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25. März 2008Eva Maria Froschauer
TEC21

Neustart in Innsbruck

Nach der 2002 eröffneten Bergiselschanze hat Zaha Hadid 2004 bis 2007 gleich mehrere neue Bauten in Innsbruck realisiert. Die neue Hungerburgbahn mit ihren abenteuerlich geschwungenen Stationen bietet ein architektonisches Spektakel, das – so das Kalkül der Auftraggeber – die Rentabilität der gesamten Anlage inklusive ihrer historischen Teile verbessern soll. Zum Erlebnis trägt ein eigens entwickeltes Fahrzeug bei, das als U-Bahn losfährt und als Standseilbahn weiterrollt.

Nach der 2002 eröffneten Bergiselschanze hat Zaha Hadid 2004 bis 2007 gleich mehrere neue Bauten in Innsbruck realisiert. Die neue Hungerburgbahn mit ihren abenteuerlich geschwungenen Stationen bietet ein architektonisches Spektakel, das – so das Kalkül der Auftraggeber – die Rentabilität der gesamten Anlage inklusive ihrer historischen Teile verbessern soll. Zum Erlebnis trägt ein eigens entwickeltes Fahrzeug bei, das als U-Bahn losfährt und als Standseilbahn weiterrollt.

Ganz am Anfang, als noch keine Chance auf Realisierung zu bestehen schien, hat Zaha Hadids Architektursprache für Aufsehen gesorgt. Mittlerweile sind die fliessenden, gebrochenen, schwebenden, verdichteten, verdrehten, zerpixelten oder verworfenen Räume konsensfähig geworden. Ihre realisierten Projekte erzeugen ein breites publizistisches Echo insbesondere in Publikumsmedien, die sie als längst fällige Erneuerung in der Architektur begrüssen. Dies war auch der Fall bei den vier Stationsbauten, die Zaha Hadid Ende 2007 für die Hungerburgbahn in Innsbruck fertig gestellt hat. In Bezug auf die doppelt gekurvten Glasflächen betonte die Architektin auch selbst, dass die Grenzen des derzeit Machbaren ausgereizt seien. Dennoch sind die Neubauten – trotz ihrer formalen Eigenständigkeit – Teil einer hundertjährigen Geschichte, deren vorläufig letztes Kapitel sie darstellen und in deren Kontext sie betrachtet werden müssen.

Herausragende Ingenieurleistungen ...

Die Erschliessung des Bergterrains nördlich der Tiroler Landeshauptstadt, der Hanglagen der Nordkette, ist auch eine Geschichte herausragender technischer Neuerungen. Der erste bauliche Eingriff datiert in die Pionierphase des Seilbahnbaus um 1900 zurück, als Standund Seilschwebebahnen für den «Bequemalpinismus» interessant wurden – versprachen sie doch, dem Transportaufkommen des neuen Sommer- wie Wintersportinteresses gewachsen zu sein. Der Wirtschaftsfaktor, der im Ausbau des neuen Verkehrsmittels lag, wurde von weitsichtigen Geschäftsleuten rasch erkannt. Die Initiatoren für die Erschliessung der Hungerburg, einer privilegiert über Innsbruck liegenden Siedlungs- und Erholungsterrasse, waren ein Tourismuspionier sowie ein Eisenbahningenieur und Bauunternehmer. Als 1906 die erste Hungerburgbahn – eine Standseilbahn – nach nur sieben Monaten Bauzeit eröffnet wurde, galt sie als beeindruckendes Projekt. Die Flussquerung über den Inn wurde mit einem kühnen, noch heute bestehenden Eisenbrückentragwerk gelöst, das Stampfbetonviadukt im weiteren Trassenverlauf galt als technische Meisterleistung.

Doch war dieser Bahnabschnitt, die Sektion I, nur der Auftakt zu einer fulminanten Eroberungsgeschichte der Innsbrucker Bergwelt: Bald nach Eröffnung der Bahn wurde bereits ein Ausbau erwogen, der allerdings erst nach dem Ersten Weltkrieg – nun als Seilschwebebahn – realisiert werden konnte (1927 / 28). Die Sektion II und III dieser Nordkettenbahn entwickelten sich rasch zu beliebten Ausflugszielen. Der Reiz lag in der unmittelbaren Nähe zur Stadt: Bei der Bahnfahrt liess sich der Gegensatz zwischen urbaner Kulturlandschaft und «unschuldiger » Bergwelt besonders pointiert erleben.

... und moderne Ar chitektur

Hinzu kam die raffinierte Qualität der heute denkmalgeschützten Stationshochbauten, die der Innsbrucker Architekt Franz Baumann nach einem Wettbewerb unter den damals besten Baukünstlern der Tiroler Zwischenkriegsmoderne errichtete (Bilder 1–3). Weitere Seilbahnstationen, die etwa zeitgleich in Tirol und Vorarlberg entstanden, haben dazu beigetragen, den baukünstlerischen Status des damals noch jungen Bautypus festzulegen. Dennoch kommt der Nordkettenbahn eine Sonderstellung zu: Ihre Übersetzung technischer rungen in kraftvolle architektonische Aussagen, ihre Eleganz bei der Bewältigung der topografischen Herausforderung blieben unübertroffen. Sie trug dazu bei, dass das Bauen im Alpenraum – allerdings nur für kurze Zeit – sowohl auf beschönigend-heimatverliebtes Gebaren als auch auf vermeintlich traditionelle Formen verzichtete. Die monumentale Kraft des «neuen tirolischen Geistes» ist bis heute spürbar.

Die drei Baumann’schen Stationen auf der Hungerburg, der Seegrube und dem Hafelekar sind 2004 bis 2006 denkmalgerecht saniert und im Interesse der Kapazitätssteigerung vorsichtig erweitert worden. Die für die Umbauten verantwortlichen Architekten Schlögl & Süss aus Innsbruck fanden schlichte und pragmatische Lösungen, die den Bahnbetrieb fliessender und für mehr Fahrgäste durchgängiger machen. Dabei wurden alte Raumkonzeptionen wiederhergestellt und Neuerungen wie Selbstbedienungstheken oder vergrösserte Warteräume und Kassenanlagen geschickt eingefügt. Beim Entwurf der Innenausstattung hatte sich Baumann in jedes Detail vertieft; Beleuchtungskörper und Türdrücker waren Teil eines Ausstattungsprogramms, das – die lokale Holzbautradition verfremdend – den Anschluss an internationale neue Strömungen suchte. Die kraftvollen Stühle und Tische tun bis heute ihren Dienst, als hätte der Entwerfer vorausgeahnt, welche Robustheit die künftigen Skischuhtrampeleien in Seilbahnrestaurationen erfordern würden.

Alte und neue Konflikte

Der Bergbahnbau, dessen Ingenieurleistungen einst als Sieg über die Natur gefeiert wurden, barg immer auch soziale Spannungen. In seinem Theaterstück «Die Bergbahn» (1929) stilisierte der österreichische Schriftsteller Ödön von Horváth den Bau einer Bahn zum Feld der Ausbeutung, bei der nichts dem Sieg, dem Ziel, dem grossen technischen Menschenwerk entgegenstehen konnte. Auch in der Gegenwart verlaufen Seilbahnbauten nicht immer ganz konfliktfrei; allerdings haben sich die Auseinandersetzungen in Umweltausschüsse und Gemeinderäte verlagert. Und noch eine Eigenschaft dieser Bauaufgabe hat sich bis heute erhalten: Sie ermöglicht – bezogen auf die notwendige Technik – ein überproportional hohes Erleben, denn jede Fahrt wird zum kleinen Gipfelsieg.

Dass dabei Selbstüberhebung und Absturz selten ausbleiben, zeigt die fortgesetzte Geschichte der Hungerburg- und Nordkettenbahnen. Was wurde nicht alles überlegt, um die Nordkette anziehend zu halten: ein Hotelbau auf der Seegrube, ein Höhenflugplatz oder die Erschliessung neuer Gebiete für den Wintersport. Die jüngste Entwicklung war eher ein Abstieg, unter anderem, weil sich das Gebiet auf Grund seiner steilen Kare nie wirklich zu einem grossen Skigebiet ausbauen liess. Die kostspielige Rettung der zwischenzeitlich privatisierten, dann wieder städtischen Anlagen kam von Seiten einer Public-Privat-Partnership. Deren Partner, die Stadt und die Firma Strabag AG, spielten nach einer weitgehend verdeckt durchgeführten Ausschreibung im Jahr 2004 die Trumpfkarte Zaha Hadid aus. Zwar regte sich anfangs Widerstand gegen das Projekt; unter anderem wehrte sich eine Bürgerinitiative gegen die Ausmusterung der alten Hungerburgbahn, deren Innbrücke und Viadukt nun zwar unter Denkmalschutz, aber ungenutzt stehen. Doch schliesslich einigte man sich in der Hoffnung, das visuelle Spektakel der Neubauten, die näher an die Altstadt gerückte Talstation, die neue Trassenführung und die höhere Transportleistungen würden die Bahn wieder rentabel machen.

Eigens entwickeltes Fahrzeug

Anfangs wurde eine grosse Umbaulösung bis zum Hafelekar erwogen; sie wurde jedoch zugunsten der oben beschriebenen denkmalgerechten Sanierung der Sektion II und III wieder aufgegeben. Für Sektion I sollten jedoch alle Register des Neuen gezogen werden. Die Einstiegsstelle liegt nun in fussläufiger Nähe zur Altstadt, zur Hofburg und somit zu den Zentren des Tourismus; schade, dass sie sich in einer seltsam anmutenden Konstellation an das bestehende Kongresshaus drängt. Von hier bis zur nächsten neuen Haltestelle, der nach einer anliegenden Gaststätte benannten Station Löwenhaus, wird die neue Hungerburgbahn als U-Bahn geführt. Danach quert sie mit freier Sicht den Inn. Zu diesem Zweck wurde eine Schrägseilbrücke entworfen, die weit weniger elegant ist als das hundertjährigeVorgängermodell: Zwei gekippte Pylonen tragen den Fahrtrog der Bahn, wobei die Konstruktion den Anschein erweckt, als hätte sie anstelle der periodisch pendelnden Fahrzeuge ungeheure Frequenzen zu bewältigen (Bild 7). In wechselweise ober- und unterirdischer Fahrt erreicht der Fahrgast die Haltestelle Alpenzoo, mit der eine Anbindung an den beliebten Tierpark gelingt. Die Fahrt zur Bergstation Hungerburg (Bilder 5 und 6) hinauf bietet gute Sicht auf die sich immer mehr entfernende Talsohle. Oben öffnet sich eine bemerkenswerte Aussicht, wenige Schritte weiter befindet sich die Talstation der weiterführenden Baumann-Bahn. Bezogen auf das Fahrvergnügen liegt der Neuigkeitswert der Hungerburgbahn im mehrmaligen Auf- und Abtauchen, in der Dramatisierung des kinematischen Erlebens, das jeden Bergbahnfahrenden begleitet. Für diese wechselvolle Trassenführung wurde ein Fahrzeug eigens entwickelt, das als U-Bahn losfährt und sich später in die Schräglage einer Standseilbahn neigt. Fünf in ein Rahmenwerk eingehängte Gondeln transportieren die Fahrgäste immer bequem in vertikaler Stellung (Bild 8).

Virtuos, aber wenig sensibel

Die vier Stationsbauten sprechen eine einheitliche und zusammenhängende Formensprache, die je nach Bauplatz und Höhenlage variiert – ein Anspruch, den bereits die alten Baumann’schen Bahnbauten einlösen. Die intendierte architektonische Anpassung gelingt Zaha Hadid indes nur bedingt. Zwar winden und verdrehen sich die amöbenförmigen Dächer, verkörpern Hadids «seamless fluidity» und zitieren aus dem Formenschatz von Gletschereisflächen. Doch sie sind weit mehr mit ihrer eigenen Virtuosität als mit dem tatsächlichen Umfeld beschäftigt.

Die Stationen weisen einen sauber ausgeführten Stahlbetonunterbau auf. Bei der Tal- und der Bergstation ist er in die Erde versenkt, beim Alpenzoo dagegen als spektakulärer Adlerhorst aufgerichtet, auf dem die fliessenden Formen der eisblau schimmernden Glasdächer aufbauen. Souverän geht Hadid mit dem grafischen System und seinen Möglichkeiten um; oft lässt sie dabei konkrete Nutzungsanforderungen bewusst ausser Acht, um sich genug Freiheit für völlig neue Raumkonzeptionen zu bewahren. Doch das Grid, welches das Koordinatensystem dieser freien Formen beschreibt, bildet sich auch als Stossfugen der Glasscheiben ab – und lässt mehr an Hürden denn an Grenzüberschreitungen denken. Bei der Eröffnung der Bahn waren die Unzulänglichkeiten in der Ausführung der Glashaut nicht zu übersehen; perfekt im Rechner generiert ist noch nicht perfekt gebaut. Gleichwohl herrscht in Innsbruck Schulterklopfen allerorten: Man spricht zwar noch nicht von einem «Zaha-Effekt», aber die Bemühungen, mit grossen Namen aus der ehemaligen Olympiastadt eine Architekturstadt zu machen, sind auf gutem Wege.

TEC21, Di., 2008.03.25



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tec21 2008|13 Seilbahnen

24. Januar 2008Eva Maria Froschauer
Bauwelt

Die neue Hungerburgbahn in Innsbruck

Der Berghang auf der Nordseite von Innsbruck – heute nur noch „Nordpark“ genannt und damit vermarktungstechnisch zum einmaligen Naherholungsareal stilisiert – muss die modernen Tiroler Baukünstler der 20er Jahre mächtig gereizt haben. Früh wurde hier, in unmittelbarer Stadtnähe, eine Seilbahn geplant. Der Architekt Franz Baumann realisierte die Hochbauten im oberen Streckenabschnitt von der Hungerburg bis zum Hafelekar 1927/28. In der jünge­ren Vergangenheit war die Bergbahn von wirtschaftlichen Schwierigkeiten gezeichnet, ehe, durch eine „Public Privat Partnership“ gerettet, die Lösung mit Zaha Hadid zum Zuge kam (Heft 4.05). Kaum anders als beim ersten Bau von Hadid in Innsbruck, der Skischanze am Bergisel (Heft 46.02), böte sich auch bei der neuen Hungerburgbahn ein ganzes Bündel aus Histörchen und Hinweisen auf Begehrlichkeiten und Zwist an, das berichtenswert wäre. Viele der Querelen aus dem Vorfeld sind verdrängt; die Eröffnungsshow im vergangenen Dezember war fulminant; über die kolportierten rund 50 Millionen Euro Baukosten, seien sie auch zwischen Privat und Öffentlich verteilt, schweigt man sich aus; die Innsbrucker Bürgermeisterin gilt nun als noch durchsetzungsstärker, wittert sie Renommierprojekte.

Der Berghang auf der Nordseite von Innsbruck – heute nur noch „Nordpark“ genannt und damit vermarktungstechnisch zum einmaligen Naherholungsareal stilisiert – muss die modernen Tiroler Baukünstler der 20er Jahre mächtig gereizt haben. Früh wurde hier, in unmittelbarer Stadtnähe, eine Seilbahn geplant. Der Architekt Franz Baumann realisierte die Hochbauten im oberen Streckenabschnitt von der Hungerburg bis zum Hafelekar 1927/28. In der jünge­ren Vergangenheit war die Bergbahn von wirtschaftlichen Schwierigkeiten gezeichnet, ehe, durch eine „Public Privat Partnership“ gerettet, die Lösung mit Zaha Hadid zum Zuge kam (Heft 4.05). Kaum anders als beim ersten Bau von Hadid in Innsbruck, der Skischanze am Bergisel (Heft 46.02), böte sich auch bei der neuen Hungerburgbahn ein ganzes Bündel aus Histörchen und Hinweisen auf Begehrlichkeiten und Zwist an, das berichtenswert wäre. Viele der Querelen aus dem Vorfeld sind verdrängt; die Eröffnungsshow im vergangenen Dezember war fulminant; über die kolportierten rund 50 Millionen Euro Baukosten, seien sie auch zwischen Privat und Öffentlich verteilt, schweigt man sich aus; die Innsbrucker Bürgermeisterin gilt nun als noch durchsetzungsstärker, wittert sie Renommierprojekte.

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Bauwelt 2008|05 Erweiterungen

07. Dezember 2006Eva Maria Froschauer
Bauwelt

Kaufhaus Tyrol und Neugestaltung der Maria-Theresien-Straße in Innsbruck

BU
Geladener Architektenwettbewerb Kaufhaus Tyrol Neu
1. Preis BEHF Architekten, Wien | Engere Wahl Matteo Thun, Mailand | Heinz Mathoi Streli, Innsbruck | Rainer Pirker, Wien | Moser Architekten, Wien

Geladener Gestaltungswettbewerb Maria-Theresien-Straße
1. Preis AllesWirdGut, Wien | ein 3. Preis Gasparin & Meier, Villach | ein 3. Preis Stoll Wagner, Innsbruck | Ankauf architektur.ps –Pfleger Schneider, Innsbruck | Ankauf Architekten Moser Kleon, Innsbruck | Ankauf Rüdiger Lainer Partner, Wien

Eine „goldene Objektfamilie“ bevölkert nach dem Entwurf von AllesWirdGut den neuen Platz auf der Maria-Theresien-Straße, der in Verlängerung der Fußgängerzone entstehen soll: Sowohl die ins Pflaster eingelassenen Intarsien als auch Bänke, Fahrradständer und die neun Meter hohen Lichtmasten sind aus gelb verzinktem Stahl. Die Jury unter Vorsitz von Gregor Eichinger, Wien, wählte die Arbeit aus 21 Entwürfen aus, unter anderem, weil sie eine aus dem Vorhandenen entwickelte Neuinterpretation des Straßenraums bietet.
Perspektive: Architekten

Von den drei Stadthäusern des Kaufhaus Tyrol bleibt eines bestehen, an Stelle der beiden anderen soll nach dem Entwurf von BEHF Architekten ein Neubau errichtet werden. Die Fassade aus Kunststein zeigt kreisförmige Öffnungen und Panoramafenster zur Straße.
Perspektive Maria-Theresien-Straße (links) und Innenraum (unten): Architekten

Das Kaufhaus Tyrol soll an der Rückseite um 20.000 m² Verkaufsfläche erweitert werden. Der Shopping-Blob nach den Plänen des Innsbrucker Architekten Johann Obermoser füllt den innerstädtischen Block und zeigt sich als ebenfalls mit kreisförmigen Löchern versehene Großform zur Erlerstraße.
Modellfoto, Perspektive: Architekten

BU
Geladener Architektenwettbewerb Kaufhaus Tyrol Neu
1. Preis BEHF Architekten, Wien | Engere Wahl Matteo Thun, Mailand | Heinz Mathoi Streli, Innsbruck | Rainer Pirker, Wien | Moser Architekten, Wien

Geladener Gestaltungswettbewerb Maria-Theresien-Straße
1. Preis AllesWirdGut, Wien | ein 3. Preis Gasparin & Meier, Villach | ein 3. Preis Stoll Wagner, Innsbruck | Ankauf architektur.ps –Pfleger Schneider, Innsbruck | Ankauf Architekten Moser Kleon, Innsbruck | Ankauf Rüdiger Lainer Partner, Wien

Eine „goldene Objektfamilie“ bevölkert nach dem Entwurf von AllesWirdGut den neuen Platz auf der Maria-Theresien-Straße, der in Verlängerung der Fußgängerzone entstehen soll: Sowohl die ins Pflaster eingelassenen Intarsien als auch Bänke, Fahrradständer und die neun Meter hohen Lichtmasten sind aus gelb verzinktem Stahl. Die Jury unter Vorsitz von Gregor Eichinger, Wien, wählte die Arbeit aus 21 Entwürfen aus, unter anderem, weil sie eine aus dem Vorhandenen entwickelte Neuinterpretation des Straßenraums bietet.
Perspektive: Architekten

Von den drei Stadthäusern des Kaufhaus Tyrol bleibt eines bestehen, an Stelle der beiden anderen soll nach dem Entwurf von BEHF Architekten ein Neubau errichtet werden. Die Fassade aus Kunststein zeigt kreisförmige Öffnungen und Panoramafenster zur Straße.
Perspektive Maria-Theresien-Straße (links) und Innenraum (unten): Architekten

Das Kaufhaus Tyrol soll an der Rückseite um 20.000 m² Verkaufsfläche erweitert werden. Der Shopping-Blob nach den Plänen des Innsbrucker Architekten Johann Obermoser füllt den innerstädtischen Block und zeigt sich als ebenfalls mit kreisförmigen Löchern versehene Großform zur Erlerstraße.
Modellfoto, Perspektive: Architekten

Wie sehr das Kaufhaus Tyrol mit seiner nun fast hundertjährigen Geschichte zum Identifikationsobjekt geworden ist, zeigt sich anlässlich eines Architekturwettbewerbs, der viel mediales Getümmel verursacht. Was man in dem grundsätzlich für neue Architektur offenen Klima in der Tiroler Landeshauptstadt über die letzten Wochen erleben konnte, gleicht einer städtischen Erregung.
Das Kaufhaus Tyrol in der Innsbrucker Innenstadt war über Jahrzehnte hinweg das einzig wirkliche Warenhaus des Landes, ein Konsummagnet, lange bevor sich Einkaufszentren in suburbanen Regionen entwickelten. Man ging ins Tyrol. Das Potential des Hau¬ses, an der geschäftigen Ader, der Maria-Theresien-Straße, gelegen, hatten die Gründer, die beiden jüdischen Familien Bauer und Schwarz, schon 1908 erkannt. Die tragischen Zeitläufte der Geschichte gingen an diesem Haus nicht vorbei – Arisierung, Kriegs¬beschädigung, Eigentümerwechsel. Trotzdem erlebte es seine Wiedereröffnung in den 60er Jahren und wuchs erneut, bis veränderte städtische Strukturen, anders ausgeprägtes Kaufverhalten und komplizierte Eigentumsverhältnisse seinen Untergang einläuteten. Verkaufs- und Umbauversuche scheiterten, und eigentlich glaubte niemand mehr so recht an die Rettung des Komplexes. Im Jahr 2004 überraschte der Tiroler Jung-Investor René Benko mit dem Kauf der Immobilie; über die begrüßenswerte Wiederbelebung, die Stärkung des innerstädtischen Handels und die Aufwertung der Maria-Theresien-Straße durch eine neue Shopping-Welt besteht seitdem grundsätzlich Einigkeit. Für den eigentlichen Shopping-Center-Bau, der die bestehende Verkaufsfläche verdoppeln soll, wurde bereits im Jahr 2004 der Innsbrucker Architekt Johann Obermoser direkt beauftragt.
Nun beginnt die Geschichte allerdings kompliziert zu werden, denn das Kaufhaus Tyrol Alt nahm ehemals drei Häuser in einer Reihe entlang der Maria-Theresien-Straße ein, eine Zone, für die schon seit 1978 Ortsbildschutz besteht und für die jüngst Ensembleschutz per Bescheid erreicht wurde.

Der Innsbrucker Stadtsenat verpflichtete den Investor zur Ausschreibung eines Architekturwettbewerbs für den Bauteil an der Maria-Theresien-Straße. Ab diesem Zeitpunkt liefen die Diskussionen um Erhalt, Teilabriss, Aushöhlung, Adaption oder einen gänzlichen Neubau der drei unspektakulären, aber gut in das Gesamtensemble eingepassten Stadthäuser. Der Neubau der Mall, so der Investor, sei kaum mit den unterschiedlichen inneren Strukturen der Häuser vereinbar, worauf sich alle Gremien noch vor Beginn des Wettbewerbs auf die Möglichkeit des Abrisses zweier Häuser verständigten. Auch der Denkmalschutz wollte keine potemkinschen Fassaden. Der Wettbewerb lief in zwei Phasen ab und erbrachte im September ein Ergebnis, das eine Welle bürgerschaftlicher Entrüstung auslöste – die internationale Jury unter Vorsitz von Quintus Miller, Basel, entschied sich für die Lösung des Wiener Büros BEHF, die zwar abstrahierte Bezüge zur umgebenden Bebauung anstrebt, dies jedoch mit einer recht willkürlichen und modischen Formensprache artikuliert. Innerhalb der in den heimischen Medien in der Folge ausgetragenen Polemiken, war eine sachliche Diskussion um Wert und Unwert des Entwurfs kaum noch möglich. Stadt und Investor erhoben Einspruch gegen den Ensembleschutz, wütende Bildmontagen von konservativen Kritikern, die die Verschandelung der Straße suggerieren, wurden in der Presse kolportiert, eilige Überarbeitungen des Projekts – mehr Verschlimmbesserungen als Lösungen – wurden öffentlich. Derzeit harrt man der Dinge.
In der Zwischenzeit wurde ein zweites, davon unabhängiges Verfahren entschieden. AllesWirdGut aus Wien haben den Wettbewerb zur Neugestaltung der nördlichen Maria-Theresien-Straße gewonnen und schlagen zur Atmosphärenhebung eine Neuzonierung des Freiraums, eine veredelte Stadtmöblierung und nächtliche Inszenierungen vor.

Bauwelt, Do., 2006.12.07



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Bauwelt 2006|47 Wiederaufbau

Publikationen

Presseschau 12

25. März 2008Eva Maria Froschauer
TEC21

Neustart in Innsbruck

Nach der 2002 eröffneten Bergiselschanze hat Zaha Hadid 2004 bis 2007 gleich mehrere neue Bauten in Innsbruck realisiert. Die neue Hungerburgbahn mit ihren abenteuerlich geschwungenen Stationen bietet ein architektonisches Spektakel, das – so das Kalkül der Auftraggeber – die Rentabilität der gesamten Anlage inklusive ihrer historischen Teile verbessern soll. Zum Erlebnis trägt ein eigens entwickeltes Fahrzeug bei, das als U-Bahn losfährt und als Standseilbahn weiterrollt.

Nach der 2002 eröffneten Bergiselschanze hat Zaha Hadid 2004 bis 2007 gleich mehrere neue Bauten in Innsbruck realisiert. Die neue Hungerburgbahn mit ihren abenteuerlich geschwungenen Stationen bietet ein architektonisches Spektakel, das – so das Kalkül der Auftraggeber – die Rentabilität der gesamten Anlage inklusive ihrer historischen Teile verbessern soll. Zum Erlebnis trägt ein eigens entwickeltes Fahrzeug bei, das als U-Bahn losfährt und als Standseilbahn weiterrollt.

Ganz am Anfang, als noch keine Chance auf Realisierung zu bestehen schien, hat Zaha Hadids Architektursprache für Aufsehen gesorgt. Mittlerweile sind die fliessenden, gebrochenen, schwebenden, verdichteten, verdrehten, zerpixelten oder verworfenen Räume konsensfähig geworden. Ihre realisierten Projekte erzeugen ein breites publizistisches Echo insbesondere in Publikumsmedien, die sie als längst fällige Erneuerung in der Architektur begrüssen. Dies war auch der Fall bei den vier Stationsbauten, die Zaha Hadid Ende 2007 für die Hungerburgbahn in Innsbruck fertig gestellt hat. In Bezug auf die doppelt gekurvten Glasflächen betonte die Architektin auch selbst, dass die Grenzen des derzeit Machbaren ausgereizt seien. Dennoch sind die Neubauten – trotz ihrer formalen Eigenständigkeit – Teil einer hundertjährigen Geschichte, deren vorläufig letztes Kapitel sie darstellen und in deren Kontext sie betrachtet werden müssen.

Herausragende Ingenieurleistungen ...

Die Erschliessung des Bergterrains nördlich der Tiroler Landeshauptstadt, der Hanglagen der Nordkette, ist auch eine Geschichte herausragender technischer Neuerungen. Der erste bauliche Eingriff datiert in die Pionierphase des Seilbahnbaus um 1900 zurück, als Standund Seilschwebebahnen für den «Bequemalpinismus» interessant wurden – versprachen sie doch, dem Transportaufkommen des neuen Sommer- wie Wintersportinteresses gewachsen zu sein. Der Wirtschaftsfaktor, der im Ausbau des neuen Verkehrsmittels lag, wurde von weitsichtigen Geschäftsleuten rasch erkannt. Die Initiatoren für die Erschliessung der Hungerburg, einer privilegiert über Innsbruck liegenden Siedlungs- und Erholungsterrasse, waren ein Tourismuspionier sowie ein Eisenbahningenieur und Bauunternehmer. Als 1906 die erste Hungerburgbahn – eine Standseilbahn – nach nur sieben Monaten Bauzeit eröffnet wurde, galt sie als beeindruckendes Projekt. Die Flussquerung über den Inn wurde mit einem kühnen, noch heute bestehenden Eisenbrückentragwerk gelöst, das Stampfbetonviadukt im weiteren Trassenverlauf galt als technische Meisterleistung.

Doch war dieser Bahnabschnitt, die Sektion I, nur der Auftakt zu einer fulminanten Eroberungsgeschichte der Innsbrucker Bergwelt: Bald nach Eröffnung der Bahn wurde bereits ein Ausbau erwogen, der allerdings erst nach dem Ersten Weltkrieg – nun als Seilschwebebahn – realisiert werden konnte (1927 / 28). Die Sektion II und III dieser Nordkettenbahn entwickelten sich rasch zu beliebten Ausflugszielen. Der Reiz lag in der unmittelbaren Nähe zur Stadt: Bei der Bahnfahrt liess sich der Gegensatz zwischen urbaner Kulturlandschaft und «unschuldiger » Bergwelt besonders pointiert erleben.

... und moderne Ar chitektur

Hinzu kam die raffinierte Qualität der heute denkmalgeschützten Stationshochbauten, die der Innsbrucker Architekt Franz Baumann nach einem Wettbewerb unter den damals besten Baukünstlern der Tiroler Zwischenkriegsmoderne errichtete (Bilder 1–3). Weitere Seilbahnstationen, die etwa zeitgleich in Tirol und Vorarlberg entstanden, haben dazu beigetragen, den baukünstlerischen Status des damals noch jungen Bautypus festzulegen. Dennoch kommt der Nordkettenbahn eine Sonderstellung zu: Ihre Übersetzung technischer rungen in kraftvolle architektonische Aussagen, ihre Eleganz bei der Bewältigung der topografischen Herausforderung blieben unübertroffen. Sie trug dazu bei, dass das Bauen im Alpenraum – allerdings nur für kurze Zeit – sowohl auf beschönigend-heimatverliebtes Gebaren als auch auf vermeintlich traditionelle Formen verzichtete. Die monumentale Kraft des «neuen tirolischen Geistes» ist bis heute spürbar.

Die drei Baumann’schen Stationen auf der Hungerburg, der Seegrube und dem Hafelekar sind 2004 bis 2006 denkmalgerecht saniert und im Interesse der Kapazitätssteigerung vorsichtig erweitert worden. Die für die Umbauten verantwortlichen Architekten Schlögl & Süss aus Innsbruck fanden schlichte und pragmatische Lösungen, die den Bahnbetrieb fliessender und für mehr Fahrgäste durchgängiger machen. Dabei wurden alte Raumkonzeptionen wiederhergestellt und Neuerungen wie Selbstbedienungstheken oder vergrösserte Warteräume und Kassenanlagen geschickt eingefügt. Beim Entwurf der Innenausstattung hatte sich Baumann in jedes Detail vertieft; Beleuchtungskörper und Türdrücker waren Teil eines Ausstattungsprogramms, das – die lokale Holzbautradition verfremdend – den Anschluss an internationale neue Strömungen suchte. Die kraftvollen Stühle und Tische tun bis heute ihren Dienst, als hätte der Entwerfer vorausgeahnt, welche Robustheit die künftigen Skischuhtrampeleien in Seilbahnrestaurationen erfordern würden.

Alte und neue Konflikte

Der Bergbahnbau, dessen Ingenieurleistungen einst als Sieg über die Natur gefeiert wurden, barg immer auch soziale Spannungen. In seinem Theaterstück «Die Bergbahn» (1929) stilisierte der österreichische Schriftsteller Ödön von Horváth den Bau einer Bahn zum Feld der Ausbeutung, bei der nichts dem Sieg, dem Ziel, dem grossen technischen Menschenwerk entgegenstehen konnte. Auch in der Gegenwart verlaufen Seilbahnbauten nicht immer ganz konfliktfrei; allerdings haben sich die Auseinandersetzungen in Umweltausschüsse und Gemeinderäte verlagert. Und noch eine Eigenschaft dieser Bauaufgabe hat sich bis heute erhalten: Sie ermöglicht – bezogen auf die notwendige Technik – ein überproportional hohes Erleben, denn jede Fahrt wird zum kleinen Gipfelsieg.

Dass dabei Selbstüberhebung und Absturz selten ausbleiben, zeigt die fortgesetzte Geschichte der Hungerburg- und Nordkettenbahnen. Was wurde nicht alles überlegt, um die Nordkette anziehend zu halten: ein Hotelbau auf der Seegrube, ein Höhenflugplatz oder die Erschliessung neuer Gebiete für den Wintersport. Die jüngste Entwicklung war eher ein Abstieg, unter anderem, weil sich das Gebiet auf Grund seiner steilen Kare nie wirklich zu einem grossen Skigebiet ausbauen liess. Die kostspielige Rettung der zwischenzeitlich privatisierten, dann wieder städtischen Anlagen kam von Seiten einer Public-Privat-Partnership. Deren Partner, die Stadt und die Firma Strabag AG, spielten nach einer weitgehend verdeckt durchgeführten Ausschreibung im Jahr 2004 die Trumpfkarte Zaha Hadid aus. Zwar regte sich anfangs Widerstand gegen das Projekt; unter anderem wehrte sich eine Bürgerinitiative gegen die Ausmusterung der alten Hungerburgbahn, deren Innbrücke und Viadukt nun zwar unter Denkmalschutz, aber ungenutzt stehen. Doch schliesslich einigte man sich in der Hoffnung, das visuelle Spektakel der Neubauten, die näher an die Altstadt gerückte Talstation, die neue Trassenführung und die höhere Transportleistungen würden die Bahn wieder rentabel machen.

Eigens entwickeltes Fahrzeug

Anfangs wurde eine grosse Umbaulösung bis zum Hafelekar erwogen; sie wurde jedoch zugunsten der oben beschriebenen denkmalgerechten Sanierung der Sektion II und III wieder aufgegeben. Für Sektion I sollten jedoch alle Register des Neuen gezogen werden. Die Einstiegsstelle liegt nun in fussläufiger Nähe zur Altstadt, zur Hofburg und somit zu den Zentren des Tourismus; schade, dass sie sich in einer seltsam anmutenden Konstellation an das bestehende Kongresshaus drängt. Von hier bis zur nächsten neuen Haltestelle, der nach einer anliegenden Gaststätte benannten Station Löwenhaus, wird die neue Hungerburgbahn als U-Bahn geführt. Danach quert sie mit freier Sicht den Inn. Zu diesem Zweck wurde eine Schrägseilbrücke entworfen, die weit weniger elegant ist als das hundertjährigeVorgängermodell: Zwei gekippte Pylonen tragen den Fahrtrog der Bahn, wobei die Konstruktion den Anschein erweckt, als hätte sie anstelle der periodisch pendelnden Fahrzeuge ungeheure Frequenzen zu bewältigen (Bild 7). In wechselweise ober- und unterirdischer Fahrt erreicht der Fahrgast die Haltestelle Alpenzoo, mit der eine Anbindung an den beliebten Tierpark gelingt. Die Fahrt zur Bergstation Hungerburg (Bilder 5 und 6) hinauf bietet gute Sicht auf die sich immer mehr entfernende Talsohle. Oben öffnet sich eine bemerkenswerte Aussicht, wenige Schritte weiter befindet sich die Talstation der weiterführenden Baumann-Bahn. Bezogen auf das Fahrvergnügen liegt der Neuigkeitswert der Hungerburgbahn im mehrmaligen Auf- und Abtauchen, in der Dramatisierung des kinematischen Erlebens, das jeden Bergbahnfahrenden begleitet. Für diese wechselvolle Trassenführung wurde ein Fahrzeug eigens entwickelt, das als U-Bahn losfährt und sich später in die Schräglage einer Standseilbahn neigt. Fünf in ein Rahmenwerk eingehängte Gondeln transportieren die Fahrgäste immer bequem in vertikaler Stellung (Bild 8).

Virtuos, aber wenig sensibel

Die vier Stationsbauten sprechen eine einheitliche und zusammenhängende Formensprache, die je nach Bauplatz und Höhenlage variiert – ein Anspruch, den bereits die alten Baumann’schen Bahnbauten einlösen. Die intendierte architektonische Anpassung gelingt Zaha Hadid indes nur bedingt. Zwar winden und verdrehen sich die amöbenförmigen Dächer, verkörpern Hadids «seamless fluidity» und zitieren aus dem Formenschatz von Gletschereisflächen. Doch sie sind weit mehr mit ihrer eigenen Virtuosität als mit dem tatsächlichen Umfeld beschäftigt.

Die Stationen weisen einen sauber ausgeführten Stahlbetonunterbau auf. Bei der Tal- und der Bergstation ist er in die Erde versenkt, beim Alpenzoo dagegen als spektakulärer Adlerhorst aufgerichtet, auf dem die fliessenden Formen der eisblau schimmernden Glasdächer aufbauen. Souverän geht Hadid mit dem grafischen System und seinen Möglichkeiten um; oft lässt sie dabei konkrete Nutzungsanforderungen bewusst ausser Acht, um sich genug Freiheit für völlig neue Raumkonzeptionen zu bewahren. Doch das Grid, welches das Koordinatensystem dieser freien Formen beschreibt, bildet sich auch als Stossfugen der Glasscheiben ab – und lässt mehr an Hürden denn an Grenzüberschreitungen denken. Bei der Eröffnung der Bahn waren die Unzulänglichkeiten in der Ausführung der Glashaut nicht zu übersehen; perfekt im Rechner generiert ist noch nicht perfekt gebaut. Gleichwohl herrscht in Innsbruck Schulterklopfen allerorten: Man spricht zwar noch nicht von einem «Zaha-Effekt», aber die Bemühungen, mit grossen Namen aus der ehemaligen Olympiastadt eine Architekturstadt zu machen, sind auf gutem Wege.

TEC21, Di., 2008.03.25



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Hungerburgbahn-Stationen



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tec21 2008|13 Seilbahnen

24. Januar 2008Eva Maria Froschauer
Bauwelt

Die neue Hungerburgbahn in Innsbruck

Der Berghang auf der Nordseite von Innsbruck – heute nur noch „Nordpark“ genannt und damit vermarktungstechnisch zum einmaligen Naherholungsareal stilisiert – muss die modernen Tiroler Baukünstler der 20er Jahre mächtig gereizt haben. Früh wurde hier, in unmittelbarer Stadtnähe, eine Seilbahn geplant. Der Architekt Franz Baumann realisierte die Hochbauten im oberen Streckenabschnitt von der Hungerburg bis zum Hafelekar 1927/28. In der jünge­ren Vergangenheit war die Bergbahn von wirtschaftlichen Schwierigkeiten gezeichnet, ehe, durch eine „Public Privat Partnership“ gerettet, die Lösung mit Zaha Hadid zum Zuge kam (Heft 4.05). Kaum anders als beim ersten Bau von Hadid in Innsbruck, der Skischanze am Bergisel (Heft 46.02), böte sich auch bei der neuen Hungerburgbahn ein ganzes Bündel aus Histörchen und Hinweisen auf Begehrlichkeiten und Zwist an, das berichtenswert wäre. Viele der Querelen aus dem Vorfeld sind verdrängt; die Eröffnungsshow im vergangenen Dezember war fulminant; über die kolportierten rund 50 Millionen Euro Baukosten, seien sie auch zwischen Privat und Öffentlich verteilt, schweigt man sich aus; die Innsbrucker Bürgermeisterin gilt nun als noch durchsetzungsstärker, wittert sie Renommierprojekte.

Der Berghang auf der Nordseite von Innsbruck – heute nur noch „Nordpark“ genannt und damit vermarktungstechnisch zum einmaligen Naherholungsareal stilisiert – muss die modernen Tiroler Baukünstler der 20er Jahre mächtig gereizt haben. Früh wurde hier, in unmittelbarer Stadtnähe, eine Seilbahn geplant. Der Architekt Franz Baumann realisierte die Hochbauten im oberen Streckenabschnitt von der Hungerburg bis zum Hafelekar 1927/28. In der jünge­ren Vergangenheit war die Bergbahn von wirtschaftlichen Schwierigkeiten gezeichnet, ehe, durch eine „Public Privat Partnership“ gerettet, die Lösung mit Zaha Hadid zum Zuge kam (Heft 4.05). Kaum anders als beim ersten Bau von Hadid in Innsbruck, der Skischanze am Bergisel (Heft 46.02), böte sich auch bei der neuen Hungerburgbahn ein ganzes Bündel aus Histörchen und Hinweisen auf Begehrlichkeiten und Zwist an, das berichtenswert wäre. Viele der Querelen aus dem Vorfeld sind verdrängt; die Eröffnungsshow im vergangenen Dezember war fulminant; über die kolportierten rund 50 Millionen Euro Baukosten, seien sie auch zwischen Privat und Öffentlich verteilt, schweigt man sich aus; die Innsbrucker Bürgermeisterin gilt nun als noch durchsetzungsstärker, wittert sie Renommierprojekte.

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Bauwelt 2008|05 Erweiterungen

07. Dezember 2006Eva Maria Froschauer
Bauwelt

Kaufhaus Tyrol und Neugestaltung der Maria-Theresien-Straße in Innsbruck

BU
Geladener Architektenwettbewerb Kaufhaus Tyrol Neu
1. Preis BEHF Architekten, Wien | Engere Wahl Matteo Thun, Mailand | Heinz Mathoi Streli, Innsbruck | Rainer Pirker, Wien | Moser Architekten, Wien

Geladener Gestaltungswettbewerb Maria-Theresien-Straße
1. Preis AllesWirdGut, Wien | ein 3. Preis Gasparin & Meier, Villach | ein 3. Preis Stoll Wagner, Innsbruck | Ankauf architektur.ps –Pfleger Schneider, Innsbruck | Ankauf Architekten Moser Kleon, Innsbruck | Ankauf Rüdiger Lainer Partner, Wien

Eine „goldene Objektfamilie“ bevölkert nach dem Entwurf von AllesWirdGut den neuen Platz auf der Maria-Theresien-Straße, der in Verlängerung der Fußgängerzone entstehen soll: Sowohl die ins Pflaster eingelassenen Intarsien als auch Bänke, Fahrradständer und die neun Meter hohen Lichtmasten sind aus gelb verzinktem Stahl. Die Jury unter Vorsitz von Gregor Eichinger, Wien, wählte die Arbeit aus 21 Entwürfen aus, unter anderem, weil sie eine aus dem Vorhandenen entwickelte Neuinterpretation des Straßenraums bietet.
Perspektive: Architekten

Von den drei Stadthäusern des Kaufhaus Tyrol bleibt eines bestehen, an Stelle der beiden anderen soll nach dem Entwurf von BEHF Architekten ein Neubau errichtet werden. Die Fassade aus Kunststein zeigt kreisförmige Öffnungen und Panoramafenster zur Straße.
Perspektive Maria-Theresien-Straße (links) und Innenraum (unten): Architekten

Das Kaufhaus Tyrol soll an der Rückseite um 20.000 m² Verkaufsfläche erweitert werden. Der Shopping-Blob nach den Plänen des Innsbrucker Architekten Johann Obermoser füllt den innerstädtischen Block und zeigt sich als ebenfalls mit kreisförmigen Löchern versehene Großform zur Erlerstraße.
Modellfoto, Perspektive: Architekten

BU
Geladener Architektenwettbewerb Kaufhaus Tyrol Neu
1. Preis BEHF Architekten, Wien | Engere Wahl Matteo Thun, Mailand | Heinz Mathoi Streli, Innsbruck | Rainer Pirker, Wien | Moser Architekten, Wien

Geladener Gestaltungswettbewerb Maria-Theresien-Straße
1. Preis AllesWirdGut, Wien | ein 3. Preis Gasparin & Meier, Villach | ein 3. Preis Stoll Wagner, Innsbruck | Ankauf architektur.ps –Pfleger Schneider, Innsbruck | Ankauf Architekten Moser Kleon, Innsbruck | Ankauf Rüdiger Lainer Partner, Wien

Eine „goldene Objektfamilie“ bevölkert nach dem Entwurf von AllesWirdGut den neuen Platz auf der Maria-Theresien-Straße, der in Verlängerung der Fußgängerzone entstehen soll: Sowohl die ins Pflaster eingelassenen Intarsien als auch Bänke, Fahrradständer und die neun Meter hohen Lichtmasten sind aus gelb verzinktem Stahl. Die Jury unter Vorsitz von Gregor Eichinger, Wien, wählte die Arbeit aus 21 Entwürfen aus, unter anderem, weil sie eine aus dem Vorhandenen entwickelte Neuinterpretation des Straßenraums bietet.
Perspektive: Architekten

Von den drei Stadthäusern des Kaufhaus Tyrol bleibt eines bestehen, an Stelle der beiden anderen soll nach dem Entwurf von BEHF Architekten ein Neubau errichtet werden. Die Fassade aus Kunststein zeigt kreisförmige Öffnungen und Panoramafenster zur Straße.
Perspektive Maria-Theresien-Straße (links) und Innenraum (unten): Architekten

Das Kaufhaus Tyrol soll an der Rückseite um 20.000 m² Verkaufsfläche erweitert werden. Der Shopping-Blob nach den Plänen des Innsbrucker Architekten Johann Obermoser füllt den innerstädtischen Block und zeigt sich als ebenfalls mit kreisförmigen Löchern versehene Großform zur Erlerstraße.
Modellfoto, Perspektive: Architekten

Wie sehr das Kaufhaus Tyrol mit seiner nun fast hundertjährigen Geschichte zum Identifikationsobjekt geworden ist, zeigt sich anlässlich eines Architekturwettbewerbs, der viel mediales Getümmel verursacht. Was man in dem grundsätzlich für neue Architektur offenen Klima in der Tiroler Landeshauptstadt über die letzten Wochen erleben konnte, gleicht einer städtischen Erregung.
Das Kaufhaus Tyrol in der Innsbrucker Innenstadt war über Jahrzehnte hinweg das einzig wirkliche Warenhaus des Landes, ein Konsummagnet, lange bevor sich Einkaufszentren in suburbanen Regionen entwickelten. Man ging ins Tyrol. Das Potential des Hau¬ses, an der geschäftigen Ader, der Maria-Theresien-Straße, gelegen, hatten die Gründer, die beiden jüdischen Familien Bauer und Schwarz, schon 1908 erkannt. Die tragischen Zeitläufte der Geschichte gingen an diesem Haus nicht vorbei – Arisierung, Kriegs¬beschädigung, Eigentümerwechsel. Trotzdem erlebte es seine Wiedereröffnung in den 60er Jahren und wuchs erneut, bis veränderte städtische Strukturen, anders ausgeprägtes Kaufverhalten und komplizierte Eigentumsverhältnisse seinen Untergang einläuteten. Verkaufs- und Umbauversuche scheiterten, und eigentlich glaubte niemand mehr so recht an die Rettung des Komplexes. Im Jahr 2004 überraschte der Tiroler Jung-Investor René Benko mit dem Kauf der Immobilie; über die begrüßenswerte Wiederbelebung, die Stärkung des innerstädtischen Handels und die Aufwertung der Maria-Theresien-Straße durch eine neue Shopping-Welt besteht seitdem grundsätzlich Einigkeit. Für den eigentlichen Shopping-Center-Bau, der die bestehende Verkaufsfläche verdoppeln soll, wurde bereits im Jahr 2004 der Innsbrucker Architekt Johann Obermoser direkt beauftragt.
Nun beginnt die Geschichte allerdings kompliziert zu werden, denn das Kaufhaus Tyrol Alt nahm ehemals drei Häuser in einer Reihe entlang der Maria-Theresien-Straße ein, eine Zone, für die schon seit 1978 Ortsbildschutz besteht und für die jüngst Ensembleschutz per Bescheid erreicht wurde.

Der Innsbrucker Stadtsenat verpflichtete den Investor zur Ausschreibung eines Architekturwettbewerbs für den Bauteil an der Maria-Theresien-Straße. Ab diesem Zeitpunkt liefen die Diskussionen um Erhalt, Teilabriss, Aushöhlung, Adaption oder einen gänzlichen Neubau der drei unspektakulären, aber gut in das Gesamtensemble eingepassten Stadthäuser. Der Neubau der Mall, so der Investor, sei kaum mit den unterschiedlichen inneren Strukturen der Häuser vereinbar, worauf sich alle Gremien noch vor Beginn des Wettbewerbs auf die Möglichkeit des Abrisses zweier Häuser verständigten. Auch der Denkmalschutz wollte keine potemkinschen Fassaden. Der Wettbewerb lief in zwei Phasen ab und erbrachte im September ein Ergebnis, das eine Welle bürgerschaftlicher Entrüstung auslöste – die internationale Jury unter Vorsitz von Quintus Miller, Basel, entschied sich für die Lösung des Wiener Büros BEHF, die zwar abstrahierte Bezüge zur umgebenden Bebauung anstrebt, dies jedoch mit einer recht willkürlichen und modischen Formensprache artikuliert. Innerhalb der in den heimischen Medien in der Folge ausgetragenen Polemiken, war eine sachliche Diskussion um Wert und Unwert des Entwurfs kaum noch möglich. Stadt und Investor erhoben Einspruch gegen den Ensembleschutz, wütende Bildmontagen von konservativen Kritikern, die die Verschandelung der Straße suggerieren, wurden in der Presse kolportiert, eilige Überarbeitungen des Projekts – mehr Verschlimmbesserungen als Lösungen – wurden öffentlich. Derzeit harrt man der Dinge.
In der Zwischenzeit wurde ein zweites, davon unabhängiges Verfahren entschieden. AllesWirdGut aus Wien haben den Wettbewerb zur Neugestaltung der nördlichen Maria-Theresien-Straße gewonnen und schlagen zur Atmosphärenhebung eine Neuzonierung des Freiraums, eine veredelte Stadtmöblierung und nächtliche Inszenierungen vor.

Bauwelt, Do., 2006.12.07



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Bauwelt 2006|47 Wiederaufbau

Profil

Architektur-Studium an der Hochschule für künstlerische und industrielle Gestaltung in Linz (heute: Kunstuniversität)
Postgraduales Studium an der ETH Zürich zur Geschichte und Theorie der Architektur
Seit 1998 freiberufliche Tätigkeit als Fachautorin in Berlin
2001 – 2007 Wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Bauhaus-Universität Weimar
2008 ebendort Promotion im Fach Architekturgeschichte
2009 – 2011 Mitarbeiterin an der BTU Cottbus, Lehrstuhl Theorie der Architektur
2010 Gründung und bis 2017 Vorstand des Netzwerks Architekturwissenschaft e.V.
2011/12 Research Fellow am Internationalen Kolleg für Kulturtechnikforschung und Medienphilosophie Weimar
2013 – 2017kademische Mitarbeiterin im Fachgebiet Kunstgeschichte an der BTU Cottbus-Senftenberg
2017 ebendort Habilitation und bis 2019 Vertretungsprofessorin für Kunstgeschichte
Seit 2017 Mitglied im DFG-Graduiertenkolleg "Kulturelle und technische Werte historischer Bauten" an der BTU
Seit 2020 Professorin für Baugeschichte und Architekturtheorie an der Berliner Hochschule für Technik

Lehrtätigkeit

Professorin für Baugeschichte und Architekturtheorie an der Beuth Hochschule für Technik Berlin

Publikationen

https://prof.bht-berlin.de/froschauer/veroeffentlichungen

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