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04. August 2016Gerhard Dorfi
Der Standard

Belebte Stadträume mit „Feld 72“

Einee Gruppe am Schnittpunkt zwischen Architektur, Urbanismus und Kunst, belebt und überrascht die Stadt Salzburg

Einee Gruppe am Schnittpunkt zwischen Architektur, Urbanismus und Kunst, belebt und überrascht die Stadt Salzburg

Die Linzergasse ist (nicht nur) zur Festspielzeit ein äußerst belebter Ort. Dorthin, genauer an das Eck zum engen Goldgässchen, hatte am Mittwoch die Sommerakademie für ein Kunstprojekt geladen: Das „Feld 72“ ist eine Gruppe am Schnittpunkt zwischen Architektur, Urbanismus und Kunst, die einen Kurs über Werkzeuge, Taktiken und Strategien im öffentlichen Raum leitet. Video- und Tanzkünstlerin Daphna Mero hat sich mit den Bewegungsgesetzen der Straße auseinandergesetzt.

„Rules Of The Street“ heißt die Performance, in der die Akteure das schmale Gässchen zum Schauplatz einer Reflexion über die Interaktion in der Öffentlichkeit machen. Realistischer Ansatz, der im Setting einer Kunstaktion auf einem belebten öffentlichen Platz, dann mitunter die Qualität eines Monty-Python-Sketches bekommt. Ein Ministry Of Silly Walks als Gegenstrategie zu den von Touristenmassen verstopften Salzburger Alt- und Neustadtgassen hat jedenfalls einen befreienden Effekt – und durch die „Interventionen“ der nicht in das Kunstprojekt eingeweihten Menschen komödiantisches wie subversives Potenzial.

Global, lokal, regional

So bekommt das den Doors entlehnte Motto von Feld 72, People Are Strange(rs), Sinn. Dass in der Festspielstadt das Globale auf das Lokale und Regionale trifft, thematisiert auch ein Symposium im Rahmen der Sommerakademie: Globale Akademie? lautet dessen Titel, es geht um die Herausforderungen und Modelle der Kunstaus- und Weiterbildung zwischen Selbstorganisation und staatlichen Institutionen. Koyo Kouoh präsentiert die Raw Material Company im Dakar, deren Kunstverständnis auf politische wie soziale Veränderung ausgerichtet ist. Farid Rakun erklärt, warum aus Sicht der Indonesier in den Niederlanden der „Gegenkolonialismus“ dem Postkolonialismus vorzuziehen ist.

Ahmet Öggüt spricht über alternative ökonomische Modelle für die Ausbildung Kunstschaffender, Alessio Antoniolli zur Entwicklung der Künstlergruppe Triangle Network, die Dialog und Mobilität durch Austausch fördert.

Geistige wie körperliche Beweglichkeit hilft auch beim heutigen Tag der „Offenen Türen“, bei der sich die Klasse von Feld 72 im Stadtraum präsentiert (15.00-16.00), die Klassen von Lukas Pusch, Imran Qureshi und Nora Schultz danach (16.00-18.00) auf der Festung Hohensalzburg.

Der Standard, Do., 2016.08.04

16. November 2002Gerhard Dorfi
Der Standard

„Eine komplizierte Vergabe“

Salzburger Festspielhaus: Präsentation der Holzbauer-Pläne

Salzburger Festspielhaus: Präsentation der Holzbauer-Pläne

Die mit Spannung erwartete Präsentation der Pläne für den Umbau des Kleinen Festspielhauses zum „Haus für Mozart“ vergangene Woche in Salzburg durch die beiden Architekten Wilhelm Holzbauer und Franz Valentiny sowie das Festspieldirektorium konnte kaum zur Klärung wichtiger Fragen in dieser Causa beitragen. Der seit über einem Jahr andauernde Streit um die Auftragsvergabe scheint keineswegs ausgeräumt: Vorgestellt wurden lediglich Pläne und Modell des Holzbauer/Valentiny-Entwurfes, nicht aber die Unterlagen der anderen vier eingereichten Projekte.

Aus rechtlichen Gründen, so Festspielintendant Peter Ruzicka, hätte man die anderen Architekten erst Montagabend einladen können. Ein Einverständnis zur Ausstellung verweigerten die Architekten Domenig, Eisenköck und Lorenz in einem Fax mit der Begründung, dass ihnen jegliches Vertrauen in das Gremium fehle. Damit bleibt der Öffentlichkeit weiterhin die Vergleichsmöglichkeit zwischen den verschiedenen Entwürfen versagt.

Ungeachtet dessen sieht Ruzicka „die verständlicherweise komplizierte Vergabe“ in einem positiven Licht: Die letzten zwölf Monate seien zum Wohle des Projektes verstrichen, da sich Synergieeffekte zwischen ursprünglich konkurrierenden Projekten eingestellt hätten. Das vorgestellte Modell, so Holzbauer, habe in dieser Form nicht am Wettbewerb teilgenommen, sondern sei das Ergebnis einer gemeinsamen Planung mit Valentiny. Holzbauer war von der Bewertungskommission, einem neunköpfigen Gremium, das laut Ruzicka nur beratende Funktion gehabt hätte, in den zwei Wettbewerbsphasen nie an erster Stelle gereiht worden. Die Entscheidung für die Holzbauer/Valentiny-Pläne habe das Festspieldirektorium nach Absprache mit Festspielfonds und Festspielkuratorium getroffen.

Die wesentlichen Neuerungen zum bestehenden Kleinen Festspielhaus stellen Platz für zusätzliche 250 Zuschauer, ein Balkon an der Clemens-Holzmeister-Fassade und eine verglaste VIP-Lounge im Obergeschoß dar. Verändert werden soll auch die Dachkonstruktion. Kritik am geplanten Flachdach, das den ursprünglichen Ideen des Festspielhausarchitekten Holzmeister nicht entspricht, weist Valentiny zurück: „Was in den Zwanzigerjahren in der Architektur passiert ist, ist heute nicht mehr von Bedeutung.“ Eine seltsame Erklärung für jemanden, der im Einleitungsstatement beteuerte, dass er versucht habe, Aura und Geist des Ortes und Holzmeister zu verstehen. Ob das Projekt in dieser präsentierten Form überhaupt verwirklicht wird, bleibt nicht nur wegen der noch nicht gesicherten Finanzierung des 29 Millionen Euro teuren Umbaus fraglich. Die Salzburger Festspielpräsidentin, Helga Rabl-Stadler, hofft auf steigende Börsenkurse, damit US-Mäzen Alberto Vilar sein Versprechen der 4,36-Millionen-Euro-Spende einlösen kann.

Der Standard, Sa., 2002.11.16



verknüpfte Bauwerke
Kleines Festspielhaus - Wettbewerb

25. September 2002Gerhard Dorfi
Der Standard

Bauboom in der Mozartstadt

Vom Office Eleven bis zum Business Boulevard - rund 100.000 Quadratmeter Büro- und Geschäftsflächen entstehen derzeit in Salzburg. Hinter der Kran-Kulisse läuft die Vermietung allerdings zäh, es wird ein weiterer Preisrutsch befürchtet.

Vom Office Eleven bis zum Business Boulevard - rund 100.000 Quadratmeter Büro- und Geschäftsflächen entstehen derzeit in Salzburg. Hinter der Kran-Kulisse läuft die Vermietung allerdings zäh, es wird ein weiterer Preisrutsch befürchtet.

Salzburg - Wer offenen Auges durch die Landeshauptstadt fährt, wird schnell feststellen: Bei Büro- und Geschäftsgebäuden herrscht derzeit eine rege Bautätigkeit.

Der Innungsmeister der Immoblientreuhänder, Peter Genser (von der Hausverwaltung Gerlich & Co.), bestätigt den Eindruck: Es herrsche ein regelrechter Bauboom, wie es ihn seit den frühen Siebzigerjahren nicht mehr gegeben habe. Geschätzte 100.000 Quadratmeter Büro- und Geschäftsflächen seien im Entstehen, so der Berufsgruppenvorsitzende der Immobilienmakler, Albin Hölzl.

Dessen Firma, „Hitsch & Hölzl“, kümmert sich etwa um die Vermietung des neuen Prestigeobjektes „Office Eleven“. Das Hightech-Bürogebäude entsteht an der Sterneckstraße auf einem ehemaligen Postareal. Nur wenige Meter stadtauswärts errichtet die Strabag AG in derselben Straße gerade den „Business Boulevard“, ein Einkaufszentrum mit 6500 und Büros mit 9900 Quadratmetern.

Dass hier im Stadtteil Schallmoos bald Kranlotsen benötigt werden, dafür sorgt ein weiteres Projekt in unmittelbarer Nähe zur Sterneckstraße: In der Schallmooser Hauptstraße entsteht das „Rizzi Plaza“, das neben 4000 Quadratmetern Büros auch Geschäfte, Wohnungen und Arztpraxen beherbergen soll. All diese Projekte erfüllen die entscheidenden Kriterien für die bestmögliche Vermarktung: gute Verkehrsanbindung, Parkmöglichkeiten, intelligente Ausstattung (flexible Raumaufteilung, moderne Kommunikationstechnik) und eine repräsentative und imagefördernde Architektur. Qualitätsmerkmale, die auch die Experten von der Münchner HypoVereinsbank in ihren Expertisen als Definition für Topbüroimmobilien auflisten.


Investoren und Mieter

„Die Aufgabe der Zukunft“, so Albin Hölzl zum STANDARD, „heißt Prestige und Corporate Identity zu verkaufen.“ Zwar seien laut Hölzl Investoren sehr am Standort Salzburg interessiert; Mieter zu finden erweise sich aber oft als mühselig. Da der Zuzug von außen fehlt, ziehen vorwiegend Salzburger Firmen oder Zweigniederlassungen auswärtiger Firmen in die neuen Topobjekte ein.

Im „Office Eleven“ sind momentan nur 25 Prozent vermietet (an einen Schweizer Betrieb und einen Salzburger Dienstleister), weitere 25 Prozent stehen in Verhandlung. Dabei befinden sich die Preise pro Quadratmeter auf einem im Vergleich mit internationalen oder auch Wiener Verhältnissen eher niedrigen Niveau: zwischen 8,72 und 10,90 Euro. In Wien erzielen Topbüroimmobilien etwa 13,08 Euro.

Selbst mit diesen günstigen Preisen besteht in Salzburg bei 1a-Lagen noch immer ein deutlicher Abstand zu 1b-und Nebenlagen, die einen Mietzins von 5,45 bis 7,27 Euro erzielen. Gerade diese „Altimmobilien mit unzureichender Infrastruktur werden unter die Räder kommen“, so Genser.


Weiter Preisrutsch

Die Leerstandsrate beträgt nach Schätzungen Hölzls derzeit an die sechs Prozent. Neben den Bauten in Schallmoos entstehen auch im Süden der Mozartstadt an der Alpenstraße und in Maxglan entlang der Innsbrucker Bundesstraße je drei neue Bürogebäude. Aber nicht alle Brancheninsider beurteilen diesen Bauboom positiv. Leo Hohla (von Stiller & Hohla) befürchtet, dass sich die Preise noch weiter nach unten bewegen werden. Da viele Baufirmen auch Developer seien, werde vielfach aus Arbeitsbeschaffungsgründen gebaut.

Noch Zukunftsmusik stellen die ambitionierten Pläne für eine Verbauung der ÖBB-und Postareale in Bahnhofsnähe dar - die in die 100.000 Quadratmeter projektierter oder bereits in Bau befindlicher Büro- und Geschäftsflächen noch gar nicht eingerechnet sind: Mit unter anderem drei Hochhäusern (zwischen 45 und 60 Meter aufragend) und mehr als 120.000 Quadratmetern Bruttogeschoßflächen würde nicht nur das Stadtbild entscheidend verändert.

Eine Debatte um diese Bürotürme nach dem Muster Wien-Mitte scheint vorprogrammiert. Zur Verdichtung in der Stadt gebe es, so Planungsstadtrat Johann Padutsch, keine Alternative, wenn gleichzeitig die Grünräume um die Stadt erhalten bleiben sollen. Eine Verdichtung sei eben großteils nur über die Höhenentwicklung möglich.

Vielleicht erübrigt sich die Stadtplanungsdiskussion aber auch: Wenn keine Mieter für die Hochhäuser gefunden werden können, bleibt Salzburg am Boden.

Der Standard, Mi., 2002.09.25

Presseschau 12

04. August 2016Gerhard Dorfi
Der Standard

Belebte Stadträume mit „Feld 72“

Einee Gruppe am Schnittpunkt zwischen Architektur, Urbanismus und Kunst, belebt und überrascht die Stadt Salzburg

Einee Gruppe am Schnittpunkt zwischen Architektur, Urbanismus und Kunst, belebt und überrascht die Stadt Salzburg

Die Linzergasse ist (nicht nur) zur Festspielzeit ein äußerst belebter Ort. Dorthin, genauer an das Eck zum engen Goldgässchen, hatte am Mittwoch die Sommerakademie für ein Kunstprojekt geladen: Das „Feld 72“ ist eine Gruppe am Schnittpunkt zwischen Architektur, Urbanismus und Kunst, die einen Kurs über Werkzeuge, Taktiken und Strategien im öffentlichen Raum leitet. Video- und Tanzkünstlerin Daphna Mero hat sich mit den Bewegungsgesetzen der Straße auseinandergesetzt.

„Rules Of The Street“ heißt die Performance, in der die Akteure das schmale Gässchen zum Schauplatz einer Reflexion über die Interaktion in der Öffentlichkeit machen. Realistischer Ansatz, der im Setting einer Kunstaktion auf einem belebten öffentlichen Platz, dann mitunter die Qualität eines Monty-Python-Sketches bekommt. Ein Ministry Of Silly Walks als Gegenstrategie zu den von Touristenmassen verstopften Salzburger Alt- und Neustadtgassen hat jedenfalls einen befreienden Effekt – und durch die „Interventionen“ der nicht in das Kunstprojekt eingeweihten Menschen komödiantisches wie subversives Potenzial.

Global, lokal, regional

So bekommt das den Doors entlehnte Motto von Feld 72, People Are Strange(rs), Sinn. Dass in der Festspielstadt das Globale auf das Lokale und Regionale trifft, thematisiert auch ein Symposium im Rahmen der Sommerakademie: Globale Akademie? lautet dessen Titel, es geht um die Herausforderungen und Modelle der Kunstaus- und Weiterbildung zwischen Selbstorganisation und staatlichen Institutionen. Koyo Kouoh präsentiert die Raw Material Company im Dakar, deren Kunstverständnis auf politische wie soziale Veränderung ausgerichtet ist. Farid Rakun erklärt, warum aus Sicht der Indonesier in den Niederlanden der „Gegenkolonialismus“ dem Postkolonialismus vorzuziehen ist.

Ahmet Öggüt spricht über alternative ökonomische Modelle für die Ausbildung Kunstschaffender, Alessio Antoniolli zur Entwicklung der Künstlergruppe Triangle Network, die Dialog und Mobilität durch Austausch fördert.

Geistige wie körperliche Beweglichkeit hilft auch beim heutigen Tag der „Offenen Türen“, bei der sich die Klasse von Feld 72 im Stadtraum präsentiert (15.00-16.00), die Klassen von Lukas Pusch, Imran Qureshi und Nora Schultz danach (16.00-18.00) auf der Festung Hohensalzburg.

Der Standard, Do., 2016.08.04

16. November 2002Gerhard Dorfi
Der Standard

„Eine komplizierte Vergabe“

Salzburger Festspielhaus: Präsentation der Holzbauer-Pläne

Salzburger Festspielhaus: Präsentation der Holzbauer-Pläne

Die mit Spannung erwartete Präsentation der Pläne für den Umbau des Kleinen Festspielhauses zum „Haus für Mozart“ vergangene Woche in Salzburg durch die beiden Architekten Wilhelm Holzbauer und Franz Valentiny sowie das Festspieldirektorium konnte kaum zur Klärung wichtiger Fragen in dieser Causa beitragen. Der seit über einem Jahr andauernde Streit um die Auftragsvergabe scheint keineswegs ausgeräumt: Vorgestellt wurden lediglich Pläne und Modell des Holzbauer/Valentiny-Entwurfes, nicht aber die Unterlagen der anderen vier eingereichten Projekte.

Aus rechtlichen Gründen, so Festspielintendant Peter Ruzicka, hätte man die anderen Architekten erst Montagabend einladen können. Ein Einverständnis zur Ausstellung verweigerten die Architekten Domenig, Eisenköck und Lorenz in einem Fax mit der Begründung, dass ihnen jegliches Vertrauen in das Gremium fehle. Damit bleibt der Öffentlichkeit weiterhin die Vergleichsmöglichkeit zwischen den verschiedenen Entwürfen versagt.

Ungeachtet dessen sieht Ruzicka „die verständlicherweise komplizierte Vergabe“ in einem positiven Licht: Die letzten zwölf Monate seien zum Wohle des Projektes verstrichen, da sich Synergieeffekte zwischen ursprünglich konkurrierenden Projekten eingestellt hätten. Das vorgestellte Modell, so Holzbauer, habe in dieser Form nicht am Wettbewerb teilgenommen, sondern sei das Ergebnis einer gemeinsamen Planung mit Valentiny. Holzbauer war von der Bewertungskommission, einem neunköpfigen Gremium, das laut Ruzicka nur beratende Funktion gehabt hätte, in den zwei Wettbewerbsphasen nie an erster Stelle gereiht worden. Die Entscheidung für die Holzbauer/Valentiny-Pläne habe das Festspieldirektorium nach Absprache mit Festspielfonds und Festspielkuratorium getroffen.

Die wesentlichen Neuerungen zum bestehenden Kleinen Festspielhaus stellen Platz für zusätzliche 250 Zuschauer, ein Balkon an der Clemens-Holzmeister-Fassade und eine verglaste VIP-Lounge im Obergeschoß dar. Verändert werden soll auch die Dachkonstruktion. Kritik am geplanten Flachdach, das den ursprünglichen Ideen des Festspielhausarchitekten Holzmeister nicht entspricht, weist Valentiny zurück: „Was in den Zwanzigerjahren in der Architektur passiert ist, ist heute nicht mehr von Bedeutung.“ Eine seltsame Erklärung für jemanden, der im Einleitungsstatement beteuerte, dass er versucht habe, Aura und Geist des Ortes und Holzmeister zu verstehen. Ob das Projekt in dieser präsentierten Form überhaupt verwirklicht wird, bleibt nicht nur wegen der noch nicht gesicherten Finanzierung des 29 Millionen Euro teuren Umbaus fraglich. Die Salzburger Festspielpräsidentin, Helga Rabl-Stadler, hofft auf steigende Börsenkurse, damit US-Mäzen Alberto Vilar sein Versprechen der 4,36-Millionen-Euro-Spende einlösen kann.

Der Standard, Sa., 2002.11.16



verknüpfte Bauwerke
Kleines Festspielhaus - Wettbewerb

25. September 2002Gerhard Dorfi
Der Standard

Bauboom in der Mozartstadt

Vom Office Eleven bis zum Business Boulevard - rund 100.000 Quadratmeter Büro- und Geschäftsflächen entstehen derzeit in Salzburg. Hinter der Kran-Kulisse läuft die Vermietung allerdings zäh, es wird ein weiterer Preisrutsch befürchtet.

Vom Office Eleven bis zum Business Boulevard - rund 100.000 Quadratmeter Büro- und Geschäftsflächen entstehen derzeit in Salzburg. Hinter der Kran-Kulisse läuft die Vermietung allerdings zäh, es wird ein weiterer Preisrutsch befürchtet.

Salzburg - Wer offenen Auges durch die Landeshauptstadt fährt, wird schnell feststellen: Bei Büro- und Geschäftsgebäuden herrscht derzeit eine rege Bautätigkeit.

Der Innungsmeister der Immoblientreuhänder, Peter Genser (von der Hausverwaltung Gerlich & Co.), bestätigt den Eindruck: Es herrsche ein regelrechter Bauboom, wie es ihn seit den frühen Siebzigerjahren nicht mehr gegeben habe. Geschätzte 100.000 Quadratmeter Büro- und Geschäftsflächen seien im Entstehen, so der Berufsgruppenvorsitzende der Immobilienmakler, Albin Hölzl.

Dessen Firma, „Hitsch & Hölzl“, kümmert sich etwa um die Vermietung des neuen Prestigeobjektes „Office Eleven“. Das Hightech-Bürogebäude entsteht an der Sterneckstraße auf einem ehemaligen Postareal. Nur wenige Meter stadtauswärts errichtet die Strabag AG in derselben Straße gerade den „Business Boulevard“, ein Einkaufszentrum mit 6500 und Büros mit 9900 Quadratmetern.

Dass hier im Stadtteil Schallmoos bald Kranlotsen benötigt werden, dafür sorgt ein weiteres Projekt in unmittelbarer Nähe zur Sterneckstraße: In der Schallmooser Hauptstraße entsteht das „Rizzi Plaza“, das neben 4000 Quadratmetern Büros auch Geschäfte, Wohnungen und Arztpraxen beherbergen soll. All diese Projekte erfüllen die entscheidenden Kriterien für die bestmögliche Vermarktung: gute Verkehrsanbindung, Parkmöglichkeiten, intelligente Ausstattung (flexible Raumaufteilung, moderne Kommunikationstechnik) und eine repräsentative und imagefördernde Architektur. Qualitätsmerkmale, die auch die Experten von der Münchner HypoVereinsbank in ihren Expertisen als Definition für Topbüroimmobilien auflisten.


Investoren und Mieter

„Die Aufgabe der Zukunft“, so Albin Hölzl zum STANDARD, „heißt Prestige und Corporate Identity zu verkaufen.“ Zwar seien laut Hölzl Investoren sehr am Standort Salzburg interessiert; Mieter zu finden erweise sich aber oft als mühselig. Da der Zuzug von außen fehlt, ziehen vorwiegend Salzburger Firmen oder Zweigniederlassungen auswärtiger Firmen in die neuen Topobjekte ein.

Im „Office Eleven“ sind momentan nur 25 Prozent vermietet (an einen Schweizer Betrieb und einen Salzburger Dienstleister), weitere 25 Prozent stehen in Verhandlung. Dabei befinden sich die Preise pro Quadratmeter auf einem im Vergleich mit internationalen oder auch Wiener Verhältnissen eher niedrigen Niveau: zwischen 8,72 und 10,90 Euro. In Wien erzielen Topbüroimmobilien etwa 13,08 Euro.

Selbst mit diesen günstigen Preisen besteht in Salzburg bei 1a-Lagen noch immer ein deutlicher Abstand zu 1b-und Nebenlagen, die einen Mietzins von 5,45 bis 7,27 Euro erzielen. Gerade diese „Altimmobilien mit unzureichender Infrastruktur werden unter die Räder kommen“, so Genser.


Weiter Preisrutsch

Die Leerstandsrate beträgt nach Schätzungen Hölzls derzeit an die sechs Prozent. Neben den Bauten in Schallmoos entstehen auch im Süden der Mozartstadt an der Alpenstraße und in Maxglan entlang der Innsbrucker Bundesstraße je drei neue Bürogebäude. Aber nicht alle Brancheninsider beurteilen diesen Bauboom positiv. Leo Hohla (von Stiller & Hohla) befürchtet, dass sich die Preise noch weiter nach unten bewegen werden. Da viele Baufirmen auch Developer seien, werde vielfach aus Arbeitsbeschaffungsgründen gebaut.

Noch Zukunftsmusik stellen die ambitionierten Pläne für eine Verbauung der ÖBB-und Postareale in Bahnhofsnähe dar - die in die 100.000 Quadratmeter projektierter oder bereits in Bau befindlicher Büro- und Geschäftsflächen noch gar nicht eingerechnet sind: Mit unter anderem drei Hochhäusern (zwischen 45 und 60 Meter aufragend) und mehr als 120.000 Quadratmetern Bruttogeschoßflächen würde nicht nur das Stadtbild entscheidend verändert.

Eine Debatte um diese Bürotürme nach dem Muster Wien-Mitte scheint vorprogrammiert. Zur Verdichtung in der Stadt gebe es, so Planungsstadtrat Johann Padutsch, keine Alternative, wenn gleichzeitig die Grünräume um die Stadt erhalten bleiben sollen. Eine Verdichtung sei eben großteils nur über die Höhenentwicklung möglich.

Vielleicht erübrigt sich die Stadtplanungsdiskussion aber auch: Wenn keine Mieter für die Hochhäuser gefunden werden können, bleibt Salzburg am Boden.

Der Standard, Mi., 2002.09.25

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