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24. Februar 2014Andreas Wolf
db

Kulturleistung

Auch die Planungs- und Bauzeit dieses Leipziger Großprojekts war von mehr oder minder berechtigten Einwänden begleitet. Lohnt sich die Aufwendung von 1 Mrd. Euro für eine hauptsächlich von Regionalbahnen genutzte Durchmesserlinie? Liegen die vier innerstädtischen Stationen nicht zu nah beieinander? In Sachen Gestaltung darf man jedoch zufrieden sein. Der architektonische Anspruch hat die 15 Jahre bis zur Einweihung überstanden und legt die Messlatte hoch für alle anstehenden Bauprojekte der Bahn.

Auch die Planungs- und Bauzeit dieses Leipziger Großprojekts war von mehr oder minder berechtigten Einwänden begleitet. Lohnt sich die Aufwendung von 1 Mrd. Euro für eine hauptsächlich von Regionalbahnen genutzte Durchmesserlinie? Liegen die vier innerstädtischen Stationen nicht zu nah beieinander? In Sachen Gestaltung darf man jedoch zufrieden sein. Der architektonische Anspruch hat die 15 Jahre bis zur Einweihung überstanden und legt die Messlatte hoch für alle anstehenden Bauprojekte der Bahn.

Für die Leipziger ist die Architektur ihres Hauptbahnhofs das urbane Maß der Dinge. Mit 300 m Länge deutlich zu groß für den vis-a-vis gelegenen Stadtkern dient er der Halbmillionenstadt als unzweifelhafter Beleg großstädtischer Bedeutung. Mit gespannter Skepsis wurde deshalb die zehnjährige Bauzeit des neuen Tiefbahnhofs samt City-Tunnel begleitet, der eine direkte Verbindung zum südlich gelegenen ehemaligen Bayerischen Bahnhof bietet. Nach seiner Inbetriebnahme im vergangenen Dezember zeigt sich nun, dass mit dem City-Tunnel nicht nur eine funktional wie räumlich überzeugende Optimierung des Hauptbahnhofs, sondern mit den Stationen Markt, Wilhelm-Leuschner-Platz und Bayerischer Bahnhof beeindruckende neue Entrees zur Leipziger Innenstadt gelungen sind.

Rückblickend wirkt alles ganz reibungslos: Ein Planfeststellungsverfahren ohne Wutbürger und gerichtliche Auseinandersetzungen – heute undenkbar – war in den frühen Nachwendejahren Ostdeutschlands durchaus üblich. Zudem blieb das zu D-Mark-Zeiten schon als »Milliardenprojekt« bezeichnete Vorhaben noch knapp im dreistelligen Millionenbereich – nun allerdings in Euro. Dass die Stadt an der veritablen Kostensteigerung von ca. 400 Mio. Euro gar nicht und an den Gesamtkosten nur im Promillebereich beteiligt war, kommt dabei dem Selbstverständnis der gewitzten Westsachsen durchaus entgegen.

In diesem positiven Gesamtbild treten die krisenhaften Momente inkompetenter Geschäftsführung und Kostenkontrolle in den Hintergrund und verblassen gar vor der Präsenz des realisierten Ingenieurbauwerks, das nicht nur in Zahlen und Fakten, sondern v. a. auch räumlich zu überzeugen weiß. Denn Schildvortrieb und offene Schachtung, Deckel- und Sohle-Wand-System, Aussteifung und Verankerung variierten nicht nur in der komplexen ingenieurtechnischen Umsetzung, sondern zeigen sich auch im fertigen Bauwerk als unmittelbar Raum und Form bildende Größen. Kreisprofil und eleganter Schwung der Tunnelröhren kontrastieren mit voluminösen Stationshallen, gedrungene Durchgänge mit einladenden Lichthöfen. Zudem bedingt die beträchtliche Tunneltieflage von 20 m lichte Raumhöhen von über 15 m und ermöglicht quasi sakrale Gebäudequerschnitte.

Schwer zu sagen, wo genau Einfluss und Gestaltungskompetenz der baubeteiligten vier Architekturbüros begannen, denen die als »Innenausbau« bezeichnete Gestaltung der Haltepunkte oblag. Eine angesichts ihrer öffentlichen Präsenz und Sichtbarkeit interessante Bauaufgabe, die bereits 1997 im Rahmen eines eingeladenen Ideenwettbewerbs ausgelobt wurde. Dabei sollte die Einzelvergabe der Haltestellengestaltung den technisch-anonymen Charakter einer reinen Verkehrsinfrastruktur verhindern und zur Ausbildung identifizierbarer Orte führen. Fast plakativ unterscheiden sich nun die realisierten Stationen in formaler Handschrift und Materialität, wobei die 16 Jahre zwischen Entwurf und Realisierung deutlich werden: Eine Fahrt durch den neuen Leipziger City-Tunnel ist – auch – eine Architekturreise durch die 90er Jahre.

Gravitätisch

Hentrich, Petschnigg & Partner HPP verpflichten sich der Aufgabe, den neuen »Hauptbahnhof tief« auszubauen und in das historische Bestandsgebäude einzubinden. Plausibel greifen sie hierzu das formale Repertoire des in früheren Jahren ebenfalls von HPP unter dem Querbahnsteig realisierten Einkaufszentrums »Promenaden« auf und arbeiten wieder mit einer großformatigen Öffnung der Bahnsteigebene. Dieser typologisch etwas unscharf »Atrium« genannte Bereich übernimmt mit Rolltreppen und Aufzug die Haupterschließung und lässt großzügig Tageslicht und Sichtbeziehungen zu. Während die leichte Böschung der Wände eine gelungene Geste zur Dramatisierung des tiefen Einschnitts ist, bleibt das Verhältnis zur historischen Bahnhofshalle ungeklärt. Besonders fraglich erscheint der gläserne Aufzugsturm, der den an sich reduzierten Eingriff in das Baudenkmal konterkariert und nun als unbedeutende Vertikale in das monumentale Hallenjoch ragt. Statt eines Auftakts stellt sich hier ein Gefühl unschöner Leere ein.

Auf der unteren Bahnhofsebene setzen dickleibige Säulen die schwere Tektonik des Atriums fort. Diesem postmodernen Ansatz entspricht die horizontal gestreifte Wandbekleidung aus Kalkstein, der polierte Kanneluren aufweist und mit hellbraunen Acrylfugen sowie hohen Edelstahlfußleisten verbaut ist. Der südliche Bereich des in seiner Länge für ICE-Züge tauglichen Bahnsteigs erstreckt sich unter dem Bahnhofsgebäude hindurch bis in die vorgelagerten Verkehrsflächen. Diesem statisch wie funktional schwierigen Bauraum sind die hier niedrigen und weitgehend unbelichteten Erschließungsbereiche geschuldet, deren komplexe Höhenentwicklung und Wegeführung sich dem Passanten zwar nicht leicht erschließen, aber immerhin kürzeste Verbindungswege zu Straßenbahn und Innenstadt leisten.

db, Mo., 2014.02.24



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db 2014|01-02 Ankommen Abfahren

05. Februar 2001Andreas Wolf
ORF.at

Neuer Anlauf

Andreas Wolf hat mit dem Linzer Kulturstadtrat Reinhard Dyk über die Bewerbung von Linz als Europäische Kulturhauptstadt gesprochen.

Andreas Wolf hat mit dem Linzer Kulturstadtrat Reinhard Dyk über die Bewerbung von Linz als Europäische Kulturhauptstadt gesprochen.

Die Fundamente der Schautafel wurden inzwischen gesprengt. Zweieinhalb Monate nach dem eindeutigen Nein der oberösterreichischen Bevölkerung zum Neubau des Linzer Musiktheaters ist es still um das Projekt geworden. Doch nun will Linz Europäische Kulturhauptstadt 2009 werden. Bis dahin wird mit hoher Wahrscheinlichkeit ein neues Musiktheater gebaut.

ON Kultur: In den vergangenen Jahren hat Linz einen Imagewechsel vollzogen. Weg von der Stahlstadt hin zur Kulturstadt. Ist dieses Image durch den negativen Ausgang der Volksbefragung gefährdet?

Reinhard Dyk: Das glaube ich überhaupt nicht. In nächster Zeit wird eine Entscheidung über einen Neubau oder Zubau zum alten Landestheater weiter diskutiert werden. Der Gemeinderat hat sich mit der neuen Situation befasst. Dort wurde die Auffassung vertreten, dass wir mit dem Land Oberösterreich eine neue Lösung suchen werden. Entweder eine Erweiterung des alten Landestheaters oder einen Neubau.

Es gibt auch schon Vorschläge. Ein Neubau zwischen dem in Bau befindlichen Kunstmuseum Lentos und dem Brucknerhaus ist beispielsweise im Gespräch. Das würde die Idee der Kunstmeile an der Donau weiterführen Fest steht, dass wir ein neues leistungsfähiges Landestheater brauchen, damit wir auf hohem Niveau Produktionen im Schauspiel und Musikbereich durchführen können. Die Besucherzahlen steigen im zweistelligen Prozentbereich. Das ist ein Beweis, dass das Theater nicht tot ist.

ON Kultur: Schielt man da schon auf die Bewerbung als Europäische Kulturhauptstadt?

Reinhard Dyk: Wir streben es an, Europäische Kulturhauptstadt zu werden. Da brauchen wir ein neues Landestheater genauso wie ein neues Kunstmuseum, das ja zur Zeit gebaut wird.

On Kultur: Wie realistisch ist es, dass Linz „Europäische Kulturhauptstadt“ wird?

Reinhard Dyk: Das ist sehr realistisch. Wir haben unsere Bewerbung schon bei der Bundesregierung abgegeben. Die EU hat einen neuen Vergabemodus. Wir müssen da keine internationale Konkurrenz befürchten. Die Diskussion spielt sich nur innerösterreichisch ab. Unsere Konkurrenten sind die anderen Landeshauptstädte, wobei nur Salzburg ein ernst zu nehmender Konkurrent ist. Salzburg möchte aber schon 2006 aus Anlass des Mozartjahres Europäische Kulturhauptstadt werden. Wegen des europäischen Fahrplanes geht das aber nicht. Salzburg wird also aller Voraussicht nach ausscheiden. Linz müsste deshalb zum Zug kommen. Wir haben kulturpolitisch schon so viel Selbstbewusstsein, dass wir das Projekt in den nächsten Jahren aufbereiten werden. Wir besuchen in der Zwischenzeit alle anderen Kulturhauptstädte. Dort knüpfen wir Kontakte und wollen in den Kulturhauptstädten auch als Kulturstadt präsent sein. Zum Beispiel sind wir in Rotterdam mit einer Installation des Ars Electronica Center vertreten.

ON Kultur: Besteht nicht die Gefahr, dass das Musiktheater erneut zu Fall gebracht wird?

Reinhard Dyk: Diese Gefahr sehe ich nur begrenzt. Denn die Mitglieder der Landesregierung sind sich dessen bewusst, dass eine neue Lösung nur im großen Konsens stattfinden kann. Also auch unter Einbeziehung der FPÖ, die das Volksbegehren initiiert hat. Das wird schwierig, aber unmöglich ist das nicht. Vorausgesetzt wir diskutieren sachlich und halten die Politik raus. Nur so gibt es große Chancen, dass wir 2009 über ein neues Haus verfügen.

ON Kultur: Wie steht die FPÖ zur Idee, dass Linz Kulturhauptstadt wird?

Reinhard Dyk: Ich sehe keinen Wiederspruch. Kulturhauptstadt ist auch ein Ziel, das wir im Kulturentwicklungsplan formuliert haben, und dieses Ziel blieb auch von der FPÖ unbeeinsprucht.

ON Kultur: Beim Neubau der Neuen Galerie der Stadt Linz wird ein für Österreich bisher einmaliges Finanzierungsmodell erprobt. Neben der öffentlichen Hand beteiligen sich auch Privatpersonen an der Finanzierung. Wie läuft die Aktion?

Reinhard Dyk: Uns ist es gelungen, eine große Anzahl von Sponsoren aus der Linzer Wirtschaft zu gewinnen. Wir haben von dieser Seite bereits an die 40 Millionen Schilling bekommen. Diese Firmen werden auf einer Ehrentafel im Linzer Museum verzeichnet. Sie haben dann natürlich auch die Möglichkeit, das Haus für sich zu nützen. Hier gibt die Linzer Wirtschaft ein großes Bekenntnis zum Kultur- und Wirtschaftsstandort der Stadt ab.

Zusätzlich haben wir eine Bausteinaktion ins Leben gerufen. Man kann einen Baustein in der Form des „Lentos“-Museums erhalten, wenn man 5.000 Schilling für das Museum spendet. Durch diese Aktion haben wir bereits über eine Million Schilling für das neue Museum erwirkt. Als dritte Aktion haben wir ein begünstigtes Jahresabonnement für alle, die einen kleinen Baustein im Wert von 500 Schilling erwerben

ON Kultur: Gab es für diese Bausteinaktion internationale Vorbilder?

Reinhard Dyk: Ich habe das schon in Schweden gesehen, bei der Errichtung des Musiktheaters in Göteborg. Dort haben auch die Firmen und die Bevölkerung mitgemacht. Wenn man für eine öffentliche Kultureinrichtung Beiträge erbringt, so ist das für jeden steuerlich begünstigt und das sollte auch bei uns ein Anreiz sein, sich an den Bausteinaktionen zu beteiligen.

ORF.at, Mo., 2001.02.05

Presseschau 12

24. Februar 2014Andreas Wolf
db

Kulturleistung

Auch die Planungs- und Bauzeit dieses Leipziger Großprojekts war von mehr oder minder berechtigten Einwänden begleitet. Lohnt sich die Aufwendung von 1 Mrd. Euro für eine hauptsächlich von Regionalbahnen genutzte Durchmesserlinie? Liegen die vier innerstädtischen Stationen nicht zu nah beieinander? In Sachen Gestaltung darf man jedoch zufrieden sein. Der architektonische Anspruch hat die 15 Jahre bis zur Einweihung überstanden und legt die Messlatte hoch für alle anstehenden Bauprojekte der Bahn.

Auch die Planungs- und Bauzeit dieses Leipziger Großprojekts war von mehr oder minder berechtigten Einwänden begleitet. Lohnt sich die Aufwendung von 1 Mrd. Euro für eine hauptsächlich von Regionalbahnen genutzte Durchmesserlinie? Liegen die vier innerstädtischen Stationen nicht zu nah beieinander? In Sachen Gestaltung darf man jedoch zufrieden sein. Der architektonische Anspruch hat die 15 Jahre bis zur Einweihung überstanden und legt die Messlatte hoch für alle anstehenden Bauprojekte der Bahn.

Für die Leipziger ist die Architektur ihres Hauptbahnhofs das urbane Maß der Dinge. Mit 300 m Länge deutlich zu groß für den vis-a-vis gelegenen Stadtkern dient er der Halbmillionenstadt als unzweifelhafter Beleg großstädtischer Bedeutung. Mit gespannter Skepsis wurde deshalb die zehnjährige Bauzeit des neuen Tiefbahnhofs samt City-Tunnel begleitet, der eine direkte Verbindung zum südlich gelegenen ehemaligen Bayerischen Bahnhof bietet. Nach seiner Inbetriebnahme im vergangenen Dezember zeigt sich nun, dass mit dem City-Tunnel nicht nur eine funktional wie räumlich überzeugende Optimierung des Hauptbahnhofs, sondern mit den Stationen Markt, Wilhelm-Leuschner-Platz und Bayerischer Bahnhof beeindruckende neue Entrees zur Leipziger Innenstadt gelungen sind.

Rückblickend wirkt alles ganz reibungslos: Ein Planfeststellungsverfahren ohne Wutbürger und gerichtliche Auseinandersetzungen – heute undenkbar – war in den frühen Nachwendejahren Ostdeutschlands durchaus üblich. Zudem blieb das zu D-Mark-Zeiten schon als »Milliardenprojekt« bezeichnete Vorhaben noch knapp im dreistelligen Millionenbereich – nun allerdings in Euro. Dass die Stadt an der veritablen Kostensteigerung von ca. 400 Mio. Euro gar nicht und an den Gesamtkosten nur im Promillebereich beteiligt war, kommt dabei dem Selbstverständnis der gewitzten Westsachsen durchaus entgegen.

In diesem positiven Gesamtbild treten die krisenhaften Momente inkompetenter Geschäftsführung und Kostenkontrolle in den Hintergrund und verblassen gar vor der Präsenz des realisierten Ingenieurbauwerks, das nicht nur in Zahlen und Fakten, sondern v. a. auch räumlich zu überzeugen weiß. Denn Schildvortrieb und offene Schachtung, Deckel- und Sohle-Wand-System, Aussteifung und Verankerung variierten nicht nur in der komplexen ingenieurtechnischen Umsetzung, sondern zeigen sich auch im fertigen Bauwerk als unmittelbar Raum und Form bildende Größen. Kreisprofil und eleganter Schwung der Tunnelröhren kontrastieren mit voluminösen Stationshallen, gedrungene Durchgänge mit einladenden Lichthöfen. Zudem bedingt die beträchtliche Tunneltieflage von 20 m lichte Raumhöhen von über 15 m und ermöglicht quasi sakrale Gebäudequerschnitte.

Schwer zu sagen, wo genau Einfluss und Gestaltungskompetenz der baubeteiligten vier Architekturbüros begannen, denen die als »Innenausbau« bezeichnete Gestaltung der Haltepunkte oblag. Eine angesichts ihrer öffentlichen Präsenz und Sichtbarkeit interessante Bauaufgabe, die bereits 1997 im Rahmen eines eingeladenen Ideenwettbewerbs ausgelobt wurde. Dabei sollte die Einzelvergabe der Haltestellengestaltung den technisch-anonymen Charakter einer reinen Verkehrsinfrastruktur verhindern und zur Ausbildung identifizierbarer Orte führen. Fast plakativ unterscheiden sich nun die realisierten Stationen in formaler Handschrift und Materialität, wobei die 16 Jahre zwischen Entwurf und Realisierung deutlich werden: Eine Fahrt durch den neuen Leipziger City-Tunnel ist – auch – eine Architekturreise durch die 90er Jahre.

Gravitätisch

Hentrich, Petschnigg & Partner HPP verpflichten sich der Aufgabe, den neuen »Hauptbahnhof tief« auszubauen und in das historische Bestandsgebäude einzubinden. Plausibel greifen sie hierzu das formale Repertoire des in früheren Jahren ebenfalls von HPP unter dem Querbahnsteig realisierten Einkaufszentrums »Promenaden« auf und arbeiten wieder mit einer großformatigen Öffnung der Bahnsteigebene. Dieser typologisch etwas unscharf »Atrium« genannte Bereich übernimmt mit Rolltreppen und Aufzug die Haupterschließung und lässt großzügig Tageslicht und Sichtbeziehungen zu. Während die leichte Böschung der Wände eine gelungene Geste zur Dramatisierung des tiefen Einschnitts ist, bleibt das Verhältnis zur historischen Bahnhofshalle ungeklärt. Besonders fraglich erscheint der gläserne Aufzugsturm, der den an sich reduzierten Eingriff in das Baudenkmal konterkariert und nun als unbedeutende Vertikale in das monumentale Hallenjoch ragt. Statt eines Auftakts stellt sich hier ein Gefühl unschöner Leere ein.

Auf der unteren Bahnhofsebene setzen dickleibige Säulen die schwere Tektonik des Atriums fort. Diesem postmodernen Ansatz entspricht die horizontal gestreifte Wandbekleidung aus Kalkstein, der polierte Kanneluren aufweist und mit hellbraunen Acrylfugen sowie hohen Edelstahlfußleisten verbaut ist. Der südliche Bereich des in seiner Länge für ICE-Züge tauglichen Bahnsteigs erstreckt sich unter dem Bahnhofsgebäude hindurch bis in die vorgelagerten Verkehrsflächen. Diesem statisch wie funktional schwierigen Bauraum sind die hier niedrigen und weitgehend unbelichteten Erschließungsbereiche geschuldet, deren komplexe Höhenentwicklung und Wegeführung sich dem Passanten zwar nicht leicht erschließen, aber immerhin kürzeste Verbindungswege zu Straßenbahn und Innenstadt leisten.

db, Mo., 2014.02.24



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db 2014|01-02 Ankommen Abfahren

05. Februar 2001Andreas Wolf
ORF.at

Neuer Anlauf

Andreas Wolf hat mit dem Linzer Kulturstadtrat Reinhard Dyk über die Bewerbung von Linz als Europäische Kulturhauptstadt gesprochen.

Andreas Wolf hat mit dem Linzer Kulturstadtrat Reinhard Dyk über die Bewerbung von Linz als Europäische Kulturhauptstadt gesprochen.

Die Fundamente der Schautafel wurden inzwischen gesprengt. Zweieinhalb Monate nach dem eindeutigen Nein der oberösterreichischen Bevölkerung zum Neubau des Linzer Musiktheaters ist es still um das Projekt geworden. Doch nun will Linz Europäische Kulturhauptstadt 2009 werden. Bis dahin wird mit hoher Wahrscheinlichkeit ein neues Musiktheater gebaut.

ON Kultur: In den vergangenen Jahren hat Linz einen Imagewechsel vollzogen. Weg von der Stahlstadt hin zur Kulturstadt. Ist dieses Image durch den negativen Ausgang der Volksbefragung gefährdet?

Reinhard Dyk: Das glaube ich überhaupt nicht. In nächster Zeit wird eine Entscheidung über einen Neubau oder Zubau zum alten Landestheater weiter diskutiert werden. Der Gemeinderat hat sich mit der neuen Situation befasst. Dort wurde die Auffassung vertreten, dass wir mit dem Land Oberösterreich eine neue Lösung suchen werden. Entweder eine Erweiterung des alten Landestheaters oder einen Neubau.

Es gibt auch schon Vorschläge. Ein Neubau zwischen dem in Bau befindlichen Kunstmuseum Lentos und dem Brucknerhaus ist beispielsweise im Gespräch. Das würde die Idee der Kunstmeile an der Donau weiterführen Fest steht, dass wir ein neues leistungsfähiges Landestheater brauchen, damit wir auf hohem Niveau Produktionen im Schauspiel und Musikbereich durchführen können. Die Besucherzahlen steigen im zweistelligen Prozentbereich. Das ist ein Beweis, dass das Theater nicht tot ist.

ON Kultur: Schielt man da schon auf die Bewerbung als Europäische Kulturhauptstadt?

Reinhard Dyk: Wir streben es an, Europäische Kulturhauptstadt zu werden. Da brauchen wir ein neues Landestheater genauso wie ein neues Kunstmuseum, das ja zur Zeit gebaut wird.

On Kultur: Wie realistisch ist es, dass Linz „Europäische Kulturhauptstadt“ wird?

Reinhard Dyk: Das ist sehr realistisch. Wir haben unsere Bewerbung schon bei der Bundesregierung abgegeben. Die EU hat einen neuen Vergabemodus. Wir müssen da keine internationale Konkurrenz befürchten. Die Diskussion spielt sich nur innerösterreichisch ab. Unsere Konkurrenten sind die anderen Landeshauptstädte, wobei nur Salzburg ein ernst zu nehmender Konkurrent ist. Salzburg möchte aber schon 2006 aus Anlass des Mozartjahres Europäische Kulturhauptstadt werden. Wegen des europäischen Fahrplanes geht das aber nicht. Salzburg wird also aller Voraussicht nach ausscheiden. Linz müsste deshalb zum Zug kommen. Wir haben kulturpolitisch schon so viel Selbstbewusstsein, dass wir das Projekt in den nächsten Jahren aufbereiten werden. Wir besuchen in der Zwischenzeit alle anderen Kulturhauptstädte. Dort knüpfen wir Kontakte und wollen in den Kulturhauptstädten auch als Kulturstadt präsent sein. Zum Beispiel sind wir in Rotterdam mit einer Installation des Ars Electronica Center vertreten.

ON Kultur: Besteht nicht die Gefahr, dass das Musiktheater erneut zu Fall gebracht wird?

Reinhard Dyk: Diese Gefahr sehe ich nur begrenzt. Denn die Mitglieder der Landesregierung sind sich dessen bewusst, dass eine neue Lösung nur im großen Konsens stattfinden kann. Also auch unter Einbeziehung der FPÖ, die das Volksbegehren initiiert hat. Das wird schwierig, aber unmöglich ist das nicht. Vorausgesetzt wir diskutieren sachlich und halten die Politik raus. Nur so gibt es große Chancen, dass wir 2009 über ein neues Haus verfügen.

ON Kultur: Wie steht die FPÖ zur Idee, dass Linz Kulturhauptstadt wird?

Reinhard Dyk: Ich sehe keinen Wiederspruch. Kulturhauptstadt ist auch ein Ziel, das wir im Kulturentwicklungsplan formuliert haben, und dieses Ziel blieb auch von der FPÖ unbeeinsprucht.

ON Kultur: Beim Neubau der Neuen Galerie der Stadt Linz wird ein für Österreich bisher einmaliges Finanzierungsmodell erprobt. Neben der öffentlichen Hand beteiligen sich auch Privatpersonen an der Finanzierung. Wie läuft die Aktion?

Reinhard Dyk: Uns ist es gelungen, eine große Anzahl von Sponsoren aus der Linzer Wirtschaft zu gewinnen. Wir haben von dieser Seite bereits an die 40 Millionen Schilling bekommen. Diese Firmen werden auf einer Ehrentafel im Linzer Museum verzeichnet. Sie haben dann natürlich auch die Möglichkeit, das Haus für sich zu nützen. Hier gibt die Linzer Wirtschaft ein großes Bekenntnis zum Kultur- und Wirtschaftsstandort der Stadt ab.

Zusätzlich haben wir eine Bausteinaktion ins Leben gerufen. Man kann einen Baustein in der Form des „Lentos“-Museums erhalten, wenn man 5.000 Schilling für das Museum spendet. Durch diese Aktion haben wir bereits über eine Million Schilling für das neue Museum erwirkt. Als dritte Aktion haben wir ein begünstigtes Jahresabonnement für alle, die einen kleinen Baustein im Wert von 500 Schilling erwerben

ON Kultur: Gab es für diese Bausteinaktion internationale Vorbilder?

Reinhard Dyk: Ich habe das schon in Schweden gesehen, bei der Errichtung des Musiktheaters in Göteborg. Dort haben auch die Firmen und die Bevölkerung mitgemacht. Wenn man für eine öffentliche Kultureinrichtung Beiträge erbringt, so ist das für jeden steuerlich begünstigt und das sollte auch bei uns ein Anreiz sein, sich an den Bausteinaktionen zu beteiligen.

ORF.at, Mo., 2001.02.05

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