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02. März 2017Wojciech Czaja
Der Standard

Der Nobelpreis der Architektur erfindet sich neu

Der Pritzker-Preis geht an das spanische Architekten-Trio Rafael Aranda, Carme Pigem und Ramon Vilalta

Der Pritzker-Preis geht an das spanische Architekten-Trio Rafael Aranda, Carme Pigem und Ramon Vilalta

Die Überraschung war groß. Zum dritten Mal in der Geschichte des Pritzker-Preises, der seit 1979 jährlich vergeben wird, wurde nicht eine Einzelperson, sondern ein Büro gewürdigt. Und zum allerersten Mal fällt der Lorbeer auf ein Trio: Rafael Aranda, Carme Pigem und Ramon Vilalta sitzen im 30.000-Einwohner-Städtchen Olot in den katalanischen Pyrenäen, irgendwo zwischen Andorra und Barcelona, in ihrem Büro RCR Arquitectes.

Auf den ersten Blick wirken die drei Gestalten, die sich bislang vor allem in der Fachwelt einen Namen gemacht haben, freundlich und unscheinbar. Doch die Projekte, die RCR – die Bürobezeichnung steht für die Vornamen – bislang realisiert hat, sind gewaltige, visuell und atmosphärisch beeindruckende Gratwanderungen zwischen Archaik, regionaler Verbundenheit und materieller Frechheit. Mal ducken sich die Bauten mit Stein und Stahl in das ländliche Katalonien, mal fallen die an Skulpturen erinnernden Baukörper nur durch ihre Glasflächen und Spiegelungen auf, dann wieder werden die Häuser mutig mit Kunststoff, recycelten Baustoffen und grellen Neonfarben collagiert. Die Kombinationsgabe schockiert.

Zu den bekanntesten Projekten der drei durchschnittlich 56-Jährigen zählen das Weingut Bell-Lloc in Palamós (2007), das hochelegante Senioren- und Bibliothekszentrum Sant Antoni in Barcelona (2007), der Kindergarten El Petit Comte in Besalú (2010), das Soulage Museum in Rodez (2014) sowie das Cuisine Art Center in Nègrepelisse (2014).

Für Furore sorgte vor allem das 2011 eröffnete Open-Air-Theater La Lira in Ripoll. Wie ein rostiges, dreigeschoßiges Skelett aus Corten-Stahl prangt der urbane Bühnenplatz rotzig und kompromisslos zwischen den Feuermauern und Wäscheleinen der angrenzenden Wohnhäuser.

Auch das Büro von RCR ist sehenswert, handelt es sich doch um eine revitalisierte Gießerei, die sogenannte Espai Barberí, im historischen Stadtzentrum von Olot. Da treffen kaputtes Mauerwerk und neuer Beton aufeinander, aus alten Innenhöfen sprießt ein urbaner Dschungel, eine meterlange Glasfassade wird vor kunstvoll ornamentierte gusseiserne Säulen gestellt. Allein für das Erlebnis dieser atemberaubend sakralen Räume möchte man im Sommer sofort als Volontär anheuern. Wie steht doch auf der Homepage von RCR geschrieben? „Univers de la creativitat compartida“ – Universum der gemeinsamen Kreativität.

Angst vor Werteverlust

„Wir leben in einer globalisierten Welt, in der wir auf internationale Geschäfte, Einflüsse und Diskussionen angewiesen sind“, heißt es im Statement der Jury unter Vorsitz des australischen Architekten und 2002-Pritzker-Preisträgers Glenn Murcutt. „Und immer mehr Menschen haben Angst vor genau dem, denn wir sind dabei, nach und nach unsere lokalen Werte zu verlieren. Rafael Aranda, Carme Pigem und Ramon Vilalta jedoch sagen uns mit ihrer Arbeit, dass man diese Gegensätze auch vereinen kann.“ Die von der Jury zitierte Schönheit und Poesie von RCR erschließt sich einem in jedem einzelnen, auch noch so kleinen Projekt.

Dass der mit 100.000 Dollar dotierte Preis heuer an eine gemischtgeschlechtliche Gruppe vergeben wird, ist wohl kein Zufall. Immer wieder wird die geldgebende Hyatt Foundation dafür kritisiert, Architektinnen zu ignorieren, meist nur Männer vor den Vorhang zu holen. Zaha Hadid (2004) und Kazuyo Sejima (2010) waren in 40 Jahren die einzigen Preisträgerinnen. Sogar die Nachnominierung einiger Frauen, die Seite an Seite mit ihren preisgekrönten Männern arbeiten, aber beim Pritzker-Preis leer ausgingen, wurde bereits diskutiert, von der Stiftung aber abgelehnt.

Vielleicht ist der wichtigste Preis, der als „Nobelpreis der Architektur“ bezeichnet wird, in der Gegenwart angekommen. Vergeben wird die Auszeichnung an Aranda, Pigem und Vilalta am 20. Mai im Akasaka-Palast in Tokio.

01. März 2017Tobias Bühlmann
Roman Hollenstein
Neue Zürcher Zeitung

Drei Spanier gewinnen renommierte Architekturauszeichnung

Der diesjährige Pritzker-Preis geht an die drei spanischen Architekten Rafael Aranda, Carme Pigem und Ramon Wilalta. Der Preis gilt als die prestigeträchtigste Auszeichnung für den Berufsstand.

Der diesjährige Pritzker-Preis geht an die drei spanischen Architekten Rafael Aranda, Carme Pigem und Ramon Wilalta. Der Preis gilt als die prestigeträchtigste Auszeichnung für den Berufsstand.

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01. März 2017Roman Hollenstein
Neue Zürcher Zeitung

Subtile Meisterwerke

Mit der Verleihung des Pritzkerpreises 2017 an Aranda Pigem Vilalta betont die Jury die Bedeutung der Gratwanderung zwischen regionalistischem Engagement und globalem Formverständnis.

Mit der Verleihung des Pritzkerpreises 2017 an Aranda Pigem Vilalta betont die Jury die Bedeutung der Gratwanderung zwischen regionalistischem Engagement und globalem Formverständnis.

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Profil

Auszeichnungen

2017 Pritzker Architecture Prize
2015 Médaille d’Or de l’Académie d’Architecture Française
2008-2014 Chevalier de l’Ordre des Arts et des Lettres de la République Française
2012 International Fellows by the Royal Institute of British Architects (RIBA)
2010 Honorary Fellows by the American Institute of Architecture (AIA)
2005 Premi Nacional de Cultura en Arquitectura de la Generalitat de Catalunya

In nextroom dokumentiert:
Mies van der Rohe Award 2009, Finalist, Library, Senior Citizens’ Centre and City Block Core Zone, Sant Antoni’s District

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