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Texte

28. April 2017Marc Zitzmann
Neue Zürcher Zeitung

Eine gigantische gläserne Perle krönt Shigeru Bans Konzerthalle auf der Seine-Insel

Jahrzehntelang jagte ein Umnutzungsprojekt das nächste – nun nimmt die Neubebauung der Ile Seguin bei Paris mit der Eröffnung von Shigeru Bans Musikbühne La Seine Musicale endlich konkrete Gestalt an.

Jahrzehntelang jagte ein Umnutzungsprojekt das nächste – nun nimmt die Neubebauung der Ile Seguin bei Paris mit der Eröffnung von Shigeru Bans Musikbühne La Seine Musicale endlich konkrete Gestalt an.

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verknüpfte Bauwerke
La Seine Musicale

09. März 2017Marc Zitzmann
Neue Zürcher Zeitung

Der «Louvre der Armen» wird wiederbelebt

Paris erhält ein neues Kulturzentrum: Der Luxusgüterkonzern LVMH will im ehemaligen Musée national des arts et traditions populaires ein Museum und Konzertsäle einrichten.

Paris erhält ein neues Kulturzentrum: Der Luxusgüterkonzern LVMH will im ehemaligen Musée national des arts et traditions populaires ein Museum und Konzertsäle einrichten.

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13. Januar 2017Marc Zitzmann
Neue Zürcher Zeitung

Regale unter Reifröcken

Tage der offenen Tür in Paris. Bis Sonntag ist die Salle Labrouste zu besichtigen, das renovierte Juwel der «alten» Nationalbibliothek

Tage der offenen Tür in Paris. Bis Sonntag ist die Salle Labrouste zu besichtigen, das renovierte Juwel der «alten» Nationalbibliothek

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20. September 2016Marc Zitzmann
Neue Zürcher Zeitung

Frankreich, Vandalenstaat?

Aus Anlass der «Journées du patrimoine» beklagen ein Architekturhistoriker und ein engagierter Journalist, der Staat sei selten mehr Schützer, häufiger passiver Zeuge, immer öfter gar aktiver Täter.

Aus Anlass der «Journées du patrimoine» beklagen ein Architekturhistoriker und ein engagierter Journalist, der Staat sei selten mehr Schützer, häufiger passiver Zeuge, immer öfter gar aktiver Täter.

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17. August 2016Marc Zitzmann
Neue Zürcher Zeitung

Tudor-Schloss mit Bambustheater

Brexit hin oder her – das Centre culturel de l'Entente cordiale in Condette verschreibt sich seit 2009 den Beziehungen zwischen den einstigen Erzfeinden England und Frankreich. Jüngste Hervorbringung ist ein superbes elisabethanisches Theater.

Brexit hin oder her – das Centre culturel de l'Entente cordiale in Condette verschreibt sich seit 2009 den Beziehungen zwischen den einstigen Erzfeinden England und Frankreich. Jüngste Hervorbringung ist ein superbes elisabethanisches Theater.

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verknüpfte Bauwerke
Elisabethanisches Theater

23. Juni 2016Marc Zitzmann
Neue Zürcher Zeitung

Chiracs Steckenpferd

Kontroversen begleiteten die Geburt des Pariser Museums für aussereuropäische Kunst. Vier Forscher beurteilen, wie die in einem Bau von Jean Nouvel beheimatete Institution herangewachsen ist.

Kontroversen begleiteten die Geburt des Pariser Museums für aussereuropäische Kunst. Vier Forscher beurteilen, wie die in einem Bau von Jean Nouvel beheimatete Institution herangewachsen ist.

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verknüpfte Bauwerke
Musée du Quai Branly

12. Juni 2016Marc Zitzmann
Neue Zürcher Zeitung

Reise ins Reich des Rebensafts

Bunt, verspielt und nicht übermässig raffiniert sucht ein Themenpark in Bordeaux der ganzen Familie die Wunderwelt des Weins näherzubringen. Die Stadt bietet Weinliebhabern aber noch einiges mehr.

Bunt, verspielt und nicht übermässig raffiniert sucht ein Themenpark in Bordeaux der ganzen Familie die Wunderwelt des Weins näherzubringen. Die Stadt bietet Weinliebhabern aber noch einiges mehr.

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06. April 2016Marc Zitzmann
Neue Zürcher Zeitung

Tarnkappenflugzeug und Lindenblatt

Im Zentrum von Paris steht neu ein enormes exotisches Gebilde. Das blassgoldene Bauwerk sucht städtebauliche Narben zu entfernen. Ist damit das gesichtslose Dasein von Les Halles endlich überwunden?

Im Zentrum von Paris steht neu ein enormes exotisches Gebilde. Das blassgoldene Bauwerk sucht städtebauliche Narben zu entfernen. Ist damit das gesichtslose Dasein von Les Halles endlich überwunden?

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Presseschau 12

28. April 2017Marc Zitzmann
Neue Zürcher Zeitung

Eine gigantische gläserne Perle krönt Shigeru Bans Konzerthalle auf der Seine-Insel

Jahrzehntelang jagte ein Umnutzungsprojekt das nächste – nun nimmt die Neubebauung der Ile Seguin bei Paris mit der Eröffnung von Shigeru Bans Musikbühne La Seine Musicale endlich konkrete Gestalt an.

Jahrzehntelang jagte ein Umnutzungsprojekt das nächste – nun nimmt die Neubebauung der Ile Seguin bei Paris mit der Eröffnung von Shigeru Bans Musikbühne La Seine Musicale endlich konkrete Gestalt an.

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verknüpfte Bauwerke
La Seine Musicale

09. März 2017Marc Zitzmann
Neue Zürcher Zeitung

Der «Louvre der Armen» wird wiederbelebt

Paris erhält ein neues Kulturzentrum: Der Luxusgüterkonzern LVMH will im ehemaligen Musée national des arts et traditions populaires ein Museum und Konzertsäle einrichten.

Paris erhält ein neues Kulturzentrum: Der Luxusgüterkonzern LVMH will im ehemaligen Musée national des arts et traditions populaires ein Museum und Konzertsäle einrichten.

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13. Januar 2017Marc Zitzmann
Neue Zürcher Zeitung

Regale unter Reifröcken

Tage der offenen Tür in Paris. Bis Sonntag ist die Salle Labrouste zu besichtigen, das renovierte Juwel der «alten» Nationalbibliothek

Tage der offenen Tür in Paris. Bis Sonntag ist die Salle Labrouste zu besichtigen, das renovierte Juwel der «alten» Nationalbibliothek

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20. September 2016Marc Zitzmann
Neue Zürcher Zeitung

Frankreich, Vandalenstaat?

Aus Anlass der «Journées du patrimoine» beklagen ein Architekturhistoriker und ein engagierter Journalist, der Staat sei selten mehr Schützer, häufiger passiver Zeuge, immer öfter gar aktiver Täter.

Aus Anlass der «Journées du patrimoine» beklagen ein Architekturhistoriker und ein engagierter Journalist, der Staat sei selten mehr Schützer, häufiger passiver Zeuge, immer öfter gar aktiver Täter.

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17. August 2016Marc Zitzmann
Neue Zürcher Zeitung

Tudor-Schloss mit Bambustheater

Brexit hin oder her – das Centre culturel de l'Entente cordiale in Condette verschreibt sich seit 2009 den Beziehungen zwischen den einstigen Erzfeinden England und Frankreich. Jüngste Hervorbringung ist ein superbes elisabethanisches Theater.

Brexit hin oder her – das Centre culturel de l'Entente cordiale in Condette verschreibt sich seit 2009 den Beziehungen zwischen den einstigen Erzfeinden England und Frankreich. Jüngste Hervorbringung ist ein superbes elisabethanisches Theater.

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verknüpfte Bauwerke
Elisabethanisches Theater

23. Juni 2016Marc Zitzmann
Neue Zürcher Zeitung

Chiracs Steckenpferd

Kontroversen begleiteten die Geburt des Pariser Museums für aussereuropäische Kunst. Vier Forscher beurteilen, wie die in einem Bau von Jean Nouvel beheimatete Institution herangewachsen ist.

Kontroversen begleiteten die Geburt des Pariser Museums für aussereuropäische Kunst. Vier Forscher beurteilen, wie die in einem Bau von Jean Nouvel beheimatete Institution herangewachsen ist.

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verknüpfte Bauwerke
Musée du Quai Branly

12. Juni 2016Marc Zitzmann
Neue Zürcher Zeitung

Reise ins Reich des Rebensafts

Bunt, verspielt und nicht übermässig raffiniert sucht ein Themenpark in Bordeaux der ganzen Familie die Wunderwelt des Weins näherzubringen. Die Stadt bietet Weinliebhabern aber noch einiges mehr.

Bunt, verspielt und nicht übermässig raffiniert sucht ein Themenpark in Bordeaux der ganzen Familie die Wunderwelt des Weins näherzubringen. Die Stadt bietet Weinliebhabern aber noch einiges mehr.

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06. April 2016Marc Zitzmann
Neue Zürcher Zeitung

Tarnkappenflugzeug und Lindenblatt

Im Zentrum von Paris steht neu ein enormes exotisches Gebilde. Das blassgoldene Bauwerk sucht städtebauliche Narben zu entfernen. Ist damit das gesichtslose Dasein von Les Halles endlich überwunden?

Im Zentrum von Paris steht neu ein enormes exotisches Gebilde. Das blassgoldene Bauwerk sucht städtebauliche Narben zu entfernen. Ist damit das gesichtslose Dasein von Les Halles endlich überwunden?

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10. November 2015Marc Zitzmann
Neue Zürcher Zeitung

Ideale Naturen

Pascal Cribier zählte zu den bedeutendsten Landschaftsarchitekten seiner Generation. Mit ebenso viel Sensibilität wie Sachkenntnis schuf der gebürtige Normanne kunstvoll schlichte Gärten.

Pascal Cribier zählte zu den bedeutendsten Landschaftsarchitekten seiner Generation. Mit ebenso viel Sensibilität wie Sachkenntnis schuf der gebürtige Normanne kunstvoll schlichte Gärten.

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03. September 2015Marc Zitzmann
Neue Zürcher Zeitung

Feudalherr trifft Avantgardist

Als Hauptwerk eines synthetischen Modernismus angesehen, wurde eine Villa bei Lille, Schöpfung eines grossen französischen Architekten des 20. Jahrhunderts, vor dem Verfall gerettet. Ein Augenschein.

Als Hauptwerk eines synthetischen Modernismus angesehen, wurde eine Villa bei Lille, Schöpfung eines grossen französischen Architekten des 20. Jahrhunderts, vor dem Verfall gerettet. Ein Augenschein.

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27. Mai 2015Marc Zitzmann
Neue Zürcher Zeitung

«Erneuerung, Reinemachen, Säuberung»

Anlässlich des 50. Todestags von Le Corbusier werfen drei Bücher ein kritisches Licht auf das Verhältnis des Architekten zum Faschismus. Eine Schau im Centre Pompidou klammert das Thema ganz aus.

Anlässlich des 50. Todestags von Le Corbusier werfen drei Bücher ein kritisches Licht auf das Verhältnis des Architekten zum Faschismus. Eine Schau im Centre Pompidou klammert das Thema ganz aus.

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19. März 2015Marc Zitzmann
Neue Zürcher Zeitung

Jean Nouvel contra Philharmonie de Paris

Jean Nouvel hat eine Klage gegen die Philharmonie de Paris bzw. gegen deren Auftraggeber eingereicht. Der Pritzkerpreisträger verlangt die Modifizierung...

Jean Nouvel hat eine Klage gegen die Philharmonie de Paris bzw. gegen deren Auftraggeber eingereicht. Der Pritzkerpreisträger verlangt die Modifizierung...

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verknüpfte Bauwerke
Neue Philharmonie Paris

23. Februar 2015Marc Zitzmann
Neue Zürcher Zeitung

Ein Besuch in Mons

Das belgische Mons lockt mit verborgenen Schönheiten, einer Van-Gogh-Ausstellung, einem Sammlermuseum der Sonderklasse und einer spektakulären Kirmes. Heuer ist es europäische Kulturhauptstadt.

Das belgische Mons lockt mit verborgenen Schönheiten, einer Van-Gogh-Ausstellung, einem Sammlermuseum der Sonderklasse und einer spektakulären Kirmes. Heuer ist es europäische Kulturhauptstadt.

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16. Januar 2015Marc Zitzmann
Neue Zürcher Zeitung

Jean Nouvels Vogel-Fels

Zu weiten Teilen noch im Bau, wurde der langerwartete Musikkomplex im Pariser Nordosten am 14. Januar eröffnet. Sein Konzertsaal ist ein schwebender Traum mit vielversprechender Akustik.

Zu weiten Teilen noch im Bau, wurde der langerwartete Musikkomplex im Pariser Nordosten am 14. Januar eröffnet. Sein Konzertsaal ist ein schwebender Traum mit vielversprechender Akustik.

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verknüpfte Bauwerke
Neue Philharmonie Paris

07. Januar 2015Marc Zitzmann
Neue Zürcher Zeitung

Riesenschabe mit Inox-Panzer

Seit Ende Dezember besitzt Lyon ein neues museales Flaggschiff. Alles an diesem Haus ist aussergewöhnlich: seine Architektur, seine prominente Lage, sein Programmkonzept, seine Baukosten.

Seit Ende Dezember besitzt Lyon ein neues museales Flaggschiff. Alles an diesem Haus ist aussergewöhnlich: seine Architektur, seine prominente Lage, sein Programmkonzept, seine Baukosten.

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verknüpfte Bauwerke
Musée des Confluences

14. November 2014Marc Zitzmann
Neue Zürcher Zeitung

Musikalische Polarisierungen

Ein Saal wie eine Baumhöhle – so der erste Eindruck beim Betreten des Auditorium de Radio France, das heute Freitag in Paris eröffnet wird. Fast alles...

Ein Saal wie eine Baumhöhle – so der erste Eindruck beim Betreten des Auditorium de Radio France, das heute Freitag in Paris eröffnet wird. Fast alles...

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12. November 2014Marc Zitzmann
Neue Zürcher Zeitung

Abstimmung über die Tour Triangle

Das ambitionierteste architektonische Projekt in Paris steht vor einem entscheidenden Votum. Das Aus für den Entwurf der Basler Pritzkerpreisträger Herzog & de Meuron wäre ein sehr negatives Signal.

Das ambitionierteste architektonische Projekt in Paris steht vor einem entscheidenden Votum. Das Aus für den Entwurf der Basler Pritzkerpreisträger Herzog & de Meuron wäre ein sehr negatives Signal.

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27. Oktober 2014Marc Zitzmann
Neue Zürcher Zeitung

Kubistischer Kulturtempel

Heute Montag wird in Paris die Unternehmensstiftung von Louis Vuitton eröffnet. Der skulpturale Komplex des Pritzkerpreisträgers Frank Gehry erhielt viel Kritik im Voraus. Er bereichert jedoch das hauptstädtische Kulturleben.

Heute Montag wird in Paris die Unternehmensstiftung von Louis Vuitton eröffnet. Der skulpturale Komplex des Pritzkerpreisträgers Frank Gehry erhielt viel Kritik im Voraus. Er bereichert jedoch das hauptstädtische Kulturleben.

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25. Oktober 2014Marc Zitzmann
Neue Zürcher Zeitung

Licht und Schatten

Das heute Samstag wiedereröffnete Musée Picasso Paris besticht mit 400 Spitzenwerken auf einer verdoppelten Ausstellungsfläche, enttäuscht jedoch mit einem Mangel an Pädagogik und an Stringenz.

Das heute Samstag wiedereröffnete Musée Picasso Paris besticht mit 400 Spitzenwerken auf einer verdoppelten Ausstellungsfläche, enttäuscht jedoch mit einem Mangel an Pädagogik und an Stringenz.

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11. September 2014Marc Zitzmann
Neue Zürcher Zeitung

Stummfilme im Pilzhaus

Am 10. September wurde in Paris die Fondation Jérôme Seydoux-Pathé eröffnet. In einem zugleich subtilen und spektakulären Bau von Renzo Piano macht sie die Archive des Filmunternehmens zugänglich.

Am 10. September wurde in Paris die Fondation Jérôme Seydoux-Pathé eröffnet. In einem zugleich subtilen und spektakulären Bau von Renzo Piano macht sie die Archive des Filmunternehmens zugänglich.

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verknüpfte Bauwerke
Fondation Pathé

04. September 2014Marc Zitzmann
Neue Zürcher Zeitung

Kunst im Kubus

Das Pariser Centre Pompidou eröffnet nächstes Jahr einen ephemeren Ableger in Málaga. Gegen hochkarätige Leihgaben erhält das Original 1 bis 1,5 Millionen Euro im Jahr.

Das Pariser Centre Pompidou eröffnet nächstes Jahr einen ephemeren Ableger in Málaga. Gegen hochkarätige Leihgaben erhält das Original 1 bis 1,5 Millionen Euro im Jahr.

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07. Mai 2014Marc Zitzmann
Neue Zürcher Zeitung

Fata Morgana am Meer

Das erste arabische «Universalmuseum», das Ende 2015 in Abu Dhabi eröffnet wird, stellt im Pariser Louvre Glanzstücke seiner im Aufbau befindlichen Kollektion vor: hochkarätig, aber profillos. Trotz Jean Nouvels vielversprechender Architektur hat das Projekt etliche Schattenseiten.

Das erste arabische «Universalmuseum», das Ende 2015 in Abu Dhabi eröffnet wird, stellt im Pariser Louvre Glanzstücke seiner im Aufbau befindlichen Kollektion vor: hochkarätig, aber profillos. Trotz Jean Nouvels vielversprechender Architektur hat das Projekt etliche Schattenseiten.

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08. November 2013Marc Zitzmann
Neue Zürcher Zeitung

Der Traum vom Haus, das sich selbst baut

Nach fünfjähriger, umbaubedingter Pause präsentiert sich die avantgardistische Architekturschau ArchiLab in Orléans endlich in adäquaten, ja superben Räumlichkeiten. Thema der neuen Ausgabe ist die Kreuzung von Architektur und Natur.

Nach fünfjähriger, umbaubedingter Pause präsentiert sich die avantgardistische Architekturschau ArchiLab in Orléans endlich in adäquaten, ja superben Räumlichkeiten. Thema der neuen Ausgabe ist die Kreuzung von Architektur und Natur.

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16. Oktober 2013Marc Zitzmann
Neue Zürcher Zeitung

Architektonische Prototypen

Vier von Frankreichs Fonds régionaux d'art contemporain haben sich von avancierten Architekten eine neue Behausung entwerfen lassen. Entstanden sind signalhafte, identitätsstiftende, aber auch prototypische Bauwerke namhafter Architekten.

Vier von Frankreichs Fonds régionaux d'art contemporain haben sich von avancierten Architekten eine neue Behausung entwerfen lassen. Entstanden sind signalhafte, identitätsstiftende, aber auch prototypische Bauwerke namhafter Architekten.

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23. September 2013Marc Zitzmann
Neue Zürcher Zeitung

Kunst-Campus in der Camargue

Für eine arme Kleinstadt ist Arles kulturell reich gesegnet. Doch Projekte der Schweizer Mäzene Luc und Maja Hoffmann werden die lokale Kunstszene in eine andere Dimension katapultieren.

Für eine arme Kleinstadt ist Arles kulturell reich gesegnet. Doch Projekte der Schweizer Mäzene Luc und Maja Hoffmann werden die lokale Kunstszene in eine andere Dimension katapultieren.

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05. August 2013Marc Zitzmann
Neue Zürcher Zeitung

Provenzalische Beton-Spitzen

Lieber spät als nie: In Marseille wurden zur Halbzeit des Jahrs als europäische Kulturhauptstadt spektakuläre Neubauten und renovierte bzw. umgenutzte historische Gebäude eröffnet. Ein Geheimtipp ist das Château Borély, nunmehr ein zauberhaftes Museum der dekorativen Künste.

Lieber spät als nie: In Marseille wurden zur Halbzeit des Jahrs als europäische Kulturhauptstadt spektakuläre Neubauten und renovierte bzw. umgenutzte historische Gebäude eröffnet. Ein Geheimtipp ist das Château Borély, nunmehr ein zauberhaftes Museum der dekorativen Künste.

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10. Juli 2013Marc Zitzmann
Neue Zürcher Zeitung

Rudy Ricciotti: ein Igel mit Beton-Stacheln

Die Pariser Cité de l'architecture richtet Rudy Ricciotti die erste Werkschau aus. Auch wenn sie von der Inszenierung her nicht überzeugt, zeigt sie doch den Provenzalen als sensiblen Baukünstler, der als streitbarer Pamphletär gerne irritiert.

Die Pariser Cité de l'architecture richtet Rudy Ricciotti die erste Werkschau aus. Auch wenn sie von der Inszenierung her nicht überzeugt, zeigt sie doch den Provenzalen als sensiblen Baukünstler, der als streitbarer Pamphletär gerne irritiert.

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03. Juni 2013Marc Zitzmann
Neue Zürcher Zeitung

Städtebau mit Qualität

Montpellier, die schnellstwachsende Stadt Frankreichs, setzt seit den 1980er Jahren auf zeichenhafte Architektur. Unlängst wurden Bauten von Massimiliano Fuksas, Zaha Hadid und Jean Nouvel eingeweiht.

Montpellier, die schnellstwachsende Stadt Frankreichs, setzt seit den 1980er Jahren auf zeichenhafte Architektur. Unlängst wurden Bauten von Massimiliano Fuksas, Zaha Hadid und Jean Nouvel eingeweiht.

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11. April 2013Marc Zitzmann
Neue Zürcher Zeitung

Eine einzigartige Einzelgängerin

Die gebürtige Irin Eileen Gray hat fast ihr ganzes aktives Leben in Frankreich verbracht. Doch erst 36 Jahre nach ihrem Tod findet jetzt in ihrer Wahlheimat eine Retrospektive statt. Dem Genie der Designerin und Architektin wird die Schau im Centre Pompidou nur bedingt gerecht.

Die gebürtige Irin Eileen Gray hat fast ihr ganzes aktives Leben in Frankreich verbracht. Doch erst 36 Jahre nach ihrem Tod findet jetzt in ihrer Wahlheimat eine Retrospektive statt. Dem Genie der Designerin und Architektin wird die Schau im Centre Pompidou nur bedingt gerecht.

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07. April 2013Marc Zitzmann
Neue Zürcher Zeitung

Hollywood-sur-Seine

Luc Bessons neuer Filmstudio-Komplex bei Paris wird als der modernste in Europa angepriesen. Der amerikanischste aller französischen Regisseure hofft, damit auch Hollywoodproduktionen anzulocken. Ein Besuch vor Ort.

Luc Bessons neuer Filmstudio-Komplex bei Paris wird als der modernste in Europa angepriesen. Der amerikanischste aller französischen Regisseure hofft, damit auch Hollywoodproduktionen anzulocken. Ein Besuch vor Ort.

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05. April 2013Marc Zitzmann
Neue Zürcher Zeitung

Ein Dreispartentheater an der Seine

Am 31. März 1913 wurde das Théâtre des Champs-Elysées in Paris eingeweiht. Das Haus, heute ein Tempel des gebildeten Grossbürgertums, hat Architektur-, Theater- und Musikgeschichte geschrieben.

Am 31. März 1913 wurde das Théâtre des Champs-Elysées in Paris eingeweiht. Das Haus, heute ein Tempel des gebildeten Grossbürgertums, hat Architektur-, Theater- und Musikgeschichte geschrieben.

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28. Januar 2013Marc Zitzmann
Neue Zürcher Zeitung

Marseille hat eine innigere Beziehung zum Meer als zur Kunst

Marseille hat jüngst sein Kulturhauptstadt-Programm lanciert. Mehrere Veranstaltungen illustrieren die besondere Beziehung der Hafenstadt zum Mittelmeer. Inwieweit Frankreichs zweitgrösste Metropole heuer ihren infrastrukturellen Rückstand wird aufholen können, steht offen.

Marseille hat jüngst sein Kulturhauptstadt-Programm lanciert. Mehrere Veranstaltungen illustrieren die besondere Beziehung der Hafenstadt zum Mittelmeer. Inwieweit Frankreichs zweitgrösste Metropole heuer ihren infrastrukturellen Rückstand wird aufholen können, steht offen.

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20. Januar 2013Marc Zitzmann
Neue Zürcher Zeitung

Grande Dame des Designs

Mit der 87-jährigen Andrée Putman ist am 19. Januar in Paris die Grande Dame des französischen Designs verstorben. Mehr noch als mit ihren Möbelkreationen...

Mit der 87-jährigen Andrée Putman ist am 19. Januar in Paris die Grande Dame des französischen Designs verstorben. Mehr noch als mit ihren Möbelkreationen...

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17. Dezember 2012Marc Zitzmann
Neue Zürcher Zeitung

Flaggschiff mit Fragezeichen

Der Pariser Louvre hat soeben im nordfranzösischen Lens einen Ableger eröffnet. Ein schlichter, transparenter Bau des japanischen Architekturbüros Sanaa, zwei gelungene Wechselausstellungen, aber Zweifel am Sinn des Ganzen machen das Unternehmen zu einem gemischten Erfolg.

Der Pariser Louvre hat soeben im nordfranzösischen Lens einen Ableger eröffnet. Ein schlichter, transparenter Bau des japanischen Architekturbüros Sanaa, zwei gelungene Wechselausstellungen, aber Zweifel am Sinn des Ganzen machen das Unternehmen zu einem gemischten Erfolg.

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verknüpfte Bauwerke
Musée du Louvre-Lens

21. November 2012Marc Zitzmann
Neue Zürcher Zeitung

Bauen mit Eisen, Licht und Luft

Dem Architekten der Bibliothèque nationale, Henri Labrouste, war zuletzt 1976 eine Retrospektive gewidmet worden, Victor Baltard, dem Erbauer der Pariser Hallen, noch gar nie. Zwei Werkschauen entwerfen jetzt ein differenziertes Porträt dieser Giganten des 19. Jahrhunderts.

Dem Architekten der Bibliothèque nationale, Henri Labrouste, war zuletzt 1976 eine Retrospektive gewidmet worden, Victor Baltard, dem Erbauer der Pariser Hallen, noch gar nie. Zwei Werkschauen entwerfen jetzt ein differenziertes Porträt dieser Giganten des 19. Jahrhunderts.

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27. September 2012Marc Zitzmann
Neue Zürcher Zeitung

Glaspavillon mit goldenem Sonnensegel

Der Louvre in Paris präsentiert seine neue Abteilung für islamische Kunst: einen gläsern-goldenen Schrein für dreitausend Schätze aus dreizehn Jahrhunderten. Der Ausstellungsparcours überzeugt durch Eleganz, Transparenz und Intelligenz.

Der Louvre in Paris präsentiert seine neue Abteilung für islamische Kunst: einen gläsern-goldenen Schrein für dreitausend Schätze aus dreizehn Jahrhunderten. Der Ausstellungsparcours überzeugt durch Eleganz, Transparenz und Intelligenz.

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verknüpfte Bauwerke
Erweiterungsbau für die Islamische Kunst

07. September 2012Marc Zitzmann
Neue Zürcher Zeitung

Vom Nachtschatten ins Tageslicht

Frankreichs Fonds régionaux d'art contemporain, vor dreissig Jahren ins Leben gerufen, fristeten lang ein Schattendasein. Sechs von ihnen werden bis 2015 einen architektonisch ambitionierten Neubau beziehen. Die entsprechenden Projekte, von Bordeaux über Dünkirchen bis Marseille, seien hier vorgestellt.

Frankreichs Fonds régionaux d'art contemporain, vor dreissig Jahren ins Leben gerufen, fristeten lang ein Schattendasein. Sechs von ihnen werden bis 2015 einen architektonisch ambitionierten Neubau beziehen. Die entsprechenden Projekte, von Bordeaux über Dünkirchen bis Marseille, seien hier vorgestellt.

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23. Juli 2012Marc Zitzmann
Neue Zürcher Zeitung

Hip, Hype, Hurra!!

Mit der Erschliessung von 14 000 Quadratmetern hat sich das Palais de Tokyo in Paris fast verdreifacht. Der Erkundungsgang durch die neuen Gebäudeteile bietet eine halluzinierende Promenade architecturale durch eine Stadt in der Stadt.

Mit der Erschliessung von 14 000 Quadratmetern hat sich das Palais de Tokyo in Paris fast verdreifacht. Der Erkundungsgang durch die neuen Gebäudeteile bietet eine halluzinierende Promenade architecturale durch eine Stadt in der Stadt.

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23. April 2012Marc Zitzmann
Neue Zürcher Zeitung

Dornröschens übervorsichtige Ambitionen

Die Hauptstadt der südwestfranzösischen Region Aquitaine will in die erste europäische Riege aufsteigen. Nach der gelungenen Neugestaltung der Quais an der Garonne muten die ersten Realisierungen weiterer urbanistischer Grossprojekte indes sehr durchwachsen an.

Die Hauptstadt der südwestfranzösischen Region Aquitaine will in die erste europäische Riege aufsteigen. Nach der gelungenen Neugestaltung der Quais an der Garonne muten die ersten Realisierungen weiterer urbanistischer Grossprojekte indes sehr durchwachsen an.

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27. März 2012Marc Zitzmann
Neue Zürcher Zeitung

Ein Tumulus für Vercingetorix

Die Schlacht von Alesia besiegelte die Romanisierung Galliens. Anderthalb Jahrtausende später begann ein Mythos die Geschichte zu umranken. Ein architektonisch stimmiges «Interpretationszentrum» beleuchtet nun beides: Fakt und Mär.

Die Schlacht von Alesia besiegelte die Romanisierung Galliens. Anderthalb Jahrtausende später begann ein Mythos die Geschichte zu umranken. Ein architektonisch stimmiges «Interpretationszentrum» beleuchtet nun beides: Fakt und Mär.

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17. Januar 2012Marc Zitzmann
Neue Zürcher Zeitung

Prunkvolle Stadtresidenzen

Das Hôtel particulier ist eine Spezialität der französischen Kulturwelt. Eine Schau in der Pariser Cité de l'architecture et du patrimoine zeichnet die vielfältigen Wandlungen des Gebäudetyps nach.

Das Hôtel particulier ist eine Spezialität der französischen Kulturwelt. Eine Schau in der Pariser Cité de l'architecture et du patrimoine zeichnet die vielfältigen Wandlungen des Gebäudetyps nach.

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11. Januar 2012Marc Zitzmann
Neue Zürcher Zeitung

Unter dem goldenen Louvre-Libellenflügel

Am 4. Januar hatte der Louvre die Medien zu einem Besuch der Baustelle des Département des Arts de l’Islam eingeladen, das im Sommer eröffnet wird. Vorab...

Am 4. Januar hatte der Louvre die Medien zu einem Besuch der Baustelle des Département des Arts de l’Islam eingeladen, das im Sommer eröffnet wird. Vorab...

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verknüpfte Bauwerke
Erweiterungsbau für die Islamische Kunst

09. Januar 2012Marc Zitzmann
Neue Zürcher Zeitung

Flugroboter bauen Termitenhügel

Die Architekten Gramazio & Kohler haben zusammen mit Raffaello D'Andrea ein sechs Meter hohes Bauwerk entworfen, dessen über 1500 Elemente durch Flugroboter zusammengesetzt wurden.

Die Architekten Gramazio & Kohler haben zusammen mit Raffaello D'Andrea ein sechs Meter hohes Bauwerk entworfen, dessen über 1500 Elemente durch Flugroboter zusammengesetzt wurden.

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12. Dezember 2011Marc Zitzmann
Neue Zürcher Zeitung

Im Reich der Riesen-Rhododendren

Im normannischen Tausend-Seelen-Dorf Varengeville liegen vier Gärten dicht beieinander, die, jeder auf seine Art, zu einer Reise durch das Reich der Flora einladen. Seit diesem Sommer sind alle vier für Besucher geöffnet – ein Rundgang in Begleitung ihrer Besitzer oder Betreiber.

Im normannischen Tausend-Seelen-Dorf Varengeville liegen vier Gärten dicht beieinander, die, jeder auf seine Art, zu einer Reise durch das Reich der Flora einladen. Seit diesem Sommer sind alle vier für Besucher geöffnet – ein Rundgang in Begleitung ihrer Besitzer oder Betreiber.

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11. November 2011Marc Zitzmann
Neue Zürcher Zeitung

Orpheus-Tempel an der Côte d'Azur

Im Seebad Menton an der französisch-italienischen Grenze hat der Architekt Rudy Ricciotti ein Museum für die weltweit grösste Sammlung von Werken von Jean Cocteau entworfen. Die Form des Baus überzeugt ebenso sehr wie der Inhalt.

Im Seebad Menton an der französisch-italienischen Grenze hat der Architekt Rudy Ricciotti ein Museum für die weltweit grösste Sammlung von Werken von Jean Cocteau entworfen. Die Form des Baus überzeugt ebenso sehr wie der Inhalt.

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30. April 2011Marc Zitzmann
Neue Zürcher Zeitung

Bruchlandung

Fliegende Untertassen sind nicht viel anders als Vögel oder Flugzeuge: Zwischen zwei Flügen verbringen sie die meiste Zeit am Boden. So auch der Ufo-Ausstellungspavillon,...

Fliegende Untertassen sind nicht viel anders als Vögel oder Flugzeuge: Zwischen zwei Flügen verbringen sie die meiste Zeit am Boden. So auch der Ufo-Ausstellungspavillon,...

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08. Februar 2011Marc Zitzmann
Neue Zürcher Zeitung

Wiedergeburt des Stadtzentrums

Die Neugestaltung des Pariser Hallen-Viertels ist das urbanistische Grossprojekt der seit 2001 amtierenden Pariser Stadtverwaltung. Dieser ist es gelungen,...

Die Neugestaltung des Pariser Hallen-Viertels ist das urbanistische Grossprojekt der seit 2001 amtierenden Pariser Stadtverwaltung. Dieser ist es gelungen,...

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03. Januar 2011Marc Zitzmann
Neue Zürcher Zeitung

Der Architekt der Pariser Oper

Die Staatsverwaltung zeichnet sich mitunter – und das wohl in aller Herren Ländern – durch eine Mischung aus Krämergeist, kafkaesker Logik und totaler...

Die Staatsverwaltung zeichnet sich mitunter – und das wohl in aller Herren Ländern – durch eine Mischung aus Krämergeist, kafkaesker Logik und totaler...

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22. Dezember 2010Marc Zitzmann
Neue Zürcher Zeitung

Räume in sanften Sepiafarben

Andrée Putman gilt als die grosse Dame des französischen Designs. Ihre Inneneinrichtungen und Möbelkreationen lassen den Geist der zwanziger und dreissiger Jahre wiederaufleben.

Andrée Putman gilt als die grosse Dame des französischen Designs. Ihre Inneneinrichtungen und Möbelkreationen lassen den Geist der zwanziger und dreissiger Jahre wiederaufleben.

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12. November 2010Marc Zitzmann
Neue Zürcher Zeitung

Sticken mit dem Ideenfaden

Das Museum von Villeneuve d'Ascq, soeben nach einem vierjährigen, knapp 30 Millionen Euro teuren Um- und Ausbau wiedereröffnet, ist ein erstaunliches Haus....

Das Museum von Villeneuve d'Ascq, soeben nach einem vierjährigen, knapp 30 Millionen Euro teuren Um- und Ausbau wiedereröffnet, ist ein erstaunliches Haus....

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04. November 2010Marc Zitzmann
Neue Zürcher Zeitung

Papierstädte für Strichmännchen

Die Pariser Cité de l'architecture et du patrimoine widmet dem Thema Architektur und Comics eine materialreiche Ausstellung. Diese veranschaulicht, wie die neunte Kunst seit gut einem Jahrhundert (Stadt-)Architekturen widerspiegelt, variiert oder gar weitgehend erfindet.

Die Pariser Cité de l'architecture et du patrimoine widmet dem Thema Architektur und Comics eine materialreiche Ausstellung. Diese veranschaulicht, wie die neunte Kunst seit gut einem Jahrhundert (Stadt-)Architekturen widerspiegelt, variiert oder gar weitgehend erfindet.

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13. September 2010Marc Zitzmann
Neue Zürcher Zeitung

Mancher Phönix bleibt besser in der Asche

Der 1871 abgebrannte Tuilerien-Palast in Paris ist ein Phantom: Er geistert noch in den Geschichtsbüchern herum, nicht aber in den Köpfen. Ein Komitee möchte ihn nun «identisch» wiederaufbauen. Für viele Fachleute wäre das Ergebnis aus verschiedenen Gründen eine Fälschung.

Der 1871 abgebrannte Tuilerien-Palast in Paris ist ein Phantom: Er geistert noch in den Geschichtsbüchern herum, nicht aber in den Köpfen. Ein Komitee möchte ihn nun «identisch» wiederaufbauen. Für viele Fachleute wäre das Ergebnis aus verschiedenen Gründen eine Fälschung.

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29. Mai 2010Marc Zitzmann
Neue Zürcher Zeitung

Wuchernde Strukturen

Mit der raumplastischen Gestaltung des Restaurants «Georges» im Centre Pompidou wurden Dominique Jakob und Brendan MacFarlane bekannt. In ihrem Werk vereint sich Sensibilität für den Kontext mit Detailbesessenheit und einem konzeptuellen, prospektiven Ansatz.

Mit der raumplastischen Gestaltung des Restaurants «Georges» im Centre Pompidou wurden Dominique Jakob und Brendan MacFarlane bekannt. In ihrem Werk vereint sich Sensibilität für den Kontext mit Detailbesessenheit und einem konzeptuellen, prospektiven Ansatz.

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verknüpfte Akteure
Jakob MacFarlane

18. Mai 2010Marc Zitzmann
Neue Zürcher Zeitung

Schweizer Gletscherglanz im Pariser Marais

Der Frühling lässt sein blaues Band einstweilen noch nicht über Paris flattern. Stattdessen haben die Eisheiligen ihre nasskalte Schleppe ausgebreitet....

Der Frühling lässt sein blaues Band einstweilen noch nicht über Paris flattern. Stattdessen haben die Eisheiligen ihre nasskalte Schleppe ausgebreitet....

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14. Mai 2010Marc Zitzmann
Neue Zürcher Zeitung

Pandorabüchse unter Pompidou-Pilz

Am Mittwoch wurde in Metz ein Ableger des Pariser Centre Pompidou eröffnet. Die Form befriedigt mit Abstrichen, der Inhalt rundum. Doch wirft das Projekt eine Reihe von kulturpolitischen Fragen auf.

Am Mittwoch wurde in Metz ein Ableger des Pariser Centre Pompidou eröffnet. Die Form befriedigt mit Abstrichen, der Inhalt rundum. Doch wirft das Projekt eine Reihe von kulturpolitischen Fragen auf.

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verknüpfte Bauwerke
Centre Pompidou-Metz

10. Februar 2010Marc Zitzmann
Neue Zürcher Zeitung

Die Lichterstadt als Laboratorium

Bauten aus den letzten sechzig Jahren, denen der vorausschauende entwerferische Ansatz gemein ist, sind im Pariser Pavillon de l'Arsenal zu sehen. Die Ausstellung zeigt anhand architektonischer Details wie auch grossräumiger Projekte, wie sich die französische Hauptstadt zu erneuern sucht.

Bauten aus den letzten sechzig Jahren, denen der vorausschauende entwerferische Ansatz gemein ist, sind im Pariser Pavillon de l'Arsenal zu sehen. Die Ausstellung zeigt anhand architektonischer Details wie auch grossräumiger Projekte, wie sich die französische Hauptstadt zu erneuern sucht.

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26. Oktober 2009Marc Zitzmann
Neue Zürcher Zeitung

Weisses Ufo und rote Boa

Die belgische Stadt Lüttich befindet sich im Aufbruch. Seit September 2008 wurden dort der TGV-Bahnhof von Santiago Calatrava, Ron Arads Einkaufs- und Medienzentrum «Médiacité» und zwei Museen von überregionalem Rang eröffnet.

Die belgische Stadt Lüttich befindet sich im Aufbruch. Seit September 2008 wurden dort der TGV-Bahnhof von Santiago Calatrava, Ron Arads Einkaufs- und Medienzentrum «Médiacité» und zwei Museen von überregionalem Rang eröffnet.

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22. September 2009Marc Zitzmann
Neue Zürcher Zeitung

Stadtgeschichte als gerahmtes Bild

Ende April befand sich das Lyoner Musée Gadagne in unfertigem Zustand. Und auch jetzt, ein Vierteljahr nach der Einweihung, harren sieben der dreissig...

Ende April befand sich das Lyoner Musée Gadagne in unfertigem Zustand. Und auch jetzt, ein Vierteljahr nach der Einweihung, harren sieben der dreissig...

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24. Juli 2009Marc Zitzmann
Neue Zürcher Zeitung

Ein Museum wie aus dem Bilderbuch

Das Musée de la bande dessinée bestärkt Angoulêmes Ruf als europäische Comic-Hauptstadt

Das Musée de la bande dessinée bestärkt Angoulêmes Ruf als europäische Comic-Hauptstadt

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26. Juni 2009Marc Zitzmann
Neue Zürcher Zeitung

Hochhausfieber

Himmelsstürmer sind wieder in. Auch in der Alten Welt häufen sich die Projekte. Eine Ausstellung im Pariser Pavillon de l'Arsenal beleuchtet Geschichte und Gegenwart des europäischen Hochhauses.

Himmelsstürmer sind wieder in. Auch in der Alten Welt häufen sich die Projekte. Eine Ausstellung im Pariser Pavillon de l'Arsenal beleuchtet Geschichte und Gegenwart des europäischen Hochhauses.

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12. Juni 2009Marc Zitzmann
Neue Zürcher Zeitung

Im Dschungel der Grossstadt

Seit fünfzehn Jahren legt der Pariser Botaniker Patrick Blanc auf Aussen- und Innenwänden «vertikale Gärten» an. Immer öfter arbeitet er dabei mit international tätigen Architekten zusammen.

Seit fünfzehn Jahren legt der Pariser Botaniker Patrick Blanc auf Aussen- und Innenwänden «vertikale Gärten» an. Immer öfter arbeitet er dabei mit international tätigen Architekten zusammen.

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06. Juni 2009Marc Zitzmann
Neue Zürcher Zeitung

Ein Tempel für Tintin

In Louvain-la-Neuve bei Brüssel wurde am Dienstag ein privates Museum eröffnet, das dem Comicautor Georges Remi alias Hergé gewidmet ist. Das Bild des Schöpfers der klaren Linie wirkt dort etwas flau.

In Louvain-la-Neuve bei Brüssel wurde am Dienstag ein privates Museum eröffnet, das dem Comicautor Georges Remi alias Hergé gewidmet ist. Das Bild des Schöpfers der klaren Linie wirkt dort etwas flau.

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06. Mai 2009Marc Zitzmann
Neue Zürcher Zeitung

Visionen für die Hauptstadt

In Fortführung monarchistischer Traditionen neigen Frankreichs Präsidenten dazu, Paris mit Prachtsbauten zu verschönern. Präsident Sarkozy träumt nun sogar von der Umgestaltung des ganzen Stadtraums.

In Fortführung monarchistischer Traditionen neigen Frankreichs Präsidenten dazu, Paris mit Prachtsbauten zu verschönern. Präsident Sarkozy träumt nun sogar von der Umgestaltung des ganzen Stadtraums.

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24. April 2009Marc Zitzmann
NZZ-Folio

Frühlingsluft für Helvetiens Architekten

Staufer & Hasler eröffnen einen Schweizer Zyklus in Paris

Staufer & Hasler eröffnen einen Schweizer Zyklus in Paris

Die Ausstellungen der von Gian Mauro Maurizio im Pariser Marais betriebenen Galerie d'architecture haben seit deren Eröffnung 1999 markant an Professionalismus gewonnen. Die Neugier des Galeristen für jüngere Architekten mit einer eigenen Handschrift lebt ungebrochen fort. Hinzugekommen ist im Lauf der Jahre das Savoir-faire des Ausstellungsmachers. Die Schau, die die Galerie zurzeit dem in Frauenfeld ansässigen Büro Staufer & Hasler widmet, zeigt das deutlich: Am Eingang empfangen den Besucher ein Holzmodell des im Bau befindlichen Bundesverwaltungsgerichts in St. Gallen sowie eine überdimensionierte Innenaufnahme eines 2005 in Kalchrain errichteten Kuhstalls. Damit ist die zweiteilige Struktur der Schau vorgezeichnet. An den Wänden des Galerieraums vermitteln je ein oder zwei grossformatige Farbfotos einen ersten Eindruck von insgesamt neun Projekten – und damit auch von der Vielfalt des Schaffens von Astrid Staufer und Thomas Hasler: das Kino Riffraff in Zürich, die Kantonsschule in Wil, der Botanische Garten in Frauenfeld, ein Sommerhaus im Thurgau . . .

In der Mitte des Raums dagegen wird das St. Galler Gerichtsgebäude, das bis anhin bedeutendste Projekt des Büros, mittels Plänen und Modellen in sehr verschiedenen Massstäben bis ins Detail durchleuchtet. Mit bescheidenen Mitteln auf einer Fläche von nur 120 Quadratmetern realisiert, sticht die klug und ökonomisch konzipierte Miniatur-Monografie so manches aus, was sich in Grossinstitutionen wie der Cité de l'architecture zur Ausstellung spreizt. Zur Vertiefung des Besuchs vertreibt die Buchhandlung der Galerie ein soeben erschienenes dreibändiges Werk über Staufer & Hasler. Neben der Praxis dokumentiert die gut lesbare und ansprechend bebilderte Publikation auch die Theorie: die Forschungs- und Lehrtätigkeit des Architektenduos.

Im Lauf der nächsten drei Jahre, so Maurizio im Gespräch, ist jedes Frühjahr eine Schweizer Schau geplant. Auf zwei Werkmonografien folgt 2012 eine Sammelschau; finanzielle und logistische Unterstützung erhält die Ausstellungsserie von Pro Helvetia und der Schweizer Botschaft in Paris. Das ist auch deshalb zu begrüssen, weil die Schweizer Architekturszene hierzulande nur punktuell und sporadisch beleuchtet wird. Selbst Stars wie Roger Diener oder Peter Zumthor konnten sich bisher noch nicht in einer Einzelausstellung vorstellen. Initiativen wie die Frühlingsserie der Galerie de l'architecture oder wie die neuen architektonisch-urbanistischen Podiumsdiskussionen des Centre culturel suisse, die nach Zürich demnächst Genf und hernach Basel thematisieren werden, ziehen eher Fachleute an. Was fehlt, sind Werkschauen in Institutionen wie dem Centre Pompidou oder der Cité de l'architecture.

[ Bis 16. Mai. Begleitpublikation: Staufer & Hasler Architekten. Thesen – Methoden – Bauten / Theses – Methods – Buildings (dt./engl.). Niggli-Verlag, Sulgen 2009. 3 Bde., 460 S., Fr. 88.–. ]

NZZ-Folio, Fr., 2009.04.24



verknüpfte Akteure
Staufer & Hasler

27. März 2009Marc Zitzmann
Neue Zürcher Zeitung

«Attila» im Dienst des Kaisers

Als Stadtplaner und nicht als Architekt war Georges Eugène Haussmann der grosse Baumeister von Napoleon III. In knapp 17 Jahren verwandelte der Präfekt Paris in eine moderne Stadt.

Als Stadtplaner und nicht als Architekt war Georges Eugène Haussmann der grosse Baumeister von Napoleon III. In knapp 17 Jahren verwandelte der Präfekt Paris in eine moderne Stadt.

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verknüpfte Akteure
Haussmann Georges-Eugène

05. Dezember 2008Marc Zitzmann
Neue Zürcher Zeitung

Katalysator der Raumplanung

Die Ausstellung ArchiLab in Orléans widmet sich Bauprojekten, die von der EU unterstützt werden. Das Thema ist spannend, doch seine Behandlung befriedigt nicht restlos.

Die Ausstellung ArchiLab in Orléans widmet sich Bauprojekten, die von der EU unterstützt werden. Das Thema ist spannend, doch seine Behandlung befriedigt nicht restlos.

Für die meisten Durchschnittseuropäer ist die EU-Verwaltung ein abstraktes Ding, das allenfalls als Sujet für Stammtischgepolter etwas hergibt. Die achte Ausgabe von ArchiLab, der Biennale für zukunftsweisende Architektur und prospektiven Städtebau in Orléans, versucht zu zeigen, wie sich das Wirken der EU konkret im Bereich der Raumordnung auswirkt. Die Schau beginnt in der umgebauten Busgarage des Fonds régional d'art contemporain (FRAC) der Région Centre, der die Veranstaltung mitträgt, mit einer Auswahl von «Europavisionen» – von Gerardus Mercators Landkarte aus dem Jahr 1569 bis zu Rem Koolhaas' pfiffigem, aber leider nicht angenommenem Vorschlag, die blaue EU-Flagge mit ihrem Kreis aus zwölf gelben Sternen durch einen Strichcode aus den Farben aller Landesflaggen der Mitgliedstaaten zu ersetzen.

Der Hauptteil der Ausstellung findet sich in der Stiftskirche Saint-Pierre-le-Puellier. Ein Provisorium: In zwei Jahren zieht ArchiLab wieder in die Subsistances militaires zurück, ein ehemaliges Militärgebäude, das bis dahin renoviert und um einen spektakulären Neubau von Jakob & MacFarlane erweitert wird. Dort stehen dann 500 Quadratmeter für die auf Architektur spezialisierte Sammlung des ebenfalls umziehenden FRAC zur Verfügung und eine fast ebenso grosse Fläche für Wechselausstellungen. Demgegenüber wirkt die neuste Ausgabe von ArchiLab trotz der einfallsreichen Szenografie des Berliner Büros Chezweitz & Roseapple arg beengt.

Der diesjährige Kurator, Omar Akbar, Direktor der Stiftung Bauhaus Dessau, hat 28 Projekte ausgewählt und diese in drei Kategorien eingeteilt. «Polymerisation» heisst die erste – gemeint ist die Schaffung von Netzwerken zwischen Städten oder Regionen, auch grenzübergreifend. Die EU unterstützt solche Initiativen namentlich im Rahmen der diversen Interreg-Programme. Ziel ist, Kräfte zu bündeln und Synergien zu schaffen. So etwa zwischen den Megalopolen London und Paris, die seit letztem Jahr nur noch zwei Bahnstunden auseinanderliegen. Der Bau des Channel Tunnel Rail Link, der Schnellfahrstrecke auf britischem Boden, wurde von der EU mitfinanziert. Um den neuen Eurostar-Bahnhof St. Pancras entsteht nach einem Masterplan von Norman Foster ein neues Viertel mit Wohntürmen, Büro- und Geschäftsgebäuden. Ein anderes solches Projekt ist der Bau einer 19 Kilometer langen Brücke über den Fehmarnbelt, die Hamburg ab 2018 mit Kopenhagen und von dort aus via die vor acht Jahren fertiggestellte Øresund-Brücke mit Malmö verbinden wird.

Die zweite Kategorie heisst «Implantation» und illustriert die Einführung von «Fremdkörpern» in bestehende Stadtgefüge. Spektakulärstes Beispiel ist hier Zaha Hadids Masterplan für die Metamorphose eines ehemaligen Industrieviertels im Südwesten von Istanbul. Auf 555 Hektaren soll hier ab nächstem Jahr ein funktional durchmischtes Viertel entstehen. Computerbilder zeigen eine futuristische Stadtlandschaft mit den für Hadid typischen fliessend-skulpturalen Formen. Bereits im Bau sind die «Hafen-City Hamburg» sowie die Viertel «Euroméditerranée» in Marseille und «Lyon Confluence».

Die dritte Kategorie endlich handelt von der «Reanimation» von Städten durch die Schaffung eines neuen Markenbilds. So will sich Danzig mit dem Bau eines «Europäischen Solidaritätszentrums für Kultur und Geschichte» und eines bernsteinfarbigen Sportstadions als «Stadt der Freiheit und des Bernsteins» positionieren. Das Städtchen Eisleben im deutschen Bundesstaat Sachsen-Anhalt sucht sich seinerseits mit einem von Museen, Kirchen und Installationen gesäumten «Lutherweg», der die Geschichte des im Ort geborenen und gestorbenen Reformators erzählt, als Lutherstadt zu profilieren.

Die Ausstellung hat ein reizvolles Thema und wartet mit sehr verschiedenartigen Projekten auf. Allerdings sind diese nicht immer so dokumentiert, dass ihr Interesse ins Auge sticht. Auch wirkt die Kategorisierung mitunter etwas beliebig: Namentlich zwischen den Sektionen «Implantation» und «Reanimation» verfliesst die Grenze öfters. Des Weiteren ist die Schau zwar auf die von der EU geförderte Raumordnung fokussiert, zeigt aber etliche Projekte, die nicht von der EU finanziert werden oder sogar – wie Herzog & de Meurons «Vision Dreispitz» in Basel – in Nichtmitgliedstaaten lokalisiert sind. Endlich hätte zumindest angedeutet werden können, dass viele Projekte nicht auf ungeteilte Zustimmung stossen. Die Informationstexte der Schau und des Katalogs wirken hier oft zu trocken-abstrakt – fast wie jene Technokratenprosa, die Durchschnittseuropäer gern mit der EU assoziieren.

[ Bis 23. Dezember. Katalog: ArchiLab Europe. Editions HYX, Orléans 2008. 184 S., € 40.–. ]

Neue Zürcher Zeitung, Fr., 2008.12.05

14. November 2008Marc Zitzmann
Neue Zürcher Zeitung

Gelbe Kultur-Laternen

Auf den ersten Blick wirkt Poitiers etwas verschlafen. Doch der in der französischen Provinzhauptstadt soeben eröffnete Theaterneubau von João Luís Carrilho da Graça zeugt von kulturellem Engagement.

Auf den ersten Blick wirkt Poitiers etwas verschlafen. Doch der in der französischen Provinzhauptstadt soeben eröffnete Theaterneubau von João Luís Carrilho da Graça zeugt von kulturellem Engagement.

«Die kleinste der französischen Grossstädte» wird Poitiers von seinen Bewohnern gern genannt. Echten Grossstädtern – und erst recht Parisern – mutet die Hauptstadt der westlichen Region Poitou-Charentes freilich auf den ersten Blick wie der Inbegriff der Provinzkapitale an. Ein Dekor wie für ein Sittengemälde von Chabrol oder von Simenon (der hier mehrere Romane angesiedelt hat). Betuchte, die es sicher auch gibt, treiben in diesem Reich des Kleinbürgertums die Diskretion bis zur Unsichtbarkeit. Und auch Bettler setzen allenfalls pittoreske Tupfer ins behäbig-behagliche Gesamtbild: etwa jene vermummte Alte, die vor der besten Pâtisserie am Ort, Bajard, sittsam am Rand der Vitrine zusammengekauert ein Schild vor sich her hält – ein Motiv für Murillo.

Wege zur Baukunst

Provinziell mutet zunächst das Stadtbild an. Wirbt die staatliche Präfektur mit einem Ziegelbau im Louis-XIII-Stil um Bürgernähe, so bringt das Rathaus am andern Ende der Rue Victor Hugo im stolzen Renaissance-Gewand das Selbstbewusstsein der Bürger zum Ausdruck. Dazwischen liegt hinter einem ehemaligen Kirchenportal das Musée Rupert de Chièvres, in welchem eine Enfilade von schlecht beleuchteten Salons teils fade, teils pikante Werke von Kleinmeistern aus Flandern, Holland, Italien und Frankreich birgt. Etwas angestaubt wirkt auch der Stadtpark mit seinen schnurgeraden Alleen, die tadellos gestutzte Bäume säumen, mit dem nur in Anwesenheit des Gärtners zugänglichen Jardin de Rocaille und dem englischen Garten, in dem Ziegen meckern und Aras das Gefieder spreizen.

Die Stadt lässt sich mittels dreier vorgezeichneter Routen erkunden, die blaue, gelbe beziehungsweise rote Linien am Strassenrand markieren. Das Bauerbe von Poitiers ist diesen Parcours entlang mustergültig ausgeschildert. Das gilt nicht nur für die 2003 renovierte Eglise Notre-Dame-la-Grande, ein Meisterwerk der Romanik, für die gotische Cathédrale Saint-Pierre mit ihrer im Originalzustand erhaltenen Clicquot-Orgel (1791) und für mehrfach um- und ausgebaute Sehenswürdigkeiten wie die Kirchen Sainte-Radegonde, Saint-Hilaire, Saint-Jean-de-Montierneuf sowie den Justizpalast mit seinem Prunksaal aus der Zeit von Eleonore von Aquitanien, der «Königin der Troubadoure». Es gilt auch für so manches Fachwerkhaus oder Hôtel particulier, auf die gut geschriebene Texttafeln den Blick lenken.

Allerdings beschleicht einen beim Promenieren bald ein Gefühl der Fremdheit. Abseits der Fussgängerzonen im Zentrum wirken grosse Teile der Stadt am Wochenende wie ausgestorben. Im Jardin des Plantes irrt man mutterseelenallein zwischen Blumenkompositionen umher. Auf der Place de la Liberté ist nicht einmal ein Vogelzwitschern zu hören, nur dann und wann der Fall eines Herbstblatts. Noch seltsamer wird die Besichtigungstour, setzt man sich einen der Kopfhörer auf die Ohren, die im Touristenamt ausgeliehen werden. Die Berliner Künstlerin Christina Kubisch verwandelt elektromagnetische Ströme aus der Umgebung der Spaziergänger in Klänge – auf einmal raunt und rauscht die Stadt ganz anders.

Architektonische Fata Morgana

Und plötzlich steht, wie eine minimalistisch-monumentale Fata Morgana, das Théâtre & Auditorium de Poitiers (TAP) vor einem. Der von dem Portugiesen João Luís Carrilho da Graça konzipierte Komplex besteht aus zwei Kuben, in deren Milchglas-Fassaden sich die Umgebung spiegelt. Zwei enigmatische Körper, die sich dank ihren Volumen, die jene der Nachbargebäude zu abstrahieren scheinen, und dank ihrer Chamäleonhaut zwanglos in die mausgraue Rue de la Marne einfügen. Erst aus der Nähe erkennt man, dass die Betonwände hinter den vorgehängten Glasfassaden in frisch-freches Gelb getaucht sind. Werden diese nachts angestrahlt, vertreiben in der nur schwach erleuchteten Stadt zwei zitronenfarben glühende Kultur-Laternen die Schatten des Provinzlertums. Geplant sind auch Videoprojektionen – etwa der ersten Minuten der Spektakel, die im Innern gegeben werden – auf bis zu 270 Quadratmetern Fassadenfläche.

Im Innern geleitet eine breite Treppe zu einem Foyer hinab, das links zum Auditorium führt und rechts zum Theatersaal. Das helle Ahornparkett, die weissen Wände und Decken sowie die weitgehende Verglasung der öffentlichen Bereiche, die auf eine Esplanade oder auf Patios hinausblicken, sorgen für Lichtfülle ohne Grellheit. Die Strenge des Linienspiels wird temperiert durch zurückhaltende Asymmetrien, grazil geschwungene Designermöbel oder Lampen aus Milchglas, die wie Luftballons an der Decke schweben. Die Riesenlettern der Signaletik machen auf einer Wand des Künstlerfoyers gar Wortmusik: «badaboum BUMZINNNNGGG»!

Der Theatersaal bietet Platz für 722 Zuschauer. Seine Farben sind gedämpft: Schokoladebraun für die Wände, Rostrot für die Samtpolster der Sessel. Im Auditorium (1021 Plätze) kontrastieren das Mandelgrün der Sitze und das helle Beige der Holzdecke mit dem tiefen Schwarz der Seitenwände. Beide Säle lassen sich flexibel umgestalten; der Theatersaal verfügt zudem über einen Graben, der bis zu 45 Musiker aufzunehmen vermag. Wie Aufführungen am Eröffnungswochenende Mitte Oktober zeigten, verdient der Akustiker Daniel Commins für das Theater ungeteiltes Lob. Die ersten Eindrücke von dem in der erprobten Form einer Schuhschachtel gestalteten Auditorium sind durchmischter. Im vorderen Teil des Parketts und in den Galerien wirkt die Akustik sehr naturgetreu: Weder umhüllend noch artifiziell schmeichelhaft, gibt sie die Farben des Klangs und seine räumliche Verortung quasi ungeschminkt wieder. Im hinteren Teil des Parketts und auf dem Balkon dagegen wird der Klang etwas flau und monochrom.

Mehrspartenhaus mit Mehrwert

Hier bedarf es wohl noch der Feinregulierung. Doch schon jetzt zählt das Auditorium neben jenem in Dijon und dem Arsenal in Metz zu den wenigen französischen Konzertsälen, die den Anforderungen des 21. Jahrhunderts zu genügen vermögen – in Metropolen wie Bordeaux oder Paris sollen solche Infrastrukturen erst 2010 beziehungsweise 2012 eröffnet werden. Wie Denis Garnier, der Direktor des TAP, im Gespräch ausführt, beruht der Bau des 56 Millionen Euro teuren Komplexes auf der Einsicht, dass eine «kleine Grossstadt» wie Poitiers separate Institutionen für Tanz, Theater und Musik weder finanzieren noch füllen kann. Das Programm des TAP bietet also von allem etwas: sogar Humor, Akrobatik und, im ehemaligen Stadttheater neben dem Rathaus, Kino. Ein bunter Mix, gewiss. Aber gleichzeitig darf das 89 000-Seelen-Städtchen auf «artistes en résidence» wie Philippe Herreweghe und sein Orchestre des Champs-Elysées oder auf Gastspiele von Schöpfern wie Carolyn Carlson und Romeo Castellucci stolz sein.

Poitiers – Inbegriff der Provinzkapitale? Neben der Konzertserie «Jazz à Poitiers» und dem Confort moderne, einem in früheren Lagerhallen angesiedelten Verein für avantgardistische Kunst und Musik, straft die Eröffnung des TAP jetzt die Vorurteile grossschnäuziger Grossstädter Lügen.

Neue Zürcher Zeitung, Fr., 2008.11.14



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Théâtre & Auditorium de Poitiers (TAP)

31. Oktober 2008Marc Zitzmann
Neue Zürcher Zeitung

Ein Hut wächst aus der Erde

Das Centre Pompidou-Metz im Entstehen

Das Centre Pompidou-Metz im Entstehen

Baustellenbesuch in Metz. Bei strahlendem Herbstwetter zeichnen sich die von Computerbildern her bekannten Hauptelemente des im Entstehen begriffenen Centre Pompidou-Metz klar gegen den blauen Himmel ab. Da ist die «Grande Nef» mit ihrer monumentalen Wand von 21 mal 21 Metern. Da ist das Metallskelett des Turms, den dereinst ein 77 Meter hoher Pfeiler krönen wird. Und da sind die drei 85,5 Meter langen kastenförmigen Galerien, die wie Mikadostäbe übereinanderliegen – die oberste ist noch im Bau. Was dem Rohbau fehlt, ist namentlich das stupende Dach, das der japanische Architekt Shigeru Ban für sein bis anhin grösstes Projekt entworfen hat: eine Struktur aus lamelliertem Holz, die an das Flechtwerk eines chinesischen Huts gemahnt und, mit einer halbdurchsichtigen Membran aus Teflon und Glasfasern bespannt, das gesamte Gebäude überzieht – eine skulpturale Tour de Force des Holzbaus.

Den Computerbildern wie auch dem Baustellenbesuch nach zu urteilen, wird das Centre Pompidou-Metz ein architektonischer Wurf. Das Gebäude mit der einprägsamen Silhouette – teils Pilz, teils Amöbe, teils Chinesenhut – vereint Funktionalität, Flexibilität und ikonische Plastizität. Es hat das Zeug zu einem Wahrzeichen. Vor seiner Eröffnung Anfang 2010 wurde jetzt Näheres über sein künftiges Programm bekannt. Bei einer Pressekonferenz vor Ort legte Laurent Le Bon, seit 2005 mit der Leitung des Projekts betraut, Wert darauf, eine autonome Institution vorzustellen. Zwar werde das Centre Pompidou-Metz auf das Netzwerk und auf die fabelhafte Sammlung des Mutterhauses zugreifen können. Aber sein Veranstaltungsprogramm gehorche eigenen Rhythmen und werde auch auf Koproduktionen mit anderen Institutionen beruhen.

Die Eröffnungsschau soll unter dem Titel «Chefs-d'œuvres?» eine Art assoziativ-augenzwinkerndes Best-of der Sammlung bieten. Der ambitiösen Collage von Meisterwerken wird die gesamte Ausstellungsfläche zur Verfügung stehen: 5000 Quadratmeter – und das für mindestens sechs Monate! Die nachfolgenden Schauen dürften vernünftigere Dauern und Dimensionen aufweisen. Daneben locken auch, wie im Mutterhaus, ein Restaurant und Boutiquen, ein «Studio» für Podiumsveranstaltungen, Filmprojektionen, Performances und Bühnenspektakel sowie ein Vorplatz im Freien und ein vielfältig nutzbares Forum im Eingangsbereich, die die Grenze zwischen innen und aussen aufweichen. Dafür beherbergt das Zentrum weder ein Musikinstitut wie das Ircam noch eine Mediathek – eine solche könnte in der Nähe erbaut werden.

Sorge bereitet, dass die Finanzierung eines ambitiösen Veranstaltungsprogramms durch die Gebietskörperschaften bis anhin nicht gesichert ist. Statt den ursprünglich in Aussicht gestellten 10 Millionen Euro für das Jahresbudget ist jetzt nur noch von 7 Millionen Euro die Rede. In Sachen Kulturbauten sind die Augen hierzulande oft grösser als der Magen: Für viel Geld werden Gebäude errichtet, deren Bespielung dann mangels hinreichenden Betriebsbudgets zu wünschen übrig lässt. Shigeru Bans über 60 Millionen Euro teurer Pilzhut verdient ein besseres Schicksal als das einer Architektur-Ikone für Postkartenbilder.

Neue Zürcher Zeitung, Fr., 2008.10.31



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Centre Pompidou-Metz



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Shigeru Ban Architects

03. Oktober 2008Marc Zitzmann
Neue Zürcher Zeitung

Eine Pyramide für die Lichterstadt

Das Basler Architekturbüro Herzog & de Meuron will im Süden von Paris eine 200 Meter hohe Pyramide bauen. Das kommt einer Sensation gleich, denn auf dem Stadtgebiet ist der Hochhausbau seit den siebziger Jahren tabu.

Das Basler Architekturbüro Herzog & de Meuron will im Süden von Paris eine 200 Meter hohe Pyramide bauen. Das kommt einer Sensation gleich, denn auf dem Stadtgebiet ist der Hochhausbau seit den siebziger Jahren tabu.

Der letzte Pariser Pyramidenbau, jener von Ieoh Ming Pei im Louvre, erhitzte nach seiner Ankündigung vor einem Vierteljahrhundert die Gemüter. Der geplante Bau eines stilisiert pyramidenförmigen Hochhauses am südwestlichen Stadtrand durch die Basler Architekten Jacques Herzog und Pierre de Meuron dagegen wurde nach seiner Ankündigung letzte Woche mit verhaltenem bis verzücktem Wohlwollen aufgenommen. Das Emplacement ist gewiss nicht dasselbe: hier der geschichtsträchtige Königspalast im Herzen der Stadt, dort das gesichtslose Messegelände beim Boulevard périphérique, der Pariser Ringstrasse. Aber die Dimensionen sind auch nicht dieselben, wird doch das vierzigstöckige Hochhaus von Herzog & de Meuron mit seinen knapp 200 Metern Höhe fast von überall in der Stadt aus zu sehen sein.

Hochhaus für alle Pariser?

Freilich wird die Silhouette der «Tour Triangle» je nach Standort ganz verschieden aussehen. Das Gebäude mit trapezförmigem Grundriss ist 200 Meter lang, aber bloss 35 Meter breit. Es handelt sich also um eine Art verschlankter Pyramide, die, von den Längsseiten aus betrachtet, die charakteristische Dreiecksform besitzt, von den Schmalseiten aus aber fast das typische Profil eines herkömmlichen Wolkenkratzers aufweist. Zumindest von weitem – denn aus der Nähe soll der Bau, wie Jacques Herzog im Gespräch ausführt, mit seinen hier mehr glatten und dort mehr kristallinen Fassaden aus Glas und Stein Assoziationen an etwas Naturgewachsenes wecken.

Das Programm der «Tour Triangle» ist noch Gegenstand von Diskussionen. Die Gruppe Unibail-Rodamco, die die nicht bezifferten Baukosten in Gänze tragen soll, bevorzugt aus Rentabilitätsgründen Büros sowie ein grosses Vier-Sterne-Hotel. Die Architekten und die Gemeindeverwaltung dagegen wünschen sich mehr Einrichtungen, die für alle zugänglich sind. Fest steht laut Herzog, dass die «Tour Triangle» nicht auf einer Dalle, einer erhöhten Platte, stehen wird – wie etwa die zwanzig knapp 100 Meter hohen Türme des Front-de-Seine-Viertels. Vielmehr soll das Hochhaus im Pariser Boden wurzeln und im Erdgeschossbereich mit Cafés und Läden aufwarten. Auch eine Panoramaterrasse in rund 40 Metern Höhe sowie eine Aussichtsplattform weiter oben sollen für jedermann zugänglich sein.

Zur Diskussion stehen Equipements wie ein Schwimmbad, eine Bibliothek oder ein «Museum der Sprachen der Welt». «Aber vielleicht», so Herzog, «gibt es am Ende auch bloss Büros.» Das freilich wäre zu bedauern. Die «Tour Triangle» ist in vielerlei Hinsicht bestrebt, sich harmonisch in das Viertel einzufügen, ja dieses aufzuwerten. Wichtig sind Umweltverträglichkeit und ein Schattenwurf, der die Anwohner möglichst wenig stört. Auch ermöglicht die Placierung auf einer eher schmalen Grundfläche in der Verlängerung der 4,3 Kilometer langen Rue de Vaugirard nicht nur die Schaffung eines neuen Gartens, sondern vor allem die Durchbrechung der Blockade, die das Messeareal heute bildet. Wie ein riesiges Messer soll die «Tour Triangle» eine Schneise schneiden, um Paris mit der Vorstadt Issy-les-Moulineaux zu verbinden. Neben der Ende 2006 erfolgten Eröffnung der T3-Tramlinie und dem nächstjährigen Anschluss an die T2-Tramlinie wird die Bedeutung der Porte de Versailles als Verkehrsknotenpunkt so weiter aufgewertet.

Enthielte die «Tour Triangle» am Ende bloss Büros, verspielte sie damit einen Teil ihrer Chancen, die Sympathie der Pariser zu gewinnen. Das jedoch ist von Bedeutung, wirkt doch die Traumatisierung der Hauptstadtbewohner durch den Bau des unwirtlichen Front de Seine, des seelenlosen Olympiades-Viertels im Herzen der heutigen Chinatown und der monströsen Tour Montparnasse bis heute nach. Unter der Präsidentschaft von Valéry Giscard d'Estaing war der Hochhausbau praktisch gestoppt worden, und drei Jahrzehnte lang blieb das Sujet tabu.

Hochfliegende Projekte in der Banlieue

Seit seiner Wahl zum Bürgermeister 2001 hat Bertrand Delanoë nun immer wieder versucht, das Thema aufs Tapet zu bringen. Erste Vorstösse scheiterten an der Opposition der grünen Koalitionspartner, von Bürgervereinigungen und (laut Umfragen) auch von zwei Dritteln der Pariser. Vor zwei Jahren erstellten zehn Architekten eine Liste von siebzehn Standorten an den Stadträndern, an denen sie den Bau von bis zu 150 Meter hohen Türmen für möglich erachteten. Doch der 2006 verabschiedete lokale Bebauungsplan hält weiter an der 1977 festgelegten Maximalhöhe von 37 Metern fest. Letztes Jahr arbeiteten elf Büros Vorschläge für die Errichtung von bis zu 210 Meter hohen Türmen an drei peripheren Standorten aus. Unter diesen scheint heute das Masséna-Viertel südlich der neuen Nationalbibliothek am besten placiert zu sein, um ein Hochhaus zu empfangen – möglicherweise den neuen Pariser Justizpalast.

Doch einen Sinneswandel in Paris haben wohl erst die ambitiösen Projekte in mehreren Vorstädten bewirkt. In Boulogne-Billancourt baut Jean Nouvel zurzeit einen 88 Meter hohen Turm; auch in Aubervilliers, Clichy, Issy-les-Moulineaux und Levallois sind Hochhausprojekte im Gang. Die grössten und spannendsten Vorhaben finden sich jedoch im Geschäftsviertel La Défense westlich von Paris. Die Büros Nouvel, Morphosis (Thom Mayne) sowie Valode et Pistre wollen dort je einen rund 300 Meter hohen Wolkenkratzer errichten. Freilich: Schon 1989 hatte Nouvel am selben Ort seine 425 Meter hohe «Tour sans fin» sich in Luft auflösen sehen. Jetzt droht die Realisierung seiner rotglühenden «Tour Signal», die aus vier übereinander gestapelten Kuben bestehen soll, an der Opposition einer Bürgermeisterin zu scheitern. Und über allen drei Vorhaben hängt – wie auch über einem halben Dutzend weniger hochfliegender Projekte – das Damoklesschwert der Finanzkrise.

Es wäre naiv, hinter solchen Bauvorhaben nicht auch Prestige- und Machtstreben zu vermuten – La Défense ist die Spielwiese von Nicolas Sarkozy, Paris jene von Delanoë (dessen Ambitionen sich längst nicht mehr auf das Lokale beschränken). Doch letztlich zählt allein das gebaute Ergebnis. Paris wäre hier nun fehlgeleitet, sich mit London, Schanghai oder anderen Metropolen zu messen. Was dort recht ist, ist es nicht zwangsläufig auch hier: in einer «perfekten Stadt» (so Jacques Herzog), die mit ihren 2,14 Millionen Einwohnern auf bloss 105 Quadratkilometern sehr klein und sehr dicht besiedelt ist und ein durch keinen Krieg zerstörtes Bauerbe ihr eigen nennt. In diesem Kontext erscheint das Projekt der «Tour Triangle», das sich ingeniös in Haussmanns Urbanismus einschreibt und gleichsam ein neues topografisches (Wahr-)Zeichen in die Pariser Landschaft setzt, als ein Wurf, dessen Realisierung man nur wünschen kann. Angekündigt ist diese für 2012 – das Jahr der nächsten Präsidentschaftswahlen.

Neue Zürcher Zeitung, Fr., 2008.10.03

10. Juli 2008Marc Zitzmann
Neue Zürcher Zeitung

Der Fluch des frühen Erfolgs

Das Centre Pompidou zeigt jüngere Arbeiten des Architekten Dominique Perrault. In acht Kapiteln werden Grundeigenschaften seines Werks wie das Verschleiern und das Stapeln herausgearbeitet.

Das Centre Pompidou zeigt jüngere Arbeiten des Architekten Dominique Perrault. In acht Kapiteln werden Grundeigenschaften seines Werks wie das Verschleiern und das Stapeln herausgearbeitet.

Unterkühlt elegant, streng geometrisch und ohne Ironie: Die grosse Werkschau, die das Pariser Centre Pompidou dem französischen Architekten Dominique Perrault mit dessen aktiver Unterstützung ausrichtet, wirkt als Selbstporträt ganz lebensnah. Der riesige Ausstellungsraum der ebenerdigen Süd-Galerie ist in zwei Sektionen unterteilt. Die 32 Meter lange Wand des fensterlosen Eingangsbereichs tapezieren neun Leinwände, auf die kurze Stummfilme zu dreizehn Projekten projiziert werden. Trennwände aus halbdurchsichtigem Metallgewebe, ein Soundtrack aus Sphären-Sirren und kosmischem Blubbern sowie grosse schwarze Sitzkissen erzeugen eine minimalistische Lounge-Atmosphäre. In der grösseren, auf drei Seiten raumhoch verglasten Ausstellungssektion sind achtzehn niedrige weisse Podeste rasterförmig angeordnet. Auf diesen dokumentieren gut lesbare Texte, Handskizzen, Fotos, Videos, Computerbilder sowie mitunter auch grossformatige Modelle insgesamt 63 Projekte, die mehrheitlich aus dem letzten Jahrzehnt stammen.

Verschleierte Bauten

Zum Auftakt der Schau ist vor dem Eingang der Süd-Galerie ein neunzehntes Podest der Bibliothèque nationale de France gewidmet. Der Sieg im offenen Wettbewerb für den Bau der von Mitterrand gewünschten Très Grande Bibliothèque war 1989 für den erst 36 Jahre alten Perrault zugleich ein Segen und ein Fluch. Ein Segen, weil er ihn schlagartig bekannt machte und ihm in einem Alter, in welchem andere Architekten oft erst Gartenhäuser für ihre Verwandten entwerfen, einen Milliardenauftrag sicherte. Ein Fluch, weil er Perrault über Jahre hinweg dem Feuer der Kritik und dem Gift der Missgunst aussetzte. Auf die Einweihung der Bibliothek folgte 1995 denn auch eine längere Durststrecke. Heute haben sich die Aufgeregtheiten gelegt, die anfänglichen Betriebsprobleme sich eingerenkt und die meisten Kommentatoren sich darauf geeinigt, dass die Symbolik der vier Büchertürme ein wenig naiv sein mag, aber dem versenkten Wald zwischen ihnen unzweifelhaft Majestät eignet und der Riesenbau als Ganzes ein valables Wahrzeichen für das architektonisch sehr durchwachsene Tolbiac-Viertel darstellt.

Repräsentativ für das spätere Schaffen des Architekten indes ist die Bibliothek nicht unbedingt. Verdienstvollerweise hat der Kurator der Schau, Frédéric Migayrou, die gezeigten Projekte in acht Kapitel eingeteilt, die je ein bestimmtes Charakteristikum beleuchten. So treten Grundeigenschaften von Perraults Werk zutage – auch wenn diese sich natürlich kaum je in Reinkultur kristallisieren. Manche sind so banal wie die Titel der entsprechenden Kapitel, «Tische», «Schachteln», «Umhegungen». Die drei interessantesten seien hier herausgepickt.

Eine jüngere Tendenz in Perraults Schaffen ist es, die Silhouette seiner Bauten zu verschleiern. Die «zweite Haut» ist ein Gemeinplatz im heutigen Architekturdiskurs, aber Perraults Variationen auf dieses abgegriffene Thema sind zum Teil recht ingeniös. Die mehrere hundert Meter lange Fassade der Usine Aplix in der Loire-Gegend verkleidet er mit vertikalen Metallplatten, in denen sich die Umgebung widerspiegelt, aufgrund der leicht verbeulten Oberfläche aber auch in kubistischen Figuren bricht. Vor die Hauptfassade der GKD-Fabrik in Cambridge, Maryland, stellt Perrault einen freistehenden «Wandschirm» aus halbdurchsichtigem Metallgewebe – dasselbe, das auch in der Schau verwendet (und durch GKD hergestellt) wird.

Tektonisches und Gestapeltes

Andere Bauten verschleiert Perrault, indem er ihnen buchstäblich einen Schleier überzieht. Dabei wendet er den Kunstgriff mit unterschiedlichem Gelingen an. In etlichen Fällen erfüllt dieser lediglich den Zweck, einen banalen Kastenbau zu kaschieren – beziehungsweise diesem eine interessantere Silhouette zu verleihen. So im Fall des 2010 zu eröffnenden Hotels Las Teresitas am Strand von Santa Cruz de Tenerife, bei dem sich eine Art gigantisches Moskitonetz über einen ganz kommunen Blätterteigbau stülpt, wie ihn jeder bessere Baulöwe an den Strand hingeklotzt haben könnte. Reizvoll sind hingegen die Projekte für einen «Forschungs»-Turm in Padua und den Sitz des chinesischen TV-Senders CCTV in Peking, bei denen ein knöchellanges «Abendkleid» aus Metallgewebe beziehungsweise stilisierten Sonnenschirmen unter seinen gelüpften Säumen öffentliche Plätze birgt.

Ein zweites Kapitel ist mit «Tektonik» überschrieben und versammelt Arbeiten, bei denen die Topografie die Form eines Gebäudes bestimmt. Das faszinierendste Beispiel hierfür liefert das Wettbewerbsprojekt für eine «Galizische Kulturstadt», die Perrault in einem Hügel über Santiago de Compostela vergraben wollte – bis auf einen immensen Glasquader voller schräg schwebender Spiegel, der wie ein optisches Instrument das Licht bis in die tiefsten Tiefen der Kulturstadt leiten sollte. Die wie eine monumentale Schneise aus Stein und Glas durch einen Park sich ziehende Ehwa-Frauenuniversität in Seoul und die nicht realisierte Ciudad del Motor in der aragonesischen Wüste, eine Mischung aus Rennfahrer-Vegas und Beduinen-Zeltstadt, zählen ebenfalls zu Perraults besseren Arbeiten.

Das letzte Kapitel, das erwähnt werden soll, trägt den Titel «Stapel». Das Aufeinanderstapeln geometrischer Körper kennzeichnet etliche jüngere Arbeiten des Büros. Die Wettbewerbsprojekte für die Europäische Zentralbank in Frankfurt und für den «Sanpaolo-IMI»-Turm in Turin wirken wie die Assemblagen gigantischer Quader durch ein Riesenkind. Im Fall des nicht realisierten «French Quarter»-Turms in Brisbane scheint dasselbe Kind aus Münzen unterschiedlicher Grösse zwei glänzende Schornsteine gebildet zu haben: die grösste Münze ganz unten, die kleinste ganz oben. Doch gilt auch hier: Die besten Arbeiten sind die einfachsten. Der «Fukoku»-Turm in Osaka, der 2010 vollendet sein wird, übertrifft Perraults übrige Stapel-Bauten an Raffinement: Die Fassaden dieses scheinbar klassischen Glashochhauses geraten immer stärker ins Vibrieren, je mehr sich der Blick seiner geschuppten Basis zu senkt.

[ Bis 22. September im Centre Pompidou. Katalog: Dominique Perrault Architecture. Ed. HYX, Paris 2008. 210 S. € 40.–. ]

Neue Zürcher Zeitung, Do., 2008.07.10

25. September 2007Marc Zitzmann
Neue Zürcher Zeitung

Vom Betonmonster zum Kulturzentrum

Ab 1941 erbauten die deutschen Besetzer in Saint-Nazaire eine riesige U-Boot-Basis. Die durch diesen Betonwall lang vom Meer abgeschnittene Stadt nähert sich langsam wieder ihrem Hafen an.

Ab 1941 erbauten die deutschen Besetzer in Saint-Nazaire eine riesige U-Boot-Basis. Die durch diesen Betonwall lang vom Meer abgeschnittene Stadt nähert sich langsam wieder ihrem Hafen an.

Saint-Nazaire war eine der letzten Städte Europas, die 1945 befreit wurden. Nach der Eroberung der wichtigsten bretonischen Häfen im Spätsommer 1944 wurde für die Alliierten die Einnahme der Stadt an der Loiremündung strategisch zweitrangig. Das Gros der Truppen zog weiter in Richtung Berlin und überliess die «Festung Saint-Nazaire» ihrem Schicksal. So dauerte es noch lange Monate, bis die von 28 000 feindlichen Soldaten gehaltene, 1500 Quadratkilometer grosse Enklave, in der 130 000 Zivilisten eingeschlossen waren, kapitulierte. Erst am 11. Mai 1945 übergab der Festungskommandant symbolisch seine Waffe einem amerikanischen General.

Bomben auf den Bunker

Den Alliierten, die an jenem Tag in Saint-Nazaire einzogen, bot sich das Bild einer verwüsteten Geisterstadt dar. Nach 62 Bombardierungen waren von den vormals 8000 Häusern nur noch 100 unversehrt; die Anfang 1943 mehrheitlich evakuierten Bewohner fristeten in Unterschlüpfen auf dem Land oder an der Küste ein prekäres Dasein. Grund für den Abwurf von insgesamt 3500 Tonnen Bomben über der Stadt war die ab 1941 erbaute U-Boot-Basis, mit ihren 14 Becken für insgesamt 20 U-Boote eine der grössten des Atlantikwalls. Da die Decke des 300 Meter langen, 130 Meter breiten und 18 Meter hohen Betonkubus sich als resistent gegen alle Bomben erwies, suchten die Alliierten dem Stützpunkt durch die Zerbombung der Stadt die Versorgungsbasis zu entziehen. Der Bunker hielt bis zum Kriegsende durch, aber Saint-Nazaire fiel in Schutt und Asche.

Kein Wunder, wandte die Stadt nach 1945 dem Hafen und dem dortigen Stützpunkt, der wie ein Monolith die Sicht auf das zentrale Bassin de Saint-Nazaire versperrte, den Rücken zu. Das Zentrum verlagerte sich landeinwärts, wo die Architekten der Reconstruction unter der Leitung von Jean-Noël Le Maresquier entlang dem streng orthogonalen Strassenraster um die neu geschaffene Rue de la République monotone Häuserreihen errichteten. Die geduckten Gebäude mit ihren kleinbürgerlichen Fassaden atmen den Mief der Provinz – dies im Gegensatz zur aristokratisch-grandiosen, von ozeanischen Lüften durchwehten Monumentalität des von Auguste Perret wiederaufgebauten Le Havre.

Um 1980 glich der Hafen von Saint-Nazaire einem industriellen Niemandsland – auf überwucherte Hangars und verrostete Bahngleise fiel der Schatten eines Totentempels: des U-Boot-Bunkers. Die neue «Demarkationslinie», welche die Stadt vom Hafen trennte, war umso widernatürlicher, als das einstige Fischerdörfchen sein von Zeitgenossen Mitte des 19. Jahrhunderts als kalifornisch rasant bezeichnetes Wachstum just seiner Funktion als Vorhafen von Nantes verdankte. Nach der Eröffnung des Beckens 1856 wurde Saint-Nazaire zum Sitz der Compagnie Générale Transatlantique und später zu einer der grossen Schiffsbauwerften der Welt.

Lichtspiele und Architekturprojekte

Die Regeneration der vom Niedergang der Schiffbauindustrie lange stark in Mitleidenschaft gezogenen Stadt begann vor 25 Jahren. 1982 diagnostizierte eine Studie die Gründe für Saint-Nazaires flaue, wenn nicht gar negative Identität: das mangels Zentrum einförmige Stadtbild, die fehlende Gestaltung des öffentlichen Raums, die Abgeschnittenheit vom Strand im Süden und vom Hafen im Osten. Ein 1988 auf halber Strecke der Avenue de la République von Claude Vasconi erbautes Einkaufszentrum, im Volksmund «Le Paquebot» genannt, bot allenfalls durchschnittliche Architektur, symbolisierte mit seinem nautischen Vokabular aber den Beginn der Wiederannäherung zwischen Stadt und Hafen. Und auch die Wiedergeburt der Schiffbauindustrie, dank Aufträgen für den Bau von Kreuzfahrtschiffen wie der «Sovereign of the Seas» (1985) oder der 2003 vom Stapel gelaufenen «Queen Mary 2», dem grössten Passagierdampfer der Welt.

1991 inszenierte der Lichtkünstler Yann Kersalé die allnächtliche Illumination der Docks – ein Spektakel voller bunter Lichter und geheimnisvoller Schatten und ein wichtiger Schritt, um den Hafen wieder ins allgemeine Bewusstsein zu rücken. Die eigentlichen urbanistischen Arbeiten begannen dann vor zehn Jahren mit der Lancierung eines internationalen Wettbewerbs. Der Sieger, der Katalane Manuel de Solà-Morales, liess auf dem Riesendach der U-Boot-Basis eine Terrasse mit spektakulärer Panoramasicht einrichten. Die Durchstossung der Vorder- und Rückwände von vier der U-Boot-Becken schuf einen Durchblick von der Esplanade des Antilles auf das Bassin de Saint-Nazaire. Der Vorplatz gewann mit dem Bau von Wohnungen, eines Supermarkts und eines Multiplexkinos an Urbanität.

Leider sind diese Gebäude architektonisch höchst medioker. Zwei Bauten, die nächstes Jahr an der Esplanade vollendet werden – ein Einkaufszentrum mit 93 Wohnungen auf dem begrünten Flachdach von Bernard Reichen und Philippe Robert sowie ein Hotel von Christian Hauvette –, sehen im Rohbau und erst recht auf Computerbildern ungleich überzeugender aus. Desgleichen das Projekt von Dominique Jakob und Brendan MacFarlane für den Umbau des anliegenden ehemaligen Bahnhofs, den 2010 das Stadttheater «le fanal» beziehen soll. Kubische Auswüchse über der erhaltenen klassischen Fassade werden auf Schiffscontainer anspielen.

Ein monströser Pilz über dem Hafen

Letzteres Beispiel zeigt, dass Saint-Nazaire ähnlich wie andere Hafenstädte auf Kultur setzt, um die verloren gegangene Verbindung zum Meer wieder herzustellen. Die U-Boot-Basis, deren Sprengung auf bis zu 30 Millionen Euro veranschlagt wurde, gilt nicht mehr als Last, sondern als Trumpf. Das vor sieben Jahren im Innern des Bunkers eröffnete Zentrum Escal'Atlantic bietet auf 3500 Quadratmetern einen suggestiven Parcours durch die Welt der Atlantikschiffe von einst. Nicht nur flaniert man da durch Intérieurs, die denen von – in Saint-Nazaire erbauten – Passagierdampfern wie der legendären «Normandie» nachempfunden sind. Man findet sich auch in Szenen und Ambiancen versetzt, die das Reisen auf einem Ozeanriesen sinnlich erfahrbar werden lassen: das langsame Entschwinden des Hafens bei der Abfahrt, der frische Hauch des Seewinds auf dem Promenadendeck . . .

Ganz anders die von dem Berliner Finn Geipel umgebauten Becken 13 und 14 der Basis. Unlängst wurden dort die neuen Räumlichkeiten des VIP, eines Zentrums für alle Arten von nichtklassischer Musik, und das neugegründete LIFE, eine multidisziplinäre Bühne für avancierte Kunstformen, eingeweiht. Der Umbau bewahrt bewusst das brutalistische Ambiente. Sichtbarste Eingriffe sind zum einen die Überdeckung des Beckens 14 mit einem Betonboden, über dem zurzeit farbige Laserstrahlen synchron zu elektronischen Klängen geometrische Formen in den Kunstnebel stanzen – eine hypnotisierende Installation von Edwin van der Heide. Und zum andern die Schaffung einer Treppe sowie eines Aufzugs, die zu einer nachts von innen erleuchteten Radarkuppel auf dem Dach führen. Der monströse weisse Pilz, der Hergés «Etoile mystérieuse» zu entstammen scheint, dürfte zu einem neuen Wahrzeichen der mit ihrem Hafen versöhnten Stadt werden.

Neue Zürcher Zeitung, Di., 2007.09.25



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Umnutzung U-Boot-Bunker

21. September 2007Marc Zitzmann
Neue Zürcher Zeitung

Ein Palast für die Baukunst

Im Pariser Palais de Chaillot wurde vorgestern die Cité de l'architecture & du patrimoine eröffnet. Bei aller Kritik im Einzelnen besitzt die Institution grosses Potenzial.

Im Pariser Palais de Chaillot wurde vorgestern die Cité de l'architecture & du patrimoine eröffnet. Bei aller Kritik im Einzelnen besitzt die Institution grosses Potenzial.

Auch nach mehreren Besuchen auf der Baustelle ist der Eindruck überwältigend: Unter einem 15 Meter hohen Glasdach mit dekorativ gestanzten Metallträgern zieht sich eine 170 Meter lange, gekurvte Galerie dahin, deren pompejanisch rote Wände Gipsabgüsse von Kirchenportalen, Säulen und Statuen in Originalgrösse säumen. Da ist es also, das Musée des monuments français, dessen Einweihung vorgestern den Schlussstein der etappenweisen Eröffnung der Pariser Cité de l'architecture & du patrimoine setzte (NZZ vom 4. 05. 07). Dieser ersten Galerie läuft im Süden eine zweite entlang, deren hohe Fenster auf die Jardins du Trocadéro und auf den nahen Eiffelturm blicken – und über dieser liegt noch eine dritte. Doch damit nicht genug, kommen zu den 8000 Quadratmetern der Galerien für die Dauerausstellung noch 2500 Quadratmeter für Wechselausstellungen und 1700 Quadratmeter für die lichtdurchflutete Bibliothek hinzu. Mit 21 700 Quadratmetern Nutzfläche und einem Jahresbudget von 19,5 Millionen Euro nennt sich die 80 Millionen Euro teure Cité das grösste Architekturmuseum der Welt.

Ein altes Projekt

Das Musée des monuments français blickt auf eine lange, wechselreiche Geschichte zurück, die hier überflogen sei. Eine gleichnamige, ephemere Institution war bereits in den 1790er Jahren von Alexandre Lenoir in Paris aus beschlagnahmter Kirchenkunst zusammengestellt worden; David, Ingres und Hubert Robert zählten zu den regelmässigen Besuchern. Sechzig Jahre nach der Schliessung des Hauses 1816 lebte Lenoirs Projekt eines Panoramas der Monumentalkunst vom Mittelalter bis zur Renaissance wieder auf. In dem anlässlich der Weltausstellung von 1878 erbauten Palais du Trocadéro wurde post festum ein massgeblich von Eugène Viollet-le-Duc konzipiertes Musée de sculpture comparée eröffnet, das neben Repliken in- und ausländischer Skulpturen auch Architekturmodelle zeigte.

Mit dem Umbau des Palais du Trocadéro in das Palais de Chaillot anlässlich der Weltausstellung von 1937 ging die Verwandlung des Musée de sculpture comparée in das heutige Musée des monuments français einher. Paul Deschamps, während fast eines Vierteljahrhunderts Direktor der Institution, gab 1958 der Hoffnung Ausdruck, dass es dereinst möglich sein werde, neben den Gipsabdrücken und Modellen auch Pläne, Skizzen, Karten und Fotografien zu zeigen. Mit der Übernahme des Kompetenzbereichs Architektur durch das Kulturministerium und der Schaffung einer gemeinsamen Direction de l'architecture et du patrimoine 1995 bzw. 1998 wurde die Versöhnung der hierzulande seit Jahrzehnten verfeindeten Brüder vordringlich.

Jean-Louis Cohen entwarf ein Projekt für die Fusion des kaum mehr publikumsattraktiven Monumentenmuseums mit dem 1981 gegründeten Institut français d'architecture (IFA) und der Ecole de Chaillot, welche die mit der Pflege des Bauerbes betrauten Architekten ausbildet. Aus politischen Gründen musste Cohen 2003 den Hut nehmen. Sein 2001 in dem Band «Une cité à Chaillot» vorgestelltes Projekt wurde stark überarbeitet – nicht unbedingt zum Guten. Die Eröffnung der Cité de l'architecture & du patrimoine verzögerte sich um Jahre.

Der historische Exkurs vergegenwärtigt die Sachzwänge, die auf der Gründung der Cité lasteten. Da ist zum einen der zugleich monumentale und labyrinthische Palastbau, dem sich der Architekt Jean-François Bodin trotz der Schaffung zweier spektakulärer Treppen in Rot und Rosa sowie der Einrichtung der – heikel zu bespielenden – Säle für Wechselausstellungen im Untergeschoss eher unterwarf, als dass er ihn bändigte. Und da sind zum andern die heterogenen Sammlungen, bestehend aus den Gipsabgüssen des alten Monumentenmuseums und den Modellen und Papierdokumenten des IFA.

Spagat zwischen gestern und heute

Der Spagat zwischen «patrimoine» und «architecture», materialisiert durch die beiden unteren Galeries des moulages und die Galerie d'architecture moderne et contemporaine im Obergeschoss, gerät dem neuen Museum eher wackelig. Während Erstere ein zweidimensionales, auf dekorative Einzelelemente fokussiertes Architekturbild entwerfen, ist Letztere thematisch strukturiert und sieht Gebäude als ein Ganzes an.

Die romanische Abteilung in den Galeries des moulages ist geografisch unterteilt, die gotische chronologisch. Wiewohl die Einführungstexte zu jeder Sektion Grundcharakteristiken des jeweiligen Stils herauszuarbeiten versuchen, legen die Täfelchen zu jedem Einzelwerk den Akzent auf Ikonografisches. Zudem strotzen sie vor Fachbegriffen, was das breite Publikum vergrätzen könnte. Teile weltlicher Gebäude finden sich erst ganz am Ende der Parcours, dessen zunehmend lückenhafte und aleatorische Werkauswahl bis in die 1780er Jahre führt.

Völlig anders der Ansatz der Galerie d'architecture moderne et contemporaine. Hier dienen – fast ausschliesslich gebaute – Projekte der Illustration von elf Themenkreisen. Jedem Sujet ist ein 7 mal 4 Meter grosser Tisch zugeordnet, dessen Dimensionen jene der Galerie reflektieren. Dort finden sich jeweils ein dreisprachiger Einführungstext und rund zehn Exempel zum betreffenden Thema. Das Kapitel «Industrialisieren heisst Bauen» etwa illustrieren Eugène Beaudouins und Marcel Lods Cité de la Muette in Drancy und Jean Prouvés Maison du désert. In der Sektion «Kulturbauten» finden sich Henri Labroustes Bibliothèque Sainte-Geneviève und Dominique Perraults Mediathek in Vénissieux. Für Repräsentationsbauten stehen die Justizpaläste von Jean Nouvel, Christian de Portzamparc und Richard Roger in Nantes, Grasse und Bordeaux. Jedes Werk wird mit einem stupenden Modell, einem gut lesbaren Kurztext, einer Foto, einer Karte und oft auch mit Filmszenen sowie auf Bildschirmen abrufbaren Zeichnungen und Plänen dokumentiert – exemplarisch. Clou des Parcours ist ein in Originalgrösse nachgebautes Appartement aus Le Corbusiers Unité d'habitation in Marseille.

Lücken und Potenziale

Dass die Galerie sich ausschliesslich auf französische Architekten und auf die hiesigen Arbeiten einer Handvoll ausländischer Baumeister konzentriert, ist vertretbar – schliesslich trägt das Musée des monuments français die Beschränkung bereits im Namen und vermag so auch die Gefahr der Verzettelung zu bannen. Irritierender ist, dass im «grössten Architekturmuseum der Welt» nicht nur Namen wie Wright, van der Rohe und Aalto fehlen, sondern auch solche wie Delorme, Fontaine, Gabriel, Hittorff, Ledoux, Mansart, Percier, Soufflot und Le Vau. Das hängt mit der enormen Lücke zusammen, die in den Sammlungen zwischen Spätmittelalter und Neuzeit klafft und die auch Wechselausstellungen wie jene über Vauban ab November wohl nur behelfsmässig zu stopfen vermögen werden. Aber angesichts dessen wirkt es doch etwas befremdlich, dass im Westpavillon riesige Räumlichkeiten für die Zurschaustellung von zwischen 1937 und 1975 realisierten Kopien mittelalterlicher Wandmalereien bereitgestellt werden konnten. Diese wirken trotz akribischer Restauration bloss wie Kuriosa.

Bei aller Kritik im Einzelnen: Die Cité de l'architecture & du patrimoine ist eine ganz neuartige Institution mit enormem Potenzial. Wie sie dieses zu nutzen vermag, muss sich noch weisen.

Neue Zürcher Zeitung, Fr., 2007.09.21

04. Juli 2007Marc Zitzmann
Neue Zürcher Zeitung

Walkürenritt im Mayatempel

Das südfranzösische Opernfestival bot heuer zwei Neuheiten: die Einweihung eines Theaterbaus und Bernard Foccroulles Amtsantritt als Intendant. Erstere enttäuschte, Letzterer verspricht viel.

Das südfranzösische Opernfestival bot heuer zwei Neuheiten: die Einweihung eines Theaterbaus und Bernard Foccroulles Amtsantritt als Intendant. Erstere enttäuschte, Letzterer verspricht viel.

Das Gebäude sei «une métaphore de la montagne», erklärt Paolo Emilio Coalo bei einem Rundgang durch das Grand Théâtre de Provence (GTP). Abgesehen davon, dass das Wort «Metapher» nicht ganz zutrifft: Das am 29. Juni eingeweihte Bühnenhaus von Aix-en-Provence tritt weder in Dialog mit der von Cézanne verewigten Montagne Sainte-Victoire, wie der Architekt des Mailänder Büros Gregotti Associati International rühmt, noch gleicht sein Umriss dem eines Bergs. Allenfalls evoziert das GTP eine Trutzburg oder einen in Stufen ansteigenden Hügel, je nachdem, von welcher Seite man sich ihm nähert. Im Norden und im Westen ist das rechteckige Baugelände von einer Hauptstrasse umschlossen, im Süden von einer überdeckten Eisenbahnbrücke, über die künftig die neugeschaffene Avenue Mozart führen wird. Auf diesen Seiten evoziert der Bau mit seinen hohen und oft langgezogenen Wänden, die von beige-gelblichen Sandsteinplatten getäfelt und hier und da durch schartenartige Fenster durchbrochen sind, eine Festung.

Verpasste Chance für Aix-en-Provence

Im Osten hingegen gemahnt das GTP mit seinen vier Terrassen, die über zwei Treppen und eine Rampe miteinander verbunden sind, an einen stilisierten Mayatempel. Die urbanistische Einbindung mag angesichts des schwierigen Kontexts (Strasse, Bahnviadukt, 12-Meter-Gefälle zwischen Norden und Süden) leidlich gelungen sein. Und in akustischer Hinsicht wird sich die Abfederung der Trägerstrukturen durch 350 spezielle Vibrationsdämpfer wohl auszahlen. Aber ein architektonischer Wurf wie sein unmittelbarer Nachbar, der im Oktober eingeweihte Pavillon noir von Rudy Ricciotti, in dem das von Angelin Preljocaj geleitete Centre chorégraphique national residiert, ist das GTP sicher nicht.

Das bestätigt sich auch im Innern. Über einen von hohen Mauern eingefassten runden Patio, in dem man sich vorkommt wie Daniel in der Löwengrube, gelangt man zur Eingangshalle, an die links das schlauchartige Foyer anschliesst. Der Boden aus poliertem Carrara-Marmor und das grelle, kalte Licht kreis- oder schlangenförmig angeordneter Leuchtstäbe erzeugen hier eine ausgesprochen ungastliche Atmosphäre. Das stumpfe Braunrot der Säulen findet sich auch bei den (bequemen) Sitzen des «italienischen» Saals wieder, während die holzgetäfelten Wände der drei umlaufenden Balkone eine Spur mehr gelblich getönt sind - eine höchst unglückliche Farbabstufung. Gewellte Vorhänge über dem obersten Balkon und über dem Leuchter in Form eines überdimensionierten Heiligenscheins verstärken den konsternierenden Gesamteindruck.

Denkt man an die je von einer ganz eigenen Handschrift gekennzeichneten Bühnenhäuser, die in den letzten Jahren etwa von Santiago Calatrava für Teneriffa, Rem Koolhaas für Porto oder Paul Robbrecht und Hilde Daem für Brügge entworfen wurden - um nur mittelgrosse Säle zu nennen, die wie das GTP von klassischer Musik bis zu Rap, Chanson und Tanz die verschiedensten Genres bedienen -, hat Aix-en- Provence mit dem 44,5 Millionen Euro teuren (und zu drei Vierteln lokal finanzierten) Theaterbau klar eine Chance verpasst. Was erst recht für die unmittelbare Umgebung gilt: das seit 1992 aus dem Boden gestampfte Viertel Sextius- Mirabeau südwestlich der zentralen Place de la Rotonde. Neben 1800 unterirdischen Parkplätzen wurden hier eine Einkaufsstrasse mit den üblichen Ketten sowie Residenzgebäude mit etlichen zehntausend Quadratmetern Wohnfläche erbaut. Auch hier war Vittorio Gregottis Agentur massgeblich beteiligt - wofür man ihr angesichts des banal-pompösen Resultats wahrlich kein Lob aussprechen kann.

Einweihung mit Wagners «Walküre»

Die Daseinsberechtigung des GTP zeigte sich am Eröffnungsabend des Festivals: Richard Wagners «Walküre» ist in einem überdachten Saal mit einem Orchestergraben, der bis zu 105 Musikern Platz bietet, zweifellos besser aufgehoben als im Innenhof des erzbischöflichen Palastes. Dort war letztes Jahr mit «Rheingold» die gemeinsam mit den Salzburger Osterfestspielen unternommene ambitiöse «Ring»-Produktion lanciert worden. Die «Walküre»-Aufführung hinterliess einen zwiespältigen Eindruck. Die Berliner Philharmoniker spielten bis auf wenige Patzer der Blechbläser so brillant, wie man es von diesem Orchester gewohnt ist, aber das Sängerensemble war bloss ehrbar, und Simon Rattles Dirigat wirkte bei aller Flüssigkeit und Plastizität immer wieder auch etwas unverbindlich.

Intendantenwechsel und neue Akzente

Die Akustik bedarf sicher noch der Justierung: Das Orchester klang präsent, aber farblich etwas matt, die Stimmen der Sänger wirkten zum Teil wie elektronisch verfremdet. Wenig überzeugend endlich Stéphane Braunschweigs Inszenierung. Der Regisseur ist bekannt für seinen sensiblen Umgang mit Bühnenwerken, und sein Gespür für Psychologisches erwies sich auch hier als eine Wünschelrute zur Erschliessung des Innenlebens mancher Figuren - etwa jener Sieglindes, die durch eine leitmotivisch eingesetzte Schaukelgeste mit verschränkten Armen sehr feinfühlig charakterisiert wurde. Aber oft illustrierte Braunschweig bloss am Text entlang - im Fall des «Walkürenritts» ziemlich plump -, ohne dass auch nur der Ansatz einer Deutung erkennbar wurde.

Neben der Einweihung des Grand Théâtre gab es heuer noch eine zweite Neuheit am Festival: Bernard Foccroulles Amtsantritt als Intendant. Im Gespräch erklärt der langjährige Brüsseler Operndirektor, er wolle an den grossen Linien der 1998 durch seinen Vorgänger Stéphane Lissner definierten Programmpolitik festhalten, im Detail aber eigene Akzente setzen. So soll die Pflege des heutigen Musikschaffens mit jährlich «mindestens einer» Uraufführung intensiviert werden - bereits vergeben wurden Kompositionsaufträge an Pascal Dusapin und George Benjamin. Des Weiteren hat Foccroulle im Rahmen der von Lissner gegründeten Académie européenne de musique ein Atelier Opéra en création ins Leben gerufen, dessen Ziel es ist, zwölf junge Komponisten, Schriftsteller, Regisseure, Choreografen, bildende Künstler usw. in Kontakt zu bringen und ihnen - heuer unter der Leitung von Dusapin - einen Einblick in die Vielfalt der Prozesse zu vermitteln, die zum Entstehen einer Opernaufführung nötig sind.

«Pädagogik» war schon in Brüssel ein Hauptwort von Foccroulles Vokabular und wird es auch in Aix-en-Provence bleiben. Nicht nur finden die Meisterklassen der Académie mit der Spezialisierung auf Mozart-Gesang und der Betreuung der jungen Instrumentalisten durch Mitglieder der Berliner Philharmoniker eine Neuausrichtung. Auch die Zahl der im schulischen Rahmen angesprochenen potenziellen Besucher von morgen will der neue Intendant in den ersten drei Jahren seines Wirkens auf 3200 verzehnfachen.

Neue Zürcher Zeitung, Mi., 2007.07.04

24. November 2006Marc Zitzmann
Neue Zürcher Zeitung

Höhle mit leuchtender Aura

Die ersten Skizzen für die Eglise Saint- Pierre in Firminy legte Le Corbusier 1961 vor. Das postum vollendete Werk ist der Schlussstein eines im Geist der «Charta von Athen» entworfenen Stadtviertels.

Die ersten Skizzen für die Eglise Saint- Pierre in Firminy legte Le Corbusier 1961 vor. Das postum vollendete Werk ist der Schlussstein eines im Geist der «Charta von Athen» entworfenen Stadtviertels.

Um Gott näher zu kommen, erklärte Le Corbusier einmal, müsse man sich anstrengen. Im Fall der Eglise Saint-Pierre, die heute Freitag in Firminy bei Saint-Etienne eingeweiht wird, ist das ganz konkret im körperlichen Sinn zu verstehen. Der Weg zu der auf einem künstlichen Hügel erbauten Kirche führt über eine Rampe zu einer Betonbrücke, die bis zum Portal aufsteigt. Eine kurze Verschnaufpause auf dem balkonartigen Vorplätzchen gestattet es, einen Blick auf die Umgebung zu werfen. Rechts das kleinteilige Gefüge der alten Stadt, wegen ihrer schwerindustriellen Vergangenheit auch Firminy-Noir genannt. Links das ab Mitte der fünfziger Jahre erbaute Viertel mit dem programmatischen Namen Firminy-Vert: viel Grün und herbstliches Gelb, durch das hindurch die Umrisse von Mietskasernen und anderen kastenförmigen Bauten sich abzeichnen.

Beton und buntes Licht

Die Kirche steht zwischen diesen beiden Stadtlandschaften wie ein Fremdkörper. Von der kleinbürgerlichen Banalität des schwarzen Firminy setzt sie sich ebenso markant ab wie von dem standardisierten Rationalismus des grünen Firminy. Aus der Ferne mag sie an ein Kernkraftwerk erinnern: eine gedrungene Betonpyramide mit abgerundeten Kanten und schräg abgekappter Spitze. Aus der Nähe freilich strafen viele Details diesen ersten Eindruck Lügen: der grosszügig verglaste quadratische Unterbau, dessen Leichtigkeit die Massivität des unregelmässigen Pyramidenkörpers aufwiegt; skulpturale Fassadenelemente wie der parabolische Bogen auf der Westseite und die den ganzen Bau wie ein Gürtel umlaufende Regenrinne sowie die vier geometrischen Körper, die die fensterlosen Fassaden durchbrechen.

Viele dieser Elemente offenbaren ihre Bestimmung erst im Innern: Sie bringen Licht in den Riesenraum, der tagsüber ohne künstliche Beleuchtung auskommt. Die Vielfalt der Lösungen, die Le Corbusier hier findet, ist bewundernswert. Licht kommt also von allen Himmelsrichtungen, von oben und von unten her. Aber es ist ein indirektes und meist kräftig verfärbtes Licht. Der Kirchenraum gleicht einer zugleich nüchternen und auratischen Höhle, die die Kontraste zwischen hell und dunkel, grau und bunt, klar und diffus raffiniert ausreizt. Der bestimmende Eindruck ist freilich der einer gewollten Strenge: die Wände unverputzt, die Böden matt geschliffen, der quaderförmige Altar und die Kanzel - eine Rohbau-Treppe mit seitlichem Balkon - aus weissem Beton, die Holzbänke fast spartanisch. Das verbreitete Zerrbild von Le Corbusier als einem seelenlosen Technokraten straft die jansenistische Spiritualität der Kirche Lügen.

Die Kirche als Kunsttempel

Ob in der Kirche regelmässig Gottesdienste stattfinden werden, ist ungewiss. Fest steht hingegen, dass der zweigeschossige Unterbau, ursprünglich als Pfarrwohnung und als Ort für Gemeindeaktivitäten gedacht, einen Ableger des Musée d'art moderne von Saint-Etienne beherbergen wird. Die betongraue Raumfolge mit ihrer Flut von Tageslicht, ihren Treppen und Stufen, ihren Durchgängen und Durchblicken sowie den in Anlehnung an den Kirchenraum rot, gelb, grün und kobaltblau gefärbten Zwischendecken dürfte nicht leicht zu bespielen sein. Jacques Beauffret, der Chefkonservator des Museums, umreisst im Gespräch das Programm: «Der Parcours wird Säle über Le Corbusiers Verhältnis zur modernen Bewegung und zur Kirchenbaukunst, über sein künstlerisches Werk, sein ‹Poème de l'angle droit› enthalten. Neben Zeitdokumenten werden wir dort auch hochkarätige Originalwerke zeigen.» Die Eröffnung erfolgt im Frühjahr.

Zwischen den ersten Skizzen und der heutigen Einweihung der Kirche sind über 45 Jahre vergangen. Die Baugeschichte liest sich wie eine Liste von Pannen und Pleiten: Le Corbusier ertrank 1965 noch vor der Grundsteinlegung, die katholische Kirche zog sich 1972 von dem Projekt zurück, das beauftragte Bauunternehmen machte vier Jahre später Bankrott, mangels Geld blieb der Rohbau ein gutes Vierteljahrhundert lang unüberdacht. Es ist massgeblich der Hartnäckigkeit der Association Le Corbusier pour l'Eglise de Firminy-Vert zu verdanken, dass nun endlich unter der Leitung von Le Corbusiers einstigem Mitarbeiter José Oubrerie die Pyramide über den Unterbau erhoben wurde. Laut Yvan Mettaud, dem Stadtkonservator für das Bauerbe, beliefen sich die Gesamtkosten auf 7,6 Millionen Euro.

Aber ist die Kirche, die künftig vor allem als ein Ausstellungsort mitsamt den dazugehörigen - aber ursprünglich nicht vorgesehenen - Einrichtungen wie Klimaanlage, Verkabelung und Aufzug genutzt wird, überhaupt noch als ein Werk des Schweizer Architekten zu bezeichnen? In einem Gutachten für die Fondation Le Corbusier bejahte der Architekturhistoriker Gilles Ragot die Frage: Trotz «substanziellen Modifizierungen» respektiere der Bau «unzweifelhaft das Konzept, die Proportionen und die Silhouette von Le Corbusiers Vorentwurf». Vor allem setze seine Vollendung den Schlussstein des städtebaulichen Entwurfs für Firminy-Vert.

Denn Le Corbusier hat für das Viertel in seinem letzten Lebensjahrzehnt nicht nur eine Kirche, sondern auch ein Stadion, ein Kulturzentrum und eine Wohnmaschine entworfen - sein grösstes städtisches Ensemble nach Chandigarh in Indien. Der Masterplan für Firminy-Vert stammt nicht von ihm, sondern von Mitarbeitern seines Freundes Eugène Claudius-Petit, des früheren Ministers für den Wiederaufbau, der 1953 Bürgermeister des 26 000-Seelen-Städtchens wurde. Aber vieles scheint Le Corbusiers «Charta von Athen» entlehnt: die Trennung von Strassen und Gehwegen, die Errichtung vielstöckiger Wohnbauten inmitten weiter Grünflächen . . .

Auf der Unesco-Weltkulturerbe-Liste?

Bei einer Führung durch die drei genannten Bauwerke lässt sich erkennen, was sich in ihnen bewährt hat - und was nicht. Im Espace Le Corbusier, der früheren Maison de la culture, stehen im Obergeschoss bunte Plasticeimer herum - das Hängedach mit seinen auf Metallseilen ruhenden Betonplatten, wiewohl erst 1990 renoviert, ist schon wieder undicht. Und der Kindergarten auf dem Dach der Unité d'habitation mit seinem Pausenhof 50 Meter über dem Boden wurde 1999 aus Sicherheitsgründen geschlossen. Dagegen beeindrucken in einer der Wohnungen die Lichtfülle und die doppelte Deckenhöhe - zwei Topoi, die im Sozialwohnbau wieder ganz aktuell sind. Das touristische Potenzial von Firminy-Vert ist beträchtlich: Mettaud rechnet nach der Einweihung der Kirche mit 100 000 Besuchern im Jahr. Glückt die nächstes Jahr von fünf Ländern - darunter Frankreich und die Schweiz - bei der Unesco geplante Eingabe, 21 Bauwerke von Le Corbusier auf die Weltkulturerbe-Liste zu setzen, könnten die neuen Hotelzimmer in der Wohnmaschine gar permanent ausgebucht sein.

Neue Zürcher Zeitung, Fr., 2006.11.24



verknüpfte Bauwerke
Kirche Saint-Pierre de Firminy

13. November 2006Marc Zitzmann
Neue Zürcher Zeitung

Raum und Intimität in der Megalopolis

Eine eher konventionelle 7. Ausgabe von ArchiLab in Orléans

Eine eher konventionelle 7. Ausgabe von ArchiLab in Orléans

ArchiLab, die Schau für experimentelle und zukunftsweisende Architektur des Fonds Régional d'Art Contemporain du Centre, wartet stets mit Überraschendem, Anregendem, auch Irritierendem auf. Die siebte Ausgabe der zur Biennale gewordenen Veranstaltung ist jetzt allerdings ungleich braver ausgefallen als ihre Vorgängerinnen. Liegt das daran, dass erstmals ein Länderschwerpunkt gesetzt wird - und dass Japan nicht mehr unbedingt ein Land ist, das mit avantgardistischen Verrücktheiten Aufsehen erregt? Liegt es daran, dass diesmal fast ausschliesslich realisierte Projekte gezeigt werden - und diese zwangsläufig räsonabler wirken als hochfliegende Entwürfe und Computersimulationen? Oder liegt es einfach am Thema: kleinformatige (Wohn-)Bauten, die «sich in der Stadt einnisten»?

Bewohnbares Puppenhaus

«Faire son nid dans la ville», die von Akira Suzuki und Mariko Terada kuratierte Ausstellung im Site des Subsistances Militaires in Orléans, zeigt Arbeiten von Architekten, die fast alle in den sechziger Jahren geboren wurden. Ein paar Projekte fallen wegen ihrer ländlichen Lage oder wegen ihrer Grösse und ihres Typus - Bahnhöfe oder Museen - aus dem Rahmen und wären besser weggelassen worden. Bei der Mehrzahl der Bauten handelt es sich um Einzelhäuser, die in und um Tokio auf knappstem Raum für verhältnismässig wenig Geld erbaut wurden.

Japans Hauptstadt besteht - abgesehen von einigen Hochhausquartieren - aus einem schier endlosen Meer von niedrigen und meist freistehenden Einfamilienhäusern. Die Kombination von enormer Bevölkerungszahl und relativ geringer Verdichtung erklärt die gewaltige Ausdehnung dieser «Megalopolis mit Dorfcharakter». Sie erklärt auch mit, weswegen Grundstücke oft teurer sind als die Gebäude, die darauf stehen, und warum jede auch noch so unbequem zu bebauende Parzelle genutzt wird. Einen Extremfall - aber keinen Einzelfall - bildet etwa Kazuko Akamatsus «House YK/Islands» (2005): ein 40 Meter langer und nur 4 Meter breiter Einheitsraum, in dem Bad, Küche und Wohn-/Esszimmer ineinander übergehen und die Zimmer auf zwei Mezzanine verlegt sind.

Viele der Bauten haben eine Grundfläche von weniger als 40 Quadratmetern, müssen also in die Höhe gehen, um genügend Raum für eine Familie zu bieten. Ein originelles Beispiel ist der fünfstöckige «House Tower» (2006) des Ateliers Bow- Wow, der auf einer Grundfläche von lediglich 18 Quadratmetern gut 65 Quadratmeter Nutzfläche bietet. Eine hängende Treppe durchschneidet den Turm senkrecht, die Stockwerke auf beiden Seiten sind in der Höhe verschoben, so dass sich ungewöhnliche Raumperspektiven ergeben. Inwieweit das bewohnbare Puppenhaus freilich alltagstauglich ist, fragt man sich hier ebenso wie bei Oki Satos «Drawer House» (2003), in welchem alles Funktionale in riesigen Schubladen untergebracht ist: Bett, Bücherbord und Badewanne werden aus der Wand gezogen.

Abkapselung oder Exhibition?

Für viele Häuser stellt sich das Problem des Lichtmangels. Yuko Nagayamas «House on a Hill» (2006) ist zwischen einer Strasse und drei Nachbargebäuden derart eingeengt, dass der Architekt es ringsum durch hohe Mauern abgeschirmt hat. Tageslicht kommt nur von oben und indirekt: Durch ein nach Süden hin geneigtes weisses Dach wird es in einen verglasten Patio reflektiert, der es in die übrigen Räume weiterleitet. Noch radikaler verschliesst sich Masaki Endohs «Natural Ellipse» (2002) gegen die Aussenwelt: Den eiförmigen Turm umgibt eine Haut aus weissem Kunststoff, die nur wenige Fenster durchbrechen. Nach oben hin öffnet sich der Bau zu einem Krater, dessen Glasboden das Licht über eine Wendeltreppe bis zum Untergeschoss führt.

Diese Art von Abkapselung ist für die dokumentierten Arbeiten allerdings untypisch. Die meisten zeigen sich von einer nach europäischem Empfinden schon fast exhibitionistischen Offenheit. Zwischen den Räumen von Kazuyo Sejimas «Haus im Pflaumenhain» (2003) befinden sich zahlreiche unverglaste und türlose Öffnungen, durch welche die Familienmitglieder ständig in Kontakt miteinander stehen. Sind die raumhohen Läden von Mikio Tais «Paravent-Haus» (2002) zusammengefaltet oder jene von Shigeru Bans «Glasladen-Haus» (2003) hochgezogen, ist von der Strasse aus so ziemlich alles zu sehen, was sich im Innern abspielt.

Noch weniger Intimität bieten zwei faszinierende, aber auch leicht beunruhigende Kuben von Yasuhiro Yamashita: «Crystal Brick» besteht ganz aus Glasziegeln, «Cell Brick» (beide 2004) aus übereinandergestapelten Stahlkästen, zwischen denen verglaste Scharten die visuelle Trennung zwischen innen und aussen aufheben. Ob endlich Ryue Nishizawas «Moriyama House» (2005) selbst nach japanischen Kriterien bewohnbar ist? In zehn freistehenden und mit riesigen Fenstern versehenen Stahlkuben unterschiedlicher Grösse befinden sich fünf Mietwohnungen, zwei Küchen, zwei Bäder und ein Dienstraum. Gibt es wirklich Architekturfanatiker, die bereit sind, vor dem Blick allfälliger Passanten vom Wohnkubus zum Badkubus oder zum Küchenkubus zu pilgern?

[ Bis 23. Dezember. Katalog: Editions HYX, Orléans 2006. 296 S., Euro 45.-. ]

Neue Zürcher Zeitung, Mo., 2006.11.13

04. September 2006Marc Zitzmann
Neue Zürcher Zeitung

Kultgegenstände als Kunst-Preziosen

Das neue Pariser Museum für aussereuropäische Kunst wird kontrovers beurteilt. Ausgehend von vertieften Besuchen vor Ort und von Gesprächen mit Spezialisten, soll im Folgenden eruiert werden, welche Kritiken an der Institution berechtigt sind und welche nicht.

Das neue Pariser Museum für aussereuropäische Kunst wird kontrovers beurteilt. Ausgehend von vertieften Besuchen vor Ort und von Gesprächen mit Spezialisten, soll im Folgenden eruiert werden, welche Kritiken an der Institution berechtigt sind und welche nicht.

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verknüpfte Bauwerke
Musée du Quai Branly

19. August 2006Marc Zitzmann
Neue Zürcher Zeitung

Gesamtkunstwerk Ausstellung

Immer mehr Architekten beschäftigen sich mit Ausstellungs-Szenographien. Eine anregende Schau im Pariser Pavillon de l'Arsenal zeigt 115 für verschiedene Institute entworfene Inszenierungen.

Immer mehr Architekten beschäftigen sich mit Ausstellungs-Szenographien. Eine anregende Schau im Pariser Pavillon de l'Arsenal zeigt 115 für verschiedene Institute entworfene Inszenierungen.

Der Pavillon de l'Arsenal in Paris ist ein wunderbarer Ort. Es sind dort - gratis - die anregendsten und lehrreichsten Architektur- und Urbanismus- Ausstellungen der Kapitale zu sehen. Ein Markenzeichen der städtischen Institution ist es, die Szenographien ihrer Schauen Architekturbüros anzuvertrauen. Fünfzig solche «Scénographies d'architectes», die das Zentrum seit seiner Eröffnung 1988 in Auftrag gegeben hat, werden derzeit in einer Retrospektive gezeigt. Darunter finden sich so originelle Inszenierungen wie der ironisch- pompöse Repräsentationsraum im Stil des Second Empire, in welchen Pierre Schall den Pavillon 1991 für die Ausstellung «Paris-Haussmann» verwandelte, die Lagerhalle voller Holzkisten und -möbel, die Patrick Berger und Frédéric Bonnet 1994 für «Le bois: essences et sens» schufen, oder Shigeru Bans Labyrinth aus Schlumpfmützen-Zelten, Papprollen-Paravents und einem Papiertunnel für «L'Archipel métropolitain» (2003).

Variationen über ein klassisches Thema

Doch statt sich selbst auf die Schulter zu klopfen, zeigt das Zentrum diese fünfzig hauseigenen Architekten-Szenographien auf zwanzig Bildschirmen am Rand der Schau. Den Mittelpunkt der Ausstellung bilden 65 Arbeiten, die für andere Institutionen in Frankreich und im übrigen Europa geschaffen wurden. Aus diesen seien einige Beispiele herausgegriffen, die die drei am prominentesten vertretenen Typen von Architekten-Szenographien illustrieren.

Den ersten Typus könnte man als «klassisch» bezeichnen, bietet er doch Variationen über das typische Ausstellungsmöbel, den Tisch. Er ist vor allem bei grossen Architekten beliebt. So bestand die Retrospektive von Herzog & de Meuron im Basler Schaulager (2004) hauptsächlich aus unregelmässig im Raum verteilten Tischen von unterschiedlicher Grösse, auf denen Modelle auslagen. Renzo Piano liess bei seiner Werkschau im Centre Pompidou (2000) insgesamt 22 verglaste Holzrahmen wie Riesentablette an feinen Seilen von der Decke hängen. Die originellste Variation bot jedoch am selben Ort Thom Maynes diesjährige Werkschau (NZZ 5. 5. 06): ein begehbares, leicht ansteigendes Podest aus 170 von einer Aluminiumstruktur gefassten Glasplatten, unter denen Modelle, Pläne und Videomonitore ausgebreitet waren.

Erstaunlicherweise bezog - zumindest den gelieferten Informationen nach zu urteilen - keine der Szenographien den Kontext wirklich mit ein. Das ist umso erstaunlicher, als viele der Schauen nicht in einem White Cube stattfanden, sondern in Räumlichkeiten mit einer markanten Innenarchitektur: in Kirchen, Industriegebäuden, Museen des 19. und frühen 20. Jahrhunderts. Etliche Architekten versuchten, diesen (irritierenden?) Kontext geradezu auszublenden, indem sie für die Exponate einen «Raum im Raum» schufen - oder gleich deren mehrere.

In seiner Werkschau im Nederlands Architectuur Instituut in Rotterdam liess Daniel Libeskind 1997 den Besucher durch ein Labyrinth aus stahlblechbeplankten Wänden irren, die gleichsam bei der Explosion im Raum festgefroren waren. Peter Eisenman hingegen zog 2004 in die grosse Ausstellungshalle des Wiener Museums für Angewandte Kunst (MAK) eine niedrige Zwischendecke ein und stellte dreissig quaderförmige Pfeiler auf, deren Inneres die Exponate seiner Retrospektive barg. Und für die Kunstausstellung «Vision machine» legte Lars Spuybroek im Jahre 2000 einen weissen Riesenraupen-Tunnel durch das imposante Atrium des Musée des beaux-arts von Nantes. Das begehbare, mit einer leicht transparenten Wollhaut bezogene Sperrholz-Gerippe des Tunnels war mit Gemälden und Fotos behangen.

Solche Arbeiten nähern sich dem dritten Typus an, der die Szenographie als Installation, als eigenständiges Kunstwerk versteht. Bei der von Peter Cook, Dennis Crompton und David Greene gestalteten Archigram-Rückschau im Londoner Design Museum (2004) ist es kaum mehr möglich, Exponate und Szenographie zu unterscheiden. Die im Herbst 2000 von Coop Himmelb(l)au in der Neuen Galerie Graz realisierte Ausgestaltung der Rudi-Gernreich-Ausstellung «Fashion will go out of fashion» wirkte mit ihren aus dem Boden wachsenden enigmatischen Videomöbeln, den von der Decke hängenden überdimensionierten Metallhauben und den flimmernden Raumhüllen, welche mit Artikeln und Fotos aus Modemagazinen tapeziert waren, mindestens ebenso aufregend wie die Kreationen des Couturiers.

Kurvenreiche Raumskulptur

Unendlich poetisch mutet Toyo Itos Eingebung an, für seine Werkschau in Vicenza (2001) durch die abgedunkelte Basilica Palladiana zweiundzwanzig hohe Säulen aus einem von oben bestrahlten halbtransparenten Stoff schweben zu lassen - wie leuchtende Tornados, in deren Auge je ein Projekt ruht. Geradezu futuristisch wirkt dagegen die von Zaha Hadid für ihre Retrospektive im MAK (2003) geschaffene Installation «Ice Storm», eine zugleich kanten- und kurvenreiche Raumskulptur, die man am ehesten als einen durch Magmaglut zum Schmelzen gebrachten Gletscher umschreiben könnte.

«Scénographies d'architectes» ist nicht die gelungenste Ausstellung des Pavillon de l'Arsenal. Christine Desmoulins' Auswahl fehlt es an Stringenz: Warum etwa wurde der ephemere «Pavilion 2005» von Alvaro Siza und Eduardo Souto Moura für die Londoner Serpentine Gallery mit aufgenommen, in dem nichts ausgestellt war? Die grosse Zahl der gezeigten Arbeiten verunmöglichte es, jede einzelne hinreichend zu dokumentieren. Ihre alphabetische Reihung nach Architektennamen wirkt eher denkfaul. Und die für die Ausstellung gewählte Szenographie von Dominique Perrault - rund drei Dutzend identische Leuchttafeln, die auf jeder Seite ein Projekt vorstellen - hält dem Vergleich mit den meisten präsentierten Arbeiten nicht stand. Dennoch: Das Thema ist fesselnd und seine Behandlung zumindest befriedigend. Reiseunlustigen sei der Katalog empfohlen: Dieser übernimmt fast sklavisch genau die Texte und Bilder der Schau.

[ Bis 22. Oktober. Katalog: Scénographies d'architectes. Editions du Pavillon de l'Arsenal, Paris 2006. 488 S., 38 Euro. ]

Neue Zürcher Zeitung, Sa., 2006.08.19

23. Juni 2006Marc Zitzmann
Neue Zürcher Zeitung

Ein neues Museum von Weltrang für Paris

Heute wird in Paris das Musée du Quai Branly eröffnet. Der Neubau von Jean Nouvel und die darin gezeigten Werke der Stammeskunst aus aller Welt bilden eine staunenswerte Einheit.

Heute wird in Paris das Musée du Quai Branly eröffnet. Der Neubau von Jean Nouvel und die darin gezeigten Werke der Stammeskunst aus aller Welt bilden eine staunenswerte Einheit.

Eine Szene wie aus einem Klamaukstreifen: In dem kurzen Schwarzweissfilm schleicht ein Eskimo über die Arktis, schnuppert an einem Eisloch, schwenkt die Harpune und schiesst - ins Schwarze! Das Seil spannt sich, der Jäger stemmt die Beine, es zieht ihn zum Loch hin, der Inuit schlittert auf das Loch zu, bringt mit Müh und Not den Strick zum Stillstand, endlich spurten ein paar Helfer herbei und hieven aus dem Loch: eine formidabel fette Robbe! Der Museumsbesucher, mit Schalk sei's gesagt, gleicht oft einer solchen Riesenrobbe: dümpelt am liebsten in seinem Loch vor sich hin und frisst sich mit der immergleichen Kost einen geistigen Speckgürtel an: Masaccio, Manet, Matisse im Sommer, Rembrandt, Reynolds, Renoir im Winter. Ihn aus seinem Loch zu hieven, ihm zum Beispiel etwas derart Ungewohntes wie Stammeskunst schmackhaft zu machen, braucht schon einige Zugkraft.

Erster Pariser Museumsneubau seit 1977

Das Musée du Quai Branly in Paris, das sich heute dem Publikum vorstellt, wird diese Zugkraft nötig haben. Wiewohl sich weltweit eine zunehmende Zahl von Kunstfreunden für Stammeskunst interessiert, lässt sich allein mit deren Besuchen wohl kaum die erhoffte Million Billette pro Jahr verkaufen. Das Profil der Besucher wird also sehr breit gefächert sein müssen, und den meisten von ihnen dürften die Namen der exotischen Herkunftsorte der Exponate wenig sagen. Noch weniger jedenfalls als die von Masaccio, Manet und Matisse, an deren Werken im Louvre, im Musée d'Orsay beziehungsweise im Centre Pompidou Scharen von Touristen vorbeieilen. Wie diese Institutionen zählt das Musée du Quai Branly, der erste hauptstädtische Museumsneubau seit dem 1977 eröffneten Centre Pompidou, zur Kategorie der Global Players unter den Museen.

Trumpf des Museums ist die Architektur von Jean Nouvel. Die Fusion von Form und Inhalt ist hierzulande beispiellos. Am Quai Branly, der an der Seine entlang von der Esplanade des Invalides zum Eiffelturm führt, empfängt den Besucher eine 12 Meter hohe geschwungene Glaspalisade mit Pflanzen-Serigraphien, hinter der kleine Pfade durch eine Hügellandschaft mäandern. Diese führen zur Museumsgalerie, einem 220 Meter langen, geknickten Kastenbau, der zum grössten Teil auf 26 aleatorisch verteilten Pfeilern steht. Alle Metallstrukturen verschwinden unter einem Verputz aus Pflaster und Kalk, wie auch im Innern die baumartigen Pfeiler in Naturtönen gehalten sind. Markant stechen aus dieser Nordfassade, auf deren 1500 Glasrauten blaugrüne Landschaftsbilder gedruckt sind, dreissig auskragende «Schachteln» heraus. Diese sind mit Holzpaneelen in kräftigen Farben verkleidet und formen im Innern der Galerie kleine Kammern. Das Ganze evoziert Hütten vor einem Urwald.

Unter der 10 Meter hohen Galerie hindurch gelangt der Besucher zu einem Tal, das zum Haupteingang führt. Auf dieser Seite des von Gilles Clément gestalteten Parks wachsen Kirsch- und Magnolienbäume und bilden zwei Becken mit Wasserpflanzen eine Art natürliche Grenze zur Rue de l'Université. Von der Empfangshalle aus steigt eine 180 Meter lange sinusförmige Rampe langsam zur Galerie empor. Der Weg führt durch einen sechsstöckigen Glasturm, in dem 9500 Musikinstrumente konserviert werden, schwebt über den derzeit noch nicht bespielten 2000 Quadratmeter grossen Raum für Wechselausstellungen im Erdgeschoss, verengt sich zu einem dunklen Tunnel und mündet endlich in die Weite der Galerie. Der Aufgang als Mischung aus Initiationsweg und Entdeckungsreise - eine schöne architektonische Metapher.

Staunenswert dann die Galerie. Die 4750 Quadratmeter grosse Plattform verzichtet völlig auf Wände, ist wegen der Dichte der Museographie aber nie je ganz zu überblicken. Die neun Meter hohe, bis zu 35 Meter breite und rund 200 Meter lange Halle durchzieht in der Länge der «Fluss» genannte zentrale Zirkulationsweg, der zwischen den Stümpfen der «Schlange» eingefasst ist. Diese mit erdfarbenem Leder tapezierten Möbel bilden langgezogene, zum Teil übermannshohe Wülste, in welche Sitzgelegenheiten und interaktive Bildschirme eingelassen sind. Organische, blob-artige Formen sind neu in Nouvels Werk.

Den «Fluss» umgeben die vier geographischen Abteilungen: Afrika, Amerika, Asien und Ozeanien. Die Farbe des Bodens zeigt jeweils an, in welcher Weltgegend man sich befindet, sonst jedoch ist der Parcours frei. Das wirkt erst irritierend, stimuliert dann aber die Entdeckerlust.

Die Sammlung setzt sich hauptsächlich aus den historischen Kollektionen des Musée de l'homme und des Musée national des arts d'Afrique et d'Océanie zusammen. Von den rund 300 000 Objekten sind 3500 dauerhaft in der Galerie zu sehen und sollen zumindest die wichtigsten übrigen innert 12 Jahren in Wechselausstellungen gezeigt werden. Als Staatspräsident Chirac 1996 das 235 Millionen Euro teure Projekt lancierte, entbrannte eine Debatte über die Frage, ob das Museum ein Kunst- oder ein Wissenschaftsmuseum sein solle. Das von Germain Viatte ausgearbeitete und von Nouvel kongenial umgesetzte Konzept verbindet beide Ansätze, den ästhetischen und den anthropologischen. Die Exponate prangen wie Preziosen in «entmaterialisierten» Vitrinen; Texte, Karten und audiovisuelle Dokumente wie der eingangs resümierte Eskimofilm finden sich an der Seite der Möbel.

Ein grosser Wurf - mit Vorbehalten

Weswegen dann die leichten Vorbehalte beim Verlassen des Museums? Die Exponate sind erstrangig. Das Gebäude besticht mit einer Vielzahl von Trouvaillen. So hat der Landschaftsarchitekt Patrick Blanc die Fassade des Verwaltungsbaus am Quai Branly in einen vertikalen Garten mit 15 000 Pflanzen verwandelt, während die Südseiten dieses Baus sowie der Mediathek mit leuchtend orangefarbenen Samurai-Säbeln gespickt sind und das Gebäude für die Restaurationsateliers an der Rue de l'Université auf die umgebende Haussmann-Architektur anspielt.

Das Vokabular der Galerie mit ihrer Schuppen- und Lederhaut, ihren Baumpfeilern und Schlangenformen, nicht zu vergessen der Art- Nouveau-Libellenflügel, der auf der Dachterrasse das Restaurant birgt, ist homogen. Aber der südliche Teil des Komplexes mit dem Mur-rideau aus unterschiedlich transparentem Glas und den weissen sowie rotbraunen Sonnenblenden mutet eher disparat an. Und im Innern wirkt manches unfertig oder unpersönlich, vor allem im Untergeschoss. So muss man warten, bis die Arbeiten wirklich abgeschlossen sind, bis der Park grünt und die Institution zu leben beginnt, um ein endgültiges Urteil zu fällen. Vorläufiges Fazit: ein grosser Wurf - mit kleinen Vorbehalten.

Neue Zürcher Zeitung, Fr., 2006.06.23



verknüpfte Bauwerke
Musée du Quai Branly

31. Mai 2006Marc Zitzmann
Neue Zürcher Zeitung

Lotusblüte auf Betonsockel

Wohntürme, Quallensalat: Chinatown

Wohntürme, Quallensalat: Chinatown

«Zur Porte de Choisy?», mault der Taxifahrer. «Unmöglich! Schon zu Normalzeiten ist da alles verstopft - jetzt erst recht, wo sie das Tram bauen! Dazu diese Chinesen überall auf der Strasse!» Fazit des sinophoben Maghrebiners, der vom Autofahren lebt: Man frage sich, wer auf die Schnapsidee gekommen sei, das Automobil zu erfinden . . . Die Antwort findet sich wenig später: Es waren nicht die «Chinesen», sondern René Panhard und Emile Levassor. So zumindest steht es auf einem Schild am Eingang des Ziegelsteinbaus mit Sheddach am Ende der Avenue d'Ivry: «Ici nacquit l'industrie automobile en 1891.»

Die Firma Panhard-Levassor beschäftigte 1905 rund 1500 Arbeiter auf ihrem riesigen Fabrikgelände zwischen den heutigen Avenues d'Ivry und de Choisy. Heute sind die längst nicht mehr produzierten Modelle begehrte Sammlerstücke - die «Société de constructions mécaniques Panhard-Levassor» hat sich auf die Herstellung von Panzerfahrzeugen verlegt. So geht die Welt. Welcher der Stadtplaner, die ab 1965 das Viertel tiefgreifend umgestalteten, hätte imaginieren können, was heute daraus geworden ist? Damals wurden allenthalben hohe Wohntürme errichtet - doch die anvisierten Bewohner, «moderne» Jungfamilien aus dem mittleren und oberen Kader, blieben aus. Dafür strömten nach dem Fall von Saigon Zehntausende von oft chinesischstämmigen Flüchtlingen aus Vietnam, Kambodscha und Laos nach Frankreich - allein bis 1979 waren es 145 000. Ein Teil von ihnen zog in die halb leerstehenden Wohntürme des 13. Arrondissements.

Chinatown - oder eher: Indochinatown - ist ein faszinierendes Studienobjekt für Soziologen und Urbanisten. Quasi in Reinkultur lässt sich hier beobachten, wie eine Bevölkerungsgruppe sich ein Viertel aneignet, das für ganz andere bestimmt war. Das «Village des Olympiades» etwa wurde 1970 bis 1977 nach den Prinzipien von Le Corbusiers «Charta von Athen» erbaut: zehn bis zu 34-stöckige Wohntürme auf einem acht Meter hohen Betonsockel, unter dem Fahrbahnen hindurchführen. Doch alles hier wurde zweckentfremdet. Auf dem Sockel steht eine Pagode, in einer der unterirdischen Strassen findet sich ein Buddha-Tempel. Und der Güterbahnhof, wo früher die Einzelteile der Panhard-Automobile her- und die montierten PKW abtransportiert wurden, dient heute gar als unterirdischer Grossmarkt für exotische Produkte. Ein Dekor wie für einen Film noir: grasbewachsene Gleise führen von einem stillgelegten Tunnel zum schwarz gähnenden Eingang des Markts unter dem Betonsockel; zu Arbeitszeiten herrscht hier emsiges Gewusel.

Trotz der Vielzahl von Boutiquen, Supermärkten und Restaurants mit fernöstlichen Schriftzeichen wirkt Chinatown in Sachen Architektur und Urbanismus kaum «asiatisch». Sitzt man freilich im «Impérial Choisy» und labt sich an Quallensalat und frittiertem gehäutetem Krebs, stellt sich die Frage nach der Authentizität nicht mehr. Selbst wenn um einen herum neben schmatzenden Schlitzaugen auch schwarze Stups-, arabische Adler- und lateinische Langnasen dinieren . . .

Neue Zürcher Zeitung, Mi., 2006.05.31

31. März 2006Marc Zitzmann
Neue Zürcher Zeitung

Ein Centre Pompidou für die Bretagne

In Rennes wurde am vergangenen Dienstag der von Christian de Portzamparc entworfene Kulturkomplex Les Champs libres eröffnet, der mehrere Institutionen unter einem Dach vereint. Ein Wahrzeichen für die Hauptstadt der Bretagne - und für die bretonische Identität.

In Rennes wurde am vergangenen Dienstag der von Christian de Portzamparc entworfene Kulturkomplex Les Champs libres eröffnet, der mehrere Institutionen unter einem Dach vereint. Ein Wahrzeichen für die Hauptstadt der Bretagne - und für die bretonische Identität.

Ehrgeiz oder Grössenwahnsinn? Mit 212 500 Einwohnern ist Rennes nicht nur eine der kleinsten Städte der Welt mit einer Metro, dem 2002 in Betrieb genommenen VAL. Die Hauptstadt der Bretagne nimmt mit dem letzten Dienstag eröffneten Kulturkomplex Les Champs libres auch explizit Bezug auf zwei der spektakulärsten Kulturbauten des späten 20. Jahrhunderts: das Pariser Centre Pompidou und das Guggenheim- Museum Bilbao. Der Vergleich mit der baskischen Hafenstadt hinkt freilich. Rennes mag seine Probleme haben: Wegen des starken Bevölkerungswachstums wird der Raum knapp und verstärkt sich die soziale Segregation, der Alkoholkonsum vieler bretonischer Jugendlicher ist besorgniserregend . . . Aber mit einer Arbeitslosenrate von bloss 8 Prozent, weit unter dem Landesschnitt, läuft der Wirtschaftsmotor auch ohne katalysierenden Bilbao-Effekt auf Hochtouren.

Drei Institutionen unter einem Dach

Triftiger ist der Vergleich mit dem Centre Pompidou. Wie in diesem wohnen auch in den Champs libres mehrere Institutionen unter einem Dach. Anders jedoch als Renzo Piano und Richard Rogers in ihrer 1977 fertiggestellten Architektur- Ikone erhebt Christian de Portzamparc diese Koexistenz zum wichtigsten Gestaltungsprinzip seines Kulturkomplexes. So sind die drei neuen Nachbarn schon von aussen klar zu unterscheiden: Das Musée de Bretagne bildet einen rechteckigen, fast fensterlosen Sockel über dem verglasten Erdgeschoss, welchen der von einem Dom überragte Konus des Espace des sciences und die fünfeckige umgekehrte Pyramide der Bibliothèque de Rennes durchstossen. Gemahnt das Museum von aussen an die Steinplatte eines Dolmens, dessen rosagraue Betonverkleidung den Granit der Felsküste evoziert, so verweisen die 16 000 Zinkschuppen des Wissenschaftszentrums auf die Schieferdächer der Stadt, während sich die auf drei Seiten verglaste Bibliothek mit ihrer weiss lackierten Aluminiumhaut ganz zeitgenössisch gibt.

Auch in der Empfangshalle stossen heutig- kühle Grautöne und das Altrot des regionaltypischen Schiefersteins aufeinander. Charakteristisch für Portzamparc, den Architekten der Pariser Cité de la musique, ist die Gestaltung der weitläufigen Halle als ein Stadtviertel en miniature. Durch einen der drei Eingänge kommend, spaziert der Besucher an den Gebäuden der Bibliothek und des Wissenschaftszentrums vorbei zu einer bunt-fröhlichen kleinen Bibliothek und zum verzauberten «Laboratoire de Merlin» für Kinder oder zu einem Medienraum mit Internetzugang, Fernsehern und 220 Periodika. Auch dank der Arbeit des Grafikers Ruedi Baur, des Leiters des Instituts für Designforschung der Hochschule für Gestaltung und Kunst Zürich, vermag man sich auf Anhieb zu orientieren. Die Logos und Informationstafeln bringen überdies den dringend nötigen Schuss Farbe und Verspieltheit in den sonst etwas strengen Bau.

Die Champs libres warten mit modernster Technik auf. So bietet das Wissenschaftszentrum neben einem der Geologie gewidmeten Saal, dessen Erdbebensimulator Kinder von 7 bis 77 Jahren begeistern dürfte, ein digitales Planetarium mit einem halbkugelförmigen Bildschirm von 14 Metern Durchmesser. In der Bibliothek ist der Verleih der 190 000 frei zugänglichen Bände voll automatisiert: Der Benutzer nimmt ein Buch aus dem Regal, führt es unter ein Gerät, das den Titel registriert, und legt es nach der Lektüre einfach in eine Box im Erdgeschoss zurück - ab Oktober wird sogar ein Roboter die Rückgaben sortieren. Die Bibliothekare können sich so auf Information und Beratung konzentrieren.

Die sechs Stockwerke, auf denen je eine Abteilung untergebracht ist, sind alle gleich strukturiert: am Eingang der Empfangsschalter und das Gerät für die Identifikation der Bücher; dahinter die grauen Regale, deren geringe Höhe auf Klaustrophobiker beruhigend wirken dürfte; zur Fensterfront hin die Lesetische mit Blick auf die Esplanade Charles-de-Gaulle. Im Rahmen der Umgestaltung des Bahnhofsviertels wird der vordem oberirdische Parkplatz bis 2008 unter den Platz verlegt, an welchen der renovierte Saal für Massenspektakel «Le Liberté», ein neuer Multiplex mit 13 Sälen von Portzamparc sowie zwei öffentliche Gebäude angrenzen werden.

Wahrzeichen der bretonischen Identität

Den ersten Stock der Champs libres bildet ein Gefüge von Plattformen und Stegen, das um die Bibliothek und das Wissenschaftszentrum mäandert. Hier breitet sich über 1900 Quadratmeter die Dauerausstellung des Museums aus. «Bretagne est Univers» entwirft mit Hilfe von 2300 Exponaten einen detaillierten Abriss der Geschichte der Region vom Paläolithikum bis zur Jetztzeit. Gezeigt werden neben kunsthandwerklichen Arbeiten wie der berühmten «Brigitte», einer gallo-römischen Statuette, auch Alltagsgegenstände wie Mobiliar, Geschirr und Kleider. Der folkloristische Aspekt tritt klar zurück zugunsten der Didaktik und - dank Elizabeth de Portzamparcs eleganter Szenographie - auch der Ästhetik. Das Musée de Bretagne ist alles andere als ein Kuriositätenkabinett von bloss lokalem Interesse - es beleuchtet, so sein Chefkonservator, Jean-Paul Le Maguet, im Gespräch, «das Werden einer Region aus einer europäischen Perspektive».

Das Thema der bretonischen Identität wird in den Champs libres auf vielfältige, auch für auswärtige Besucher ansprechende Art und Weise aufgefächert. Das Wissenschaftszentrum zeigt die Formung der Landschaft, insbesondere des armorikanischen Gebirges. Die Bibliothek konserviert das erste lateinisch-bretonisch-französische Wörterbuch aus dem Jahr 1499. Und das Museum zeigt in zwei grossen Sälen Wechselausstellungen zu im weitesten Sinne regionalen Themen - so Ende April ein Panorama der florierenden bretonischen Comicszene. Derweil im 450 Plätze fassenden Konferenzsaal der Historiker Maurice Olender über Rassismus und der Drei-Sterne- Koch Olivier Roellinger über Gastronomie sprechen werden.

Kulturelle Schätze

Rennes besitzt noch andere Institutionen von überregionaler Bedeutung. Die Oper, die trotz bescheidenen Mitteln auch Raritäten wie «L'Isola disabitata» von Joseph Haydn aufs Programm setzt. Das von Catherine Diverrès geleitete Tanzzentrum und das Théâtre national de Bretagne, wo Matthias Langhoff, Stanislas Nordey, François Tanguy und Marcial Di Fonzo Bo regelmässig ihre Arbeiten präsentieren - das Haus gibt sich dezidiert (und bisweilen etwas gewollt) modern. Nicht zu vergessen das wegen eines Gemäldes, Georges de La Tours «Nouveau-né», bekannte Musée des Beaux-Arts, das auch mit bedeutenden Werken von Lubin Baugin, Veronese, Rubens, Corot, Gauguin sowie vor allem mit einer erstklassigen Sammlung von Zeichnungen und mit zwei schönen Stillleben von Chardin aufwartet. Aber bis auf eine Sektion über die Schule von Pont-Aven im Kunstmuseum und bis auf das Ecomusée La Bintinais, das die Geschichte eines Grossbauernhofs nachzeichnet, war das genuin Bretonische in Rennes bisher nur am Rande vertreten. Les Champs libres schliessen hier eine Lücke - und verschaffen der Hauptstadt der Bretagne zugleich ein Wahrzeichen.

Neue Zürcher Zeitung, Fr., 2006.03.31

17. März 2006Marc Zitzmann
Neue Zürcher Zeitung

Surrealistische Kunstwelt

Die von Robert Mallet-Stevens erbaute Villa Noailles in Südfrankreich dient seit ihrer Renovation als Kunstzentrum. Zurzeit ist dort eine Ausstellung dem Architektenduo Lacaton & Vassal gewidmet.

Die von Robert Mallet-Stevens erbaute Villa Noailles in Südfrankreich dient seit ihrer Renovation als Kunstzentrum. Zurzeit ist dort eine Ausstellung dem Architektenduo Lacaton & Vassal gewidmet.

Morgens kämpft man sich durch den Pariser Frost zum Bahnhof; nachmittags geniesst man mit geöffneter Strickjacke den Blick auf die sonnige Bucht von Hyères. In einem Satz ist so resümiert, warum die reichen Hauptstädter vor dem Krieg gern den Winter an der Mittelmeerküste verbrachten: «L'Azur! l'azur! l'azur! l'azur!», um Mallarmé zu zitieren. Nach einem anderen Werk des symbolistischen Dichters - «Un coup de Dés jamais n'abolira le Hasard» - ist ein surrealistischer Film benannt, den Man Ray 1929 in dem damals avantgardistischsten Anwesen der Côte d'Azur drehte: der Villa Noailles in Hyères. «Les Mystères du Château du Dé» führt aus dem winterlichen Paris in den frühlingshaften Süden und nähert sich der Villa von unten her, von der Stadt.

Unvollendeter Wurf

Am Hang erblickt man eine Art Festung, welche von den Türmen einer mittelalterlichen Burgruine überragt wird. Bei genauerem Hinsehen erkennt man eine geknickte, imposante Mauer, die von mannshohen Scharten durchbrochen wird. Ein kühner Einfall des Architekten, Robert Mallet-Stevens: Vom dahinter gelegenen Garten aus blickt man gleichsam auf eine Galerie von gerahmten Stadt- und Meerbildern. Die Hauptfassade der Villa setzt sich dezidiert vom maurischen oder anglo-normannischen Stil der sie umgebenden Villen ab: Ihre ineinander geschobenen Kastenformen sind wie der tiefer gelagerte dreieckige Garten von Gabriel Guévrékian kubistisch angehaucht. Im Innern ist vor allem der Salon rose bemerkenswert, ein fensterloser Atelierraum mit terrassenförmigem Glasdach.

Ein vollendeter Wurf ist die Villa Noailles jedoch nicht. Zwischen 1923 und 1933 stellte sie eine Art work in progress dar - bis die Auftraggeber, Charles und Marie-Laure de Noailles, das Interesse an der Dauerbaustelle verloren. Der ursprünglichen Villa liessen sie ohne Rücksicht auf das Gesamtbild den Salon rose und das Schwimmbad anfügen, eine «petite villa» für Gäste und Domestiken, eine Erweiterung des Esszimmers, einen Gymnastiksaal, eine Squashhalle. Doch nur ein Teil stammt von Mallet-Stevens - ein Spaziergang um den Komplex zeigt «ein Agglomerat von zementgrauen Kuben» (Man Ray) ohne grosse Kohärenz.

Gerade als letztlich gescheitertes Projekt ist die Villa aber von Interesse. Der Widerspruch war im Auftrag angelegt: Charles de Noailles wünschte sich «une petite maison amusante à habiter», ohne jedoch auf Dienstpersonal und auf Gäste wie Buñuel (der hier das Drehbuch von «L'Age d'or» schrieb), Cocteau, die Brüder Giacometti, Milhaud und Poulenc verzichten zu wollen. Waren geräumige Zimmer und kostbare Materialien verpönt, so betraute man Pierre Chareau, Georges Djo-Bourgeois und Francis Jourdain mit der Innenausstattung und gab ein Vermögen für die Sanitäranlagen aus. Mit ihrem falschen Beton und ihrer Ausrichtung auf Sport, Hygiene und Mechanisierung ist die Villa ostentativ modern und insofern zeittypisch. Nicht zuletzt stellt der technisch mittelmässig ausgeführte Bau das Erstlingswerk eines nicht mehr ganz jungen Architekten dar, der als Filmausstatter bekannt geworden war: Die Villa Noailles bildet das Dekor für die Inszenierung eines «anderen» Lebens.

1973 wurde das Anwesen an die Stadt Hyères verkauft - und 16 Jahre lang Verfall und Vandalismus preisgegeben. Die Renovierung ist langwierig: Obwohl seit 1989 bereits über 7 Millionen Euro investiert wurden, sind auf einem Rundgang mit dem Direktor der Villa, Jean-Pierre Blanc, noch immer Räume voller Schutt und Unrat zu sehen. Doch wird der Komplex seit 1990 für Ausstellungen genutzt. Seit einigen Jahren gibt es ein richtiges Kulturprogramm, dessen Kern das renommierte Festival International des Arts de la Mode d'Hyères bildet. Dieses besteht aus einem Wettbewerb für junge Designer, in dessen Jury Koryphäen wie Galliano, Gaultier und Margiela sitzen, und aus mehreren Ausstellungen rund um die Mode. Der Fotowettbewerb und der heuer erstmals veranstaltete Designwettbewerb funktionieren nach demselben Prinzip.

Mode im Frühjahr, Design im Sommer, Fotografie im Herbst und Architektur im Winter sind die Pfeiler des Programms. Mit 14 Mitarbeitern und einem Budget von 1,2 Millionen Euro verfügt Blanc seit kurzem erstmals über angemessene Mittel. Geplant sind freilich noch weitere Arbeiten, um Zimmer für artistes en résidence zu schaffen, ein Restaurant und - dies von Leihgaben der Noailles-Erben abhängig - eine Dauerausstellung über die Geschichte der Villa.

An die Geschichte knüpft auch die Programmpolitik mit ihrem Bestreben an, wie einst die aristokratischen Mäzene jungen Künstlern unter die Arme zu greifen und sie mit etablierten Schöpfern zusammenzubringen beziehungsweise mit deren Arbeiten vertraut zu machen. Nach Ausstellungen über Hussein Chalayan, Droog Design, Karl Lagerfeld, Marc Newson, Paco Rabanne und viele andere ist jetzt eine Schau dem Architektenduo Anne Lacaton und Jean- Philippe Vassal gewidmet.

Lacaton & Vassal wurden 1993 mit der in Floirac bei Bordeaux errichteten Maison Latapie bekannt, einem Low-Cost-Bau, der zur Hälfte aus einem Gewächshaus besteht. Auch beim Haus in Coutras in der Gironde und bei den viel publizierten Wohnungen in der Mülhausener Cité manifeste integrierten sie landwirtschaftliche Gewächshäuser. Diese sind zu einer Art Signatur des Teams geworden: Für wenig Geld bieten sie Lichtfülle, grosse Deckenhöhe, klimatischen Komfort - und Teilräume ohne vordefinierte Funktion, die frei genutzt werden können.

Flexible Architekturen

In jüngeren Projekten haben Lacaton & Vassal den Ansatz verfeinert. Die nächstes Jahr zu erbauende Architekturschule in Nantes fügt den 12 500 Quadratmetern des Grundprogramms quasi als «Bonus» 5500 Quadratmeter hinzu, deren Nutzung den Schülern und Lehrern überlassen ist. Wie für die Schule ist auch für den Entwurf eines 30-stöckigen Wohnturms in Poitiers die doppelte Deckenhöhe charakteristisch: Die Duplexwohnungen besitzen einen 6 Meter hohen, verglasten «Bonusraum» und sind mit einer Durchschnittsfläche von 200 Quadratmetern ungleich grösser als Appartements, die zu einem vergleichbaren Preis gebaut wurden.

Es ist spannend zu sehen, was die genannten Projekte mit der Villa Noailles verbindet: das Streben nach Lichtfülle, nach maximalem Nutzwert - Charles de Noailles' (nicht zu Ende gedachter) Wunsch nach «une maison infiniment pratique et simple» könnte auch das Credo von Lacaton & Vassal sein. Es wird aber auch klar, wo der entscheidende Unterschied liegt: Musste die Villa quasi pausenlos vergrössert werden, um Funktionen zu erfüllen, die im ursprünglichen (Minimal-)Programm nicht vorgesehen waren, so versucht das Bordelaiser Architektenduo, Bauten zu schaffen, die sich dank ihrer Flexibilität den wechselnden Wünschen ihrer Benutzer anpassen.

[ Die Ausstellung Lacaton & Vassal ist bis zum 2. April in der Villa Noailles in Hyères zu sehen. Kein Katalog. ]

Neue Zürcher Zeitung, Fr., 2006.03.17

27. Februar 2006Marc Zitzmann
Neue Zürcher Zeitung

Baustelle Paris

Rund zehn Prozent der Fläche der französischen Hauptstadt sind derzeit im Umbau. Im Folgenden werden drei Beispiele vorgestellt, die je für einen Aspekt der Erneuerung der Kapitale typisch sind. Dazu zählt auch das Riesenprojekt «Paris Rive Gauche».

Rund zehn Prozent der Fläche der französischen Hauptstadt sind derzeit im Umbau. Im Folgenden werden drei Beispiele vorgestellt, die je für einen Aspekt der Erneuerung der Kapitale typisch sind. Dazu zählt auch das Riesenprojekt «Paris Rive Gauche».

Paris, die meistbesuchte Stadt der Welt, mit deren Bauerbe nur Städte wie Rom rivalisieren können. Paris, dessen Zentrum stark vom einem ortsspezifischen Urbanismus geprägt ist, dem «haussmannisme» des späten 19. Jahrhunderts. Paris, eine der flächenmässig kleinsten und am dichtesten besiedelten Kapitalen - kann man in einer solchen Stadt überhaupt noch bauen? Wer meint, die Ville Lumière sei museifiziert oder gar mumifiziert, täuscht sich. Tausend Hektaren oder rund zehn Prozent der Fläche der Hauptstadt sind derzeit im Umbau. Neben Beispielen von standardisiertem Bürobau und «Fassadismus» finden sich auch ambitionierte urbanistische Projekte.

Ein neues Viertel am Fluss

Touristen, die mit einem älteren Stadtplan Paris erkunden, mögen sich wundern, warum sie die Rue René Goscinny partout nicht finden können. Oder die Strassen, die nach Hans Arp, Paul Klee, James Joyce, Primo Levi und vielen anderen benannt sind. Der Grund: im 13. Arrondissement sind in den letzten Jahren Dutzende von neuen Strassen entstanden. «Paris Rive Gauche» ist ein riesiges Projekt - manche sprechen gar von den umfangreichsten Arbeiten seit der Ummodelung der Innenstadt durch den Präfekten Haussmann zwischen 1853 und 1870. Die kurz ZAC genannte «Zone d'aménagement concerté» (Zone, deren Bebauung von der öffentlichen Hand organisiert wird) umfasst den gesamten 2,7 Kilometer langen Nordteil des 13. Arrondissements entlang der Seine. Bis 2015 sollen auf dem 130 Hektaren grossen Areal zwischen der Gare d'Austerlitz und der östlichen Vorstadt Ivry-sur-Seine über 2,2 Millionen Quadratmeter Nutz- und 98 000 Quadratmeter Grünfläche geschaffen werden - die Gesamtkosten des 1988 lancierten Projekts sind auf 3 Milliarden Euro veranschlagt.

Was die Zahlen nicht erfassen, ist das seltsame, zugleich prickelnde und bedrückende Gefühl, das einen beim Flanieren durch die ZAC beschleicht. Am Quai d'Austerlitz, der vom gleichnamigen Bahnhof aus nach Osten führt, stehen sich buchstäblich Alt und Neu gegenüber. Zur Seine hin die Magasins généraux: 280 Meter heruntergekommene Betonfassaden, hinter denen Grossisten ihre höhlenartigen Verkaufsräume mehr schlecht als recht eingerichtet haben - ein Dekor für einen Roman von Simenon. Auf der andern Strassenseite die glasfunkelnden, metallblitzenden Bürokomplexe von Finanz-, Informatik-, Pharma- und Telekomunternehmen. Dieses Jahr beginnt die Verwandlung der Magasins généraux durch Dominique Jakob und Brendan MacFarlane in eine trendige Cité de la mode et du design. Auch die Eröffnung eines Flussbads mit Schwimmbecken, Sauna, Hammam, Jacuzzis usw. am Fuss der Nationalbibliothek sowie einer doppelt geschwungenen Fussgängerbrücke von Dietmar Feichtinger, die nach Bercy führt, wird zur Erschliessung des Seine-Ufers beitragen.

Der zentrale Sektor der ZAC «Paris Rive Gauche» um die 1996 eröffnete neue Nationalbibliothek ist heute fast vollendet. Beidseits der vier Büchertürme von Dominique Perrault stehen Wohn- und Bürogebäude von Philippe Chaix und Jean-Paul Morel, Philippe Gazeau, Franck Hammoutène, Francis Soler und anderen. Trotz der unbestreitbaren Qualität vieler Bauten wirkt das Viertel ein wenig leblos - vielleicht liegt es auch an der strengen Kastenform fast aller Gebäude. Ganz anders der südöstlich angrenzende Sektor: Christian de Portzamparc, der den Masterplan entworfen hat, setzt hier erstmals im grossen Rahmen sein Konzept der «Ilots ouverts» um, der nur teilweise bebauten Parzellen mit kleinen Gärten und Plätzen, zwischen denen lichtdurchflutete Strässchen mäandern. Neben Altstars wie Ricardo Bofill, Henri Gaudin und Norman Foster wurden auch junge Büros verpflichtet; die Formen- und Farbenvielfalt der Bauten ist gross.

Wie ein Fremdkörper inmitten all der architektonischen Vorzeigearbeiten wirkt der Squat «Les Frigos». Das 1921 erbaute Kühllager, eine mit Graffiti übersäte Trutzburg aus Beton, beherbergt seit einem Vierteljahrhundert Künstlerateliers. Anfang 2004 ist es in den Besitz der Stadt Paris übergegangen, die seine jetzige Bestimmung erhalten möchte. Mit den Frigos, den Galerien der Rue Louise Weiss, der Nationalbibliothek, dem von Jean-Michel Wilmotte entworfenen Kinokomplex MK2 sowie dem Batofar, einem auf Konzerte mit elektronischer Musik spezialisierten Hausboot, verfügt «Paris Rive Gauche» bereits jetzt über ein breit gefächertes Kulturangebot.

Dieses dürfte sich im Herbst noch stark erweitern mit dem Zuzug der Université Paris 7 - Denis Diderot und ihren 27 000 Studenten. Die Universität wird nicht nur über zwei umgestaltete «historische» Bauwerke verfügen, die Grands Moulins de Paris (Nutzfläche: 30 000 Quadratmeter; Architekt des Umbaus: Rudy Ricciotti) und die Halle aux farines (17 800 Quadratmeter; Nicolas Michelin). Sondern sie wird sich auch in Neubauten niederlassen, die zwischen Wohn- und Bürogebäuden stehen. Ebenfalls im Herbst bezieht auch die Ecole d'architecture de Paris - Val de Seine einen Neubau von Frédéric Borel und eine umgebaute Fabrikhalle aus dem Jahr 1891. In der Nähe bauen Valode & Pistre fünf Gebäude für einen biotechnologischen Pol. Der von Portzamparc mitgestaltete Sektor setzt nicht nur auf die Erhaltung markanter Industriebauten, sondern auch auf funktionale Durchmischung.

Während der an der Seine entlangführende Nordbereich der ZAC schon fast vollständig konzipiert und zu einem Gutteil vollendet ist, befindet sich der schmalere Südteil entlang der Avenue de France noch weitgehend im Planungsstadium. Diese neue Hauptverkehrsader wurde teilweise über die Gleise gebaut, die von der Gare d'Austerlitz aus Richtung Südosten führen. Sie bildet die Naht zwischen dem «alten» 13. Arrondissement und dem neu erschlossenen Areal entlang der Seine. Von der Qualität der urbanistischen Gestaltung des Plattenbaus über den Gleisen und seiner unmittelbaren Umgebung wird es abhängen, ob Neu und Alt zusammenwächst.

Verbindung über den Stadtrand

Bei der ZAC «Les Lilas» am südöstlichen Stadtrand ist die Ausgangslage eine ganz andere. Hier geht es darum, die Verbindungen zwischen drei jenseits des Boulevard périphérique gelegenen Vororten und den Randzonen der 19. und 20. Arrondissements zu verbessern. Heute schlägt der Boulevard périphérique, die ringförmige, bis zu achtspurige Schnellstrasse um Paris, im Bereich der ZAC eine tiefe Schneise, welche einzig an der Porte des Lilas von einem Verkehrskreisel überbrückt wird. Dessen ausgesparter Mittelbereich, unter dem der Verkehr braust, wird zurzeit überdeckt. Metallträger spannen sich über die Leere, zwei Kräne sind am Werk. Eine arabische Passantin ruft ihrer Begleiterin zu: «Das ist ja wie in Beirut hier!».

Die Baustelle wird freilich noch grösser: Nach dem Mittelbereich soll beidseits des Kreisels der Périphérique über eine Länge von je rund hundert Metern überdeckt werden. Nebst einem 15 000 Quadratmeter grossen Park sind dort ein Busbahnhof, eine Bibliothek und ein Multiplexkino geplant. Ein Studenten- und ein Altersheim sind bereits vollendet beziehungsweise im Bau.

Im Vergleich mit dem Riesenprojekt «Paris Rive Gauche» wirkt die ZAC «Les Lilas» unspektakulär. Sie ist jedoch emblematisch für mehrere Projekte, deren Ziel es ist, Verbindungen zu schaffen zwischen Paris und seinen Randgemeinden und die Belastung durch den Autoverkehr auf ein erträgliches Mass zu reduzieren. Der Périphérique wird auch an der Porte de Vanves und zwischen den Portes des Ternes und de Champerret überdeckt, Parks entstehen an den Portes de Montreuil und de Vincennes.

Lifting für den Plattenbau

Ganz anders die Probleme, die der Front de Seine unweit des Eiffelturms aufwirft. Der ab 1959 von Raymond Lopez und anderen konzipierte Komplex besteht aus einer weitläufigen Plattform für Fussgänger, die sich zwei Geschosse über das Bodenniveau erhebt. Auf dieser «Dalle» stehen zwanzig 98 Meter hohe Wohn- und Bürotürme und etwa ebenso viele Flachbauten. Wer empfänglich ist für die Atmosphäre ungewöhnlicher Stadtlandschaften, wird einen Spaziergang hier goutieren. Über eine spiralförmige Rampe erreicht man vom Quai de Grenelle aus die Dalle. Deren weisser, graubrauner und blaugrauer Kachelboden bildet aus der Vogelperspektive betrachtet psychedelische Muster. Die Wolkenkratzer sind alle verschieden gestaltet: die Fassaden orthogonal oder konkav, mit einer Prädominanz von Glas, Beton oder Metall.

Bis auf ein paar alte Leute und eine asiatische Familie ist weit und breit niemand zu sehen. Dabei arbeiten hier 5000 Menschen und wohnen doppelt so viele. Brücken verbinden Abschnitte der Dalle, die eine Querstrasse zum Quai de Grenelle durchschneidet. Unten geht das Leben seinen Gang, oben schwebt man in einem seltsam luftleeren Raum. Im Einkaufszentrum stehen ganze Galerien leer. Die Stimmung schwankt zwischen Melancholie und Klaustrophobie. Das soll nun alles anders werden. Der Baulärm verrät es: Grössere Arbeiten sind im Gang. Die Dalle wird punkto Stabilität, Wasserdichte, Beleuchtung usw. instand gesetzt und erhält 20 Prozent mehr Grünfläche. Renovierte oder neu geschaffene Treppen, Rampen und Aufzüge sollen die Zugänglichkeit und so auch die Anbindung an das umgebende Viertel verbessern. Das Einkaufszentrum wird dank einem tiefgreifenden (und umstrittenen) Umbau durch das Büro Valode & Pistre Investoren wie die Fnac und die Galeries Lafayette anziehen. Und auch die Renovation der Wolkenkratzer beginnt: Das genannte Büro ist dabei, die frühere Tour Flatotel in ein Luxusheim «à l'américaine» zu verwandeln.

Die Projekte «Les Lilas» und «Front de Seine» sind mit einem veranschlagten Gesamtbudget von 225 Millionen beziehungsweise über 400 Millionen Euro und einer Fläche von 25 beziehungsweise 18 Hektaren mittelgrosse urbanistische Vorhaben. Im Gegensatz zu «Paris Rive Gauche» dürften sie kaum internationales Interesse erregen. Doch ist jedes der drei hier angeführten Beispiele charakteristisch für je einen spezifischen Aspekt des hauptstädtischen Urbanismus nach der Ära der «Grands travaux»: Erschliessung einer lange Zeit durch Bahn- und Industrieanlagen besetzten Enklave («Paris Rive Gauche»), Annäherung der Kapitale an ihre Randgemeinden («Les Lilas»), Reparatur des schlecht gealterten Stadtgefüges der Nachkriegszeit («Front de Seine»). Paris erneuert sich im Grossen wie im Kleinen, am Rand wie im Zentrum, spektakulär wie fast unbemerkt.

Neue Zürcher Zeitung, Mo., 2006.02.27

10. Dezember 2005Marc Zitzmann
Neue Zürcher Zeitung

Zauberpalast im Licht

Der Petit Palais in Paris wiedereröffnet

Der Petit Palais in Paris wiedereröffnet

Wo sind wir? Die Monumentaltreppe führt zu einem Portal und zu einer Rotunde, die auf den Invalidendom anspielen. Die Kolonnade der Hauptfassade gleicht derjenigen des Louvre, die dahinter gelegenen Galerien erinnern an den Versailler Spiegelsaal. Unser verzücktes Auge erblickt Gemälde von Rubens und von Monet, altgriechische Vasen und venezianische Gläser, Beauvais- Tapisserien und Rodin-Skulpturen, Rocaille-Möbel und Hector Guimards Esszimmer. Und derweil draussen die Temperaturen wieder herbstlich frisch geworden sind, trägt im Innengarten eine Dattelpalme üppige Früchte zur Schau.

Wo sind wir? Im Pariser Petit Palais, einem Zauberpalast der schönen Künste. Nach viereinhalbjährigem Umbau wird der imposante Bau an den Champs-Elysées, der nur im Vergleich mit dem gegenüber gelegenen Grand Palais das Epithet «klein» verdient, heute wiedereröffnet. Wie sein Vis-à-vis war der Petit Palais für die Weltausstellung von 1900 erbaut worden. Während jener in den Besitz des Staates überging, dient der «kleine» Palast seit 103 Jahren als städtisches Museum der schönen Künste. Das trifft sich gut, hatte ihn der Architekt Charles Girault doch in jenem eklektizistischen Stil entworfen, der in Frankreich auch «style beaux-arts» heisst. Der symmetrische Grundriss hat die Form eines Trapezes, das einen halbkreisförmigen Innengarten umgibt. Diesen umlagern mehrere Ringe: in der Beletage ein Säulenumgang und zwei Galerien, im Erdgeschoss bis zu vier Raumfolgen.

Das mit dem 72,2 Millionen Euro teuren Umbau betraute Büro Chaix & Morel et associés hat den angegrauten grossbürgerlichen Palast von einst in ein modernes, für jedermann zugängliches Museum verwandelt. Neu sind Zugänge für Behinderte, ein Café mit Blick auf den Garten, ein unterirdisches Auditorium und eine Buchhandlung. Ausstellungs- und Nutzfläche wurden je um rund die Hälfte auf 7450 beziehungsweise 22 650 Quadratmeter erweitert. Vor allem jedoch hat der Petit Palais weitgehend seinen Ursprungszustand wiedergefunden. Und das bedeutet: Licht, Licht und nochmals Licht. Mit ihrem Spiel von Durchblicken und Reflexionen, mit dem durch meterhohe Glasfronten einfallenden Sonnenlicht und dem von Glasdächern verströmten Oberlicht war Giraults Architektur ihrer Zeit voraus. Mangels Klimatisierung mussten Fenster zugestellt und Zwischenwände errichtet werden. Jetzt ist das Gebäude wieder von Helligkeit durchflutet - so sehr, dass man in der Galerie für Wechselausstellungen zur Seine hin manchmal die Augen zukneift.

Laut Gilles Chazal, dem Direktor des Museums, hat dieses weder den Anspruch, enzyklopädisch zu sein, noch, einen chronologischen Parcours der westlichen Kunst auszubreiten. Vielmehr gehorche die Präsentation der Exponate dem Prinzip der «suggestiven Gegenüberstellungen». Ein schlüssiger Ansatz: Sowohl die räumliche Konfiguration als auch das Profil der - an überraschenden Schwerpunkten wie an augenfälligen Lücken reichen - Sammlung laden den Besucher dazu ein, gleichsam von Überraschung zu Überraschung zu vagabundieren. Wiewohl die Säle von 1 bis 40 nummeriert sind, empfiehlt sich ein Rundgang «à la carte». Mit etwas gutem (oder schlechtem) Willen kann man so Courbets «Demoiselles des bords de la Seine» und einen grazilen Nachttisch von Pierre IV Migeon aufeinander treffen lassen. Oder Delacroix' «Combat du Giaour et du Pacha» und mittelalterliche Elfenbeinschnitzereien. Oder ein Pastellbild von Odilon Redon und eine kretische Ikone. Wiewohl der Petit Palais so manches Meisterwerk besitzt, ist er nicht eigentlich das, was man ein «grosses Museum» nennen würde. Dafür aber eines, das durch seine Art, kleine und grosse Kunstwerke in Dialog treten zu lassen, Geist und Sinne kitzelt.

Neue Zürcher Zeitung, Sa., 2005.12.10

27. Juni 2005Marc Zitzmann
Neue Zürcher Zeitung

Stadt, Land, Strom

Die Städte Bordeaux, Lyon und Orléans haben Pläne erarbeitet, um ihre Flussufer zurückzugewinnen. Die Projekte sind vom finanziellen und zeitlichen Rahmen her sehr verschieden. Während in Orléans ein Abschnitt des Kanals wiedereröffnet und in Bordeaux das linke Ufer umgestaltet wird, entsteht in Lyon ein neues Zentrumsviertel.

Die Städte Bordeaux, Lyon und Orléans haben Pläne erarbeitet, um ihre Flussufer zurückzugewinnen. Die Projekte sind vom finanziellen und zeitlichen Rahmen her sehr verschieden. Während in Orléans ein Abschnitt des Kanals wiedereröffnet und in Bordeaux das linke Ufer umgestaltet wird, entsteht in Lyon ein neues Zentrumsviertel.

Bordeaux, Lyon und Orléans - drei Städte, die im 20. Jahrhundert dem jeweiligen Fluss, an dem sie liegen, den Rücken zuwandten. Und die in den letzten Jahren ambitiöse Pläne erarbeitet haben, um ihren Uferbereich zurückzugewinnen. Wo früher Handel und Industrie dominierten, heissen die Leitworte heute Lebensqualität, Patrimonium, Ökologie und Tourismus. Die topographischen Gegebenheiten in den drei Städten sind sehr verschieden, desgleichen das Budget und der zeitliche Rahmen der urbanistischen Arbeiten. Dennoch findet sich so manche Gemeinsamkeit.
Der Kanal von Orléans

Die Loire, an welcher Orléans liegt, ist seit 1957 offiziell kein Wasserweg mehr. Steht man auf dem Pont Georges V im historischen Stadtzentrum, begreift man sogleich warum. Der Wasserstand ist niedrig, hier und da bilden sich kleine Stromschnellen. Sandbänke und Miniaturinseln säumen den Lauf - nicht umsonst wird die Loire oft als der letzte Wildfluss Europas bezeichnet. Der neu zu gestaltende Uferbereich geht vom Pont Georges V aus nach Osten. Ein Spaziergang diese Strecke entlang gleicht einer Reise per aspera ad astra. Am Quai du Châtelet, vor der neu mit einem Wellenmuster aus zweifarbigem Kalkstein gepflasterten Place de Loire, erstreckt sich über mehrere hundert Meter hinweg eine etwa 25 Meter tiefe, sanft zum Fluss hin abfallende Promenade. Diese ist durchweg gepflastert und diente bis vor kurzem als Parkplatz. Fünf hölzerne «Balkone» mit Sesseln aus Metall fungieren hier als Aussichtsplätze. Am Ende des Quai du Fort Alleaume befindet sich die gleichnamige verschlammte Schleuse, hinter welcher der parallel zum Fluss verlaufende Canal d'Orléans 1963 über etwa einen Kilometer zugeschüttet worden ist. Nach dem massiven Pont Thinat führt der Weg an einem asphaltierten Parkplatz entlang. Vor Grossläden für Baumaterialien lassen Halbwüchsige ihre Autoradios dröhnen oder rauchen Joints.

Am Übergang zum Chemin du Halage ändert sich das Bild dann jäh. Die Nationalstrasse 152, die bisher die Uferpromenade von der Stadt abgeschnitten hat, verschwindet - wie bald auch das suburbane Umfeld, das gepflegten Landhäusern und einer üppig grünenden Böschung weicht. Der etwa anderthalb Meter breite Deich, der den Canal d'Orléans vom Fluss trennt, ist ab hier begehbar - und nachdem man am Port Saint-Loup das Hindernis des dort 2003 zusammengestürzten Deichabschnitts umgangen hat, ist das Becken auch wieder mit Wasser gefüllt. Von da an wird die Promenade atemberaubend: links der schmale Kanal, in dem gelbe Seerosen blühen, rechts der majestätische Fluss mit seinen von Misteln überwucherten Bäumen auf unregelmässigen Inseln. Zum Horizont hin schlängelt sich über Kilometer hinweg das Steinband des Deichs, auf welchem Enten schlafen und Reiher sinnieren. So führt der Weg vom Pont Georges V bis nach Combleux aus dem Zentrum der Stadt ins Herz der Natur.

Im November 2002 hat der Verbund der 22 Gemeinden des Grossraums Orléans das «Grand Projet Loire / Trame Verte» angenommen. In Orléans selbst ist von dem Projekt vornehmlich der Uferbereich zwischen den Ponts Georges V und Thinat betroffen. Die RN 152 soll auf sechs Meter verengt und ein Fahrradweg geschaffen werden. Die Uferpromenade hinter der bestehenden Platanenreihe wird restauriert, bepflanzt und beleuchtet sowie mit Stadtmöbeln versehen. Leichte Kioske und zwei traditionelle Loire- Schiffe, die ein Café und ein Restaurant beherbergen, empfangen die Flaneure. Eines der Hauptziele des Projekts ist es, den Fluss zu beleben. Kleine Boote sollen an festen oder schwimmenden Pontons anlegen können. Der zugeschüttete Kanalabschnitt wird wiedereröffnet, die Ecluse du Fort Alleaume wieder in Betrieb gesetzt. Insgesamt sind im Grossraum 27 Eingriffe für eine Gesamtsumme von 30 Millionen Euro vorgesehen (davon 6,5 Millionen Euro für Orléans selbst); das Gros der Arbeiten beginnt 2006. Ausserhalb der Stadtgrenzen ist unter anderem die Schaffung eines 300 Hektaren grossen «Parc de Loire» südöstlich des Zentrums geplant und die Verbindung des Flusses mit einem seiner Arme, dem Loiret, durch «grüne Ströme» von Parks, Wiesen, Baumschulen und Wanderwegen.

Licht und Wasser in Bordeaux

Geht es in Orléans vor allem darum, ein Plus an Lebensqualität zu gewinnen und dem Image der Stadt ein schärferes Profil zu verleihen, so galt es in Bordeaux recht eigentlich, die Gironde- Kapitale aus dem Dornröschenschlaf zu wecken. Neben dem Bau von drei Ende 2003 eröffneten Tramlinien - mit welchem sie eng verquickt ist - bildete die Umgestaltung der Uferzonen das urbanistische Grossprojekt der Stadtregierung um den ehemaligen Premierminister Alain Juppé (1995-2004). Ein kluger Schachzug war es, den eigentlichen Arbeiten 1995 den «Plan Lumière» vorausgehen zu lassen. Mit der Place de la Bourse beginnend, wurden über zwanzig Plätze, Gebäude und Monumente am historischen linken Ufer erleuchtet. Die Scheinwerfer liessen die Bewohner ihre Stadt neu entdecken - deren Pracht, aber auch deren Schattenseiten. Zu diesen zählten die Verwahrlosung vieler Gebäude und die hermetische Abriegelung der Uferzone. Ab 1997 wurden fast alle 244 flussseitigen Fassaden zwischen dem Quai de Paludate und dem Quai de Bacalan renoviert; die Gitter vor dem Uferbereich waren bereits im Vorjahr entfernt worden. Nachdem mehrere Hangars, die den Blick auf die Garonne versperrten, abgerissen und die Quais für Lastwagen gesperrt worden waren, lockten ab 1998 diverse Festveranstaltungen allsommerlich Zehntausende ans Ufer.

Ende 1998 wurde ein Wettbewerb für die Neugestaltung der Quais ausgeschrieben, den das Team um den Pariser Urbanisten Michel Corajoud gewann. Corajoud verteilte zunächst die verschiedenen Verkehrsstränge direkt auf fünf «Streifen»: Am Fluss eine mineralische Promenade mit langsamem Fahrradweg; dann eine Grünzone zum Verweilen. Anschliessend ein «boulevard urbain» mit zweimal zwei Spuren, Parkplätzen und schnellem Fahrradweg. Weiter zwei Tramspuren und endlich ein bis zu zehn Meter breites Trottoir mit einer baumgesäumten Fahrspur und Parkplätzen für die Anwohner.

Sodann unterteilte Corajoud die 4,5 Kilometer lange und 80 Meter breite Uferzone zwischen den «bassins à flot» und dem Pont Saint-Jean in fünf «Sequenzen». Von Norden nach Süden sollen einander folgen: Am Quai de Bacalan die im Oktober eröffneten Hangars 15 bis 19, in denen (Gross-)Läden und Restaurants untergebracht sind, sowie der minimalistisch-graue, für Messen und Ausstellungen bestimmte Hangar 14 und der neu errichtete High-Tech-Hangar 20, der ein Zentrum zur Popularisierung der Naturwissenschaften beherbergt. Am Quai des Chartrons breite, von den Cafés und Restaurants gern genutzte Trottoirs sowie fünf kleine Plätze unter lauschigen Bäumen. Östlich der Esplanade des Quinconces eine direkt am Fluss gelegene, 15 000 Quadratmeter grosse Rasenfläche, von der aus der Blick zum neuen botanischen Garten auf dem andern Ufer schweift. Auf der Place de la Bourse eine weite Fläche, die sich ein paar Zentimeter hoch überfluten lässt, damit sich im Wasser die Fassade des Palais Gabriel spiegle, sowie beidseits ein «rideau d'eau» und am Ufer ein schwimmender Ponton. Südlich des Pont de Pierre endlich ein fünf Hektaren grosser Park.

Corajouds Entwurf führt eine Form von urbaner Gastlichkeit ein, verleiht aber zugleich - die bisher realisierten Arbeiten zeigen es - jeder Sequenz ein individuelles Gesicht: industriell im Norden, dörflich-gesellig am Quai des Chartrons, raffiniert mit aquatischen Metaphern spielend an der Place de la Bourse. Die auf 109 Millionen Euro (ohne die drei Tramlinien) veranschlagten Arbeiten sollen bis zu den nächsten Gemeindewahlen 2007 vollendet sein. Um 2009 folgt die Eröffnung einer Brücke zwischen dem rechten Ufer und dem Quai de Bacalan; bis dahin sollte auch entschieden sein, was dort aus den beiden zusammen über 20 Hektaren grossen, seit 1982 nicht mehr genutzten Schwimmdocks wird.

Eine Place nautique für Lyon

Geht es in Bordeaux um die Neugestaltung des gesamten linken Ufers, so eignet dem Projekt «Lyon Confluence» noch einmal eine andere Dimension. Hier ist nicht nur ein vergleichsweise schmaler Streifen direkt am Fluss betroffen, sondern ein ganzes, anderthalb Quadratkilometer grosses Viertel in nächster Nähe zum Stadtzentrum. Das «Confluence»-Areal bildet die untere Hälfte der Presqu'Ile zwischen Saône und Rhone, welche, wie der Name sagt, an seiner Südspitze zusammenfliessen. Hier ist das Wasser allgegenwärtig - auch bei der Neugestaltung des Inneren der Halbinsel. - Die Nordhälfte der Presqu'Ile ist grossstädtisch bebaut im Stil des 19. Jahrhunderts. Hier finden sich das Rathaus, das Musée des Beaux-Arts, Jean Nouvels Opernhaus und die zentralen Places des Terreaux, de la République, Bellecour und Carnot. Im Süden der Place Carnot ändert sich das Stadtbild radikal. Das den Platz begrenzende Centre d'échanges, ein 1976 eröffneter Klotz aus Beton, Stahl und Glas, trägt den Übernamen «le Bunker» nicht unverdient. Seine Funktion ist es, Verkehrsmittel wie Bus, Tram, Métro, Zug (TGV) und Auto miteinander zu verknüpfen. Vor allem jedoch verbirgt er die Anschlussstelle zwischen den Autobahnen 6 (Paris-Lyon) und 7 (Lyon-Marseille), die in den sechziger Jahren über die Halbinsel geführt wurden. Zusammen mit dem hinter dem Zentrum gelegenen Bahnhof Perrache, dessen Gleise die Presqu'Ile entzweischneiden, bildet dieser «mur de la honte» eine für Fussgänger nur schwer zu nehmende Hürde.

Es gibt drei Wege, um zur Südspitze der Halbinsel zu gelangen. Die Strecke im Osten ist mit Abstand die unangenehmste. Zwischen der Autobahn, die am Fluss entlang röhrt, und der endlosen, abweisenden Fassade des Marché de gros evoziert der menschenleere Quai Perrache eine industrielle Geisterstadt. Abgewrackte Wohnmobile parkieren - wie lang wohl schon? - am Strassenrand; es stinkt nach Urin und Fäulnis. Am Ende der Rue Wuillerme taucht plötzlich ein gespenstischer Jahrmarkt auf, dessen Karussells sich im Leerlauf drehen. Nach dem asphaltierten Grauen des Carrefour Pasteur gelangt man unter der Autobahn hindurch endlich zur nadelförmigen Südspitze. Wasser zu beiden Seiten, hüfthohes Gras und Bongotrommler zwischen Mohnblumen - ein Ort abseits der Welt. Hier wird Coop Himmelb(l)au bis 2008 das Musée des Confluences errichten, eine riesige dekonstruktivistische «Kristallwolke», die ein Wissens- und Gesellschaftsmuseum beherbergt.

Architektur von heute am Wasserpark

Der Rückweg auf der Westseite ist ungleich angenehmer. Der Saône entlang wurde 2001 eine provisorische Uferpromenade eingerichtet, die bis zum 2,5 Kilometer entfernten Bahnhof Perrache führt. Im Gegensatz zum urbanen Ostufer der Rhone wartet das Westufer der Saône mit grünen Hügeln auf. An Hausbooten und Margeritenwiesen vorbei gelangt man zu den Docks Rambaud, wo das imposante Entrepôt La Sucrière seit 2003 die Biennale d'art contemporain empfängt. Unter der Zugbrücke hindurch wieder am Bahnhof angelangt, mag man von dort aus den letzten Weg zur Südspitze erkunden wollen. Im Gegensatz zu den beiden anderen führt dieser durchs Innere der Halbinsel. Der Anfang ist wenig einladend: Wie viele Anwohner muss man auf einem schmalen Gehsteig neben Autos eine «voûte» durchqueren, einen der beiden langen Tunnel unter dem Centre d'échanges. Dann jedoch landet man auf der - zurzeit im Umbau befindlichen - Place des Archives und erhält einen ersten Eindruck vom künftigen Aussehen des Viertels. Das Stadtarchiv hat sich hier in der früheren Briefverteilanlage niedergelassen, deren blonder Steinwand zum Platz hin der Architekt Albert Constantin eine wintergartenartige Glasfassade vorgeschoben hat.

Die Place des Archives wird ihrer doppelten Bestimmung als Vorplatz des Bahnhofs und als städtischer Garten entsprechend einen mineralischen, offenen und einen begrünten, intimeren Teil aufweisen. In der bekannten Tradition des Lyoner Parkhäuserbaus werden die acht Garagengeschosse für 632 Autos unter dem Platz je durch eine Regenbogenfarbe individualisiert; die beiden Spiralen zur Auf- und Abfahrt soll je ein 22 Meter hoher «mur végétal» von Patrick Blanc begrünen.

Der Cours Charlemagne, die zentrale Achse des Perrache-Viertels, führt von hier aus zur Südspitze. Während die Gleise und Haltestellen des Trams, das 2007 bis zum Musée des Confluences fahren wird, bereits im Bau sind, ist von den ambitiösen Bauten, die westlich des Cours Charlemagne entstehen sollen, noch nichts zu sehen. Ein paar Zahlen verdeutlichen die Dimensionen des Projekts. Die erste Phase läuft bis 2015: Bis dahin soll für 780 Millionen Euro ein neuer Stadtteil entstehen, dessen Einwohner- und Arbeitsplatzzahl von heute je 7000 auf 25 000 beziehungsweise 22 000 steigen dürfte.

Interessant ist der Masterplan des Urbanisten François Grether - der auch das «Grand Projet Loire» in Orléans konzipiert hat - und des Landschaftsarchitekten Michel Desvigne: Den Mittelpunkt des neuen Westviertels bildet die Place nautique, ein 340 Meter langes und bis zu 70 Meter breites Becken, das von der Saône bis fast zur zentralen Achse des Cours Charlemagne reicht. Von weiten, stufenförmigen Quais umgeben, stellt es laut seinem Architekten, Georges Descombes, einen gut zwei Hektaren grossen «Hafenpark» dar. Im Süden schliesst ein Einkaufs- und Vergnügungszentrum mit sanft gewellten Segeldächern an, im Osten eine Eisenbahnbrücke. Die Nordseite des Beckens wird von drei Häuserblocks begrenzt, deren Bauträger unter dem dreifachen Aspekt der funktionalen und sozialen Diversität, der Umweltverträglichkeit und der architektonischen Qualität ihrer Projekte ausgewählt wurden. Die Vielfalt der bis 2007/08 fertigzustellenden Bauten ist tatsächlich gross; unter den beteiligten Architekten finden sich Massimiliano Fuksas, Erick van Egeraat, Manuelle Gautrand sowie Winy Maas vom trendigen Rotterdamer Büro MVRDV. Endlich wird am Uferbereich um die Place nautique bis 2008 ein 7,3 Hektaren grosser Park entstehen. Dieser besteht aus einer Promenade an der Saône, dahinter gelegenen «Wassergärten» mit begehbaren Inselchen sowie rechtwinklig vom Ufer aus ins Innere der Halbinsel vorstossenden Plätzen, Gärten und begrünten Strassen.

Qualitative Kriterien

Der Masterplan von Grether und Desvigne vermittelt zwischen Fluss und Land, zwischen öffentlichen und privaten, lokalen und internationalen Bereichen. Zu begrüssen ist, dass die öffentliche Hand die zu diesem Zweck gegründete Société d'économie mixte Lyon Confluence (SEM) mit allen Aspekten der Neugestaltung der freien oder frei werdenden Areale des Perrache- Viertels betraut hat. Im Fall der Vergabe der Grundstücke an der Place nautique etwa wählte die SEM die Bauträger in erster Linie nach qualitativen und nicht nach finanziellen Kriterien aus. Die erste Phase der Neugestaltung des Perrache- Viertels wird im Jahre 2015 enden. Kapitale Entscheidungen für die Zukunft der südlichen Halbinsel stehen aber noch aus, namentlich was die Umwandlung des Gefängnisses, des Grossmarkts und des Centre d'échanges sowie die lang ersehnte Beseitigung der Autobahnen betrifft. Auch die Immobilienprojekte, der Aus- und Umbau der Infrastrukturen und die Anlage des Saône-Parks werden 2015 noch lange nicht abgeschlossen sein.

Gelingt es Lyon, bei der Neugestaltung des Perrache-Viertels dem Druck des Immobilienmarkts standzuhalten und sich nicht durch administrative Prozeduren lähmen zu lassen, könnte die Stadt in die Riege der europäischen Metropolen mit einem wirklich profilierten, dynamischen Image vorrücken. Mit Leitbegriffen wie «Umweltverträglichkeit», «Mitsprache der Bürger» und «zeitgenössische Architektur» schlägt die Urbanisierung der Halbinsel den richtigen Weg ein.

Informationen unter: www.agglo-orleans.fr, www.lacub.com, www.lyon-confluence.fr.

Neue Zürcher Zeitung, Mo., 2005.06.27

13. Juni 2005Marc Zitzmann
Neue Zürcher Zeitung

Geometrie, Licht und Komfort

Als Protagonist des modernen Bauens in Frankreich ist Robert Mallet-Stevens etwas in Vergessenheit geraten. Bewundert werden aber noch immer seine Hauptwerke: die Villen Noailles und Cavrois. Eine grosse Ausstellung im Pariser Centre Pompidou zeichnet jetzt ein vollständiges Porträt des Mitbegründers der Union des Artistes Modernes.

Als Protagonist des modernen Bauens in Frankreich ist Robert Mallet-Stevens etwas in Vergessenheit geraten. Bewundert werden aber noch immer seine Hauptwerke: die Villen Noailles und Cavrois. Eine grosse Ausstellung im Pariser Centre Pompidou zeichnet jetzt ein vollständiges Porträt des Mitbegründers der Union des Artistes Modernes.

«In die Kompositionen von Mallet-Stevens», schrieb Georges-Henri Pingusson 1978 über seinen Kollegen, «schlich sich eine Art Magie, ein ausserordentliches Parfum von Futurismus, eine vorweggenommene Präsenz dessen, was geboren werden wird, eine kubistische Logik und Kraft, die über die dekorativen Formen hinausgingen.» Sigfried Giedion sah das anders: Nannte er doch Mallet-Stevens 1928 einen Formalisten, «der die neuen Mittel über das alte Skelett zieht». Robert Mallet-Stevens (1886-1945) ist noch heute eine schwer einzuordnende Figur. Als Vertreter der «zweiten Generation» des modernen Bauens in Frankreich - nach Tony Garnier und den Brüdern Perret - war er in der Zwischenkriegszeit neben Le Corbusier der markanteste Vertreter seiner Zunft. Doch spätestens seit seinem Tod 1945 steht sein Werk im Schatten des grossen Schweizers. Mallet-Stevens' Interesse für rein Technisch- Konstruktives war gering, wie auch seine Neigung zu radikal-utopischem Theoretisieren. Soziale Wohnbauten, urbanistische Projekte oder auch industriell produzierte Möbel spielen in seinem Œuvre allenfalls eine Nebenrolle. Kommt hinzu, dass seine Archive auf eigenen Wunsch hin vernichtet und viele Hauptwerke jahrelang dem Verfall preisgegeben wurden.

Belle Epoque und Modernismus

Eine grosse Ausstellung im Pariser Centre Pompidou entwirft nun ein vollständiges Porträt dieses Meisters der «geometrischen Präzision der Form» (Konstantin Melnikow). Die ungewohnt schnörkellos und allgemein verständlich gehaltene Schau ist chronologisch geordnet und in dreizehn bio- oder monografische Sequenzen unterteilt. Die Szenographie verzichtet bis auf das Eingangsportal, das den Pavillon du tourisme von 1925 in Erinnerung ruft, auf architektonische Anspielungen. Doch eignet ihr durchaus Atmosphäre: So evozieren etwa die türkisblauen Wände des ersten Saals die Belle Epoque, in der Mallet-Stevens' erste Arbeiten entstanden sind.

Nach seinem Studienabschluss an der Pariser Ecole spéciale d'architecture knüpft Mallet-Stevens Kontakte in den Pariser Avantgardekreisen und legt eine Vielzahl von Projekten vor, von denen - auch wegen des Kriegs - keines vor 1923 realisiert wurde. Das «Œuvre de papier» dieses ersten Schaffensjahrzehnts steht vom architektonischen Vokabular wie von der grafischen Umsetzung her stark unter dem Einfluss von Josef Hoffmann. In Brüssel hatte der Österreicher für Mallet-Stevens' Onkel und Tante das nach ihnen benannte Palais Stoclet entworfen, sein 1911 vollendetes Hauptwerk. Der junge Architekt lernte Hoffmann wohl auf der Baustelle kennen, arbeitete möglicherweise gar in seinem Büro.

Das «wienerische» Idiom findet sich noch in der 1922 veröffentlichten Mappe «Une Cité moderne». In jenem Jahr stellt Le Corbusier am Pariser Salon d'automne seinen kühnen Entwurf einer «Ville contemporaine» für drei Millionen Einwohner vor. Nichts dergleichen bei Mallet- Stevens: Jede der 32 Zeichnungen zeigt ein Einzelgebäude, das zwar eine bestimmte Funktion verkörpert (Bank, Kino oder Museum), aber in keinerlei urbanistischen Kontext eingebunden ist. Interessanterweise lässt die Ausstellung 20 gleich geartete Zeichnungen folgen, die wohl von 1923/24 stammen: auch hier kontextlose Gebäude mit je einer präzisen Funktion - doch das «Wienerische» ist einer modernistischen Einfachheit gewichen, mit Flachdächern, glatten Fassaden und schlichten kubischen Volumen.

Von der Villa Noailles zur Villa Cavrois

Mallet-Stevens' erster grosser Wurf - ein 1921 vom Couturier Paul Poiret in Auftrag gegebenes Schloss kam über den Rohbau nicht hinaus - ist die 1923 bis 1932 in Hyères entstandene Villa Noailles. Aus dem «kleinen, interessant zu bewohnenden Haus», das der Vicomte de Noailles beim Architekten bestellt hatte, wurde durch sukzessive Anbauten ein labyrinthisches modernes Schloss mit rund sechzig Räumen und einer Gesamtfläche von 2000 Quadratmetern. Der Komplex überzeugt nicht restlos: Als Ganzes wirkt er heterogen, denn ein Gutteil der Hinzufügungen stammt von einem lokalen Architekten. Die Glasziegel der Decke des Schwimmbads wurden bald undicht und opak. Bemerkenswert ist jedoch die Art, wie die Villa bildartige Ausblicke auf die umgebende Hügellandschaft freigibt. Für die Innengestaltung wurden Koryphäen wie Pierre Chareau (Mobiliar), Henri Laurens (ein Basrelief), Theo Van Doesburg und Sybold van Ravesteyn (je ein Raum) verpflichtet; den kubistischen Garten entwarf Gabriel Guévrékian. 1928 liess Man Ray im Film «Les Mystères du château de Dé» Mallet- Stevens' Architektur die Hauptrolle spielen - der surrealistische Wachtraum ist neben weiterem Filmmaterial in der Ausstellung zu sehen.

Die Zusammenarbeit mit Künstlern aus anderen Sparten bildet eine Konstante im Schaffen des Architekten. Im Ehrenkomitee der von ihm 1914 gegründeten Zeitschrift «Nouvelle manière» fanden sich der Bildhauer Bourdelle, der Komponist Debussy, der Maler Denis und der Schriftsteller Maeterlinck. Als gefragter Filmausstatter konzipierte Mallet-Stevens unter anderem die Dekors von Marcel L'Herbiers Film «L'Inhumaine» (1923), der als eine Art Résumé der französischen Avantgarde gedacht war und an dem Chareau, Léger, Milhaud und Poiret mitarbeiteten. Auch in Mallet-Stevens' eigentlichem Meisterwerk, der 1932 in Croix bei Lille vollendeten Villa Cavrois, finden sich neben raffinierten eigenen Möbeln Beiträge von Jean Prouvé, den Brüdern Martel und vor allem die geniale indirekte Beleuchtung von André Salomon. Die Villa wurde zu einem Manifest des Geistes der Union des Artistes Modernes, die Mallet-Stevens 1929 mitgegründet hatte. Zugleich bildet sie eine gelungene Synthese der wichtigsten Inspirationsquellen des Architekten, vom Palais Stoclet über den Kubofuturismus bis zur Gruppe De Stijl. - Neben weiteren Inkunabeln der französischen Moderne wie den fünf Hôtels particuliers der Rue Mallet-Stevens in Paris (1926-1934) dokumentieren die Schau und der von ihrem Kurator, Olivier Cinqualbre, herausgegebene Werkkatalog auch Mallet-Stevens' Wirken als Innenarchitekt, als Möbelbauer und als Lehrer.

Nach 1930 wandte er sich vermehrt dem Entwurf von Schulen, Museen oder Ausstellungspavillons zu. Nicht alle Projekte fielen so überzeugend aus wie dasjenige des Pavillon de l'électricité an der Pariser Exposition des arts et techniques von 1937 - die meisten wurden erst gar nicht gebaut. Das Leben spielte dem eleganten Hedonisten nicht eben gut mit. Mallet-Stevens zählte zu jener Generation, deren Berufseinstieg vom Ersten Weltkrieg und deren Reifezeit von der Wirtschaftskrise und dem Zweiten Weltkrieg überschattet wurde. Mit seiner jüdischen Frau floh er 1940 in die freie Südzone. Im Gegensatz zu vielen Zunftgenossen war es ihm nicht vergönnt, nach der Libération am Wiederaufbau mitzuwirken. Anfang 1945 starb der Architekt an den Folgen einer schweren Krankheit. Sein Werk, dessen Leitwörter Rationalität, Geometrie, Lichtfülle, Hygiene und Komfort heissen, geriet halb in Vergessenheit. Die vorbildliche Schau im Centre Pompidou gleicht einer Rehabilitation.

Bis 29. August im Centre Pompidou in Paris. Katalog: Robert Mallet Stevens. L'œuvre complète. Ed. du Centre Pompidou, Paris 2005. 240 S., Euro 39.90.

Neue Zürcher Zeitung, Mo., 2005.06.13

29. März 2005Marc Zitzmann
Neue Zürcher Zeitung

Solitär, schlecht eingefasst

In der Schweiz ist Patrick Berger mit dem Neubau der Uefa in Nyon und mit einer Retrospektive in Mendrisio bekannt geworden. In seiner Heimat Frankreich hingegen ist der an der ETH Lausanne tätige Architekt noch immer nur in Fachkreisen bekannt. Eine Ausstellung in Paris soll sein Werk nun bekannter machen.

In der Schweiz ist Patrick Berger mit dem Neubau der Uefa in Nyon und mit einer Retrospektive in Mendrisio bekannt geworden. In seiner Heimat Frankreich hingegen ist der an der ETH Lausanne tätige Architekt noch immer nur in Fachkreisen bekannt. Eine Ausstellung in Paris soll sein Werk nun bekannter machen.

Der 1947 geborene Pariser Architekt Patrick Berger ist in Frankreich fast nur in Fachkreisen bekannt. Daran haben auch in jüngerer Zeit eine Ausstellung in der Pariser Galerie d'architecture und die Verleihung des letztjährigen Grand Prix national de l'architecture nur wenig ändern können. Und auch die Werkschau, die das Institut français d'architecture und die im Entstehen begriffene Cité de l'architecture et du patrimoine dem Schöpfer jetzt in ihren provisorischen Räumlichkeiten im Palais de la Porte dorée widmen, dürfte den Bekanntheitsgrad des langjährigen Architekturprofessors an der ETH Lausanne nur leicht erhöhen.

Berger ist kein Liebhaber postmoderner Diskurse oder flamboyanter Gesten: Ikonoklastisches Theoretisieren und aufsehenerregende Medienauftritte sind seine Sache nicht. Seine jüngst bei den «Presses polytechniques et universitaires romandes» wiederaufgelegte städtebauliche Studie «Formes cachées, la ville» ist im Tonfall eines hehren, oftmals recht undurchdringlichen Idealismus verfasst. Und auch Bergers Bauwerke mögen auf den ersten Blick nüchtern, ja abweisend wirken: Ihre klassizistische Strenge wird in Frankreich gern «calvinistisch» genannt. Exemplarisch hierfür steht der Uefa-Sitz in Nyon (NZZ 21. 3. 97), an dem sich die Grundelemente von Bergers Vokabular ablesen lassen. Zu nennen wäre etwa die Schichtung klar voneinander abgesetzter identischer Stockwerke, die eine Art «Blätterteigeffekt» zeitigt. Dieser Effekt findet sich auch in dem 2003 vollendeten Gebäude für die soziokulturellen Aktivitäten des Pariser Verkehrsverbunds RATP und dem im Bau befindlichen Hôtel d'agglomération de Rennes-Métropole. Besonders raffiniert wird das Prinzip im Wettbewerbsentwurf für das Musée des civilisations de l'Europe et de la Méditerranée in Marseille umgesetzt: Hier durchbricht eine breite, sich nach oben erweiternde verglaste Spirale vier dünne rechteckige Plattformen, die den Rundbau wie Balkone umlaufen. Stets wird dabei die Vertikalität der einzelnen «Schichten» durch den stark horizontal artikulierten Raster der Fassaden ausbalanciert.

Sodann verschleiern - vor allem in jüngeren Projekten - geschwungene Formen die vorherrschende Orthogonalität und gerät die Symmetrie bisweilen ins «Rutschen». Im Hôtel d'agglomération in Rennes etwa ist der zentrale Versammlungssaal linsenförmig; so auch der für den italienischen Collodi-Park entworfene «Vogelpavillon», dessen elf «Schichten» sich nach oben hin verjüngen. Die Skizzen für den Perinatologie- Komplex des Cochin-Krankenhauses in Paris, ein Wettbewerbsentwurf von 2004, veranschaulichen ihrerseits, wie sich zweimal vier Rechtecke durch Dehnung, Stauchung und Verschiebung zu einem komplex geschwungenen Grundriss verformt haben. Noch andere Merkmale von Bergers Handschrift treten in der Ausstellung zutage: seine Vorliebe für extrem langgezogene, schmale Lichtschächte, der stete Einbezug der Natur - neuerdings auch klimatischer Parameter wie Sonneneinfall oder Luftzirkulation - und die Sorge um städtebauliche Integration, von welcher auch eine Vielzahl urbanistischer Projekte zeugen.

Trotz ihrem Materialreichtum - vier Modelle wurden sogar eigens für den Anlass angefertigt - wird die Schau der Vielschichtigkeit von Bergers nur vordergründig minimalistischem Werk nicht wirklich gerecht. Schöpfer sind selten die besten Vermittler ihrer eigenen Kreationen: so auch hier. Der vom Architekten selbst konzipierten Ausstellung fehlt es an Savoir-faire; die eigenhändig verfassten Kurztexte zu jedem Projekt ermangeln der Genauigkeit, sprachlich wie inhaltlich. Auf den für Berger charakteristischen Umgang mit kostbaren Materialien wird nur ganz am Rand verwiesen; viele Entwürfe vermag man sich nur sehr vage vorzustellen. Punkto Informationsgehalt bleibt der Katalog noch hinter der Schau zurück. Kurz: eine verpasste Gelegenheit, einen kennenswerten Architekten bekannter zu machen.

[ Bis 15. Mai. Katalog: Milieux, Patrick Berger. Cité de l'architecture et du patrimoine, Paris 2005. 184 S., Euro 30.-. ]

Neue Zürcher Zeitung, Di., 2005.03.29

26. Januar 2005Marc Zitzmann
Neue Zürcher Zeitung

Der Holocaust in Buchstaben und Bildern

Das Mémorial de la Shoah, das morgen in Paris der Öffentlichkeit übergeben wird, präsentiert sich als das grösste seiner Art in Europa. Mehr als um ein Mahnmal handelt es sich um ein umfassendes Dokumentationszentrum.

Das Mémorial de la Shoah, das morgen in Paris der Öffentlichkeit übergeben wird, präsentiert sich als das grösste seiner Art in Europa. Mehr als um ein Mahnmal handelt es sich um ein umfassendes Dokumentationszentrum.

Vor sechzig Jahren wurde das Vernichtungslager Auschwitz befreit. Seit 1996 wird am 27. Januar in Deutschland alljährlich offiziell der Opfer des nationalsozialistischen Terrors gedacht. Auch in vielen anderen europäischen Ländern - darunter seit 2004 die Schweiz - ist dieser Tag ein «Tag des Gedenkens an den Holocaust und der Verhütung von Verbrechen gegen die Menschlichkeit». Es hätte sich angeboten, das Berliner Holocaust-Mahnmal an diesem Datum zu eröffnen - was aber erst am 10. Mai geschehen wird. Dafür wird morgen in Paris das Mémorial de la Shoah der Öffentlichkeit vorgestellt.

Eine Mauer mit 76 000 Namen

Steht man im Vorhof des Memorials, das von der Rue Geoffroy-l'Asnier im historischen Judenviertel durch massive Metallgitter abgeschirmt wird, blickt man auf eine vierzehn Meter hohe blinde Steinfassade. Die beiden Seitenwände des Hauptgebäudes sind aus Beton und bilden ein Geflecht aus Davidsternen. Im vorderen Teil des Vorhofs befindet sich ein über mannshoher Zylinder aus Bronze, der die Schornsteine der Vernichtungslager evoziert. Unter dem Vorhof ist über zwei Treppen die Krypta zu erreichen, ein weiter Raum, der im Halbdunkel liegt. Durch den Zylinder fällt von oben Tageslicht auf einen grossen Stern aus schwarzem Marmor, unter dem die Asche von Opfern aus Auschwitz-Birkenau, Belzec, Chelmno, Majdanek, Sobibor, Treblinka sowie Mauthausen und dem Warschauer Ghetto in Erde aus Israel begraben liegt. Dieser Teil des Komplexes wurde 1956 fertiggestellt; das Mémorial du Martyr Juif Inconnu - eine Anlehnung an die republikanische Tombe du Soldat Inconnu - steht seit 1991 unter Denkmalschutz.

Den Architekten Antoine Jouve und Simon Vignaud stellte sich die Aufgabe, diesem Komplex drei dahinter gelegene Wohnhäuser aus den 1840er Jahren anzugliedern. Deren Fassaden weisen keinerlei Gemeinsamkeit auf mit der monumentalen Steinwand zur Rue Geoffroy-l'Asnier. Der Versuch einer Vereinheitlichung wurde erst gar nicht unternommen; hinter vielen Fenstern zur Rue du Pont Louis-Philippe prangen jetzt grosse Fotoporträts. Neu ist im historischen Vorhof ein Mur des noms, auf dem die Namen und Geburtsjahre von 76 000 deportierten französischen Juden eingemeisselt sind, alphabetisch und nach dem Jahr der Deportation geordnet.

Die Gesamtfläche hat sich von 1800 auf 5000 Quadratmeter erhöht. Das Museum und das Dokumentationszentrum haben neue Räumlichkeiten erhalten, ganz neu ist ein Multimediasaal mit zwölf Bildschirmen. Die Bestände entstammen dem Centre de Documentation Juive Contemporaine (CDJC), auf dessen Initiative hin einst das Mémorial du Martyr Juif Inconnu gebaut worden war. Aus der Fusion der beiden Institutionen ist jetzt das Mémorial de la Shoah hervorgegangen. Die Geschichte des CDJC verdient kurz erzählt zu werden. Gegründet wurde das Zentrum im April 1943 in Grenoble. Laut der Historikerin Annette Wieviorka war für Frankreichs Juden das Ende des Kriegs damals schon absehbar. Es sei für den Gründer des CDJC, den Geschäftsmann Isaac Schneersohn, darum gegangen, den Boden für das Danach zu bereiten: also möglichst viel Material für künftige Restitutionen und Forderungen nach Schadenersatz zu sammeln.

Wissen statt Emotionen

Die Geschichte der eigentlichen Bestände des CDJC beginnt erst nach 1945. Namentlich mit der Sicherung wichtiger Archive des Vichy- Regimes und der Besatzungsmacht (darunter die der Gestapo) durch einen jungen Mitarbeiter, den späteren Antisemitismusforscher Léon Poliakov. Der Bedeutung dieser Archive ist es zu verdanken, dass das CDJC zu den Nürnberger Prozessen einen permanenten Vertreter entsandte und die dort verwendeten Dokumente offiziell zugestellt bekam. In den achtziger Jahren stellte das Zentrum der französischen Justiz das sogenannte Télex d'Izieu zur Verfügung, dank welchem eine Anklage gegen Klaus Barbie, den Gestapo-Chef von Lyon, erhoben werden konnte. Lange Zeit war das CDJC die einzige Institution, die Dokumente zur Verfolgung und Vernichtung der französischen Juden sammelte; Robert Paxton hat hier ebenso geforscht wie Serge Klarsfeld. Auch wurde mit «Le Monde Juif» am CDJC 1946 die erste «Revue d'histoire de la Shoah» (so der heutige Titel) gegründet. 1997 deponierten die Archives nationales in der Krypta des Memorials die «Fichiers des juifs», ein 1991 von Klarsfeld entdecktes Konvolut verschiedener Karteien der Vichy-Verwaltung, in denen verhaftete, internierte, befreite oder gesuchte Juden aufgelistet wurden. Heute besitzt das Zentrum 1 000 000 Schriftstücke (fast alles Originale), 60 000 Fotos und 55 000 Bücher. Diese können im Lesesaal des vierten Stocks konsultiert werden.

Ein kleiner Teil davon ist in den 1000 Quadratmetern des unterirdisch gelegenen Museums zu sehen. Für die Szenographen Catherine Bizouard und François Pin war es keine einfache Aufgabe, die beiden schlauchartigen Hauptsäle so zu gestalten, dass ein Gefühl der Klaustrophobie vermieden werden konnte. Dank einer rhythmischen Raumaufteilung und der Verwendung kontrastierender Materialien - gestockter Beton für die Wände, Metall für die Decke, Kunstharz für den Boden - ist ihnen das gelungen. Die chronologisch-thematisch angelegte Dauerausstellung zeigt, von einem geschichtlichen Abriss des europäischen Judentums seit dem Mittelalter ausgehend, die Mechanismen auf, die von Hitlers Machtergreifung zum Völkermord geführt haben. Der Fokus liegt auf Frankreich, doch werden dortige Ereignisse immer in einen europäischen Kontext gestellt. Laut Jacques Fredj, dem Direktor des Memorials, sollten die Verfolgten nicht «comme des victimes, mais comme des acteurs de leur vie» gezeigt werden. Entsprechend finden sich neben Dokumenten der Nazis und ihrer Helfer auch viele Zeugnisse vom Leben und Handeln - einschliesslich des Widerstands - der Juden. Der Parcours mündet in einen in sanftes weisses Licht getauchten Saal, dessen Paneel mit 2550 kleinen Fotos aus Klarsfelds «Mémorial des enfants juifs déportés de France» bedeckt ist. Erst hier gestattet sich die Szenographie, die sonst streng neutral ist, etwas wie einen verhaltenen emotionalen Effekt.

Im ersten Stock liegen die Räume für Wechselausstellungen. Bis zum 17. April sind hier rund fünfzig Zeichnungen von David Olère zu sehen, einem Überlebenden des Sonderkommandos von Auschwitz. Kurz nach dem Krieg entstanden, wirken diese Werke wie ein einziger Schrei. Der Kontrast von Olères Pathos (und auch der Monumentalität des Memorials von 1956) einerseits und andererseits der Art, wie heute die Innengestaltung der neuen Gebäudeteile auf jede Art von Zeichenhaftigkeit verzichtet, ist sprechend. In den Nachkriegsjahren ging es darum, den Völkermord möglichst eindrücklich zu vergegenwärtigen, die Menschen zu frappieren, ja zu schockieren. Der heutige Umgang mit der Shoah ist ungleich sachlicher. Das Architektenteam habe auf jeden Kommentar, auf jedes «élément d'ambiance» verzichten wollen, erklärt François Pin bei einem Rundgang.

Die Innengestaltung der neuen Gebäudeteile ist tatsächlich funktional bis zur Banalität. Im Gegensatz zum Berliner Mahnmal mit seinen 2711 Betonstelen versucht das Pariser Memorial nicht einmal, ein Sinnbild zu finden für «eine Absage an die Vergegenwärtigung des Grauens mit ästhetischen Mitteln» (NZZ vom 18. 12. 04). Stattdessen setzt es auf Didaktik: Neben dem Museum und dem Dokumentationszentrum leisten auch Veranstaltungen für Kinder und Jugendliche, ambitiöse editorische Projekte sowie Diskussionen, Konferenzen und Filmprojektionen im neuen Auditorium Aufklärungsarbeit.

www.memorialdelashoah.org

Neue Zürcher Zeitung, Mi., 2005.01.26



verknüpfte Bauwerke
Mémorial de la Shoah

27. Dezember 2004Marc Zitzmann
Neue Zürcher Zeitung

Eine Wunderharfe über dem Wolkenmeer

Schrägseilbrücken erfreuen sich zunehmender Beliebtheit. Arbeiten von Christian Menn, Santiago Calatrava und Ben van Berkel haben in jüngerer Zeit die skulpturale Ausdruckskraft dieses Brückentyps vor Augen geführt. Der neue Viaduc de Millau ist demgegenüber weniger ein architektonischer Wurf als ein Emblem der französischen Tradition des staatlichen Verkehrsbaus. Freilich eines mit gewaltigen Dimensionen.

Schrägseilbrücken erfreuen sich zunehmender Beliebtheit. Arbeiten von Christian Menn, Santiago Calatrava und Ben van Berkel haben in jüngerer Zeit die skulpturale Ausdruckskraft dieses Brückentyps vor Augen geführt. Der neue Viaduc de Millau ist demgegenüber weniger ein architektonischer Wurf als ein Emblem der französischen Tradition des staatlichen Verkehrsbaus. Freilich eines mit gewaltigen Dimensionen.

Von einer Anhöhe aus überblickt man Millau, 23 000 Einwohner, die Unterpräfektur des französischen Département Aveyron. Ein pittoreskes Gewirr aus Ziegeldächern, in der klaren, kalten Winterluft das leichte Sfumato rauchender Schornsteine - und rechts über der Kirchturmspitze, weit im Hintergrund, die weisse Silhouette einer Art Wunderharfe, wie von Geisterhand zwischen zwei Hügel gezaubert.

«Viele Leute hier haben nichts», sagt Claudine Amat, die freundliche Taxifahrerin, die uns bei unserer Besichtigung des Viaduc de Millau zu den besten Aussichtsorten bringt. So seien grössere Gelegenheiten für die wirtschaftliche Entwicklung der armen Gegend mutwillig verpatzt worden: etwa die Niederlassung der Computerfirma IBM oder der Bau eines Militärlagers auf dem Plateau du Larzac. Das pompös Route nationale betitelte einspurige Strässchen zieht sich endlos den Berg hinauf. Die «RN 9» ist landesweit bekannt für ihre Staus im Sommer, wenn es die Touristen aus dem Norden ans Meer zieht - bis zu 26 Kilometer!

Der serpentinenartige, steil ansteigende Weg ist tatsächlich schwer zu bewältigen: «Sobald hier ein Wohnmobil stecken bleibt», erklärt Amat, «ist die Hölle los.» Die Verlängerung der Autobahn A 75 durch den Viaduc de Millau dient just der Behebung dieses Problems - und der Erschliessung der Gegend. Die A 75 verbindet Clermont-Ferrand mit Béziers, das Massif central mit dem Mittelmeer - oder, im europäischen Zusammenhang gesehen, Amsterdam mit Barcelona.
Eine «hohe» Lösung

Nachdem der Verlauf des neuen Autobahnabschnitts 1989 festgelegt worden war, boten sich der Direction des Routes du Ministère de l'Equipement zwei Alternativen an, um die beiden hohen Kalksteinhügel, zwischen denen der Tarn fliesst, zu überbrücken. Die «niedrige» Lösung sah den Bau einer 600 Meter langen Brücke über den Fluss vor, an die sich ein 2300 Meter langer Viadukt mit vielen Pfeilern sowie ein Tunnel angeschlossen hätten. Die «hohe» Lösung bestand aus der heutigen, 2500 Meter langen und bis zu 275 Meter über dem Tarn gelegenen Brücke. Laut Michel Leyrit, dem damaligen Directeur des routes, «ging es nicht darum, einen Rekord aufzustellen. Die beiden Alternativen waren ähnlich teuer.» Gewählt wurde die «hohe» Lösung, weil sie für Automobilisten sicherer ist und sich harmonischer in das Tal einfügt.

Wir stehen auf der «Aire de vision Viaduc de Millau», einer Aussichtsplattform oberhalb des Bauwerks. Die Brücke ist hier in ihrer ganzen Länge zu sehen. Sieben Lichter, auf jeder Pylonspitze eines, blitzen rhythmisch auf. Die Schrägseile, vom Tal aus wie weisse Kreidestriche auf einer hellblauen Tafel, verschwinden hier fast im Himmel. Was von fern grazil aussah, wirkt hier imposanter. Der Viadukt zieht Touristen an, es ist in der ganzen Stadt zu merken.

Im Vergleich zur herkömmlichen Vorgehensweise der französischen Strassenverwaltung weist der Entstehungsprozess des Viaduc de Millau zwei Besonderheiten auf. Zum einen wurden nach zweijährigen Studien durch ein Team um den Ingenieur Michel Virlogeux 1993 fünf Tandems aus je einem Ingenieur- und einem Architektenbüro beauftragt, Pläne für jeweils eine vorgeschriebene Viaduktform auszuarbeiten. Der Architekt Francis Soler etwa entwarf eine ästhetisch bestechende Brücke mit phallusförmigen Pfeilern aus Stahlfachwerk und einem Pauliträger (d. h. einem linsenförmigen Fachwerkträger aus Stahl) unter jedem der sieben je 330 Meter langen Abschnitte. Die Jury aber entschied sich 1996 für den Entwurf von Virlogeux und Norman Foster.
Ein gutes Geschäft für alle

Zum anderen entschied der Staat 1998, den Viadukt von privater Hand erbauen zu lassen. Als Bauherr wurde 2001 der französische Baukonzern Eiffage designiert, der als Gegenleistung für einen Gutteil der Konzeption und die gesamte Ausführung sowie Finanzierung des Bauwerks eine Konzession für 78 Jahre erhielt (gerechnet ab Baubeginn). Während dieser Zeit fliessen ihm alle Einnahmen der Mautstelle des Viadukts zu. Am 31. Dezember 2079 geht die Brücke dann in Staatsbesitz über, doch ist Eiffage verpflichtet, bis 2121 die Wartung zu übernehmen. Für den Staat hat diese Vorgehensweise den doppelten Vorteil, dass ihn der Bau des Viadukts an sich keinen Cent gekostet hat und dass die Arbeiten in der Rekordzeit von exakt drei Jahren fertiggestellt wurden. Trotz Brückenzoll kommt Automobilisten die Fahrt über die (sonst kostenlose) A 5 billiger als die alternative Route A 6-A 7-A 9.

Am Fuss des Viadukts befindet sich ein Besucherzentrum. Erst hier lässt sich ermessen, wie gigantisch das Bauwerk ist. Weiter unten, in der Talsohle, fliesst der Tarn, ein vergleichsweise schmales Flüsschen. Weit über unseren Köpfen erstreckt sich das 32 Meter breite Band der Fahrbahn. Die Unterseite des Kastenträgers aus Stahl verbreitet matte Reflexionen und kontrastiert mit dem hellen Beton der Pfeiler. Von hier aus gesehen wirkt die Brücke derart lang, dass sie verschiedene Wetterzonen zu verbinden scheint: auf der einen Seite strahlend blauer Himmel, auf der anderen dräuend geballte Wolken. Je nach Lichteinfall schimmern die Seile wie feine Perlenketten oder ziehen dunkle Schraffuren über den Azur.

Ein paar Worte zur Konstruktion des Viadukts. Es handelt sich um eine Schrägseilbrücke, ein Typus, der besonders grosse Spannweiten erlaubt. Hier sind es 342 Meter. Der 2460 Meter lange Kastenträger ruht auf sieben Pfeilern, deren Höhe von 77 bis zu 245 Metern reicht. Jeden Pfeiler überragt ein 88 Meter hoher und 650 Tonnen schwerer Pylon, so dass der höchste Träger insgesamt 333 Meter misst. An diesem sind beidseitig je elf Seile aus 45 bis 91 Stahldrähten befestigt, an denen der Kastenträger hängt. Nach sechsmonatigen Erdarbeiten wurde Mitte 2002 mit dem Bau eines seitlichen Widerlagers an jedem Abhang sowie der sieben Pfeiler aus Spannbeton begonnen - und zwar gleichzeitig, so dass neun Baustellen mit je einem eigenen Bauleiter das Tal füllten. Nach der Fertigstellung der Fussplatten, die je mittels vier 12 bis 15 Meter tiefer «Puits marocains» im Boden verankert sind, wurde jeder Pfeiler im Dreitage-Rhythmus um vier Meter erhöht. Eine «selbststeigende» Verschalung ermöglichte diese rasche Kadenz der Betongüsse.

Währenddessen wurden in der Eiffage-Filiale Eiffel im elsässischen Lauterbourg 152 Stahlkästen mit einem annähernd quadratischen Querschnitt von vier Metern und einer Länge zwischen 12 und 20 Metern hergestellt, die das Kernstück des Kastenträgers bilden. Dessen Gewicht konnte dank der Verwendung von hochwertigem Stahl anstelle des üblichen Betons von 120 000 Tonnen auf 36 000 Tonnen reduziert werden. Die vor Ort zusammengefügten Abschnitte des Kastenträgers wurden mittels hydraulischer Pressen leicht angehoben und Millimeter für Millimeter nach vorn geschoben - bis zur nächsten provisorischen Metallstaffel zwischen zwei Pfeilern oder zum nächsten Pfeiler. Die Fahrbahn wuchs also von den seitlichen Widerlagern zur Mitte hin, bis am 28. Mai 2004 die beiden Teile des Kastenträgers über dem Tarn zusammentrafen. Dank diesem sogenannten Taktschiebeverfahren konnten 96 Prozent der Arbeitsprozesse «an Land» gemacht werden: So war kein einziger tödlicher Unfall zu beklagen. Endlich wurden die vorgefertigten Stahlpylonen aufgerichtet, die Seile daran festgemacht und die zweimal zwei Fahrbahnen mit einem Spezialbelag versehen.

Der erste Betriebstag des Viadukts; wir sind auf der A 75. Auch Claudine Amat freut sich auf ihre erste Fahrt über die Brücke. An der Mautstelle begrüsst sie die Kassiererin: wie sie selbst eine «Millavaise», eine Bewohnerin Millaus. Die Brücke schafft Arbeitsplätze: Rund fünfzig Personen arbeiten für die Compagnie Eiffage du Viaduc de Millau. Hat man sich zu viel versprochen von der Fahrt? Sich von den Rekordberichten («die zweitlängste Schrägseilbrücke der Welt», «mit 245 Metern der höchste Pfeiler der Welt» usw.) berauschen lassen? Die Fahrt über das Viadukt ist mit Abstand der am wenigsten beeindruckende Teil unseres Besuchs. Die Aussicht auf das Tal wird - wie sollte es auch anders sein bei einer Autobahn? - versperrt: durch 7320 Module aus Acrylglas, welche drei Meter hohe Windschirme bilden. Wären da nicht die Pylonen mit den strahlend weissen Seilen, man wähnte sich auf einer ganz normalen Schnellstrasse.

Der Viaduc de Millau wurde von einem Team um den Ingenieur Michel Virlogeux konzipiert. Es ist wichtig, festzuhalten, dass eine Brücke in erster Linie das Werk eines Ingenieurs ist. Nach der Rolle von Norman Foster befragt, antwortet Virlogeux diplomatisch: «Es gibt Architekten, die einen ausgezeichneten Sinn für Strukturen haben. Und es gibt Ingenieure, die einen gewissen Sinn für Ästhetik haben.» Im Fall des Viadukts legt freilich schon die Chronologie den Vorrang des Ingenieurs nahe. Den gewählten Brückentypus hatte Virlogeux bereits Anfang der neunziger Jahre vorgeschlagen; Foster wurde erst 1996 zum Architekten bestimmt. Die Entwürfe des Briten für die Form der Pfeiler und des Kastenträgers mussten nach strukturellen beziehungsweise aerodynamischen Gesichtspunkten abgeändert werden; durchsetzen konnte er sich hingegen mit der leichten Kurvung der Fahrbahn, welche den Automobilisten eine bessere Wahrnehmung der Brücke erlaubt. Die Leichtigkeit des Kastenträgers, die Zweiteilung der Pfeiler nach oben hin, die umgekehrte V-Form der Pylonen und die relativ geringe Anzahl von Seilen mögen ästhetisch reizvoll sein, entspringen jedoch statisch-konstruktiven Erfordernissen. Eine gelungene Brücke muss laut dem Brückenkenner Dirk Bühler «über ein klares und einfaches Tragwerk verfügen, an dem der Kraftfluss mühelos ablesbar ist». Das ist beim Viaduc de Millau der Fall.
Ein Emblem des «Génie civil français»

Ob es sich freilich auch um einen schöpferischen Wurf handelt, der dem Brückenbau im 21. Jahrhundert neue - namentlich formale - Horizonte eröffnet? Diese Frage möchte man eher verneinen. Es gibt Schrägseilbrücken, die eine ungleich persönlichere Sprache sprechen. Zu diesen zählen etwa Arbeiten des Schweizers Christian Menn wie die Charles-River-Brücke in Boston und mehr noch die schon 1980 vollendete Ganterbrücke mit ihren in Betonplatten eingeschlossenen Seilen sowie die hinreissend elegante Sunnibergbrücke mit ihren zweimal vier sich wie eine leicht gespreizte Stimmgabel nach oben hin öffnenden Betonpylonen. Auch Santiago Calatravas Alamillo-Brücke in Sevilla (1992) und Ben van Berkels Erasmusbrücke in Amsterdam (1996), beide mit einem einzigen, schräggestellten Pylonen, sind Werke von fast skulpturaler Ausdruckskraft - selbst wenn man nicht vergessen sollte, dass keines dieser Werke auch nur annähernd die Dimensionen des Viaduc de Millau erreicht und Schrägseilbrücken mit mehr als zwei Pylonen auch ganz andere statische Probleme aufwerfen als solche mit nur einem oder zweien.

Am besten lässt sich der Millau-Viadukt wohl als eine besonders prächtige Blüte der französischen Tradition des zentralistisch organisierten staatlichen Verkehrswegbaus definieren - «un nouvel emblème du génie civil français», wie Staatspräsident Jacques Chirac bei der Einweihung befand. Diese Tradition reicht zurück bis zum 1716 gegründeten «Corps des Ingénieurs des Ponts et Chaussées», zur 1747 von Jean- Rodolphe Perronet geschaffenen Ecole des Ponts et Chaussées und zur 1794 eröffneten Ecole Polytechnique. Wichtige Protagonisten dieser Geschichte waren Claude Louis Marie Henri Navier im 18. Jahrhundert, Gustave Eiffel, François Hennebique und Paul Séjourné im 19. Jahrhundert sowie Eugène Freyssinet im 20. Jahrhundert. Virlogeux, ein Absolvent der Ecole Polytechnique und Ingénieur des Ponts et Chaussées, der gut hundert grössere und kleinere Brücken (mit)konzipiert hat - darunter den Pont de Normandie (1994), einen direkten Vorläufer des Viaduc de Millau -, reiht sich klar in diese Kette ein.

Die Eröffnung des Viadukts wurde denn auch zu einem nationalen Ereignis stilisiert. Um noch einmal Chiracs feierliche Prosa zu zitieren: «Die Franzosen sind, zu Recht, stolz auf die hier vollbrachte Grosstat, welche für Frankreich spricht. Ein modernes Frankreich, ein unternehmungsfreudiges und ein erfolgreiches Frankreich. Ein Frankreich, das in die Zukunft investiert. Ein Frankreich am Vorposten des weltweiten Fortschritts. Ein Frankreich an der Spitze der wissenschaftlichen und technischen Höchstleistungen.» Die hiesige Presse feierte einstimmig die «kolossale Eleganz» des grossen Wurfs - «même si l'architecte est britannique, nul n'est parfait» («Libération»). Selbst «Le Figaro», der gewöhnlich das blau-weiss-rote Banner besonders hoch hält, musste zugeben, dass dem «architecte britannique Lord Forrester» (sic) ein «ouvrage exceptionnel» gelungen sei. Vive la France!

Neue Zürcher Zeitung, Mo., 2004.12.27



verknüpfte Bauwerke
Viadukt Millau

30. November 2004Marc Zitzmann
Neue Zürcher Zeitung

Hochhäuser wie unregelmässige Kristalle

Der Palais des Beaux-Arts in Lille widmet dem französischen Architekten Christian de Portzamparc die erste Werkschau seit 1996. Zu sehen sind unter anderem jüngere Hochhausprojekte und zwei für Rio de Janeiro und Luxemburg geplante Konzertsäle.

Der Palais des Beaux-Arts in Lille widmet dem französischen Architekten Christian de Portzamparc die erste Werkschau seit 1996. Zu sehen sind unter anderem jüngere Hochhausprojekte und zwei für Rio de Janeiro und Luxemburg geplante Konzertsäle.

Todchic und todernst: So wirkt die grosse monographische Ausstellung, die der Palais des Beaux-Arts in der heurigen europäischen Kulturhauptstadt Lille dem französischen Architekten Christian de Portzamparc widmet. Auf brusthohen Podesten aus anthrazitfarben angemaltem Holz thronen Modelle unterschiedlichen Massstabs. Spots entreissen dem Halbdunkel Inseln der Helligkeit. Auf drei Seiten des fensterlosen Saals im Untergeschoss des Museums flimmern Filme über grosse Leinwände, derweil aus Lautsprechern eine Art sphärisches Wummern mit Anklängen an ein Orchester beim Stimmen ertönt. Prova d'orchestra oder Sinfonie der Tausend? Der Werkschau fehlen sowohl Fellinis Frische als auch Mahlers Metaphysik. Stattdessen wirkt sie proper bis zur Asepsis und seriös bis zur Trockenheit - wie oft auch Portzamparcs Bauten.

Stadtplanung mit offenen Blocks

«What you see is what you get» könnte die Devise der meisten Arbeiten des 1944 geborenen Architekten lauten. Die Form entspricht dem Inhalt: kaum ein jüngeres Gebäude, dessen innere Aufteilung nicht bereits ein Blick von aussen verriete. Das gilt selbst dann, wenn Aussenhülle und Innenstruktur stark divergieren. So etwa im Fall des Entwurfs für die Grande Bibliothèque du Québec in Montreal (2000), wo ein langgezogenes «Aquarium» vier abstrakt-walfischförmige Körper umschliesst. Da das «Aquarium» rundum verglast ist, lassen sich diese Körper, denen je ein Teil des Programms zugeordnet ist (Mediathek, Auditorium usw.), von aussen gut erkennen. Diese Art von Lesbarkeit, die bisweilen eine gewisse Geheimnislosigkeit mit sich bringt, war nicht immer ein Markenzeichen des Architekten. Die Pariser Cité de la musique etwa, dank welcher Portzamparc zusammen mit dem benachbarten, zeitgleich erbauten Nationalkonservatorium international bekannt geworden ist (1984-1995), lässt sich von aussen wohl kaum erfassen. Hingegen sind dieser «Stadt der Musik» jene zwei Elemente eingeschrieben, die auch Portzamparcs urbanistische Arbeiten charakterisieren: die Fragmentierung grosser Raumeinheiten in kleinere Teile mit menschlichem Massstab und ihre Verbindung durch eine Binnenstrasse.

Einer der drei Bereiche der Ausstellung ist unter dem Titel «Pluriel» den stadtplanerischen Projekten gewidmet. Die beiden genannten Elemente finden sich dort allenthalben wieder. Im niederländischen Almere etwa gestaltet Portzamparc den ihm anvertrauten «Block One» (2000- 2006) als einen fliegenden Grasteppich: ebenerdig Läden und Boutiquen, darüber eine grosse Wiese, deren Ränder mit Wohnhäusern bebaut sind, das Ganze wie ein rechteckiger Kuchen durch zwei sich kreuzende Fussgängerstrassen in vier Stücke geteilt. Ähnlich sieht der Masterplan für das von diversen Architekten zu bebauende Masséna-Viertel im 13. Pariser Arrondissement (1995-2007) «offene Blocks» vor, durch die die Fussgänger flanieren können. «Ilot ouvert» ist ein Kernbegriff in Portzamparcs Vokabular - das Gegenteil des Stadtbilds à la Haussmann mit seinen unzugänglichen Innenhöfen hinter geschlossenen Häuserfronten.

Eine Musikstadt in Brasilien

Das Pendant zu «Pluriel» ist «Singulier». Unter diesem Titel versammelt ein zweiter Teil der Schau architektonische Solitäre mit grosser Ausstrahlung - in der Hauptsache öffentliche Gebäude. Die beiden wichtigsten sind zwei im Entstehen begriffene Konzertsäle: die Cidade da Musica in Rio de Janeiro (2002-2007) und die Philharmonie in Luxemburg (1997-2005). Die brasilianische «Stadt der Musik» umfasst einen Konzertsaal mit 1800 Plätzen, in dem auch Opern aufgeführt werden können, einen Kammermusiksaal mit 500 Sitzen und einen 180 Zuhörer fassenden «elektro-akustischen Saal». Der Bau besteht aus einer riesigen Plattform, die in zehn Metern Höhe auf segelförmigen Pfeilern ruht und, von Wasser- und Grünflächen unterlaufen, über einen tropischen Garten blickt. Die verschiedenen Säle und Räumlichkeiten, die die Plattform durchstossen, sind leicht konisch geschwungen und gemahnen ebenfalls an Segel; die Zirkulation erfolgt über Rampen, Treppen und über die im Freien gelegenen, terrassenähnlichen Teile der Plattform. Ganz anders der Komplex in Luxemburg: Hier ist der ovale Hauptbau mit dem 1500 Zuschauer fassenden Konzertsaal von einem Wald von 627 grazilen Säulen umstellt; der Kammermusiksaal befindet sich in einer konischen Ausbuchtung. Beiden Projekten gemein sind die (zehn beziehungsweise acht) seitlichen Türme, die im Konzertsaal die Zuschauerlogen beherbergen und sich in Rio sogar auf Gleisen bewegen lassen. Der letzte Teil der Schau stellt unter dem Titel «Vertical» zehn Hochhausprojekte vor. Mit der Tour du Crédit Lyonnais in Lille (1991-1995) und vor allem mit dem LVMH Tower in New York (1995-1999) hat Portzamparc zwei vielbeachtete Hochhäuser erbaut. Seine jüngeren Projekte in La Défense (Tour T1, 2001; Tour Granite, 2002-2006) und New York (Hearst Tower, 2000; Kalimian Tower, 2003) gehen deutlich von den prismatischen Formen des schmalen LVMH-Turms aus: Es sind skulpturale, unregelmässig geometrische Körper, die an langgezogene Kristalle erinnern. Der Entwurf für den nicht realisierten Bandai Cultural Complex in Tokio (1994), dessen Strassenfassade nachts wie ein elektrifiziertes Totem in changierenden Bob-Wilson-Farben hätte erglühen sollen, verweist auf Portzamparcs lebenslange Betätigung als Zeichner und Maler. Auf bildnerische Arbeiten verzichtet die Ausstellung jedoch ganz, wie sie auch Plänen lediglich eine Nebenrolle zukommen lässt - dies im Gegensatz zur Portzamparc-Retrospektive von 1996 im Centre Pompidou in Paris. Stattdessen dominieren Modelle und Computerfilme: Solcherart gewinnt die Schau etwas Räumliches, ja Haptisches.

[ Bis zum 10. Januar in Lille. Kein Katalog. ]

Neue Zürcher Zeitung, Di., 2004.11.30

16. Oktober 2004Marc Zitzmann
Neue Zürcher Zeitung

Träume und Realitäten

Lille setzt zum Abschluss seines ambitionierten Kulturhauptstadtprogramms einen Schwerpunkt auf Design und Architektur. Höhepunkt des Veranstaltungsreigens ist eine verspielte und farbenfrohe Ausstellung, die von Droog Design kuratiert wurde. Weniger überzeugend mutet dagegen die jüngere Entwicklung des Euralille-Areals an.

Lille setzt zum Abschluss seines ambitionierten Kulturhauptstadtprogramms einen Schwerpunkt auf Design und Architektur. Höhepunkt des Veranstaltungsreigens ist eine verspielte und farbenfrohe Ausstellung, die von Droog Design kuratiert wurde. Weniger überzeugend mutet dagegen die jüngere Entwicklung des Euralille-Areals an.

Es ist ein wunderbarer Spielplatz für erwachsene Kinder: Über den ganzen zweiten Stock des Tri Postal, der früheren Briefverteilanlage am Bahnhof Lille-Flandres, erstreckt sich ein weiter offener Raum von etwa zwölf Metern Breite und etlichen Dutzend Metern Länge. Durch grosse Fenster auf beiden Längsseiten fällt Tageslicht. Überall stehen, liegen oder hängen seltsame Gegenstände, präsentiert in Vitrinen, mannshohen Häuschen oder auf hochsitzartigen Strukturen aus hellem Holz. Ein Podest aus demselben Material mäandert durch den ganzen Raum und strukturiert den Parcours. Die von Gijs Bakker und Renny Ramakers vom Amsterdamer Kollektiv Droog Design kuratierte Ausstellung «Design etc. - Open Borders» ist die erste Ausgabe einer Triennale, die unter dem Titel «Droog Event» jedes Mal in einer anderen Stadt stattfinden soll.

Kuckucksuhr und Totenkokon

Ziel der Schau ist es, einen Überblick über jüngste Entwicklungen des europäischen Designs zu präsentieren - ohne Anspruch auf Repräsentativität und, trotz gegenteiliger Behauptung im Katalog, auch ohne thematische Verklammerung. Etliche Objekte lassen sich mehrdeutig lesen, etwa unter dem Gesichtspunkt des Humors, der Gesellschaftskritik oder der Ästhetik: In Abwesenheit einer kuratorischen Leitlinie bleibt es jedem Besucher überlassen, sich seine eigenen Gedanken zu machen. Das ist keine Kritik: Angesichts der grossen Bandbreite der Exponate war es gewiss besser, sie nicht in mehr oder weniger künstliche Kategorien zu zwängen, sondern einfach nebeneinander stehen zu lassen.

Zu sehen sind Hochzeitskleider von Hamid Eddakhissi und Rachael Sleight aus alten Hemden und Wegwerfpapier (Stichwort «Recycling»), ein ausgestopfter Hase von Afke Golsteijn mit bestickten langen Ohren («Customising von Haustieren»), ein pädagogisches Handy von IDEO, das Elektroschocks abgibt, sobald sein Benutzer zu laut wird («Wer nicht flüstern will, muss fühlen») und ein zu einem MP3-Player umgebauter Plattenspieler von Max Wolf und Markus Bader («neue Technik in alten Gehäusen»). Eva Stenram hat die Fassaden der Modelle von sieben Hochhäusern mit Sozialwohnungen denen der offiziellen Residenzen der Königin von England nachgestaltet. Von Emiliana Design stammt ein Paar Schuhe, das sich während des Laufens mit Energie auflädt: Zu Hause lassen sich damit Glühbirnen betreiben. Anna Citelli und Raoul Bretzel wollen gar Tote in einem Riesenkokon aus Stärke und biologisch abbaubarem Plastic begraben, von welchem sich ein darüber gepflanzter Baum ernähren soll. Insgesamt ähnelt die Schau einer Wunderkammer, die von einer Überraschung zur nächsten führt. Darin entspricht sie dem Image von «Lille 2004», das ganz auf Buntes, Sinnliches und Experimentelles setzt.

Eine Brücke zur Architektur schlägt die vom Walker Art Center in Minneapolis übernommene Ausstellung «Etrange & familier» im mittelalterlichen Musée de l'Hospice Comtesse. Zwar finden sich auch dort «Gebrauchsgegenstände» wie die von «www.fortunecookies» gestalteten Filzquadrate «Felt 12X12», die sich zu Kleidern zusammenfügen oder auch als individuelle Hotdog- Halter verwenden lassen. Die meisten Exponate sind jedoch Bauten (im weitesten Sinn), darunter so bekannte wie Shigeru Bans «Paper Loghouse» aus Pappröhren und Bierkästen oder der «Pig City»-Entwurf sowie der niederländische Pavillon der Expo 2000 in Hannover von MVRDV. Neben mobilen Wohneinheiten, die wenig Neues bieten (fast immer handelt es sich um Variationen des Container-Prinzips), gibt es auch einige originelle Kreationen: etwa Martín Ruiz de Azúas «Basic House», eine aufblasbare, etwa mannshohe «Blase» aus metallischem Polyester, in die man hineinschlüpfen kann und die zusammengefaltet kaum grösser ist als ein Taschentuch.

Ganz der Architektur gewidmet war jüngst eine Ausstellung in Lars Spuybroeks «Maison Folie de Wazemmes» (NZZ 14. 6. 04). Das neu eröffnete Kulturzentrum - die bleibende architektonische Initiative von «Lille 2004» - hatte für wenige Tage von deSingel in Antwerpen eine Werkschau der dortigen B-Architecten übernommen. Die Entwürfe der namentlich mit der Innengestaltung der Antwerpener Boutique von Walter Van Beirendonck und dem Umbau der Brüsseler Beursschouwburg bekannt gewordenen Architekten zeichnen sich durch jenen findigen Low-Budget- Minimalismus aus, der vielen flämischen Büros eigen ist.

Auch mit der Szenographie der Ausstellung «Lille, métropole en Europe» im Centre Euralille wurde ein Flame betraut: Stéphane Beel, einer der profiliertesten Architekten Belgiens. Doch leider enttäuschen hier sowohl die Form als auch der Inhalt. Die zu einer Art Strassenraster angeordneten übermannshohen weissen Lagerregale, auf denen sich Pläne, Modelle, Fotos und Videos befinden, spielen auf die urbanistische Thematik an und auf den Ausstellungsort (Jean Nouvels Einkaufszentrum), strahlen jedoch eine klinische Kälte aus. Inhaltlich stellt die Schau in sechs thematischen Sektionen - Kulturbauten, Wohnungen, Einkaufszentren - Projekte aus Lille und Umgebung solchen aus anderen europäischen Städten gegenüber. Da nicht herausgearbeitet wird, was genau die in jeder Sektion vereinten Arbeiten verbindet, wirkt die Auswahl beliebig. Trotz einer reichen Materialansammlung mutet das Ganze letztlich wie eine Übung in Sachen Eigenwerbung mit apologetischem Unterton an: «Lille ist auch eine grosse Stadt!»

Eine gewisse Grandezza

Gross ist eine Stadt freilich nicht nur durch die Quantität, sondern auch durch die Qualität ihrer Bauten. Da die Ausstellung sich, was Lille betrifft, auf das Euralille-Viertel konzentriert, bietet sich ein Rundgang durch das Areal an, um zu sehen, was sich dort in den letzten Jahren getan hat. Der von 1989 bis 1995 nach dem Masterplan von OMA / Rem Koolhaas aus dem Boden gestampfte «Secteur central» ist dank der kühnen Übereinanderschichtung von Bauwerken mit scheinbar unvereinbaren Funktionen wie Wohnen, Arbeiten, Einkaufen und Reisen weltweit bekannt geworden. Zwar finden sich dort neben Nouvels Centre Euralille und Christian de Portzamparcs Crédit- Lyonnais-Turm auch banale Arbeiten (etwa Claude Vasconis Tour Lille-Europe); auch fällt das Zirkulieren zwischen den verschiedenen Ebenen nicht immer leicht. Doch als Ganzes eignet dem Entwurf zweifellos eine gewisse Grandezza.

Nun besteht Euralille freilich nicht nur aus dem «Secteur central», der seit 1995 weiter gewachsen ist: etwa mit der wenig überzeugenden «Cité des affaires» von François Delhay (2002), dem weitaus gelungeneren «Souham 3»-Bürogebäude von Chaix et Morel (2003) und dem derzeit im Bau befindlichen vierten der fünf vorgesehenen Türme über Nouvels Einkaufszentrum. An den «zentralen Sektor» grenzen vier weitere Viertel an: im Südosten statt des geplanten Parks eine Peripherie-Einöde, ganz im Norden der architektonisch mediokre «Secteur du Romarin», südlich von Koolhaas' Grand Palais der neue «Secteur Euralille 2», wo neben einem klobigen Verwaltungskomplex 170 Wohnungen entstehen sollen. Im Nordosten endlich schliesst an die Gare Lille- Europe der «Secteur Saint-Maurice» an. Hier wurden seit 2000 acht Wohn- und Bürohäuser erbaut, zwei weitere sind im Entstehen. Von der Architektur her bieten die dicht gedrängten Bauten gehobenes Mittelmass; zumindest ein Bürohaus von Xaveer de Geyter vermag durchaus zu überzeugen. In urbanistischer Hinsicht bedenklich ist jedoch, dass der Häuserblock - wie auch das künftige Wohn- und Büroviertel von «Euralille 2» - sich von seiner Umwelt isoliert, auf Mono- oder Bifunktionalität setzt und für Menschen, die nicht dort wohnen oder arbeiten, kaum attraktiv sein dürfte. Die jüngere Entwicklung des Euralille-Projekts erscheint so in mancher Hinsicht geradezu als eine Negation seines ursprünglichen Geistes.

Ausstellungen bis 28. November (www.lille2004.com).

Neue Zürcher Zeitung, Sa., 2004.10.16

01. Oktober 2004Marc Zitzmann
Neue Zürcher Zeitung

Le Corbusier bei den Studenten

1933 wurde in der Cité internationale universitaire de Paris der Pavillon Suisse eröffnet. Das von Le Corbusier entworfene Gebäude ist ein denkmalgeschütztes Kleinod der architektonischen Moderne und zugleich ein erfolgreich funktionierendes Studentenheim. Soeben ist eine umfassende Monographie erschienen. Ein Besuch vor Ort.

1933 wurde in der Cité internationale universitaire de Paris der Pavillon Suisse eröffnet. Das von Le Corbusier entworfene Gebäude ist ein denkmalgeschütztes Kleinod der architektonischen Moderne und zugleich ein erfolgreich funktionierendes Studentenheim. Soeben ist eine umfassende Monographie erschienen. Ein Besuch vor Ort.

Nach den Greueln des Ersten Weltkriegs wandten sich viele Franzosen pazifistischem und internationalistischem Gedankengut zu. Die von Modellen wie dem Völkerbund oder den ersten Weltausstellungen inspirierte Cité internationale universitaire de Paris (CIUP) ist ein Kind dieses Geistes. Neben ihrer praktischen Funktion, der Beherbergung von Studenten aus der Provinz und aus dem Ausland, stand (und steht) die 1925 am südlichen Stadtrand eröffnete CIUP für Ideale wie Völkerverständigung und Friedensförderung durch Wissen und Kultur. Auf dem 37 Hektaren grossen parkähnlichen Areal finden sich 27 oft regionalistisch angehauchte Länderpavillons, darunter drei Kleinode: das Collège Néerlandais von Willem Marinus Dudok (1938), die Maison du Brésil von Le Corbusier und Lucio Costa (1959) sowie Le Corbusiers Pavillon Suisse (1933). - Der wechselvollen Entstehungsgeschichte des Pavillon Suisse hat der in den USA lehrende Ivan Zaknic soeben eine zweisprachige, reich dokumentierte und bebilderte Monographie gewidmet. Leider wurde der englische Originaltext oftmals flau und mitunter sogar ungenau übersetzt. Von diesem Schönheitsfehler abgesehen handelt es sich jedoch um eine sehr seriöse Arbeit, die das Thema unter all seinen Aspekten beleuchtet.

Symbolträchtig

Wichtige Protagonisten des Entstehungsprozesses waren der Zürcher Mathematiker Rudolf Fueter, der 1925 einen Aufruf zur Gründung eines Schweizer Hauses in der CIUP veröffentlichte und später das Kuratorium des Pavillon Suisse präsidieren sollte, sowie der Architekturtheoretiker Sigfried Giedion und der Architekt und ETH-Professor Karl Moser. Diese wollten Le Corbusier nach dessen Misserfolg im Wettbewerb für den Völkerbundspalast in Genf einen symbolträchtigen Auftrag verschaffen - was ihnen auch gelang. Mitte 1930 begann der Architekt mit der Konzeption eines auf 450 000 Franken veranschlagten Studentenheims: ein langwieriges Unternehmen. Die Pläne mussten mehrmals geändert werden, das Geld aus privaten und öffentlichen Quellen floss nur tropfenweise, die bürokratischen Prozeduren zwischen zwei Staaten, zwei Komitees (in Zürich und in Paris), der Stadt Paris, der Universität Paris sowie der CIUP waren geradezu byzantinisch.

Am 7. Juli 1933 konnte der Pavillon Suisse endlich eröffnet werden. Das auf einem 2234 Quadratmeter grossen Gelände errichtete Gebäude reflektiert die 1923 in «Vers une architecture» vorgestellten «Fünf Punkte für eine neue Architektur». Der vierstöckige rechteckige Hauptbau mit den Studentenzimmern steht, erstens, auf sechs «hundeknochenförmigen» Pfeilern aus Stahlbeton; zwischen dem Erdniveau und dem ersten Stock erstreckt sich im Freien ein vier Meter hoher «Espace habitable couvert». Das Dachgeschoss wartet, zweitens, mit vier kleinen «Gärten» auf, die freilich im Vergleich zum ursprünglich geplanten grosszügigen «Solarium» arg zurückgestutzt wurden und mit ihrem - von Le Corbusier lange verweigerten - Ausblick auf den Park auch eher Terrassen ähneln als den intendierten Klosterhöfen. Hingegen wurde, drittens, das Prinzip des freien Grundrisses ohne Abstriche verwirklicht, ruhen die einzelnen Stockwerke doch auf einer Tragstruktur, die im Innern eine freie Verteilung der Trennwände ermöglichte. Das Gleiche gilt, viertens, für das Prinzip der freien Fassade: Im Süden findet sich ein verglaster, auf den drei anderen Seiten ein mit natursteinähnlichen Betonplatten verkleideter «Mur- rideau». Endlich ist die Südfassade eine fast ideale Verkörperung des Prinzips der «Fenêtres longues», weisen die Studentenzimmer zum Park hin doch durchgängige Bandfenster auf.

An die Nordfassade schliesst ein fünfstöckiger Turm mit Aufzug und Treppenhaus an sowie ein Flachbau mit dem Büro des Direktors, der winzigen Wohnung des Hauswarts und dem «Salon courbe». Die Ostseite des Treppenturms besteht ganz aus Glasziegeln, die geschwungene Nordwand des Flachbaus aus Kalkstein. Für den «Salon courbe», wo die Studenten früher frühstückten und heute Kulturveranstaltungen organisieren, hat Le Corbusier nicht nur bunt bemalte Bänke entworfen, sondern auch ein fotografisches Wanddekor, das er 1948 durch die grandiose «Peinture du silence» ersetzte. Die Möbel in den 47 je 16 Quadratmeter grossen Studentenzimmern, die über individuelle Duschen verfügen, stammen von Charlotte Perriand. Dank ihrer durchdachten Konzeption wirken die Räume weder kalt noch klaustrophobisch.

Bei einem Rundgang erklärt der Architekt Jacques Chopinet, der seit 1976 für den Pavillon Suisse zuständig ist, was seit 1945 alles renoviert wurde - natürlich à l'identique. «Die schnell gealterte Südfassade musste 1957/58 ganz ersetzt werden. Die unteren Bänder der Verglasung wurden abgedeckt, aussen Rollos angebracht: In den Zimmern war es im Sommer oft 40 Grad heiss! 1990 bis 1993 kamen die übrigen Fassaden an die Reihe: Alle Betonpaneele wurden neu gefertigt und mit rostfreien Halterungen an der Metallstruktur befestigt. Auch innen haben wir viel verbessert, von der Asbestsanierung bis zur Einrichtung von individuellen Telefonanschlüssen und Internetzugängen.» Doch sei jeder Eingriff ein Hindernislauf, weil sowohl die Fondation Le Corbusier als auch die französische Kulturverwaltung mit Argusaugen über das Gebäude wachten. Dieses steht seit 1986 in Gänze unter Denkmalschutz und zieht jede Woche 300 bis 500 Architekten und Architekturliebhaber an.

Tango und Barockmusik

Hélène de Roche, seit 1992 Direktorin des Pavillon Suisse, lädt im «Espace habitable couvert» unter dem Hauptbau auf zwei Le-Corbusier-Sesseln zum Gespräch ein. In der morgendlichen Herbstsonne drehen Jogger ihre Runden; hinter den Tennisplätzen sieht man Autos auf dem Boulevard Périphérique dahinrasen - das Schlagen einer sechsspurigen Schneise durch den Park war 1957 einer der Geniestreiche, durch welche sich Frankreichs Stadtplaner zu jener Zeit gern verewigten. Studienanfänger werden in der CIUP nicht aufgenommen. Die meisten Bewohner, die auf den autofreien Strässchen der Miniaturstadt spazieren, sind über 25 Jahre alt. Die Hälfte der «Résidents» des Pavillon Suisse, so de Roche, komme zu gleichen Teilen aus der Deutschschweiz und aus der Romandie, die andere Hälfte werde im Rahmen von festen Austauschprogrammen innerhalb der CIUP vermittelt. «So empfangen wir jedes Jahr zwei Japaner, einen Norweger, zwei Argentinier usw. und schicken umgekehrt junge Schweizer in die entsprechenden Häuser.» Die Monatsmiete beträgt 340 Euro, was für die Eigenfinanzierung bei weitem nicht reicht. So schiesst das Bundesamt für Bildung und Wissenschaft jährlich 100 000 Franken an die Betriebskosten und weitere 300 000 Franken an den Unterhalt des Gebäudes zu.

Der Pavillon Suisse verfügt auch über ein kleines Budget für Kulturveranstaltungen, die von den Bewohnern initiiert werden: Zu diesem Zweck haben die «Résidents» 1989 einen eigenen Verein gegründet. Die Bandbreite reicht von Tangoabenden über barocke Lautenkonzerte bis zu Debatten über Psychoanalyse. Ende September hat de Roche sogar ein zweitägiges internationales Kolloquium über Le Corbusier organisiert. Für die Unterstützung durch die Schweizer Botschaft könne sie nicht dankbar genug sein, betont die Direktorin; weniger angenehm sei dagegen der stetig wachsende Papierkrieg mit der französischen Verwaltung. Nach vier Mandaten wird de Roche Ende des Monats aus dem Amt scheiden - was ihr da vom Leben und Arbeiten im Pavillon Suisse in Erinnerung bleiben mag? «Zum einen ist das Gebäude sehr hell: Bei einer schweren Erkrankung letztes Jahr hat mir Le Corbusier eine richtige Lichttherapie verpasst! Zum andern fördert die räumliche Konfiguration Kontakte und Kreativität.»

Ivan Zaknic: Le Corbusier. Pavillon Suisse. Birkhäuser-Verlag, Basel 2004. 418 S., Fr 98.-.

Neue Zürcher Zeitung, Fr., 2004.10.01



verknüpfte Bauwerke
Pavillon Suisse

26. Juli 2004Marc Zitzmann
Neue Zürcher Zeitung

Bilbao + Tate = Pompidou II

Wie bereits gemeldet, wird das Pariser Centre Pompidou einen Ableger in der Provinz erhalten (NZZ 5. 12. 03). Dieser soll 2007 unter dem Namen Centre Pompidou-Metz...

Wie bereits gemeldet, wird das Pariser Centre Pompidou einen Ableger in der Provinz erhalten (NZZ 5. 12. 03). Dieser soll 2007 unter dem Namen Centre Pompidou-Metz...

Wie bereits gemeldet, wird das Pariser Centre Pompidou einen Ableger in der Provinz erhalten (NZZ 5. 12. 03). Dieser soll 2007 unter dem Namen Centre Pompidou-Metz in der lothringischen Hauptstadt eröffnet werden. Eine Ausstellung im Pariser Mutterhaus zeigt nun neben dem Ende letzten Jahres erkorenen Siegerprojekt von Shigeru Ban, Jean de Gastines und Philip Gumuchdjian fünf weitere Entwürfe, die in die Endrunde des internationalen Wettbewerbs gelangt sind. Neben den eigentlichen Wettbewerbsdokumenten - je vier grosse Schautafeln mit Plänen, Schnitten und Bildern sowie ein detaillierter Vorstellungstext und ein Modell - sind auf sechs langgezogenen Tischen auch Objekte zu sehen, die nicht eingereicht wurden, aber sehr sprechend den jeweiligen Schöpfungsprozess illustrieren. Während etwa das Rotterdamer Büro NOX Architekten von der (hochfliegenden) Devise «Bilbao + Tate = Pompidou II» ausging, arbeiteten Herzog & de Meuron mit Aberdutzenden von Fotos, während Stéphane Maupin und Pascal Cribier in kleinen Modellen verschiedene Gebäudeformen durchspielten.

Shigeru Ban liess sich seinerseits von einem chinesischen Flechthut inspirieren: Unter einer zeltartigen Struktur aus Metall und Holz stapelt der Japaner drei 90 Meter lange und 15 Meter breite Galerien schräg übereinander. Das mit einer Membran aus Glasfasern überzogene Netzgeflecht wird von drei Galerienenden und von einem 80 Meter hohen Pfeil durchstossen. Leicht orientalisch angehaucht, ähnelt der Bau einer Mischung aus Gartenarchitektur und Zauberzirkuszelt. In scharfem Kontrast dazu steht das trutzburgartige Projekt von Foreign Office Architects (eine Art Virus-Würfel, dessen Fassadenmodule den Facetten geschliffener Edelsteine gleichen), vor allem aber der besonders ansprechende Beitrag von Herzog & de Meuron. Die Basler Architekten haben einen strengen Kubus entworfen, in dem wie bei einer Torte drei dicke, verspiegelt-opake Schichten mit drei dünnen, verglast-transparenten Lagen alternieren. Von aussen monumental, weist der Bau im Innern eine komplexe Strukturierung auf; «konzentrationsfördernde» lineare Folgen von orthogonalen Ausstellungssälen alternieren mit «offenen» Räumlichkeiten, in denen der Besucher frei flanieren und sich entspannen kann. Eine Art Synthese zwischen Shigeru Ban und Herzog & de Meuron legt Dominique Perrault vor: Er überspannt einen grossen, verspiegelten Quader mit einem schräg versetzten Zeltdach; die Arbeiten von NOX (eine Art Gürteltierpanzer) sowie von Maupin und Cribier (ein Schlauch auf Stelzen) wirken dagegen etwas allzu sehr der Blob-Architektur beziehungsweise den Utopien der Metabolisten verpflichtet.

Das auf 36 Millionen Euro veranschlagte Centre Pompidou-Metz wird 12 200 Quadratmeter Nutzfläche bieten, davon die Hälfte für Ausstellungsräume. Diese sollen mit der reichen Sammlung des Musée national d'art moderne im Pariser Centre Pompidou bespielt werden. Kernbegriffe beider Zentren sind «zeitgenössisches Schaffen», «Multidisziplinarität», «Offenheit» und «Flexibilität».

[ Bis 4. Oktober. Katalog: Centre Pompidou-Metz. Edition Moniteur, Edition Centre Pompidou, Paris 2004. 160 S., Euro 29.-. ]

Neue Zürcher Zeitung, Mo., 2004.07.26



verknüpfte Bauwerke
Centre Pompidou-Metz

07. Mai 2004Marc Zitzmann
Neue Zürcher Zeitung

Operation les Halles

Vier Bauprojekte für das Herz von Paris

Vier Bauprojekte für das Herz von Paris

Das zwischen 1972 und 1986 massgeblich auf Betreiben des einstigen Pariser Bürgermeisters Jacques Chirac aus dem Boden gestampfte Hallenviertel ist ein urbanistisches Desaster im Herzen einer Stadt, die im Übrigen von grösseren Katastrophen verschont geblieben ist. Die neue Pariser Stadtregierung unter dem Sozialisten Bertrand Delanoë hat letztes Jahr einen Wettbewerb zur Neugestaltung des 400 Meter mal 180 Meter grossen Areals ausgeschrieben: Die Projekte von vier ausgewählten Teams sind jetzt im Forum des Halles ausgestellt. Das französische Büro Seura schlägt die Schaffung einer 22 Meter breiten «Rambla» quer durch das rechteckige Grundstück vor, welche die in ein Design- und Modezentrum verwandelte Bourse du commerce am westlichen Ende des Areals mit einem neu geschaffenen «Carreau des Halles» ganz im Osten verbände. Dieses, ein 145 Meter auf 145 Meter grosses «Dach» aus Glas und Kupfer, soll die öffentlichen Einrichtungen und Läden des heutigen Forum des Halles beherbergen und das Tageslicht bis hinunter zu den bestehenden Métro- und RER-Bahnhöfen weiterleiten.

Auch Jean Nouvel sieht ein «Carreau» vor: eine 27 Meter hohe Riesenhalle aus grauen Spiegeln, Bildschirmen und Bildflächen sowie einer Wasserschicht über Glas, deren Dach einen 7000 Quadratmeter grossen Garten und ein Schwimmbad trägt. Dem Rotterdamer Büro MVRDV schwebt ein 4 Meter hohes, fast zur Hälfte aus buntem Glas bestehendes «Podium» vor, das sich praktisch über die gesamte Fläche erstreckt und mit thematischen Gärten aufwartet. Rem Koolhaas' Büro OMA endlich suggeriert den Bau von zwanzig über das gesamte Areal verteilten vielfarbigen Pyramidentürmen mit abgekappter Spitze, die mit dem Untergrund kommunizieren und - wie auch drei «Schluchten» - nachdrücklich die dritte Dimension herausarbeiten. Im Juni wird der Sieger verkündet: Die Ambitionen sind gewaltig, die Erwartungen auch.


[Die Ausstellung (www.projetleshalles.com) ist bis auf weiteres auf dem Niveau 3 des Forum des Halles zu sehen.]

Neue Zürcher Zeitung, Fr., 2004.05.07

18. Februar 2004Marc Zitzmann
Neue Zürcher Zeitung

Amöben und Calamares

Blob-Architektur im Pariser Centre Pompidou

Blob-Architektur im Pariser Centre Pompidou

Was genau hat man sich unter «Architectures non standard» vorzustellen? Unter diesem Titel präsentiert das Pariser Centre Pompidou zurzeit eine Ausstellung, doch ihr Gegenstand ist schwer zu fassen. Im Katalog decken sich die Definitionen mitnichten: Während die einen den Terminus «Architectures non standard» von der Mathematik herleiten, kommt er für die anderen von den neuen digitalen Konzeptionswerkzeugen her; mal geht es um einen Schöpfungsprozess, der in der Geschichte der Baukunst «radikal neu» sein soll, mal um ein (formales) Ergebnis, dessen Wurzeln bis zu Antoni Gaudí und zu Erich Mendelsohns Einsteinturm zurückreichen.

Der Augenschein zeigt: Die «Nicht-Standard- Architektur» deckt sich weitgehend mit der sogenannten Blob-Architektur. Dieser in den letzten Jahren aufgekommene Begriff bezeichnet Bauwerke, vor allem aber nicht realisierte Projekte, die am Computer konzipiert wurden, bisweilen eine biomorphe Gestalt aufweisen, stets jedoch flüssige, wandlungsfähige und hochkomplexe Formen annehmen, die der nicht-euklidischen Geometrie entstammen. «Blob» ist nicht nur ein Akronym für «binary large objects», sondern auch der Titel eines Science-Fiction-Horrorfilms von 1958 über eine aus dem Weltraum stammende, Menschen verschlingende amorphe Masse. Ganz ähnlich die gleichnamigen Architekturen: amöbenförmig und mit kantenlos-verfliessender Oberfläche. In Frankreich wurde die Blob- Architektur vornehmlich dank der jährlichen «ArchiLab»-Schau in Orléans rezipiert - und da Frédéric Migayrou, der frühere Leiter dieser Veranstaltung, heute am Centre Pompidou amtiert, nimmt es wenig wunder, dass die hier von ihm kuratierte Schau etliche Arbeiten zeigt, die bereits dort zu sehen waren.

So etwa der «Resi/Rise Skyscraper» von KOL/MAC Studio, der aussieht wie das muskulöse Bein eines gigantischen Robotersauriers. Auf das Skelett aus diversen Materialien sollen Wohnmodule aufgepfropft werden können, die sich in Sachen Grösse, Programm oder Dienstleistungen ganz nach den Wünschen der Bewohner richten: eine Art vertikale Urbanisierung. Das gleiche Prinzip liegt den «Lobbi-Ports» des Büros Servo zugrunde. Es handelt sich dabei um kapselartige Installationen, die sich in Hotelhallen implantieren lassen und via LED-Bildschirme Filme, Ansagen, persönliche Nachrichten usw. ausstrahlen sollen. Viele der gezeigten Projekte setzen irgendwie auf die neuen Technologien und auf «Interaktivität». So etwa der Entwurf von «dECOi Architects» für das Eingangsportal zur Uferpromenade nahe der Londoner Waterloo Bridge: Die Form des 70 Meter langen, aus vier Aluminiumbändern bestehenden Schlauchs wurde durch das «Morphing» von kontextuellen Daten wie Geräuschen und Bewegungen gewonnen; im Innern des Baus sollen wiederum Fussgänger «interaktive Klangskulpturen» auslösen - so beisst sich die konzeptionelle Schlange in den Schwanz. Ohnehin scheint die Originalität des Schöpfungsprozesses für viele «Nicht-Standard-Architekten» wichtiger zu sein als die Qualität des Resultats. So gleicht die Konzeption von Greg Lynns «Embryological Houses» der Teilung von befruchteten Eizellen, die - alle vom gleichen «Urmaterial» ausgehend - zu jeweils einzigartigen Wesen heranreifen. In seinen New Yorker «Ost/Kuttner Apartments» kreuzt KOL/MAC Studio gar Betten, Badewannen, Kopfkissen und Kühlschränke miteinander.

Der Formenreichtum der rund fünfzig gezeigten Projekte kommt in der Galerie Sud des Centre Pompidou dank zum Teil grossformatigen Modellen, bunt flimmernden Plasmabildschirmen und einem Soundtrack zwischen «Alien», David Lynch und dem Gesang der Wale zu einer Wirkung, die man in den USA wohl als «dramatic» bezeichnen würde. Vertreter der Alten Welt freilich mögen sich zwischen zwei konzeptuellen Mondflügen - die Texte warten wie so oft im Centre Pompidou mit tonnenschweren Sprach- Meteoriten auf - auch leise wundern über die Diskrepanz zwischen der hochgestochenen Theorie und der mitunter doch eher harmlosen Umsetzung in Form von Modellen, die aussehen wie zwei Handvoll übereinander geworfene Calamares-Ringe. Auch begnügen sich viele Projekte mit einer spektakulären Hülle, ohne dass Näheres über die Innengestaltung zu erfahren wäre; und allzu oft wird man einfach mit ebenso spektakulären wie enigmatischen Computerbildern abgespeist - kurz: viel Form, aber (zu) wenig Inhalt.


[Bis zum 1. März. Katalog: Euro 39.90.]

Neue Zürcher Zeitung, Mi., 2004.02.18

05. Dezember 2003Marc Zitzmann
Neue Zürcher Zeitung

Kunst unterm Flechthut

Das Pariser Centre Pompidou erhält einen Ableger in Metz. Dieser wird von Shigeru Ban, Jean de Gastines und Philip Gumuchdjian erbaut. Die Architekten...

Das Pariser Centre Pompidou erhält einen Ableger in Metz. Dieser wird von Shigeru Ban, Jean de Gastines und Philip Gumuchdjian erbaut. Die Architekten...

Das Pariser Centre Pompidou erhält einen Ableger in Metz. Dieser wird von Shigeru Ban, Jean de Gastines und Philip Gumuchdjian erbaut. Die Architekten sind als Sieger aus einem internationalen Wettbewerb hervorgegangen, an dem u."a. Herzog & de Meuron sowie Dominique Perrault teilgenommen hatten. Das auf 24 Millionen Euro veranschlagte Gebäude soll 12"000 Quadratmeter Nutzfläche bieten, die Hälfte davon für Ausstellungs- und Verwaltungsräumlichkeiten. Der Entwurf sieht drei etwa 100 Meter lange Galerien vor. Diese sind wie langgezogene Kästen unter eine zeltartige Dachstruktur aus Metall und Holz geschoben, welche einem chinesischen Flechthut ähnelt. Das Gebäude soll Anfang 2007 eröffnet werden und neben Wechselausstellungen auch „einen bedeutenden Teil der Sammlung“ des Musée national d'art moderne im Centre Pompidou präsentieren. Ursprünglich war der Ableger in Lille geplant, doch dürfte der Umstand, dass der heutige Kulturminister und frühere Präsident des Centre Pompidou, Jean-Jacques Aillagon, bei den Regionalwahlen im nächsten Jahr - und hernach vielleicht auch bei den Gemeindewahlen 2007 - in seiner Heimatstadt Metz kandidieren möchte, für den Zuschlag an die lothringische Stadt eine Rolle gespielt haben.

Neue Zürcher Zeitung, Fr., 2003.12.05



verknüpfte Bauwerke
Centre Pompidou-Metz

05. September 2003Marc Zitzmann
Neue Zürcher Zeitung

Historische Radikalität

Jubiläumsausgabe von ArchiLab in Orléans

Jubiläumsausgabe von ArchiLab in Orléans

Fünf Jahre sind eigentlich noch kein Alter zum Feiern. Der Umstand, dass die 1999 gegründeten Rencontres internationales d'architecture d'Orléans - alias ArchiLab - heuer ihr Konzept stark geändert haben, verdankt sich denn auch nicht diesem ungeraden Jubiläum, sondern der Tatsache, dass ArchiLab eine Veranstaltung des Fonds régional d'art contemporain (FRAC) der Region Centre ist - und dass die 24 FRAC in allen Regionen Frankreichs heuer ihr 20-jähriges Bestehen feiern. Aus diesem Grund hat das Kulturministerium eine Reihe von Veranstaltungen initiiert, deren Ziel eine Bestandsaufnahme der seit 1983 angehäuften rund 15 000 Kunstwerke ist (www.les20ansdesfrac.culture.fr). So bietet denn ArchiLab diesmal nicht mehr wie in den Vorjahren eine Auswahl der jüngsten internationalen Trends, sondern einen Querschnitt durch die Sammlung des FRAC Centre. Dieser hat sich seit 1991 auf Architektur spezialisiert - und zwar im Gegensatz zu den meisten anderen FRAC unter Einbezug «historischer» Arbeiten. Aus den mittlerweile rund 500 Modellen und 10 000 Zeichnungen haben sich gleich fünf Ausstellungen zusammenstellen lassen. Die mit Abstand wichtigste ist wie in den Vorjahren im Site des subsistances militaires zu finden. Auf 1500 Quadratmetern breitet die Schau «Architectures expérimentales 1950-2000» ein lückenhaftes, aber mit zum Teil wenig bekannten Arbeiten auch fesselndes Panorama der prophetischen oder utopischen Sphären aus, in welche Pioniere der Architektur im Lauf der letzten fünfzig Jahre vorgedrungen sind.

Hauptkriterium bei der Auswahl der gezeigten Projekte ist der experimentelle Ansatz - etwa bei der «Maison en plastique», mit welcher Ionel Schein 1956 an die Öffentlichkeit trat. Der schneckenhausförmige Bau vereint Biomorphismus und (damals) modernste Baumaterialien. In eine ähnliche Richtung weisen wenig später die linsenförmigen «Domobile» von Pascal Häusermann und die «Cellules polyvalentes» von Chanéac. Beide lassen sich zu mehrzelligen Gebilden zusammenballen - eine Idee, mit der etliche der gezeigten Projekte spielen, darunter eine Ikone der späten sechziger Jahre: Peter Cooks «Instant City». In dieser mobilen «Stadt», die sich bestehenden Infrastrukturen «aufpfropfen» lässt, wird Architektur zum Event, zur verhaltenspsychologischen Erfahrung.

Dezidiert erdverbunden sind dagegen mehrere Entwürfe für - meist auf dreidimensionalen Rastern basierende - «Metastädte». Alle bieten sie eine Grundstruktur, in oder auf welcher sich individuelle Nutzer so einnisten mögen, wie es ihnen beliebt. Diese Grundstruktur kann ein Turmbau sein wie bei Walter Pichlers «kompakter Stadt», ein Gitterwerk auf Pfeilern wie bei Yona Friedmans «Ville spatiale» oder ein meccanoartiges Gerüst wie bei der «Raumstadt» von Eckard Schulze-Fielitz und dem Entwurf für die Besiedlung des österreichischen Ragnitz-Tals von Eilfried Huth und Günther Domenig (dem gemeinsamen Werk der beiden widmet ArchiLab im Musée des beaux-arts eine separate Schau).

Über die programmatische Schräge der «Fonction oblique» von Claude Parent kommt die Ausstellung zum Kontextualismus von James Wines' viel publizierter «Indeterminate Façade» mit ihren eingestürzten Ziegelsteinen, zum Dekonstruktivismus von Bernard Tschumis Parc de la Villette, zu Daniel Libeskinds Stadtexegese «Berlin City Edge» und zu vielen weiteren Projekten. Diese stammen von Grössen wie Paul Andreu, Peter Eisenman, Zaha Hadid, Itsuko Hasegawa, Rem Koolhaas und Aldo Rossi, aber auch von wesentlich weniger bekannten Kollegen wie David Georges Emmerich, dem Erfinder selbsttragender Strukturen. All diese Arbeiten werden grosszügig mit Modellen und/oder Zeichnungen illustriert und durch vorbildliche Texte erläutert. So kann man sich im Gegensatz zu den Vorjahren von jeder Arbeit ein Bild machen - und im luxuriös bebilderten 576-seitigen Katalog eine Fülle von Informationen über die in der Sammlung vertretenen Architekten und ihre Werke finden.

Ausser in den beiden genannten Ausstellungen bietet ArchiLab noch an drei weiteren Orten in der Stadt einen Rückblick auf die vier vorangegangenen Ausgaben, eine kleine Schau über zwischen 1935 und 1945 geborene Vertreter der «Italie radicale» sowie eine Werkmonographie über Dominique Perraults Pariser Nationalbibliothek. Die Kuratorin der fünf Ausstellungen und engagierte Direktorin des FRAC Centre, Marie- Ange Brayer, verrät im Gespräch, dass ArchiLab von 2006 an zu einer Biennale werden soll und der Site des subsistances, ein 3500 Quadratmeter grosses ehemaliges Proviantlager der Armee, dannzumal nach einem auf 5,5 Millionen Euro veranschlagten Umbau als neuer Sitz des FRAC dienen wird. Dort soll es neben Räumlichkeiten für die Präsentation der Sammlung und für Wechselausstellungen auch Platz für ein Dokumentationszentrum geben.


[Bis zum 12. Oktober. Katalog: Euro 65.- (www.archilab.org).]

Neue Zürcher Zeitung, Fr., 2003.09.05

31. Dezember 2002Marc Zitzmann
Neue Zürcher Zeitung

Verwirrende Präsentation

Die Zürcher Architekten Vehovar & Jauslin in Paris

Die Zürcher Architekten Vehovar & Jauslin in Paris

Knapp sechzig Modelle, kleine und mittelgrosse, hängen am Eingang der Pariser Galerie d'architecture an einer froschgrünen Wand - ohne jede weitere Information. Was als Aufhänger für die Ausstellung, die dort dem Zürcher Architekturbüro Vehovar & Jauslin gewidmet ist, zur Not durchgehen mag, ist als Gesamtkonzept kaum befriedigend. Wer das Faltblatt übersieht, das auf einem Tresen ausliegt, erfährt nicht einmal, wer Mateja Vehovar und Stephan Jauslin sind, dass sie 1996 in Zürich ein Büro gegründet und dank ihrem Projekt für die Arteplage in Yverdon Bekanntheit erlangt haben. Abgesehen davon, dass dem Pariser Publikum die Expo 02 bestenfalls vage etwas sagen dürfte: Wer mag erahnen, dass die Modelle im Eingangsbereich zu ganz verschiedenen Projekten gehören, während die Collagen aus Fotos, Skizzen, Zeichnungen und Computerbildern, die im Hauptbereich auf sechs niedrigen Leuchttischen zwischen grossen durchsichtigen Plasticballons zu sehen sind, die Entwicklung des Projekts für die Landesausstellung dokumentieren? Die in psychedelischen Farben verschwimmenden Videoaufnahmen der fertiggestellten Arteplage jedenfalls dürften zur Aufklärung dieser und ähnlicher Fragen wenig beitragen. Positiv zu erwähnen ist immerhin, dass die 1999 im Marais eröffnete Architekturgalerie, die bisher 24 Ausstellungen überwiegend weniger bekannten Baukünstlern und Designern gewidmet hat, sich erneut eines jungen Büros angenommen hat. Doch hapert es auch diesmal an der Didaktik.

Da ist es ein Glück, dass Mitte Januar eine deutsch-englische Monographie über die Architekten erscheinen wird. Zwar findet man auch dort allerlei selbstzweckhaftes Bildmaterial, doch erläutern kurze Einführungstexte die dreizehn vorgestellten Projekte. Charakteristika wie das Arbeiten in internationalen und interdisziplinären Gruppen, die Beschäftigung mit Videotechnik, Landschaftsarchitektur, Aussenraumgestaltung, Ausstellungs- und Rauminstallation, vor allem aber die mit grosser Sorgfalt betriebene Einbindung der Bauwerke in die Umwelt treten so hervor.


[Bis zum 18. Januar. Katalog: Emotional Landscapes. Birkhäuser-Verlag, Basel 2003. 224 S., Fr. 58.-.]

Neue Zürcher Zeitung, Di., 2002.12.31

03. Dezember 2002Marc Zitzmann
Neue Zürcher Zeitung

Geteilte Territorien

Urbanismus in Paris

Urbanismus in Paris

«Territoires partagés, l'archipel métropolitain» heisst die neue Ausstellung im Pariser Pavillon de l'Arsenal. Ihr Ziel ist es, das Entstehen, Sein und Werden der Metropole Paris in möglichst vielen Facetten zu beleuchten. Über hundert Autoren - Architekten, Stadtplaner, Wissenschafter usw. - befassen sich in kurzen Bild- und Textbeiträgen mit Themen wie der Geographie des Pariser Beckens, den Schwankungen der Bevölkerungsdichte, den Strategien der öffentlichen Verkehrsplanung, den Universitätsprojekten oder der Rehabilitierung der Bièvre, des zweiten, weitgehend unbekannten Flusses in der Stadt.

Oft geht dabei der Blick über den Tellerrand, um die jenseits des Périphérique gelegenen Randgemeinden, ja die gesamte Region Ile-de-France mit einzubeziehen. So zeigen viele Beispiele, dass zwischen Zentrum und Peripherie nicht nur ein Austausch besteht, sondern geradezu ein symbiotisches Geflecht. Zudem können neue Zentren in der Peripherie attraktive Alternativen zur Pariser Innenstadt bieten. Symptomatisch für die Emanzipation der früheren Vorstädte sind die hochmodernen, die Kapitale völlig umgehenden Tramverbindungen zwischen Banlieue-Städten.

Als Ganzes betrachtet, mag man in der Schau einen roten Faden vermissen. Auch nach dem Lesen des 390-seitigen, wie immer in Zusammenarbeit mit Picard Editeur (hervorragend) realisierten Katalogs ist als einzige übergreifende Gemeinsamkeit auszumachen, dass sich alle Beiträge mit urbanistischen Fragen aus dem Pariser Grossraum befassen: Doch da dieser Grossraum alles andere als homogen ist, muss die Ausstellung diesen Sachverhalt wohl oder übel widerspiegeln. Auch die Kritik, der Besucher werde mit Material erschlagen, greift nicht. Zum einen ist es zu loben, wenn eine Institution nicht der Mode des theorielastigen Firlefanzes erliegt oder auf eine sinnenvernebelnde Flut spektakulärer Bilder setzt, sondern sich auf Fakten und Zahlen konzentriert. Zum andern dürfte gar nicht intendiert sein, dass eine jede und ein jeder sich sämtliche Texte und Bilder zu Gemüte führe, von A bis Z. Der Pavillon de l'Arsenal wendet sich schliesslich nicht nur an Fachleute, sondern auch an Herrn und Frau Jedermann, die nur geschwind einmal hereinschnuppern wollen, um zu erfahren, was an Projekten läuft in ihrem Viertel oder in der Vorstadt, wo ihre Kinder oder Bekannten leben. So ist die Ausstellung auch als ein Beitrag ans Gemeinwesen zu verstehen, und nicht nur als ein akademisches Exerzitium.

Nicht zuletzt regt auch die Szenographie das Interesse an. Wie immer wurde für die Gestaltung des Parcours ein auswärtiger Architekt verpflichtet, mit Shigeru Ban sogar ein hochkarätiger. Seiner Recycling-Ethik und -Ästhetik treu, hat der Japaner aus runden oder quadratischen Pappröhren mannshohe, lang geschlängelte Paravents gebastelt, worauf Texte, grossformatige Fotos und Pläne geklebt sind. In zehn Meter hohen, tornadoförmig zur Decke aufragenden «Zelten» aus Filzstoff sind drei Fotoreportagen über Vorstadtlandschaften zu sehen; in geschlossenen Strukturen aus Aluminiumgeflecht sogenannte «Parcours» - deren Texte allerdings zum Teil in jenen vage konzeptuellen Jargon verfallen, den die Schau sich im Übrigen wohltuend versagt.


[Bis Februar 2003. Katalog: Territoires partagés, l'archipel métropolitain. Ed. du Pavillon de l'Arsenal, Picard Editeur, Paris 2002. 390 S., Euro 53.-.]

Neue Zürcher Zeitung, Di., 2002.12.03

27. September 2002Marc Zitzmann
Neue Zürcher Zeitung

Architektur der Ausgeglichenheit

In Le Havre haben die Brüder Perret nach 1945 ihre letzten Meisterwerke gebaut. Diese wurden über die Jahre hin zum Teil entstellt, doch dafür lockt die Hafenstadt jetzt mit einer von der Konzeption wie vom Materialreichtum her überragenden Gesamtschau über das Leben und Werk der grossen Architekten und Bauunternehmer.

In Le Havre haben die Brüder Perret nach 1945 ihre letzten Meisterwerke gebaut. Diese wurden über die Jahre hin zum Teil entstellt, doch dafür lockt die Hafenstadt jetzt mit einer von der Konzeption wie vom Materialreichtum her überragenden Gesamtschau über das Leben und Werk der grossen Architekten und Bauunternehmer.

Am 5. und 6. September 1944 ging das Zentrum von Le Havre im Bombenhagel unter: 5126 Einwohner fanden den Tod, 80 000 waren obdachlos, und 12 500 Gebäude wurden zerstört. Bereits vor dem Bombardement hatten ehemalige Schüler dem damals siebzigjährigen Auguste Perret die Leitung eines «Atelier de Reconstruction» angetragen. Ziel war es, einen ganzheitlichen Ansatz für den Wiederaufbau auszuarbeiten. Zwar scheiterte Perrets Projekt, Le Havre um 3,5 Meter erhöht auf einer Plattform wieder aufzubauen, doch in einem «monumentalen Dreieck» (Joseph Abram) am Vorhafen konnte er einen Teil seiner Ideen verwirklichen. Das Herz des Plans bildet das am nordöstlichen Eck des Dreiecks placierte Rathaus. Hier treffen die Avenue Foch und die Rue de Paris rechtwinklig aufeinander. Erstere, eine von Alleen und siebenstöckigen Wohnblocks gesäumte Prachtstrasse, führt zur westlichen Meerfront, wo die Porte Océane einen perspektivischen Blick auf den Atlantik bewirkt. Die Rue de Paris führt ihrerseits vom Rathaus zur südlichen Meerfront; zwischen den beiden Achsen sind alle Strassen streng orthogonal angelegt, lediglich der Boulevard François-1er verläuft als Hypotenuse des Dreiecks diagonal dem Meer entlang.

Der Masterplan von Perrets «Atelier de Reconstruction» sollte die Einheitlichkeit der von verschiedenen Architekten auf dem neu parzellierten Areal zu erbauenden Gebäude gewährleisten. Gelungen ist dies nur zum Teil: Das heutige Stadtbild mutet heterogener an als das, welches die ursprünglichen Pläne vorsahen. Doch zeigt etwa das urbane Gefüge aus sogenannten Immeubles sans affectation individuelle (I. S. A. I.) um die Place de l'Hôtel-de-Ville, was Perret vorschwebte: eine Abfolge von Haupt- und Nebenstrassen, von eher privaten Seitenwegen und belebten Flanierzonen, von langen Kastenbauten und Hochhäusern.


Sensualistischer Minimalismus

Ein Besuch in einer Eigentumswohnung in der Rue de Paris zeigt, dass die für damalige Verhältnisse grosszügigen Standardwohnungen noch heute zu gefallen vermögen. Nach drei Seiten hin von einem schmalen Balkon umlaufen, verfügt das helle Appartement über elf Fenster, Parkettböden und originales Küchenmobiliar. Allerdings hätten, so Elisabeth Chauvin, die Autorin eines Artikels über die I. S. A. I. in dem soeben erschienenen «Album de la reconstruction du Havre» (Editions Points de vue), etliche Besitzer die ursprüngliche Raumdisposition zerstört. Doch sei es, seit ein Teil der Stadt 1995 zur «Zone de protection du patrimoine architectural» ernannt wurde, immerhin möglich geworden, die Gestaltung von Reklameschildern oder den Anstrich von Balkonen zu reglementieren und die Fassaden fachgerecht zu restaurieren.

Freilich: Die Ende der achtziger Jahre erfolgte Verschandelung von Perrets Rathaus durch einen billigen Anbau wird wohl ebenso schwer rückgängig zu machen sein wie der Bau eines Grillrestaurants auf dem hoheitsvollen Rathausplatz. Und auch die Eglise Saint-Joseph ist in ihrem Innern durch Hinzufügungen verunstaltet worden. Das ist umso bedauerlicher, als Auguste Perret ein «sensualistischer» Minimalist war, der mit wenigen, sorgfältig aufeinander abgestimmten Werkstoffen arbeitete - entsprechend anfällig sind seine Bauten für jeden Zusatz. Der Zauber, den der innen hohle und mit bunten Zierfenstern gesäumte 108 Meter hohe Kirchturm entfaltet, und der hinreissende Effekt, der aus dem Kontrast zwischen der wuchtigen Masse der Wände und den freistehenden Betonpfeilern resultiert, könnten noch viel grösser sein, wenn das Gebäude seinen Originalzustand wiederfände.


Grossartige Ausstellung

Bleibende Verdienste hat sich Le Havre jetzt allerdings mit der vom Pariser Institut français d'architecture (IFA) produzierten Ausstellung «Perret, la poétique du béton» gesichert, die bis zum 6. Januar im Musée Malraux zu sehen ist. Das 1999 von Laurent Beaudouin renovierte Kunstmuseum, ein am Meer gelegener Glasbau von Guy Lagneau mit einem Aluminiumdach von Jean Prouvé (1958-61), zählt zusammen mit Oscar Niemeyers Maison de la culture (1979-82) zu den weiteren Architekturattraktionen in Le Havre. Aus dem Erdgeschoss wurden jetzt alle Gemälde entfernt, um Platz zu schaffen für die erste umfassende Perret-Ausstellung seit 1976. Ihre Ambition, ein umfassendes Bild vom Leben und Schaffen der Perret-Brüder zu entwerfen, erfüllten die Kuratoren Joseph Abram und Jean- Louis Cohen grandios. Unter Verzicht auf audiovisuelle Hilfsmittel wartet der von Bruno Reichlin linear, aber überraschungsreich gestaltete Parcours mit einer Fülle von Material auf: Pläne und Skizzen, 350 originale Photographien und oftmals grossformatige Zeichnungen, dazu 30 Modelle. Von diesen wurden 17 eigens für die Ausstellung angefertigt - eine Augenfreude sondergleichen, neben den originalen Modellen des Rathausturms von Le Havre derart detailgenaue Maquetten zu sehen wie die vom Wohnhaus in der Rue Franklin (1903/04), vom Théâtre de l'exposition des arts décoratifs (1924/25) und von der Eglise Saint- Joseph (1951-54), die im unüblich grossen Format von 1:33 von Meistern in Genf, Mailand und Wien angefertigt wurden.

Von der Ausbildung der Perrets an der Pariser Ecole des Beaux-Arts über die Gründung der Firma Perret Frères (1905) - in der Claude (1880-1962) die Verwaltung übernahm, während Gustave (1876-1952) und Auguste (1874-1954) sich die schöpferische Arbeit teilten, Ersterer mehr dem Technischen, Letzterer mehr dem Künstlerischen zugewandt - bis hin zu den späten Meisterwerken in Amiens und Le Havre zeichnet die Ausstellung (er)kenntnisreich die Laufbahn der Architekten und Bauunternehmer nach. Dabei begegnet man Werken wie der bahnbrechenden Garage in der Pariser Rue de Ponthieu (1906/07), die den Stahlbeton salonfähig machte, dem Théâtre des Champs-Elysées (1910-13), das den Ruhm der Perrets etablierte, aber auch Ikonen wie der Kirche in Le Raincy (1922/23), dem in Sachen Raumdisposition neuartigen Wohnhaus in der Rue Raynouard (1929-32) oder dem Musée des travaux publics (1936-48) mit seiner kühn geschwungenen Doppeltreppe. Darüber hinaus gelingt es der Schau, die Ästhetik der Perrets zu veranschaulichen. Die sie begleitende und vertiefende «Encyclopédie Perret», ein unumgängliches Komplement zu dem vor zwei Jahren vom IFA und von den Editions Norma publizierten Werkkatalog, fasst es in Worte: Es gibt im Œuvre der Perrets einerseits technische und formale Charakteristika - das fast exklusive Arbeiten mit Stahlbeton; der rationalistische Verzicht auf Dekoratives, ja selbst auf Verputz; die Betonung der tragenden Strukturelemente; die Bevorzugung der «lebenspendenden» Vertikale, namentlich bei der Gestaltung der Fenster und Fassaden -, anderseits einen dezidierten künstlerischen Gestaltungswillen. Dabei paart sich eine quasi spartanische Austerität mit einer grossbürgerlichen Freude an ausgesuchten Materialien, einer fast japanisch anmutenden Kunst der Reduktion und einem geradezu klassischen Sensorium für Proportionen, Rhythmen und Wiederholungen. Man sieht es den Bauten an, dass Auguste Perret mit Paul Valéry befreundet war, diesem unaufgeregten Denker und überragenden Dichter, der die Antike mit der Moderne vermählte und sich den Fesseln der Prosodie aus demselben Grund unterwarf wie Perret jenen des Rasters, der Symmetrie und des «Ausdrucks durch Struktur»: um durch selbst gesetzte Schranken den kreativen Geist immer weiter zu schärfen und zu verfeinern. Die epochale Architektur der Perrets bietet denn auch «un spectacle de sérénité» - ein Bild der Ausgeglichenheit.


[Bis 6. Januar 2003. - Encyclopédie Perret. Hrsg. Joseph Abram, Jean-Louis Cohen und Guy Lambert. Editions du Patrimoine/Editions du Moniteur, Paris 2002. 445 S., Euro 59.-.]

Neue Zürcher Zeitung, Fr., 2002.09.27

05. Juli 2002Marc Zitzmann
Neue Zürcher Zeitung

Worthülsen und Stahlkrinolinen

Die vierte Ausgabe von ArchiLab in Orléans

Die vierte Ausgabe von ArchiLab in Orléans

Was ist der Unterschied zwischen einem schweizerischen und einem französischen Architekten? Der eine konzipiert Gebäude, der andere glossiert über Thesen und Phrasen von Guattari oder Virilio. Dieser (ernst gemeinte) Witz war bei der Vernissage von ArchiLab in Orléans zu hören, der jährlichen Ausstellung über junge und/oder avantgardistische Architekturbüros aus aller Welt. Die Eidgenossenschaft wurde von den beiden Kommissarinnen, Marie Ange Brayer und Béatrice Simonot, sowie den fünf Mitgliedern des Comité scientifique wieder einmal links liegen gelassen. Von den seit 1999 präsentierten 165 Büros stammte gerade eines aus der Romandie, womit die Schweiz in Sachen Präsenz noch hinter Australien, Chile und China rangiert. Doch ist die abermalige Abwesenheit der für ihre Praxisbezogenheit bekannten Schweizer durchaus charakteristisch für die Veranstaltung - «Vive la théorie, à bas la pratique!» könnte die Losung lauten.

Unter dem diesjährigen Thema, «Economie de la terre», kann man sich alles und nichts vorstellen. Nach der Lektüre der meisten Essays im Katalog ist man so klug als wie zuvor. Manche der Sätze, die einem da unter die Augen kommen, gehörten in eine Anthologie der geschraubtesten Worthülsenkonstrukte. Kehrseite der Medaille des traditionell kopflastigen französischen Diskurses über Architektur, der sich in ArchiLab besonders wild austobt, ist ein schreiender Mangel an Didaktik. Die bunten Bilder im Katalog ergänzen nicht die - zugegebenermassen meist wohltuend sachbezogenen - Texte zu jedem Projekt, sondern zelebrieren sich selbst. In der Schau ist bei manchen Exponaten trotz hippen Illustrationen und Begleittexten à la Guattari, Virilio usw. schlichtweg nicht zu verstehen, worum es eigentlich geht. Sollte ArchiLab die Ambition haben, sich produktiv weiterzuentwickeln, wäre dringend mehr Publikumsfreundlichkeit anzuraten.

Zum Glück jedoch erschöpft sich die Veranstaltung nicht im theoretischen Überbau, sondern präsentiert im stimmungsvollen Site des Subsistances militaires auch Projekte. Heuer sind es rund 90 von 30 verschiedenen Büros - und viele davon sind interessant. Freilich erwartet den Besucher des linearen, mit Plänen, Skizzen, Diagrammen, Modellen, Videos und auf Computern abrufbaren Informationen angereicherten Parcours nicht nur reine Architektur. Etliche Exponate entstammen den Sparten Urbanismus, Design (Möbel) oder bildende Kunst (Installationen). Am interessantesten jedoch sind die Architekturprojekte im eigentlichen Sinn - hier ein paar Beispiele, die dem Thema der Schau im Spannungsfeld von Begriffen wie «Natur», «Umwelt», «Ökologie» usw. am nächsten kommen.

Die drei gezeigten Projekte von Francis Soler zum Beispiel beeindrucken, weil sie den Kontext souverän mit einbeziehen, zugleich aber zu einem ganz eigenen formalen Profil finden: So soll die frühere U-Boot-Basis Keroman in der Bretagne - von der umgebenden Erde befreit - zu einer kleinen Inselkette mit schlanken weissen Windrädern werden, auf der touristische und nautische Aktivitäten stattfinden. Wie das gestauchte Skelett einer Krinoline sieht das Riesenprojekt einer über 2,5 Kilometer langen Autobahnbrücke in Südwestfrankreich aus, deren 330 Meter lange Segmente auf aus Stahl geflochtenen ovalen Pfeilern mit einem Schnitt von maximal 140 Metern ruhen; und die Netzhülle der 237 Meter langen spindelförmigen Voliere von Cloud 9 im neuen Meereszoo von Barcelona soll von einem «Baum» aus Stahlröhren getragen werden. Dieser führt den Pflanzen, die auf ihm wachsen, Wasser und Dünger zu und liefert per Kamera Bilder der brütenden Vögel. Interessant sind auch einige Beiträge zu den Themen «Selbstversorgung» - wie Françoise-Hélène Jourdas Stadt unter Glas im deutschen Ruhrgebiet (NZZ 20. 10. 99) - und «Recycling». So will das junge Pekinger Büro TeamMinus im Hinblick auf die Olympischen Spiele 2008 Bauschutt in Elemente aus Glas und Stahl füllen, aus denen dann Kioske, Telefonzellen oder Bushaltestellen gebildet werden sollen.


[Bis 14. Juli ( www.archilab.org). Katalog: ArchiLab. Editions HYX, Orléans 2002. 244 S., Euro 48.-.]

Neue Zürcher Zeitung, Fr., 2002.07.05

28. Juni 2002Marc Zitzmann
Neue Zürcher Zeitung

Neuer Stein in alte Kanäle

Die diesjährige europäische Kulturhauptstadt Brügge setzt nicht nur auf renovierte historische Bauwerke, sondern auch auf Neubauten. Darunter ist der Konzertsaal von Paul Robbrecht und Hilde Daem ein nicht nur im flämischen Kontext wichtiges Werk.

Die diesjährige europäische Kulturhauptstadt Brügge setzt nicht nur auf renovierte historische Bauwerke, sondern auch auf Neubauten. Darunter ist der Konzertsaal von Paul Robbrecht und Hilde Daem ein nicht nur im flämischen Kontext wichtiges Werk.

Brügge, das Venedig des Nordens, ist nach der Versandung des Meerkanals in einen Dornröschenschlaf gesunken und konnte dadurch seine spätmittelalterliche Bausubstanz wahren. So jedenfalls steht es in fast jedem Reiseführer - und gleich in dreifacher Hinsicht falsch. Der Publizist Roel Jacobs hatte 1997 in seinem Buch «Brugge, een stad in de geschiedenis» (Uitgeverij Van de Wiele, Brugge), das in Flandern viel diskutiert und heuer, da Brügge zusammen mit Salamanca europäische Kulturhauptstadt ist, auch auf Englisch und Französisch übersetzt wurde, ein paar zähe Mythen aufs Korn genommen. So lebte Brügge zu seiner Glanzzeit von der Textilindustrie und war keine Stadtrepublik wie Venedig. Sodann war die Versandung des Zwin nicht die Ursache, sondern die Folge eines durch politische und wirtschaftliche Faktoren bedingten Niedergangs. Und schliesslich stammt der Grossteil der von Touristen als mittelalterlich empfundenen Bauten aus dem 19. und 20. Jahrhundert: Der Stadtkern ist mehr Imitat als Original.

Renovationen für Millionen
Immerhin: Wegen der jahrhundertelangen Wirtschaftsmisere und eines tief verwurzelten Konservativismus, der das Bauen im neogotischen Stil mit der Erhaltung katholisch-flämischer Werte gleichsetzte, hat sich Brügge das Aussehen einer spätmittelalterlichen Stadt bewahrt. Und auch an historischer Bausubstanz ist genug Wertvolles erhalten: 1998 wurden 13 Beginenhöfe auf die Unesco-Liste des Weltkulturerbes gesetzt, 1999 24 Bergfriede, 2000 folgte die ganze Altstadt. Über alle Erwartung hat sich der 1877 geäusserte Wunsch des Königs Leopold II. erfüllt: «Ich möchte, dass die alten Gebäude restauriert werden, damit Brügge ( . . . ) ein einziges prächtiges Museum sei und kein Ausländer Belgien besuche, ohne sich jenes anzuschauen.» 116 829 Einwohner zählte Brügge am ersten Januar dieses Jahres, auf jeden von ihnen kommen im Schnitt dreissig Touristen pro Jahr; heuer werden gar fünf bis sechs Millionen Besucher erwartet.

Wie es sich für eine europäische Kulturhauptstadt gehört, wurde ein umfangreiches Renovationsprogramm lanciert. Betroffen waren die Liebfrauenkirche mit dem 112 Meter hohen Turm, das Memling-Museum im Sint-Jans-Hospitaal, das von späteren Hinzufügungen befreit wurden, der Gotische Saal des Stadhuis, die Kirche und das Kloster der Karmeliter, die Heilige Bloedkapel usw. Prunkstücke des Programms sind die vormalige Griffie (Bürgerregister), eines der frühesten Gebäude im Renaissancestil der südlichen Niederlande mit vergoldeten Säulen und raffinierten Bildhauerarbeiten, und die Stadsschouwburg, eine 1869 durch den Brüsseler Architekten Gustave Saintenoy errichtete Bonbonniere in Gold und Samtrot.

Die Stadtverwaltung und die Organisation Brugge 2002 setzen aber auch auf zeitgenössische Architektur. Das ist umso couragierter, als heutige Bauwerke, die auch so aussehen wie von heute, in der Stadt äusserst rar sind. Die futuristische Riesenseifenblase des 1989 von Rem Koolhaas und OMA entworfenen Sea Terminal in Zeebrugge ist geplatzt. Verdienstvolle urbanistische Masterpläne wie die des örtlichen Büros Groep Planning für das Zentrum (1972-74) und des Niederländers Willem-Jan Neutelings für das Bahnhofareal (1997) haben in rein architektonischer Hinsicht (bisher) kaum Ergebnisse gezeitigt. Nennenswert sind zwei Werke von Stéphane Beel: der strenge, kastenförmige Sitz der Bank BACOB in Sint- Andries (1988-91) und der ehemalige Spaarkrediet (heute: Centea) in der Vlamingstraat (1987-89) mit seinem von schwarzem Stein umrahmten Erdgeschoss und der schräg nach innen verschobenen Glasfront. Auch die wenigen übrigen zeitgenössischen Arbeiten in der Stadt sind eher kleinformatig.

So wirken die drei kleineren Architekturprojekte von Brugge 2002 schon fast wie grosse Eingriffe. Die Umgestaltung des Kanaaleilands, wo eine Brücke, ein Sanitärgebäude und ein geschwungenes Wetterdach den Besuch der verkehrsfreien Altstadt für motorisierte Touristen mit einer gewissen Eleganz beginnen lassen sollen, wird gerade vollendet. Bereits fertiggestellt ist Jürg Conzetts Fussgängerbrücke über der Coupure, ein Werk von schweizerischer Reduktion. Auf zwei sechs Meter hohen Steinpfeilern beidseits des Kanals ruhen zwei dicke Stahlröhren, an denen an dünnen Kabeln ein 36,5 Meter langer Holzsteg hängt. Die Röhren lassen sich mittels hydraulischer Motoren drehen, so dass die Kabel sich an ihnen aufwickeln und der emporgezogene Steg den Weg für kleine Boote freigibt - ingeniös! Der Kontrast zwischen den mächtigen Röhren und den feinen Kabeln sowie zwischen den Materialien - rostfarbener Stahl, Sandstein und Eichenholz - verleiht dem Werk eine gewisse Expressivität. Demgegenüber enttäuscht der zeitweilige Pavillon von Toyo Ito auf dem zentralen Burg-Platz. Über die Fundamente der Sint- Donaas-Kathedrale hat der Japaner einen 28 Meter langen und 6 Meter breiten Laufsteg aus Glas gelegt. Dieser ist von einem lichten, rechteckigen Tunnel aus Aluminiumwaben und riesigen verzerrten Ovalen überdacht und führt über einen Wasserkreis. Das Ganze wirkt auf dem Papier ansprechender als in der Realität.

Beton und Terrakotta
Der eigentliche Trumpf des Kulturjahrs ist das Concertgebouw von Paul Robbrecht und Hilde Daem. Das Genter Büro hatte in einem Wettbewerb u. a. über Peter Eisenman, Kisho Kurokawa und Neutelings Riedijk gesiegt. Der rund 43 Millionen Euro teure Konzert- und Opernsaal erhebt sich zwischen dem zentralen Platz 't Zand im Norden, einer Schnellstrasse in einem teilweise offenen Tunnel im Westen, einem Park im Süden und der Altstadt im Osten. Die urbanistische Einbindung erfolgt geschickt: Auf der Tunnelseite wird ein Busbahnhof mit Baumreihen placiert, die Fensterfronten der grossen Proberäume blicken auf den Park, zur Altstadt hin schafft der vorgeschobene «Laternenturm» eine quadratische Einbuchtung in dem rechteckigen Gebäude und also einen kleinen Platz. An dessen nördlichem Eck prangt ein riesiges, leicht auskragendes Fenster, das als eine vom ganzen Zand aus zu sehende Leinwand für Live-Übertragungen aus dem Konzertsaal benutzt werden kann. Dach und Aussenwände sind grösstenteils mit über 85 000 Spezialziegeln aus Terrakotta bedeckt, deren mit Eisenoxid angereicherte tiefbraune Blutfarbe auf die Dachlandschaft der Altstadt verweist.

Im Innern bietet der über zwei seitliche Rampen ansteigende Weg zum 1300 Zuhörer fassenden Saal eine eigentliche Promenade architecturale. Durchblicke ergeben sich vom Foyer über raue Betonschluchten nach den beiden oberen Stockwerken sowie durch Panoramafenster, deren Funktion als Rahmen für urbane Postkartenbilder an Jean Nouvels KKL erinnert. Das spektakulärste dieser Fenster erlaubt einen atemberaubenden Blick auf den Turm der Liebfrauenkirche. Im Saalinnern tritt das wichtigste Strukturelement klar hervor. Es handelt sich um vertikale Lamellen, die man fast überall findet: in der Bühnenschale für Sinfoniekonzerte, die an eine lichte, leichte Fassung von Anselm Kiefers bleiernen Bibliotheken gemahnt, in den (akustisch bedingten) unregelmässigen Rillen der Gipswände, in den bunt gestreiften Türen und Möbeln vor dem Saal, den Geländern und dem - noch unvollendeten - vertikalen Terrakottagitter um den «Laternenturm». Hervorgehoben werden diese Lamellen durch die Verwendung von Leitfarben - Leberbraun, Himmelblau, Grün und Weiss. Künstlerische Assoziationen - etwa an die irritierenden Streifenbilder von Bridget Riley - sind erwünscht, haben Robbrecht & Daem doch oft zusammen mit Künstlern oder für den Ausstellungsbetrieb gearbeitet, so mit den Aue-Pavillons der documenta X oder der Erweiterung des Museums Boijmans Van Beuningen in Rotterdam.

Der Klang im grossen Saal ist, wie ein Konzert mit der Koninklijk Filharmonie van Vlaanderen zeigte, von hinreissender Natürlichkeit - das Ensemble Anima Eterna und sein musikalischer Leiter Jos Van Immerseel, die hier ab 2003 en résidence sein werden, dürfen sich glücklich schätzen. Etwas weniger gefällt der Kammermusiksaal im «Laternenturm». Die 350 Zuhörer sitzen wie in einem italienischen Cortile um die Musiker herum sowie auf drei im Quadrat spiralförmig sich in die Höhe schraubenden Balkonen. Doch dessen ungeachtet besitzt Brügge, das bisher hinter Antwerpen und Gent das kulturelle Schlusslicht der flämischen Städte war, mit dem Concertgebouw von Robbrecht & Daem nunmehr den fesselndsten Konzertsaal im ganzen Königreich.


[Informationen: www.brugge2002.be. Marc Dubois: Contemporary architecture in Bruges. Stichting Kunstboek, Brugge 2002. 84 S., Euro 19.80.]

Neue Zürcher Zeitung, Fr., 2002.06.28

15. März 2002Marc Zitzmann
Neue Zürcher Zeitung

Multimediales Monument

Hans Holleins Vulkanpark in der Auvergne

Hans Holleins Vulkanpark in der Auvergne

Seit 1986 amtiert der frühere französische Staatspräsident Valéry Giscard d'Estaing als Präsident der Region Auvergne. Da die Mode der «grands travaux» erst durch seinen Nachfolger François Mitterrand lanciert wurde (zumindest auf dem Papier, in Wahrheit geht sie auf Giscards Vorgänger Georges Pompidou zurück), mag «VGE» - wie ihn die Franzosen mit ihrer Vorliebe für Kürzel nennen - mit der 1992 erfolgten Lancierung des Projekts «Vulcania» versucht haben, im kleinen Rahmen der Region nachzuholen, was er im grossen der Republik versäumt hatte: sich ein steinernes Denkmal zu setzen. Und tatsächlich: Was die Baukosten (rund 110 Millionen Euro) und den klangvollen Namen des Architekten, Hans Hollein, angeht, kann sich der nach zahlreichen Peripetien nun Ende Februar bei Clermont-Ferrand eröffnete Vulkanpark durchaus sehen lassen.

Ob sich dasselbe von der Architektur sagen lässt? Das Bauwerk solle mit der Landschaft verschmelzen, so Hans Hollein - doch davon kann einstweilen, wo die unmittelbare angrenzende «Landschaft» noch von den Bauarbeiten (buchstäblich) aufgewühlt ist, keine Rede sein. Eindrucksvoll dennoch der doppelte Zugang zum Gebäude: einerseits eine breite, sanft abfallende Allee, die direkt zu dem zentralen, 28 Meter hohen Konus führt - eine durch einen Schnitt in der Mitte halbierte und seitlich verschobene Paraphrase der umgebenden Vulkane, deren mit goldenen Titanrastern versehenes Inneres das durch die abgekappte Spitze einfallende Tageslicht in den unterirdischen Empfangsbereich weiterleitet -, anderseits eine abwärts führende Spirale um einen 35 Meter tiefen Krater, aus dem es drohend grollt und in dessen Abgrund rote Lampen glühende Lava evozieren (sollen).

Der in die Tiefe versenkte Platz rund um den Konus ist fast ganz durch Gebäude mit ebenerdigen Flachdächern umstellt. So ragen von fern gesehen einzig der Konus und das seitlich versetzte Restaurantgebäude, das mit diesem durch eine schmale Metallbrücke verbunden ist, aus der Erde. Dass das monumentale Ensemble architektonisch überwältige, kann man nicht sagen: Das Vokabular des rechteckigen Restaurants mit seinem leicht geschwungenen Flachdach und dem zu allen Seiten hin verglasten Ausblick ist kaum neu, der Konus wirkt klobig-neureich und der Krater, nun ja, eben wie eine Touristenattraktion.

Der von einem wissenschaftlichen Areopag konzipierte und von dem Pariser Architekten Rainer Verbizh gestaltete innere Rundgang ist abwechslungsreich und auf Schritt und Tritt interaktiv - wenngleich wie in fast jedem neu eröffneten High-Tech-Wissenschaftsmuseum ein Gutteil der multimedialen Apparate noch nicht oder schon nicht mehr funktioniert. Er wartet auf mit Sehenswürdigkeiten wie einer blubbernden Vulkanlandschaft, einem Kinosaal mit einer 415 Quadratmeter grossen Leinwand und einem anderen, in dem 3-D-Flugsaurier bei Kleinkindern panisches Kreischen auslösen: 2002 wird mit einer halben Million Besucher gerechnet.

In architektonischer Hinsicht haben die unterirdischen Räumlichkeiten, die meist im Halbdunkel liegen, wenig zu bieten: Die Überraschung, die - nach dem Initiationsgang durch die «Galerie des Grondements», bei welcher der Boden mitzittert, und den «Tunnel de Lave», eine finstere, ja fast klaustrophobische Folge von Gängen - der zentrale «Jardin volcanique» (ein hohes, lichtdurchflutetes Gewächshaus mit tonnenförmig gewölbtem Glasdach und anämisch-exotischen Riesenfarnen) bildet, wird in den seitlich anschliessenden Räumen durch plumpe Betonsäulen und im untersten Geschoss durch die wüstenhaft anonyme «Salle d'Auvergne» wieder zunichte gemacht. Für Liebhaber derartiger Attraktionen ist ein Besuch durchaus zu empfehlen: vorzugsweise aber erst in einigen Monaten, wenn die Vegetation nachgewachsen ist und die Technik überall funktioniert.

Neue Zürcher Zeitung, Fr., 2002.03.15



verknüpfte Bauwerke
Vulcania - Vulkanismus-Museum

11. Februar 2002Marc Zitzmann
Neue Zürcher Zeitung

Weisser Elefant oder grazile Gazelle?

Das Institut du monde arabe wurde 1987 eröffnet mit der Bestimmung, westlichen Besuchern die arabische Kultur näherzubringen. Nach holprigem Start ist die von Frankreich und den 22 Ländern der Arabischen Liga getragene Stiftung heute in der Pariser Kulturszene etabliert. Doch die Ressourcen des Instituts sind knapp.

Das Institut du monde arabe wurde 1987 eröffnet mit der Bestimmung, westlichen Besuchern die arabische Kultur näherzubringen. Nach holprigem Start ist die von Frankreich und den 22 Ländern der Arabischen Liga getragene Stiftung heute in der Pariser Kulturszene etabliert. Doch die Ressourcen des Instituts sind knapp.

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verknüpfte Bauwerke
Institut du monde arabe

25. Januar 2002Marc Zitzmann
Neue Zürcher Zeitung

Hip, Hype, Hurra!

Mit der Eröffnung des Palais de Tokyo, eines grossen, flexiblen Zentrums für zeitgenössische Kunst, sieht sich Paris derzeit bereits und wieder im Rang einer Kunstkapitale der Welt. Ob es sich dabei um eine Zukunftsvision oder um eine Chimäre handelt, wird sich allerdings erst noch weisen müssen.

Mit der Eröffnung des Palais de Tokyo, eines grossen, flexiblen Zentrums für zeitgenössische Kunst, sieht sich Paris derzeit bereits und wieder im Rang einer Kunstkapitale der Welt. Ob es sich dabei um eine Zukunftsvision oder um eine Chimäre handelt, wird sich allerdings erst noch weisen müssen.

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verknüpfte Bauwerke
Palais de Tokyo

05. Januar 2002Marc Zitzmann
Neue Zürcher Zeitung

Durchbrochene Geometrie

Der Architekt Henri Gaudin in Paris

Der Architekt Henri Gaudin in Paris

Der 1933 in Paris geborene Architekt Henri Gaudin ist einem breiteren Publikum erst 1994 als Autor des Stade Charléty im 13. Pariser Arrondissement bekannt geworden. Das Institut français d'architecture präsentiert jetzt die erste seinem Gesamtwerk gewidmete Retrospektive. Zum Auftakt gibt es eine reiche Auswahl der Carnets, Skizzen, Zeichnungen und Aquarelle des anscheinend nie ohne ein Schreib- oder Malwerkzeug in der Hand anzutreffenden Architekten. Diese abstrakt-geometrischen oder figurativen Werke tragen mitunter zur Erhellung der Bauten bei, so im Fall der Gegenüberstellung von Tierskelett-Zeichnungen mit den eleganten Beton- und Metallträgern des Charléty-Stadions. Dieser Materialauswahl folgt eine klassisch-museale Präsentation der Projekte und realisierten Bauten, vom offiziellen Opus 1, zwei Schulgebäuden von 1973, über sehr eigenständige Arbeiten der Reifezeit wie die Universität Saint-Leu in Amiens und die Rechtsfakultät von Douai bis hin zu Gaudins unlängst vollendeten Hauptwerken: dem meisterhaft umgebauten Pariser Musée Guimet und der vielgestaltigen Ecole normale supérieure in Lyon.

Wiewohl bereits die Fotos, Pläne und Modelle deutlich machen, dass es dem Architekten um klare Konturen, Plastizität (selbst bei reglementierten Strassenfassaden) und die Verbindung (aber nicht: Fusion) von streng geometrischen und überraschend geschwungenen Formen geht, hätte man als Ergänzung der höchst subjektiven Zitate des Architekten kurze Informationstexte und ein paar Raumgefühl vermittelnde Videos begrüsst. Der (teure) Katalog bestätigt einmal mehr, dass Künstler selten die besten Kommentatoren ihrer Werke sind. Er handelt grössere im Entstehen begriffene Bauten wie ein Bürogebäude in Gentilly oder den Justizpalast von Besançon etwas gar schnell ab. Doch wird man mangels Alternative und auch dank dem reichen photographischen Material (leider fast nur schwarzweiss) auf den Band nicht verzichten wollen.


[Bis zum 27. Januar im Institut français d'architecture. Katalog: Henri Gaudin. Ed. Norma, Paris 2001. 224 S., EUR 57.90.]

Neue Zürcher Zeitung, Sa., 2002.01.05

21. Dezember 2001Marc Zitzmann
Neue Zürcher Zeitung

Wenig Ethik, viel Ästhetik

Der Architekt Jean Nouvel im Centre Pompidou in Paris

Der Architekt Jean Nouvel im Centre Pompidou in Paris

Die grösste Ausstellung, die bisher Jean Nouvel gewidmet wurde, ist gegenwärtig im Centre Pompidou in Paris zu sehen. Die vom Meister selbst inszenierte Schau will «weder umfassend noch objektiv, retrospektiv, didaktisch oder wissenschaftlich» sein. Nichteingeweihten wird mit dieser Ausstellung der Zugang nicht eben leicht gemacht.

Seine Jünger behaupten, Jean Nouvel schaffe mit jedem Projekt radikal Neues. Kritischere Geister finden hingegen, der formale Einfallsreichtum des französischen Architekten sei doch eher beschränkt. Sie wollen in seinem Schaffen Leitmotive ausmachen wie nautische Assoziationen in den achtziger Jahren und auskragende, riesige Flachdächer sowie mehrschichtige Fassaden in jüngerer Zeit. Zumindest ein roter Faden durchzieht Nouvels Werk wohl spätestens seit dem Pariser Institut du Monde Arabe (IMA): das Streben nach einer komplexen, vexierspielartigen Wahrnehmung. Diese fesselt oder irritiert den Betrachter, weil er die je nach Standort, Tageszeit und Wetterlage stark wechselnden Einzelansichten von ein und demselben Gebäude nicht unter einen Hut zu bekommen vermag.


Perzeptive Vielschichtigkeit

Die Mittel, mit denen der Autor des KKL in Luzern diesen Irritationseffekt erzeugt, sind vielfältig. Immer jedoch handelt es sich um ein Spiel mit Licht oder mit optischen Effekten. Das IMA liefert hierfür ein gutes Beispiel. Durch die geometrisch-orientalischen Aluminiumblenden der Südfassade einfallendes Tageslicht bricht sich im Metallgestänge der offenen Treppenhäuser und wird durch Glaswände und matt glänzende Böden reflektiert. Das Ergebnis ist ein quecksilbrig changierendes Seherlebnis aus grell saturierten und schattenhaft mysteriösen Formen, die räumlich nur schwer einzuordnen sind. Hauptziel von Nouvels meisten Arbeiten scheint weniger die unmittelbare Fassbarkeit von Struktur, Materialbeschaffenheit oder Farbgebung zu sein als die Schaffung einer räumlichen Perzeption, die Mehrschichtigkeit andeutet, aber nicht enthüllt, und so Lust auf Erforschung macht.

Auch der Auftakt zur grössten dem Architekten bisher gewidmeten Schau, die das Centre Pompidou zurzeit präsentiert, weckt den Entdeckergeist. In einem dunklen Raum mit schwarz poliertem Boden prangen an den Wänden, gleich einem streng rasterförmigen Kirchenfenster, Myriaden von leuchtenden Dias mit Werken und Projekten; darüber befinden sich grossformatige Projektionen von Detailaufnahmen. Ganz klar: Der Raum trägt die Handschrift des Meisters - und da liegt auch das Problem. Denn Nouvel zeichnet nicht nur für die Szenographie verantwortlich, sondern auch für die Texte zu den (noch) nicht gebauten Projekten, die im Mittelpunkt der Ausstellung stehen. Diese Texte sind höchst heterogen: manche konzis, andere aphoristisch vage, ausufernd wie kleine Essays oder in jenem forschen Tonfall verfasst, der potenzielle Bauherren überzeugen soll. Da diese Projekte - zwangsläufig - nur durch Computerbilder illustriert werden, welche (zumal bei einem Architekten wie Nouvel, bei dem die Materialien und die Hic-et-nunc-Perzeption so wichtig sind) nur einen sehr ungefähren Eindruck zu vermitteln vermögen, wären knappe, sachbezogene Informationen nötig. Die jedoch findet man beileibe nicht immer. So bleiben schicke virtuelle Bilder im Halbdunkel.

Man fragt sich, was die Kuratorin Chantal Béret, Konservatorin am traditionell kopflastigen Centre de création industrielle im Pompidou-Museum, zur Schau beigesteuert hat - abgesehen von einem Katalogtext, dessen blosse Zwischentitel schon Gänsehaut erzeugen: «Das Infradünne der Lichtmaterie», «Vom Schirm zur Mitte: in Richtung einer symbiotischen Hybridisierung» . . . Gewiss, Georges Fessys auf Riesenbildschirme projizierte Fotos von elf Nouvel-Gebäuden beeindrucken schon durch ihre schiere Grösse. Und die Multimediasektion wartet auf mit Videofilmen von achtzehn Bauten, dem auf Computern abrufbaren Gesamtwerk und Monologen des Architekten, die man leider kaum versteht. Aber der Mehrwert der Ausstellung, die laut Béret «weder umfassend noch objektiv, retrospektiv, didaktisch oder wissenschaftlich» ist, dürfte für Nichteingeweihte gering sein: Klar wird nicht einmal, welche Projekte gebaut wurden und welche nicht. Allein mit dem ästhetischen Arrangement einer Riesenfülle von visuellem Material ist es jedenfalls noch nicht getan. Zumal auch der Griff zum Katalog bis auf einen lesenswerten Essay von Frédéric Migayrou den Griff in den Geldbeutel kaum rechtfertigt. Ganz abgesehen von der (berufs)ethischen Frage, inwieweit eine solche Quasi-Selbstzelebrierung in einer öffentlichen Institution am Platz sei. «Less aesthetics, more ethics»! - das Motto der letztjährigen Architekturbiennale von Venedig, wo Nouvel den französischen Pavillon radikal umgebaut hat, wollte man Ausstellungsmachern gern zurufen.


Einbezug der Natur

So tröstet man sich mit einer Sonderausgabe der Zeitschrift «amc Le Moniteur Architecture», in der 25 jüngere Projekte präsentiert werden. Zwar sind auch hier die Verantwortlichen eifrig bestrebt, kein schlechtes Haar an ihrem grossen Landsmann zu lassen, doch liefern sie zumindest genügend Informationen, um ihr hymnisches Urteil auch nachvollziehbar zu machen. Und wirklich: Viele der im Entstehen begriffenen Projekte wirken äusserst spannend. So soll ein gewehrpatronenförmiges Hochhaus in Barcelona entstehen, das dank einer doppelten Hülle aus serigraphiertem Glas und mit farbigem Wellblech verkleidetem, unregelmässig von Fenstern durchbrochenem Beton einen raffiniert changierenden, von weitem wie gepixelten Anblick bietet.

In vielen der neueren Projekte spielt die Natur eine herausragende Rolle - etwa bei dem in der Ausstellung nur flüchtig dokumentierten World Peace Monument in Jerusalem, dessen hundert Meter hoch in den Himmel ragender lichtdurchfluteter Zylinder an James Turrells Roden Crater gemahnt. Es gilt aber auch für so ausgefallene (und leider nicht realisierte) Projekte wie das Museum der menschlichen Entwicklung in Burgos und das Guggenheim-Museum in Tokio, die beide in Gänze unter einem baumbewachsenen künstlichen Hügel verschwinden sollten: der eine mit grazilen weissen Gerüsten bestückt, die denen der Archäologen ähneln, der andere wie eine mit den Jahreszeiten wechselnde Wolke von an den späten Corot gemahnendem Kirsch- und Ahornflaum. Es gäbe noch viel zu sagen zu etlichen dieser Projekte - als Fazit vielleicht dieses: dass Nouvels Architektur oft viel besser ist als die ihm in Frankreich gewidmeten Ausstellungen und Texte.


[Bis 4. März 2002. Katalog: EUR 37.-.]

Neue Zürcher Zeitung, Fr., 2001.12.21

03. November 2001Marc Zitzmann
Neue Zürcher Zeitung

Traumtanz-sur-Seine

Tadao Ando baut die Fondation Pinault bei Paris

Tadao Ando baut die Fondation Pinault bei Paris

Der japanische Architekt Tadao Ando soll bis 2006 im Auftrag von François Pinault auf der Ile Seguin bei Paris ein Kunstmuseum erbauen. Der französische Milliardär möchte dort auf über 30 000 Quadratmetern seine Privatsammlung präsentieren.

Ende des 19. Jahrhunderts unterhielten etliche der reichen, reifen Männer vom Pariser Jockey-Club eine Tänzerin. Sei's, dass die Schönheitschirurgie bei ihren Gattinnen Wunder bewirkt, sei's, dass indiskrete Photoberichte in der Regenbogenpresse bei den Aktionären nicht gut ankommen oder die Verlockungen des Ewigweiblichen im Zeitalter der virtuellen Instant-Erfüllungen verblasst sind: Am Anfang des 21. Jahrhunderts sind die reichen, reifen Männer des «CAC 40» der Ballerinen müde geworden. Ihre mehr oder minder uneigennützigen Investitionen in Projekte jedoch, welche nicht in erster Linie Gewinne abwerfen müssen, werden in Frankreich nach wie vor mit dem Wort «danseuse» bezeichnet. Da die meisten Wohltätigkeitsorganisationen fest in der Hand von Politikergattinnen sind und «charity» ohnehin weder glamourös noch sexy ist, stecken die reifen, reichen Männer ihre Überschüsse lieber in Kunst & Kultur. Das Nonplusultra ist dabei, eine nach einem selbst benannte Stiftung zu gründen. Ein Milliardär ohne eigenes Museum ist ein armer Tropf.

François Pinault ist nun bestimmt kein armer Tropf. Zum einen rangiert der Chef des Pinault-Printemps-Redoute-Konzerns mit einem geschätzten Vermögen von 6,3 Milliarden Dollar laut dem amerikanischen Magazin «Forbes» heuer nach der L'Oréal-Erbin Liliane Bettencourt und seinem Erzrivalen Bernard Arnault (LVMH) in Frankreich auf Platz drei. Zum andern wird er Ende 2006 ein eigenes Museum haben. Und zwar nicht irgendeines. Mit 32 000 m 2 Nutzfläche soll die «Fondation d'art contemporain François Pinault» halb so gross sein wie das Centre Pompidou - nur dass dieses neben dem staatlichen Museum für moderne Kunst (14 000 m 2 Ausstellungsfläche) noch andere grosse Institutionen beherbergt. Errichten wird den rund eine Milliarde Francs teuren Bau der japanische Architekt Tadao Ando, der nach einem ausgeschriebenen Wettbewerb Konkurrenten wie Rem Koolhaas, Dominique Perrault und MVRDV ausgestochen hat.

Die etwa tausend Exponate, die aus Pinaults seit seinem allerersten Kauf (einem Gemälde von Sérusier, 1972) mit einem gewaltigen finanziellen Crescendo zusammengetragener Sammlung ausgewählt werden sollen, beeindrucken mit grossen Namen. Obwohl über die Kollektion nur wenig bekannt ist, gilt Pinault - nebenbei auch Besitzer des Auktionshauses Christie's - heute als Frankreichs erster Privatsammler von Kunst seit 1945. Laut der französischen Presse besitzt er Werke von Künstlern wie Brancusi, Barney, Calder, Cattelan, Fautrier, Flavin, Giacometti, Hirst, Klein, Modigliani, Nauman, Pollock, Rothko, Ryman, Sherman, Soulages, Sugimoto, Twombly, Viola, Warhol; dazu Monumentalskulpturen von Chillida, Miró, Moore, Picasso und Serra sowie Meisterwerke wie Degas' «Petite danseuse de quatorze ans» (1881), De Koonings «January 1st» (1956), einen Mondrian von 1925 und einen Rauschenberg von 1955.

Errichtet werden soll das Museum auf dem jüngst für 100 Millionen Francs erstandenen Drittel der in einer Seineschleife drei Kilometer südwestlich von Paris gelegenen Ile Seguin. Diese Insel, von deren elf Hektaren drei für die Stiftung, vier für einen Park und der Rest für eine «Cité scientifique» mit Wohn- und Bürogebäuden vorgesehen sind, gehörte wie rund 60 Hektaren südlich des Bois de Boulogne dem Automobilhersteller Renault. 1992 hat dieser seine historischen Fabriken geschlossen und steht nun im Begriff, den Grossteil seines dortigen Grundbesitzes zu verkaufen. Jahrelange Diskussionen über das Werden des einstigen «Sing-Sing der Proletarier», der sozialgeschichtlich bedeutsamen, aber erstaunlicherweise nicht denkmalgeschützten Ozeanriesen-artigen Fabrikgebäude auf der Ile Seguin, finden so wohl ihren Abschluss (NZZ 26. 3. 99). Mit der Abwicklung des Architekturwettbewerbs war François Barré betraut worden, der frühere Directeur de l'architecture et du patrimoine im Kulturministerium; der zukünftige Direktor des Museums soll eine dem Leiter des Musée d'art moderne de la Ville de Paris vergleichbare Statur aufweisen, einer Institution von Weltrang, mit der die Stiftung konkurrieren möchte.

Freilich: in architektonischer Hinsicht wirkt das Wenige, was man über die unterlegenen Entwürfe von Koolhaas und MVRDV weiss, weit aufregender als das letzte Woche mit grossem Trara vorgestellte Modell von Ando. Der Pritzkerpreisträger bewegte sich mit seinen Bauten und Projekten in den letzten Jahren ohnehin oft am Rande des minimalistischen Edelkitsches. Planten die Niederländer, mit dem Museum die Dichotomien zwischen Tag und Nacht sowie zwischen Ausstellungsfläche und Reserve auszureizen (Koolhaas) beziehungsweise es als einen die Symbiose von Dienstleistungs- und Ausstellungsbetrieb vollziehenden urbanen Kunst-Raum auf seine Umwelt hin zu öffnen (MVRDV), so liefert der Japaner einen klassisch-musealen Bau. Funktional ist er streng in drei Schichten aufgeteilt: zuunterst ein Sockel für die Verwaltung und die Bücherei, darüber ein verglaster «japanischer Garten» für Wechselausstellungen (7000 m 2) und schliesslich die Sammlungsräume (15 000 m 2) mitsamt zwei Dachgalerien, die an den die Londoner Tate Modern krönenden Glaskörper von Herzog & de Meuron erinnern. Stromlinienförmig folgt der dreieckige Bau dem Umriss der Inselspitze, einem Ozeanriesen aus durchsichtigem, geschliffenem und granuliertem Glas gleich, in dem sich der Fluss spiegeln soll. Für die nächtliche Beleuchtung wird möglicherweise James Turrell verantwortlich zeichnen.

Doch auch wenn dereinst vor der Stiftung wie vor dem Guggenheim-Museum in Bilbao ein monumentales Werk von Jeff Koons stehen sollte (Pinault hat letztes Jahr dessen blumenbewachsenen Pferde-/Dinosaurierkopf «Split-Rocker» erworben), muss man schon etwas verwirrt sein, um den Bau - wie jüngst die Architekturkritiker von «Le Monde» - mit einem freudschen Verschreiber, der womöglich im kulturtouristischen Neid auf die «guggenheimisierte» Baskenstadt gründet, als eine «Fondation Gehry» (sic) zu bezeichnen. Denn mit den wilden Titanwogen des Kaliforniers hat die brave Traumschifftorte des Japaners nun wirklich nichts gemein. Wie Pinaults «danseuse» dereinst an der Seine tanzen wird, das weist sich erst 2006 . . .

Neue Zürcher Zeitung, Sa., 2001.11.03



verknüpfte Bauwerke
Fondation Pinault

10. September 2001Marc Zitzmann
Neue Zürcher Zeitung

Rationalistische Baukunst

Ausstellung Adalberto Libera in Paris

Ausstellung Adalberto Libera in Paris

Kunst und Moral, der Befund ist nicht neu, sind grundverschiedene Dinge. Der 1903 in Villa Lagarina (Trentino) geborene italienische Architekt Adalberto Libera hat über Jahre hinweg für Mussolinis Regime gearbeitet. Und entstanden sind zum Teil faszinierende Bauten. Das zeigt derzeit eine kleine Ausstellung in der Galerie des Musée national d'art moderne im Pariser Centre Pompidou, welche aus Liberas 1996 dem Museum geschenktem Privatarchiv schöpft.

Nach seiner Ausbildung in Parma und Rom zählt Libera um 1930 als Mitglied des Gruppo 7 und des Movimento italiano per l'architettura razionale (MIAR) zu den Hauptexponenten der Rationalisten, welche gegen die «kulturalistische, monumentalistische und dekorative» Architektur ihrer Zeit kämpfen. Vom Regime gefördert, ist er 1932 mit der 10-Jahres-Ausstellung der faschistischen Revolution betraut; es folgen die italienischen Pavillons auf den internationalen Ausstellungen in Chicago (1933) und Brüssel (1935). Gleichzeitig entstehen Gebäudekomplexe wie die mit subtilen Lichteffekten arbeitende Schule in Porto Civitanova, der symmetrisch-geometrische Palazzo delle poste in Rom und der daselbst erst 1954 vollendete Palazzo dei congressi.

Dass Liberas bekanntestes Werk ausgerechnet die 1938 auf Capri in Angriff genommene Villa Malaparte ist, ein - im Übrigen grossartiger - Bau, den er nur im Anfangsstadium mitgestaltet und nicht als seine eigene Schöpfung anerkannt hat, zählt zu den ungerechten Ironien des Schicksals. Ungerecht auch deswegen, weil die nach dem Krieg bis zu Liberas Tod 1963 entstandenen Wohnbauten zum Teil mit einer originellen Balance zwischen Funktionalität und Ästhetik aufwarten. Dies und vieles mehr zeigt die Schau anhand von Skizzen, Fotos und Filmprojektionen; was fehlt, sind Modelle und ein Katalog. Zumindest Letzterer soll noch vor Ende der Ausstellung nachgereicht werden.


[Bis 24. September. Ein Katalog ist in Vorbereitung.]

Neue Zürcher Zeitung, Mo., 2001.09.10

21. August 2001Marc Zitzmann
Neue Zürcher Zeitung

Braunbären und Kängurusessel

Der Architekt und Konstrukteur Jean Prouvé in Nancy

Der Architekt und Konstrukteur Jean Prouvé in Nancy

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01. Dezember 2000Marc Zitzmann
Neue Zürcher Zeitung

Aussergewöhnlich phantasievoll

Gibt es eine typisch flämische zeitgenössische Architektur? Wenn das Antwerpener Kunstzentrum deSingel in seiner Ausstellung «Homeward» zehn Arbeiten jüngeren...

Gibt es eine typisch flämische zeitgenössische Architektur? Wenn das Antwerpener Kunstzentrum deSingel in seiner Ausstellung «Homeward» zehn Arbeiten jüngeren...

Gibt es eine typisch flämische zeitgenössische Architektur? Wenn das Antwerpener Kunstzentrum deSingel in seiner Ausstellung «Homeward» zehn Arbeiten jüngeren Datums vorstellt, welche laut Katalog «ein paar allgemeine Aussagen über die Baukunst in Flandern während der letzten zehn Jahre» vermitteln, so soll gezeigt werden, dass das Spezifische im Schaffen der oft als Vertreter einer «stillen Generation» bezeichneten flämischen Nachwuchsarchitekten nichts mit einem landestypischen Genius zu tun hat, sondern vielmehr mit dem liebe- und phantasievollen Umgang mit den jeweiligen urbanistischen, topographischen oder architektonischen Vorgaben.


Überzeugende Inszenierung

Die didaktisch und inszenatorisch überzeugende Ausstellung selbst ist hierfür ein gutes Beispiel: Sie passt sich dem extrem langen Raum, in dem sie untergebracht ist, bestens an. An einer Längswand reihen sich Tische mit Plänen, Modellen und (Luft-)Aufnahmen der Projekte. Auf zehn Fernsehbildschirmen wird jedes Bauwerk so gezeigt, wie seine Benutzer es im Alltag erleben: Die Anfahrt mit dem Auto vermittelt einen Eindruck von der Umgebung, dann bekommt man das Gebäude von aussen und innen zu sehen. Auf der gegenüberliegenden Glaswand illustrieren Statistiken und Diagramme die soziokulturellen Charakteristika des Bauens und Wohnens in Flandern, von der Bevölkerungsdichte bis zur Einkommensverteilung.

Drei Werke seien hier herausgegriffen. In dem ostflämischen Städtchen Sinaai hat Erik Van Belleghem ein Funerarium entworfen. Während das Bestattungsunternehmen in einem kleinen Haus untergebracht ist, das mit seinem Ziegeldach und den gelben Backsteinmauern die ländliche Normalität verkörpert, mutet die anliegende Garage, von wo aus die Leichenzüge starten und an die sich die Leichenhalle anschliesst, wie eine fremde, surrealistisch-schwarze Box an. Der Tod ist hier in den Alltag eingebunden, sticht zugleich jedoch heraus als etwas, das letztlich unbegreiflich ist. Ähnlich überraschend wirkt die von Paul Robbrecht und Hilde Daem konzipierte Galerie mit Penthouse auf dem Dach eines banalen Wohngebäudes in Brüssel. Der grosse Glaskasten hat für seine Bewohner die Funktion einer Lanterne magique: Indem er immer wieder neue, stets ausschnitthafte Ausblicke auf die Stadtlandschaft bietet, verfremdet er deren Hässlichkeit. Ein grosser, auf der Terrasse nahezu vertikal aufgestellter leerer Metallrahmen expliziert das (künstlerische) Konzept.

Ganz anders das von Xaveer De Geyter in dem Antwerpener Nobelviertel Brasschaat erbaute Einzelhaus. Hier geht es um das Wohnen in einer feinen suburbanen Umgebung. Zwei Attribute charakterisieren den Entwurf. Einerseits ist da die zentrale Position des Autos. Fahrzeuge werden über eine leicht ansteigende Kurve zu einer Plattform mit einer Garage aus Milchglas geführt, die nachts von innen her beleuchtet ist. Anderseits verkörpert das Gebäude den Wunsch seiner Auftraggeber nach Diskretion. Betreten wird das Haus von der Plattform her entweder über eine Treppe in der Garage oder über eine absteigende Rampe. Dass es dann keineswegs bunkerhaft-klaustrophobisch wirkt, sondern dank drei Innenhöfen und der nach hinten auf eine tiefer gelegene Terrasse hinausführenden Glasfront sogar licht und durchsichtig, ist die Überraschung dieses unprätentiösen Gebäudes, das seinen Bewohnern gleichsam auf den Leib geschneidert ist.


Erweiterungsprojekt

Das Kulturzentrum deSingel veranstaltet seit 1985 durchschnittlich vier Architekturausstellungen im Jahr. Katrien Vandermarliere, die seit 1991 für das Programm zuständig ist, verfügt über ein bescheidenes Jahresbudget (zwischen zwei und drei Millionen belgische Francs), aber über viel Freiheit. Ausstellungsschwerpunkte sind neben internationalen Projekten junge flämische Architekten sowie die Baukultur der Nachkriegszeit. Ein besonderes Anliegen ist es, die niederländischsprachige Forschung und Kritik zu stimulieren, u. a. durch sorgfältig edierte, textreiche Kataloge. Nächstes Jahr soll in den 1968-87 nach Plänen von Léon Stynen erbauten Gebäudekomplex, in dem auch ein Radiosender und das Königliche Flämische Konservatorium untergebracht sind, das Vlaams Architectuurinstituut einziehen. Form und Inhalt dieser neuen Institution sind noch nicht spruchreif. Dafür gilt als fast sicher, dass der gesamte Komplex bis etwa 2005 für rund eine Milliarde belgische Francs umgebaut werden soll. Der Entwurf des Architekten Stéphane Beel sieht neben Logen und Umkleideräumen für die Konzert- und Theatersäle auch einen Neubau vor, in dem die Architekturausstellungen dann endlich eigene Räumlichkeiten haben werden.


[Bis zum 17. Dezember (www.desingel.be). Katalog (niederländisch, italienisch oder englisch) bFr. 850.-. ]

Neue Zürcher Zeitung, Fr., 2000.12.01

21. Oktober 2000Marc Zitzmann
Neue Zürcher Zeitung

Van Dyck und fette Musen

Neue Projekte für Antwerpens Museumslandschaft

Neue Projekte für Antwerpens Museumslandschaft

Es lohnt sich, in Antwerpen vom Grote Markt zum Hanzestedenplaats zu spazieren. Binnen Minuten gelangt man vom pittoresken Flandern des 16. und 17. Jahrhunderts in Europas zweitwichtigsten Hafen mitsamt den unvermeidlichen Begleiterscheinungen - torkelnde Gestalten, leichtgeschürzte Musen hinter Glas, fetttriefende Imbissstände. Auf dem Hanzestedenplaats, einem grossen Rechteck, das zwischen Altstadt und Hafen in zwei Scheldebecken hineinragt, stehen derzeit verwahrloste Büro- und Lagergebäude. In näherer Zukunft sollen sie einem ambitiösen Museum für Stadtgeschichte weichen: dem Museum aan de Stroom (MAS). Dieses dürfte ganz oder teilweise die Sammlungen des Volkskundemuseums, des Marinemuseums (Nationaal Scheepvaartmuseum «Steen») und des Fleischerhauses (Vleeshuis) übernehmen.

Voraussichtlich im Jahr 2005 soll das MAS, dessen Rohbau mindestens eine Milliarde belgische Francs kosten wird, eröffnet werden. Sieger des internationalen Wettbewerbs, an dessen Endrunde u. a. Tadao Ando und Bernard Tschumi teilgenommen haben, ist das in Amsterdam und Antwerpen etablierte Team Willem Jan Neutelings und Michiel Riedijk. Die beiden niederländischen Architekten haben einen quaderförmigen Bau entworfen, der auf einer Grundfläche von 35 mal 35 Metern aus zehn spiralförmig übereinander gestapelten Kästen besteht. Jeder von ihnen ist ganz oder teilweise verglast: So bieten sich auf dem Weg nach oben immer wieder neue (Teil-) Ansichten der Stadt und des Flusses, bis in 53 Metern Höhe von der Dachterrasse aus das gesamte Panorama im 360-Grad-Winkel erfasst werden kann. Einige der verglasten Bereiche erstrecken sich ohne Zwischendecke über zwei Stockwerke: Dort sollen grossformatige Exponate gezeigt werden, die als Wahrzeichen der Stadt auch von aussen zu sehen sind. Zu dem rund 12 000 Quadratmeter grossen Gebäude führt ein tiefer gelegener Platz, der eine permanente Freiluftausstellung beherbergen und von fünf kleinen Pavillons für Cafés u. ä. gesäumt werden soll.

Doch ist das künftige MAS nur die spektakulärste Neuerung in Antwerpens Museumslandschaft. Auch bestehende Institutionen werden sich verändern. Das Vleeshuis etwa plant, ein Gutteil seiner Sammlung an Häuser wie das MAS oder das Museum Mayer van den Bergh (Kunst des 14. bis 16. Jahrhunderts) abzugeben. Letzteres soll, wie das jüngst wiedereröffnete Museum Smidt van Gelder, in dem Gemälde, Möbel und Porzellan aus dem 17. bis 19. Jahrhundert zu bewundern sind, von dem flämischen Architekten Stéphane Beel umgebaut und eventuell zusammen mit dem Rubenshuis, für das Beel einen eleganten Pavillon aus Glas entworfen hat, unter gemeinsame Leitung gestellt werden. Bis 2004 wird das Vleeshuis in ein dem Antwerpener Musikleben gewidmetes Museum verwandelt. Dort möchte der Konservator Karel Moens Instrumente, Gemälde und Drucke, im Kellergeschoss sogar ganze Ateliers zeigen.

Nicht zurück, sondern in die Zukunft blickt das Museum van Hedendaagse Kunst Antwerpen (Muhka). Den strahlend weissen, 1993 schon einmal vergrösserten Bau möchte der Museumsdirektor Flor Bex nunmehr ganz für Wechselausstellungen nutzen; für die rund 750 Werke umfassende Sammlung soll am nahe gelegenen Scheldeufer ein Neubau entstehen. Wegen der Nähe zum und der Aussicht auf den Fluss kann das rund 10 000 Quadratmeter grosse Gebäude weder in die Tiefe noch in die Höhe gehen: Folglich wird es lang gezogen (eventuell über mehrere hundert Meter) und eingeschossig sein, mit Glasfronten zur Schelde hin. Ein internationaler Wettbewerb dürfte demnächst ausgeschrieben werden; obwohl der flämische Kulturminister das auf 500 Millionen belgische Francs veranschlagte Projekt als «nicht prioritär» bezeichnet hat, hofft Bex, es mit Hilfe von Sponsoren bis 2004 zu realisieren.

Vielleicht angesteckt von der Aufbruchstimmung in den Antwerpener Museen hat sich auch das u. a. für seine Gemälde von Rubens und Van Dyck bekannte Koninklijk Museum voor Schone Kunsten daran gemacht, in einem auf zehn Jahre angelegten Masterplan Desiderata wie eine bessere Zugänglichkeit des Gebäudes oder die Wiederherstellung von dessen Ursprungszustand aus dem Jahr 1890 aufzulisten. Nicht ohne Hintergedanken wirft die Museumsleitung dabei einen Blick auf das 1997 renovierte Musée des Beaux-Arts in Lille, dem das in die Endrunde des MAS-Wettbewerbs gelangte Architektenduo Jean-Marc Ibos und Myrto Vitart einen Verwaltungs- und Ausstellungstrakt angefügt hat. Anekdotisch, aber vielleicht nicht nur für Touristen von Interesse sind schliesslich der anstehende Umzug des beliebten Diamantmuseums in die Nähe des Centralbahnhofs und die Eröffnung eines Olympiamuseums. Dieses ist im Wesentlichen eine Kompensation dafür, dass Antwerpen nicht wie vier andere belgische Städte die Horden und Hooligans von Euro 2000 empfangen durfte. Dafür hat der rechtsextreme Vlaams Blok bei den Gemeindewahlen vom 8. Oktober ein Drittel der örtlichen Stimmen eingeheimst. Über die möglichen Folgen dieses (einmal mehr) in den belgischen Medien als «schwarz» bezeichneten Sonntags für das Kulturleben der zweitgrössten Stadt des Landes wird gegenwärtig debattiert.

Neue Zürcher Zeitung, Sa., 2000.10.21

16. September 2000Marc Zitzmann
Neue Zürcher Zeitung

Bauerbe aus Stahl und Beton

Frankreich und die Architektur des 20. Jahrhunderts

Frankreich und die Architektur des 20. Jahrhunderts

Lange Zeit gab es in der französischen Kulturverwaltung zwei Abteilungen, die sich gegenseitig befehdeten: «Patrimoine» und «Architecture». Der erste Begriff lässt sich schwer übersetzen: «Patrimonium» ist zu diffus und «Bauerbe» zu einseitig, weil zum «patrimoine» alles zählt, was unter Denkmalschutz gestellt werden kann, vom Ziergarten bis zum Panzer. In der Praxis war die erste Abteilung - grob gesagt - für alte Gemäuer zuständig, die zweite für jüngere Bauten. 1998 fusionierten sie zur Direction de l'Architecture et du Patrimoine (DAPA). Diese hat unter der Leitung von François Barré und mit der eher rhetorischen als finanziellen Rückendeckung der beiden letzten Kulturministerinnen das «patrimoine du XXe siècle» entdeckt, wobei das Konzept sowohl Konservative als auch Kreative anspricht. Barré hat nun aber vor zwei Wochen das Tuch geworfen, wohl auch, weil Ende März ein gleichfalls für das «Patrimoine» zuständiger Staatssekretär ernannt worden ist und weil mit einer nur halbherzigen Rückendeckung auf Dauer nicht viel Konkretes zu machen ist (das Budget der DAPA beträgt derzeit mit rund 2,2 Milliarden Francs knapp 14 Prozent des staatlichen Kulturbudgets).

Die am 16. und 17. September stattfindenden «Journées du Patrimoine» werden nun also von einem Zeremonienmeister geleitet, der nur noch im Amt ist, weil sein Nachfolger noch nicht gefunden wurde. Das Ausscheiden des kompetenten, allseits geachteten Barré schmerzt um so mehr, als just an diesem Wochenende das Konzept, dem die DAPA ihre Existenz bzw. deren Legitimierung verdankt, Thema der «Journées du Patrimoine» ist. Unter dem Titel «Le Patrimoine du XXe siècle en France» wird kurz vor dem Ende des Millenniums nun (endlich) versucht, die Franzosen mit dem von ihnen eher gleichgültig betrachteten Bauerbe unseres Jahrhunderts vertraut zu machen. Dass in dieser Hinsicht starker Nachholbedarf besteht, zeigt unfreiwillig «Le Figaro», der dem Ereignis mehrseitige Artikel widmet, die vor Ungenauigkeiten nur so strotzen.

Auch in Sachen Denkmalschutz ist das 20. Jahrhundert mit 1300 Einträgen - gerade einmal 2,5 Prozent aller geschützten Objekte - eher stiefmütterlich bedacht. Ein Blaubuch mit 400 weiteren Anwärtern auf das Label «Monument historique» ist soeben erschienen; neu ist zudem ein Logo, das bemerkenswerte Bauwerke kennzeichnet. Dieses soll aber im Gegensatz zu den z. T. strengen Auflagen des Denkmalschutzes keine juristischen Folgen haben. Dass sich der Staat auf diese Weise ziemlich billig seiner Pflichten entledige, wäre nun allerdings ein ungerechter Vorwurf. Denn seit zwei, drei Jahren - und verstärkt seit dem Amtsantritt der neuen Kulturministerin Catherine Tasca im März 2000 - ist ein deutliches Interesse für das «Patrimonium» des 20. Jahrhunderts zu spüren.

Im Herbst 1998 hatte François Barré einen Plan in 13 Punkten angekündigt; etliche davon sind heute ganz oder teilweise verwirklicht. Wichtig sind die Erfassung des modernen Baubestands in Datenbanken wie Archidoc (www.culture.fr) oder Archires (www.archi.fr) und die Bereitstellung von Informationen für eine breite Öffentlichkeit, schriftlich (etwa in den Publikationen der Editions du patrimoine), aber auch multimedial (www.patrimoine-XX.culture.gouv.fr). Wichtig sind sodann internationale Projekte wie die Erstellung des ersten weltweiten Inventars des Architekturerbes unseres Jahrhunderts (in Zusammenarbeit mit der Union internationale des architectes) oder, im Rahmen des EU-Programms «Raphael», das Projekt «L'Europe de l'Air», dessen erste Veranstaltungen drei Flughäfen der dreissiger Jahre betreffen: Berlin-Tempelhof, Paris-Le Bourget und Liverpool-Speke. Wichtig ist schliesslich die im Gang befindliche Restaurierung von zwanzig emblematischen Bauwerken in ganz Frankreich.

Besondere Aufmerksamkeit erregten jüngst der Wiederaufbau von Jean Prouvés Pavillon de l'Aluminium (1954) im Parc des expositions de Paris-Nord Villepinte und der Erwerb der vom Verfall bedrohten Villa Cavrois von Robert Mallet-Stevens (NZZ 12. 9. 00). Renoviert werden ausserdem die 1900 von Henri Sauvage gebaute Villa Majorelle in Nancy, Mallet-Stevens' Villa Noailles in Hyères (1924-33) und Pierre Chareaus Pariser «Maison de verre» (1931), ferner die zwischen 1937 und 1939 errichtete Maison du peuple in Clichy, zwei Kirchen, in denen der Stahl bzw. der Beton dominiert (Sainte-Barbe in Crusnes und Sainte-Thérèse-de-l'Enfant-Jésus in Metz), sowie Le Corbusiers 1958 vollendeter Pavillon brésilien in der Pariser Cité internationale universitaire usw. Eine Fotoausstellung, die im Sommer in Berlin zu sehen war, soll demnächst in Zürich (und vielleicht auch in Bern und in Genf) dem Publikum auf 85 grossformatigen Tafeln ein Panorama der französischen Architektur im 20. Jahrhundert vorführen.

Neue Zürcher Zeitung, Sa., 2000.09.16

11. Juli 2000Marc Zitzmann
Neue Zürcher Zeitung

Phönix oder Seifenblase?

Im letzten Sommer hat der Pariser Architekt Paul Andreu eine internationale Konsultation gewonnen - als Wettbewerb war die nach chinesischen «Regeln» geführte...

Im letzten Sommer hat der Pariser Architekt Paul Andreu eine internationale Konsultation gewonnen - als Wettbewerb war die nach chinesischen «Regeln» geführte...

Im letzten Sommer hat der Pariser Architekt Paul Andreu eine internationale Konsultation gewonnen - als Wettbewerb war die nach chinesischen «Regeln» geführte Prozedur von der Union internationale des Architectes, die im Juni 1999 in Peking einen grossen Kongress abgehalten hatte, nicht anerkannt worden. Den Entwürfen von rund 70 Konkurrenten - darunter Terry Farrel, Hans Hollein, Arata Isozaki und Jean Nouvel - war Andreus Projekt für das «Grosse chinesische Nationaltheater» in der chinesischen Hauptstadt vorgezogen worden (NZZ 1. 10. 99). Der als Erbauer von Flughäfen wie Paris Charles-de-Gaulle, Manila und Qatar bekannt gewordene Architekt plant, eine grosse Oper (2500 Plätze), einen Konzertsaal und zwei Theater in einer riesigen Seifenblase aus Titan und Glas unterzubringen (Durchmesser: 150 Meter, Höhe: 37 Meter), die auf einem künstlichen See am Tiananmen-Platz schwimmt. Die im April dieses Jahres begonnenen Arbeiten sollen im Eiltempo bis 2002 durchgezogen werden, das endgültige grüne Licht steht allerdings noch aus.

Nun haben 114 chinesische Architekten eine Petition an den Präsidenten und an den Premierminister der Volksrepublik gerichtet (und, was eher unüblich ist, auch veröffentlicht), in der sie ihrer Befürchtung Ausdruck verleihen, die neue Oper werde zum «Gespött der Weltöffentlichkeit» werden. Ausserdem monieren sie die extrem hohen Kosten des Bauwerks (Andreu hat unlängst angegeben, das ursprüngliche Gesamtbudget von über 500 Millionen Franken werde wohl um 20 bis 25 Prozent erhöht werden müssen) sowie seine Konzeption, die, wie sie behaupten, «nicht neu» sei.

Tatsächlich hat der Franzose, der in China u. a. den Pudong-Flughafen in Schanghai und einen Sportkomplex in Kanton realisiert hat, zusammen mit Masakasu Bokura im Hafen von Osaka ein Meeresmuseum konzipiert, das in vielerlei Hinsicht dem geplanten Nationaltheater gleicht: eine Glas- und Metallsphäre, die auf dem Wasser schwimmt und über eine unterirdische Galerie zu erreichen ist. Zeigen wird sich, ob das Projekt wie ein Phönix aus allen Anfechtungen unversehrt hervorgehen oder den Weg der Seifenblase nehmen - und platzen wird.

Neue Zürcher Zeitung, Di., 2000.07.11



verknüpfte Bauwerke
Grosses Nationaltheater

10. Februar 2000Marc Zitzmann
Neue Zürcher Zeitung

Technik als zweite Natur

Die bis heute umfangreichste Ausstellung über das Werk des Genueser Architekten Renzo Piano bietet einen repräsentativen Überblick von den frühesten Experimenten über Ikonen der Baukunst wie das Centre Pompidou, der Kansai-Flughafen oder das Beyeler-Museum bis zu den jüngsten Projekten. Die facettenreiche Schau zeigt Piano als Ingenieur, Arbeitstier und Humanisten.

Die bis heute umfangreichste Ausstellung über das Werk des Genueser Architekten Renzo Piano bietet einen repräsentativen Überblick von den frühesten Experimenten über Ikonen der Baukunst wie das Centre Pompidou, der Kansai-Flughafen oder das Beyeler-Museum bis zu den jüngsten Projekten. Die facettenreiche Schau zeigt Piano als Ingenieur, Arbeitstier und Humanisten.

Der Apfel, heisst es, fällt nicht weit vom Stamm. Im Fall von Renzo Piano, dem italienischen Stararchitekten ohne Starallüren, könnte man die Metapher wie folgt umformulieren: Das Schiff macht weite Reisen, aber es kehrt immer wieder in den Heimathafen zurück. 1937 wird Piano als Sohn eines Bauunternehmers in Genua geboren. Als junger Mann verbringt er viel Zeit auf Baustellen; nach seinem Studienabschluss am Politecnico in Mailand und zwei Jahren im Büro von Franco Albini widmet er sich zusammen mit seinem Bruder Ermanno (bau)technischen Experimenten und «Basteleien» (Piano). In Paris lernt er Jean Prouvé kennen, in London den Ingenieur und Mathematiker Z. S. Makowski, in den siebziger Jahren beginnt seine jahrzehntelange Zusammenarbeit mit den Ingenieuren Peter Rice und Tom Barker - kurz: das, was Piano heute seine «Prähistorie» nennt, steht ganz im Banne des Experimentell-Handwerklichen, Praxisbezogenen.

Wie schon frühere Ausstellungen versucht die Pariser Schau «Renzo Piano, un regard construit», die Arbeitsatmosphäre des Renzo Piano Building Workshop (RPBW) in Genua wiederzugeben, dessen Pariser Ableger wenige hundert Meter vom Centre Pompidou entfernt liegt. Doch nimmt die Schau in der 1500 Quadratmeter grossen Südgalerie des jüngst nach umfangreichen Renovations- und Umbauarbeiten wiedereröffneten Zentrums dreimal soviel Platz ein wie «Out of the Blue» und bietet nicht nur zwei Handvoll ausgewählte Arbeiten, sondern einen repräsentativen Überblick über Pianos Gesamtwerk - ein knappes Dutzend laufende und zum Teil erstmals öffentlich gezeigte Projekte inbegriffen. 22 zwei mal sechs Meter grosse Holzplatten hängen an Metallseilen von der Decke; in Tischhöhe sind darauf Modelle, Skizzen sowie - unter Glas - Photos und von unten beleuchtete, durch eine Lupe zu betrachtende Dias verteilt. Bis auf zwei Platten mit Büchern, kleinen Monitoren und Computern, die man im Sitzen benutzen kann, konzentriert sich jede Platte auf ein Projekt.

Die von Mitgliedern des RPBW in Genua konzipierte «grande mostra», die im Sommer nach Berlin reisen wird, ist professionell bis ins letzte Detail. Gut lesbare Einführungstexte auf englisch und auf französisch, riesige Photos, die schon von weitem das jeweilige Projekt ankündigen, eine Disposition der Elemente, die dicht ist, aber nie gedrängt wirkt, sondern wie eine blitzsaubere, ästhetisch ansprechende Collage - in museographischer Hinsicht ist die a priori nicht unproblematische (weil umfangreiche und mit repetitivem Material arbeitende) Schau unanfechtbar. Dass dem Ganzen laut Katalog drei Themen - «l'invention», «l'urbanité», «le sensible» - zugrunde liegen (sollten), fällt vor Ort nicht ins Auge. Doch die wichtigsten Themen in Pianos Schaffen treten auch so klar hervor.

Am Anfang steht die Beherrschung der Technik, nicht als Selbstzweck, sondern im Sinne eines Savoir-faire, das die Werkzeuge bereitstellt, mit denen jedes Projekt individuell angepackt werden kann. Pianos frühe Arbeiten - Ausstellungspavillons und Prototypen für Werkstätten, Fabriken, sogar für ein Auto, den Fiat VSS - sind von Filippo Brunelleschis pragmatischem, materialbezogenem und empirisch-experimentellem Ansatz geprägt (auf den Renaissance-Architekten beruft sich der Genuese immer wieder). Von Richard Buckminster Fullers Leitsatz «more is less» ausgehend, erforscht Piano leichte und flexible Materialien wie Plastic, Aluminium oder Polyester. Louis Kahns Unterscheidung zwischen «served space» und «servant space» schlägt sich wiederum in Werken nieder wie dem Verwaltungsgebäude für die Firma B & B bei Como (1971-73), dem während der Partnerjahre mit Richard Rogers (1971-78) entstandenen Centre Pompidou oder der 1990 fertiggestellten Thomson-Fabrik bei Paris, deren Röhren und Strukturelemente z. T. nach aussen verlegt und in lebhaften Farben (gelb, rot, blau, grün . . .) angemalt sind. Das mag an die funktionale Farbverwendung in vielen Fabriken erinnern, entspringt hier aber rein ästhetischen Beweggründen und zeigt zudem, dass der vielzitierte High-Tech-Charakter, der vor allem Pianos frühen Werken eignet, nicht immer ganz ernst zu nehmen ist. Ein parodistisches Augenzwinkern schwingt oft mit, freilich temperiert durch eine für einen Genuesen wohl typische introvertierte Ernsthaftigkeit.

Auch sind Pianos ungebrochene Faszination für (kunst)handwerkliche «Haute Couture»-Bautechniken und seine Detailbesessenheit durch Aspekte bereichert worden, die weniger den Stil seiner Arbeiten betreffen (ein eigentlicher «Piano- Stil» lässt sich kaum ausmachen), als deren Konzeption. Vom «Aussenskelett» der obengenannten Gebäude ist der Architekt zu einem Konzept der «zweiten Haut» gelangt, das vor allem die Dächer und Fassaden betrifft. Das Problem der Kühlung war in den Lowara-Büros (1984/85) bei Vicenza noch recht mechanisch mit einem Sprinklersystem auf dem geschwungenen Wellblechdach gelöst worden. Seit dem Bau des Museums für die Sammlung De Menil in Houston (1982-86) gilt Piano als eine Art Spezialist für Gebäude, deren Hülle als thermischer Puffer wirkt und zugleich das Tageslicht filtert (insbesondere die für Kunstwerke schädlichen UV-Strahlen) und gleichmässig verteilt.

Besonders gelungene Resultate in puncto (Ober-)Licht erzielen die 1993-95 dem De-Menil- Gebäude zur Seite gestellte Cy Twombly Gallery und das grossartige Beyeler-Museum in Riehen bei Basel: Beider Dächer bestehen aus mehreren, z. T. durch dezimeterhohe Hohlräume getrennten Schichten aus Glas, Metallgittern und horizontalen Jalousien. In Sachen Lüftung sind der Kansai- Flughafen (1990-94) bei Osaka hervorzuheben, dessen 1,7 Kilometer lange, mit 82 000 schimmernden Metallschuppen bedeckte wellenförmige Silhouette so konzipiert wurde, dass ein am einen Ende des durchgängigen Gebäudes initiierter Luftstrom bis ans andere geleitet wird, und ein im Entstehen befindlicher zweihundert Meter hoher Wolkenkratzer in Sydney, der - wie schon das 1998 in Neukaledonien fertiggestellte Centre culturel Jean-Marie-Tjibaou (NZZ 19. 5. 98) - die Seebrise nutzen soll.

Doch am wichtigsten ist es für Piano, dass das technische Raffinement seiner Gebäudehüllen die Menschen nicht von der Natur abschirmt, sondern sie im Gegenteil wie eine zweite Haut am sich wechselnden Wetter und am Lauf der Jahreszeiten teilhaben lässt. Die 1986 in Angriff genommene «Cité internationale» in Lyon, ein «project in progress», umhüllt die für jüngere Arbeiten des RPBW typische Terracotta-Fassade mit einer Jalousienwand aus Glas: So können die Fenster dahinter auch bei Regen oder starkem Wind offen bleiben. In den Sozialwohnungen an der Pariser Rue de Meaux (1987-91) bildet der zentrale Birkengarten zusammen mit der strengen Geometrie der Fassaden aus Glas, Terracotta und weissen Jalousienrastern ein leicht vibrierendes, pointillistisches Tableau, das Piano gern «von Seurat gemalt» sähe. Die Zauberformel des Meisterarchitekten und Humanisten aus Genua könnte demnach lauten: «Technik + Natur = Kunst im Dienste der Menschen».


[ Renzo Piano, un regard construit. Bis zum 27. März im Centre Pompidou, vom 2. Juni an in der Berliner Nationalgalerie. Katalog: Renzo Piano, un regard construit. Editions du Centre Pompidou, Paris 2000. 160 S., fFr. 199.-. ]

Neue Zürcher Zeitung, Do., 2000.02.10

03. Januar 2000Marc Zitzmann
Neue Zürcher Zeitung

Neugeburt einer Utopie

Nach einer 27monatigen Totalrenovation, die sowohl die Form als auch den Inhalt betraf, zeigt sich das Centre Pompidou, die meistbesuchte Kulturinstitution der Welt, seit dem ersten Januar nicht nur in neuem Glanz, sondern auch benutzerfreundlicher als bis anhin. Insbesondere die Bibliothek und das Museum für moderne Kunst weisen ein überaus ansprechendes Profil auf.

Nach einer 27monatigen Totalrenovation, die sowohl die Form als auch den Inhalt betraf, zeigt sich das Centre Pompidou, die meistbesuchte Kulturinstitution der Welt, seit dem ersten Januar nicht nur in neuem Glanz, sondern auch benutzerfreundlicher als bis anhin. Insbesondere die Bibliothek und das Museum für moderne Kunst weisen ein überaus ansprechendes Profil auf.

Das Pariser Centre Pompidou ist eine Ikone. Die Ikone einer Utopie. In architektonischer Hinsicht ist das 1977 fertiggestellte Bauwerk von Renzo Piano und Richard Rogers ein Kind der sechziger Jahre, von einer Jury ausgezeichnet, der Jean Prouvé vorsass und der u. a. Philip Johnson und Oscar Niemeyer angehörten, von Archigram und dem Fun-Palace-Projekt von Cedric Price (1961) beeinflusst, von den Ingenieuren Ted Happold und Peter Rice mitgefertigt. Obwohl als ein Wahrzeichen des High-Tech-Zeitalters angesehen, war das Zentrum eigentlich als eine «Parodie der Technologie» gedacht, als ein «grosses Stück Kunsthandwerk», bis zu den Nägeln «handgemacht» (Renzo Piano): ein Prototyp. Als «giant Meccano» bzw. als eine Kombination von British Museum und Times Square konzipiert, als «monstrueux supermarché» oder als «Notre- Dame des tubes» anfangs heftig kritisiert, ist es mittlerweile zu einer Ikone im Pariser Stadtbild geworden, deren photographische Verewigung auf keiner Touristentour fehlen darf.


In die Jahre gekommene Ikone

Inhaltlich bot das Centre Pompidou das Paradoxon, dass es, als eine Schöpfung des (eher rigiden neogaullistischen) Zentralstaats - und als solche das mittelbare Vorbild der späteren «grands travaux» -, zur institutionellen Verkörperung von 68er Ideen wie «Pluridisziplinarität» und «Flexibilität» wurde. In der Kulturlandschaft der siebziger Jahre, in die André Malraux' Maisons de la culture wie «Kathedralen des XX. Jahrhunderts» hineinragten, wurde das Zentrum mit dem Musée national d'art moderne (Mnam), der populären Bibliothèque publique d'information (Bpi), dem von Pierre Boulez gegründeten, (damals) elitär- avantgardistischen Forschungsinstitut Ircam und einer Vielzahl von Veranstaltungen als eine wichtige Öffnung in Richtung der zeitgenössischen Kunst rezipiert: eine «bouffée d'air frais».

Doch fiel es dem Centre Pompidou - wie allen Utopien - schwer, älter zu werden. Vor zehn Jahren kam es zu einer regelrechten Krise. Die buntgemischte «university of the streets», von der Piano und Rogers geträumt hatten, konkretisierte sich in Touristenmassen, die, ohne einen Blick ins Museum zu werfen, auf die Dachterrasse drängten, um gratis das atemberaubende Panorama zu geniessen. Rost und Regen setzten dem Gebäude zusätzlich zu: «Die Schlampigkeit und Lieblosigkeit, mit der die Unsrigen schöne Dinge behandeln, ist so gross, dass diese, kaum entstanden, schon vernachlässigt werden» - Poussins Satz von 1643 gilt auch heute noch in Frankreich. Im Eingangsbereich dösten Clochards, auf der Piazza sah man neben Feuerschluckern auch Dealer. Wegen des Fehlens moderner Universitätsbibliotheken in Paris bildeten sich vor der Bpi Schlangen von Studenten, die zuletzt etwa 85 Prozent der Besucher ausmachten und andere Benutzer entmutigten. Mangelnde Koordinierung führte zu internen Streitereien. Das ganze Viertel mutierte zum Eldorado für einen Ramsch-Tourismus, mit dem sich kein Pariser identifizieren mag. Das Personal jammerte über schlechte Arbeitsbedingungen und fehlende Berufsperspektiven, die Sicherheits- und Säuberungsmannschaften streikten, etliche Konservatoren verliessen das Museum. Mit rund 25 000 Besuchern pro Tag (fünfmal mehr als erwartet) war das meistbesuchte Kulturzentrum der Welt überlastet: Seit 1977 haben fast 150 Millionen Paar Füsse seine Schwelle überschritten.

Endlich wurde das Centre Pompidou im Oktober 1997 für die überfälligen Umbau- und Renovationsarbeiten geschlossen. Diese haben 27 Monate gedauert und 576 Millionen Francs gekostet; dazu kommen weitere 150 Millionen für die Neugestaltung der Umgebung (darunter Pianos Neubau des Ateliers Brancusi; NZZ 11. 2. 97) und 160 Millionen für die technische Modernisierung des Gebäudes. Während das Äussere lediglich einem Facelifting unterzogen wurde, hat sich im Innern viel verändert. Der in den vergangenen 20 Jahren stark gestiegenen Nachfrage nach Qualität in puncto Service wird Rechnung getragen mit neuen Tarifen und einer dem Schweizer Ruedi Baur anvertrauten Beschilderung, mit Cafés, Buchläden, Boutiquen und einem grossen, von Dominique Jakob und Brendan MacFarlane gestalteten Panorama-Restaurant. Durch die Auslagerung aller Büros konnten 8000 Quadratmeter (bei einer Gesamtfläche von 70 000) gewonnen werden; die sechs «Niveaus» genannten Stockwerke sind jetzt ganz der Kultur gewidmet.


Vom Buch zum Bild

Den unteren Teil des Zentrums hat Piano neu gestaltet. Der Haupteingang ist besser sichtbar gemacht, das Riesenloch im Forum stark verkleinert, der Empfangs- und Dienstleistungscharakter des Bereichs akzentuiert worden. Zu der auf 1600 Quadratmeter vergrösserten südlichen Ausstellungsgalerie und dem bereits existierenden Kinosaal sind im Untergeschoss vier Säle für Film, Tanz, Theater, Musik, Debatten usw. mit insgesamt 900 Plätzen dazugekommen. Das Département du développement culturel, einer der vier Grundpfeiler des Hauses, verfügt so über neue Mittel, die Präsenz der «spectacles vivants» zu verstärken. Mit dem grössten und wichtigsten Teil der Neugestaltung, dem Umbau der Bpi, des Mnam und der drei Galerien für zeitweilige Ausstellungen auf dem sechsten Niveau, ist Jean- François Bodin betraut worden. An zahlreichen Museen geschult (darunter dem Musée d'Art moderne de la Ville de Paris), hat der Architekt ganze - das heisst sensible, unaufdringliche und zweckdienliche - Arbeit geleistet.

Die neue Bpi gehört zu jenen seltenen Volksbibliotheken, die einem auf Anhieb Lust zum Lesen geben. Neu ist der Zugang über eine Rolltreppe im Innern, die - zu Pianos Leidwesen - der berühmten roten «chenille» der Piazza-Front Konkurrenz macht, aber helfen sollte, die vormals zum Teil unzumutbar lange Wartezeit zu verkürzen. Distinguiert, aber nicht fad sind der zwetschgenfarbene Teppichboden, die hellgrauen Möbel und die blaue Decke. Die Regale sind zur riesigen, über zwei Seiten sich erstreckenden Fensterfront hin niedrig gehalten, so dass der frühere Eindruck der Beengung einem Gefühl der Öffnung auf die Aussenwelt gewichen ist. Trotz ihrer Ausdehnung über drei mittlere Niveaus wirkt die Bibliothek übersichtlich. Die Lesetische für 2000 Personen verfügen über eigene Lampen und Stecker; mehr als 350 000 (überwiegend nichtspezialisierte und im weitesten Sinn aktuelle) Bücher, 450 Pressepublikationen aus der ganzen Welt und 370 Bildschirme sind frei zugänglich, Katalog und Informationen auch online abrufbar (www.bpi.fr).

Doch das Kern- und Glanzstück des Centre Pompidou ist das Museum. Fast um die Hälfte vergrössert, verfügt das neue Mnam über eine Fläche von 14 000 Quadratmetern. Die Zahl der Exponate ist von 800 auf 1400 gestiegen (wobei die riesige Reserve - über 42 000 Objekte - immer wieder Anlass zu Spekulationen über das Werden der Sammlung gibt). Nachdem schon 1985 die flexible Raumstruktur durch Gae Aulenti verfestigt worden war, hat jetzt Bodin das vierte und fünfte Niveau durch einen, wie er sagt, «quasi urbanistischen» Eingriff in jeweils «zwei Raumblöcke beidseits einer zentralen Strasse» aufgeteilt, alles in Weiss. Von der ursprünglichen Idee einer riesigen modulierbaren Fläche ist man ganz abgerückt; ob das wirklich (nur) das Resultat jener «furie patrimoniale» ist, welche Jean Lauxerois in seiner kritischen Bilanz «L'Utopie Beaubourg, vingt ans après» dem Zentrum ankreidet, bleibe dahingestellt. Dass, wie der Direktor des Mnam, Werner Spies, es formuliert, ein Museum nicht in einer Mehrzweckhalle untergebracht werden kann, leuchtet ein. Dass Spies' eigene Disposition der permanenten Ausstellung gar eine «Neugeburt» des «neben dem New Yorker Museum of Modern Art wichtigsten Museums für Kunst des 20. Jahrhunderts» bedeute, müsste eingehender erörtert werden, als es hier möglich ist.

Mit einem Rundgang, der, 1960 beginnend, erst in seiner zweiten Hälfte die Klassiker der Moderne zeigt, mit sieben grossen Sälen für Architektur und Design, mit erhellenden Konfrontationen (z. B. zwischen kubistischen Gemälden und afrikanischen Skulpturen) und «Leckerbissen» wie der Rekonstruktion eines Teils des Ateliers von André Breton findet aber eine Zäsur in der Geschichte dieses Museums statt. Ob auch in der Museumsgeschichte ganz allgemein, wird sich zeigen.


[ Die Homepage des Zentrums (www.centrepompidou.fr) ist stark erweitert worden. Der neue zweisprachige Katalog (französisch/englisch) des Mnam hat 880 Seiten und kostet 260 Francs. Die Bpi wird erst am 26. Januar eröffnet. ]

Neue Zürcher Zeitung, Mo., 2000.01.03



verknüpfte Bauwerke
Centre Pompidou

10. Dezember 1999Marc Zitzmann
Neue Zürcher Zeitung

Ein Museum von Jean Nouvel für Paris

Jean Nouvel wird das neue Musée des Arts Premiers in Paris bauen. Das Projekt des französischen Architekten ist von der Jury gekürt und von Staatspräsident...

Jean Nouvel wird das neue Musée des Arts Premiers in Paris bauen. Das Projekt des französischen Architekten ist von der Jury gekürt und von Staatspräsident...

Jean Nouvel wird das neue Musée des Arts Premiers in Paris bauen. Das Projekt des französischen Architekten ist von der Jury gekürt und von Staatspräsident Jacques Chirac dem von Felice Fanuele und Peter Eisenman sowie jenem von Renzo Piano vorgezogen worden, die ebenfalls die Endrunde eines internationalen Wettbewerbs erreichten. Das neue Haus, das die Sammlung des Musée des Arts d'Afrique et d'Océanie und die ethnologischen Bestände des Musée de l'Homme übernehmen wird (zusammen etwa 420 000 Objekte), soll 1,1 Milliarden Francs kosten und im Jahr 2004 am Quai Branly direkt neben dem Eiffelturm eröffnet werden.

Neue Zürcher Zeitung, Fr., 1999.12.10

06. Dezember 1999Marc Zitzmann
Neue Zürcher Zeitung

Bauen und Schauen

Die International Confederation of Architecture Museums zählt heute 108 Mitglieder: Museen, Zentren, Archive, Stiftungen, Galerien, Bibliotheken oder Universitätsabteilungen. Ein Kolloquium in Paris hat die Bandbreite der Profile und Bestimmungen dieser Institutionen aufgezeigt.

Die International Confederation of Architecture Museums zählt heute 108 Mitglieder: Museen, Zentren, Archive, Stiftungen, Galerien, Bibliotheken oder Universitätsabteilungen. Ein Kolloquium in Paris hat die Bandbreite der Profile und Bestimmungen dieser Institutionen aufgezeigt.

Die Idee, Bauwerke «auszustellen», also dauerhafte oder zeitweilige Sammlungen von Architekturmaterialien anzulegen, ist relativ neu. Die Ausnahme der seit 1837 zugänglichen Modellkollektion im einstigen Londoner Wohnhaus des grossen Klassizisten John Soane bestätigt die Regel, dass Privatsammlungen selten und viele Institutionen erst in den letzten dreissig Jahren gegründet worden sind. Anlässlich eines zweitägigen Kolloquiums, das in Paris vom Louvre, dem Institut français d'architecture (IFA) und dem Team der im Entstehen begriffenen Cité de l'architecture et du patrimoine (NZZ 29. 11. 99) organisiert wurde, haben rund 20 Vertreter europäischer und amerikanischer Architekturmuseen und -zentren ihre Institutionen vorgestellt. Interessant ist, welch breites Spektrum museographischer und gesellschaftspolitischer Sujets hier abgedeckt wurde. Mehr noch als in Sachen Grösse und Finanzierung unterscheiden sich die Institutionen nämlich hinsichtlich ihrer Bestimmung und ihrer Antwort auf die Frage: «Wozu dient Architektur?»


Kleines Rad im Kunstgetriebe

Zwar war das Kolloquium gut, aber nicht wirklich repräsentativ besetzt. Bezieht man freilich die wichtigsten fehlenden Institutionen mit ein, ergibt sich ein (grober) Überblick von eher traditionalistisch bis hin zu avantgardistisch ausgerichteten Häusern. Fest in der Historie wurzelt etwa das 1834 gegründete Royal Institute of British Architects (RIBA) in London, das mit 750 000 Zeichnungen (darunter 250 von Palladio), über 650 000 Photos, Tausenden von Manuskripten, Drucken und Skizzen eines der ältesten und grössten Institute seiner Art ist. Seit 1972 haben im alten Gebäude am Portland Place über 130 Ausstellungen stattgefunden. Diese Tätigkeit soll auch nach dem Umzug der Depots ins Victoria & Albert Museum fortgesetzt werden. Noch weiter geht die Integration anderer Architekturmuseen in grössere Strukturen. So denkt Dietmar Steiner vom kleinen, ehrgeizigen Architektur-Zentrum Wien etwa an eine «Konföderation» der unabhängigen Kulturinstitute im Wiener Museumsquartier zwecks gemeinsamer Nutzung von Infrastrukturen.

Das Arkitekturmuseet Stockholm, das mit einer Million Zeichnungen und 700 000 Photos über einen der weltweit reichsten Bestände verfügt, wurde von Rafael Moneo als Annexbau des 1997 auf der Insel Skeppsholmen eröffneten Moderna Museet geplant und verfügt über eine Nutzfläche von 5000 Quadratmetern. Das Pariser Centre de création industrielle (CCI), vor dreissig Jahren im Louvre als ein Teil des Musée des Arts décoratifs gegründet, übersiedelte hingegen 1974 ins drei Jahre später eröffnete Centre Pompidou. Seit seiner Fusion (1992) mit dem Musée national d'art moderne (MNAM) funktioniert es wie eine «normale» Architekturabteilung in einer thematisch breiter gefächerten Institution - gerade das Gegenteil also der meist privaten Stiftungen, die einem einzigen Architekten gewidmet sind: etwa Le Corbusier in Paris, Frank Lloyd Wright in Scottsdale oder James Stirling in London.

Ein gemeinsames Merkmal der «integrierten» Architekturdepartemente ist der pluridisziplinäre Ansatz. Alain Guiheux, Konservator am MNAM, behauptet gar: «L'architecture et les objets fabriqués forment un ensemble». Auch die Sammlung des 1932 gegründeten Department of Architecture and Design des New Yorker MoMA hütet neben dem Mies-van-der-Rohe-Archiv Objekte vom Essbesteck bis zum Hubschrauber. Die seit 1984 angelegte Architektursammlung des Getty Center in Los Angeles versteht sich ihrerseits als Teil eines Dokumentationskomplexes, der primär Forschungszwecken dient. Neuerwerbungen werden weniger durch den architektonischen oder historischen Wert eines Stücks motiviert, als durch seine Auswertbarkeit im Gesamtarchiv. Der Leiter der Spezialsammlungen, Wim de Wit, beruhigte denn auch seine weniger finanzkräftigen Kollegen: «We won't buy every interesting sketch or model to be found on the market.»

Zum Thema «Ausstellungen» gibt es die verschiedensten Meinungen. Ist die monographische Präsentation nun Lobbying für einen Architekten oder publikumswirksamer Köder? Was die Ausstellungstechnik betrifft, sind die Fachleute hin und her gerissen zwischen interaktiver Darstellung (wie im MoMA) und weiterhin auf der Schrift basierender Vermittlung (wie im Pariser Pavillon de l'Arsenal). Bei der Inszenierung finden sich bald Vitrinen, bald riesige Raumkonstruktionen (wie im Nederlands Architectuurinstituut [NAI]). Und wie ist's mit der «Aura» von Originalen, der Schwierigkeit für Laien, Pläne zu lesen, der Tatsache, dass eine Architekturschau die Werke meist nur mittelbar zeigen kann?

Grössere Probleme als die Inszenierung macht die Finanzierung: Während amerikanische Institute mit Begriffen wie «Fundraising» und «Marketing» bestens vertraut sind - das unabhängige Chicago Athenaeum wirbt z. B. mit «Buy the Good-Design T-Shirt» -, tun sich viele europäische Museen schwer mit den teilweise massiven Subventionskürzungen. An erster Stelle ist hier das von Ungers in Frankfurt erbaute Deutsche Architektur-Museum zu nennen, dessen Ausstellungsbudget trotz wichtigen Veranstaltungen innert zehn Jahren von 1,5 Millionen Mark auf null geschrumpft ist (NZZ 20. 11. 99). Manche Institutionen, etwa das Architekturmuseum Basel, werden sogar ganz von privater Hand finanziert, während das riesige, seit 1989 in einem Gebäude von Peter Rose untergebrachte Centre canadien d'architecture in Montreal, das derzeit unter der Leitung des Zürchers Kurt Forster steht, und das geplante Pariser Architekturzentrum (mit einem Jahresbudget von 14,2 Millionen kanadischen Dollar bzw. 80 Millionen Francs und 150 bzw. 110 Mitarbeitern) über bedeutende - auch öffentliche - Ressourcen verfügen.

Eine andere Frage ist die nach der Bestimmung von Architekturmuseen. Während viele grössere Institutionen sich ans herkömmliche Konzept «Sammeln, Forschen, Zeigen» halten, formulieren der Ausstellungsbeauftragte des NAI, Bernard Colenbrander, und Jean Dethier vom CCI Gedanken, die sich mit denen einer Handvoll kleiner, dynamischer Architekturzentren decken. Colenbrander, der das Konzept eines national zentrierten Museums (wie das seine) als «anachronistisch» bezeichnet, träumt von einem «Outlook Tower» im Sinne von Patrick Gaddes um die Jahrhundertwende eingerichteten «soziologischen Laboratorium» in Edinburg. Die Ganzheit der Gesellschaft sei zu reflektieren, der Architekt habe sich mit Anthropologie, Geographie, Geschichte usw. auseinanderzusetzen. Eine ähnliche Bereitschaft zur produktiven Öffnung wünscht sich Dethier: Der westliche Ethnozentrismus sei zu überwinden; das Mitbestimmungsrecht der Bürger in Sachen Stadtbau zu erweitern. «Mehr Demokratie!» lautet die Losung - eine Forderung, die nächsten Juni auch die von Massimiliano Fuksas unter den Titel «Less aesthetics, more ethics» gestellte Architekturbiennale in Venedig erheben wird.


Bürgernahe Zentren

Mehrere Architekturzentren setzen das Prinzip der Partizipation schon heute in die Tat um. So hat die von Richard Rogers präsidierte Londoner Architecture Foundation 1996 sieben Monate lang öffentliche Diskussionen veranstaltet, bei denen Politiker, Stadtplaner, Architekten und rund 15 000 Bürger über die Erschliessung der Themse, den öffentlichen Wohnungsbau und urbanistische Verbesserungen debattiert haben. Das Arc en rêve centre d'architecture in Bordeaux hat 1989 ein Brainstorming initiiert, bei dem Büros wie Calatrava, Chaix et Morel, Zaha Hadid, Koolhaas, Nouvel und Portzamparc Alternativen zu einem - ebenso wie die späteren Pläne von Dominique Perrault - nicht verwirklichten Projekt von Ricardo Bofill zur Gestaltung des Flussufers konzipiert haben. Insbesondere in Holland und in Grossbritannien sind militante, bürgernahe Zentren (etwa das jüngst in Glasgow eröffnete Lighthouse) aktiv am Stadtbau mitbeteiligt: als beratendes, kritisches und unterstützendes Organ. Manch grosses Haus wirkt dagegen selbstbezogen und realitätsfern - eben museal.

Neue Zürcher Zeitung, Mo., 1999.12.06

29. November 1999Marc Zitzmann
Neue Zürcher Zeitung

Für Schöpfer und Bewahrer

In einem Flügel des Pariser Palais Chaillot soll im Jahr 2003 eine «Cité de l'architecture et du patrimoine» eröffnet werden. Die Arbeiten für das auf...

In einem Flügel des Pariser Palais Chaillot soll im Jahr 2003 eine «Cité de l'architecture et du patrimoine» eröffnet werden. Die Arbeiten für das auf...

In einem Flügel des Pariser Palais Chaillot soll im Jahr 2003 eine «Cité de l'architecture et du patrimoine» eröffnet werden. Die Arbeiten für das auf 294 Millionen Francs veranschlagte Projekt beginnen im nächsten Frühling. Das zu 75 Prozent vom französischen Staat subventionierte Jahresbudget des neuen Zentrums wird 80 Millionen Francs betragen. Mehrere bereits bestehende Institutionen kommen so unter einem Dach zusammen, darunter das Musée des Monuments français, dessen verstaubte Sammlung von historischen Architekturmodellen aufgefrischt und ansprechender präsentiert werden soll, und das dynamische Institut français d'architecture (IFA), das - noch stärker als bisher - sich als ein Monitor des zeitgenössischen Architekturschaffens profilieren dürfte. Nicht zuletzt gilt es, die mit der Gründung einer gemeinsamen «direction» im Kulturministerium 1997 «von oben» verordnete Zusammenfassung der beiden in Frankreich traditionell verfeindeten Bereiche «architecture» und «patrimoine» zu konkretisieren. Schöpfern und Bewahrern böte die Partnerschaft in einem auf breite Publikumswirksamkeit ausgerichteten Ganzen die Chance, über den Tellerrand ihrer Einzelinteressen hinaus zu blicken.

Neue Zürcher Zeitung, Mo., 1999.11.29

28. Oktober 1999Marc Zitzmann
Neue Zürcher Zeitung

Silberbögen über der Seine

Es ist die wohl schlankste und eleganteste Brücke in Paris: Die Passerelle Solférino, die der Ingenieur und Architekt Marc Mimram zwischen dem Tuilerien-Park...

Es ist die wohl schlankste und eleganteste Brücke in Paris: Die Passerelle Solférino, die der Ingenieur und Architekt Marc Mimram zwischen dem Tuilerien-Park...

Es ist die wohl schlankste und eleganteste Brücke in Paris: Die Passerelle Solférino, die der Ingenieur und Architekt Marc Mimram zwischen dem Tuilerien-Park und der unmittelbaren Umgebung des Musée d'Orsay gebaut hat, besteht aus zwei übereinanderliegenden, verschieden stark gekrümmten Bögen ohne Mittelpfeiler, die in der Mitte der Seine zusammentreffen. Der Uferbereich beidseits des Flusses ist zweistufig: Direkt am Wasser führt eine Promenade entlang, einige Meter höher liegt eine Strasse mit angrenzenden Gehwegen. Souverän verbindet Mimram die beiden oberen Ebenen durch den flacheren, die tiefer gelegenen Promenaden durch den stärker gekrümmten Bogen. Die lichte Brücke, die hauptsächlich aus Holz und Stahl besteht, hat 80 Millionen Francs gekostet und soll gegen Ende des Jahres eingeweiht werden. Schon jetzt ist ihr einer der wichtigsten französischen Architekturpreise verliehen worden, die «équerre d'argent». In der Preisjury sass unter anderen auch der letztjährige Preisträger, Rem Koolhaas, der sich jüngst aus der vorletzten Runde des Wettbewerbs für das in der Nähe des Eiffelturms zu errichtende Musée des arts et des civilisations zurückgezogen hat. Nach der Fertigstellung des Louvre-Museums, der Renovierung der Tuilerien und dem Bau der Passerelle Solférino steht als nächstes Projekt im Herzen der «Ville lumière» die Rehabilitierung der Place de la Concorde an. Sollten der Polizeipräfekt, die Stadt Paris und das Kulturministerium zu einer Einigung gelangen, könnte der Platz ab 2005 weitgehend autofrei werden.

Neue Zürcher Zeitung, Do., 1999.10.28



verknüpfte Bauwerke
Passerelle Solférino

09. September 1999Marc Zitzmann
Neue Zürcher Zeitung

Die Rundung des Quadrats

Was wäscht weisser als weiss? Eine Zahnpasta? Ein Seifenmittel? Mitnichten. Gemäss «Le Monde» ist es ein Architekt: «L'Américain Richard Meier lave plus...

Was wäscht weisser als weiss? Eine Zahnpasta? Ein Seifenmittel? Mitnichten. Gemäss «Le Monde» ist es ein Architekt: «L'Américain Richard Meier lave plus...

Was wäscht weisser als weiss? Eine Zahnpasta? Ein Seifenmittel? Mitnichten. Gemäss «Le Monde» ist es ein Architekt: «L'Américain Richard Meier lave plus blanc que blanc» - so der Titel eines Berichts über eine Ausstellung in der Pariser Galerie nationale du Jeu de Paume. Der Beginn der Schau illustriert diesen Befund. Nachdem man, von der Sonne geblendet, die Stufen zum Obergeschoss der von Antoine Stinco 1991 ansprechend umgestalteten Galerie emporgestiegen ist, gelangt man in einen finsteren Raum. Irritiert bleibt man stehen, lässt Mozart-Sinfonien und grossformatige, zum Teil überbelichtete, zum Teil unscharfe Architekturdias auf sich einwirken. Dann tastet man sich weiter - und siehe da, Erlösung und Erleuchtung zugleich: In strahlendstem Weiss prunkt da ein Modell von Meiers 1992 fertiggestelltem Pariser Sitz des Fernsehsenders Canal Plus. Einen ähnlichen Weg mag etwa, vom Wäschekorb über die Maschine bis zur lichten Leine, ein schmutziges Hemd durchmachen: per aspera ad astra. Wenn hier so viel von Reinheit, von Licht und von der Nichtfarbe Weiss die Rede ist, so deshalb, weil diese Begriffe auch in Meiers Werk eine wichtige Rolle spielen. Die vom Museum of Contemporary Art in Los Angeles initiierte, in Paris erstmals gezeigte Wanderausstellung widerspiegelt diese puristischen Ideale. In zwei Sälen prangen weisse, mit viel Geschick angefertigte Architekturmodelle. Noch das spinnwebfeinste Treppengeländer krümmt sich just so, wie man es auf den grossformatigen Photos und Zeichnungen an der Wand sehen kann. (Verglichen damit wirken die Modelle in der vom Londoner Institute of Contemporary Art derzeit Rem Koolhaas gewidmeten Schau wie amateurhafte Basteleien.) Die Dimensionen der Vitrinen sind den Modellen auf den Leib berechnet; alles wirkt bis aufs letzte durchkalkuliert - und ein bisschen klinisch.


Riesenspielzeug

Kern- und Glanzstück der Ausstellung ist ein Modell im Verhältnis 1:50 des 1997 eröffneten Getty-Komplexes in Brentwood, Los Angeles. Das fast mannshohe, neun Meter lange und ganz aus Holz gefertigte Exponat ist von uneinheitlicher Faktur: Manche Teile sind detaillierter gearbeitet als andere. Dem Original nur entfernt ähnlich, ist es ein Riesenspielzeug für Erwachsene. Wie überhaupt diese erste Architekturschau im bis anhin nur der zeitgenössischen Kunst vorbehaltenen Jeu de Paume eher «entertaining» als «instructive» ausfällt. So erfährt man weder etwas über Meiers Werdegang noch über das Spezifische seiner Bauweise.

Allein die Entwicklung des Formenvokabulars könnte man aus den Modellen ablesen - wenn diese chronologisch geordnet und nicht in zwei Gruppen aufgeteilt wären (Aufträge der öffentlichen Hand und von Privatgesellschaften einerseits, Museen und Privathäuser anderseits). Diese Trennung wäre nur dann sinnvoll, wenn ein stilistischer Unterschied sich ausmachen liesse. Doch verweist der Architekt selbst darauf, dass Privathäuser ihm als Experimentierfeld für grössere Projekte gedient haben - etwa das Ackerberg House in Malibu (1984-86) für das gleichzeitig in Angriff genommene Getty Center. Schade auch, dass nur so wenig über Meiers jüngste Arbeiten zu erfahren ist - etwa über das römische Ara- Pacis-Museum, das TV- und Radiomuseum in Beverly Hills, das Regio-Gebäude in Basel, den nordamerikanischen Sitz der Swissair im Staat New York oder, ebendort, den staatlichen Justizpalast von Islip.

So kauft man sich halt beim Verlassen der Galerie den amerikanischen Ausstellungskatalog, Philip Jodidios dreisprachigen Taschen-Band von 1995 und den soeben erschienenen dritten, die Jahre 1992 bis 1999 abdeckenden Teil der Meier- Summe bei Rizzoli. Obwohl keines der drei Bücher restlos befriedigt, beleuchten sie als Ganzes Aspekte, die in der Ausstellung zu kurz gekommen sind. So entspringt z. B. die Überlagerung zweier Grundraster, denen die Elemente vieler Meier-Bauten untergeordnet sind, kontextuellen Gegebenheiten oder der Topographie, wohingegen die aus dem Kontext gerissenen Modelle dem oft artikulierten Vorwurf der Selbstverliebtheit dieser Bauwerke das Wort sprechen. So ist das Licht ein Mittel, zu nuancieren, zu modulieren und zu erwärmen, wo die Schau lediglich rigide, eher kopflastige Strukturen suggeriert. (Dass Meiers herausragende handwerkliche Beherrschung dieses «Materials» in eine Form von Spiritualität münden kann, zeigt der Altar der Kirche für das Jahr 2000, dessen Kreuz durch einen pyramidenförmigen Schacht mit gekappter Spitze in pfingstliches Licht getaucht wird; der Kunstgriff entstammt übrigens dem 1981 fertiggestellten Hartford Seminary.)


Organische Elemente

In jüngster Zeit hat sich also Meiers absichtlich beschränktes Formenvokabular aus Kreis und Rechteck/Quadrat (bzw. Zylinder/Konus und Kubus) um organischere Elemente bereichert. Seit Mitte der achtziger Jahre gibt es zunehmend Rundungen; mittlerweile sind V-förmige Flügeldächer hinzugekommen (am schönsten wohl im grossartigen Neugebauer House in Florida, 1995/98), amöbenförmige Auswüchse (Hans-Arp-Museum in Rolandseck, 1991-2000) und sogar - im Fall der römischen Kirche - drei schirmartig hintereinander geschuppte Kugelausschnitte. Auch die Rede von der Monochromie der Meierschen Gebäude bedarf der Nuancierung: Schon das Bridgeport Center in Connecticut (1984-89) besitzt neben den typischen weissen auch graue Emailplatten sowie roten Granit, und viele der neueren Gebäude (etwa der Basler Regio-Bau) stehen auf dunklen Steinsockeln. Last, but not least interessiert sich Meier neuerdings für nicht- mechanische Klimatisierung. Und kein Wort verwendet der Schöpfer von Werken, die manche als weltabgewandte Solitäre bezeichnen, in seinen jüngsten Schriften häufiger als das Adjektiv «civic». (Bis 26. September)


[ Katalog: Richard Meier Architect. The Monacelli Press, New York 1999. 304 S., fFr. 285.-. ]

Neue Zürcher Zeitung, Do., 1999.09.09

09. August 1999Marc Zitzmann
Neue Zürcher Zeitung

Die Kunst des gebauten Nichts

In den letzten zwanzig Jahren sind in Japan zahlreiche Museen entstanden. Sie zeigen Elemente, die uns typisch japanisch erscheinen: die Einbindung in die Natur, eine - wie auch immer geartete - Spiritualität und die Ausweitung des traditionellen Museumsbegriffs. Nicht immer unproblematisch ist dabei das Verhältnis zwischen Form und Inhalt.

In den letzten zwanzig Jahren sind in Japan zahlreiche Museen entstanden. Sie zeigen Elemente, die uns typisch japanisch erscheinen: die Einbindung in die Natur, eine - wie auch immer geartete - Spiritualität und die Ausweitung des traditionellen Museumsbegriffs. Nicht immer unproblematisch ist dabei das Verhältnis zwischen Form und Inhalt.

Anfang der neunziger Jahre kostete ein Quadratmeter Baufläche im Zentrum von Tokio mindestens 150 000 Dollar. Angesichts solcher Grundstückspreise fielen die Gagen der 30 000 hier tätigen Architekten kaum ins Gewicht. 1991 platzte die ökonomische Seifenblase; und im Land der aufgehenden Sonne wurde es - wirtschaftsmetaphorisch gesprochen - Nacht. Der Architekt Arata Isozaki bedauerte 1996, dass wegen der Rezession kaum mehr kulturelle Projekte verwirklicht würden. Doch ein Blick in die Jahrbücher von «The Japan Architect» widerlegt diese Ansicht. So kamen in den letzten Jahren zu den sieben nationalen Institutionen zahlreiche Museen hinzu, die von den Präfekturen, den Gemeinden oder von privater Hand finanziert wurden. Allein 1995 entstanden 24 architektonisch relevante Museen, und noch immer wird jedes Jahr eine stattliche Anzahl neuer Museen gebaut, die meisten - so der Architekturhistoriker Hiroyi Suzuki in einem kürzlich vom Louvre organisierten Kolloquium - in einem funktionalen, konservativen Stil. Daneben finden sich aber immer wieder auch Beispiele von überragender Qualität.

Am Anfang der modernen japanischen Museumsarchitektur steht Le Corbusier. Er hat mit dem 1959 eröffneten Museum für westliche Kunst in Tokio direkt und durch das Wirken seiner Schüler indirekt Generationen von Architekten beeinflusst. So erklärte Toyo Ito, von dem lichte, sich auf nautische Formen berufende Stadtmuseen in Yatsushiro und in Shimosuwa stammen, dass er unbewusst immer wieder an Le Corbusier anknüpfe. Tadao Ando hat seinerseits die Werke seines geistigen «Übervaters» ausführlich in Europa studiert, und Kenzo Tange, der Schöpfer des Friedensmuseums in Hiroshima, war bereits in den dreissiger Jahren in Maekawas Büro mit Le Corbusiers Prinzipien konfrontiert worden. Mindestens so wichtig wie der Einfluss westlicher Architekten (u. a. auch der von Frank Lloyd Wright) ist allerdings das traditionelle japanische Formenerbe, das während der Edo-Zeit in strenger Abgeschlossenheit ausreifte. «Klassische» Elemente sind die steilen Satteldächer, die Torbogen vor jedem Shinto-Schrein, auf die sich etwa Pritzker-Preis-Träger Fumihiko Maki beim Kunstmuseum in Kyoto besann, und die Gittermuster, die man in Kisho Kurokawas symbiotischen, «west-östlichen» Kunstmuseen von Nagoya und Hiroshima wiederfindet.

Eine spirituelle Dimension ist vielen der neueren Museen eigen. Besonders deutlich wird dies in den Werken von Ando, dem Autor eines buddhistischen «Wassertempels» auf der Insel Awaji und eines Meditationsraums auf dem Pariser Unesco-Gelände. Auffällig ist bei vielen seiner Museen der raffiniert inszenierte Zugang, der wie bei religiösen Bauwerken schon vor dem Betreten des Gebäudes eine andächtige Stimmung erzeugen soll. So wird der Besucher des Holzmuseums in der Präfektur Hyogo, nachdem er einer zweihundert Meter langen Rampe durch den Wald gefolgt ist, am Eingang des ringförmigen Gebäudes gebeten, seine Schuhe auszuziehen - wie in einem Tempel. Im Fall des «Gräberwald»-Museums in Kumamoto gelangt man vom fern gelegenen Parkplatz durch einen Wald von Pflaumenbäumen auf eine Dachterrasse, von der aus man über einen kreisförmigen Weg ins Innere des halb unterirdischen Gebäudes hinabsteigt. Am spektakulärsten zum Zug kommt dieses Konzept im Museums- und Hotelkomplex auf der Insel Naoshima, einem «work in progress», das die ganze Insel in ein Kunstwerk zu verwandeln trachtet.

Die Einbindung in die Natur gilt als ein Charakteristikum der japanischen Architektur von heute. Das Verhältnis ist grundsätzlich ein anderes als im Westen - etwa was den fliessenden Übergang von Aussen und Innen betrifft oder die Raumbehandlung, die geprägt ist von religiösen Vorstellungen, denen Reduktion und Leere als Ideale gelten: die Kunst des gebauten Nichts.

Doch entspricht das japanische Naturverständnis im Idealfall dem eines Gesamtkunstwerks, in dem Landschaft und Architektur miteinander verschmelzen. Auch hier hat Ando Massstäbe gesetzt. Seine neueren Museumsbauten beziehen anhand von Dachgärten, Wasserbecken, in den Himmel ragenden Lichtschächten und sensibel arrangierten Aussichtspunkten die Natur in den Ausstellungsverlauf mit ein. Extremfälle sind in dieser Hinsicht das Oyamazaki Villa Museum, in dem ein vierzig Meter langer, äusserst schmaler und hoher Glas-und-Beton-Korridor durch eine wildromantische Tallandschaft führt, oder der Garten der schönen Künste in Kyoto, ein aus den Grundstoffen Beton, Glas, Wasser und Landschaft komponiertes Freilichtmuseum. Freilich stellt sich schnell die Frage, ob nicht in manchen Fällen die Form den Inhalt zu verdrängen droht.

Das Verhältnis der Architekten zu den Exponaten in ihren Museen ist facettenreich. Während etwa Masakasu Bokura konzediert, dass seine Heimat mit einer Vielzahl kleiner, formal ansprechender, aber inhaltlich oft konzeptionsloser Institutionen eine heikle Sonderposition besetzt, und Yoshio Taniguchi aus eben diesem Grund seine Bauten möglichst unaufdringlich und «rezeptiv» zu gestalten sucht, macht Ando kein Hehl daraus, dass er die Künstler während der Konzeptionsphase am liebsten im Fernsehen sieht, und schildert humorig sein Entsetzen angesichts einer von Richard Long spontan «vollgepinselten» Wand in Naoshima: «Ich hoffe, er wischt das wieder weg.»

Der Ausweitung und -höhlung des westlichen Konzepts vom (Kunst-)Museum ist freilich auch die Schaffung ungewöhnlicher Institutionen zu verdanken. So arbeiten Bokura und Paul Andreu an einem Meermuseum, das wie eine 40 Meter hohe, leuchtende Seifenblase in der Bucht von Osaka schwimmen soll. Von Itsuko Hasegawa stammt das Früchtemuseum am Fusse des Fujisan in Yamanashi; und Osamu Ishiyama hat ein Areal geschaffen, in dem Blinde Begriffe wie «Panorama» und «Geschwindigkeit» erspüren können, ein Thermalbadmuseum, das man mit dem Handtuch um die Hüfte durchquert, und ein Eismuseum, das bei Tauwetter wegschmilzt. Taniguchi plant seinerseits - ein Symptom für einen Mentalitätswandel der japanischen Wegwerfgesellschaft? - die Verwandlung einer Verbrennungsanlage am Meer in ein «Müllmuseum». Wer da ans Ufer will, muss erst eine immense Galerie im Herzen des Gebäudes durchqueren, hinter deren Glasfronten haushohe Maschinen unablässig mahlen, glühen und dampfen . . .

Neue Zürcher Zeitung, Mo., 1999.08.09

05. März 1999Marc Zitzmann
Neue Zürcher Zeitung

Bald nur noch Ruinen?

Fragt man französische Architekturstudenten, wie ihre Berufsaussichten aussehen, lautet die Antwort: «Wenig erbaulich.» Seit Anfang Januar protestierten...

Fragt man französische Architekturstudenten, wie ihre Berufsaussichten aussehen, lautet die Antwort: «Wenig erbaulich.» Seit Anfang Januar protestierten...

Fragt man französische Architekturstudenten, wie ihre Berufsaussichten aussehen, lautet die Antwort: «Wenig erbaulich.» Seit Anfang Januar protestierten zahlreiche Architekturschulen gegen die geplante Einführung einer Berufslizenz oder die mögliche Regulierung der Zahl der Studienplätze, aber auch gegen die zunehmend marginale Rolle der Architekten. Anlässlich eines Treffens mit Kulturministerin Catherine Trautmann am 12. Februar beklagten Delegierte der Streikenden in Marseille, Montpellier und Paris, dass ihr Stand langsam, aber sicher zugrunde gehe. «Ob es in dreissig Jahren in diesem Land überhaupt noch Architekten gibt?» fragten sie.

Der jüngsten Schätzung des Ordre des architectes gemäss gibt es landesweit 40 000 Architekten. Jährlich kommen 1500 bis 2000 Studienabgänger dazu, fünf- bis zehnmal mehr, als der Arbeitsmarkt aufnehmen kann. Seit 1968 hat sich die Zahl der Schulen (heute 22) und der Studenten (rund 18 000) verdreifacht; nur der Betrag, den der Staat in die Ausbildung eines Jungarchitekten steckt, ist der gleiche geblieben: dreimal weniger als für einen Kunststudenten! Das mag auch daran liegen, dass die Schulen nicht dem Erziehungsministerium unterstehen, sondern (seit 1996) dem Kulturministerium. Für Umsattler ein Problem: Bis vor kurzem wurden ihre Diplome häufig nicht anerkannt. Auch fehlt es an Einheitlichkeit: Die Studiendauer schwankt je nach Ausbildungsort zwischen fünf und acht Jahren, die fehlende Praxis der Berufseinsteiger ist flagrant.

Seit der ersten Ölkrise hat sich die Situation der Architekten in Frankreich stark verschlechtert. Der Bausektor ist moros: 1976 wurden 450 000 Wohnungen gebaut, 1995 waren es nur noch 265 000. Seit 1977 ist es zudem erlaubt, bei Projekten mit einer Grundfläche von weniger als 170 Quadratmetern - das betrifft fast alle Einfamilienhäuser - auf einen Architekten zu verzichten. In 14 Jahren ist die Zahl der privaten Aufträge um ein Drittel gesunken; kein Wunder, dass heute 73 Prozent aller freien Architekten unter 30 weniger als 6000 Francs pro Monat verdienen. Mittlerweile hat das Ministerium zehn Massnahmen ergriffen, die alle eher organisationstechnische Aspekte des Studiums betreffen. Die politische Antwort scheint schwach, die finanzielle ist es ohnehin. Schon bei ihrem letzten Streik (NZZ 9. 12. 95) hatten die Studenten «On est archi mal barrés» skandiert. Auch damals waren sie vom zuständigen Minister empfangen worden . . .

Neue Zürcher Zeitung, Fr., 1999.03.05

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