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30. Januar 2013Eva Clausen
Neue Zürcher Zeitung

Gläserne Bibliothek

Die Planung des am 15. Januar eröffneten Bibliotheksgebäudes stellte die Architekten vor besondere Anforderungen: Unter dem Neubau liegen die Überreste der antiken Villa des Lebemanns Lucullus.

Die Planung des am 15. Januar eröffneten Bibliotheksgebäudes stellte die Architekten vor besondere Anforderungen: Unter dem Neubau liegen die Überreste der antiken Villa des Lebemanns Lucullus.

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23. November 2012Eva Clausen
Neue Zürcher Zeitung

Leidende Monumente

Das Kulturerbe Italiens bröckelt. Nach den Ruinen von Pompeji und dem Kolosseum zeigt nun auch der berühmte Trevi-Brunnen in Rom Spuren des Verfalls. Doch die Gelder für die Denkmalpflege werden immer knapper. Nun sollen private Unternehmen helfen.

Das Kulturerbe Italiens bröckelt. Nach den Ruinen von Pompeji und dem Kolosseum zeigt nun auch der berühmte Trevi-Brunnen in Rom Spuren des Verfalls. Doch die Gelder für die Denkmalpflege werden immer knapper. Nun sollen private Unternehmen helfen.

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22. April 2006Eva Clausen
Neue Zürcher Zeitung

Krieg um den Friedensaltar

Moderne Architektur im antiken Rom: Im Zentrum der Ewigen Stadt ist am Freitag ein neues gläsernes Museum rund um den Friedensaltar des römischen Kaisers Augustus feierlich eröffnet worden. Das umstrittene, vom amerikanischen Architekten Richard Meier entworfene Bauwerk gilt bereits als eines der neuen Wahrzeichen Roms.

Moderne Architektur im antiken Rom: Im Zentrum der Ewigen Stadt ist am Freitag ein neues gläsernes Museum rund um den Friedensaltar des römischen Kaisers Augustus feierlich eröffnet worden. Das umstrittene, vom amerikanischen Architekten Richard Meier entworfene Bauwerk gilt bereits als eines der neuen Wahrzeichen Roms.

Augustus hätte sich kaum träumen lassen, dass sein im Jahre 9 v. Chr. dem Frieden geweihter Altar rund zweitausend Jahre später zum Anlass erbitterter Wortgefechte werden sollte. Dorn im Auge ist freilich gar nicht die kaiserliche Ara Pacis selbst, sondern die neue Glasstruktur, die der amerikanische Architekt Richard Meier um das Meisterwerk errichtet hat. Meier mass sich erstmals mit der Antike, und das Resultat überzeugt offensichtlich nicht alle.

Die Einweihungsfeier gestern, am 21. April, dem offiziellen Jahrestag der Gründung Roms, fand unter lautstarken Protesten einer Gruppe von Demonstranten statt, zum Teil von Alleanza Nazionale.
Im Kreuzfeuer der Kritik

Meiers «Ungeheuer» erhitzt seit Jahren die Gemüter. Noch bevor die ersten Zementblöcke um den Altar gesetzt wurden, ertönte Kritik am Vorgehen der Stadtverwaltung, die ohne einen öffentlichen Wettbewerb und folglich ohne Jury Richard Meier den Auftrag zur Errichtung der Schutzhülle erteilt hatte. Während der siebenjährigen Bauarbeiten glätteten sich die Wogen nicht, im Gegenteil. Angefangen vom damaligen stellvertretenden Kulturminister Vittorio Sgarbi über Italia nostra, den Verband zum Schutz – unter anderem – von Kulturgütern, bis zu bedeutenden Architekten wie Massimiliano Fuksas und Paolo Portoghesi zogen die Gegner von Meiers Bau ins Feld.

Vor zwei Jahren ermittelte der Oberste Rechnungshof gegen die Stadt. Sie sah sich der Verschwendung öffentlicher Gelder bezichtigt, als notwendige Verbesserungen des ursprünglichen Projektes – höhere Glaswände, Verkleidung in Travertin, schalldämpfende Decke – weitere 5 Millionen Euro verschlangen. Die Ermittlungen wurden eingestellt, und heute erhebt sich die insgesamt 16 Millionen Euro schwere Struktur zugegebenermassen nicht unbedingt leichtfüssig über dem Altar.

Gianni Alemanno, Landwirtschaftsminister in der scheidenden Regierung Berlusconi, verkündet, er werde das Ungetüm an die Peripherie verbannen, falls er die Bürgermeisterwahlen vom kommenden 28. Mai gegen Walter Veltroni gewinnen werde. Eugenio La Rocca, verantwortlich für Pflege und Schutz der antiken Denkmäler der Stadt Rom, winkt ab: Weder Hülle noch Altar würden den Standort wechseln, sondern das Projekt müsse seinem glorreichen Ende zugeführt werden. Vorgesehen sind – neben Einzelheiten wie Auditorium, Dachgarten und Brunnen – eine 250 Meter lange Unterführung der Hauptstrasse. Letztere soll einer Promenade Platz machen, die das gläserne Museum des Friedensaltars mit dem Tiberufer verbindet.

Zudem ist ein fliessender Übergang zum Aschenputtel der Antike rechter Hand geplant, dem unkrautüberwucherten Mausoleum von Augustus. Von der Dachterrasse des gläsernen Museums soll der Besucher dereinst den Blick über diese Grabstätte und die Kuppeln der Barockkirchen schweifen lassen, die, laut den Widersachern von Meiers Konzept sträflich vernachlässigt, momentan eher wie Fremdkörper am Rande der Piazza Augusto Imperatore stehen.

Anstehende Arbeiten

Angesichts der unvollständigen Gesamtgestaltung fällt ein Urteil über Meiers Bau zum jetzigen Zeitpunkt schwer. Sehnen sich Nostalgiker nach der alten, schlichten Altar-Verpackung aus dem Jahr 1938 von Vittorio Ballo Morpugo zurück, befürworten andere gerade die Monumentalität der neuen Hülle, welche durch die hohen Glaswände das Sonnenlicht auf die marmornen Reliefarbeiten der Ara Pacis gleiten lässt, und begrüssen die «a taglio» geschnittene Travertinverkleidung als gelungene Kontinuität zwischen Altertum und Gegenwart. Zu hoffen bleibt, dass bald auch der Altar selbst in alter Pracht zu sehen ist, denn er bedarf einer dringenden Restaurierung.

Vielleicht hätte die Stadt, bevor sie sich aufwendig um die Hülle kümmerte, für Erhaltung und Pflege des Kerns sorgen sollen? Sie verspricht baldige Wiedergutmachung. Langwieriger dürfte die Realisierung von Unterführung und Verbindung zum Tiber werden. Angesichts der Sparmassnahmen im Haushaltsplan Roms ist zu befürchten, dass die Gelder – Kostenvoranschlag 35 Millionen Euro – nur spärlich fliessen werden. Sollen weitere sieben Jahre vergehen, bevor die Piazza von Kaiser Augustus wieder ein friedlich-harmonisches Aussehen erhält?

[ Das weitgehend vollendete Museum der Ara Pacis soll in den nächsten Monaten dem Publikum zugänglich gemacht werden. ]

Neue Zürcher Zeitung, Sa., 2006.04.22

11. August 2003Eva Clausen
Neue Zürcher Zeitung

Eine Wolke für Rom

Der italienische Meisterarchitekt Massimiliano Fuksas

Der italienische Meisterarchitekt Massimiliano Fuksas

Nach dem «Käfer im Klee» genannten Musikpark von Renzo Piano bekommt Rom nun eine «Wolke»: das neue Kongresszentrum im Stadtteil EUR. Sind diese Neubauten erste Anzeichen dafür, dass in Italien die zeitgenössische Architektur endlich zum Zuge kommt? Massimiliano Fuksas, der Architekt der «Wolke», bleibt skeptisch: «Wir behandeln unsere Städte wie Museen, renovieren, restaurieren, sanieren. Der Mut zu Neubauten fehlt.» Tatsächlich werden in Italien nur selten qualitätvolle Neubauten errichtet - nur wenn, dann ist häufig Fuksas' Architekturbüro mit im Spiel. Es liegt im Herzen Roms, erstreckt sich über drei Stockwerke und ist gemäss Fuksas' Grundprinzipien - Transparenz, Grenzüberschreitung, Kommunikation - gestaltet. Die Räume formen ein offenes Labyrinth, durch das ein gläserner Aufzug geräuschlos in den obersten Stock gleitet. Von hier raus regiert Fuksas sein kleines Königreich, im dem 40 Mitarbeiter eifrig wirken. Der Architekt italienisch-litauischer Herkunft verleiht seinen Worten gern mit Gesten, Blicken, ja mit dem ganzen Körper Nachdruck. Dabei spielt es keine Rolle, ob er begeistert von neuen Projekten erzählt oder eine Schmährede hält. Nicht erst seitdem er die Architekturbiennale 2000 unter das Motto «Mehr Ethik, weniger Ästhetik» gestellt hat, wird der 59-jährige Architekt gern als Moralist bezeichnet.

Chaos mit Methode

Trotz seiner rigoros schwarzen Kleidung ist Fuksas ein Weltverbesserer. Als solcher fängt er im Kleinen an, um in die Weite zu schweifen. Ein Blick auf sein jüngstes Projekt, das neue Kongresszentrum in EUR, genügt, um seine Gratwanderung, seine Ab- und Ausschweifungen nachzuvollziehen: Die «Wolke» ist eine Skulptur. Transparent, schimmernd, federleicht schwebt sie durch den Raum. In dem luftigen Gebilde sollen Konferenzen und Tagungen stattfinden? «Es gibt keine Wohn-, Büro- oder Stadtbaukunst mehr. Das sind veraltete Konzepte. Architektur ist heute alles: Kunst, Landschaftsgestaltung, Soziologie, Informatik. Ein Kaleidoskop, ein Schmelztiegel. Ziel ist es, neuen Lebensraum zu schaffen. Die Welt ist winzig geworden, von bedrohlicher Enge. Wir müssen neue Perspektiven öffnen. Das bedeutet, raus aus der Schneckenhausideologie. Deshalb renne ich gegen Mauern an, und notfalls renne ich sie auch ein.»

Ein erstaunliches Motto für einen Architekten, aber Fuksas liebt eben Paradoxe. Er plädiert für das Chaos mit Methode, die wirre Ordnung des Magmas, die Entmaterialisierung der Materie, die Durchlässigkeit der Wände. Seine Ideen sind Utopien, Luftschlösser, Wolkenbilder, die aber in seinem Büro und danach oft auch in der Realität Gestalt annehmen: etwa in der «Wolke». Ihrem Bau steht nun nichts mehr im Weg. An der Finanzierung des 200 Millionen Euro teuren Projektes beteiligen sich die EUR-Gesellschaft und der Verband Centro Congressi Italia, die zukünftigen Nutzniesser der «Wolke».

Wie kam Fuksas die «himmlische» Idee? «Seit je fasziniert mich die Schönheit des Formlosen. Doch dann sass ich eines Morgens am Meer. Die Wolken bildeten seltsame Gestalten, und ein Jugendtraum fiel mir wieder ein: etwas zu bauen, das keine feste Gestalt hat. Ein Gebäude, das sich bewegt, verändert, verformt. Das war im Sommer 1999, der Wettbewerb für das Zentrum war gerade ausgeschrieben worden, und ich beschloss, mit einer ‹Wolke› daran teilzunehmen.» Fuksas' Projekt wurde von der Jury, der Norman Foster vorstand, ausgewählt.

Wie schaffte Fuksas den Sprung vom Traum zur Realität, von der Schwebe zu jener Bodenständigkeit, ohne die die Architektur nicht auskommt? «Die ‹Wolke› steht fest auf dem Boden. Säulen verankern sie in der Erde. Ausserdem hält sie die ‹Teca›, eine riesige gläserne Hülle im Zaum.» Diese 30 Meter hohe Glaskiste gibt den Blick auf das Innere des Gebäudes frei, wo die Teflon-Membrane der «Wolke» von einem dichten Netz aus Stahlverstrebungen umspannt wird. Sie verändert - je nach Lichteinfall und Standort des Betrachters - ihre Form. In der 3500 Quadratmeter grossen Blase sind mehrere Kongresssäle und ein Auditorium mit 1900 Sitzplätzen untergebracht. «Leichtigkeit bedeutet nicht Zerbrechlichkeit. Ich kämpfe seit Jahren für eine Architektur, die sich gerade im Bereich der Materialien der neusten technischen Errungenschaften bedient: Teflon, Goretex, Flüssigkristalle - wir brauchen raumsparendes, leichtes, aber widerstandsfähiges Baumaterial, müssen von der Luftfahrt, der Informatik, von der modernen Technologie lernen. Bauen bedeutet heute, die Materie zu entmaterialisieren.

Bauen in der Enge

Der Globus ist klein geworden, auf andere Planeten können wir vorläufig nicht ausweichen, wir müssen versuchen, aus der Enge das Beste zu machen. Das geht über die Höhe - ich sehe im Hochhaus unsere Chance - und über eine breit gefächerte Raumnutzung, die über die Vielgestaltigkeit und Wandelbarkeit der Form und der Funktion erreicht wird. Nehmen wir die «Wolke»: Die Säulen, auf denen sie schwebt, bergen Aufzüge, die Säle in der Membrane sind polyfunktional und durch bewegliche Wände in der Grösse modifizierbar. Das Material selbst ist hauchdünn, aber extrem widerstandsfähig, dank einer industriellen Spezialbehandlung wasserdicht, aber gleichzeitig dampfdurchlässig, was eine optimale Klimatisierung erlaubt.»

Tatsächlich scheint in Fuksas' Kongressgebäude kein Zentimeter ungenutzt zu bleiben, angefangen von den schwebenden Laufstegen, die von der «teca», der Hülle, in die «Wolke» führen. In ihnen sind beispielsweise die Sanitäranlagen untergebracht. Die gläserne Kiste selbst übernimmt die Funktion einer grossen Empfangshalle mit Garderoben und Geschäften und stellt den Bezug zum urbanistischen Umfeld dar. In ihrer strengen, geometrischen Form ist sie eine Hommage an die rationale Architektur der dreissiger Jahre von Nervi und Libera, aber auch von Piacentini, von jenen Architekten also, die das Stadtviertel EUR prägten. Neben dem Glashaus erhebt sich die «Klinge» des schon von weitem sichtbaren, 70 Meter hohen Hotelturms. «Es handelt sich dabei um einen Stadt-Wolkenkratzer, ein Hochhaus, das in der Stadt steht und in dem eine Stadt entsteht. Ein moderner Turm von Babel, in dem die Kongressteilnehmer aus aller Welt ihre ideale Stadt finden mit Service-, Dienstleistungs- und Telekommunikationszentrum, Banken, Postamt, Restaurant, Fitness- und Shopping-Center.»

Seinen Glauben an die Wolkenkratzerideologie hat der 11. September also nicht erschüttert? «Ja und nein, es ist nicht die Höhe, die uns verwundbar macht und Attentätern Angriffsfläche bietet. Es ist die Konzentration von Menschenmassen einerseits, die Identifikation von Machtsymbolen andererseits. Morgen kann es eine Brücke, übermorgen eine U-Bahn sein. Fanatismus macht vor nichts Halt. Gerade deshalb können wir nicht wie gelähmt innehalten. Die Zeit drängt. Was einst wie Science-Fiction aussah, die Megalopolen, ist in Asien längst Realität. Dort quellen die Städte über, sie bersten. Wir müssen die Globalisierung in der Baukunst ansteuern, gleitende Räume schaffen, in denen die verschiedenen Aspekte des Lebens - Arbeit, Freizeitgestaltung, Bildung, Kommunikation - gleichermassen berücksichtigt werden.» Vorläufig scheint die Integration der Wohnfläche in den «Schmelztiegelbau» des Kongresszentrums sich noch auf Hotelzimmer zu beschränken. Doch versteht Fuksas den Hotelturm von EUR als Wegweiser in die Zukunft, in eine Architekturlandschaft aus allumfassenden Wohn- Stadt-Bauten.

Neue Zürcher Zeitung, Mo., 2003.08.11



verknüpfte Bauwerke
Kongresszentrum „Wolke“

Presseschau 12

30. Januar 2013Eva Clausen
Neue Zürcher Zeitung

Gläserne Bibliothek

Die Planung des am 15. Januar eröffneten Bibliotheksgebäudes stellte die Architekten vor besondere Anforderungen: Unter dem Neubau liegen die Überreste der antiken Villa des Lebemanns Lucullus.

Die Planung des am 15. Januar eröffneten Bibliotheksgebäudes stellte die Architekten vor besondere Anforderungen: Unter dem Neubau liegen die Überreste der antiken Villa des Lebemanns Lucullus.

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23. November 2012Eva Clausen
Neue Zürcher Zeitung

Leidende Monumente

Das Kulturerbe Italiens bröckelt. Nach den Ruinen von Pompeji und dem Kolosseum zeigt nun auch der berühmte Trevi-Brunnen in Rom Spuren des Verfalls. Doch die Gelder für die Denkmalpflege werden immer knapper. Nun sollen private Unternehmen helfen.

Das Kulturerbe Italiens bröckelt. Nach den Ruinen von Pompeji und dem Kolosseum zeigt nun auch der berühmte Trevi-Brunnen in Rom Spuren des Verfalls. Doch die Gelder für die Denkmalpflege werden immer knapper. Nun sollen private Unternehmen helfen.

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22. April 2006Eva Clausen
Neue Zürcher Zeitung

Krieg um den Friedensaltar

Moderne Architektur im antiken Rom: Im Zentrum der Ewigen Stadt ist am Freitag ein neues gläsernes Museum rund um den Friedensaltar des römischen Kaisers Augustus feierlich eröffnet worden. Das umstrittene, vom amerikanischen Architekten Richard Meier entworfene Bauwerk gilt bereits als eines der neuen Wahrzeichen Roms.

Moderne Architektur im antiken Rom: Im Zentrum der Ewigen Stadt ist am Freitag ein neues gläsernes Museum rund um den Friedensaltar des römischen Kaisers Augustus feierlich eröffnet worden. Das umstrittene, vom amerikanischen Architekten Richard Meier entworfene Bauwerk gilt bereits als eines der neuen Wahrzeichen Roms.

Augustus hätte sich kaum träumen lassen, dass sein im Jahre 9 v. Chr. dem Frieden geweihter Altar rund zweitausend Jahre später zum Anlass erbitterter Wortgefechte werden sollte. Dorn im Auge ist freilich gar nicht die kaiserliche Ara Pacis selbst, sondern die neue Glasstruktur, die der amerikanische Architekt Richard Meier um das Meisterwerk errichtet hat. Meier mass sich erstmals mit der Antike, und das Resultat überzeugt offensichtlich nicht alle.

Die Einweihungsfeier gestern, am 21. April, dem offiziellen Jahrestag der Gründung Roms, fand unter lautstarken Protesten einer Gruppe von Demonstranten statt, zum Teil von Alleanza Nazionale.
Im Kreuzfeuer der Kritik

Meiers «Ungeheuer» erhitzt seit Jahren die Gemüter. Noch bevor die ersten Zementblöcke um den Altar gesetzt wurden, ertönte Kritik am Vorgehen der Stadtverwaltung, die ohne einen öffentlichen Wettbewerb und folglich ohne Jury Richard Meier den Auftrag zur Errichtung der Schutzhülle erteilt hatte. Während der siebenjährigen Bauarbeiten glätteten sich die Wogen nicht, im Gegenteil. Angefangen vom damaligen stellvertretenden Kulturminister Vittorio Sgarbi über Italia nostra, den Verband zum Schutz – unter anderem – von Kulturgütern, bis zu bedeutenden Architekten wie Massimiliano Fuksas und Paolo Portoghesi zogen die Gegner von Meiers Bau ins Feld.

Vor zwei Jahren ermittelte der Oberste Rechnungshof gegen die Stadt. Sie sah sich der Verschwendung öffentlicher Gelder bezichtigt, als notwendige Verbesserungen des ursprünglichen Projektes – höhere Glaswände, Verkleidung in Travertin, schalldämpfende Decke – weitere 5 Millionen Euro verschlangen. Die Ermittlungen wurden eingestellt, und heute erhebt sich die insgesamt 16 Millionen Euro schwere Struktur zugegebenermassen nicht unbedingt leichtfüssig über dem Altar.

Gianni Alemanno, Landwirtschaftsminister in der scheidenden Regierung Berlusconi, verkündet, er werde das Ungetüm an die Peripherie verbannen, falls er die Bürgermeisterwahlen vom kommenden 28. Mai gegen Walter Veltroni gewinnen werde. Eugenio La Rocca, verantwortlich für Pflege und Schutz der antiken Denkmäler der Stadt Rom, winkt ab: Weder Hülle noch Altar würden den Standort wechseln, sondern das Projekt müsse seinem glorreichen Ende zugeführt werden. Vorgesehen sind – neben Einzelheiten wie Auditorium, Dachgarten und Brunnen – eine 250 Meter lange Unterführung der Hauptstrasse. Letztere soll einer Promenade Platz machen, die das gläserne Museum des Friedensaltars mit dem Tiberufer verbindet.

Zudem ist ein fliessender Übergang zum Aschenputtel der Antike rechter Hand geplant, dem unkrautüberwucherten Mausoleum von Augustus. Von der Dachterrasse des gläsernen Museums soll der Besucher dereinst den Blick über diese Grabstätte und die Kuppeln der Barockkirchen schweifen lassen, die, laut den Widersachern von Meiers Konzept sträflich vernachlässigt, momentan eher wie Fremdkörper am Rande der Piazza Augusto Imperatore stehen.

Anstehende Arbeiten

Angesichts der unvollständigen Gesamtgestaltung fällt ein Urteil über Meiers Bau zum jetzigen Zeitpunkt schwer. Sehnen sich Nostalgiker nach der alten, schlichten Altar-Verpackung aus dem Jahr 1938 von Vittorio Ballo Morpugo zurück, befürworten andere gerade die Monumentalität der neuen Hülle, welche durch die hohen Glaswände das Sonnenlicht auf die marmornen Reliefarbeiten der Ara Pacis gleiten lässt, und begrüssen die «a taglio» geschnittene Travertinverkleidung als gelungene Kontinuität zwischen Altertum und Gegenwart. Zu hoffen bleibt, dass bald auch der Altar selbst in alter Pracht zu sehen ist, denn er bedarf einer dringenden Restaurierung.

Vielleicht hätte die Stadt, bevor sie sich aufwendig um die Hülle kümmerte, für Erhaltung und Pflege des Kerns sorgen sollen? Sie verspricht baldige Wiedergutmachung. Langwieriger dürfte die Realisierung von Unterführung und Verbindung zum Tiber werden. Angesichts der Sparmassnahmen im Haushaltsplan Roms ist zu befürchten, dass die Gelder – Kostenvoranschlag 35 Millionen Euro – nur spärlich fliessen werden. Sollen weitere sieben Jahre vergehen, bevor die Piazza von Kaiser Augustus wieder ein friedlich-harmonisches Aussehen erhält?

[ Das weitgehend vollendete Museum der Ara Pacis soll in den nächsten Monaten dem Publikum zugänglich gemacht werden. ]

Neue Zürcher Zeitung, Sa., 2006.04.22

11. August 2003Eva Clausen
Neue Zürcher Zeitung

Eine Wolke für Rom

Der italienische Meisterarchitekt Massimiliano Fuksas

Der italienische Meisterarchitekt Massimiliano Fuksas

Nach dem «Käfer im Klee» genannten Musikpark von Renzo Piano bekommt Rom nun eine «Wolke»: das neue Kongresszentrum im Stadtteil EUR. Sind diese Neubauten erste Anzeichen dafür, dass in Italien die zeitgenössische Architektur endlich zum Zuge kommt? Massimiliano Fuksas, der Architekt der «Wolke», bleibt skeptisch: «Wir behandeln unsere Städte wie Museen, renovieren, restaurieren, sanieren. Der Mut zu Neubauten fehlt.» Tatsächlich werden in Italien nur selten qualitätvolle Neubauten errichtet - nur wenn, dann ist häufig Fuksas' Architekturbüro mit im Spiel. Es liegt im Herzen Roms, erstreckt sich über drei Stockwerke und ist gemäss Fuksas' Grundprinzipien - Transparenz, Grenzüberschreitung, Kommunikation - gestaltet. Die Räume formen ein offenes Labyrinth, durch das ein gläserner Aufzug geräuschlos in den obersten Stock gleitet. Von hier raus regiert Fuksas sein kleines Königreich, im dem 40 Mitarbeiter eifrig wirken. Der Architekt italienisch-litauischer Herkunft verleiht seinen Worten gern mit Gesten, Blicken, ja mit dem ganzen Körper Nachdruck. Dabei spielt es keine Rolle, ob er begeistert von neuen Projekten erzählt oder eine Schmährede hält. Nicht erst seitdem er die Architekturbiennale 2000 unter das Motto «Mehr Ethik, weniger Ästhetik» gestellt hat, wird der 59-jährige Architekt gern als Moralist bezeichnet.

Chaos mit Methode

Trotz seiner rigoros schwarzen Kleidung ist Fuksas ein Weltverbesserer. Als solcher fängt er im Kleinen an, um in die Weite zu schweifen. Ein Blick auf sein jüngstes Projekt, das neue Kongresszentrum in EUR, genügt, um seine Gratwanderung, seine Ab- und Ausschweifungen nachzuvollziehen: Die «Wolke» ist eine Skulptur. Transparent, schimmernd, federleicht schwebt sie durch den Raum. In dem luftigen Gebilde sollen Konferenzen und Tagungen stattfinden? «Es gibt keine Wohn-, Büro- oder Stadtbaukunst mehr. Das sind veraltete Konzepte. Architektur ist heute alles: Kunst, Landschaftsgestaltung, Soziologie, Informatik. Ein Kaleidoskop, ein Schmelztiegel. Ziel ist es, neuen Lebensraum zu schaffen. Die Welt ist winzig geworden, von bedrohlicher Enge. Wir müssen neue Perspektiven öffnen. Das bedeutet, raus aus der Schneckenhausideologie. Deshalb renne ich gegen Mauern an, und notfalls renne ich sie auch ein.»

Ein erstaunliches Motto für einen Architekten, aber Fuksas liebt eben Paradoxe. Er plädiert für das Chaos mit Methode, die wirre Ordnung des Magmas, die Entmaterialisierung der Materie, die Durchlässigkeit der Wände. Seine Ideen sind Utopien, Luftschlösser, Wolkenbilder, die aber in seinem Büro und danach oft auch in der Realität Gestalt annehmen: etwa in der «Wolke». Ihrem Bau steht nun nichts mehr im Weg. An der Finanzierung des 200 Millionen Euro teuren Projektes beteiligen sich die EUR-Gesellschaft und der Verband Centro Congressi Italia, die zukünftigen Nutzniesser der «Wolke».

Wie kam Fuksas die «himmlische» Idee? «Seit je fasziniert mich die Schönheit des Formlosen. Doch dann sass ich eines Morgens am Meer. Die Wolken bildeten seltsame Gestalten, und ein Jugendtraum fiel mir wieder ein: etwas zu bauen, das keine feste Gestalt hat. Ein Gebäude, das sich bewegt, verändert, verformt. Das war im Sommer 1999, der Wettbewerb für das Zentrum war gerade ausgeschrieben worden, und ich beschloss, mit einer ‹Wolke› daran teilzunehmen.» Fuksas' Projekt wurde von der Jury, der Norman Foster vorstand, ausgewählt.

Wie schaffte Fuksas den Sprung vom Traum zur Realität, von der Schwebe zu jener Bodenständigkeit, ohne die die Architektur nicht auskommt? «Die ‹Wolke› steht fest auf dem Boden. Säulen verankern sie in der Erde. Ausserdem hält sie die ‹Teca›, eine riesige gläserne Hülle im Zaum.» Diese 30 Meter hohe Glaskiste gibt den Blick auf das Innere des Gebäudes frei, wo die Teflon-Membrane der «Wolke» von einem dichten Netz aus Stahlverstrebungen umspannt wird. Sie verändert - je nach Lichteinfall und Standort des Betrachters - ihre Form. In der 3500 Quadratmeter grossen Blase sind mehrere Kongresssäle und ein Auditorium mit 1900 Sitzplätzen untergebracht. «Leichtigkeit bedeutet nicht Zerbrechlichkeit. Ich kämpfe seit Jahren für eine Architektur, die sich gerade im Bereich der Materialien der neusten technischen Errungenschaften bedient: Teflon, Goretex, Flüssigkristalle - wir brauchen raumsparendes, leichtes, aber widerstandsfähiges Baumaterial, müssen von der Luftfahrt, der Informatik, von der modernen Technologie lernen. Bauen bedeutet heute, die Materie zu entmaterialisieren.

Bauen in der Enge

Der Globus ist klein geworden, auf andere Planeten können wir vorläufig nicht ausweichen, wir müssen versuchen, aus der Enge das Beste zu machen. Das geht über die Höhe - ich sehe im Hochhaus unsere Chance - und über eine breit gefächerte Raumnutzung, die über die Vielgestaltigkeit und Wandelbarkeit der Form und der Funktion erreicht wird. Nehmen wir die «Wolke»: Die Säulen, auf denen sie schwebt, bergen Aufzüge, die Säle in der Membrane sind polyfunktional und durch bewegliche Wände in der Grösse modifizierbar. Das Material selbst ist hauchdünn, aber extrem widerstandsfähig, dank einer industriellen Spezialbehandlung wasserdicht, aber gleichzeitig dampfdurchlässig, was eine optimale Klimatisierung erlaubt.»

Tatsächlich scheint in Fuksas' Kongressgebäude kein Zentimeter ungenutzt zu bleiben, angefangen von den schwebenden Laufstegen, die von der «teca», der Hülle, in die «Wolke» führen. In ihnen sind beispielsweise die Sanitäranlagen untergebracht. Die gläserne Kiste selbst übernimmt die Funktion einer grossen Empfangshalle mit Garderoben und Geschäften und stellt den Bezug zum urbanistischen Umfeld dar. In ihrer strengen, geometrischen Form ist sie eine Hommage an die rationale Architektur der dreissiger Jahre von Nervi und Libera, aber auch von Piacentini, von jenen Architekten also, die das Stadtviertel EUR prägten. Neben dem Glashaus erhebt sich die «Klinge» des schon von weitem sichtbaren, 70 Meter hohen Hotelturms. «Es handelt sich dabei um einen Stadt-Wolkenkratzer, ein Hochhaus, das in der Stadt steht und in dem eine Stadt entsteht. Ein moderner Turm von Babel, in dem die Kongressteilnehmer aus aller Welt ihre ideale Stadt finden mit Service-, Dienstleistungs- und Telekommunikationszentrum, Banken, Postamt, Restaurant, Fitness- und Shopping-Center.»

Seinen Glauben an die Wolkenkratzerideologie hat der 11. September also nicht erschüttert? «Ja und nein, es ist nicht die Höhe, die uns verwundbar macht und Attentätern Angriffsfläche bietet. Es ist die Konzentration von Menschenmassen einerseits, die Identifikation von Machtsymbolen andererseits. Morgen kann es eine Brücke, übermorgen eine U-Bahn sein. Fanatismus macht vor nichts Halt. Gerade deshalb können wir nicht wie gelähmt innehalten. Die Zeit drängt. Was einst wie Science-Fiction aussah, die Megalopolen, ist in Asien längst Realität. Dort quellen die Städte über, sie bersten. Wir müssen die Globalisierung in der Baukunst ansteuern, gleitende Räume schaffen, in denen die verschiedenen Aspekte des Lebens - Arbeit, Freizeitgestaltung, Bildung, Kommunikation - gleichermassen berücksichtigt werden.» Vorläufig scheint die Integration der Wohnfläche in den «Schmelztiegelbau» des Kongresszentrums sich noch auf Hotelzimmer zu beschränken. Doch versteht Fuksas den Hotelturm von EUR als Wegweiser in die Zukunft, in eine Architekturlandschaft aus allumfassenden Wohn- Stadt-Bauten.

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verknüpfte Bauwerke
Kongresszentrum „Wolke“

Profil

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