarts Opern optimale Bedingungen bietet. Durch einen Umbau des Kleinen Festspielhauses sollte diesem Missstand abgeholfen werden. Über das Projekt wird erbittert gestritten.

Salzburg verfügt bis heute über kein Theater, das für die Aufführung von Mozarts Opern optimale Bedingungen bietet. Durch einen Umbau des Kleinen Festspielhauses sollte diesem Missstand abgeholfen werden. Über das Projekt wird erbittert gestritten.

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Kleines Festspielhaus - Wettbewerb

05. Februar 1999Derek Weber
Neue Zürcher Zeitung

Neuer Bau, frischer Elan

Das Stadttheater Klagenfurt ist in zweijähriger Bauzeit renoviert und erweitert worden. Nach der Wiedereröffnung scheinen sich auch auf der Bühne Erneuerungstendenzen durchzusetzen.

Das Stadttheater Klagenfurt ist in zweijähriger Bauzeit renoviert und erweitert worden. Nach der Wiedereröffnung scheinen sich auch auf der Bühne Erneuerungstendenzen durchzusetzen.

Es mag ein Zufall sein, aber auf dem samstäglichen Markt scheinen Verkäufer und Kunden nur ein Thema zu kennen: die letzte Premiere des Stadttheaters. Das Erstaunliche: Wir befinden uns nicht in Parma oder in Neapel, sondern in Klagenfurt, wo das Stadttheater nach zweijähriger Renovierungspause auch architektonisch wieder in seinem alten Glanz erstrahlt.

Fellner, Helmer und Domenig

Der 1910 nach den Plänen der k. u. k. Theaterarchitekten Ferdinand Fellner und Hermann Helmer errichtete Bau war in den sechziger Jahren gründlich verunstaltet worden. Jetzt wurde sogar der damals hinzugefügte hässliche Nachkriegs- Zubau abgetragen; an seine Stelle trat ein neuer, vom Kärntner Architekten Günther Domenig entworfener Komplex, der sich geschmeidig an die Jugendstilarchitektur anfügt und Administration, Proberäume, Bühnenwerkstätten und Schneiderei des Theaters beherbergt.

Domenig hatte nicht nur die ausgefallenste Idee für den Anbau – anstatt in die Höhe zu bauen und das Gesamtbild des Hauses zu verändern, verlängerte er die Hauptachse des Theaters sozusagen frei in die Luft hinaus –, er war auch der einzige unter den Architekten, der sich vor Anfertigung des Entwurfs an Ort und Stelle darüber ins Bild setzte, welche Bedürfnisse die im Theater Arbeitenden hatten.

Die frappierendsten Ergebnisse zeitigte die Renovierung bei den Innenräumen: So gründlich war in den sechziger Jahren vorgegangen worden, dass sich fast nicht mehr rekonstruieren liess, wie das Theater einmal ausgesehen hatte: «Das noble Kaisergelb der Tapeten wurde durch muffiges Bordellrot ersetzt, die zwischen Historismus und Jugendstil verspielten Säulen verkleidete man mit Kunstholzplatten», kann man im Jahresheft 1998/99 des Theaters lesen.

Wäre nicht der Zufall dem Intendanten Dietmar Pflegerl zu Hilfe gekommen, das Haus sähe immer noch anders aus: Eine Woche bevor die Farben der Inneneinrichtung festgelegt wurden, meldete sich ein Tapezierermeister aus Wien. Er hatte in einem Lagerraum ein Paket mit den Originalfarben der Dekorationen und des Vorhanges gefunden, die sein Grossvater angefertigt hatte. So wurde aus Rot Gelb; und der Vorhang bekam eine nobelgrüne Farbe. Dazu kamen die passenden Jugendstilleuchten, eine bequeme moderne Bestuhlung aus Italien und ein neuer, von Mimmo Paladino geschmackvoll gestalteter eiserner Vorhang.

So kühl die Farbe des eisernen Vorhangs ist: Kärnten ist ein heisser Boden: In den Wochen vor der Theatereröffnung hatte eine Art vorgezogener Kultur(wahl)kampf der rechtspopulistischen FPÖ für Kontroversen gesorgt. Jörg Haider selbst, der sich im nächsten Frühjahr zum Landeshauptmann wählen lassen möchte, hatte – unterstützt von einem Boulevardblatt – eine Schmutzkampagne gegen den Maler Cornelius Kolig vom Zaun gebrochen. Kolig war von einer Jury dazu ausersehen worden, die von den Nazis abgeschlagenen Fresken seines Onkels Anton Kolig im Kärntner Landhaus zu ersetzen. Nun musste er sich als «Fäkalienkünstler» und potentieller Kinderschänder beschimpfen lassen.

Das rief Pflegerl auf den Plan: «Wenn ein Theater nicht mehr fähig ist, auch zu aktuellen Fragen Stellung zu beziehen, hat es seine Existenzberechtigung verloren.» Am Tag der offenen Tür zur Wiedereröffnung des Theaters setzte Pflegerl eine Diskussion unter dem Titel «tat - ort land - haus» an. Haider und die anderen eingeladenen Vertreter der FPÖ zogen es vor, nicht zu erscheinen. Wenige Tage später lenkte Haider ein. Der Kulturkampf wurde abgesagt – wohl auch unter dem Eindruck der «Volksabstimmung» anlässlich des Tags der offenen Tür, bei dem an die 30 000 Menschen (rein rechnerisch ein Drittel der Klagenfurter Bevölkerung) ins Theater geströmt waren.

Dreispartenbetrieb

Auch andere Zahlen scheinen Pflegerl recht zu geben: In der Saison 1998/99 hat das Haus die Zahl seiner Abonnenten auf 5000 verdoppelt. Pflegerl ist überzeugt, dass er – wäre er nicht so erfolgreich – längst schon «weg» wäre. Tatsächlich haben FPÖ-Mandatare versucht, ihn auszuhebeln. Bisher vergeblich. Aber der Ruf eines Schwierigen begleitet Pflegerl, seit er 1992 zum neuen Intendanten gewählt wurde. Seit dieser Zeit führt er das Dreispartenhaus auf der Basis eines Zweieinhalbspartenhauses: Für die Opernproduktionen sind nur Chor und Orchester fest engagiert; die Solisten werden für die jeweilige Produktion «zugekauft». «Das spart Geld und hebt die Qualität», meint der streitbare Theaterleiter. Und es degradiere das Haus keineswegs zu einer «Gastierstätte»: Die Gäste kehrten wieder.

Dass das Theater sich in keinem guten Zustand befunden habe, sei von Anfang an offensichtlich gewesen. Die Beleuchtung habe sich auf dem technischen Stand von 1938 befunden. Die für die Aufrüstung des Lichts notwendigen 20 Millionen Schilling waren rasch bewilligt. Nach der bei einem Schweizer Unternehmen in Auftrag gegebenen Expertise über den allgemeinen Zustand des Theaters, die einen Sanierungsbedarf von 600 Millionen auswies, läuteten jedoch bei den Landespolitikern die Sturmglocken.

Schliesslich einigte man sich auf eine «Sparvariante» von 300 Millionen Schilling. Den zweijährigen Umbau sieht der Intendant rückblickend eher als Vorteil denn als Schaden. Das Ausweichen in die Messehalle habe dem Theater neue Publikumsschichten erschlossen, weil eine Hemmschwelle weggefallen sei. Um die Zukunft ist ihm nicht bange. Sein Programm: zehn Produktionen pro Jahr im Stagione-System, davon sechs im Musik- und vier im Schauspielbereich, darunter Uraufführungen und Werke des 20. Jahrhunderts. Der Freiraum zum Experimentieren sei schon geschaffen worden. «Olivier Tambosi haben sie am Anfang angefeindet. Heute lieben sie ihn», sagt er.

Hohes Niveau

Der Regisseur Olivier Tambosi setzte auch die Wiedereröffnungspremiere («Hoffmanns Erzählungen») in Szene, die einen Tag vor der Uraufführung von Gert Jonkes «Es singen die Steine» über die Bühne ging. Die Probe aufs Exempel verläuft beim «Hoffmann» (in der Fassung von M. Kaye) positiv: Die Sänger und Sängerinnen erweisen sich den vokalen Anforderungen gewachsen. Christiane Boesinger meistert – auch wenn sie ihre Stärken vor allem als Antonia und Giulietta ausspielt – ihre vier Partien mit Bravour. Wolfgang Bünten verfügt über sichere Höhen und über jene Mischung aus dramatischem und lyrischem Tenor, die einen Hoffmann auszeichnen sollte. Andrew Golder beeindruckt als Bösewicht nicht nur sängerisch, und der jungen Roswitha Grabmeier-Müller gelingt die schlacksige Mischung aus Muse und Kompagnon durchaus überzeugend.

Am meisten aber beeindruckt die Regie, die – unterstützt von einem auf Farbkontraste setzenden Bühnenbild – mit bisweilen recht drastischen Mitteln unkonventionelle Lösungen ansteuert, insbesondere im Olympia-Akt, in dem die weibliche Dressur in eine Vergewaltigung des betrunken gemachten Hoffmann ausartet. So befremdet ein Teil des Publikums auch am Anfang reagieren mochte: im Lauf des Abends war mit Händen zu greifen, dass der Regisseur das Publikum auf seine Seite zu ziehen vermochte.

Die zweite Opernpremiere der Saison brachte mit Verdis «La Traviata» Dietmar Pflegerls Début als Opernregisseur. Auf den ersten Blick scheint er die Konvention zu bedienen. Die Geschichte spielt partout – auch wenn die Szenerie (Bernd- Dieter Müller) sich jeder Üppigkeit enthält – im Frankreich des 19. Jahrhunderts. Kein Rauschgift, kein Smoking, kein Cadillac, nicht einmal ein trister Fernseher im letzten Akt versucht die Handlung zu «aktualisieren». Und doch erzählt Pflegerl die Geschichte von der Kameliendame überaus genau, präzis und mätzchenlos – als Geschichte misslungener menschlicher (lies: männlicher) Beziehungen: Wenn Giorgio Germont zum erstenmal auf Violetta trifft, merkt man ihm die Betroffenheit und Verunsicherung an, welche die menschliche Grösse dieser Frau hervorruft. Gerade wenn man die Trivialversion dieser Szene aus dem täglichen Wiener Repertoirebetrieb kennt, ist man beeindruckt von der Frische einer Inszenierung, in der jedes Wort überprüfbar und jede Bewegung sinnvoll erscheint.

Die Sänger sind – wie schon beim «Hoffmann» – von erstaunlicher Qualität. Sonora Vance reüssiert – abseits aller gesangstechnischen Versiertheit – als ausdrucksstarke und optisch wie von den Jahren her glaubhafte Violetta. Yi Kun Chung verfügt als Alfredo über eine geschmeidige lyrische Stimme mit kerniger Fundierung; und Samson Izjumov wäre mit seiner auch in der Höhe festen Stimme fast ein idealer Vater Germont, wenn ihm nur das Legato leichter aus der Kehle flösse.
Kann Pflegerl also zufrieden sein? Es könnte ein «Idealzustand» sein, meint er. Das Theater sei wie ein «Massanzug», den er nie mehr im Leben ausziehen würde. «Ich bin an einem Punkt angelangt, wo ich mich immer hingeträumt habe.» Wenn, ja wenn es nur nicht immer wieder diese politischen Querelen gäbe.

Neue Zürcher Zeitung, Fr., 1999.02.05



verknüpfte Bauwerke
Stadttheater Klagenfurt - Generalsanierung

Presseschau 12

22. März 2004Derek Weber
Salzburger Nachrichten

Unterirdische Wunderwelt

Der Wiener Musikverein hat am Wochenende vier neue Säle eröffnet. Sie liegen unter der Erde und sollen neues Publikum in das ehrwürdige Haus locken.

Der Wiener Musikverein hat am Wochenende vier neue Säle eröffnet. Sie liegen unter der Erde und sollen neues Publikum in das ehrwürdige Haus locken.

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verknüpfte Bauwerke
Wiener Musikverein - Neue Säle

05. Juni 2003Derek Weber
Neue Zürcher Zeitung

Zweimal grünes Licht in Salzburg

Umbau des Festspielhauses grundsätzlich genehmigt

Umbau des Festspielhauses grundsätzlich genehmigt

Die jüngste Sitzung des Salzburger Festspielkuratoriums endete mit zwei wichtigen Ergebnissen: Grünes Licht gab es für die Bestellung Martin Kušejs zum Nachfolger Jürgen Flimms (NZZ 2. 6. 03). Und grünes Licht gab es auch für den Umbau des Kleinen Festspielhauses, insofern, als dem Direktorium die grundsätzliche Bewilligung für den Bau und die Einholung konkreter Offerten gegeben wurde. Allerdings muss diese Entscheidung bei einer ausserordentlichen Sitzung am 28. Juli nach Sichtung der Angebote der mit dem Bau zu beauftragenden Firmen noch einmal endgültig bestätigt werden.

Die Kosten für das nach langen Diskussionen und Querelen angenommene Projekt der österreichisch-luxemburgischen Architektengemeinschaft Holzbauer/Valentiny waren von der Wirtschaftsprüfungsfirma Diederichs und Partner ursprünglich mit 37 Millionen Euro taxiert worden. Es wurde in der Zwischenzeit entscheidend modifiziert, neuerlich einer Bewertung unterzogen und als im Kostenrahmen bleibend, «aber hart am Limit liegend» (Bürgermeister Schaden) bezeichnet. (So sickerte durch, dass die «Reserve für Unvorhergesehenes», die in der Regel 15 Prozent der Bausumme beträgt, auf 5 Prozent gekürzt wurde und dass die Kürzungen auch zulasten der technischen und der Bühnenausstattung gehen werden.) Das Kuratorium hat eine permanente begleitende Kostenkontrolle vorgeschrieben und sich die letzte Entscheidung für den Juli vorbehalten. Die verbleibende Finanzierungslücke von 4 Millionen Euro, die wegen der aller Wahrscheinlichkeit nach nicht eintreffenden Gelder Alberto Vilars offen bleiben wird, muss vermutlich durch Kreditaufnahmen gedeckt werden. Sollte es dem Direktorium jedoch gelingen, über diesen Betrag hinaus weitere Sponsoren für den Umbau zu finden, werde man ihm, versicherte Schaden, bei der Realisierung der nun gestrichenen Ausstattungs-Sonderwünsche nicht in den Arm fallen.

Ausdrücklich betonte der Bürgermeister, dass es trotz den Einsparungen keine Abstriche bei der Qualität der verwendeten Materialien geben werde. «Wenn man mit wenig Geld bauen muss», kommentierte Landeshauptmann Franz Schausberger die Entscheidung, «dann sind Kompromisse unvermeidlich.» So seien die VIP-Lounge und viele Extras gestrichen worden. Die Fassade wird nun aus Kostengründen doch ganz abgerissen und neu wieder aufgebaut; statt der geplanten zwei Eingänge wird es nur einen geben, und eine ganze Reihe von architektonischen Eingriffen in die Fassade - wie der grosse Balkon - wurde entschärft. Damit wurde auch den Wünschen der für das Aussehen der Altstadt zuständigen «Sachverständigen-Kommission» der Stadt Salzburg Rechnung getragen, die in solchen Fragen ein Einspruchsrecht besitzt und Änderungen am ursprünglich vorgelegten Plan von Holzbauer/ Valentiny verlangt hatte.

Während sich das Direktorium mit der Entscheidung des Kuratoriums für das Umbauprojekt höchst zufrieden zeigte, hält sich die Begeisterung bei Bürgermeister Schaden und der «Sachverständigen-Kommission» in Grenzen. Kritisiert wird darüber hinaus, dass die technische Ausstattung des Hauses nach dem Umbau nicht besser sein wird als jetzt. Optimistisch geben sich die Verantwortlichen, dass der Umbau fristgerecht zum Mozart-Jahr fertiggestellt sein wird. Ebenso rechnet man mit der Zustimmung des österreichischen Bundesdenkmalamtes zur neuen Fassadenlösung. Die Behörde wäre die einzige Instanz, die das Projekt noch zu Fall bringen könnte, von dem viele meinen, es wäre besser gewesen, es nach all den Pannen und Verzögerungen bei der Vergabe ohne Rücksichtnahme auf das Jahr 2006 neu auszuschreiben.

Neue Zürcher Zeitung, Do., 2003.06.05



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Kleines Festspielhaus - Wettbewerb

01. April 2003Derek Weber
Neue Zürcher Zeitung

Salzburger Umbau-Probleme

Verzögerungen im Projekt des Kleinen Festspielhauses

Verzögerungen im Projekt des Kleinen Festspielhauses

Der Umbau des Salzburger Kleinen Festspielhauses zu einem «Haus für Mozart» sorgt seit eineinhalb Jahren für Diskussionen. Unruhe erzeugten zunächst die allgemeine Verzögerung bei der Entscheidung für ein Architektenteam und der Vergabemodus des Auftrages selbst (vgl. NZZ vom 27. 9. 02). Nun kündigt das Festspieldirektorium an, das Kleine Festspielhaus - entgegen den ursprünglichen Verlautbarungen - im Jahr 2005 gar nicht bespielen zu können. Zugleich zeichnet sich ab, dass das finanzielle Korsett für den Umbau äusserst eng geschnürt ist und dass der Umbau ziemlich sicher grössere Eingriffe in die Fassade und das Innere des Festspielhauses mit sich bringen wird als noch vor wenigen Monaten konzediert. Dazu hat sich in den letzten Tagen auch der sogenannte Gestaltungsbeirat unter der Führung des Grazer Architekten Klaus Kada mit drastischer Kritik geäussert.

Der Auftrag wurde letzten Herbst im Zuge eines Verhandlungsverfahrens an das Architektenteam Holzbauer/Valentiny vergeben. Das Spezifische an diesem Verfahren liegt darin, dass - im Gegensatz zu einem Wettbewerbsverfahren - das siegreiche Projekt im Grunde nicht mehr darstellt als den allgemeinen Nachweis, dass jemandem zuzutrauen sei, die in Frage stehende Aufgabe zu bewältigen. Nach den vorgelegten Plänen realisiert werden muss es deshalb noch lange nicht. Schon bei der Vorstellung des Modells im November 2002 deutete sich an, dass die Umbaupläne nur «vorläufige» waren. Nun hat man von Seiten des Festspieldirektoriums dafür den Ausdruck «work in progress» geprägt. Und bei diesem «progress» wird immer deutlicher, dass Wilhelm Holzbauer den Ballast der Argumente, mit denen er seine Konkurrenten aus dem Feld zu schlagen versucht hat, über Bord zu werfen beginnt. Immer hatte er sich als Sachwalter des Erbes seines Lehrers Clemens Holzmeister dargestellt, der die Aussenfassade und die Trennwand zwischen Kleinem Festspielhaus und Felsenreitschule unangetastet liesse. Nun gilt beides nicht mehr. Holzbauer spricht offen davon, die Fassade «überarbeiten» zu wollen, weil sie der «Umbaubelastung» nicht standhalten werde. Der Vorsitzende des Festspielkuratoriums, der Salzburger Bürgermeister Heinz Schaden, meint gar, das Architektenteam habe nun «freie Hand, die Fassade des Festspielhauses abzureissen». Der Salzburger Architekt Rainer Kaschl verneint dies; die für Altstadtbelange zuständige Sachverständigenkommission, der er selbst angehört, habe Holzbauer «keinen Freibrief zum Abriss» gegeben.

Für die Kosten des Umbaus gibt es eine Obergrenze von 29 Millionen Euro. Festspielpräsidentin Helga Rabl-Stadler bezeichnete dieses Limit als «niedrig»; dennoch werde man sich daran halten und im Haus selbst überprüfen, welche Wünsche zwar «grundsätzlich richtig, aber nicht vordringlich» seien. Kostenüberschreitungen seien aber nur bei den auf Grund verschärfter gesetzlicher Bestimmungen neu vorgeschriebenen Fluchtwegen zu erwarten. Bis zu einer Kuratoriumssitzung am 11. April muss das Direktorium nun einen Finanzplan für die Jahre 2004-06 vorlegen, der auch «etwaige aus dem Umbau resultierende Kosten durch alternative Spielstätten» berücksichtigen soll, erklärte Schaden. Für diese Mehrkosten werde es keine zusätzlichen Subventionen geben. Ausserdem müsse das Direktorium monatlich über die Einhaltung der Kosten- und Terminplanung berichten. Gelinge es nicht, den Kostenrahmen einzuhalten, müsse das Umbauprojekt «zurück an den Start» und auf die Zeit nach dem Mozartjahr 2006 verschoben werden. Im Mai ist eine weitere Sitzung angesetzt, bei der das Architektenteam schriftlich die Kosten (und die Termine) garantieren muss. Zugleich sammeln sich auf lokalpolitischer Ebene die Kritiker des Umbaus um den grünen Planungsstadtrat Padutsch und den FPÖ-Vizebürgermeister Mitterdorfer, die offen damit drohen, das Projekt mit rechtlichen Schritten zu Fall zu bringen bzw. den dazu benötigten öffentlichen Baugrund nicht herzugeben.

Der Umbau macht - entgegen den im Dezember abgegebenen Versicherungen - auch gravierende Änderungen in der Spielplangestaltung der Festspiele notwendig. Statt - wie geplant - das Kleine Festspielhaus bis 2006 mit kleinen Behinderungen zu bespielen, wird man 2005 in Ausweichquartiere umsiedeln müssen. In Rede stehen der seit Jahren aus finanziellen Gründen nicht mehr genutzte Residenzhof und die 4000 Personen fassende «Arena»-Halle auf dem Messegelände, die im Herbst 2003 eröffnet werden wird. Festspielleiter Ruzicka denkt daran, 2005 mit der «Zauberflöte» dorthin auszuweichen. Die im Kleinen Festspielhaus geplante Premiere von «Le Nozze di Figaro» wird auf 2006 verschoben. Die Aufführung sämtlicher 22 Bühnenwerke Mozarts im Jahr 2006 sei nicht gefährdet.

Der Hauptgrund für die Umbauverschiebungen liegt in der für 2004 geplanten Koproduktion von Korngolds «Toter Stadt» mit der Wiener Staatsoper. Dieser Kooperation, die eine intakte Technik im Kleinen Haus erfordert, kommt laut Rabl- Stadler höchste Priorität zu. Sie soll die Spannungen zwischen Wien und Salzburg in der Ära Mortier endgültig aus der Welt schaffen. Eine weitere Verschiebung hat dagegen andere als umbaubedingte Ursachen: Matthias Pintschers neue Oper, ein für 2005 vorgesehenes Projekt, wird nach Ruzickas Angaben auf einen «späteren Zeitpunkt» verschoben, weil der Komponist zuvor noch einen Auftrag für Paris fertigzustellen habe. Laut Pintscher erfolgte die Absage jedoch «schon vor Monaten» und «einseitig» wegen des finanziellen Risikos durch Salzburg. Hier scheinen sich - wie bei der Rückstufung von Opern auf konzertante Aufführungen im Jahr 2003 - monetäre Bremsspuren abzuzeichnen, die Ruzickas Fünf- Säulen-Festspiel-Dramaturgie einen Anflug von Fiktion verleihen könnten.

Neue Zürcher Zeitung, Di., 2003.04.01



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Kleines Festspielhaus - Wettbewerb

21. November 2002Derek Weber
Neue Zürcher Zeitung

Mozart-Haus mit Stadtfenster

Neues zu den Salzburger Bauplänen

Neues zu den Salzburger Bauplänen

Die Spannungen und Unsicherheiten, die das Projekt eines Umbaus des Salzburger Kleinen Festspielhauses zu einem «Haus für Mozart» seit mehr als einem Jahr begleitet haben, waren auch bei der Präsentation des Siegermodells durch das Festspieldirektorium und die Architekten Wilhelm Holzbauer und François Valentiny greif- und sichtbar. Alle unterlegenen Architekten (unter ihnen das Zürcher Team Bétrix & Consolascio) hatten es im letzten Augenblick untersagt, ihre Pläne gemeinsam mit dem Siegermodell auszustellen. Man ist nun also in ästhetischen Fragen so klug wie zuvor, doch besteht, wie Eraldo Consolascio andeutete, die Absicht, die vier unterlegenen Projekte in einer gesonderten Ausstellung in Salzburg zu zeigen. Wie man hört, wurden bestimmte Einspruchsfristen nur knapp (um eine Stunde) versäumt, und das, obwohl die Eingaben, wie die betroffenen Architektenteams versichern, rechtzeitig beim Bundesvergabeamt in Wien abgegeben worden waren.

Alle offenen Rechtsfragen könnten jedoch, so versicherte Peter Ruzicka, der Intendant der Salzburger Festspiele, die Vergabe an das Siegerteam nicht mehr beeinflussen, sondern im schlimmsten Fall Schadenersatzforderungen nach sich ziehen. Man werde das umgebaute Haus pünktlich zur Premiere von Mozarts «Figaro» am 27. Juli 2005 eröffnen können. Baubeginn sei der September 2003. In einem ersten Schritt würden die Grundsicherung für die Unterfangung des Bühnenhauses und der Bau der Unterbühne vorgenommen; im zweiten Jahr (2004/05) würden Zuschauerraum und Foyer umgebaut werden. Beeinträchtigungen für das Publikum werde es nur im Bereich des Foyers geben. Die Finanzierung sei weitgehend gesichert. Die noch fehlenden Mittel sollen über eine Werbekampagne unter dem Motto «Jede Note zählt» aufgebracht werden.

Ruzicka wie die beiden Architekten betonten, dass die Zeitverzögerung von über einem Jahr letzten Endes produktiv gewesen sei. Das neue Projekt der Arbeitsgemeinschaft Holzbauer- Valentiny sei mehr als bloss die Summe jener zwei Projekte, die im ersten Anlauf eingereicht worden seien; es spiegle vielmehr «Aura und Geist des Ortes». Holzbauer begründete seine vor einem Jahr getätigten Einsprüche damit, dass es ihm darum gegangen sei, die von seinem Lehrer Clemens Holzmeister geschaffene «Einheit der Fassade» zu retten. Die Frage, ob diese «Einheit» nun gewahrt ist, könnte freilich für Diskussionen sorgen. Als eine optische Erweiterung des Karl- Böhm-Saales wird das neu geplante Foyer nach aussen hin die Fassade durch ein grosses, balkonbewehrtes Fenster aufbrechen. Im obersten Geschoss ist eine VIP-Lounge mit verglastem Dach vorgesehen. Auch das Aussehen des Daches wird durch eine Abwalmung beträchtlich verändert werden.

Der Opernsaal selbst wird um zehn Meter verkürzt und um einen Meter verbreitert; er erhält einen zweiten Rang, der - ebenso wie der Balkon - alle drei Saalwände umschliesst, wobei die seitlichen Galerien bis fast zur Bühne vorgezogen werden. Das Fassungsvermögen wird dadurch um 250 auf zirka 1600 Plätze erhöht. Der für die Akustik zuständige Experte des Teams, Karlheinz Müller, bezeichnete die Raumverhältnisse als «hoch, elegant und ideal für die Opern Mozarts und moderne Kammeropern».

Die Kosten des Umbaus werden mit 29 Millionen Euro angegeben. Das Projekt lässt allerdings noch einige Einzelheiten offen; die detaillierte Planung wird erst Ende 2002 abgeschlossen sein. Die Tatsache, dass man sich bei der Auftragsvergabe nicht an die Empfehlungen der Bewertungskommission hielt, wurde von Ruzicka damit begründet, dass es sich dabei um ein bloss beratendes Gremium gehandelt habe, an dessen Rat man nicht gebunden gewesen sei. Von der Existenz eines vom Direktorium eingeholten zusätzlichen (und letzten Endes ausschlaggebenden) Gutachtens des Landesbauamtes hatte das Schweizer Team Bétrix & Consolascio, das zuvor in der ersten Position gestanden hatte, freilich erst am Tag des Zuschlags an seine Konkurrenten erfahren. Und auch das nur, so Eraldo Consolascio, «über geheime Kanäle».

Neue Zürcher Zeitung, Do., 2002.11.21



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Kleines Festspielhaus - Wettbewerb

27. September 2002Derek Weber
Neue Zürcher Zeitung

Entscheidung vertagt

Offene Fragen um das Kleine Festspielhaus in Salzburg

Offene Fragen um das Kleine Festspielhaus in Salzburg

Regelmässig zu Mozart-Jubiläen wird die Frage eines Umbaues des Kleinen Salzburger Festspielhauses virulent. Als Erster nahm Clemens Holzmeister 1926 an dem aus der Mitte des 19. Jahrhunderts stammenden, nur 19 Meter breiten, schachtelförmigen Raum Veränderungen vor. Mit Blick auf 1941 wurde 1937 erneut über den unbefriedigenden Saal diskutiert; man sprach von einer Drehung des Zuschauerraums um 180 Grad. Zur Realisierung des neuen Holzmeister-Planes kam es wegen des «Anschlusses» Österreichs nicht mehr. Mittlerweile steht - im Hinblick auf das Mozart-Jahr 2006 - ein weiterer Umbau an (NZZ vom 18. 2. 02 und 8. 5. 02).

Im Mittelpunkt der neuesten Diskussion steht der Holzmeister-Schüler Wilhelm Holzbauer, der 1986 einen ersten Entwurf vorlegte und 1998 von Gerard Mortier mit einer Machbarkeitsstudie für den Umbau beauftragt wurde, bei der er die Idee der Tieferlegung von Bühne und Zuschauerraum ins Zentrum rückte. Danach vergingen drei Jahre, in denen der Festspielfonds vergebens versuchte, Holzbauer direkt mit dem Umbau zu betrauen. Schliesslich erwies es sich als unumgänglich, das Projekt EU-weit auszuschreiben. Da die Zeit zu drängen begann, wurde im Frühjahr 2001 jedoch statt eines offenen Architekturwettbewerbs ein sogenanntes Verhandlungsverfahren ausgeschrieben, das die Zahl der Bewerber beschränkte.

Seither sind siebzehn wertvolle Monate verstrichen, ohne dass eine Entscheidung für das «Haus für Mozart» gefallen wäre. Und die Sitzung des Festspielkuratoriums vom 13. September, die eine endgültige Klärung hätte bringen sollen, hat die Frist für den Baubeginn um weitere vier Wochen verkürzt: Bis zum 10. Oktober soll das Direktorium wie mit einem Zauberschlag lösen, was in den letzten eineinhalb Jahren nicht gelungen ist, und alle noch offenen rechtlichen, akustischen und kaufmännischen Fragen klären.

Inzwischen mehren sich die Stimmen, die dafür plädieren, die Fixierung auf das Jahr 2006 aufzugeben und den Umbau ohne Zeitdruck völlig neu auszuschreiben. Die vom Festspielfonds als Bauträger im Sommer 2002 durchgeführte Neuausschreibung des Verhandlungsverfahrens, die den beteiligten Architekten die Möglichkeit einräumte, untereinander Planungsgemeinschaften einzugehen, endete damit, dass der Holzbauer- Schüler Franz Valentiny mit seinem Partner im letzten Augenblick aus der im ersten Verfahren siegreichen Planungsgemeinschaft Hermann/Valentiny/Wimmer/Zaic absprang und nunmehr als «Subunternehmer» Holzbauers fungiert. Die Salzburger Architekten Wimmer und Zaic wurden daraufhin aus formalen Gründen vom Verfahren ausgeschlossen; ihr Anwalt beantragte am 30. August eine gerichtliche einstweilige Verfügung gegen den Salzburger Festspielfonds. Eine Entscheidung über diesen Antrag soll in den nächsten Tagen fallen.

Das Schicksal des Ausschlusses droht auch dem Schweizer Architektenteam Bétrix/Consolascio, dessen Entwurf - wie inzwischen durchsickerte - von der Bewertungskommission am 28. August knapp vor jenem der Arbeitsgemeinschaft Holzbauer/Hermann & Valentiny an die erste Stelle gesetzt worden war. Dies war zwischen den Zeilen aus den Stellungnahmen der Festspielpräsidentin und des Salzburger Landeshauptmanns nach der Sitzung am 13. September herauszuhören, in denen angedeutet wurde, dass «ein Architektenteam» kein Theaterprojekt als Referenz vorweisen könne. Der Zuschlag würde dann wohl automatisch dem zweitplacierten Entwurf zufallen.

Eines wurde auf der letzten Pressekonferenz klar: Sowohl das Festspieldirektorium als auch Landeshauptmann Schausberger wollen - unter Hinweis auf den Stand der weit fortgeschrittenen künstlerischen Planung und auf die greifbare finanzielle Realisierung - unbedingt an einem Umbau bis spätestens 2006 festhalten, auch wenn von verschiedenen Seiten in Zweifel gezogen wird, dass das Projekt in der noch zur Verfügung stehenden Zeit ohne Schliessung des Kleinen Festspielhauses realisierbar sei. Auch hier ist man optimistisch, zumal als letzter Ausweg der für 2005 angekündigte «Figaro» auf die Mozart- Woche im Januar 2006 verschoben werden könnte.

Seit letztem Wochenende hat Helga Rabl-Stadler einen Vertrag mit einem neuen Sponsor, dem New Yorker Verleger Donald Kahn, einem langjährigen Mäzen der Salzburger Festspiele, in Händen, der einen Finanzierungsbeitrag von 4,36 Millionen Euro für den Umbau leistet. Das Geld ist zweckgebunden und muss zurückbezahlt werden, wenn das vorgesehene Umbauprojekt scheitert. Damit, erläutert Rabl-Stadler, sei nicht nur die Hälfte des noch fehlenden Geldes aufgebracht, sondern auch die wichtige Vorbedingung für die Einhaltung der Finanzierungszusage in derselben Höhe durch Alberto Vilar erfüllt. «Wenn am 10. Oktober alles klappt, kann ich am Tag darauf Vilar anrufen und auch den Vertrag mit ihm unter Dach und Fach bringen.» Insgesamt soll der Umbau des Kleinen Festspielhauses etwas mehr als 28,5 Millionen Euro kosten. Mehr als 8,7 Millionen Euro würden dann von den beiden amerikanischen Grosssponsoren aufgebracht. Sollte es am 10. Oktober im Festspielkuratorium zu keiner Einigung kommen, muss das Umbauprojekt als gescheitert betrachtet werden.

Neue Zürcher Zeitung, Fr., 2002.09.27



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Kleines Festspielhaus - Wettbewerb

08. Mai 2002Derek Weber
Neue Zürcher Zeitung

Neue Prüfung

Verzögerung beim Umbau des Kleinen Festspielhauses in Salzburg?

Verzögerung beim Umbau des Kleinen Festspielhauses in Salzburg?

In offiziellen Stellungnahmen gibt man sich im Salzburger Festspielbezirk gelassen; in informellen Gesprächen ist der besorgte Unterton nicht zu überhören. Dabei geht es weniger um die versprochenen und seit einiger Zeit gerüchteweise nur zögernd fliessenden Sponsor-Millionen Alberto Vilars, sondern vielmehr um ein Kapitel des österreichischen Rechtslebens, das eines kafkaesken Zuges nicht entbehrt. Vier Jahre ist es her, seit Gerard Mortier den österreichischen Architekten Wilhelm Holzbauer mit dem Umbau des ästhetisch wie akustisch als unbefriedigend empfundenen Kleinen Festspielhauses betraute, um daraus - mit Blickrichtung auf das Jubiläumsjahr 2006 - ein «Haus für Mozart» zu formen (vgl. NZZ 18. 2. 02). Im Frühjahr 2001 - Holzbauers Entwürfe waren längst fertig - musste das Projekt neu ausgeschrieben werden, da es nicht gelungen war, den Vergabemodus den EU-Normen anzupassen. Die Zeit drängte: Das Kleine Festspielhaus sollte bis 2006 bespielbar bleiben und 2005 im neuen Gewand mit Mozarts «Figaro» eröffnet werden. Also wurde ein abgekürztes Wettbewerbsverfahren ausgeschrieben, zu dem fünf ausgewählte Bewerber eingeladen wurden. Eine neunköpfige Jury kürte im September 2001 den Entwurf der luxemburgisch-salzburgischen Architektengruppe Hermann & Valentiny, Wimmer, Zaic zum Siegerprojekt. Holzbauer, ein Schüler Clemens Holzmeisters, wurde nur an zweiter Stelle placiert. Gegen diese Entscheidung legte Holzbauer beim Bundesvergabeamt Berufung ein.

Genau hier kommt das kafkaeske Element ins Spiel. Es ist gar nicht leicht, herauszufinden, was diese Institution genau macht und wer ihr angehört. Das Bundesvergabeamt ist ein aus drei Personen bestehendes, nicht weisungsgebundenes Gremium beim österreichischen Wirtschaftsministerium, das über die Einhaltung der Bundesvergabe-Ordnung wacht. Es tritt unter dem Vorsitz eines Juristen immer dann zusammen, wenn es um eine Entscheidung angerufen wird. Hat es seinen Spruch erst einmal gefällt, ist eine Berufung dagegen nur noch beim Bundesverfassungsgericht möglich. Die Bestimmungen der Bundesvergabe-Ordnung scheinen aber nicht so klar zu sein, wie man sich das vorstellt. Im Grunde weiss ein Auftraggeber immer erst im Nachhinein, ob er im Einklang mit allen Vorschriften gehandelt hat oder nicht. Im Fall des Festspielhaus-Umbaus entschied die Kommission zugunsten Holzbauers, mit der Begründung, es lägen grobe Verletzungen des Ausschreibungstextes durch die erstplacierte Planungsgemeinschaft Hermann & Valentiny vor. Der Entwurf verstosse zudem gegen die Vorschriften des Denkmalschutzes. Für diesen Spruch benötigte das Bundesvergabeamt fünf Monate. Mitte April gab es seine erste Erkenntnis heraus, erklärte die Zuschlagserteilung an Hermann & Valentiny, Wimmer, Zaic für nichtig und kündigte weitere Bescheide an. Am 15. Mai sollen die restlichen Fragen geklärt werden.

Die Reaktionen auf den Bescheid waren entsprechend unterschiedlich. Während Holzbauer sich in seiner Kritik bestätigt sah, denkt die unter der Führung des Holzbauer-Schülers Valentiny stehende Architektengruppe laut darüber nach, beim Verfassungsgerichtshof einen Antrag auf Ausschluss Holzbauers aus dem Verhandlungsverfahren einzubringen. Das Festspielkuratorium beschloss auf einer Sondersitzung, alle fünf im Jahr 2001 eingereichten Projekte auf der Grundlage neuer Richtlinien der Salzburger Landesbaudirektion von der Jury neu prüfen zu lassen. Bei einer Kuratoriumssitzung am 22. Mai soll dann endgültig die Entscheidung darüber fallen, wer den Umbau durchführen wird.

«Wir wollen kein Risiko mehr eingehen», erklärt der Salzburger Landeshauptmann Franz Schausberger. Aus dem Festspielhaus verlautet dazu, wenn man am 22. Mai zu einer «hieb- und stichfesten Entscheidung» komme, bleibe man im Zeitplan. Sollte dies nicht der Fall sein, sei der in Aussicht genommene Termin für die Eröffnung im Jahr 2005 schwer einzuhalten. Das wiederum würde bedeuten, dass die gesamte Planung für 2006 ins Wanken komme. Festspielpräsidentin Helga Rabl-Stadler sagte gegenüber der NZZ, man gehe bewusst auf den Stand vom 21. September 2001 zurück. «Ein unabhängiger Prüfer wird klären, wieweit die damals vorliegenden Angebote miteinander vergleichbar sind. Die verschiedenen Teams haben nämlich - unter Beiziehung von renommierten Akustikern - recht unterschiedliche Projekte eingereicht. » Ob der 22. Mai tatsächlich das Ende aller Querelen bringen wird, ist also ungewiss. Weitere Beschwerden und Klagen scheinen vorprogrammiert, auch wenn man sich auf politischer Ebene bemüht, durch informelle persönliche Gespräche eine einvernehmliche Lösung zustande zu bringen.

Der Umbau des Kleinen Festspielhauses soll etwas mehr als 28,5 Millionen Euro kosten. 4,4 Millionen wurden von Alberto Vilar zugesagt. Nach Auskunft von Festspielpräsidentin Helga Rabl-Stadler ist das Finanzierungsversprechen zwar noch nicht vertraglich abgesichert, der Mäzen habe aber vor wenigen Tagen ausdrücklich bestätigt, dass er zu seiner Zusage stehe. Rabl-Stadler dementiert auch ausdrücklich Zeitungsmeldungen, Vilar sei den Salzburger Festspielen gegenüber mit für die Vergangenheit zugesagten Zahlungen - 1,45 Millionen Euro pro Jahr seit 1999 - im Rückstand.

Neue Zürcher Zeitung, Mi., 2002.05.08



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Kleines Festspielhaus - Wettbewerb

18. Februar 2002Derek Weber
Neue Zürcher Zeitung

Welches Haus für Mozart?

Salzburg verfügt bis heute über kein Theater, das für die Aufführung von Mozarts Opern optimale Bedingungen bietet. Durch einen Umbau des Kleinen Festspielhauses sollte diesem Missstand abgeholfen werden. Über das Projekt wird erbittert gestritten.

Salzburg verfügt bis heute über kein Theater, das für die Aufführung von Mozarts Opern optimale Bedingungen bietet. Durch einen Umbau des Kleinen Festspielhauses sollte diesem Missstand abgeholfen werden. Über das Projekt wird erbittert gestritten.

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Kleines Festspielhaus - Wettbewerb

05. Februar 1999Derek Weber
Neue Zürcher Zeitung

Neuer Bau, frischer Elan

Das Stadttheater Klagenfurt ist in zweijähriger Bauzeit renoviert und erweitert worden. Nach der Wiedereröffnung scheinen sich auch auf der Bühne Erneuerungstendenzen durchzusetzen.

Das Stadttheater Klagenfurt ist in zweijähriger Bauzeit renoviert und erweitert worden. Nach der Wiedereröffnung scheinen sich auch auf der Bühne Erneuerungstendenzen durchzusetzen.

Es mag ein Zufall sein, aber auf dem samstäglichen Markt scheinen Verkäufer und Kunden nur ein Thema zu kennen: die letzte Premiere des Stadttheaters. Das Erstaunliche: Wir befinden uns nicht in Parma oder in Neapel, sondern in Klagenfurt, wo das Stadttheater nach zweijähriger Renovierungspause auch architektonisch wieder in seinem alten Glanz erstrahlt.

Fellner, Helmer und Domenig

Der 1910 nach den Plänen der k. u. k. Theaterarchitekten Ferdinand Fellner und Hermann Helmer errichtete Bau war in den sechziger Jahren gründlich verunstaltet worden. Jetzt wurde sogar der damals hinzugefügte hässliche Nachkriegs- Zubau abgetragen; an seine Stelle trat ein neuer, vom Kärntner Architekten Günther Domenig entworfener Komplex, der sich geschmeidig an die Jugendstilarchitektur anfügt und Administration, Proberäume, Bühnenwerkstätten und Schneiderei des Theaters beherbergt.

Domenig hatte nicht nur die ausgefallenste Idee für den Anbau – anstatt in die Höhe zu bauen und das Gesamtbild des Hauses zu verändern, verlängerte er die Hauptachse des Theaters sozusagen frei in die Luft hinaus –, er war auch der einzige unter den Architekten, der sich vor Anfertigung des Entwurfs an Ort und Stelle darüber ins Bild setzte, welche Bedürfnisse die im Theater Arbeitenden hatten.

Die frappierendsten Ergebnisse zeitigte die Renovierung bei den Innenräumen: So gründlich war in den sechziger Jahren vorgegangen worden, dass sich fast nicht mehr rekonstruieren liess, wie das Theater einmal ausgesehen hatte: «Das noble Kaisergelb der Tapeten wurde durch muffiges Bordellrot ersetzt, die zwischen Historismus und Jugendstil verspielten Säulen verkleidete man mit Kunstholzplatten», kann man im Jahresheft 1998/99 des Theaters lesen.

Wäre nicht der Zufall dem Intendanten Dietmar Pflegerl zu Hilfe gekommen, das Haus sähe immer noch anders aus: Eine Woche bevor die Farben der Inneneinrichtung festgelegt wurden, meldete sich ein Tapezierermeister aus Wien. Er hatte in einem Lagerraum ein Paket mit den Originalfarben der Dekorationen und des Vorhanges gefunden, die sein Grossvater angefertigt hatte. So wurde aus Rot Gelb; und der Vorhang bekam eine nobelgrüne Farbe. Dazu kamen die passenden Jugendstilleuchten, eine bequeme moderne Bestuhlung aus Italien und ein neuer, von Mimmo Paladino geschmackvoll gestalteter eiserner Vorhang.

So kühl die Farbe des eisernen Vorhangs ist: Kärnten ist ein heisser Boden: In den Wochen vor der Theatereröffnung hatte eine Art vorgezogener Kultur(wahl)kampf der rechtspopulistischen FPÖ für Kontroversen gesorgt. Jörg Haider selbst, der sich im nächsten Frühjahr zum Landeshauptmann wählen lassen möchte, hatte – unterstützt von einem Boulevardblatt – eine Schmutzkampagne gegen den Maler Cornelius Kolig vom Zaun gebrochen. Kolig war von einer Jury dazu ausersehen worden, die von den Nazis abgeschlagenen Fresken seines Onkels Anton Kolig im Kärntner Landhaus zu ersetzen. Nun musste er sich als «Fäkalienkünstler» und potentieller Kinderschänder beschimpfen lassen.

Das rief Pflegerl auf den Plan: «Wenn ein Theater nicht mehr fähig ist, auch zu aktuellen Fragen Stellung zu beziehen, hat es seine Existenzberechtigung verloren.» Am Tag der offenen Tür zur Wiedereröffnung des Theaters setzte Pflegerl eine Diskussion unter dem Titel «tat - ort land - haus» an. Haider und die anderen eingeladenen Vertreter der FPÖ zogen es vor, nicht zu erscheinen. Wenige Tage später lenkte Haider ein. Der Kulturkampf wurde abgesagt – wohl auch unter dem Eindruck der «Volksabstimmung» anlässlich des Tags der offenen Tür, bei dem an die 30 000 Menschen (rein rechnerisch ein Drittel der Klagenfurter Bevölkerung) ins Theater geströmt waren.

Dreispartenbetrieb

Auch andere Zahlen scheinen Pflegerl recht zu geben: In der Saison 1998/99 hat das Haus die Zahl seiner Abonnenten auf 5000 verdoppelt. Pflegerl ist überzeugt, dass er – wäre er nicht so erfolgreich – längst schon «weg» wäre. Tatsächlich haben FPÖ-Mandatare versucht, ihn auszuhebeln. Bisher vergeblich. Aber der Ruf eines Schwierigen begleitet Pflegerl, seit er 1992 zum neuen Intendanten gewählt wurde. Seit dieser Zeit führt er das Dreispartenhaus auf der Basis eines Zweieinhalbspartenhauses: Für die Opernproduktionen sind nur Chor und Orchester fest engagiert; die Solisten werden für die jeweilige Produktion «zugekauft». «Das spart Geld und hebt die Qualität», meint der streitbare Theaterleiter. Und es degradiere das Haus keineswegs zu einer «Gastierstätte»: Die Gäste kehrten wieder.

Dass das Theater sich in keinem guten Zustand befunden habe, sei von Anfang an offensichtlich gewesen. Die Beleuchtung habe sich auf dem technischen Stand von 1938 befunden. Die für die Aufrüstung des Lichts notwendigen 20 Millionen Schilling waren rasch bewilligt. Nach der bei einem Schweizer Unternehmen in Auftrag gegebenen Expertise über den allgemeinen Zustand des Theaters, die einen Sanierungsbedarf von 600 Millionen auswies, läuteten jedoch bei den Landespolitikern die Sturmglocken.

Schliesslich einigte man sich auf eine «Sparvariante» von 300 Millionen Schilling. Den zweijährigen Umbau sieht der Intendant rückblickend eher als Vorteil denn als Schaden. Das Ausweichen in die Messehalle habe dem Theater neue Publikumsschichten erschlossen, weil eine Hemmschwelle weggefallen sei. Um die Zukunft ist ihm nicht bange. Sein Programm: zehn Produktionen pro Jahr im Stagione-System, davon sechs im Musik- und vier im Schauspielbereich, darunter Uraufführungen und Werke des 20. Jahrhunderts. Der Freiraum zum Experimentieren sei schon geschaffen worden. «Olivier Tambosi haben sie am Anfang angefeindet. Heute lieben sie ihn», sagt er.

Hohes Niveau

Der Regisseur Olivier Tambosi setzte auch die Wiedereröffnungspremiere («Hoffmanns Erzählungen») in Szene, die einen Tag vor der Uraufführung von Gert Jonkes «Es singen die Steine» über die Bühne ging. Die Probe aufs Exempel verläuft beim «Hoffmann» (in der Fassung von M. Kaye) positiv: Die Sänger und Sängerinnen erweisen sich den vokalen Anforderungen gewachsen. Christiane Boesinger meistert – auch wenn sie ihre Stärken vor allem als Antonia und Giulietta ausspielt – ihre vier Partien mit Bravour. Wolfgang Bünten verfügt über sichere Höhen und über jene Mischung aus dramatischem und lyrischem Tenor, die einen Hoffmann auszeichnen sollte. Andrew Golder beeindruckt als Bösewicht nicht nur sängerisch, und der jungen Roswitha Grabmeier-Müller gelingt die schlacksige Mischung aus Muse und Kompagnon durchaus überzeugend.

Am meisten aber beeindruckt die Regie, die – unterstützt von einem auf Farbkontraste setzenden Bühnenbild – mit bisweilen recht drastischen Mitteln unkonventionelle Lösungen ansteuert, insbesondere im Olympia-Akt, in dem die weibliche Dressur in eine Vergewaltigung des betrunken gemachten Hoffmann ausartet. So befremdet ein Teil des Publikums auch am Anfang reagieren mochte: im Lauf des Abends war mit Händen zu greifen, dass der Regisseur das Publikum auf seine Seite zu ziehen vermochte.

Die zweite Opernpremiere der Saison brachte mit Verdis «La Traviata» Dietmar Pflegerls Début als Opernregisseur. Auf den ersten Blick scheint er die Konvention zu bedienen. Die Geschichte spielt partout – auch wenn die Szenerie (Bernd- Dieter Müller) sich jeder Üppigkeit enthält – im Frankreich des 19. Jahrhunderts. Kein Rauschgift, kein Smoking, kein Cadillac, nicht einmal ein trister Fernseher im letzten Akt versucht die Handlung zu «aktualisieren». Und doch erzählt Pflegerl die Geschichte von der Kameliendame überaus genau, präzis und mätzchenlos – als Geschichte misslungener menschlicher (lies: männlicher) Beziehungen: Wenn Giorgio Germont zum erstenmal auf Violetta trifft, merkt man ihm die Betroffenheit und Verunsicherung an, welche die menschliche Grösse dieser Frau hervorruft. Gerade wenn man die Trivialversion dieser Szene aus dem täglichen Wiener Repertoirebetrieb kennt, ist man beeindruckt von der Frische einer Inszenierung, in der jedes Wort überprüfbar und jede Bewegung sinnvoll erscheint.

Die Sänger sind – wie schon beim «Hoffmann» – von erstaunlicher Qualität. Sonora Vance reüssiert – abseits aller gesangstechnischen Versiertheit – als ausdrucksstarke und optisch wie von den Jahren her glaubhafte Violetta. Yi Kun Chung verfügt als Alfredo über eine geschmeidige lyrische Stimme mit kerniger Fundierung; und Samson Izjumov wäre mit seiner auch in der Höhe festen Stimme fast ein idealer Vater Germont, wenn ihm nur das Legato leichter aus der Kehle flösse.
Kann Pflegerl also zufrieden sein? Es könnte ein «Idealzustand» sein, meint er. Das Theater sei wie ein «Massanzug», den er nie mehr im Leben ausziehen würde. «Ich bin an einem Punkt angelangt, wo ich mich immer hingeträumt habe.» Wenn, ja wenn es nur nicht immer wieder diese politischen Querelen gäbe.

Neue Zürcher Zeitung, Fr., 1999.02.05



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