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08. Februar 2013Daniel Meyer
Philippe Willareth
TEC21

Oberlicht neu gefaltet

Die Decke der Schwimmhalle im Hallenbad City in Zürich ist für die Bade­gäste wieder in ihrem ursprünglichen Erscheinungsbild erlebbar. Das Glasoberlicht, das die Atmosphäre und Ausstrahlung der lichten, grosszügigen Schwimmhalle betont, wurde neu konstruiert. Das Projektteam, ernst niklaus fausch architekten mit dem Ingenieurbureau Heierli und Dr. Lüchinger   Meyer Bauingenieure AG (Glasstatik) und BWS Bau­physik AG, orientierte sich zwar an der ursprünglichen Ausführung von 1941, nutzt jedoch die Möglichkeiten der heutigen Glastechnik.

Die Decke der Schwimmhalle im Hallenbad City in Zürich ist für die Bade­gäste wieder in ihrem ursprünglichen Erscheinungsbild erlebbar. Das Glasoberlicht, das die Atmosphäre und Ausstrahlung der lichten, grosszügigen Schwimmhalle betont, wurde neu konstruiert. Das Projektteam, ernst niklaus fausch architekten mit dem Ingenieurbureau Heierli und Dr. Lüchinger   Meyer Bauingenieure AG (Glasstatik) und BWS Bau­physik AG, orientierte sich zwar an der ursprünglichen Ausführung von 1941, nutzt jedoch die Möglichkeiten der heutigen Glastechnik.

War das originale Oberlicht streng symmetrisch aufgebaut, so hat das neue – eine Glasfaltdecke – ein eigenes Thema erhalten: Die Neigung der Elemente zu den Rändern hin erzeugt eine leichte Wellenbewegung, die die Schwimmenden vom Becken aus wahrnehmen können. Während beim Original die strenge Symmetrie durch die mittige Anordnung des Sprungturms betont war, verweist das neue Oberlicht mit der Bewegung der Glaselemente auf die grosszügige Schwimmhalle.

Auch beim bauphysikalischen Konzept beziehen sich die Planenden auf das Original: Die obere Verglasung übernimmt den Witterungs- und Wärmeschutz, die untere den Feuchteschutz für das Dachtragwerk. Das Originaldach im denkmalgeschützten Hallenbad war ­ursprünglich eine dreischalige Dachkonstruktion, die die den Feuchte-, Wärme- und Witterungsschutz auf drei Schichten verteilt. Im Mittelbereich über dem Becken waren zwischen den Untergurten der Fachwerkbinder Glasoberlichter eingesetzt: auf dem Obergurt der Fachwerkbinder lagen Doppelverglasungsfenster, die unten mit einem Maschengitter ­gesichert waren. Der zentrale Dachraum war beheizt, und auf den Hauptbindern war das äussere, als Wetterschutz konzipierte Oberlicht aufgeständert. Bei den als Kaltdach aus­geführten Seitenbereichen dagegen war in der Untergurtebene eine Stahlbetondecke ­integriert mit einer etwa 8 cm dicke Dämmschicht aus zementgebundenem Korkschrot.

Schon vor den Erneuerungsmassnahmen Ende der 1970er-Jahre (vgl. «Original im Wesen, nicht in der Substanz», S. 28) hat man das Oberlicht verschlossen. Im Zuge des 1978 ­folgenden Umbaus, der im Zeichen der Ölkrise stand und wärmetechnische Instandsetzungsmassnahmen erforderte, wurde dann eine ­abgehängte Akustikdecke und eine offen geführte Abluftanlage eingebaut. Eine Blech­eindeckung ersetzte das äussere Oberlicht, sodass der zentrale Dachraum als Kaltdach fungierte. Die zwischen den Untergurten liegende Verglasung ersetzte man durch eine Holzschalung mit aufgelegter Wärmedämmung. Dabei wurde der Wärme- mit dem Feuchteschutz kombiniert, was Korrosionsrisiken für das Stahlfachwerk zur Folge hatte, da der untere Flansch im beheizten Hallenbereich lag.

Im Rahmen der Erneuerungsarbeiten rekonstruierten die Planenden das ursprüngliche Erscheinungsbild der Schwimmhalle mit Oberlicht, passten Entwurf und Konstruktion jedoch den heutigen Rahmenbedingungen an. Dafür sprachen nicht nur architektonische und denkmalpflegerische Aspekte, sondern auch das bauphysikalische Konzept.

Licht, Wärmegewinn und eine bessere Raumakustik

Die neue Dreifach-Isolierverglasung auf den Bindern übernimmt den Wärme- und Witterungsschutz. Zur Vermeidung einer zu starken Überhitzung im Sommer lassen sich einzelne Scheiben der Oberlichtverglasung öffnen. Die Simulation der Temperaturen im Dachhohlraum ergab zudem, dass dieser mit dem neuen Aufbau nicht mehr beheizt werden muss, um Kondenswasserbildung an der Verglasung und Korrosion an der Metallkonstruktion zu verhindern. Die ursprünglich als Kaltdach konzipierten Seitenbereiche sind neu als Warmdach gestaltet: Das Dach ist von innen zwischen den Sparren kompakt gedämmt. Dadurch liegt die Stahlfachwerkkonstruktion vollständig im beheizten Bereich. Die neue Glasfaltdecke im Untergurt schützt die Dachkonstruktion vor der hohen Raumluftfeuchte in der Schwimmhalle. Zudem verbessert sie die ursprünglich vorhandene raumakustische Wirkung, denn das gefaltete Oberlicht reflektiert die ankommenden Schallwellen nicht direkt, sondern streut sie in alle Richtungen.

Dem Thaleskreis folgend

Bereits im Vorfeld der Planungsarbeiten für das neue Glasoberlicht wurde die Stahlkon­struk­­tion über der Schwimmhalle statisch überprüft. Dabei wiesen die Bauingenieure von Heierli nach, dass ihre Tragsicherheit und Gebrauchstauglichkeit nach wie vor erfüllt ist. Verstärkungsmassnahmen waren somit nicht erforderlich, allerdings durfte die neue Glaskonstruktion keine Mehrlasten verursachen. ernst niklaus fausch architekten und Dr. Lüchinger  Meyer Bauingenieure AG entwickelten das neue Oberlicht in Anlehnung an das originale ­Erscheinungsbild, passten die ursprünglich symmetrische Geometrie aber an. Waren die Glaselemente im Dachquerschnitt ehemals gleichschenklige Dreiecke, so setzten die ­Planenden nun Glaselemente ein, deren Dreiecksformen unterschiedliche Schenkellängen aufweisen: Von der Mittelachse der Halle neigen sie sich in sechs Teilschritten zu den ­Beckenenden hin. Die Spitze des Dreiecks folgt dabei einem definierten geometrischen Ort: Sie liegt auf dem Thaleskreis (Abb. 05). Aufgrund dieser Konstruktionsorgani­sation bleibt der 90 °-Winkel im Scheitelpunkt für alle aufgefalteten Glaselemente erhalten. Dies macht zusammen mit der Bildung von sechs Konstruktionstypen die Fertigung und Montage ­effizienter, zudem kann das eigens entwickelte Auflagerprofil bei allen Elemente verwendet werden, auch wenn sich deren Scheitelpunkte von Element zu Element verlagern (Abb. 04).

Rahmenlose Ecke und einlaminiertes Metall

Diese Anpassungen wurden erforderlich, weil die Auflagerprofile der ursprünglichen Kon­struktion, einzelne, geneigte, liniengelagerte Glasscheiben, nicht vollständig erhalten waren. Beim Rückbau entfernte man an den Hochpunkten der Gläser die Auflagerprofile. Jene an den Tiefpunkten wurden für die eingesetzte Holzschalung genutzt. Sie sind erhalten, lassen allerdings keine genügende horizontale Lastabtragung zu. Das reduzierte Auflagersystem veränderte die Rahmenbedingungen für die neue Glasfaltdecke grundlegend. Die Eckverbinder an den Scheitelpunkten der Gläser mussten biegesteif und dennoch «unsichtbar» sein, um den ästhetischen Anforderungen zu genügen. Die Glasstatiker entwickelten dafür neue Eckverbinder. Bei diesen sind Metallstreifen in die Zwischenschicht im Verbundsicherheitsglas (dem sogenannten Interlayer) einlaminiert. Sie koppeln so die (laminierten) Glasscheiben. Dabei wird der Interlayer als Verankerungszone aktiviert. Um eine mög­lichst transluzente Projektionsfläche zu erzielen, sind die Streifen perforiert (Abb. 06). Sie wurden nach dem Laminierungsprozess gekantet, formen so die dreidimensionalen Glasfalt­elemente und gewährleisten eine biegesteife Eckverbindung. Mit der entsprechenden ­Distanz des Betrachters sind sie im Verbundsicherheitsglas nicht mehr sichtbar. Die kleinmassstäbliche Veränderung der Glaselementgeometrie hingegen nimmt der Badegast wahr. So erscheint das Oberlicht vom Becken aus gesehen nicht plan und transparent, ­sondern als transluzente, dreidimensional strukturierte Fläche.

TEC21, Fr., 2013.02.08



verknüpfte Zeitschriften
TEC21 2013|07-08 Hallenbad City Zürich

Tragfähig

Die Nachfrage und die Forderung nach mehr Transparenz bei Bauprojekten steigen von Jahr zu Jahr. Isolierglasfenster nehmen beeindruckend grosse Abmessungen an, vollflächig aus Glas verkleidete Doppelhautfassaden öffnen die Sicht auf das Innenleben eines Gebäudes und präsentieren dessen Tragkonstruktion. Sichtverdeckend störende Pfosten und Balken werden durch transparente Glasschwerter ersetzt. Glas dient nicht mehr nur als durchsichtige Raumtrennung, es übernimmt tragende Funktionen. Das Kompetenzzentrum Fassaden- und Metallbau an der Hochschule für Technik und Architektur in Horw beschäftigt sich seit längerem intensiv mit dem Thema des tragenden Glases. Dabei stehen vor allem die Erforschung der Trag- und Konstruktionsweisen im Vordergrund.

Die Nachfrage und die Forderung nach mehr Transparenz bei Bauprojekten steigen von Jahr zu Jahr. Isolierglasfenster nehmen beeindruckend grosse Abmessungen an, vollflächig aus Glas verkleidete Doppelhautfassaden öffnen die Sicht auf das Innenleben eines Gebäudes und präsentieren dessen Tragkonstruktion. Sichtverdeckend störende Pfosten und Balken werden durch transparente Glasschwerter ersetzt. Glas dient nicht mehr nur als durchsichtige Raumtrennung, es übernimmt tragende Funktionen. Das Kompetenzzentrum Fassaden- und Metallbau an der Hochschule für Technik und Architektur in Horw beschäftigt sich seit längerem intensiv mit dem Thema des tragenden Glases. Dabei stehen vor allem die Erforschung der Trag- und Konstruktionsweisen im Vordergrund.

Zwei Bauingenieurstudenten der HTA Luzern, Michael Preindl und Riccardo Dorn, liessen sich von der steigenden Nachfrage nach dem transparenten Baumaterial inspirieren und untersuchten in ihrer Diplomarbeit den Entwurf, die Bemessung und die Konstruktion ­einer Fussgänger- und Radwegbrücke aus Glas. Das spröde Material als Ersatz für den duktilen Baustahl, das biegsame Holz oder den massiven Stahlbeton einzusetzen scheint widersprüchlich. Sie haben aber eine Lösung für die Konstruktion gefunden.

Die grobe Geometrie mit einer Spannweite von 8 m und einer begehbaren Wegbreite von 1.5 m war in der Aufgabenstellung der Diplomarbeit festgelegt. Mit dieser Forderung zwang man die Studenten zum Entwurf einer Trägerkonstruktion aus mehreren Glaselementen, denn die industrielle Herstellung von Flachglas beschränkt sich derzeit noch auf eine maximale Scheibendimension von 6x3 m. Gesucht war ein geeignetes System, das durch gelenkige oder steife, durch geklebte oder punktgehaltene Verbindungen einen Brückenträger für den betreffenden Geländeeinschnitt zusammenfügt. Als zusätzlich herausforderndes Ziel dieser Arbeit stellte sich die durch Sponsoren ermöglichte Realisation dar.

Verflechten von Architektur und Technik

Während eines kurzen Vorprojekts wurden erste Querschnitte durch Vordimensionieren bestimmt und als grobe Struktur der Brücke in einem Entwurf festgehalten. Das Projekt sollte auch ästhetischen Anforderungen genügen. Im Dialog mit Kollegen und Kolleginnen aus dem Architekturstudium und mit dem renommierten Brückenarchitekten Eduard Imhof verflocht sich das ingenieurhafte Geschick mit der architektonischen Kunst. Mit einfachen Mitteln und unkomplizierten Bauteilen passte sich der Entwurf des Projekts einer modernen und zeitgemässen Architektur an. Die Gestaltung der Brückenträger ergab sich aus dem statischen Konzept der primären Tragstruktur. Die Bauingenieure gingen dabei auf ein visuelles Spiel mit dem Kraftfluss ein, das seinen Ursprung im Tragwerkskonzept hat und sich in der Tragstruktur zeigt. Durch Überlagerung der Trägerquerschnitte passte sich die Brückenstruktur dem Biegemomentenverlauf eines einfachen Balkens an. Dem Betrachter wird so die Momentenlinie des Trägers sichtbar gemacht.
Im Auflagerbereich schaffen Aussparungen einen fliessenden Übergang von der Glasbrücke ins Betonfundament. Eine geringe Steigung der Glasbrücke von weniger als 6% aus dem Fundament hinaus deutet auf die Überhöhung des Brückenbogens hin – eine kleine Massnahme, die eine grosse Wirkung erzielt und die Bogenform ästhetisch leicht und nicht durchhängend erscheinen lässt.

Krafteinleitungszonen sind die Herausforderung

Um die entworfene Balkenbrücke baustatisch zu bemessen und zu dimensionieren, ­mussten keine anspruchsvollen Systeme gelöst werden. Vielmehr galt es, die Bereiche der Krafteinleitung genauer zu untersuchen. Spannungskonzentrationen können vom spröden Material Glas nicht abgebaut und müssen verhindert werden. Die Diplomanden trennten darum die Krafteinleitungszonen, in denen Glas auf Glas oder Glas auf Stahl trifft, konstruktiv voneinander. Das Material der Zwischenschichten musste dabei genügend elastisch sein, um keine Spannungsspitzen im Glas zu erzeugen, und eine entsprechende Steifigkeit aufweisen, damit es sich nicht stark verformt. Die punktförmige Bolzenverbindung zwischen den einzelnen Glasschwertern der Primärträger zeigte eine ebensolche Schwachstelle auf. Durch eine eigens für dieses Projekt angefertigte zentrierbare Minischalung wurde eine Polyoximethylen-Hülse (POM) im Bohrloch ausgerichtet und mit einem schnell abbindenden Injektionsmörtel (Hilti Hit 50) ausgegossen. Die POM-Hülse verhindert den Kontakt zwischen dem spröden Glas und dem duktilen Stahl. Zusätzlich lässt sie Verdrehungen um die eigene Achse zu und garantiert die Freiheit der statisch bedingten Trägerbewegungen, sodass Zwängungen und unerwünschte Eigenspannungen verhindert werden. Der Injektionsmörtel gleicht einen allfälligen Versatz im Verbundglas aus und stellt eine korrekte und gleichmässige Krafteinleitung in beide Scheiben sicher. Spannungsspitzen werden durch diese Zwischenlagenkonstruktion gedämpft und unter einem zulässigen Wert gehalten.

Tragende Bauteile aus Glas

Die drei Scheiben, aus denen jeweils ein Träger zusammengefügt wird, bestehen aus Verbundsicherheitsgläsern (VSG). Sie setzen sich aus zwei 15mm dicken Einscheibensicherheitsgläsern (ESG) mit einer 1.52mm starken Polyvinylbutyral-Folie zusammen (Kurzbezeichnung: VSG aus ESG 15 mm/PVB 1.52mm/ESG 15mm). Diese Glasschwerter wurden vorgängig auf einem Traggerüst mit den horizontal verbindenden Vollstahlstreben (RND40 S235) und den aussteifenden, korrosionsbeständigen Winderverbänden (Spiralseile d=10mm) zur Trägerkonstruktion zusammengefügt. Mittels Kranbahn hob man die vorgefertigte Konstruktion an und legte sie in die Betonauflager. Die gläsernen Primärträger liegen in der Auflagerkonsole auf einer EPDM-Bettung (Ethylen-Propylen-Dien-Kautschuk bzw. Neopren) auf. Dadurch wird auch hier ein flächiger Krafteintrag geschaffen, und damit werden zu hohe Spannungskonzentrationen im Glasquerschnitt verhindert.

Auf den Primärträgern liegen die 1.50 x 2.05 m grossen Glasplatten des Gehweges. Es kommen Verbundsicherheitsgläser zum Einsatz, die aus zwei 15mm dicken Floatgläsern bestehen und eine 1.52mm dicke PVB-Folie einklemmen. Die Platten bieten eine nur geringe Rutschsicherheit. Da das Projekt jedoch ein Experiment war, bei dem möglichst viel Transparenz erzielt werden sollte, wurde auf eine Ätzung oder spezielle Folienbeschichtung verzichtet. Die Glasplatten sind durch Ultraviolett-resistente Auflagerstreifen aus Polyethylen von der Trägeroberkante getrennt und nur mit Silikon seitlich verklebt. Dadurch wird ein horizontales Weggleiten der Gehwegplatten verhindert. Zusammen mit der Unterstützung der aussteifenden Windverbände unterhalb der Gehwegplatte gewährleisten die Silikonverklebungen die seitliche Aussteifung der Glasbrücke.

Um die komplexen Berechnungen für die Krafteinleitung und das Kippen durchzuführen, behalfen sich die Diplomanden mit einem Finite- Elemente-Programm. Das statische System wurde mit Schalenelementen modelliert, und die Eigenschaften der Trenn- oder Auflagerschichten wurden mit Federelementen simuliert. Die verschiedenen Bereiche der Krafteinleitung, aber auch alle Tragsicherheits- und Gebrauchtauglichkeitsnachweise am gesamten statischen System konnten auf diese Weise untersucht werden.
Neben den üblichen Nachweisen wurde auch die seitliche Aussteifung durch Verkleben der Gehplatten an der Trägeroberkante untersucht. Die Verklebung modellierten die Tragwerksplaner mit Liniengelenken und Federelementen, denen man die gleichen Eigenschaften wie Silikon zuordnete. Schwierig gestaltete sich jedoch die Auswertung dieser Ergebnisse, und die Frage nach einer genügenden seitlichen Steifigkeit konnte nicht abschliessend, beantwortet werden. Eine Kontrolle des Durchbiegungsverhaltens bestätigte aber die erwarteten Verformungen und Verdrehungen der eingesetzten Gelenke und Federelemente.

Schlankheit birgt Schwingungsprobleme

Diese Fussgängerbrücke ist als schlanke Konstruktion ausgeführt. Solche Konstruktionen neigen infolge ihrer geringen Steifigkeit zu Schwingungsanfälligkeit. Damit die Glasbrücke bei Fussgängerverkehr nicht aufzuschaukeln droht, wurden die Phänomene der personeninduzierten Schwingungen mit einer mathematischen Analyse der Eigenwerte untersucht. Es erfolgte ein direkter Vergleich der Eigenfrequenz der Brücke mit der Frequenz gehender oder hüpfender Personen, die aus Feldversuchen ermittelt wurde. Durch einfache Berechnungen konnte ein allfälliges Resonanzproblem ausgeschlossen werden. Da die Eigenfrequenz der Fussgängerbrücke aber in einem schwingungsanfälligen Bereich zwischen ein bis vier Hertz liegt, besteht die Gefahr, dass die schwingungsbedingte Beschleunigung zu hohe Werte erreicht. Das subjektive Empfinden eines Passanten würde die erhöhte Beschleunigung als störend registrieren und unangenehm empfinden. Eine detaillierte Schwingungsanalyse zeigte aber, dass die Beschleunigungsamplituden auf einem für die Allgemeinheit akzeptablem Niveau bleiben. Ausserdem bestätigen die effektiven Begehungen der Fuss- und Radwegbrücke die theoretischen Berechnungen – man spürt zwar die Beschleunigungen der Schwingungen, doch nur in einem äusserst geringen Mass.

[ Daniel Meyer, dipl. Bauingenieur ETH SIA SWB, Leiter des CC Fassaden- und Metallbau und Dozent an der HTA Luzern; Michael Preindl, dipl. Bauingenieur FH, Assistent HTA Luzern; Riccardo Dorn, dipl. Bauingenieur FH bei Dr. Lüchinger und Meyer Bauingenieur AG ]

TEC21, Fr., 2007.10.19



verknüpfte Zeitschriften
tec21 2007|44 Gläsern

21. August 2006Daniel Meyer
TEC21

Filigrane Konstruktion

Die gläserne Eingangsfassade des Londoner Bürogebäudes K 2 von Richard Rogers wird durch ihre vorgespannte Seilfassade mit punktbefestigten Gläsern zu einem eigenen gläsernen Volumen. Aufgrund der unregelmässigen Windlasten war die Konstruktion der Fassadenecke eine besondere Herausforderung.

Die gläserne Eingangsfassade des Londoner Bürogebäudes K 2 von Richard Rogers wird durch ihre vorgespannte Seilfassade mit punktbefestigten Gläsern zu einem eigenen gläsernen Volumen. Aufgrund der unregelmässigen Windlasten war die Konstruktion der Fassadenecke eine besondere Herausforderung.

Gegenüber dem Tower of London, im Gebiet des St Katherine’s Dock, entstand zwischen 2002 und 2005 nach einem Entwurf des Architekturbüros Richard Rogers Partnership das neue Bürogebäude K 2. Ein U-förmiger Glaskörper bildet den strassenseitigen, grosszügigen Eingangsbereich des Gebäudes. Das im Grundriss trapezförmige Volumen hat eine Höhe von 32 m und eine Länge von 27 m. Auf der Südseite misst die Breite 4 m und auf der Nordseite 13 m. Sämtliche vertikalen und horizontalen Flächen sind mit punktgehaltenen Glasscheiben verglast (Bilder 2 und 3).
Beim Entwurf des Tragwerks wurde grosser Wert auf eine transparente und filigrane Konstruktion gelegt. Um den angestrebten Eindruck von Leichtigkeit möglichst anschaulich zu vermitteln, fiel die Wahl des Tragsystems auf eine vorgespannte Seilfassade mit punktbefestigten Gläsern.

Das Haupttragwerk (Bild 1) des oberen Fassadenteils (Ebene 2 bis Ebene 8) bilden vier in einem horizontalen Abstand von 9 m vertikal angeordnete Konsolenkonstruktionen. Diese Konsolen sind direkt an der Tragkonstruktion des Gebäudes angehängt und in zwei Achsen zusätzlich an durchgehenden Stützen befestigt. Die vier Konsolen sind alle 7.80 m horizontal verbunden. In der Dachebene und in der Ebene 2 sind unterspannte bzw. überspannte Träger eingebaut. Diese leiten die hohen Vorspannkräfte der Seilfassade zu den Konsolen hin weiter. Das Haupttragwerk ist derart konzipiert, dass sich infolge der Vorspannkräfte ein Kraftschluss ausbildet. Für die Aussteifung sind horizontale und vertikale Verbände eingebaut.
Der untere Bereich der Fassade (Strassenebene) ist als unten abgestellte Pfostenkonstruktion, die mit dem oberen Teil der Fassade lediglich horizontal gekoppelt ist, ausgebildet. Das ganze Tragwerk wurde in dickwandigen Stahlrohren und geschweissten Kastenprofilen in der Stahlgüte S355 ausgeführt. Die einzelnen Elemente des Stahltragwerkes sind hauptsächlich mit den in England häufig verwendeten Bolzen und Augenstäben gelenkig verbunden worden.

Die Sekundärkonstruktion der Fassade bilden vertikal verlaufende vorgespannte Seilpaare im Abstand von 3 m. Die Edelstahlseile mit einer Länge von ca. 24 m haben einen Nenndurchmesser von 26mm. An die Seilpaare sind die so genannten Fassadenspider, welche die Gläser tragen, geklemmt.

Statische Berechnung

Die generellen statischen Berechnungen und die Ermittlung der Beanspruchungen erfolgten an einem räumlichen Stabsystem. Die Bemessung richtete sich nach den Regeln des British Standard 5950 «Structural use of steelwork in building». Die Lasten wurden gemäss British Standard 6399 «Loads for Buildings» angesetzt. Neben den Eigenlasten und Vorspannlasten wurden Windlasten (Druck 1.2 kN/m2/Sog 1.4 kN/m2), Schneelasten (0.6 kN/m2) und Temperaturdifferenzen (±30K) berücksichtigt. Des Weiteren mussten auch Lasten für Reinigungszwecke in die Berechnungen einbezogen werden. Die Berechnungen wurden für die Stäbe nach der Theorie 2. Ordnung unter Berücksichtigung von Vorverformungen und für die Seile nach der Theorie 3. Ordnung durchgeführt (Bild 4).

Verglasung

Die in der Regel 3¥2 m grossen Fassadengläser bestehen aus Verbundsicherheitsglas (VSG) aus zweimal 12mm Einscheibensicherheitsglas (ESG) mit einer 1.52mm starken dazwischen liegenden Verbundfolie. Die Gläser sind jeweils an vier Punkten zwängungsfrei an den Spidern befestigt. Die Spannungen der punktgestützten Gläser wurden mit einem FE-Programm, das auf der Grundlage der Sandwich-Theorie rechnet, ermittelt. Die Bemessung erfolgte nach dem heute im Glasbau noch üblichen deterministischen Verfahren der zulässigen Spannungen. Für den Nachweis der Tragsicherheit wurde keine Verbundwirkung der Folie berücksichtigt, d.h., jede der 12-mm-Scheiben übernimmt 50% der Windlast. Für die Durchbiegungsberechungen dagegen wurde auf Grund der Kurzfristigkeit der Windeinwirkung ein Vollverbund des Scheibenpakets eingesetzt. Die Punkthalter sind mit einem Rotationsgelenk, das in der Scheibenebene liegt, ausgebildet. So können einerseits ungünstig wirkende Lochspannungen wirksam re-duziert und anderseits differenzielle Seilverformungen aufgenommen werden. Die ca. 20mm breiten Fugen zwischen den Gläsern sind mit Silikon geschlossen.

Die Dachverglasung besteht aus bis zu 3.3¥2 m grossen Isoliergläsern. Das untere Glas der Isolierscheibe ist ein Verbundsicherheitsglas aus zweimal 12mm teilvorgespanntem Glas (TVG), das obere Glas ist ein ESG mit einer Stärke von 8mm. Die Scheiben lagern auf jeweils sechs Punkthaltern, wobei aber nur das untere VSG an diesen mechanisch befestigt ist. Die obere ESG-Scheibe ist nur über den Luftzwischenraum und den Randverbund mit der unteren Scheibe gekoppelt.
Die zumeist vierarmigen Spider, an denen die Punkthalter der Glasscheiben befestigt sind, wurden als Guss-teile in Edelstahl (1.4317) hergestellt. Die Optimierung der Form und die statischen Berechnungen der Guss-teile erfolgten an 3-D-Modellen mit Volumenelementen (Bild 5).

Seile

Die vertikal paarweise angeordneten Spiralseile tragen in erster Linie das Eigengewicht der Gläser und die horizontal wirkenden Windkräfte ab. Je höher die Vorspannung angesetzt wird, desto geringer fallen die horizontalen Verformungen infolge Wind aus. Bei einer gewählten Vorspannung von 270kN pro Kabel und einer Temperaturdifferenz von +30K beträgt die maximale horizontale Verformung infolge Wind ca. 120mm. Bezogen auf die horizontale Befestigungslänge von 7.8 m entspricht diese Verformung einem Verhältnis von L/65. Die Verformungen sind wohl beachtlich, können aber vom Verglasungssystem problemlos aufgenommen werden. Auf vorgespannte Federn an den Enden der Seile, wie man sie ab und zu bei solchen Fassadenkonstruktionen sieht, wurde aus ästhetischen und wirtschaftlichen Gründen verzichtet (Bilder 6 und 7). Diese Federn gewährleisten, dass die Vorspannkräfte unter Temperatureinwirkung konstant bleiben. Da aber, wie die Modellierungen zeigten, die Temperaturänderungen nur einen kleinen Einfluss auf das Verformungsverhalten hatten, konnte hinsichtlich des statischen Verhaltens kein wirklicher Vorteil und Nutzen geltend gemacht werden. Die Befestigung der Spider an den Seilen erfolgte über Klemmverbindungen. Die Klemmen müssen das Gewicht der Gläser und Teile des Stahlgewichts über Reibung an die Seile abgeben. Da es im British Standard 5950 keine Bemessungsregeln für Klemmverbindungen gibt, wurden für diese Verbindungen Versuche durchgeführt (Bild 8).

Fassadenecken

Die konstruktiv grösste Herausforderung lag in der Ausbildung der beiden Fassadenecken (Bild 9). Die statischen Verhältnisse sind auf Grund der ungünstig wirkenden Windlasten komplex. Das Trennen der Längsfassade von den beiden Seitenfassaden über bewegliche Fugen mit einem dazwischen liegenden starren Teil war optisch und auch konstruktiv unbefriedigend. An Stelle einer solchen «gefugten» Konstruktion wurde die Fassadenecke als drehweiche Seilkonstruktion ausgebildet. In den Ecken sind jeweils drei untereinander horizontal gekoppelte Seile angeordnet. Diese sind in der Lage, einerseits die Windlasten abzutragen und anderseits, dank ihrer Torsionsweichheit, die Verträglichkeit der beiden Ebenen sicherzustellen und somit die auftretenden Zwängungsbeanspruchungen infolge Scheibenverwindungen in den Gläsern klein zu halten. Für die Beurteilung und die Bemessung wurden die Fassadenecken aufgrund der hohen Komplexität mit Hilfe von FE-Modellen mit Schalen- und Stabelementen modelliert (Bilder 11, 12 und 13).

Montage

Die Montage und die Vorspannung der Konstruktion stellten hohe Anforderungen sowohl an die Planung als auch an die Ausführung. In der ersten Phase wurde die Hauptstahlkonstruktion gebaut und ausgerichtet.

Anschliessend erfolgte die Vorspannung der Seile von der Dachebene aus mit hydraulischen Pressen nach einem vorgegebenen Programm (Bild 10). In einem ersten Schritt wurden alle Seile auf 25% vorgespannt und im weiteren Verlauf sukzessive von innen nach aussen auf 100% gespannt. Die Kontrolle erfolgte einerseits über die geodätische Vermessung der Stahlkonstruktion und anderseits über Druckmessdosen an den Pressen und durch Messen der Seilverkürzungen. Abschliessend wurden die Spiderhalter angebracht und die Gläser montiert.

TEC21, Mo., 2006.08.21



verknüpfte Zeitschriften
tec21 2006|33-34 Glas

Publikationen

Presseschau 12

08. Februar 2013Daniel Meyer
Philippe Willareth
TEC21

Oberlicht neu gefaltet

Die Decke der Schwimmhalle im Hallenbad City in Zürich ist für die Bade­gäste wieder in ihrem ursprünglichen Erscheinungsbild erlebbar. Das Glasoberlicht, das die Atmosphäre und Ausstrahlung der lichten, grosszügigen Schwimmhalle betont, wurde neu konstruiert. Das Projektteam, ernst niklaus fausch architekten mit dem Ingenieurbureau Heierli und Dr. Lüchinger   Meyer Bauingenieure AG (Glasstatik) und BWS Bau­physik AG, orientierte sich zwar an der ursprünglichen Ausführung von 1941, nutzt jedoch die Möglichkeiten der heutigen Glastechnik.

Die Decke der Schwimmhalle im Hallenbad City in Zürich ist für die Bade­gäste wieder in ihrem ursprünglichen Erscheinungsbild erlebbar. Das Glasoberlicht, das die Atmosphäre und Ausstrahlung der lichten, grosszügigen Schwimmhalle betont, wurde neu konstruiert. Das Projektteam, ernst niklaus fausch architekten mit dem Ingenieurbureau Heierli und Dr. Lüchinger   Meyer Bauingenieure AG (Glasstatik) und BWS Bau­physik AG, orientierte sich zwar an der ursprünglichen Ausführung von 1941, nutzt jedoch die Möglichkeiten der heutigen Glastechnik.

War das originale Oberlicht streng symmetrisch aufgebaut, so hat das neue – eine Glasfaltdecke – ein eigenes Thema erhalten: Die Neigung der Elemente zu den Rändern hin erzeugt eine leichte Wellenbewegung, die die Schwimmenden vom Becken aus wahrnehmen können. Während beim Original die strenge Symmetrie durch die mittige Anordnung des Sprungturms betont war, verweist das neue Oberlicht mit der Bewegung der Glaselemente auf die grosszügige Schwimmhalle.

Auch beim bauphysikalischen Konzept beziehen sich die Planenden auf das Original: Die obere Verglasung übernimmt den Witterungs- und Wärmeschutz, die untere den Feuchteschutz für das Dachtragwerk. Das Originaldach im denkmalgeschützten Hallenbad war ­ursprünglich eine dreischalige Dachkonstruktion, die die den Feuchte-, Wärme- und Witterungsschutz auf drei Schichten verteilt. Im Mittelbereich über dem Becken waren zwischen den Untergurten der Fachwerkbinder Glasoberlichter eingesetzt: auf dem Obergurt der Fachwerkbinder lagen Doppelverglasungsfenster, die unten mit einem Maschengitter ­gesichert waren. Der zentrale Dachraum war beheizt, und auf den Hauptbindern war das äussere, als Wetterschutz konzipierte Oberlicht aufgeständert. Bei den als Kaltdach aus­geführten Seitenbereichen dagegen war in der Untergurtebene eine Stahlbetondecke ­integriert mit einer etwa 8 cm dicke Dämmschicht aus zementgebundenem Korkschrot.

Schon vor den Erneuerungsmassnahmen Ende der 1970er-Jahre (vgl. «Original im Wesen, nicht in der Substanz», S. 28) hat man das Oberlicht verschlossen. Im Zuge des 1978 ­folgenden Umbaus, der im Zeichen der Ölkrise stand und wärmetechnische Instandsetzungsmassnahmen erforderte, wurde dann eine ­abgehängte Akustikdecke und eine offen geführte Abluftanlage eingebaut. Eine Blech­eindeckung ersetzte das äussere Oberlicht, sodass der zentrale Dachraum als Kaltdach fungierte. Die zwischen den Untergurten liegende Verglasung ersetzte man durch eine Holzschalung mit aufgelegter Wärmedämmung. Dabei wurde der Wärme- mit dem Feuchteschutz kombiniert, was Korrosionsrisiken für das Stahlfachwerk zur Folge hatte, da der untere Flansch im beheizten Hallenbereich lag.

Im Rahmen der Erneuerungsarbeiten rekonstruierten die Planenden das ursprüngliche Erscheinungsbild der Schwimmhalle mit Oberlicht, passten Entwurf und Konstruktion jedoch den heutigen Rahmenbedingungen an. Dafür sprachen nicht nur architektonische und denkmalpflegerische Aspekte, sondern auch das bauphysikalische Konzept.

Licht, Wärmegewinn und eine bessere Raumakustik

Die neue Dreifach-Isolierverglasung auf den Bindern übernimmt den Wärme- und Witterungsschutz. Zur Vermeidung einer zu starken Überhitzung im Sommer lassen sich einzelne Scheiben der Oberlichtverglasung öffnen. Die Simulation der Temperaturen im Dachhohlraum ergab zudem, dass dieser mit dem neuen Aufbau nicht mehr beheizt werden muss, um Kondenswasserbildung an der Verglasung und Korrosion an der Metallkonstruktion zu verhindern. Die ursprünglich als Kaltdach konzipierten Seitenbereiche sind neu als Warmdach gestaltet: Das Dach ist von innen zwischen den Sparren kompakt gedämmt. Dadurch liegt die Stahlfachwerkkonstruktion vollständig im beheizten Bereich. Die neue Glasfaltdecke im Untergurt schützt die Dachkonstruktion vor der hohen Raumluftfeuchte in der Schwimmhalle. Zudem verbessert sie die ursprünglich vorhandene raumakustische Wirkung, denn das gefaltete Oberlicht reflektiert die ankommenden Schallwellen nicht direkt, sondern streut sie in alle Richtungen.

Dem Thaleskreis folgend

Bereits im Vorfeld der Planungsarbeiten für das neue Glasoberlicht wurde die Stahlkon­struk­­tion über der Schwimmhalle statisch überprüft. Dabei wiesen die Bauingenieure von Heierli nach, dass ihre Tragsicherheit und Gebrauchstauglichkeit nach wie vor erfüllt ist. Verstärkungsmassnahmen waren somit nicht erforderlich, allerdings durfte die neue Glaskonstruktion keine Mehrlasten verursachen. ernst niklaus fausch architekten und Dr. Lüchinger  Meyer Bauingenieure AG entwickelten das neue Oberlicht in Anlehnung an das originale ­Erscheinungsbild, passten die ursprünglich symmetrische Geometrie aber an. Waren die Glaselemente im Dachquerschnitt ehemals gleichschenklige Dreiecke, so setzten die ­Planenden nun Glaselemente ein, deren Dreiecksformen unterschiedliche Schenkellängen aufweisen: Von der Mittelachse der Halle neigen sie sich in sechs Teilschritten zu den ­Beckenenden hin. Die Spitze des Dreiecks folgt dabei einem definierten geometrischen Ort: Sie liegt auf dem Thaleskreis (Abb. 05). Aufgrund dieser Konstruktionsorgani­sation bleibt der 90 °-Winkel im Scheitelpunkt für alle aufgefalteten Glaselemente erhalten. Dies macht zusammen mit der Bildung von sechs Konstruktionstypen die Fertigung und Montage ­effizienter, zudem kann das eigens entwickelte Auflagerprofil bei allen Elemente verwendet werden, auch wenn sich deren Scheitelpunkte von Element zu Element verlagern (Abb. 04).

Rahmenlose Ecke und einlaminiertes Metall

Diese Anpassungen wurden erforderlich, weil die Auflagerprofile der ursprünglichen Kon­struktion, einzelne, geneigte, liniengelagerte Glasscheiben, nicht vollständig erhalten waren. Beim Rückbau entfernte man an den Hochpunkten der Gläser die Auflagerprofile. Jene an den Tiefpunkten wurden für die eingesetzte Holzschalung genutzt. Sie sind erhalten, lassen allerdings keine genügende horizontale Lastabtragung zu. Das reduzierte Auflagersystem veränderte die Rahmenbedingungen für die neue Glasfaltdecke grundlegend. Die Eckverbinder an den Scheitelpunkten der Gläser mussten biegesteif und dennoch «unsichtbar» sein, um den ästhetischen Anforderungen zu genügen. Die Glasstatiker entwickelten dafür neue Eckverbinder. Bei diesen sind Metallstreifen in die Zwischenschicht im Verbundsicherheitsglas (dem sogenannten Interlayer) einlaminiert. Sie koppeln so die (laminierten) Glasscheiben. Dabei wird der Interlayer als Verankerungszone aktiviert. Um eine mög­lichst transluzente Projektionsfläche zu erzielen, sind die Streifen perforiert (Abb. 06). Sie wurden nach dem Laminierungsprozess gekantet, formen so die dreidimensionalen Glasfalt­elemente und gewährleisten eine biegesteife Eckverbindung. Mit der entsprechenden ­Distanz des Betrachters sind sie im Verbundsicherheitsglas nicht mehr sichtbar. Die kleinmassstäbliche Veränderung der Glaselementgeometrie hingegen nimmt der Badegast wahr. So erscheint das Oberlicht vom Becken aus gesehen nicht plan und transparent, ­sondern als transluzente, dreidimensional strukturierte Fläche.

TEC21, Fr., 2013.02.08



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TEC21 2013|07-08 Hallenbad City Zürich

Tragfähig

Die Nachfrage und die Forderung nach mehr Transparenz bei Bauprojekten steigen von Jahr zu Jahr. Isolierglasfenster nehmen beeindruckend grosse Abmessungen an, vollflächig aus Glas verkleidete Doppelhautfassaden öffnen die Sicht auf das Innenleben eines Gebäudes und präsentieren dessen Tragkonstruktion. Sichtverdeckend störende Pfosten und Balken werden durch transparente Glasschwerter ersetzt. Glas dient nicht mehr nur als durchsichtige Raumtrennung, es übernimmt tragende Funktionen. Das Kompetenzzentrum Fassaden- und Metallbau an der Hochschule für Technik und Architektur in Horw beschäftigt sich seit längerem intensiv mit dem Thema des tragenden Glases. Dabei stehen vor allem die Erforschung der Trag- und Konstruktionsweisen im Vordergrund.

Die Nachfrage und die Forderung nach mehr Transparenz bei Bauprojekten steigen von Jahr zu Jahr. Isolierglasfenster nehmen beeindruckend grosse Abmessungen an, vollflächig aus Glas verkleidete Doppelhautfassaden öffnen die Sicht auf das Innenleben eines Gebäudes und präsentieren dessen Tragkonstruktion. Sichtverdeckend störende Pfosten und Balken werden durch transparente Glasschwerter ersetzt. Glas dient nicht mehr nur als durchsichtige Raumtrennung, es übernimmt tragende Funktionen. Das Kompetenzzentrum Fassaden- und Metallbau an der Hochschule für Technik und Architektur in Horw beschäftigt sich seit längerem intensiv mit dem Thema des tragenden Glases. Dabei stehen vor allem die Erforschung der Trag- und Konstruktionsweisen im Vordergrund.

Zwei Bauingenieurstudenten der HTA Luzern, Michael Preindl und Riccardo Dorn, liessen sich von der steigenden Nachfrage nach dem transparenten Baumaterial inspirieren und untersuchten in ihrer Diplomarbeit den Entwurf, die Bemessung und die Konstruktion ­einer Fussgänger- und Radwegbrücke aus Glas. Das spröde Material als Ersatz für den duktilen Baustahl, das biegsame Holz oder den massiven Stahlbeton einzusetzen scheint widersprüchlich. Sie haben aber eine Lösung für die Konstruktion gefunden.

Die grobe Geometrie mit einer Spannweite von 8 m und einer begehbaren Wegbreite von 1.5 m war in der Aufgabenstellung der Diplomarbeit festgelegt. Mit dieser Forderung zwang man die Studenten zum Entwurf einer Trägerkonstruktion aus mehreren Glaselementen, denn die industrielle Herstellung von Flachglas beschränkt sich derzeit noch auf eine maximale Scheibendimension von 6x3 m. Gesucht war ein geeignetes System, das durch gelenkige oder steife, durch geklebte oder punktgehaltene Verbindungen einen Brückenträger für den betreffenden Geländeeinschnitt zusammenfügt. Als zusätzlich herausforderndes Ziel dieser Arbeit stellte sich die durch Sponsoren ermöglichte Realisation dar.

Verflechten von Architektur und Technik

Während eines kurzen Vorprojekts wurden erste Querschnitte durch Vordimensionieren bestimmt und als grobe Struktur der Brücke in einem Entwurf festgehalten. Das Projekt sollte auch ästhetischen Anforderungen genügen. Im Dialog mit Kollegen und Kolleginnen aus dem Architekturstudium und mit dem renommierten Brückenarchitekten Eduard Imhof verflocht sich das ingenieurhafte Geschick mit der architektonischen Kunst. Mit einfachen Mitteln und unkomplizierten Bauteilen passte sich der Entwurf des Projekts einer modernen und zeitgemässen Architektur an. Die Gestaltung der Brückenträger ergab sich aus dem statischen Konzept der primären Tragstruktur. Die Bauingenieure gingen dabei auf ein visuelles Spiel mit dem Kraftfluss ein, das seinen Ursprung im Tragwerkskonzept hat und sich in der Tragstruktur zeigt. Durch Überlagerung der Trägerquerschnitte passte sich die Brückenstruktur dem Biegemomentenverlauf eines einfachen Balkens an. Dem Betrachter wird so die Momentenlinie des Trägers sichtbar gemacht.
Im Auflagerbereich schaffen Aussparungen einen fliessenden Übergang von der Glasbrücke ins Betonfundament. Eine geringe Steigung der Glasbrücke von weniger als 6% aus dem Fundament hinaus deutet auf die Überhöhung des Brückenbogens hin – eine kleine Massnahme, die eine grosse Wirkung erzielt und die Bogenform ästhetisch leicht und nicht durchhängend erscheinen lässt.

Krafteinleitungszonen sind die Herausforderung

Um die entworfene Balkenbrücke baustatisch zu bemessen und zu dimensionieren, ­mussten keine anspruchsvollen Systeme gelöst werden. Vielmehr galt es, die Bereiche der Krafteinleitung genauer zu untersuchen. Spannungskonzentrationen können vom spröden Material Glas nicht abgebaut und müssen verhindert werden. Die Diplomanden trennten darum die Krafteinleitungszonen, in denen Glas auf Glas oder Glas auf Stahl trifft, konstruktiv voneinander. Das Material der Zwischenschichten musste dabei genügend elastisch sein, um keine Spannungsspitzen im Glas zu erzeugen, und eine entsprechende Steifigkeit aufweisen, damit es sich nicht stark verformt. Die punktförmige Bolzenverbindung zwischen den einzelnen Glasschwertern der Primärträger zeigte eine ebensolche Schwachstelle auf. Durch eine eigens für dieses Projekt angefertigte zentrierbare Minischalung wurde eine Polyoximethylen-Hülse (POM) im Bohrloch ausgerichtet und mit einem schnell abbindenden Injektionsmörtel (Hilti Hit 50) ausgegossen. Die POM-Hülse verhindert den Kontakt zwischen dem spröden Glas und dem duktilen Stahl. Zusätzlich lässt sie Verdrehungen um die eigene Achse zu und garantiert die Freiheit der statisch bedingten Trägerbewegungen, sodass Zwängungen und unerwünschte Eigenspannungen verhindert werden. Der Injektionsmörtel gleicht einen allfälligen Versatz im Verbundglas aus und stellt eine korrekte und gleichmässige Krafteinleitung in beide Scheiben sicher. Spannungsspitzen werden durch diese Zwischenlagenkonstruktion gedämpft und unter einem zulässigen Wert gehalten.

Tragende Bauteile aus Glas

Die drei Scheiben, aus denen jeweils ein Träger zusammengefügt wird, bestehen aus Verbundsicherheitsgläsern (VSG). Sie setzen sich aus zwei 15mm dicken Einscheibensicherheitsgläsern (ESG) mit einer 1.52mm starken Polyvinylbutyral-Folie zusammen (Kurzbezeichnung: VSG aus ESG 15 mm/PVB 1.52mm/ESG 15mm). Diese Glasschwerter wurden vorgängig auf einem Traggerüst mit den horizontal verbindenden Vollstahlstreben (RND40 S235) und den aussteifenden, korrosionsbeständigen Winderverbänden (Spiralseile d=10mm) zur Trägerkonstruktion zusammengefügt. Mittels Kranbahn hob man die vorgefertigte Konstruktion an und legte sie in die Betonauflager. Die gläsernen Primärträger liegen in der Auflagerkonsole auf einer EPDM-Bettung (Ethylen-Propylen-Dien-Kautschuk bzw. Neopren) auf. Dadurch wird auch hier ein flächiger Krafteintrag geschaffen, und damit werden zu hohe Spannungskonzentrationen im Glasquerschnitt verhindert.

Auf den Primärträgern liegen die 1.50 x 2.05 m grossen Glasplatten des Gehweges. Es kommen Verbundsicherheitsgläser zum Einsatz, die aus zwei 15mm dicken Floatgläsern bestehen und eine 1.52mm dicke PVB-Folie einklemmen. Die Platten bieten eine nur geringe Rutschsicherheit. Da das Projekt jedoch ein Experiment war, bei dem möglichst viel Transparenz erzielt werden sollte, wurde auf eine Ätzung oder spezielle Folienbeschichtung verzichtet. Die Glasplatten sind durch Ultraviolett-resistente Auflagerstreifen aus Polyethylen von der Trägeroberkante getrennt und nur mit Silikon seitlich verklebt. Dadurch wird ein horizontales Weggleiten der Gehwegplatten verhindert. Zusammen mit der Unterstützung der aussteifenden Windverbände unterhalb der Gehwegplatte gewährleisten die Silikonverklebungen die seitliche Aussteifung der Glasbrücke.

Um die komplexen Berechnungen für die Krafteinleitung und das Kippen durchzuführen, behalfen sich die Diplomanden mit einem Finite- Elemente-Programm. Das statische System wurde mit Schalenelementen modelliert, und die Eigenschaften der Trenn- oder Auflagerschichten wurden mit Federelementen simuliert. Die verschiedenen Bereiche der Krafteinleitung, aber auch alle Tragsicherheits- und Gebrauchtauglichkeitsnachweise am gesamten statischen System konnten auf diese Weise untersucht werden.
Neben den üblichen Nachweisen wurde auch die seitliche Aussteifung durch Verkleben der Gehplatten an der Trägeroberkante untersucht. Die Verklebung modellierten die Tragwerksplaner mit Liniengelenken und Federelementen, denen man die gleichen Eigenschaften wie Silikon zuordnete. Schwierig gestaltete sich jedoch die Auswertung dieser Ergebnisse, und die Frage nach einer genügenden seitlichen Steifigkeit konnte nicht abschliessend, beantwortet werden. Eine Kontrolle des Durchbiegungsverhaltens bestätigte aber die erwarteten Verformungen und Verdrehungen der eingesetzten Gelenke und Federelemente.

Schlankheit birgt Schwingungsprobleme

Diese Fussgängerbrücke ist als schlanke Konstruktion ausgeführt. Solche Konstruktionen neigen infolge ihrer geringen Steifigkeit zu Schwingungsanfälligkeit. Damit die Glasbrücke bei Fussgängerverkehr nicht aufzuschaukeln droht, wurden die Phänomene der personeninduzierten Schwingungen mit einer mathematischen Analyse der Eigenwerte untersucht. Es erfolgte ein direkter Vergleich der Eigenfrequenz der Brücke mit der Frequenz gehender oder hüpfender Personen, die aus Feldversuchen ermittelt wurde. Durch einfache Berechnungen konnte ein allfälliges Resonanzproblem ausgeschlossen werden. Da die Eigenfrequenz der Fussgängerbrücke aber in einem schwingungsanfälligen Bereich zwischen ein bis vier Hertz liegt, besteht die Gefahr, dass die schwingungsbedingte Beschleunigung zu hohe Werte erreicht. Das subjektive Empfinden eines Passanten würde die erhöhte Beschleunigung als störend registrieren und unangenehm empfinden. Eine detaillierte Schwingungsanalyse zeigte aber, dass die Beschleunigungsamplituden auf einem für die Allgemeinheit akzeptablem Niveau bleiben. Ausserdem bestätigen die effektiven Begehungen der Fuss- und Radwegbrücke die theoretischen Berechnungen – man spürt zwar die Beschleunigungen der Schwingungen, doch nur in einem äusserst geringen Mass.

[ Daniel Meyer, dipl. Bauingenieur ETH SIA SWB, Leiter des CC Fassaden- und Metallbau und Dozent an der HTA Luzern; Michael Preindl, dipl. Bauingenieur FH, Assistent HTA Luzern; Riccardo Dorn, dipl. Bauingenieur FH bei Dr. Lüchinger und Meyer Bauingenieur AG ]

TEC21, Fr., 2007.10.19



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tec21 2007|44 Gläsern

21. August 2006Daniel Meyer
TEC21

Filigrane Konstruktion

Die gläserne Eingangsfassade des Londoner Bürogebäudes K 2 von Richard Rogers wird durch ihre vorgespannte Seilfassade mit punktbefestigten Gläsern zu einem eigenen gläsernen Volumen. Aufgrund der unregelmässigen Windlasten war die Konstruktion der Fassadenecke eine besondere Herausforderung.

Die gläserne Eingangsfassade des Londoner Bürogebäudes K 2 von Richard Rogers wird durch ihre vorgespannte Seilfassade mit punktbefestigten Gläsern zu einem eigenen gläsernen Volumen. Aufgrund der unregelmässigen Windlasten war die Konstruktion der Fassadenecke eine besondere Herausforderung.

Gegenüber dem Tower of London, im Gebiet des St Katherine’s Dock, entstand zwischen 2002 und 2005 nach einem Entwurf des Architekturbüros Richard Rogers Partnership das neue Bürogebäude K 2. Ein U-förmiger Glaskörper bildet den strassenseitigen, grosszügigen Eingangsbereich des Gebäudes. Das im Grundriss trapezförmige Volumen hat eine Höhe von 32 m und eine Länge von 27 m. Auf der Südseite misst die Breite 4 m und auf der Nordseite 13 m. Sämtliche vertikalen und horizontalen Flächen sind mit punktgehaltenen Glasscheiben verglast (Bilder 2 und 3).
Beim Entwurf des Tragwerks wurde grosser Wert auf eine transparente und filigrane Konstruktion gelegt. Um den angestrebten Eindruck von Leichtigkeit möglichst anschaulich zu vermitteln, fiel die Wahl des Tragsystems auf eine vorgespannte Seilfassade mit punktbefestigten Gläsern.

Das Haupttragwerk (Bild 1) des oberen Fassadenteils (Ebene 2 bis Ebene 8) bilden vier in einem horizontalen Abstand von 9 m vertikal angeordnete Konsolenkonstruktionen. Diese Konsolen sind direkt an der Tragkonstruktion des Gebäudes angehängt und in zwei Achsen zusätzlich an durchgehenden Stützen befestigt. Die vier Konsolen sind alle 7.80 m horizontal verbunden. In der Dachebene und in der Ebene 2 sind unterspannte bzw. überspannte Träger eingebaut. Diese leiten die hohen Vorspannkräfte der Seilfassade zu den Konsolen hin weiter. Das Haupttragwerk ist derart konzipiert, dass sich infolge der Vorspannkräfte ein Kraftschluss ausbildet. Für die Aussteifung sind horizontale und vertikale Verbände eingebaut.
Der untere Bereich der Fassade (Strassenebene) ist als unten abgestellte Pfostenkonstruktion, die mit dem oberen Teil der Fassade lediglich horizontal gekoppelt ist, ausgebildet. Das ganze Tragwerk wurde in dickwandigen Stahlrohren und geschweissten Kastenprofilen in der Stahlgüte S355 ausgeführt. Die einzelnen Elemente des Stahltragwerkes sind hauptsächlich mit den in England häufig verwendeten Bolzen und Augenstäben gelenkig verbunden worden.

Die Sekundärkonstruktion der Fassade bilden vertikal verlaufende vorgespannte Seilpaare im Abstand von 3 m. Die Edelstahlseile mit einer Länge von ca. 24 m haben einen Nenndurchmesser von 26mm. An die Seilpaare sind die so genannten Fassadenspider, welche die Gläser tragen, geklemmt.

Statische Berechnung

Die generellen statischen Berechnungen und die Ermittlung der Beanspruchungen erfolgten an einem räumlichen Stabsystem. Die Bemessung richtete sich nach den Regeln des British Standard 5950 «Structural use of steelwork in building». Die Lasten wurden gemäss British Standard 6399 «Loads for Buildings» angesetzt. Neben den Eigenlasten und Vorspannlasten wurden Windlasten (Druck 1.2 kN/m2/Sog 1.4 kN/m2), Schneelasten (0.6 kN/m2) und Temperaturdifferenzen (±30K) berücksichtigt. Des Weiteren mussten auch Lasten für Reinigungszwecke in die Berechnungen einbezogen werden. Die Berechnungen wurden für die Stäbe nach der Theorie 2. Ordnung unter Berücksichtigung von Vorverformungen und für die Seile nach der Theorie 3. Ordnung durchgeführt (Bild 4).

Verglasung

Die in der Regel 3¥2 m grossen Fassadengläser bestehen aus Verbundsicherheitsglas (VSG) aus zweimal 12mm Einscheibensicherheitsglas (ESG) mit einer 1.52mm starken dazwischen liegenden Verbundfolie. Die Gläser sind jeweils an vier Punkten zwängungsfrei an den Spidern befestigt. Die Spannungen der punktgestützten Gläser wurden mit einem FE-Programm, das auf der Grundlage der Sandwich-Theorie rechnet, ermittelt. Die Bemessung erfolgte nach dem heute im Glasbau noch üblichen deterministischen Verfahren der zulässigen Spannungen. Für den Nachweis der Tragsicherheit wurde keine Verbundwirkung der Folie berücksichtigt, d.h., jede der 12-mm-Scheiben übernimmt 50% der Windlast. Für die Durchbiegungsberechungen dagegen wurde auf Grund der Kurzfristigkeit der Windeinwirkung ein Vollverbund des Scheibenpakets eingesetzt. Die Punkthalter sind mit einem Rotationsgelenk, das in der Scheibenebene liegt, ausgebildet. So können einerseits ungünstig wirkende Lochspannungen wirksam re-duziert und anderseits differenzielle Seilverformungen aufgenommen werden. Die ca. 20mm breiten Fugen zwischen den Gläsern sind mit Silikon geschlossen.

Die Dachverglasung besteht aus bis zu 3.3¥2 m grossen Isoliergläsern. Das untere Glas der Isolierscheibe ist ein Verbundsicherheitsglas aus zweimal 12mm teilvorgespanntem Glas (TVG), das obere Glas ist ein ESG mit einer Stärke von 8mm. Die Scheiben lagern auf jeweils sechs Punkthaltern, wobei aber nur das untere VSG an diesen mechanisch befestigt ist. Die obere ESG-Scheibe ist nur über den Luftzwischenraum und den Randverbund mit der unteren Scheibe gekoppelt.
Die zumeist vierarmigen Spider, an denen die Punkthalter der Glasscheiben befestigt sind, wurden als Guss-teile in Edelstahl (1.4317) hergestellt. Die Optimierung der Form und die statischen Berechnungen der Guss-teile erfolgten an 3-D-Modellen mit Volumenelementen (Bild 5).

Seile

Die vertikal paarweise angeordneten Spiralseile tragen in erster Linie das Eigengewicht der Gläser und die horizontal wirkenden Windkräfte ab. Je höher die Vorspannung angesetzt wird, desto geringer fallen die horizontalen Verformungen infolge Wind aus. Bei einer gewählten Vorspannung von 270kN pro Kabel und einer Temperaturdifferenz von +30K beträgt die maximale horizontale Verformung infolge Wind ca. 120mm. Bezogen auf die horizontale Befestigungslänge von 7.8 m entspricht diese Verformung einem Verhältnis von L/65. Die Verformungen sind wohl beachtlich, können aber vom Verglasungssystem problemlos aufgenommen werden. Auf vorgespannte Federn an den Enden der Seile, wie man sie ab und zu bei solchen Fassadenkonstruktionen sieht, wurde aus ästhetischen und wirtschaftlichen Gründen verzichtet (Bilder 6 und 7). Diese Federn gewährleisten, dass die Vorspannkräfte unter Temperatureinwirkung konstant bleiben. Da aber, wie die Modellierungen zeigten, die Temperaturänderungen nur einen kleinen Einfluss auf das Verformungsverhalten hatten, konnte hinsichtlich des statischen Verhaltens kein wirklicher Vorteil und Nutzen geltend gemacht werden. Die Befestigung der Spider an den Seilen erfolgte über Klemmverbindungen. Die Klemmen müssen das Gewicht der Gläser und Teile des Stahlgewichts über Reibung an die Seile abgeben. Da es im British Standard 5950 keine Bemessungsregeln für Klemmverbindungen gibt, wurden für diese Verbindungen Versuche durchgeführt (Bild 8).

Fassadenecken

Die konstruktiv grösste Herausforderung lag in der Ausbildung der beiden Fassadenecken (Bild 9). Die statischen Verhältnisse sind auf Grund der ungünstig wirkenden Windlasten komplex. Das Trennen der Längsfassade von den beiden Seitenfassaden über bewegliche Fugen mit einem dazwischen liegenden starren Teil war optisch und auch konstruktiv unbefriedigend. An Stelle einer solchen «gefugten» Konstruktion wurde die Fassadenecke als drehweiche Seilkonstruktion ausgebildet. In den Ecken sind jeweils drei untereinander horizontal gekoppelte Seile angeordnet. Diese sind in der Lage, einerseits die Windlasten abzutragen und anderseits, dank ihrer Torsionsweichheit, die Verträglichkeit der beiden Ebenen sicherzustellen und somit die auftretenden Zwängungsbeanspruchungen infolge Scheibenverwindungen in den Gläsern klein zu halten. Für die Beurteilung und die Bemessung wurden die Fassadenecken aufgrund der hohen Komplexität mit Hilfe von FE-Modellen mit Schalen- und Stabelementen modelliert (Bilder 11, 12 und 13).

Montage

Die Montage und die Vorspannung der Konstruktion stellten hohe Anforderungen sowohl an die Planung als auch an die Ausführung. In der ersten Phase wurde die Hauptstahlkonstruktion gebaut und ausgerichtet.

Anschliessend erfolgte die Vorspannung der Seile von der Dachebene aus mit hydraulischen Pressen nach einem vorgegebenen Programm (Bild 10). In einem ersten Schritt wurden alle Seile auf 25% vorgespannt und im weiteren Verlauf sukzessive von innen nach aussen auf 100% gespannt. Die Kontrolle erfolgte einerseits über die geodätische Vermessung der Stahlkonstruktion und anderseits über Druckmessdosen an den Pressen und durch Messen der Seilverkürzungen. Abschliessend wurden die Spiderhalter angebracht und die Gläser montiert.

TEC21, Mo., 2006.08.21



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tec21 2006|33-34 Glas

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