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21. April 2020Michael Hausenblas
Der Standard

Künstler Lois Weinberger gestorben

Der zweifache Documenta-Teilnehmer und Forscher ist in der Nacht auf Dienstag 72-jährig in Wien verstorben

Der zweifache Documenta-Teilnehmer und Forscher ist in der Nacht auf Dienstag 72-jährig in Wien verstorben

Die Natur ist schwer zu fassen, sagte Lois Weinberger. Der Mann versuchte es trotzdem. Er war ihr auf der Spur wie kein anderer Künstler. Die Natur war ihm Medium, Neugiersland, Forschungsgebiet und künstlerisches Feld, das er zweimal auf der Documenta, auf der Biennale in Venedig und im Rahmen unzähliger Ausstellungen auf der ganzen Welt in Szene setzte, ohne ihr zu Nahe zu rücken. Kunstwelt-weltbekannt wurde er unter anderem mit seiner Installation auf der Documenta X 1997.

Weinberger bepflanzte ein stillgelegtes Eisenbahngleis auf einer Länge von 100 Metern mit allerlei Neophyten, also „eingewanderten“ Pflanzen, aus Süd- und Osteuropa. Damit schuf der 1947 im Tiroler Stams geborene Künstler bereits lange vor den Einwanderungswellen eine Installation, die zur international beachteten Metapher für die Migrationsprozesse unserer Zeit wurde und mit ethnopoetischen Bezügen weit darüber hinausführt.

Die Natur ist schwer zu fassen, sagte Lois Weinberger. Der Mann versuchte es trotzdem. Er war ihr auf der Spur wie kein anderer Künstler. Die Natur war ihm Medium, Neugiersland, Forschungsgebiet und künstlerisches Feld, das er zweimal auf der Documenta, auf der Biennale in Venedig und im Rahmen unzähliger Ausstellungen auf der ganzen Welt in Szene setzte, ohne ihr zu Nahe zu rücken. Kunstwelt-weltbekannt wurde er unter anderem mit seiner Installation auf der Documenta X 1997.

Weinberger bepflanzte ein stillgelegtes Eisenbahngleis auf einer Länge von 100 Metern mit allerlei Neophyten, also „eingewanderten“ Pflanzen, aus Süd- und Osteuropa. Damit schuf der 1947 im Tiroler Stams geborene Künstler bereits lange vor den Einwanderungswellen eine Installation, die zur international beachteten Metapher für die Migrationsprozesse unserer Zeit wurde und mit ethnopoetischen Bezügen weit darüber hinausführt.

Neugier war sein immer auf Hochtouren laufender Motor, betankt mit einer in ihm wohnenden Kraft, Dinge zu sehen und einzuordnen, wie sie einzigartig war. Weinberger war ein scheuer Mensch, und doch reflektierte er seine Sichtweisen aus der Natur auf das Verhalten der Gesellschaft vom Wirtshaus bis zum Parlament. Sein politisch-poetisches Vorgehen legte sich über 35 Jahre wie ein Netz über Randzonen aller Art. Es ging ihm um die Bedeutung von Veränderungen, die weder mit Profanem wie dem „Garten Eden“ zusammenhängen, noch auf ästhetische oder örtliche Kriterien festzulegen sind. Weinberger wurde zu einem Empfänger, Sender und Wanderer auf Wegen, die neue Maßstäbe und Blickwinkel ins Bewusstsein der Betrachter seiner Arbeit pflanzte.

Damit hat er die Welt der Kunst nachhaltig verändert. Nicht wenige sahen und sehen ihn als Visionär. Was das heißt? Er erkannte Dinge, die andere nicht sahen, und sei es nur eine „illegal eingewanderte“ Pflanze, die er in ein Objekt verwandelte. Seine Sichtweise auf die Dinge, die er in Zeichnungen, Skulpturen, Kunst im öffentlichen Raum, Notizen und Fotografien übersetzte, wird bleiben. Was mehr kann sich ein Visionär wünschen?

Lois Weinberger, der auch als Schauspieler in Christian Bergers Spielfilm „Raffl“ in der Hauptrolle zu sehen war, ist in der Nacht auf Dienstag (nicht an Covid) überraschend verstorben. Er lebte mit seiner Frau Franziska Weinberger in Wien, Gars am Kamp und Innsbruck. Wer sich auch akustisch an ihn erinnern mag, soll sich einen Song von John Prine anhören, der ihm vor gut zwei Wochen ins Elysium der Visionäre vorausging. Noch vor kurzem verriet der Künstler, wie sehr er ihn mochte. Mögen die beiden eine gute Zeit haben. Wie heißt ein Song von Prine? „Caravan of Fools“. Möge es doch mehr solcher wunderbarer Narren geben. Man möge diesen pathetischen Ausflug verzeihen. Lois Weinberger hätte er gefallen. Der Tod dieses Künstlers ist schwer zu fassen. So wie die Natur.

Profil

Publikationen

Bibliography monographical catalogues (selection):

2008 Vier5: Area II, Lentos Kunstmuseum Linz, Verlag für Moderne Kunst Nürnberg
2007 Philippe van Cauteren: Feldarbeit RLB Bank / Innsbruck University
2006 Eva Maria Stadler, Tom Trevor: Home Voodoo Arnolfini, Bristol
2005 Philippe van Cauteren, Ulrike Lindmayr, Dieter Roelstraete: S.M.A.K., Stedelijk Museum voor Actuele Kunst, Gent
2004 Henrik B. Andersen, Dieter Buchhart, Anna-Karina Hofbauer, Thorsten Sadowsky + Karsten Ohrt, Petra Schröck: Brandts Klaedefabrik, Odense
2004 Wir sind des Baumes müde... Kunstraum Dornbirn, Verlag für Moderne Kunst Nürnberg, Mai
2003 Stephan Berg, Andreas Baur: Kunstverein Hannover and Villa Merkel Esslingen, Hannover
2002 Annelie Pohlen, John Hutchinson, Silvia Eiblmayr: Bonner Kunstverein, Douglas Hyde Gallery Dublin and Galerie im Taxispalais Innsbruck, Vienna
2000 Catherine David, Rainer Fuchs, Lorand Hegyi, Wolfgang Kos, Ulrich Mellitzer, Stella Rollig, Sabine B. Vogel: Verlauf / Drift Museum Moderner Kunst Stiftung Ludwig Wien 20er Haus, Vienna
1997 Notizen aus dem Hortus, documenta X, Reihe Cantz
1995 Christoph Tannert: Künstlerhaus Bethanien, Wiener Secession, Berlin
1991 Hildegund Amanshauser: Biennale Sao Paulo

In nextroom dokumentiert:
Justizzentrum Leoben, BIG, Löcker Verlag

Veranstaltungen

Exhibitions, commissions, works in public space (selection):

2009 tranzit, Bratislava (solo); Ferne Nähe, Kunstmuseum Bonn; The Death of the Audience, Wiener Secession; False Twins, S.M.A.K., Gent; 89/09, Berlinische Galerie, Berlin; Green Archive, Triennale Museum Milan
2008 Square, New Office Building OMV, Vienna (henke & schreieck arch.) Lentos Kunstmuseum Linz (solo); Micro-narratives, Musée d’Art Moderne St. Etienne; observing beast, time, evolution, Kunstverein + Römer/Palizaeus Museum Hildesheim; 6. Biennial of Contemporary Art Gyumri, Armenia; Bat-Yam – Urban Action, Bat-Yam Biennial, Tel Aviv
2007 Shelter, Winery Hofstätter, Tramin (arch. Walter Angonese); Micro-narratives, 48th Oktober Salon, Belgrad; Black is Black, S.M.A.K., Gent; Kunsthalle + Kunstverein Giessen (solo); Silent Dialogue-Invisible Communication, NTT, ICC Intercommunacation Center, Tokyo; Garten Eden-Der Garten in der Kunst seit 1900, Kunsthalle Emden; Das Gartenarchiv. Der Garten in der Kunst, Belvedere Vienna
2006 Arnolfini, Bristol (solo); 4 Yards / 1 Bridge, New Prison West, Innsbruck (arch. Dieter Mathoi); Future Garden, Toyota Municipal Museum of Art, Toyota; We Humans are free, 21st Century Museum Contemporary Art, Kanazawa; Opera Austria, Centro per l’Arte Contemporanea Luigi Pecci, Prato; Martin Janda Gallery, Vienna (solo); Das Leben will leben – die Kunst der Weinberger, Film from Caspar Pfaundler 60’; Stage, celebration for Gert Jonke, AkademieTheater Vienna
2005 S.M.A.K., Stedelijk Museum voor Actuele Kunst, Gent (solo); 50 Jahre documenta, documenta Archive, Kassel; Involution, CAC Centre d’Art Contemporain, Btrétigny; Kennedy rondpunt – De Bolle, City project, Ostende –
2004 Kunsthallen Brandts Kleadefabrik, Odense (solo); Kunstraum Dornbirn (solo); HORTUS botany and empire, Liverpool Biennial; Roof top Garden, Library Cityhall, Vienna; 6 Yards New prison, Leoben (arch. Josef Hohensinn); Beeing the Future, Palast der Republik, Berlin
2003 Kunstverein Hannover (solo); Now What? Dreaming of a better world in six parts, BAC Utrecht; Villa Merkel Esslingen (solo); Quartier 21, Museums Quartier, Vienna (solo); Feldversuche Seegeniederung, Gartow; Unbuilt cities, Bonner Kunstverein –
2002 Galerie im Taxispalais, Innsbruck (solo); Douglas Hyde Gallery, Dublin (solo); Bonner Kunstverein (solo); Unexpected Selection, The Art Museum Miami; Garden, New Museum of Lower Austria, St. Pölten; Uncommon Denominator, Massachusetts Museum of Contemporary Art
2001 The Collection, Opening Exhibition MUMOK Vienna; Locus / Focus, Sonsbeek 9, Arnhem; The Waste Land, Atelier Augarten Belvedere Vienna; Sculpture Biennial Münsterland; Wir sind die Anderen, Museum MARTa Herford
2000 Drift, Museum Moderner Kunst Stiftung Ludwig Wien 20er Haus (solo); Freud Museum London (solo); Hier, Da und Dort, Kunst in Singen; Camden Arts Centre, London (solo); The Edge of the City, Spacex Gallery, Exeter (solo); Collection EVN, Belvedere Vienna; 1. International Biennial Buenos Aires; Epifanie, Parkabdij Heverlee, Leuven Belgium
1999 Empty Garden, WATARI-UM Museum of Contemporary Art Tokio (solo) Garden / a poetical fieldwork, New Social and Economic University, Innsbruck (henke & schreieck arch.); Zeitwenden, Kunstmuseum Bonn; Museum Moderner Kunst Stiftung Ludwig Wien 20erHaus; Natural Reality, Ludwig Forum, Aachen; Zoersel, Art in the Park, Antwerpen; 50 Jahre Kunst aus Mitteleuropa, Museum Moderner Kunst Stiftung Ludwig Wien; Ludwig Museum, Budapest; Fundació Miro, Barcelona; Hansard Gallery Southampton; National Gallery Prag
1998 HIRYIA-DUMP, Tel Aviv Museum of Art (1-year project); La Ville, Le Jardin, La Mémoire, Villa Medici, Rom; Dissin`the Real, Lombard/Freid Fine Arts, New York; Roof top Garden, WATARI-UM Museum of Contemporary Art, Tokyo; Sarajevo 2000, Museum Moderner Kunst Stiftung Ludwig Wien
1997 documenta X, Kassel; Austria im Rosennetz, MAK, Vienna; Kunsthaus Zürich; Engel:Engel, Kunsthalle Vienna; Alpenblick, Kunsthalle Vienna; Galerie König & Lettner, Vienna (solo)
1995 Wiener Secession (solo); Künstlerhaus Bethanien, Berlin (solo)
1993 De la mainá la téte, l’objet théorique, Domaine de Kerguehennec
1992 Kunstverein Salzburg (solo); Belden Buiten, Tielt, Belgium;
1991 Biennale Sao Paulo; Kunst Europa, Deichtorhallen Hamburg
1990 Neue Galerie Joanneum, Graz (solo); Musée d’Art et d’Histoire, Fribourg; E.A. Generali Foundation Collection, Secession Wien
1989 Kunst der letzten 10 Jahre, Museum Moderner Kunst Stiftung Ludwig Wien; Galerie Krinzinger, Vienna (solo)
1987 Galerie Museum, Bozen (solo); Galerie Altnöder, Salzburg (solo); Kleinplastik Biennale, Budapest
1986 De Skulptura, Wiener Festwochen, Messepalast Wien; Das Bild vom Ich, Art Basel; Neue Galerie Joanneum, Graz (solo) -
1985 Los Angeles Summer / Styrian Autumn, Municipal Art Gallery Los Angeles
1984 Neue Wege des plastischen Gestaltens in Österreich, Neue Galerie Joanneum, Graz; Secession Wien; Museum Bochum
1983 Galerie Krinzinger, Innsbruck (solo); Galerie nächst St. Stephan, Vienna (solo); Neue Skulptur, Galerie nächst St. Stephan, Vienna

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