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09. März 2004Andrea Waldbrunner
Der Standard

„Zerrissenes Blatt“ zum Wohnen





Vorerst ist am Donaukanal noch mit Unannehmlichkeiten zu rechnen: Ab Montag nächster Woche wird der Europaradweg („Treppelweg“) durch die Spittelau gesperrt, Radfahrer werden auf die andere Seite umgeleitet. Es fahren nämlich die Bagger auf. Die Stadterneuerungs- und Eigentumswohnungsgesellschaft m.b.H. (SEG) verwirklicht das seit 1994 diskutierte Wohnprojekt, welches von der Architektin Zaha Hadid entworfen wurde. Hadid, die vorausschichtlich zur Grundsteinlegung Ende März anreisen wird, sieht ihren Entwurf als „zerrissenes Blatt“, welches in viele Richtungen ragt und so „Volumen schafft“.

15 Luxuswohnungen mit großzügigen Dachterrassen gen Donaukanal, darunter liegend drei Lokale, entstehen bis 2005 also in unmittelbarer Nachbarschaft zu Wirtschaftsuniversität, Hundertwasser-Müllverbrennung und entlang der U4. Die drei kantigen Gebäude werden auf die alten Stadtbahnbögen, die einst Otto Wagner entwarf, gesetzt, berichten SEG-Geschäftsführerin Silvia Renezeder und Projektleiter Manfred Schneider. Derzeit werden die Stadtbahnbögen saniert.

Andere Bedingungen

Das Gelände gilt als schwierig zu bebauen, weil es früher ein reines Bahngelände war. Entsprechend waren auch die Widmungen für die Bebauung. Renezeder erklärt mit langwierigen Umwidmungsverfahren, dass seit dem Projektentwurf (1994) scheinbar nichts weitergegangen sei. Im Hintergrund habe man viel vorbereiten müssen, mit mehreren Grundstückseigentümern musste man einig werden. Der Entwurf der „Künstlerin Hadid“ habe nicht den Richtlinien der Wohnbauförderung entsprochen, musste daher überarbeitet werden. Mit der seit einigen Jahren anhaltend schlechten Wirtschaftslage habe der verzögerte Baubeginn nichts zu tun, meint Renezeder.

Zu ebener Erde, entlang des Donaukanals und direkt unter den Terrassen, wird später wieder der Radweg führen. Eine Bootsanlegestelle wird am Donaukanal eingerichtet, das Umfeld neu gestaltet. Die Donauhochwasserkommission habe das Gelände bereits begutachtet, heißt es seitens der Stadt Wien. Derzeit würde über die Finanzierung des Radwegs und einer neuen Schiffsanlegestelle für Ausflugsboote verhandelt. Es sei schon vereinbart, dass sich Bund und Stadt Wien die Kosten im Verhältnis 80 zu 20 teilen würden.

Der Standard, Di., 2004.03.09



verknüpfte Bauwerke
Wohnbau Spittelau

11. November 2003Andrea Waldbrunner
Der Standard

Epsteins Geheimnisse entdeckt

Versteckte Türmechanismen, einbruchsichere Fenster und Dokumente wurden nun im Palais Epstein am Burgring entdeckt. Auch aus heutiger Sicht ist das Haus aus dem 19. Jahrhundert fortschrittlich. Es wird derzeit als Außenstelle des Parlaments neuerlich modernisiert.

Versteckte Türmechanismen, einbruchsichere Fenster und Dokumente wurden nun im Palais Epstein am Burgring entdeckt. Auch aus heutiger Sicht ist das Haus aus dem 19. Jahrhundert fortschrittlich. Es wird derzeit als Außenstelle des Parlaments neuerlich modernisiert.

Wie konnten Architekt Theophil Hansen und der junge Otto Wagner als Bauleiter ein derart „supermodernes Palais“ im 19. Jahrhundert bauen? Die Architekten Alexander van der Donk und Georg Töpfer sind baff. Ebenso Karl Lehner von der Bundesimmobiliengesellschaft (Big). Er wird mit den beiden das Palais bis 2006 parlamentstauglich machen.

Nicht nur, dass das vom jüdischen Bankier und Wohltäter Gustav Ritter von Epstein (1828-1879) in Auftrag gegebene Wohn- und Geschäftspalais ein repräsentatives Beispiel früherer Baukunst am Ring ist. Es sind die architektonische Details, die die drei Herren faszinieren.

„Man würde sich wünschen, dass man solche Schiebetüren auch heute baut“, schwärmen die Architekten über die hohen Türen. Sie haben einen Schiebe- und Drehmechanismus, um den Tanzsaal nach allen Richtungen zu öffnen. Je nach Bedarf konnten die Türklinken raffiniert unter kleinen Klappen im Türstock verborgen werden. Interessant sei auch die Heizlüftung, die noch funktioniere.

Schutz aus Stahl

Big-Experte Karl Lehner hat eine Sicherheitsanlage im Erdgeschoß entdeckt. In einer Kurtine, dem Mauerteil unter dem Fenster, wurde eine Vorrichtung gefunden, aus der Stahlplatten hochgekurbelt werden konnten, um die Fenster von innen einbruchsicher zu verriegeln. „Epstein muss Angst gehabt haben, dass jemand sein Palais stürmt“, vermutet Lehner. Kein Wunder, der Privatbankier war einer der vermögendsten, einflussreichsten Männer seiner Zeit.

Hinter dieser Sicherheitsanlage wurde ein Postsack gefunden, der aus jener Zeit stammen dürfte, als die Russische Zentralkommandatur nach dem Krieg im Palais Quartier bezogen hatte. „Oberst Swedov - Politische Abteilung“ hat den an ihn adressierten Brief nie erhalten. Die Briefe werden Historikern zur Analyse übergeben.

Theophil Hansen dürfte sein persönliches Lieblingssymbol im Palais verewigt haben, den Stern. Er findet sich in sämtlichen Mustern von Holzdecken, Mosaiken und Vertäfelungen. Hansen war auch für den Bau des Parlamentsgebäudes nebenan verantwortlich.

All die Spielereien bei der Einrichtung, die sich Familie Epstein geleistet hat, tauchen jetzt bei der Renovierung des Palais auf. Sie sind durch viele Umbauten, von verschiedensten Nutzern veranlasst, abgebaut und entfernt worden. Alte Materialien werden nun an Originalplätze zurückgebracht, ein Teil des Parkettbodens wird rekonstruiert.

Räume fürs Parlament

Für den parlamentarischen Gebrauch wird das Palais abermals modernisiert. Der hintere Teil, der ehemalige Dienstbotentrakt, wird entkernt, damit die gesamte Gebäudetechnik dort Platz findet. Auch der Dachboden wird künftig genützt. „Keine Sorge“, grinst Lehner in Richtung Altstadt- und Welterbeschützer, „er wird nicht ausgebaut“, nur vorhandener Raum für Büros genutzt. 14 Millionen Euro werden investiert, damit im Erdgeschoß (den früheren Bankräumen) ein Eingangs-und Ausstellungsbereich errichtet werden kann. Der Tanzsaal wird zum Sitzungsraum, im zweiten und dritten Geschoß entstehen Büros.

Wahrscheinlich wird das Palais für Besucher geöffnet, damit sie noch ein wenig vom Leben und dem Stil des Großbürgertums im 19. Jahrhundert spüren können. Das Palais am Wiener Burgring war mit den Epsteins zentraler Ort der Wiener Zeitgeschichte. In drei Jahren ziehen Parlamentarier dort ein. Österreichische Geschichte wird dann weiter geschrieben.

Der Standard, Di., 2003.11.11

15. Oktober 2003Andrea Waldbrunner
Der Standard

Drei Hügel für Paul Klee

Dank großzügigem Mäzenatentum entstehen in der Schweiz extravagante Kulturbauten. In Bern errichtet die Paul-Klee- Stiftung nun ein Zentrum nach Plänen von Renzo Piano.

Dank großzügigem Mäzenatentum entstehen in der Schweiz extravagante Kulturbauten. In Bern errichtet die Paul-Klee- Stiftung nun ein Zentrum nach Plänen von Renzo Piano.

In der Abgeschiedenheit der Waliser Berge hat sich Architekt Renzo Piano mit Paul Klee auseinander gesetzt, als „stillen Poeten“ der Malerei empfand er ihn. Dann hat er die Pläne für das Paul-Klee-Zentrum in Bern entworfen. Und so soll einmal in dem Museum, das man derzeit für einen der bedeutendsten Maler und Zeichner des 20. Jahrhunderts in der Schweizer Hauptstadt errichtet, auch die Stille zu Hause sein.

Renzo Pianos „Landschaftsskulptur“, besteht aus drei Hügeln, in denen das Museum, ein Musik- und Veranstaltungszentrum, eine Forschungsstelle und ein Kindermuseum untergebracht werden. Stille ist eine Form der Kommunikation - die „Landschaftsskulptur“ durchzieht im Inneren eine Kommunikationsachse - ein Steg mit Geschäften und Restaurants.


Parallele Achsen

Schwunggebend für diese Achse ist die unmittelbar an das Grundstück angrenzende Autobahn nach Bern - in dieser Stadt verbrachte Paul Klee seine Jugend und seine letzten sieben Lebensjahre. (Ganz knapp hinter dem Grund, auf dem das Museum errichtet wird, ruht der Maler heute auf dem städtischen Friedhof.) Parallel zu der Spur der Autobahn als Achse für jedermann auf dem Weg nach irgendwo verläuft die Achse im Inneren des Museums: als Weg zur Kultur für jedermann.

Die Fassade des 150 Meter langen Baus ist nach Westen gerichtet. Nur die Abendsonne wird Klees lichtempfindliche und daher besonders zu schützende Werke erhellen.

Dass die geschwungene Landschaftsskulptur binnen zweier Jahre entsteht, ist Livia Klee zu verdanken. Die Tochter Pauls stellte strikte Bedingungen und sorgte damit für den nötigen Druck, das Projekt zu realisieren. Wenn bis Ende 2006 ein Paul-Klee-Zentrum in Bern errichtet würde, beschied die 82-Jährige, würde sie 800 der Werke ihres Vaters dem Zentrum schenken. Und, wünschte sich die Dame, ein renommierter Architekt sollte ein interdisziplinäres Paul-Klee-Zentrum auf die grüne Wiese stellen. Geschehe dies nicht, würden alle Werke an sie zurückfallen - und wären damit weiterhin einer breiten Öffentlichkeit entzogen.

Die Drohung als Verlockung: Es fanden sich der durch Hüftgelenkspatente zu großem Reichtum gekommene Chirurg Maurice Müller und seine Gattin Martha, die als potente Mäzene auftraten. Sie übernahmen die Verantwortung, 100 Millionen Schweizer Franken für das dann weltgrößte Klee-Zentrum zu akquirieren, 60 Millionen stifteten sie aus eigenem Vermögen. Darüber hinaus stellt Martha Müller 100 Exponate ihrer zeitgenössischen Skulpturensammlung in einem hinter dem Museum errichteten Skulpturenpark aus.

Das Geld für das Projekt ist schon fast beisammen, nur zwei Millionen Franken würden noch fehlen. Um die macht sich Ursina Barandun, PR-Leiterin im neuen Museum, keine größeren Sorgen. Eher darum, dass die öffentliche Hand künftig bloß fünf Millionen Franken jährlich für den Betrieb fließen lassen will.

Derlei Vorgaben und Bedingungen privaten Mäzenatentums führen dazu, dass in der Schweiz immer wieder großartige Kulturbauten entstehen. Ein weiteres Großprojekt hat Angela Rosengart als Mäzenin in Luzern durchgesetzt. Die Kunsthändlerin verfügt über ein ansehnliches Oeuvre von Picasso, Kandinski, Mirò und Paul Klee, für welches sie sich eine Privatgalerie in Luzern errichtete. Und auch der spektakuläre Konzertsaal Jean Nouvels für das renommierte Luzern-Festival ist durch millionenschweres Mäzenatentum errichtet worden.

Der Besitz Livia Klees, Dauerleihgaben von Enkel Alexander (500 Werke) und jene Werke, die die Paul-Klee-Stiftung betreut (nochmals 2500 Werke) werden ab 20. Juni 2005 in Bern zu sehen sein. An diesem Tag wird das Paul-Klee-Zentrum eröffnet. Livia Klees Bedingung ist dann erfüllt.

Der Standard, Mi., 2003.10.15



verknüpfte Bauwerke
Zentrum Paul Klee

18. November 2002Andrea Waldbrunner
Der Standard

„Topf mit Spitz“ im Prater

Der „Topf“ des neuen Wiener Kongressgebäudes am Messegelände wird nur 26 Meter hoch sein. Erst der funktionslose „Spitz“ darauf macht das Ganze zu einem 95-Meter-Gebäude.

Der „Topf“ des neuen Wiener Kongressgebäudes am Messegelände wird nur 26 Meter hoch sein. Erst der funktionslose „Spitz“ darauf macht das Ganze zu einem 95-Meter-Gebäude.

Ein Rad und ein „Topf mit Spitz“ in Konkurrenz um die architektonische Vorherrschaft in der Leopoldstadt: das berühmte Riesenrad versus das künftige Kongresszentrum auf dem Messegelände.

Der Spitzname war im Rathaus schnell gefunden für das Großprojekt, das auf einer Idee von Architekt Gustav Peichl beruht. Er hat einen 26 Meter hohen zylindrischen Korpus (der „Topf“) für das Kongressgebäude entworfen, um darauf eine „nicht raumbildende“ - so die Bauordnungsfachsprache - Stahlkonstruktion zu stülpen: ein Turm zur Zierde, gänzlich ohne Funktion.

Damit wird dieses Bauwerk insgesamt 95 Meter hoch und höher als alles andere im Prater - das Riesenrad als bisher alleiniges Prater-Wahrzeichen bringt es bloß auf 64,75 Meter. Und galt damit als das Maß aller Dinge. Nichts in seinem Umfeld durfte es überragen, „alle anderen Buden, Aufbauten“ oder „mehrgeschoßige Spielhallen“ der Praterunternehmer müssen niedriger bleiben, erklärt Robert Kniefacz von der MA 19 die Gestaltungsüberlegungen zum Stadtbild im Prater.

„Eine lange Diskussion“ hat er beobachtet, als es um die Beurteilung der Flächenwidmung für den Bau des Kongresszentrums mit dem Spitz obenauf ging. „So klar“ sei das nicht gewesen, ob das Riesenrad die Konkurrenz in der städtischen Skyline neben sich zu dulden habe. Das Projekt wurde vom Gemeinderat beschlossen, so Stadtplaner Bernhard Mackerle (MA 21A), der Turm als „architektonisches Merkmal“ damit als bald stadtbildprägend abgesegnet. Die „Detailausformung in Material, Form und Farbe“ erfolge erst.

Hat eine Privatperson die Idee, sich mit schickem Turm am Hausdach im Stadtbild verewigen zu wollen, gibt es wenig Hoffnung: „So einen Mast auf einem Eigenheim würde man absolut ablehnen müssen.“ Klar sei aber, dass ein derartig genehmigter Turm Beispielswirkung haben werde. Wer einmal so etwas bauen durfte, macht den Weg frei für Nachahmer. Generell nicht erlaubt ist aber, auf dem „Topf mit Spitz“ Werbung anzubringen.

Vor wenigen Tagen wurde der Grundstein gelegt für das Kongressgebäude und damit für den zweiten Bauabschnitt auf dem Messegelände, dem ein veritabler Skandal vorausging. Die Planungen waren zu Beginn freihändig vergeben worden. DER STANDARD berichtete. Erst die Nachfolgebauten, wie Messehotel oder Vorplatz, wurden in Wettbewerben entschieden. Das 170-Millionen-Euro-Projekt wird zwischen Ausstellungs- und Vorgartenstraße errichtet.

Parallel wird an der Verlängerung der U2 gearbeitet, die ab 2007 auch zum Prater fahren soll.

Der Standard, Mo., 2002.11.18



verknüpfte Bauwerke
Wiener Messe Neu

Presseschau 12

09. März 2004Andrea Waldbrunner
Der Standard

„Zerrissenes Blatt“ zum Wohnen





Vorerst ist am Donaukanal noch mit Unannehmlichkeiten zu rechnen: Ab Montag nächster Woche wird der Europaradweg („Treppelweg“) durch die Spittelau gesperrt, Radfahrer werden auf die andere Seite umgeleitet. Es fahren nämlich die Bagger auf. Die Stadterneuerungs- und Eigentumswohnungsgesellschaft m.b.H. (SEG) verwirklicht das seit 1994 diskutierte Wohnprojekt, welches von der Architektin Zaha Hadid entworfen wurde. Hadid, die vorausschichtlich zur Grundsteinlegung Ende März anreisen wird, sieht ihren Entwurf als „zerrissenes Blatt“, welches in viele Richtungen ragt und so „Volumen schafft“.

15 Luxuswohnungen mit großzügigen Dachterrassen gen Donaukanal, darunter liegend drei Lokale, entstehen bis 2005 also in unmittelbarer Nachbarschaft zu Wirtschaftsuniversität, Hundertwasser-Müllverbrennung und entlang der U4. Die drei kantigen Gebäude werden auf die alten Stadtbahnbögen, die einst Otto Wagner entwarf, gesetzt, berichten SEG-Geschäftsführerin Silvia Renezeder und Projektleiter Manfred Schneider. Derzeit werden die Stadtbahnbögen saniert.

Andere Bedingungen

Das Gelände gilt als schwierig zu bebauen, weil es früher ein reines Bahngelände war. Entsprechend waren auch die Widmungen für die Bebauung. Renezeder erklärt mit langwierigen Umwidmungsverfahren, dass seit dem Projektentwurf (1994) scheinbar nichts weitergegangen sei. Im Hintergrund habe man viel vorbereiten müssen, mit mehreren Grundstückseigentümern musste man einig werden. Der Entwurf der „Künstlerin Hadid“ habe nicht den Richtlinien der Wohnbauförderung entsprochen, musste daher überarbeitet werden. Mit der seit einigen Jahren anhaltend schlechten Wirtschaftslage habe der verzögerte Baubeginn nichts zu tun, meint Renezeder.

Zu ebener Erde, entlang des Donaukanals und direkt unter den Terrassen, wird später wieder der Radweg führen. Eine Bootsanlegestelle wird am Donaukanal eingerichtet, das Umfeld neu gestaltet. Die Donauhochwasserkommission habe das Gelände bereits begutachtet, heißt es seitens der Stadt Wien. Derzeit würde über die Finanzierung des Radwegs und einer neuen Schiffsanlegestelle für Ausflugsboote verhandelt. Es sei schon vereinbart, dass sich Bund und Stadt Wien die Kosten im Verhältnis 80 zu 20 teilen würden.

Der Standard, Di., 2004.03.09



verknüpfte Bauwerke
Wohnbau Spittelau

11. November 2003Andrea Waldbrunner
Der Standard

Epsteins Geheimnisse entdeckt

Versteckte Türmechanismen, einbruchsichere Fenster und Dokumente wurden nun im Palais Epstein am Burgring entdeckt. Auch aus heutiger Sicht ist das Haus aus dem 19. Jahrhundert fortschrittlich. Es wird derzeit als Außenstelle des Parlaments neuerlich modernisiert.

Versteckte Türmechanismen, einbruchsichere Fenster und Dokumente wurden nun im Palais Epstein am Burgring entdeckt. Auch aus heutiger Sicht ist das Haus aus dem 19. Jahrhundert fortschrittlich. Es wird derzeit als Außenstelle des Parlaments neuerlich modernisiert.

Wie konnten Architekt Theophil Hansen und der junge Otto Wagner als Bauleiter ein derart „supermodernes Palais“ im 19. Jahrhundert bauen? Die Architekten Alexander van der Donk und Georg Töpfer sind baff. Ebenso Karl Lehner von der Bundesimmobiliengesellschaft (Big). Er wird mit den beiden das Palais bis 2006 parlamentstauglich machen.

Nicht nur, dass das vom jüdischen Bankier und Wohltäter Gustav Ritter von Epstein (1828-1879) in Auftrag gegebene Wohn- und Geschäftspalais ein repräsentatives Beispiel früherer Baukunst am Ring ist. Es sind die architektonische Details, die die drei Herren faszinieren.

„Man würde sich wünschen, dass man solche Schiebetüren auch heute baut“, schwärmen die Architekten über die hohen Türen. Sie haben einen Schiebe- und Drehmechanismus, um den Tanzsaal nach allen Richtungen zu öffnen. Je nach Bedarf konnten die Türklinken raffiniert unter kleinen Klappen im Türstock verborgen werden. Interessant sei auch die Heizlüftung, die noch funktioniere.

Schutz aus Stahl

Big-Experte Karl Lehner hat eine Sicherheitsanlage im Erdgeschoß entdeckt. In einer Kurtine, dem Mauerteil unter dem Fenster, wurde eine Vorrichtung gefunden, aus der Stahlplatten hochgekurbelt werden konnten, um die Fenster von innen einbruchsicher zu verriegeln. „Epstein muss Angst gehabt haben, dass jemand sein Palais stürmt“, vermutet Lehner. Kein Wunder, der Privatbankier war einer der vermögendsten, einflussreichsten Männer seiner Zeit.

Hinter dieser Sicherheitsanlage wurde ein Postsack gefunden, der aus jener Zeit stammen dürfte, als die Russische Zentralkommandatur nach dem Krieg im Palais Quartier bezogen hatte. „Oberst Swedov - Politische Abteilung“ hat den an ihn adressierten Brief nie erhalten. Die Briefe werden Historikern zur Analyse übergeben.

Theophil Hansen dürfte sein persönliches Lieblingssymbol im Palais verewigt haben, den Stern. Er findet sich in sämtlichen Mustern von Holzdecken, Mosaiken und Vertäfelungen. Hansen war auch für den Bau des Parlamentsgebäudes nebenan verantwortlich.

All die Spielereien bei der Einrichtung, die sich Familie Epstein geleistet hat, tauchen jetzt bei der Renovierung des Palais auf. Sie sind durch viele Umbauten, von verschiedensten Nutzern veranlasst, abgebaut und entfernt worden. Alte Materialien werden nun an Originalplätze zurückgebracht, ein Teil des Parkettbodens wird rekonstruiert.

Räume fürs Parlament

Für den parlamentarischen Gebrauch wird das Palais abermals modernisiert. Der hintere Teil, der ehemalige Dienstbotentrakt, wird entkernt, damit die gesamte Gebäudetechnik dort Platz findet. Auch der Dachboden wird künftig genützt. „Keine Sorge“, grinst Lehner in Richtung Altstadt- und Welterbeschützer, „er wird nicht ausgebaut“, nur vorhandener Raum für Büros genutzt. 14 Millionen Euro werden investiert, damit im Erdgeschoß (den früheren Bankräumen) ein Eingangs-und Ausstellungsbereich errichtet werden kann. Der Tanzsaal wird zum Sitzungsraum, im zweiten und dritten Geschoß entstehen Büros.

Wahrscheinlich wird das Palais für Besucher geöffnet, damit sie noch ein wenig vom Leben und dem Stil des Großbürgertums im 19. Jahrhundert spüren können. Das Palais am Wiener Burgring war mit den Epsteins zentraler Ort der Wiener Zeitgeschichte. In drei Jahren ziehen Parlamentarier dort ein. Österreichische Geschichte wird dann weiter geschrieben.

Der Standard, Di., 2003.11.11

15. Oktober 2003Andrea Waldbrunner
Der Standard

Drei Hügel für Paul Klee

Dank großzügigem Mäzenatentum entstehen in der Schweiz extravagante Kulturbauten. In Bern errichtet die Paul-Klee- Stiftung nun ein Zentrum nach Plänen von Renzo Piano.

Dank großzügigem Mäzenatentum entstehen in der Schweiz extravagante Kulturbauten. In Bern errichtet die Paul-Klee- Stiftung nun ein Zentrum nach Plänen von Renzo Piano.

In der Abgeschiedenheit der Waliser Berge hat sich Architekt Renzo Piano mit Paul Klee auseinander gesetzt, als „stillen Poeten“ der Malerei empfand er ihn. Dann hat er die Pläne für das Paul-Klee-Zentrum in Bern entworfen. Und so soll einmal in dem Museum, das man derzeit für einen der bedeutendsten Maler und Zeichner des 20. Jahrhunderts in der Schweizer Hauptstadt errichtet, auch die Stille zu Hause sein.

Renzo Pianos „Landschaftsskulptur“, besteht aus drei Hügeln, in denen das Museum, ein Musik- und Veranstaltungszentrum, eine Forschungsstelle und ein Kindermuseum untergebracht werden. Stille ist eine Form der Kommunikation - die „Landschaftsskulptur“ durchzieht im Inneren eine Kommunikationsachse - ein Steg mit Geschäften und Restaurants.


Parallele Achsen

Schwunggebend für diese Achse ist die unmittelbar an das Grundstück angrenzende Autobahn nach Bern - in dieser Stadt verbrachte Paul Klee seine Jugend und seine letzten sieben Lebensjahre. (Ganz knapp hinter dem Grund, auf dem das Museum errichtet wird, ruht der Maler heute auf dem städtischen Friedhof.) Parallel zu der Spur der Autobahn als Achse für jedermann auf dem Weg nach irgendwo verläuft die Achse im Inneren des Museums: als Weg zur Kultur für jedermann.

Die Fassade des 150 Meter langen Baus ist nach Westen gerichtet. Nur die Abendsonne wird Klees lichtempfindliche und daher besonders zu schützende Werke erhellen.

Dass die geschwungene Landschaftsskulptur binnen zweier Jahre entsteht, ist Livia Klee zu verdanken. Die Tochter Pauls stellte strikte Bedingungen und sorgte damit für den nötigen Druck, das Projekt zu realisieren. Wenn bis Ende 2006 ein Paul-Klee-Zentrum in Bern errichtet würde, beschied die 82-Jährige, würde sie 800 der Werke ihres Vaters dem Zentrum schenken. Und, wünschte sich die Dame, ein renommierter Architekt sollte ein interdisziplinäres Paul-Klee-Zentrum auf die grüne Wiese stellen. Geschehe dies nicht, würden alle Werke an sie zurückfallen - und wären damit weiterhin einer breiten Öffentlichkeit entzogen.

Die Drohung als Verlockung: Es fanden sich der durch Hüftgelenkspatente zu großem Reichtum gekommene Chirurg Maurice Müller und seine Gattin Martha, die als potente Mäzene auftraten. Sie übernahmen die Verantwortung, 100 Millionen Schweizer Franken für das dann weltgrößte Klee-Zentrum zu akquirieren, 60 Millionen stifteten sie aus eigenem Vermögen. Darüber hinaus stellt Martha Müller 100 Exponate ihrer zeitgenössischen Skulpturensammlung in einem hinter dem Museum errichteten Skulpturenpark aus.

Das Geld für das Projekt ist schon fast beisammen, nur zwei Millionen Franken würden noch fehlen. Um die macht sich Ursina Barandun, PR-Leiterin im neuen Museum, keine größeren Sorgen. Eher darum, dass die öffentliche Hand künftig bloß fünf Millionen Franken jährlich für den Betrieb fließen lassen will.

Derlei Vorgaben und Bedingungen privaten Mäzenatentums führen dazu, dass in der Schweiz immer wieder großartige Kulturbauten entstehen. Ein weiteres Großprojekt hat Angela Rosengart als Mäzenin in Luzern durchgesetzt. Die Kunsthändlerin verfügt über ein ansehnliches Oeuvre von Picasso, Kandinski, Mirò und Paul Klee, für welches sie sich eine Privatgalerie in Luzern errichtete. Und auch der spektakuläre Konzertsaal Jean Nouvels für das renommierte Luzern-Festival ist durch millionenschweres Mäzenatentum errichtet worden.

Der Besitz Livia Klees, Dauerleihgaben von Enkel Alexander (500 Werke) und jene Werke, die die Paul-Klee-Stiftung betreut (nochmals 2500 Werke) werden ab 20. Juni 2005 in Bern zu sehen sein. An diesem Tag wird das Paul-Klee-Zentrum eröffnet. Livia Klees Bedingung ist dann erfüllt.

Der Standard, Mi., 2003.10.15



verknüpfte Bauwerke
Zentrum Paul Klee

18. November 2002Andrea Waldbrunner
Der Standard

„Topf mit Spitz“ im Prater

Der „Topf“ des neuen Wiener Kongressgebäudes am Messegelände wird nur 26 Meter hoch sein. Erst der funktionslose „Spitz“ darauf macht das Ganze zu einem 95-Meter-Gebäude.

Der „Topf“ des neuen Wiener Kongressgebäudes am Messegelände wird nur 26 Meter hoch sein. Erst der funktionslose „Spitz“ darauf macht das Ganze zu einem 95-Meter-Gebäude.

Ein Rad und ein „Topf mit Spitz“ in Konkurrenz um die architektonische Vorherrschaft in der Leopoldstadt: das berühmte Riesenrad versus das künftige Kongresszentrum auf dem Messegelände.

Der Spitzname war im Rathaus schnell gefunden für das Großprojekt, das auf einer Idee von Architekt Gustav Peichl beruht. Er hat einen 26 Meter hohen zylindrischen Korpus (der „Topf“) für das Kongressgebäude entworfen, um darauf eine „nicht raumbildende“ - so die Bauordnungsfachsprache - Stahlkonstruktion zu stülpen: ein Turm zur Zierde, gänzlich ohne Funktion.

Damit wird dieses Bauwerk insgesamt 95 Meter hoch und höher als alles andere im Prater - das Riesenrad als bisher alleiniges Prater-Wahrzeichen bringt es bloß auf 64,75 Meter. Und galt damit als das Maß aller Dinge. Nichts in seinem Umfeld durfte es überragen, „alle anderen Buden, Aufbauten“ oder „mehrgeschoßige Spielhallen“ der Praterunternehmer müssen niedriger bleiben, erklärt Robert Kniefacz von der MA 19 die Gestaltungsüberlegungen zum Stadtbild im Prater.

„Eine lange Diskussion“ hat er beobachtet, als es um die Beurteilung der Flächenwidmung für den Bau des Kongresszentrums mit dem Spitz obenauf ging. „So klar“ sei das nicht gewesen, ob das Riesenrad die Konkurrenz in der städtischen Skyline neben sich zu dulden habe. Das Projekt wurde vom Gemeinderat beschlossen, so Stadtplaner Bernhard Mackerle (MA 21A), der Turm als „architektonisches Merkmal“ damit als bald stadtbildprägend abgesegnet. Die „Detailausformung in Material, Form und Farbe“ erfolge erst.

Hat eine Privatperson die Idee, sich mit schickem Turm am Hausdach im Stadtbild verewigen zu wollen, gibt es wenig Hoffnung: „So einen Mast auf einem Eigenheim würde man absolut ablehnen müssen.“ Klar sei aber, dass ein derartig genehmigter Turm Beispielswirkung haben werde. Wer einmal so etwas bauen durfte, macht den Weg frei für Nachahmer. Generell nicht erlaubt ist aber, auf dem „Topf mit Spitz“ Werbung anzubringen.

Vor wenigen Tagen wurde der Grundstein gelegt für das Kongressgebäude und damit für den zweiten Bauabschnitt auf dem Messegelände, dem ein veritabler Skandal vorausging. Die Planungen waren zu Beginn freihändig vergeben worden. DER STANDARD berichtete. Erst die Nachfolgebauten, wie Messehotel oder Vorplatz, wurden in Wettbewerben entschieden. Das 170-Millionen-Euro-Projekt wird zwischen Ausstellungs- und Vorgartenstraße errichtet.

Parallel wird an der Verlängerung der U2 gearbeitet, die ab 2007 auch zum Prater fahren soll.

Der Standard, Mo., 2002.11.18



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