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12. März 2005Claudia Ruff
Elisabeth Steiner
Der Standard

Strabag beeinsprucht Stadion-Vergabe

Die Strabag bekämpft den Zuschlag an die Porr beim Bau des EM-Stadions in Klagenfurt und will eine einstweilige Verfügung erwirken. Damit wäre die Fußball-EM 2008 akut gefährdet, sagte der Vorsitzende der Vergabekommission, Peter Gattermann, zum Standard.

Die Strabag bekämpft den Zuschlag an die Porr beim Bau des EM-Stadions in Klagenfurt und will eine einstweilige Verfügung erwirken. Damit wäre die Fußball-EM 2008 akut gefährdet, sagte der Vorsitzende der Vergabekommission, Peter Gattermann, zum Standard.

Die bei der Vergabe des EM-Stadions in Klagenfurt unterlegene Bietergemeinschaft Strabag/Siemens/HTB will mithilfe von drei Anwaltskanzleien erreichen, dass die Zuschlagserteilung an die Porr/Alpine zurückgenommen wird und es zu einer „neuen objektiven Bewertung aller Angebote kommt“. Das kündigte der Anwalt, Ralf Pock, am Freitag in Wien an. In den nächsten Tagen werden daher zwei Nachprüfungsanträge gestellt. Der eine zielt darauf ab, der Porr den Auftrag wieder zu entziehen, und der andere richtet sich gegen das Ausscheiden der Strabag aus dem Bieterverfahren, sagte Anwalt Michael Breitenfeld.

Mit den Einsprüchen beim unabhängigen Verwaltungssenat in Klagenfurt und der Bundesvergabekommission wollen die Anwälte eine einstweilige Verfügung von zwei Monaten erwirken, innerhalb derer die Behörden entscheiden müssen. Kommen sie mit der Beeinspruchung des Verfahrens nicht durch, so wurde von Anwalt Helmrich Bornheim bereits eine Schadenersatzklage „im zweistelligen Millionenbereich“ in Aussicht gestellt.

Was die Strabag so erzürnt: Ihr Hauptangebot sowie ihre fünf Nebenangebote (Breitenfeld) wurden - wie die von drei weiteren Bietern - ausgeschieden und der Bewertungskommission nicht vorgelegt. Die Begründung war eine „nicht nachvollziehbare“ Kostenreduktion von zuletzt 10,70 Prozent. Das Erstangebot der Strabag lag bei 68 Mio. Euro. „Dass muss man sich auf der Zunge zergehen lassen, unser Angebot wurde nicht vorgelegt“, sagte Pock und schließt daraus, dass die Entscheidung der Kommission pro Porr „nicht einstimmig war“. Begründete wurde das Ausscheiden mit „haarstreubenden Scheinargumenten“. Pock weiter: „Das Ergebnis der Bewertungskommission war schlicht und ergreifend eine Farce.“ Auf die Frage, woher er wisse, dass auch die Angebote von drei weiteren Bieter ausgeschieden wurden, meinte Pock: „Das wissen wir von unserem Klienten, und woher der die Infos hat, weiß ich nicht.“

Anders als die Strabag fehle im Porr-Angebot auch die Garantie einer durchgehenden Bespielbarkeit für den FC Kärnten während der Bauzeit. Dieser Kostenvorteil von drei Mio. Euro müsse auf das Angebot der Porr aufgeschlagen werden, behauptet Pock. Außerdem fehlten im Angebot der Porr der Nachweis der Subunternehmer. Rechtswidrig sei zudem, dass der Porr-Architekt Albert Wimmer „vor und nach Einleitung des Vergabeverfahrens als Architekt für die Auftraggeberseite tätig war“. Pocks Resümee: „Das Ergebnis war vorprogrammiert, massive Gründe sprechen gegen das Porr-Angebot.“ „Das Angebot unserer Klientin ist preislich günstiger als jenes der behaupteten Bestbieterin.“ Bornhelm: „Die Vergabe hier war einzigartig, so gravierende Verstöße gegen das Europarecht habe ich noch nie erlebt.“

Haider: Habe „gewarnt“

Schützenhilfe erhält die Strabag von Kärntens Landeshauptmann Jörg Haider. „Ein Einspruch steht jedem Bieter zu, auch der Strabag.“ Er spielt den Ball nun dem Bauherrn, der Stadt Klagenfurt zu: „Wir haben gewarnt. Jetzt hat Bürgermeister Harald Scheucher Handlungsbedarf.“ Offenbar soll dieser zu einer Teilung des Auftrages bewogen werden. Im Gespräch mit dem STANDARD macht Scheucher aber neuerlich klar, dass er daran keineswegs denke: „Eine Jury aus hochkarätigen Experten hat entschieden und mit zehn zu null eine deutliche Sprache gesprochen.“ Und Scheucher weiter: „Ich fordere Strabag-Chef Hans Peter Haselsteiner auf, mir die Erlaubnis zu geben, das Strabag-Modell veröffentlichen zu dürfen. Damit kann jeder den Unterschied der beiden Projekte beurteilen.“

Der Vorsitzende der Vergabekommission, Peter Gattermann, weist die Anschuldigungen der Strabag-Anwälte „auf das Entschiedenste“ zurück: „Hier will ein Verlierer, ein eindeutiges Votum madig machen.“ „Unsere Vorgabe war nicht das Billigst-, sondern das Bestbieterprinzip.“ Und Bestbieter sei eindeutig die Porr/Alpine. „Ich lade Fachleute und Architektenkammer ein, das zu beurteilen.“ Zum hohen Preisnachlass der Strabag meinte Gatterman, es sei eine Vorgabe der Obergutachter Aicher & Holoubek gewesen, dass Preisnachlässe glaubwürdig begründet sein müssten, um versuchtem Preisdumping Einhalt zu gebieten. Zur Androhung einer einstweiligen Verfügung und einer möglichen Neuauflage des Vergabeverfahrens meint Gattermann: „Jede Zeitverzögerung führt dazu, dass die EM akut gefährdet wird.“ Allerdings sei es „schon seltsam, wie die streng vertraulichen Details“ der Vergabeentscheidung an die Strabag-Anwälte gelangen konnten. Das Vergabeprotokoll werde nämlich erst kommenden Montag veröffentlicht. „Da muss wohl ein Informant aus der Jury unterwegs gewesen sein.“ Die Porr wollte die Vorwürfen nicht kommentieren.

Der Standard, Sa., 2005.03.12



verknüpfte Bauwerke
EM Stadion Klagenfurt

15. Oktober 2002Claudia Ruff
Der Standard

Architektur ist nicht nur die Fassade

„Architektur im Wohnbau - Kosmetik oder Mehrwert“ hieß das Thema des 14. Symposiums über die Zukunft des Wohnens. Die Veranstaltung, die von Standard, Wüstenrot, dem Fachmagazin „Wohnen Plus“ und der Architektenkammer organisiert wurde, war komplett ausverkauft.

„Architektur im Wohnbau - Kosmetik oder Mehrwert“ hieß das Thema des 14. Symposiums über die Zukunft des Wohnens. Die Veranstaltung, die von Standard, Wüstenrot, dem Fachmagazin „Wohnen Plus“ und der Architektenkammer organisiert wurde, war komplett ausverkauft.

Herbert Greisberger von der Österreichischen Gesellschaft für Umwelt und Technik (Ögut) im Infrastrukturministerium hatte einen schweren Stand unter all den Architekten. Für ihn steht fest: Es ist nicht die Architektur, worauf sich die Leute freuen, wenn sie nach Hause kommen; es sind die Freizeitmöglichkeiten, die Familie etc. Architektur, so Greisberger, kam bei einer Befragung ganz zum Schluss. Daher gehöre es zu den künftigen Aufgaben der Architekten, die Lebensqualität der Menschen ins Zentrum ihrer Aufgabe zu rücken.

Das konnte freilich Michaela Mischek, Chefin des gleichnamigen Bauträgers, nicht unkommentiert lassen. Mischek machte jedenfalls bei ihren Kunden die Erfahrung, dass „für viele Architektur nur die Fassade ist; und viele subsumieren unter Architektur all das, was bei der Wohnung nicht funktioniert“, sagte Mischek im Architekturzentrum Wien, das mit 100 Teilnehmern zum Bersten voll war. Mischek setzt Architektur daher gleich mit „guter Raumqualität, die sich an die unterschiedlichen Bedürfnisse der Nutzer anpasst“.

Dietmar Steiner, Direktor vom Architekturzentrum Wien sieht die Anforderungen an die Architekten in Zukunft vor allem im Entwurf und nicht in der Kosmetik. Die Architekten „müssen sich auch in die Niederungen der Förderungen und gesetzlichen Rahmenbedingungen begeben“, denn nur so könnten die Architekten auf die sich wandelnden Nutzerbedürfnisse eingehen. STANDARD-Chefredakteur Gerfried Sperl, der die Veranstaltung moderierte, fasste die zum Teil sehr hitzige Diskussion so zusammen: Wir brauchen Architekten, aber in geänderten Rollen und Funktionen. Gleichzeitig wies Sperl aber auch darauf hin, dass es die Architekten im Unterschied zu Werbeagenturen nie geschafft haben, Marketing in eigener Sache zu machen und damit auch ihre Honorare nicht mit entsprechendem Selbstbewusstsein vertreten.

Zu den Honoraren hatte auch Josef Frühwirth, Chef des Wiener Bodenbereitstellungsfonds eine Anregung: Seiner Meinung nach sei es ein Widerspruch, dass die Honorare der Architekten umso höher sind, je höher die Baukosten sind. Die Architekten sollten sich darüber einmal Gedanken machen, so der Rat Frühwirths.

Adolf Krischanitz, einer der führenden heimischen Architekten mit Professur an der Universität für Künste in Berlin, gab gerne zu, dass es von „Architekten viele Geistlosigkeiten gibt, die allerdings noch von vielen anderen, die mit dem Bau etwas zu tun haben, übertroffen werden“. Und an die Adresse von Greisberger gerichtet meinte Krischanitz: Architektur kann nicht auf reines Konsumverhalten reduziert werden: „Denn schließlich mache ich mir meine Schuhe auch nicht selbst, sondern gehe in ein Fachgeschäft.“ Der Architekt sei immer ein Teamarbeiter gewesen. Er müsse mit Bauträger, Statiker, Controller, Bauherrn etc. zusammenarbeiten. Und, so Krischanitz: Der Architekt sei der einzige Dilettant, der all die vorher Genannten steuern könne.

Greisberger, der sich über das Forschungsprogramm „Haus der Zukunft“ intensiv mit dem Thema Wohnbau beschäftigte, skizzierte dann auch noch sein Bild eines Architekten: Der klassische Architekt arbeitet ein Leben lang, um am Ende des Tages ein Fotoalbum zu haben, wo seine Projekte bei der Eröffnungsfeier abgebildet sind. Dort, so Greisberger, sehe man aber nicht, ob sich die Leute auch wohlfühlen. Krischanitz konterte: Sie müssen Ihr Bild eines Architekten neu definieren.

Der Standard, Di., 2002.10.15

Presseschau 12

12. März 2005Claudia Ruff
Elisabeth Steiner
Der Standard

Strabag beeinsprucht Stadion-Vergabe

Die Strabag bekämpft den Zuschlag an die Porr beim Bau des EM-Stadions in Klagenfurt und will eine einstweilige Verfügung erwirken. Damit wäre die Fußball-EM 2008 akut gefährdet, sagte der Vorsitzende der Vergabekommission, Peter Gattermann, zum Standard.

Die Strabag bekämpft den Zuschlag an die Porr beim Bau des EM-Stadions in Klagenfurt und will eine einstweilige Verfügung erwirken. Damit wäre die Fußball-EM 2008 akut gefährdet, sagte der Vorsitzende der Vergabekommission, Peter Gattermann, zum Standard.

Die bei der Vergabe des EM-Stadions in Klagenfurt unterlegene Bietergemeinschaft Strabag/Siemens/HTB will mithilfe von drei Anwaltskanzleien erreichen, dass die Zuschlagserteilung an die Porr/Alpine zurückgenommen wird und es zu einer „neuen objektiven Bewertung aller Angebote kommt“. Das kündigte der Anwalt, Ralf Pock, am Freitag in Wien an. In den nächsten Tagen werden daher zwei Nachprüfungsanträge gestellt. Der eine zielt darauf ab, der Porr den Auftrag wieder zu entziehen, und der andere richtet sich gegen das Ausscheiden der Strabag aus dem Bieterverfahren, sagte Anwalt Michael Breitenfeld.

Mit den Einsprüchen beim unabhängigen Verwaltungssenat in Klagenfurt und der Bundesvergabekommission wollen die Anwälte eine einstweilige Verfügung von zwei Monaten erwirken, innerhalb derer die Behörden entscheiden müssen. Kommen sie mit der Beeinspruchung des Verfahrens nicht durch, so wurde von Anwalt Helmrich Bornheim bereits eine Schadenersatzklage „im zweistelligen Millionenbereich“ in Aussicht gestellt.

Was die Strabag so erzürnt: Ihr Hauptangebot sowie ihre fünf Nebenangebote (Breitenfeld) wurden - wie die von drei weiteren Bietern - ausgeschieden und der Bewertungskommission nicht vorgelegt. Die Begründung war eine „nicht nachvollziehbare“ Kostenreduktion von zuletzt 10,70 Prozent. Das Erstangebot der Strabag lag bei 68 Mio. Euro. „Dass muss man sich auf der Zunge zergehen lassen, unser Angebot wurde nicht vorgelegt“, sagte Pock und schließt daraus, dass die Entscheidung der Kommission pro Porr „nicht einstimmig war“. Begründete wurde das Ausscheiden mit „haarstreubenden Scheinargumenten“. Pock weiter: „Das Ergebnis der Bewertungskommission war schlicht und ergreifend eine Farce.“ Auf die Frage, woher er wisse, dass auch die Angebote von drei weiteren Bieter ausgeschieden wurden, meinte Pock: „Das wissen wir von unserem Klienten, und woher der die Infos hat, weiß ich nicht.“

Anders als die Strabag fehle im Porr-Angebot auch die Garantie einer durchgehenden Bespielbarkeit für den FC Kärnten während der Bauzeit. Dieser Kostenvorteil von drei Mio. Euro müsse auf das Angebot der Porr aufgeschlagen werden, behauptet Pock. Außerdem fehlten im Angebot der Porr der Nachweis der Subunternehmer. Rechtswidrig sei zudem, dass der Porr-Architekt Albert Wimmer „vor und nach Einleitung des Vergabeverfahrens als Architekt für die Auftraggeberseite tätig war“. Pocks Resümee: „Das Ergebnis war vorprogrammiert, massive Gründe sprechen gegen das Porr-Angebot.“ „Das Angebot unserer Klientin ist preislich günstiger als jenes der behaupteten Bestbieterin.“ Bornhelm: „Die Vergabe hier war einzigartig, so gravierende Verstöße gegen das Europarecht habe ich noch nie erlebt.“

Haider: Habe „gewarnt“

Schützenhilfe erhält die Strabag von Kärntens Landeshauptmann Jörg Haider. „Ein Einspruch steht jedem Bieter zu, auch der Strabag.“ Er spielt den Ball nun dem Bauherrn, der Stadt Klagenfurt zu: „Wir haben gewarnt. Jetzt hat Bürgermeister Harald Scheucher Handlungsbedarf.“ Offenbar soll dieser zu einer Teilung des Auftrages bewogen werden. Im Gespräch mit dem STANDARD macht Scheucher aber neuerlich klar, dass er daran keineswegs denke: „Eine Jury aus hochkarätigen Experten hat entschieden und mit zehn zu null eine deutliche Sprache gesprochen.“ Und Scheucher weiter: „Ich fordere Strabag-Chef Hans Peter Haselsteiner auf, mir die Erlaubnis zu geben, das Strabag-Modell veröffentlichen zu dürfen. Damit kann jeder den Unterschied der beiden Projekte beurteilen.“

Der Vorsitzende der Vergabekommission, Peter Gattermann, weist die Anschuldigungen der Strabag-Anwälte „auf das Entschiedenste“ zurück: „Hier will ein Verlierer, ein eindeutiges Votum madig machen.“ „Unsere Vorgabe war nicht das Billigst-, sondern das Bestbieterprinzip.“ Und Bestbieter sei eindeutig die Porr/Alpine. „Ich lade Fachleute und Architektenkammer ein, das zu beurteilen.“ Zum hohen Preisnachlass der Strabag meinte Gatterman, es sei eine Vorgabe der Obergutachter Aicher & Holoubek gewesen, dass Preisnachlässe glaubwürdig begründet sein müssten, um versuchtem Preisdumping Einhalt zu gebieten. Zur Androhung einer einstweiligen Verfügung und einer möglichen Neuauflage des Vergabeverfahrens meint Gattermann: „Jede Zeitverzögerung führt dazu, dass die EM akut gefährdet wird.“ Allerdings sei es „schon seltsam, wie die streng vertraulichen Details“ der Vergabeentscheidung an die Strabag-Anwälte gelangen konnten. Das Vergabeprotokoll werde nämlich erst kommenden Montag veröffentlicht. „Da muss wohl ein Informant aus der Jury unterwegs gewesen sein.“ Die Porr wollte die Vorwürfen nicht kommentieren.

Der Standard, Sa., 2005.03.12



verknüpfte Bauwerke
EM Stadion Klagenfurt

15. Oktober 2002Claudia Ruff
Der Standard

Architektur ist nicht nur die Fassade

„Architektur im Wohnbau - Kosmetik oder Mehrwert“ hieß das Thema des 14. Symposiums über die Zukunft des Wohnens. Die Veranstaltung, die von Standard, Wüstenrot, dem Fachmagazin „Wohnen Plus“ und der Architektenkammer organisiert wurde, war komplett ausverkauft.

„Architektur im Wohnbau - Kosmetik oder Mehrwert“ hieß das Thema des 14. Symposiums über die Zukunft des Wohnens. Die Veranstaltung, die von Standard, Wüstenrot, dem Fachmagazin „Wohnen Plus“ und der Architektenkammer organisiert wurde, war komplett ausverkauft.

Herbert Greisberger von der Österreichischen Gesellschaft für Umwelt und Technik (Ögut) im Infrastrukturministerium hatte einen schweren Stand unter all den Architekten. Für ihn steht fest: Es ist nicht die Architektur, worauf sich die Leute freuen, wenn sie nach Hause kommen; es sind die Freizeitmöglichkeiten, die Familie etc. Architektur, so Greisberger, kam bei einer Befragung ganz zum Schluss. Daher gehöre es zu den künftigen Aufgaben der Architekten, die Lebensqualität der Menschen ins Zentrum ihrer Aufgabe zu rücken.

Das konnte freilich Michaela Mischek, Chefin des gleichnamigen Bauträgers, nicht unkommentiert lassen. Mischek machte jedenfalls bei ihren Kunden die Erfahrung, dass „für viele Architektur nur die Fassade ist; und viele subsumieren unter Architektur all das, was bei der Wohnung nicht funktioniert“, sagte Mischek im Architekturzentrum Wien, das mit 100 Teilnehmern zum Bersten voll war. Mischek setzt Architektur daher gleich mit „guter Raumqualität, die sich an die unterschiedlichen Bedürfnisse der Nutzer anpasst“.

Dietmar Steiner, Direktor vom Architekturzentrum Wien sieht die Anforderungen an die Architekten in Zukunft vor allem im Entwurf und nicht in der Kosmetik. Die Architekten „müssen sich auch in die Niederungen der Förderungen und gesetzlichen Rahmenbedingungen begeben“, denn nur so könnten die Architekten auf die sich wandelnden Nutzerbedürfnisse eingehen. STANDARD-Chefredakteur Gerfried Sperl, der die Veranstaltung moderierte, fasste die zum Teil sehr hitzige Diskussion so zusammen: Wir brauchen Architekten, aber in geänderten Rollen und Funktionen. Gleichzeitig wies Sperl aber auch darauf hin, dass es die Architekten im Unterschied zu Werbeagenturen nie geschafft haben, Marketing in eigener Sache zu machen und damit auch ihre Honorare nicht mit entsprechendem Selbstbewusstsein vertreten.

Zu den Honoraren hatte auch Josef Frühwirth, Chef des Wiener Bodenbereitstellungsfonds eine Anregung: Seiner Meinung nach sei es ein Widerspruch, dass die Honorare der Architekten umso höher sind, je höher die Baukosten sind. Die Architekten sollten sich darüber einmal Gedanken machen, so der Rat Frühwirths.

Adolf Krischanitz, einer der führenden heimischen Architekten mit Professur an der Universität für Künste in Berlin, gab gerne zu, dass es von „Architekten viele Geistlosigkeiten gibt, die allerdings noch von vielen anderen, die mit dem Bau etwas zu tun haben, übertroffen werden“. Und an die Adresse von Greisberger gerichtet meinte Krischanitz: Architektur kann nicht auf reines Konsumverhalten reduziert werden: „Denn schließlich mache ich mir meine Schuhe auch nicht selbst, sondern gehe in ein Fachgeschäft.“ Der Architekt sei immer ein Teamarbeiter gewesen. Er müsse mit Bauträger, Statiker, Controller, Bauherrn etc. zusammenarbeiten. Und, so Krischanitz: Der Architekt sei der einzige Dilettant, der all die vorher Genannten steuern könne.

Greisberger, der sich über das Forschungsprogramm „Haus der Zukunft“ intensiv mit dem Thema Wohnbau beschäftigte, skizzierte dann auch noch sein Bild eines Architekten: Der klassische Architekt arbeitet ein Leben lang, um am Ende des Tages ein Fotoalbum zu haben, wo seine Projekte bei der Eröffnungsfeier abgebildet sind. Dort, so Greisberger, sehe man aber nicht, ob sich die Leute auch wohlfühlen. Krischanitz konterte: Sie müssen Ihr Bild eines Architekten neu definieren.

Der Standard, Di., 2002.10.15

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