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28. Februar 2001Beatrice Bednar
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Stadtplätze. Zeiträume

Der Wandel des Stadtplatzes vom Mittelalter bis heute im Kontext städtebaulicher Konzepte und gestalterischer Prinzipien.

Der Wandel des Stadtplatzes vom Mittelalter bis heute im Kontext städtebaulicher Konzepte und gestalterischer Prinzipien.

Plätze können nicht isoliert gesehen werden. Sie sind Teil städtebaulicher Raumsysteme und in ihrer Form und Funktion eng mit den Bildungsprinzipien dieser Raumsysteme verbunden. (Gerhard Curdes, 1993)

Heute ist der Hauptplatz die Visitenkarte der Stadt. In den letzten Jahrzehnten wurden die zentralen Freiräume vieler mitteleuropäischer Städte neu gestaltet. Nicht selten entzündete sich an den Entwürfen eine heftige Architekturdebatte. Dabei standen vor allem formale, ästhetische und funktionale Aspekte im Vordergrund. Der Kontext zur städtebaulichen Struktur um den Platz wurde kaum debattiert. Auch in den Fachpublikationen wird dieser Aspekt, wenn überhaupt, nur am Rande erwähnt.

Ziel der Neugestaltungen ist u. a. die Belebung der Innenstadt, die Aufwertung des Standortes für Handel und Gastronomie, die Anlockung von TouristInnen. Trotz der Investitionen in das Erscheinungsbild bleiben die Plätze teils leer, devastieren bald und „müssen“ wiederum neu gestaltet werden.

In den Siedlungserweiterungsgebieten, wo sich der Städtebau von heute präsentiert, wurden kaum neue Plätze angelegt und die wenigen Beispiele reichen selten an die historischen Vorbilder heran.
Angesichts dieser Entwicklungen stellt sich die Frage: Wozu brauchen wir Plätze in der Stadt überhaupt ? – als Einkaufszentren, Busbahnhöfe, Parkplätze, für Feste, Märkte, Kundgebungen, als Kunstraum, Visitenkarte, Orientierungspunkte? Können und sollen sich diese Funktionen und andere Nutzung überlagern? Reicht die Attraktivität der Gestaltung aus, um einen Stadtplatz zu beleben? Wie haben sich die Vorstellungen vom Stadtplatz in den unterschiedlichen städtebaulichen Konzepten verändert?

Diese Fragen bildeten den Ausgangspunkt meiner Diplomarbeit. Anhand von Klagenfurter Beispielen aus verschiedenen Epochen – vom Mittelalter bis in die 90er Jahre – wurden Anlage, Ausstattung, Wirkung und Nutzung der Plätze im Zusammenhang mit den städtebaulichen Konzepten untersucht. In einem Vergleich wurden die typischen Merkmale der Freiräume herausgefiltert und aus heutiger Sicht bewertet. Diese Dokumentation und Analyse diente als Grundlage für prinzipielle Überlegungen zur Planung und Gestaltung von Plätzen, die in einem Entwurf für den Kardinalplatz in Klagenfurt angewandt und geprüft wurden.

Vom Freiraum zur Fläche und zurück?

Der Vergleich der schematischen Platzgrundrisse zeigt einen Wandel vom schmalen, von vielen Langparzellen gefassten Platz im Mittelalter über die rechteckigen Anlagen mit Blockbebauung in Renaissance und Gründerzeit bis zur Zeilenbebauung der Moderne, die eine räumliche Fassung nicht mehr möglich macht. Ab den 70er Jahren werden die Gebäude wieder mit mehr Bedacht auf die Raumbildung am Grundstück situiert. Die Struktur der Bebauung und damit auch ihre Wirkung und Bedeutung für den Freiraum hat sich aber deutlich geändert.

Vom gereihten Haus zur gruppierten Zeile

Die Veränderung der Bautypen vom Reihenhaus über die Blockrandbebauung zu Wohnhof und freistehendem Gebäude wie Villa und Zeile führte zur Auflösung des Platzraumes in die Fläche. Die gruppierten Zeilen und Geschoßbauten der 80er und 90er Jahre bewirken zwar wieder eine stärkere Raumbildung, die Organisation des Randes hat sich aber stark verändert. Die Größe der Parzellen ist stetig gestiegen, folglich auch die Fassadenbreite. Es liegen immer weniger Hauseingänge am Platz, damit verringern sich die soziale Kontrolle und die Anlässe, den Raum zu nutzen. Die „platzähnlichen Freiräume“ in den neu errichteten Stadtrandsiedlungen werden häufig nur mehr von einem Gebäudekomplex gerahmt, ein „hofähnlicher“, fast „privater“ Eindruck entsteht.

Weg und Ort werden getrennt

Im Mittelalter war der Platz immer beides: Weg und Ort. Eine funktionale oder materielle Aufteilung des öffentliche Raumes gab es nicht. Die Raumform entstand vor Ort und nicht am Plan. Das orthogonale Erschließungsraster der Renaissance bringt symmetrische Stadtplätze hervor. Die Differenzierung in der Raumbildung zwischen Straße und Platz wird deutlich. Die Errichtung von Bürgersteigen in der Gründerzeit führt zu einer Zonierung der Fläche in Fahrbahn und Gehweg. Auch Alleen dienen der Gliederung der Straßen und Plätze. Die Bereiche liegen nebeneinander und überschneiden sich teilweise.

Die Funktionalisierung der Fläche

Mit dem Prinzip der Funktionstrennung der Moderne geht die Einheit von Weg und Ort fast vollständig verloren. Nutzungsüberlagerungen und alltägliche Nebenbeinutzungen sind kaum mehr möglich. Der Flächenverbrauch steigt deutlich an (siehe Schnitte). Es entsteht ein Fleckerlteppich an „funktionalen Flächen“: Gehweg, Radweg, Fußgängerzone, Abstandsgrün, Parkplatz, Spielplatz, Blumenbeet, Verkehrsfläche etc. Diese Entwicklung findet sich auch in der Flächengestaltung und -ausstattung (Rasenflächen, Beete, Hecken, Mauern, Zäune etc.) wider.
Der „Platz“ verliert sein Potential zur Konzentration von Nutzungen und kann sich daher nicht als belebtes Zentrum etablieren.

Der Kardinalplatz

Der Platz liegt am östlichen Rand der Klagenfurter Innenstadt. Er wurde bereits in der Renaissance angelegt. Die aktuelle Form des Raumes entstand erst durch die schrittweise Bebauung vom Barock bis in die Postmoderne. Anfang der 80er Jahre wurde eine Tiefgarage unter einem Teil der Freifläche errichtet. Aus dieser Zeit stammt auch die aktuelle Platzgestaltung.

Entwurf

„Ohne Grenzen , Senza confini, Brez meja“ – Der olympische Gedanke Klagenfurts wurde auf die Neugestaltung des Kardinalplatzes übertragen. Es entsteht ein offener Platz , der viel Raum für unterschiedliche Nutzungen bietet und frei von Grenzen und Barrieren ist. Durch die Überbauung der Tiefgaragenzufahrt wird diese Fläche bestmöglich genutzt, der Platz neu definiert und die Orientierung erleichtert. Die Gestaltung akzentuiert den aus der Mitte entrückten Obelisken , schafft Überblick und stiftet Identiät. Die Möblierung ist dezent und funktional. Belebend wirken die Wasserfontainen im östlichen Platzbereich. Die Bäume schützen vor der sommerlichen Mittagshitze. Die Beleuchtung vermittelt in der Nacht Sicherheit. l


Die physischen Räume, die wir entwerfen, machen immer nur die Hälfte der Geschichte aus; die Benutzer sind es, die die Geschichte vervollständigen.
Robin WINOGROND, 1996


Literatur:
WINOGROND, Robin (1996): Choreographie von Raum und Vorstellung. In: Auböck, Maria, Cejka, Andrea/Planbox(Hg.): Freiräume. Stadt. Wien.
CURDES, Gerhard (1993): Stadtstruktur und Stadtgestaltung. Stuttgart, Berlin, Köln.

zolltexte, Mi., 2001.02.28

18. Juli 2000Beatrice Bednar
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Freiraum in Zwangslage

Das neue Bauvorhaben auf den Denzel-Gründen in Wien-Mariahilf führt wieder zu heftigen Diskussionen zwischen BürgerInnen, Bezirksvorstehung und Autofirma. Der Park soll zum Innenhof werden.

Das neue Bauvorhaben auf den Denzel-Gründen in Wien-Mariahilf führt wieder zu heftigen Diskussionen zwischen BürgerInnen, Bezirksvorstehung und Autofirma. Der Park soll zum Innenhof werden.

Wie hießen Sie? Wo wohnen Sie? Haben Sie einen Meldeschein mit? Mit diesen Fragen wurden am Eingang des Kolpinghauses in der Gumpendorferstraße alle konfrontiert, die an der Bürgerinformationsveranstaltung der Bezirksvertretung zum geplanten Bauvorhaben auf den „Denzelgründen“ am 5. Juni 2000 teilnehmen wollten. Wer nicht nachweislich zwischen der Stiegengasse und dem Raimundhof in Wien-Mariahilf wohnt, mußte draußen bleiben, „aus Platzmangel“, wie Bezirksvorteher Achleitner erläuterte. Obwohl viele BürgerInnen gekommen waren, gab es noch etliche Stühle, die leer blieben. Eine demokratiepolitisch bedenkliche Vorgangsweise.

Beschränkungen

Nicht nur die TeilnehmerInnenzahl wurde durch die Bezirksvorstehung stark eingeschränkt, auch die Informationsschleuße wurde nur einen Spalt weit geöffnet. Bereits der geschichtliche Abriß zur Entstehung des „Alfred-Grünwald-Parks“ in der Informationsbroschüre der Bezirksvorstehung Mariahilf beinhaltet nur einen selektierten Teil der Ereignisse. Dort wird zwar erwähnt, daß Bürger und Anrainer bereits in den achtziger Jahren an der Gestaltung der Grünfläche mitgewirkt haben, daß die Einrichtung des Parks letztlich aber den Bemühungen einer Bürgerinitiative, die schon in den siebziger Jahren aktiv wurde und fünf Jahre lang ein „Parkprovisorium“ betreut hat, zu verdanken ist, wird verschwiegen. AnrainerInnen erinnern sich noch daran.

Baugründe

„Die Firma Denzel benötigt zur optimalen Betreuung ihrer Kunden eine bauliche Erweiterung des Kundencenters Gumpendorf“, heißt es weiter in der Informationsbroschüre des Bezirks. Im Anschluß an den gerade neu errichteten Baukörper an der Gumpendorferstraße ist auf der rückwärtigen Grundstücksparzelle der Bau eines neuen Gebäudes zur Unterbringung von Werkstätte und Hyundai-Repräsentanz geplant. Die erlaubte Traufenhöhe liegt bei 6,5 Metern, was bedeutet, daß samt Dachausbau maximal drei Geschoße möglich sind. Bezirksvorsteher Achleitner sieht in diesem Bauvorhaben eine Einschränkung der Freiraumqualität des Alfred-Grünwald-Parks und wird aktiv.

Seit der Entstehung des Parks wird die Luftqualität durch die Abgase der Lackiererei der Autofirma beeinträchtigt. Durch den Umbau der Werkstätte werden die Schadstoffemissionen nun endlich reduziert, was im Gegensatz zu Achleitners Befürchtungen eine Verbesserung der aktuellen Situation bringen würde. Die Geruchsbelästigung würde dennoch bleiben. Auch diese befindet der besorgte Bezirksvorteher nun unzumutbar für die Nasen „seiner“ BürgerInnen. Daher trat er an die Firma Denzel mit dem Vorschlag eines Grundstückstausches heran und bietet ihr an, anstelle der Aufstockung der Werkstätten entlang der Linken Wienzeile ein modernes, dem architektonischen Ambiente angepaßtes Bürohaus zu erbauen.

Obwohl bereits eine Bebauungsstudie des Architekten Richard Schnabel vorliegt, wird den BürgerInnen im Rahmen der Informationsveranstaltung nur eine Grundrißskizze präsentiert. Der Vorwurf der Manipulation liegt da nahe und wird in mehreren Wortmeldungen auch erhoben.

Derzeit stehen auf der als Hundewiese mit Bäumen ausgestatteten Fläche entlang der Wienzeile Plakatwände zur Abgrenzung des Parkbereichs, in dem Hunde verboten sind. Für Achleitner „besteht nun erstmals die realistische Chance, dieses häßliche Gebiet zu erschließen“. Unter den rund 21 Meter hohen Gebäuden soll eine Tiefgarage untergebracht werden, in der auch AnrainerInnen und BesucherInnen des Theaters an der Wien Stellplätze zur Verfügnung stehen sollen. Genutzt werden soll das neue Bürohaus zum Teil als Verwaltungsgebäude der Firma Denzel mit Schauräumen für BMW und Hyundai. Werkstätten sind hier jedoch nicht vorgesehen. Diese werden bei Zustandekommen des Tausches an einen anderen Standort verlagert.

Mehr Sicherheit durch Abgrenzung?

Von Bezirksvorsteher Achleitner werden die Vorteile der Bebauung entlang der Wienzeile wie folgt beschrieben:
n Begrenzung von allen Seiten erhöht die Sicherheit im Park
n bessere Schließungsmöglichkeiten während der Nacht verhindern den Zugang der „Wienzeile-Szene“
n die Bebauung schirmt den Verkehrslärm der Linken Wienzeile ab
n weniger Schadstoffe durch Absiedlung der Werkstätte
n Verkehrsberuhigung im Umfeld durch Tiefgaragen unter dem Bürohaus
n Errichtung neuer, attraktiver Freizeitanlagen und Spielplätze für die Kinder
n schöner Ausblick für viele Anrainer auf einen gestalteten Park

Autohaus trennt Freiräume

Unbeachtet bleibt dabei, daß durch eine bauliche Schließung der öffentliche Charakter des Parks stark eingeschränkt wird. Der Park liegt dann ausschließlich hinter den Gebäuden. Es entsteht eine Innenhofsituation, die nicht mehr mit der derzeitigen Offenheit des Freiraumes zu vergleichen ist. Diese ist als eine städtebauliche Qualität zu bewerten, die in den dicht bebauten inneren Bezirken Wiens eine Rarität darstellt.

Durch eine bauliche Begrenzung wird die Grünfläche mit dem Planquadrat, einem entkernten und begrünten Innenhof in Wien-Favoriten, vergleichbar. Die Erfahrungen dort lassen vermuten, daß es bald zu Beschwerden der AnrainerInnen über den Kinderlärm kommen wird und Nutzungsbeschränkungen folgen: kein Ballspielen, kein Radfahren, Mittagsruhe von 12 bis 14 Uhr etc.

Ungelöst bleibt auch das Hundeproblem. Von der Bezirksvertretung wird die Hundewiese als Gstettn und häßlicher Grünstreifen bezeichnet. Daß hier täglich etliche Hunde ihre Notdurft verrichten, macht die Fläche und auch die Zugänge zum Park wirklich nicht attraktiv, eine Nutzung ist dennoch vorhanden, die nicht einfach negiert werden kann.

Unklar ist weiters, wie stark das neue Bürogebäude im Süden des Parkes die Grünfläche beschatten und ihre Attraktivität dadurch vor allem im Frühling und im Herbst herabsetzen würde.

Von einer Verkehrsberuhigung zu sprechen, ist deshalb nicht ganz angebracht, da der neue Geschäftsstandort der Firma Denzel weiteren Verkehr anziehen wird; ebenso die Tiefgarage. Offen ist noch, wem der Wertausgleich, den die Firma Denzel im Zuge dieses Tausches an die Stadt Wien für die attraktiven Bauplätze an der Wienzeile zahlen müßte, tatsächlich zu Gute käme. Zu fordern ist jedenfalls, daß das Geld für die Verbesserung der Freiraumsituation im dicht bebauten Bezirk Mariahilf verwendet wird.

Öffnen statt verbauen

Die aktuell wenig ansprechende Gestaltung der Fläche entlang der Wienzeile als Grund für eine Bebauung zu nennen, spricht nicht gerade für das Engagement, den Einfallsreichtum und die Umsicht der Bezirks- und der Stadtverwaltung.

Der Alfred-Grünwald-Park wird derzeit stark frequentiert. Vor allem die große Seilrutsche, der Fußballplatz und die Spielplätze stellen für Kinder attraktive Aufenthaltsbereiche dar. Aber auch viele Erwachsene verbringen Ihre Mittagspause im Park und essen hier die Speisen, die sie zuvor am Naschmarkt gekauft haben. Eine Öffnung der Fläche zum Markt böte sicher viele ansprechende Gestaltungsmöglichkeiten. Durch die Errichtung eines flachen Gebäudes im Bereich der Hundewiese, das sowohl zum Park als auch zur Straße hin offen ist und ein Kaffee, Toilettenanlagen etc. beinhaltet, könnte gleichzeitig eine Anbindung zum Markt und eine Abgrenzung zur Straße erreicht werden. Wünschenswert ist daher die Ausschreibung eines Gestaltungswettbewerbes für die aktuelle Fläche des Alfred-Grünwald-Parks, in dem neben Planungs- auch Finanzierungsvorschläge eingebracht werden sollen. Ein Private-Public-Partnership, wie es derzeit mit der Firma Denzel geplant ist, könnte sicher auch in einem Projekt entstehen, daß vornehmlich auf die Planung und Ausgestaltung eines Freiraumes und nicht auf die Bebauung einer Parzelle ausgerichtet ist. Diese Vorgangsweise wäre auch im Sinne des in der Bürgerinformationsveranstaltung von Manfred Nehrer, Präsident des Künstlerhauses Wien, als Vorbild genannten Konzeptes von Barcelona, wo sich die Stadtverwaltung sehr offensiv für die Gestaltung von neuen Freiräumen in der Stadt einsetzte und Wege fand, diese auch umzusetzen.

DI Beatrice Bednar, Jahrgang 1970, studierte Landschaftsplanung und Landschaftspflege an der Universität für Bodenkultur und ist derzeitig als freiberufliche Landschaftsplanerin in Wien tätig.

zolltexte, Di., 2000.07.18

01. April 2000Beatrice Bednar
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reform der zu reformierenden

Anmerkungen zur Entwicklung der Studienrichtung Landschaftsplanung und Landschaftspflege an der Universität für Bodenkultur (BOKU) Wien.

Anmerkungen zur Entwicklung der Studienrichtung Landschaftsplanung und Landschaftspflege an der Universität für Bodenkultur (BOKU) Wien.

An der BOKU hat sich viel verändert in den letzten Jahren, wird immer wieder behauptet. Und es gibt auch Zeichen dafür. Anfang der achtziger Jahre wurde der Studienversuch Landschaftsökologie und Landschaftsgestaltung gestartet. Ausgangspunkt war die hohe Einreichquote des gleichnamigen Studium irregulare. Vor allem die Ökologiebewegung hat das Interesse am umfassenden Umwelt- und Naturschutz entfacht. Der Lehrplan umfaßte daher ein breites Spektrum an der BOKU und an anderen Wiener Universitäten angebotener, vor allem naturwissenschaftlicher und technischer Lehrveranstaltungen. Die StudentInnenzahlen stiegen rasch an. Ende der achtziger Jahre inskribierten rund 350 StudienanfängerInnen den Studienversuch. Die Landschaftsökologie boomte.

Dennoch gab es nach zehnjähriger Probezeit 1991 ein hartes Ringen um die Einführung einer regulären Studienrichtung. Die Aufregung war groß. Die BOKU bekannte sich zwar zum Studienversuch, das Ja vom Ministerium fehlte jedoch noch. Am Tag einer mit viel Engagement vorbereiteten Studentendemonstration war es dann doch soweit. Die neue Studienrichtung hieß nun Landschaftsplanung und Landschaftspflege. Der inhaltliche Schwerpunkt sollte stärker in der Planung situiert werden, auch um die Ausbildung von dem ebenfalls neu eingerichteten Studienzweig Ökologie an der Universität Wien zu differenzieren. Damit orientierte sich die Lehre in Österreich auch stärker an jener in Deutschland und den Niederlanden, wo die Disziplin der Landschaftsplanung bereits eine längere Tradition hat.

Studium regulare

Mit der Etablierung als reguläre Studienrichtung wurden vier Ordinariate für die Kernfächer Landschaftsplanung, Freiraumgestaltung, Naturschutz und Landschaftspflege sowie Landschaftsbau und Ingenieurbiologie eingerichtet und drei neue ProfessorInnen berufen. Trotz der hohen HörerInnenzahlen wurden jedoch anstatt der vier versprochenen nur zwei neue Institute eingerichtet. Auch im Zuge der Umstrukturierung der BOKU auf Basis des UOG 932 erhielt die Landschaftsplanung keinen eigenen Studiendekan und wird daher bis heute nicht mit den anderen Studienrichtungen gleichgestellt.

Mit der Einführung der regulären Studienrichtung mußte auch der Studienplan an die neuen Schwerpunkten angepaßt werden. Die Stundenanzahl wurde reduziert, die Übungen schwerpunktmäßig in den Bereich der Kernfächer verlagert und in den Wahlfächkatalog vermehrt planungsrelevante Fächern aufgenommen. Federführend bei dieser Reform waren vor allem engagierte StudentInnen sowie die Lehrenden des Studienversuchs, die großteils aus naturwissenschaftlichen Disziplinen stammten.

Mit der Umwandlung des Simonyhauses zum „Haus der Landschaft“erhielt die Studienrichtung auch ein eigenes Lehrgebäude. Basierend auf dem neuen Hochschulstudiengesetz von 1997 sollte diese nun neu organisiert, der Lehrplan der Studienrichtung grundlegend reformiert werden.

Kleine Schritte – vor und zurück

Mit den neuen Ordinarien sind nun Lehrende aus dem Kernbereich vorhanden, die der Studienrichtung mehr Profil geben und die Eigenständigkeit der Disziplin bereits in der Ausbildung stärken können. Die interne inhaltliche Diskussion in den Arbeitskreisen der Studienkommission schritt voran. Wesentliche inhaltliche und methodische Mängel in der Ausbildung wurden angesprochen und Reformvorschläge in bezug auf Inhalte (Stärkung der soziologischen, wirtschaftlichen, gestalterischen, technisch-handwerklichen und planerischen Fächer) und Lehrmethoden (weniger klassische Vorlesungen, mehr Projekte und Übungen) ausgearbeitet. Doch bald wurde klar, daß es schließlich auch um die Neuverteilung eines Kuchens geht, von dem jedes Fach ein Stück bekommen wollte. Und solange in der Studienkommission nicht die Lehrenden aus den Kernbereichen stärker vertreten sind, wird die Reform durch die zu Reformierenden (auf-)gehalten werden.

Die Diskussion wurde daher mehr von dem unausgesprochenen Ziel der Erhaltung des Einflußbereiches der bisher an der Lehre beteiligten Disziplinen dominiert. Dafür sind dann auch alle bereit, die Inhalte ihrer Lehrveranstaltungen zu überarbeiten. Beispielsweise sollen Mathematik, Statistik und Chemie (endlich) anwendungsorientiert gelesen werden, und – unabhängig davon, ob sie für die Arbeit und Forschung der Landschaftsplanung wichtig sind – als Pflichtfächer erhalten bleiben. Wesentliche Veränderungen bringt der Entwurf zum neuen Lehrplan, der nun bald in die Begutachtungsphase gehen wird, daher wieder nicht. Das Stundenausmaß wurde etwas reduziert, einige Vorlesungsnamen geändert und neue Lehrveranstaltungsformen wie beispielsweise Vorlesungen mit Übungscharakter (VU) eingeführt. Weiters wurde die zeitliche Abfolge der Lehrveranstaltungen im Lehrplan geändert, an die sich aber so oder so viele Studierende nicht halten. Korrigiert wurde auch die Größe der Kuchenstücke: die Kernfächer haben wieder ein bißchen mehr bekommen.
Als wichtigste Neuerung kann die Studieneingangsphase genannt werden, in der ein Einblick in alle Kernfächer, aber auch in die Breite der Disziplin geboten wird, .

Der Wille zählt

Was hat der jahrelange Diskussionsprozess also gebracht. Eine Auseinandersetzung mit den Lehrinhalten durch die am Prozeß Beteiligten auf jeden Fall. Viel Zeit und Mühe wurde von den in den Kernbereichen der Landschaftsplanung Lehrenden, von externen BeraterInnen aus der Praxis und vor allem von den Studierenden investiert, um die Inhalte, Ziele und Kompetenzen dieser Disziplin auch alten „BOKUhasen“ näherzubringen. Fächerübergreifende Projektübungen in der Studieneingangsphase und interdisziplinäre Vertiefungsprojekte sind ein Resultat dieser Bemühungen ebenso wie die Bereitschaft vieler an der Lehre beteiligten Fachdisziplinen zu einer verstärkten Zusammenarbeit mit den Kernbereichen und einer Auseinandersetzung mit den Inhalten der Disziplin.

Teamfähigkeit, interdisziplinäres Arbeiten und kritisches, vernetztes Denken

Das sind einige der Fähigkeiten, die Studierende der Landschaftsplanung in ihrer Ausbildung, dem erstellten Qualifikationsprofil entsprechend, erwerben sollen. Lernen basiert auf Vermittlung von anderen und/oder auf der eigenständigen Auseinandersetzung mit verschiedenen Themen. Die erwünschten Fähigkeiten müssen daher einerseits von den Lehrenden transportiert und andererseits den Lernenden zuerkannt werden.

Im Zuge der Studienplanerstellung wurde aber immer wieder darauf hingewiesen, daß die Studierenden strenge Vorgaben brauchen, da sie sich ansonten nur „durchwursteln“. Und es soll doch keine AbsolventInnen geben, die nichts können. 200 Prüfungsstunden sind im neuen Studienplan zu absolvieren. Wer das schafft und dennoch nichts kann, ist nicht nur selber schuld. Hier müssen sich auch die Lehrenden an der eigenen Nase nehmen, und nicht von den Studierenden etwas verlangen, was sie selbst nicht zuwege bringen. Teamfähigkeit, interdisziplinäres Arbeiten und (selbst-)kritisches, vernetztes Denken muß von den Lehrenden nicht nur beherrscht, sondern auch vermittelt werden. Die Erfahrungen mit dem im neuen Lehrplan nicht mehr enthaltenen, interdisziplinären Freilandpraktikum haben gezeigt, daß hier vor allem auf Seite der Lehrenden noch großer Lernbedarf in Organisation, Methodik sowie auf inhaltlicher Ebene besteht. Schließlich geht es aber auch darum, sich an jenen Studierenden zu orientieren, die mit Interesse und Engagement an ihrer Ausbildung arbeiten. Eine Evaluierung der Lehrveranstaltungen durch die Studierenden, wie sie beispielsweise in den USA bereits seit Jahren praktiziert wird, würde nicht nur auf Mängel in der Lehre hinweisen, sondern auch zeigen, daß die Studierenden ernst genommen und gleichberechtigt behandelt werden.

Lehrinhalte

Nach der Begutachtungs- und Bewilligungsphase des neuen (alten) Studienplans wird es daher vor allem darum gehen, die Inhalte der Lehrveranstaltungen gemäß den Zielen der Ausbildung zu gestalten und die Veränderungen in den Lehrformen (VU etc.) nicht als leere Worthülsen stehen zu lassen. Wünschenswert ist einerseits eine stärkere Integration in der Praxis arbeitender LandschaftsplanerInnen in die Lehre und andererseits eine stärkere inhaltliche Abstimmung der Lehrveranstaltungen auf die Aufgaben, Arbeits- und Forschungsfelder der Landschaftsplanung.

Viele für die Disziplin wichtige Fächer fehlen weiterhin im Pflichtbereich des Studienplans. Als Beispiele seien hier einerseits Theorie- und Methodenlehre, andererseits Projektmanagement, Ausführungsplanung und Bauleitung genannt.
Zumindest teilweise sind diese Lehrinhalte im Wahlfachkatalog enthalten, der in mehreren Töpfen ein breites Spektrum an Lehrveranstaltungen beinhaltet. Positiv zu bewerten ist hier vor allem auch das erweiterte Angebot in den Bereichen EDV, Darstellungsmethoden und Feministische Planung. Aufgrund der knappen finanziellen Ressourcen und der geringeren StudentInnenzahlen ist jedoch zu befürchten, daß einige Wahlfächer schließlich nicht abgehalten werden, da eine MindesthörerInnenzahl von 15 erreicht werden muß. Gerade aus diesem Grund ist die drastische Reduktion der Anrechnungs- und Austauschmöglichkeiten von Pflicht- und Wahlfächern (bisher waren es bis zu 50 % im 2. Studienabschnitt) mit an anderen Universitäten angebotenen Lehrveranstaltung negativ zu bewerten. Im neuen Studienplan sind nur mehr 20 Wochenstunden frei wählbar. Dieses Stundenausmaß ist bei Absolvierung eines Studienaufenthaltes im Ausland bald erschöpft. Die Regelung ist nicht nur aus ökonomischen Gründen in Frage zu stellen, sondern auch in bezug auf die Förderung interdisziplinärer Zusammenarbeit ein Rückschritt.

Aus der Sicht der AbsolventInnen ist schließlich auch das kaum vorhandene Weiterbildungsangebot (3) für LandschaftsplanerInnen an der Universität für Bodenkultur zu bemängeln. Letztlich ist Bildung ein fortlaufender Prozeß, der weder mit dem Abschluß eines Studiums noch mit der Einführung eines neuen Studienplanes als beendet verstanden werden sollte. Die nächste „Reform“ kommt bestimmt.


DI Beatrice Bednar studierte Landschaftsplanung und Landschaftspflege an der Universität für Bodenkultur und arbeitet derzeit freiberuflich in Wien und Kärnten.

1 Dieser Artikel wurde von DI Beatrice Bednar mit Unterstützung von DI Heide Studer verfaßt. Beide haben als Studierende sowie als AbsolventInnen am Prozeß der Studienplanerstellung mitgewirkt.
2 1993 neu eingeführtes Universitätsorganisationsgesetz
3 Informationen zum Weiterbildungsangebot der Universität für Bodenkultur finden Sie in der Broschüre „An der Bodenkultur zu Gast“, die vom Vizerektor herausgegeben wird. Informationen unter: Vizerektorat für Weiterbildung und Personalentwicklung, Universität für Bodenkultur Wien, Gregor-Mendl-Str. 33, A-1180 Wien, Tel: 01/47654-2608. Siehe auch www.boku.ac.at/weiterbildung/


1990 1990 endet die zweite Verländerung des Studienversuches Landschaftsökologie – das Aus für die junge Studienrichung scheint nahe. Etliche Studierende demonstrieren gegen dir „Totsagung“ der Landschaftsplanung – mit Erfolg.

der türkenwirt – kurz TÜWI genannt – war und ist ein wichtiger Treffpunkt und Ort der Auseinandersetzung an der BOKU. Im Garten des TÜWI demonstrieren Studierende der Landschaftsplanung die Umsetzung ihrer Planung sowie ihre Vorstellungen von Lehre – Lernen am Beispiel.

lehrende und studierende der Landschaftsplanung waren lange Zeit an Provisorien wie den Lehrplan des Studienversuchts oder das Arbeien in Baracken gebunden.
Mit der Umwandlung des Simonyhauses zum „Haus der Landschaft“ und der Studienplanreform erhält die Landschaftsplanung ein eigenes „Lehrgebäude“ , das es zu nun zu füllen und zu pflegen gilt.

zolltexte, Sa., 2000.04.01

30. März 1996Beatrice Bednar
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Heiligengeistplatz - der zweite und dritte Blick

Der Heiligengeistplatz in Klagenfurt erlebte 1995 eine umfassende Neugestaltung. Wie gelungen sich der realisierte Entwurf der ArchitektInnen Gasparin&Meier nun tatsächlich präsentiert, erfahren Sie von Beatrice Bednar.

Der Heiligengeistplatz in Klagenfurt erlebte 1995 eine umfassende Neugestaltung. Wie gelungen sich der realisierte Entwurf der ArchitektInnen Gasparin&Meier nun tatsächlich präsentiert, erfahren Sie von Beatrice Bednar.

Klagenfurt, viertel acht - wie man in Kärnten für 7 Uhr 15 sagt - buntes Durcheinander: VolksschülerInnen, die herumschupfen, GymnasiastInnen, die verschlafen ihrem alltäglichen Schulweg folgen, Väter und Mütter, die ihre Kleinen an der Hand zum Kindergarten geleiten, Frauen mit Einkaufstaschen am Weg zum Markt, Zeitungsverkäufer, in Gedanken versunkene Erwerbstätige unterwegs zur Arbeit, Nachtschwärmer, die beim Würstelstandel noch (schon wieder?) ein paar Bier kippen ... verschlafene Hektik - ein Szenario, daß sich am Heiligengeistplatz, dem zentralen Busbahnhof von Klagenfurt seit mehreren Jahrzehnten täglich abspielt, zur Mittagszeit eine Wiederholung mit leicht veränderter Handlung findet, Sommer wie Winter und seit einem knappen Jahr mit neuem Bühnenbild. Zwölf Jahre hat die Planungsphase für die Neugestaltung des Heiligengeistplatzes gedauert und über das Ergebnis dieser langwierigen Vorbereitungen, Überlegungen und Diskussionen brach sogleich heftige Kritik los. Auch und vor allem aus freiraumplanerischer Sicht lassen sich etliche Details bemängeln, wenn der Konzeption im Ganzen doch viel Positives zugesprochen werden kann.

Friedhof, Kirchplatz, Fischmarkt, Busbahnhof

Gemeinsam mit dem Landhauspark, einst eingefriedeter Garten des Landhaushofes, bildet der Heiligengeistplatz einen städtischen Freiraum westlich des historischen Zentrums der Stadt. Benannt nach der kleinen Kirche an seiner Nordseite, die im 17. Jahrhundert samt errichtetem Kloster dem Ursulinenorden übergeben wurde, diente der Platz ursprünglich als Friedhof, dann als Fischmarkt, bis er im 20. Jahrhundert zunehmend zur Verkehrsfläche wurde. Schon in den Nachkriegsjahren wurde daher ein Architekturwettbewerb durchgeführt und der erste Bushof errichtet. Ein massiver, in den 70er Jahren hergestellter Neubau, indem ein Kaufhaus, Büros und Dienstleistungsbetriebe untergebracht sind, beherrscht die Westseite des Platzes, während die Südseite durch den „Stauderhof“, einen burgartigen Bau mit Türmchen - ein Musterbeispiel für den „deutschen Heimatstil“ - begrenzt wird (vgl. HARTWAGNER, 1994). Nach Osten bleibt das Blickfeld weitgehend offen und reicht über den Landhauspark bis hin zum Neuen Platz.

„Amtsplanung“ oder Wettbewerb?

Als in den 80er Jahren die Wartehalle am vom Busverkehr fast völlig beherrschten Platz immer desolater wurde, wollte die Stadt hier ein neues Betriebsgebäude für die städtischen Verkehrsbetriebe errichten. Gegen die Realisierung dieses rein amtlichen Planungsverfahren setzten sich 1988 ArchitektInnen und KünstlerInnen gemeinsam ein und erreichten schließlich die Ausschreibung eines Architekturwettbewerbes, der mit der Empfehlung endete, die VerfasserInnen der beiden erstgereihten Projekte als Team mit den Planungsarbeiten zu betrauen. Zwei unterschiedliche Konzepte sollten also unter einen Hut gebracht werden, ein Versuch, der nach vierjähriger Überarbeitungszeit als politisch gescheitert erklärt wurde. In einem zweiten Anlauf wurde 1993 schließlich das Villacher Architekturbüro Gasperin und Meier, das eines der beiden Siegerprojekte erstellt hatte, beauftragt, einen reduzierten Vorschlag zu erarbeiten, dessen Bau - trotz mannigfaltiger Schwierigkeiten - im September letzten Jahres abgeschlossen werden konnte (vgl. GASPARIN, MEIER, 1993-1994). In seiner Rede anläßlich der Eröffnungsfeier betonte der Architekt Beny Meier nochmals, daß die Stadt durch das Wettbewerbsverfahren das Beste getan hat und bekräftigte: „Das Gesamtprojekt Heiligengeistplatz ist schön, ich sage es nocheinmal! Vergessen Sie bitte nicht die Situation, wie sie vorher war!“ (MEIER, 1995 mündl.). Doch auch die Erwähnung in vielen Architekturzeitschriften, das Lob bekannter KünstlerInnen (z.B. Giselbert Hoke, Günther Domenig u.a.) und die Aufnahmen in das Ausstellungsprogramm „Architektur zeigen“ können über die großen und kleinen, sichtbaren und versteckten Mängel dieser Planung nicht hinwegtäuschen.

Ein Platz ist, wo Platz ist?

Verglichen mit den Flächenverhältnissen vor dem Umbau haben es die ArchitektInnen geschafft, die für den Busverkehr (Haltestellen plus Zufahrt) notwendige Fläche zu minimieren bzw. zu optimieren und so mehr Platz für andere Nutzungen zu schaffen. Eine Neuerung, die von den KlagenfurterInnen auch immer wieder lobend erwähnt wird (vgl. lokale Pressemeldungen vom 23. September 1995), vor allem weil die Kirche nun einen großen Vorplatz hat und dadurch auch selbst besser zur Geltung kommt. Doch was geschieht hier? Eine Eröffnunfskonzert werde aufgeführt, ein Christkindlmarkt abgehalten, Schnee wird abgelagert, bald parken Autos (vorwiegend teure Modelle) auf der freien Fläche, Menschen queren eilig den Platz. Doch „ausschlaggebend bei der Planung eines Platzes wird immer seine Qualität als Ort sein“ (FAVOLE, 1995), denn über seine Ausstattung „muß ein Stadtplatz viele, auch sehr unterschiedliche Nutzungen nicht nur zulassen, sondern ermöglichen und fördern“ (GÄLZER, 1995). Es reicht also nicht eine freie Fläche - offen für alles - den potentiellen BenutzerInnen zur Verfügung zu stellen, denn gibt es keine Anlässe, sich an einem Ort aufzuhalten, bleibt er Weg, Durchgang. „Planung sollte nicht aus großartigen, endgültigen Lösungsvorschlägen bestehen, sondern Strukturen anlegen, die den Nutzern Sicherheit für die Aneignung der Flächen geben. Strukturen bieten Gelegenheiten, in deren Rahmen sich Nutzungen organisieren können“ (HEINEMANN, POMMERENING, 1979). Eine solche Struktur sind beispielsweise Sitzplätze, von denen es auf der geschaffenen Freifläche nur wenige gibt. Diese werden daher voll in Anspruch genommen, vor allem von Jugendlichen, die sich hier schon immmer nach der Schule getroffen haben. Wenn aber die Bänke bereits belegt sind, nehmen die Jugendlichen in ihren „Schlabberhosen“ auch mit dem Boden als Sitzfläche vorlieb, was den StadtplanerInnen gar nicht gefällt. Doch weil zur Förderung der Gastronomiebetriebe auf eine ausreichende Möblierung verzichtet wurde, ist es eben wie es ist, ein hartes Pflaster.

Ein hartes Pflaster - eine „Steinwüste“

Und genau dieses wurde auch immer wieder mißbilligend erwähnt. Eine „Steinwüste“ sei der Platz geworden, heißt es von seiten der Bevölkerung. Tatsächlich ist die Pflasterung einer so großen Fläche ein teures Unterfangen und zudem wurde auch noch ein besonderer (=teurer) Stein verwendet. So schön das gewählte Material auch sein mag, es stellt sich doch die Frage, ob es den Anforderungen gerecht wird, denn „die Lebensgewohnheiten der Besucher und Bewohner des Stadtplatzes sind einem steten Wandel unterworfen, sei es durch die Entwicklung neuer Kommunikationsformen, (...), sei es durch das Aufkommen neuer Fortbewegungsmittel in der Stadt wie Skateboard und Rollerblade“ (GÄLZER, 1995). Das „ruppige“ Pflaster eignet sich kaum für derartige Sportarten. Aber nicht nur die Wahl des Materials spielt hier eine wichtige Rolle, auch der Umgang mit dessen Verarbeitung ist wesentlich für die „Aneignungs- und Alterungsfähigkeit“ (vgl. HEINEMANN, POMMERENING, 1979) eines Freiraumes sowie für seine Pflege und Instandhaltung. Undurchdacht erscheint mir die Verlegung der Pflastersteine im Mörtelbett und das über die gesamte Fläche, was einer Betonierung gleichkommt und bedeutet, daß das gesamte Regenwasser über das Kanalnetz abgeleitet werden muß. Eine Verlegung im Sandbett hätte hier Abhilfe schaffen können, das Wasser wäre zumindest großteils versickert. Auch eine leichte Temperatursenkung hätte dadurch erzielt werden können, was besonders an Sommertagen von Vorteil gewesen wäre (v. a. weil die vier über die Fläche verteilten Bäume kaum Schatten spenden). Auch Reparaturen, die immer wieder im Bereich des Tiefbaus anfallen, könnten leichter und billiger durchgeführt werden, weil nicht jedesmal mit dem Preßlufthammer der teure Belag zerstört werden müßte. Voraussetzung dafür ist jedoch eine Kundigkeit der HandwerkerInnen sowie der PlanerInnen, denn es muß genau gearbeitet werden, damit ein im Sandbett verlegtes Pflaster seine bestmögliche Stabilität erreicht, d.h. auch dem Befahren schwerer Kraftfahrzeuge standhält.

Grenzenlos

Doch dienen Beläge nicht nur als „Fußboden“, sie zeigen auch Grenzen an. Ändert sich der Belag, steigt die Aufmerksamkeit der FreiraumnutzerInnen. Der Wechsel suggeriert eine Veränderung in der Nutzbarkeit des Raumes. Noch eindeutiger wird die Grenzziehung, wenn ein Niveauunterschied, z.B. durch einen Bordstein, eingefügt wird. Die ArchitektInnen verzichteten aber bewußt auf derartige, „altbekannte“ Grenzen. „Trotz verschiedener Nutzungsbereiche (während der Betriebszeiten der Busse) wird die gesamte Platzfläche durchgehend gepflastert, die Niveaudifferenzen werden beseitigt, damit wird auch die sichtbare Degradierung des Platzes zur Verkehrsfläche aufgehoben. Funktionsbereiche werden auf subtile Art zugewiesen bzw. definiert. (Anstelle von Pollern beispielsweise deuten einige der Solarleuchten verschiedene Funktionsbereiche an)“ (GASPARIN, MEIER, 1993-1994). Die Folge dieser Verleumdung der tatsächlichen Nutzungen sind tägliche „Hupkonzerte“ beim Einfahren der Busse in den Haltestellenbereich. Auch wenn sich die FahrerInnen der öffentlichen Linien bereits auf die Situation eingestellt haben, so müssen sie, um an ihr Ziel zu kommen, doch immer wieder auf die Hupe drücken und die sorglosen FußgängerInnen „erschrecken“, die sich ahnungslos in einem für sie gefährlichen Bereich aufhalten. Das soll jedoch kein Plädoyer für die „totale Funktionstrennung“ sein, sondern ein Hinweis auf einen verständigen und sinnvollen Umgang mit Grenzen, denn allein der Wechsel von Pflaster zu Asphalt, dem „üblichen Belag“ einer Fahrbahn, hätte die Unklarheiten beseitigen können. Seine Verwendung für die Warteinseln der Haltestellen verdeutlicht einmal mehr die Beliebigkeit im Umgang mit Materialien. Wie das oben angeführte Beispiel zeigt auch der Brunnen mit dem Glaskubus (=Abgang zur Toilettenanlage) die Unüberlegtheiten der ArchitektInnen im Detail.

Uferlos

Wasser als gestalterisches Element, vor allem in Verbindung mit Glas, kann Effekte erzielen, deren Ästhetik auf die meisten Menschen Faszination ausübt. Spiegelung und Transparenz machen auch diesen Brunnen zum Blickfang. Doch was, wenn die Sonne einmal nicht scheint. Dann wird die „uferlose“ Wasserfläche - grau wie Pflaster - zur Falle, vor allem auch deshalb, weil sie in einer „direkten Wegverbindung“ zwischen den Haltestellen südlich und östlich am Platz liegt. So manche PassantInnen sind schon eiligen Schrittes „hineingetapst“ und mußten, naß bis zum Knie, in die nächste Boutique, um rasch eine neue Hose zu kaufen, da sie so nicht zur Arbeit etc. gehen konnten. Was mit der rund eine halbe Million Schilling teuren Anlage (vgl. Kleine Zeitung vom 7. Juni 1995) nun geschehen soll, ist noch immer ungeklärt. Solange die Sicherheit der PassantInnen nicht garantiert werden kann, bleibt der Brunnen aber leer. Zuletzt wurden die von den ArchitektInnen vermiedenen Poller aufgestellt, um die „Ufer“ zu markieren. Ein Detail „am Rande“: Durch die fehlende Abgrenzung verschmutzt der Brunnen besonders rasch und wird zur „Drecklack’n“. Die Pflegekosten steigen.

Info-Turm und Wartehalle

Unerwähnt blieben bisher das Wartehallengebäude mit Imbißstand, Zeitungskiosk, Schließfächern, Telefon und Behinderten-WC - in der Dimensionierung teilweise zu klein geraten; im Imbißstand kann man sich bspw. kaum umdrehen - sowie der Info-Turm mit Medienband zur Anzeige von Luftgüte, Temperatur, Zeit, etc. - ursprünglich als Baukörper mit „Büro- und Aufenthaltsbereich für die Stadtwerke in den Obergeschossen und Information und Fahrkartenverkauf im Erdgeschoß“ (GASPARIN, MEIER, 1993-1994) geplant, in der Überarbeitung aber zurückdimensioniert. Auch die Schrift des Medienbandes kann aufgrund ihrer geringen Größe kaum gelesen werden - außerdem wechselt sie sehr langsam - , weshalb die Bezeichnung „Narrenturm“, zu dem die PassantInnnen „verkrampft“ hinaufschauen, bald durch alle Munde ging.

Raum ohne Gebrauchswert

Liest man die Projektbeschreibungen aufmerksam durch, so ist selten von Gebrauch und Funktion die Rede, häufig von Raum, Einheit und Elementen. Dennoch wollte Architekt Beny Meier nicht behübschen. Er schreibt: „Raum und Räumlichkeit ist das, was der Architektur ihren fundamentalen Charakter als Kunst, ihren fundamentalen Charakter als Disziplin verleiht. Bestrebt Auswege aus konservativem Verhalten aufzuzeigen, zielt unser Schaffen auf eine Architektur des zweiten, dritten Blickes; auf eine Architektur als selbstverständlicher Lebens-Raum, als Hintergrund für menschliche Tätigkeiten; auf eine Architektur fernab von der großen Geste, vom Zitat“ (ebd.). Freiraumplanung aber geht „von konkreten Gebrauchswerten aus. Sie weiß, daß die Bedeutungen, die den Gebrauch erlauben, im soziokulturellen Wissensvorrat und den sozial konstruierten Institutionen und Rollen vorgebildet sind, und daß Freiräume Optionen für die Entwicklung“ (BÖSE, 1981) brauchen. Sie nimmt also die Verhältnisse vor Ort ernst und versucht nichts „wegzuleugnen“, sondern organisiert Möglichkeiten, die von den Menschen vor Ort aufgegriffen werden können, dabei aber keine Beliebigkeiten sind, was uns die Schlußworte der „Eröffnungsrede“ von Architekt Meier suggerieren: „Ich hoffe, daß sich niemand auf den Schlips getreten fühlt, daß Klagenfurt möglichst viel damit (gemeint ist die Neugestaltung des Heiligengeistplatzes als solche, Anm. d. Autorin) anzufangen weiß“ (MEIER, 1995 mündl.).

Viertel eins - wie man in Kärnten für 00 Uhr 15 sagt - die Solarlampen beleuchten die Grenze zwischen „Buseinfahrt“ und „eigentlichem“ Platz, doch der letzte Bus verläßt gerade seine Haltenische und die meisten Menschen schlafen schon.


Literatur:

BÖSE, H. (1981): Die Aneignung städtischer Freiräume. Arbeitsberichte des Fachbereichs Stadtplanung und Landschaftsplanung an der Gesamthochschule Kassel. Heft 22. Kassel.
FAVOLE, P. (1995): Plätze der Gegenwart. Frankfurt/New York.
GASPARIN, S., MEIER, B. (1993-1994): Unterlagen zur Ausstellung „Architektur zeigen“. Villach. HEINEMANN, G., POMMERENING, K. (1979): Entwicklung von Methoden der Freiraumanalyse, bezogen auf innerstädtische Gebiete. In: Böse et al. (1989): Notizbuch 10 der Kasseler Schule. Nachlese: Freiraumplanung. Hrsg.: Arbeitsgemeinschaft Freiraum und Vegetation. Kassel.
GÄLZER, R. (1995): Plätze in der Stadt. In: Zolltexte Nr. 3/1995. Hrsg.: Personenkomitee Forum Landschaftsplanung. Wien.

zolltexte, Sa., 1996.03.30



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Presseschau 12

28. Februar 2001Beatrice Bednar
zolltexte

Stadtplätze. Zeiträume

Der Wandel des Stadtplatzes vom Mittelalter bis heute im Kontext städtebaulicher Konzepte und gestalterischer Prinzipien.

Der Wandel des Stadtplatzes vom Mittelalter bis heute im Kontext städtebaulicher Konzepte und gestalterischer Prinzipien.

Plätze können nicht isoliert gesehen werden. Sie sind Teil städtebaulicher Raumsysteme und in ihrer Form und Funktion eng mit den Bildungsprinzipien dieser Raumsysteme verbunden. (Gerhard Curdes, 1993)

Heute ist der Hauptplatz die Visitenkarte der Stadt. In den letzten Jahrzehnten wurden die zentralen Freiräume vieler mitteleuropäischer Städte neu gestaltet. Nicht selten entzündete sich an den Entwürfen eine heftige Architekturdebatte. Dabei standen vor allem formale, ästhetische und funktionale Aspekte im Vordergrund. Der Kontext zur städtebaulichen Struktur um den Platz wurde kaum debattiert. Auch in den Fachpublikationen wird dieser Aspekt, wenn überhaupt, nur am Rande erwähnt.

Ziel der Neugestaltungen ist u. a. die Belebung der Innenstadt, die Aufwertung des Standortes für Handel und Gastronomie, die Anlockung von TouristInnen. Trotz der Investitionen in das Erscheinungsbild bleiben die Plätze teils leer, devastieren bald und „müssen“ wiederum neu gestaltet werden.

In den Siedlungserweiterungsgebieten, wo sich der Städtebau von heute präsentiert, wurden kaum neue Plätze angelegt und die wenigen Beispiele reichen selten an die historischen Vorbilder heran.
Angesichts dieser Entwicklungen stellt sich die Frage: Wozu brauchen wir Plätze in der Stadt überhaupt ? – als Einkaufszentren, Busbahnhöfe, Parkplätze, für Feste, Märkte, Kundgebungen, als Kunstraum, Visitenkarte, Orientierungspunkte? Können und sollen sich diese Funktionen und andere Nutzung überlagern? Reicht die Attraktivität der Gestaltung aus, um einen Stadtplatz zu beleben? Wie haben sich die Vorstellungen vom Stadtplatz in den unterschiedlichen städtebaulichen Konzepten verändert?

Diese Fragen bildeten den Ausgangspunkt meiner Diplomarbeit. Anhand von Klagenfurter Beispielen aus verschiedenen Epochen – vom Mittelalter bis in die 90er Jahre – wurden Anlage, Ausstattung, Wirkung und Nutzung der Plätze im Zusammenhang mit den städtebaulichen Konzepten untersucht. In einem Vergleich wurden die typischen Merkmale der Freiräume herausgefiltert und aus heutiger Sicht bewertet. Diese Dokumentation und Analyse diente als Grundlage für prinzipielle Überlegungen zur Planung und Gestaltung von Plätzen, die in einem Entwurf für den Kardinalplatz in Klagenfurt angewandt und geprüft wurden.

Vom Freiraum zur Fläche und zurück?

Der Vergleich der schematischen Platzgrundrisse zeigt einen Wandel vom schmalen, von vielen Langparzellen gefassten Platz im Mittelalter über die rechteckigen Anlagen mit Blockbebauung in Renaissance und Gründerzeit bis zur Zeilenbebauung der Moderne, die eine räumliche Fassung nicht mehr möglich macht. Ab den 70er Jahren werden die Gebäude wieder mit mehr Bedacht auf die Raumbildung am Grundstück situiert. Die Struktur der Bebauung und damit auch ihre Wirkung und Bedeutung für den Freiraum hat sich aber deutlich geändert.

Vom gereihten Haus zur gruppierten Zeile

Die Veränderung der Bautypen vom Reihenhaus über die Blockrandbebauung zu Wohnhof und freistehendem Gebäude wie Villa und Zeile führte zur Auflösung des Platzraumes in die Fläche. Die gruppierten Zeilen und Geschoßbauten der 80er und 90er Jahre bewirken zwar wieder eine stärkere Raumbildung, die Organisation des Randes hat sich aber stark verändert. Die Größe der Parzellen ist stetig gestiegen, folglich auch die Fassadenbreite. Es liegen immer weniger Hauseingänge am Platz, damit verringern sich die soziale Kontrolle und die Anlässe, den Raum zu nutzen. Die „platzähnlichen Freiräume“ in den neu errichteten Stadtrandsiedlungen werden häufig nur mehr von einem Gebäudekomplex gerahmt, ein „hofähnlicher“, fast „privater“ Eindruck entsteht.

Weg und Ort werden getrennt

Im Mittelalter war der Platz immer beides: Weg und Ort. Eine funktionale oder materielle Aufteilung des öffentliche Raumes gab es nicht. Die Raumform entstand vor Ort und nicht am Plan. Das orthogonale Erschließungsraster der Renaissance bringt symmetrische Stadtplätze hervor. Die Differenzierung in der Raumbildung zwischen Straße und Platz wird deutlich. Die Errichtung von Bürgersteigen in der Gründerzeit führt zu einer Zonierung der Fläche in Fahrbahn und Gehweg. Auch Alleen dienen der Gliederung der Straßen und Plätze. Die Bereiche liegen nebeneinander und überschneiden sich teilweise.

Die Funktionalisierung der Fläche

Mit dem Prinzip der Funktionstrennung der Moderne geht die Einheit von Weg und Ort fast vollständig verloren. Nutzungsüberlagerungen und alltägliche Nebenbeinutzungen sind kaum mehr möglich. Der Flächenverbrauch steigt deutlich an (siehe Schnitte). Es entsteht ein Fleckerlteppich an „funktionalen Flächen“: Gehweg, Radweg, Fußgängerzone, Abstandsgrün, Parkplatz, Spielplatz, Blumenbeet, Verkehrsfläche etc. Diese Entwicklung findet sich auch in der Flächengestaltung und -ausstattung (Rasenflächen, Beete, Hecken, Mauern, Zäune etc.) wider.
Der „Platz“ verliert sein Potential zur Konzentration von Nutzungen und kann sich daher nicht als belebtes Zentrum etablieren.

Der Kardinalplatz

Der Platz liegt am östlichen Rand der Klagenfurter Innenstadt. Er wurde bereits in der Renaissance angelegt. Die aktuelle Form des Raumes entstand erst durch die schrittweise Bebauung vom Barock bis in die Postmoderne. Anfang der 80er Jahre wurde eine Tiefgarage unter einem Teil der Freifläche errichtet. Aus dieser Zeit stammt auch die aktuelle Platzgestaltung.

Entwurf

„Ohne Grenzen , Senza confini, Brez meja“ – Der olympische Gedanke Klagenfurts wurde auf die Neugestaltung des Kardinalplatzes übertragen. Es entsteht ein offener Platz , der viel Raum für unterschiedliche Nutzungen bietet und frei von Grenzen und Barrieren ist. Durch die Überbauung der Tiefgaragenzufahrt wird diese Fläche bestmöglich genutzt, der Platz neu definiert und die Orientierung erleichtert. Die Gestaltung akzentuiert den aus der Mitte entrückten Obelisken , schafft Überblick und stiftet Identiät. Die Möblierung ist dezent und funktional. Belebend wirken die Wasserfontainen im östlichen Platzbereich. Die Bäume schützen vor der sommerlichen Mittagshitze. Die Beleuchtung vermittelt in der Nacht Sicherheit. l


Die physischen Räume, die wir entwerfen, machen immer nur die Hälfte der Geschichte aus; die Benutzer sind es, die die Geschichte vervollständigen.
Robin WINOGROND, 1996


Literatur:
WINOGROND, Robin (1996): Choreographie von Raum und Vorstellung. In: Auböck, Maria, Cejka, Andrea/Planbox(Hg.): Freiräume. Stadt. Wien.
CURDES, Gerhard (1993): Stadtstruktur und Stadtgestaltung. Stuttgart, Berlin, Köln.

zolltexte, Mi., 2001.02.28

18. Juli 2000Beatrice Bednar
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Freiraum in Zwangslage

Das neue Bauvorhaben auf den Denzel-Gründen in Wien-Mariahilf führt wieder zu heftigen Diskussionen zwischen BürgerInnen, Bezirksvorstehung und Autofirma. Der Park soll zum Innenhof werden.

Das neue Bauvorhaben auf den Denzel-Gründen in Wien-Mariahilf führt wieder zu heftigen Diskussionen zwischen BürgerInnen, Bezirksvorstehung und Autofirma. Der Park soll zum Innenhof werden.

Wie hießen Sie? Wo wohnen Sie? Haben Sie einen Meldeschein mit? Mit diesen Fragen wurden am Eingang des Kolpinghauses in der Gumpendorferstraße alle konfrontiert, die an der Bürgerinformationsveranstaltung der Bezirksvertretung zum geplanten Bauvorhaben auf den „Denzelgründen“ am 5. Juni 2000 teilnehmen wollten. Wer nicht nachweislich zwischen der Stiegengasse und dem Raimundhof in Wien-Mariahilf wohnt, mußte draußen bleiben, „aus Platzmangel“, wie Bezirksvorteher Achleitner erläuterte. Obwohl viele BürgerInnen gekommen waren, gab es noch etliche Stühle, die leer blieben. Eine demokratiepolitisch bedenkliche Vorgangsweise.

Beschränkungen

Nicht nur die TeilnehmerInnenzahl wurde durch die Bezirksvorstehung stark eingeschränkt, auch die Informationsschleuße wurde nur einen Spalt weit geöffnet. Bereits der geschichtliche Abriß zur Entstehung des „Alfred-Grünwald-Parks“ in der Informationsbroschüre der Bezirksvorstehung Mariahilf beinhaltet nur einen selektierten Teil der Ereignisse. Dort wird zwar erwähnt, daß Bürger und Anrainer bereits in den achtziger Jahren an der Gestaltung der Grünfläche mitgewirkt haben, daß die Einrichtung des Parks letztlich aber den Bemühungen einer Bürgerinitiative, die schon in den siebziger Jahren aktiv wurde und fünf Jahre lang ein „Parkprovisorium“ betreut hat, zu verdanken ist, wird verschwiegen. AnrainerInnen erinnern sich noch daran.

Baugründe

„Die Firma Denzel benötigt zur optimalen Betreuung ihrer Kunden eine bauliche Erweiterung des Kundencenters Gumpendorf“, heißt es weiter in der Informationsbroschüre des Bezirks. Im Anschluß an den gerade neu errichteten Baukörper an der Gumpendorferstraße ist auf der rückwärtigen Grundstücksparzelle der Bau eines neuen Gebäudes zur Unterbringung von Werkstätte und Hyundai-Repräsentanz geplant. Die erlaubte Traufenhöhe liegt bei 6,5 Metern, was bedeutet, daß samt Dachausbau maximal drei Geschoße möglich sind. Bezirksvorsteher Achleitner sieht in diesem Bauvorhaben eine Einschränkung der Freiraumqualität des Alfred-Grünwald-Parks und wird aktiv.

Seit der Entstehung des Parks wird die Luftqualität durch die Abgase der Lackiererei der Autofirma beeinträchtigt. Durch den Umbau der Werkstätte werden die Schadstoffemissionen nun endlich reduziert, was im Gegensatz zu Achleitners Befürchtungen eine Verbesserung der aktuellen Situation bringen würde. Die Geruchsbelästigung würde dennoch bleiben. Auch diese befindet der besorgte Bezirksvorteher nun unzumutbar für die Nasen „seiner“ BürgerInnen. Daher trat er an die Firma Denzel mit dem Vorschlag eines Grundstückstausches heran und bietet ihr an, anstelle der Aufstockung der Werkstätten entlang der Linken Wienzeile ein modernes, dem architektonischen Ambiente angepaßtes Bürohaus zu erbauen.

Obwohl bereits eine Bebauungsstudie des Architekten Richard Schnabel vorliegt, wird den BürgerInnen im Rahmen der Informationsveranstaltung nur eine Grundrißskizze präsentiert. Der Vorwurf der Manipulation liegt da nahe und wird in mehreren Wortmeldungen auch erhoben.

Derzeit stehen auf der als Hundewiese mit Bäumen ausgestatteten Fläche entlang der Wienzeile Plakatwände zur Abgrenzung des Parkbereichs, in dem Hunde verboten sind. Für Achleitner „besteht nun erstmals die realistische Chance, dieses häßliche Gebiet zu erschließen“. Unter den rund 21 Meter hohen Gebäuden soll eine Tiefgarage untergebracht werden, in der auch AnrainerInnen und BesucherInnen des Theaters an der Wien Stellplätze zur Verfügnung stehen sollen. Genutzt werden soll das neue Bürohaus zum Teil als Verwaltungsgebäude der Firma Denzel mit Schauräumen für BMW und Hyundai. Werkstätten sind hier jedoch nicht vorgesehen. Diese werden bei Zustandekommen des Tausches an einen anderen Standort verlagert.

Mehr Sicherheit durch Abgrenzung?

Von Bezirksvorsteher Achleitner werden die Vorteile der Bebauung entlang der Wienzeile wie folgt beschrieben:
n Begrenzung von allen Seiten erhöht die Sicherheit im Park
n bessere Schließungsmöglichkeiten während der Nacht verhindern den Zugang der „Wienzeile-Szene“
n die Bebauung schirmt den Verkehrslärm der Linken Wienzeile ab
n weniger Schadstoffe durch Absiedlung der Werkstätte
n Verkehrsberuhigung im Umfeld durch Tiefgaragen unter dem Bürohaus
n Errichtung neuer, attraktiver Freizeitanlagen und Spielplätze für die Kinder
n schöner Ausblick für viele Anrainer auf einen gestalteten Park

Autohaus trennt Freiräume

Unbeachtet bleibt dabei, daß durch eine bauliche Schließung der öffentliche Charakter des Parks stark eingeschränkt wird. Der Park liegt dann ausschließlich hinter den Gebäuden. Es entsteht eine Innenhofsituation, die nicht mehr mit der derzeitigen Offenheit des Freiraumes zu vergleichen ist. Diese ist als eine städtebauliche Qualität zu bewerten, die in den dicht bebauten inneren Bezirken Wiens eine Rarität darstellt.

Durch eine bauliche Begrenzung wird die Grünfläche mit dem Planquadrat, einem entkernten und begrünten Innenhof in Wien-Favoriten, vergleichbar. Die Erfahrungen dort lassen vermuten, daß es bald zu Beschwerden der AnrainerInnen über den Kinderlärm kommen wird und Nutzungsbeschränkungen folgen: kein Ballspielen, kein Radfahren, Mittagsruhe von 12 bis 14 Uhr etc.

Ungelöst bleibt auch das Hundeproblem. Von der Bezirksvertretung wird die Hundewiese als Gstettn und häßlicher Grünstreifen bezeichnet. Daß hier täglich etliche Hunde ihre Notdurft verrichten, macht die Fläche und auch die Zugänge zum Park wirklich nicht attraktiv, eine Nutzung ist dennoch vorhanden, die nicht einfach negiert werden kann.

Unklar ist weiters, wie stark das neue Bürogebäude im Süden des Parkes die Grünfläche beschatten und ihre Attraktivität dadurch vor allem im Frühling und im Herbst herabsetzen würde.

Von einer Verkehrsberuhigung zu sprechen, ist deshalb nicht ganz angebracht, da der neue Geschäftsstandort der Firma Denzel weiteren Verkehr anziehen wird; ebenso die Tiefgarage. Offen ist noch, wem der Wertausgleich, den die Firma Denzel im Zuge dieses Tausches an die Stadt Wien für die attraktiven Bauplätze an der Wienzeile zahlen müßte, tatsächlich zu Gute käme. Zu fordern ist jedenfalls, daß das Geld für die Verbesserung der Freiraumsituation im dicht bebauten Bezirk Mariahilf verwendet wird.

Öffnen statt verbauen

Die aktuell wenig ansprechende Gestaltung der Fläche entlang der Wienzeile als Grund für eine Bebauung zu nennen, spricht nicht gerade für das Engagement, den Einfallsreichtum und die Umsicht der Bezirks- und der Stadtverwaltung.

Der Alfred-Grünwald-Park wird derzeit stark frequentiert. Vor allem die große Seilrutsche, der Fußballplatz und die Spielplätze stellen für Kinder attraktive Aufenthaltsbereiche dar. Aber auch viele Erwachsene verbringen Ihre Mittagspause im Park und essen hier die Speisen, die sie zuvor am Naschmarkt gekauft haben. Eine Öffnung der Fläche zum Markt böte sicher viele ansprechende Gestaltungsmöglichkeiten. Durch die Errichtung eines flachen Gebäudes im Bereich der Hundewiese, das sowohl zum Park als auch zur Straße hin offen ist und ein Kaffee, Toilettenanlagen etc. beinhaltet, könnte gleichzeitig eine Anbindung zum Markt und eine Abgrenzung zur Straße erreicht werden. Wünschenswert ist daher die Ausschreibung eines Gestaltungswettbewerbes für die aktuelle Fläche des Alfred-Grünwald-Parks, in dem neben Planungs- auch Finanzierungsvorschläge eingebracht werden sollen. Ein Private-Public-Partnership, wie es derzeit mit der Firma Denzel geplant ist, könnte sicher auch in einem Projekt entstehen, daß vornehmlich auf die Planung und Ausgestaltung eines Freiraumes und nicht auf die Bebauung einer Parzelle ausgerichtet ist. Diese Vorgangsweise wäre auch im Sinne des in der Bürgerinformationsveranstaltung von Manfred Nehrer, Präsident des Künstlerhauses Wien, als Vorbild genannten Konzeptes von Barcelona, wo sich die Stadtverwaltung sehr offensiv für die Gestaltung von neuen Freiräumen in der Stadt einsetzte und Wege fand, diese auch umzusetzen.

DI Beatrice Bednar, Jahrgang 1970, studierte Landschaftsplanung und Landschaftspflege an der Universität für Bodenkultur und ist derzeitig als freiberufliche Landschaftsplanerin in Wien tätig.

zolltexte, Di., 2000.07.18

01. April 2000Beatrice Bednar
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reform der zu reformierenden

Anmerkungen zur Entwicklung der Studienrichtung Landschaftsplanung und Landschaftspflege an der Universität für Bodenkultur (BOKU) Wien.

Anmerkungen zur Entwicklung der Studienrichtung Landschaftsplanung und Landschaftspflege an der Universität für Bodenkultur (BOKU) Wien.

An der BOKU hat sich viel verändert in den letzten Jahren, wird immer wieder behauptet. Und es gibt auch Zeichen dafür. Anfang der achtziger Jahre wurde der Studienversuch Landschaftsökologie und Landschaftsgestaltung gestartet. Ausgangspunkt war die hohe Einreichquote des gleichnamigen Studium irregulare. Vor allem die Ökologiebewegung hat das Interesse am umfassenden Umwelt- und Naturschutz entfacht. Der Lehrplan umfaßte daher ein breites Spektrum an der BOKU und an anderen Wiener Universitäten angebotener, vor allem naturwissenschaftlicher und technischer Lehrveranstaltungen. Die StudentInnenzahlen stiegen rasch an. Ende der achtziger Jahre inskribierten rund 350 StudienanfängerInnen den Studienversuch. Die Landschaftsökologie boomte.

Dennoch gab es nach zehnjähriger Probezeit 1991 ein hartes Ringen um die Einführung einer regulären Studienrichtung. Die Aufregung war groß. Die BOKU bekannte sich zwar zum Studienversuch, das Ja vom Ministerium fehlte jedoch noch. Am Tag einer mit viel Engagement vorbereiteten Studentendemonstration war es dann doch soweit. Die neue Studienrichtung hieß nun Landschaftsplanung und Landschaftspflege. Der inhaltliche Schwerpunkt sollte stärker in der Planung situiert werden, auch um die Ausbildung von dem ebenfalls neu eingerichteten Studienzweig Ökologie an der Universität Wien zu differenzieren. Damit orientierte sich die Lehre in Österreich auch stärker an jener in Deutschland und den Niederlanden, wo die Disziplin der Landschaftsplanung bereits eine längere Tradition hat.

Studium regulare

Mit der Etablierung als reguläre Studienrichtung wurden vier Ordinariate für die Kernfächer Landschaftsplanung, Freiraumgestaltung, Naturschutz und Landschaftspflege sowie Landschaftsbau und Ingenieurbiologie eingerichtet und drei neue ProfessorInnen berufen. Trotz der hohen HörerInnenzahlen wurden jedoch anstatt der vier versprochenen nur zwei neue Institute eingerichtet. Auch im Zuge der Umstrukturierung der BOKU auf Basis des UOG 932 erhielt die Landschaftsplanung keinen eigenen Studiendekan und wird daher bis heute nicht mit den anderen Studienrichtungen gleichgestellt.

Mit der Einführung der regulären Studienrichtung mußte auch der Studienplan an die neuen Schwerpunkten angepaßt werden. Die Stundenanzahl wurde reduziert, die Übungen schwerpunktmäßig in den Bereich der Kernfächer verlagert und in den Wahlfächkatalog vermehrt planungsrelevante Fächern aufgenommen. Federführend bei dieser Reform waren vor allem engagierte StudentInnen sowie die Lehrenden des Studienversuchs, die großteils aus naturwissenschaftlichen Disziplinen stammten.

Mit der Umwandlung des Simonyhauses zum „Haus der Landschaft“erhielt die Studienrichtung auch ein eigenes Lehrgebäude. Basierend auf dem neuen Hochschulstudiengesetz von 1997 sollte diese nun neu organisiert, der Lehrplan der Studienrichtung grundlegend reformiert werden.

Kleine Schritte – vor und zurück

Mit den neuen Ordinarien sind nun Lehrende aus dem Kernbereich vorhanden, die der Studienrichtung mehr Profil geben und die Eigenständigkeit der Disziplin bereits in der Ausbildung stärken können. Die interne inhaltliche Diskussion in den Arbeitskreisen der Studienkommission schritt voran. Wesentliche inhaltliche und methodische Mängel in der Ausbildung wurden angesprochen und Reformvorschläge in bezug auf Inhalte (Stärkung der soziologischen, wirtschaftlichen, gestalterischen, technisch-handwerklichen und planerischen Fächer) und Lehrmethoden (weniger klassische Vorlesungen, mehr Projekte und Übungen) ausgearbeitet. Doch bald wurde klar, daß es schließlich auch um die Neuverteilung eines Kuchens geht, von dem jedes Fach ein Stück bekommen wollte. Und solange in der Studienkommission nicht die Lehrenden aus den Kernbereichen stärker vertreten sind, wird die Reform durch die zu Reformierenden (auf-)gehalten werden.

Die Diskussion wurde daher mehr von dem unausgesprochenen Ziel der Erhaltung des Einflußbereiches der bisher an der Lehre beteiligten Disziplinen dominiert. Dafür sind dann auch alle bereit, die Inhalte ihrer Lehrveranstaltungen zu überarbeiten. Beispielsweise sollen Mathematik, Statistik und Chemie (endlich) anwendungsorientiert gelesen werden, und – unabhängig davon, ob sie für die Arbeit und Forschung der Landschaftsplanung wichtig sind – als Pflichtfächer erhalten bleiben. Wesentliche Veränderungen bringt der Entwurf zum neuen Lehrplan, der nun bald in die Begutachtungsphase gehen wird, daher wieder nicht. Das Stundenausmaß wurde etwas reduziert, einige Vorlesungsnamen geändert und neue Lehrveranstaltungsformen wie beispielsweise Vorlesungen mit Übungscharakter (VU) eingeführt. Weiters wurde die zeitliche Abfolge der Lehrveranstaltungen im Lehrplan geändert, an die sich aber so oder so viele Studierende nicht halten. Korrigiert wurde auch die Größe der Kuchenstücke: die Kernfächer haben wieder ein bißchen mehr bekommen.
Als wichtigste Neuerung kann die Studieneingangsphase genannt werden, in der ein Einblick in alle Kernfächer, aber auch in die Breite der Disziplin geboten wird, .

Der Wille zählt

Was hat der jahrelange Diskussionsprozess also gebracht. Eine Auseinandersetzung mit den Lehrinhalten durch die am Prozeß Beteiligten auf jeden Fall. Viel Zeit und Mühe wurde von den in den Kernbereichen der Landschaftsplanung Lehrenden, von externen BeraterInnen aus der Praxis und vor allem von den Studierenden investiert, um die Inhalte, Ziele und Kompetenzen dieser Disziplin auch alten „BOKUhasen“ näherzubringen. Fächerübergreifende Projektübungen in der Studieneingangsphase und interdisziplinäre Vertiefungsprojekte sind ein Resultat dieser Bemühungen ebenso wie die Bereitschaft vieler an der Lehre beteiligten Fachdisziplinen zu einer verstärkten Zusammenarbeit mit den Kernbereichen und einer Auseinandersetzung mit den Inhalten der Disziplin.

Teamfähigkeit, interdisziplinäres Arbeiten und kritisches, vernetztes Denken

Das sind einige der Fähigkeiten, die Studierende der Landschaftsplanung in ihrer Ausbildung, dem erstellten Qualifikationsprofil entsprechend, erwerben sollen. Lernen basiert auf Vermittlung von anderen und/oder auf der eigenständigen Auseinandersetzung mit verschiedenen Themen. Die erwünschten Fähigkeiten müssen daher einerseits von den Lehrenden transportiert und andererseits den Lernenden zuerkannt werden.

Im Zuge der Studienplanerstellung wurde aber immer wieder darauf hingewiesen, daß die Studierenden strenge Vorgaben brauchen, da sie sich ansonten nur „durchwursteln“. Und es soll doch keine AbsolventInnen geben, die nichts können. 200 Prüfungsstunden sind im neuen Studienplan zu absolvieren. Wer das schafft und dennoch nichts kann, ist nicht nur selber schuld. Hier müssen sich auch die Lehrenden an der eigenen Nase nehmen, und nicht von den Studierenden etwas verlangen, was sie selbst nicht zuwege bringen. Teamfähigkeit, interdisziplinäres Arbeiten und (selbst-)kritisches, vernetztes Denken muß von den Lehrenden nicht nur beherrscht, sondern auch vermittelt werden. Die Erfahrungen mit dem im neuen Lehrplan nicht mehr enthaltenen, interdisziplinären Freilandpraktikum haben gezeigt, daß hier vor allem auf Seite der Lehrenden noch großer Lernbedarf in Organisation, Methodik sowie auf inhaltlicher Ebene besteht. Schließlich geht es aber auch darum, sich an jenen Studierenden zu orientieren, die mit Interesse und Engagement an ihrer Ausbildung arbeiten. Eine Evaluierung der Lehrveranstaltungen durch die Studierenden, wie sie beispielsweise in den USA bereits seit Jahren praktiziert wird, würde nicht nur auf Mängel in der Lehre hinweisen, sondern auch zeigen, daß die Studierenden ernst genommen und gleichberechtigt behandelt werden.

Lehrinhalte

Nach der Begutachtungs- und Bewilligungsphase des neuen (alten) Studienplans wird es daher vor allem darum gehen, die Inhalte der Lehrveranstaltungen gemäß den Zielen der Ausbildung zu gestalten und die Veränderungen in den Lehrformen (VU etc.) nicht als leere Worthülsen stehen zu lassen. Wünschenswert ist einerseits eine stärkere Integration in der Praxis arbeitender LandschaftsplanerInnen in die Lehre und andererseits eine stärkere inhaltliche Abstimmung der Lehrveranstaltungen auf die Aufgaben, Arbeits- und Forschungsfelder der Landschaftsplanung.

Viele für die Disziplin wichtige Fächer fehlen weiterhin im Pflichtbereich des Studienplans. Als Beispiele seien hier einerseits Theorie- und Methodenlehre, andererseits Projektmanagement, Ausführungsplanung und Bauleitung genannt.
Zumindest teilweise sind diese Lehrinhalte im Wahlfachkatalog enthalten, der in mehreren Töpfen ein breites Spektrum an Lehrveranstaltungen beinhaltet. Positiv zu bewerten ist hier vor allem auch das erweiterte Angebot in den Bereichen EDV, Darstellungsmethoden und Feministische Planung. Aufgrund der knappen finanziellen Ressourcen und der geringeren StudentInnenzahlen ist jedoch zu befürchten, daß einige Wahlfächer schließlich nicht abgehalten werden, da eine MindesthörerInnenzahl von 15 erreicht werden muß. Gerade aus diesem Grund ist die drastische Reduktion der Anrechnungs- und Austauschmöglichkeiten von Pflicht- und Wahlfächern (bisher waren es bis zu 50 % im 2. Studienabschnitt) mit an anderen Universitäten angebotenen Lehrveranstaltung negativ zu bewerten. Im neuen Studienplan sind nur mehr 20 Wochenstunden frei wählbar. Dieses Stundenausmaß ist bei Absolvierung eines Studienaufenthaltes im Ausland bald erschöpft. Die Regelung ist nicht nur aus ökonomischen Gründen in Frage zu stellen, sondern auch in bezug auf die Förderung interdisziplinärer Zusammenarbeit ein Rückschritt.

Aus der Sicht der AbsolventInnen ist schließlich auch das kaum vorhandene Weiterbildungsangebot (3) für LandschaftsplanerInnen an der Universität für Bodenkultur zu bemängeln. Letztlich ist Bildung ein fortlaufender Prozeß, der weder mit dem Abschluß eines Studiums noch mit der Einführung eines neuen Studienplanes als beendet verstanden werden sollte. Die nächste „Reform“ kommt bestimmt.


DI Beatrice Bednar studierte Landschaftsplanung und Landschaftspflege an der Universität für Bodenkultur und arbeitet derzeit freiberuflich in Wien und Kärnten.

1 Dieser Artikel wurde von DI Beatrice Bednar mit Unterstützung von DI Heide Studer verfaßt. Beide haben als Studierende sowie als AbsolventInnen am Prozeß der Studienplanerstellung mitgewirkt.
2 1993 neu eingeführtes Universitätsorganisationsgesetz
3 Informationen zum Weiterbildungsangebot der Universität für Bodenkultur finden Sie in der Broschüre „An der Bodenkultur zu Gast“, die vom Vizerektor herausgegeben wird. Informationen unter: Vizerektorat für Weiterbildung und Personalentwicklung, Universität für Bodenkultur Wien, Gregor-Mendl-Str. 33, A-1180 Wien, Tel: 01/47654-2608. Siehe auch www.boku.ac.at/weiterbildung/


1990 1990 endet die zweite Verländerung des Studienversuches Landschaftsökologie – das Aus für die junge Studienrichung scheint nahe. Etliche Studierende demonstrieren gegen dir „Totsagung“ der Landschaftsplanung – mit Erfolg.

der türkenwirt – kurz TÜWI genannt – war und ist ein wichtiger Treffpunkt und Ort der Auseinandersetzung an der BOKU. Im Garten des TÜWI demonstrieren Studierende der Landschaftsplanung die Umsetzung ihrer Planung sowie ihre Vorstellungen von Lehre – Lernen am Beispiel.

lehrende und studierende der Landschaftsplanung waren lange Zeit an Provisorien wie den Lehrplan des Studienversuchts oder das Arbeien in Baracken gebunden.
Mit der Umwandlung des Simonyhauses zum „Haus der Landschaft“ und der Studienplanreform erhält die Landschaftsplanung ein eigenes „Lehrgebäude“ , das es zu nun zu füllen und zu pflegen gilt.

zolltexte, Sa., 2000.04.01

30. März 1996Beatrice Bednar
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Heiligengeistplatz - der zweite und dritte Blick

Der Heiligengeistplatz in Klagenfurt erlebte 1995 eine umfassende Neugestaltung. Wie gelungen sich der realisierte Entwurf der ArchitektInnen Gasparin&Meier nun tatsächlich präsentiert, erfahren Sie von Beatrice Bednar.

Der Heiligengeistplatz in Klagenfurt erlebte 1995 eine umfassende Neugestaltung. Wie gelungen sich der realisierte Entwurf der ArchitektInnen Gasparin&Meier nun tatsächlich präsentiert, erfahren Sie von Beatrice Bednar.

Klagenfurt, viertel acht - wie man in Kärnten für 7 Uhr 15 sagt - buntes Durcheinander: VolksschülerInnen, die herumschupfen, GymnasiastInnen, die verschlafen ihrem alltäglichen Schulweg folgen, Väter und Mütter, die ihre Kleinen an der Hand zum Kindergarten geleiten, Frauen mit Einkaufstaschen am Weg zum Markt, Zeitungsverkäufer, in Gedanken versunkene Erwerbstätige unterwegs zur Arbeit, Nachtschwärmer, die beim Würstelstandel noch (schon wieder?) ein paar Bier kippen ... verschlafene Hektik - ein Szenario, daß sich am Heiligengeistplatz, dem zentralen Busbahnhof von Klagenfurt seit mehreren Jahrzehnten täglich abspielt, zur Mittagszeit eine Wiederholung mit leicht veränderter Handlung findet, Sommer wie Winter und seit einem knappen Jahr mit neuem Bühnenbild. Zwölf Jahre hat die Planungsphase für die Neugestaltung des Heiligengeistplatzes gedauert und über das Ergebnis dieser langwierigen Vorbereitungen, Überlegungen und Diskussionen brach sogleich heftige Kritik los. Auch und vor allem aus freiraumplanerischer Sicht lassen sich etliche Details bemängeln, wenn der Konzeption im Ganzen doch viel Positives zugesprochen werden kann.

Friedhof, Kirchplatz, Fischmarkt, Busbahnhof

Gemeinsam mit dem Landhauspark, einst eingefriedeter Garten des Landhaushofes, bildet der Heiligengeistplatz einen städtischen Freiraum westlich des historischen Zentrums der Stadt. Benannt nach der kleinen Kirche an seiner Nordseite, die im 17. Jahrhundert samt errichtetem Kloster dem Ursulinenorden übergeben wurde, diente der Platz ursprünglich als Friedhof, dann als Fischmarkt, bis er im 20. Jahrhundert zunehmend zur Verkehrsfläche wurde. Schon in den Nachkriegsjahren wurde daher ein Architekturwettbewerb durchgeführt und der erste Bushof errichtet. Ein massiver, in den 70er Jahren hergestellter Neubau, indem ein Kaufhaus, Büros und Dienstleistungsbetriebe untergebracht sind, beherrscht die Westseite des Platzes, während die Südseite durch den „Stauderhof“, einen burgartigen Bau mit Türmchen - ein Musterbeispiel für den „deutschen Heimatstil“ - begrenzt wird (vgl. HARTWAGNER, 1994). Nach Osten bleibt das Blickfeld weitgehend offen und reicht über den Landhauspark bis hin zum Neuen Platz.

„Amtsplanung“ oder Wettbewerb?

Als in den 80er Jahren die Wartehalle am vom Busverkehr fast völlig beherrschten Platz immer desolater wurde, wollte die Stadt hier ein neues Betriebsgebäude für die städtischen Verkehrsbetriebe errichten. Gegen die Realisierung dieses rein amtlichen Planungsverfahren setzten sich 1988 ArchitektInnen und KünstlerInnen gemeinsam ein und erreichten schließlich die Ausschreibung eines Architekturwettbewerbes, der mit der Empfehlung endete, die VerfasserInnen der beiden erstgereihten Projekte als Team mit den Planungsarbeiten zu betrauen. Zwei unterschiedliche Konzepte sollten also unter einen Hut gebracht werden, ein Versuch, der nach vierjähriger Überarbeitungszeit als politisch gescheitert erklärt wurde. In einem zweiten Anlauf wurde 1993 schließlich das Villacher Architekturbüro Gasperin und Meier, das eines der beiden Siegerprojekte erstellt hatte, beauftragt, einen reduzierten Vorschlag zu erarbeiten, dessen Bau - trotz mannigfaltiger Schwierigkeiten - im September letzten Jahres abgeschlossen werden konnte (vgl. GASPARIN, MEIER, 1993-1994). In seiner Rede anläßlich der Eröffnungsfeier betonte der Architekt Beny Meier nochmals, daß die Stadt durch das Wettbewerbsverfahren das Beste getan hat und bekräftigte: „Das Gesamtprojekt Heiligengeistplatz ist schön, ich sage es nocheinmal! Vergessen Sie bitte nicht die Situation, wie sie vorher war!“ (MEIER, 1995 mündl.). Doch auch die Erwähnung in vielen Architekturzeitschriften, das Lob bekannter KünstlerInnen (z.B. Giselbert Hoke, Günther Domenig u.a.) und die Aufnahmen in das Ausstellungsprogramm „Architektur zeigen“ können über die großen und kleinen, sichtbaren und versteckten Mängel dieser Planung nicht hinwegtäuschen.

Ein Platz ist, wo Platz ist?

Verglichen mit den Flächenverhältnissen vor dem Umbau haben es die ArchitektInnen geschafft, die für den Busverkehr (Haltestellen plus Zufahrt) notwendige Fläche zu minimieren bzw. zu optimieren und so mehr Platz für andere Nutzungen zu schaffen. Eine Neuerung, die von den KlagenfurterInnen auch immer wieder lobend erwähnt wird (vgl. lokale Pressemeldungen vom 23. September 1995), vor allem weil die Kirche nun einen großen Vorplatz hat und dadurch auch selbst besser zur Geltung kommt. Doch was geschieht hier? Eine Eröffnunfskonzert werde aufgeführt, ein Christkindlmarkt abgehalten, Schnee wird abgelagert, bald parken Autos (vorwiegend teure Modelle) auf der freien Fläche, Menschen queren eilig den Platz. Doch „ausschlaggebend bei der Planung eines Platzes wird immer seine Qualität als Ort sein“ (FAVOLE, 1995), denn über seine Ausstattung „muß ein Stadtplatz viele, auch sehr unterschiedliche Nutzungen nicht nur zulassen, sondern ermöglichen und fördern“ (GÄLZER, 1995). Es reicht also nicht eine freie Fläche - offen für alles - den potentiellen BenutzerInnen zur Verfügung zu stellen, denn gibt es keine Anlässe, sich an einem Ort aufzuhalten, bleibt er Weg, Durchgang. „Planung sollte nicht aus großartigen, endgültigen Lösungsvorschlägen bestehen, sondern Strukturen anlegen, die den Nutzern Sicherheit für die Aneignung der Flächen geben. Strukturen bieten Gelegenheiten, in deren Rahmen sich Nutzungen organisieren können“ (HEINEMANN, POMMERENING, 1979). Eine solche Struktur sind beispielsweise Sitzplätze, von denen es auf der geschaffenen Freifläche nur wenige gibt. Diese werden daher voll in Anspruch genommen, vor allem von Jugendlichen, die sich hier schon immmer nach der Schule getroffen haben. Wenn aber die Bänke bereits belegt sind, nehmen die Jugendlichen in ihren „Schlabberhosen“ auch mit dem Boden als Sitzfläche vorlieb, was den StadtplanerInnen gar nicht gefällt. Doch weil zur Förderung der Gastronomiebetriebe auf eine ausreichende Möblierung verzichtet wurde, ist es eben wie es ist, ein hartes Pflaster.

Ein hartes Pflaster - eine „Steinwüste“

Und genau dieses wurde auch immer wieder mißbilligend erwähnt. Eine „Steinwüste“ sei der Platz geworden, heißt es von seiten der Bevölkerung. Tatsächlich ist die Pflasterung einer so großen Fläche ein teures Unterfangen und zudem wurde auch noch ein besonderer (=teurer) Stein verwendet. So schön das gewählte Material auch sein mag, es stellt sich doch die Frage, ob es den Anforderungen gerecht wird, denn „die Lebensgewohnheiten der Besucher und Bewohner des Stadtplatzes sind einem steten Wandel unterworfen, sei es durch die Entwicklung neuer Kommunikationsformen, (...), sei es durch das Aufkommen neuer Fortbewegungsmittel in der Stadt wie Skateboard und Rollerblade“ (GÄLZER, 1995). Das „ruppige“ Pflaster eignet sich kaum für derartige Sportarten. Aber nicht nur die Wahl des Materials spielt hier eine wichtige Rolle, auch der Umgang mit dessen Verarbeitung ist wesentlich für die „Aneignungs- und Alterungsfähigkeit“ (vgl. HEINEMANN, POMMERENING, 1979) eines Freiraumes sowie für seine Pflege und Instandhaltung. Undurchdacht erscheint mir die Verlegung der Pflastersteine im Mörtelbett und das über die gesamte Fläche, was einer Betonierung gleichkommt und bedeutet, daß das gesamte Regenwasser über das Kanalnetz abgeleitet werden muß. Eine Verlegung im Sandbett hätte hier Abhilfe schaffen können, das Wasser wäre zumindest großteils versickert. Auch eine leichte Temperatursenkung hätte dadurch erzielt werden können, was besonders an Sommertagen von Vorteil gewesen wäre (v. a. weil die vier über die Fläche verteilten Bäume kaum Schatten spenden). Auch Reparaturen, die immer wieder im Bereich des Tiefbaus anfallen, könnten leichter und billiger durchgeführt werden, weil nicht jedesmal mit dem Preßlufthammer der teure Belag zerstört werden müßte. Voraussetzung dafür ist jedoch eine Kundigkeit der HandwerkerInnen sowie der PlanerInnen, denn es muß genau gearbeitet werden, damit ein im Sandbett verlegtes Pflaster seine bestmögliche Stabilität erreicht, d.h. auch dem Befahren schwerer Kraftfahrzeuge standhält.

Grenzenlos

Doch dienen Beläge nicht nur als „Fußboden“, sie zeigen auch Grenzen an. Ändert sich der Belag, steigt die Aufmerksamkeit der FreiraumnutzerInnen. Der Wechsel suggeriert eine Veränderung in der Nutzbarkeit des Raumes. Noch eindeutiger wird die Grenzziehung, wenn ein Niveauunterschied, z.B. durch einen Bordstein, eingefügt wird. Die ArchitektInnen verzichteten aber bewußt auf derartige, „altbekannte“ Grenzen. „Trotz verschiedener Nutzungsbereiche (während der Betriebszeiten der Busse) wird die gesamte Platzfläche durchgehend gepflastert, die Niveaudifferenzen werden beseitigt, damit wird auch die sichtbare Degradierung des Platzes zur Verkehrsfläche aufgehoben. Funktionsbereiche werden auf subtile Art zugewiesen bzw. definiert. (Anstelle von Pollern beispielsweise deuten einige der Solarleuchten verschiedene Funktionsbereiche an)“ (GASPARIN, MEIER, 1993-1994). Die Folge dieser Verleumdung der tatsächlichen Nutzungen sind tägliche „Hupkonzerte“ beim Einfahren der Busse in den Haltestellenbereich. Auch wenn sich die FahrerInnen der öffentlichen Linien bereits auf die Situation eingestellt haben, so müssen sie, um an ihr Ziel zu kommen, doch immer wieder auf die Hupe drücken und die sorglosen FußgängerInnen „erschrecken“, die sich ahnungslos in einem für sie gefährlichen Bereich aufhalten. Das soll jedoch kein Plädoyer für die „totale Funktionstrennung“ sein, sondern ein Hinweis auf einen verständigen und sinnvollen Umgang mit Grenzen, denn allein der Wechsel von Pflaster zu Asphalt, dem „üblichen Belag“ einer Fahrbahn, hätte die Unklarheiten beseitigen können. Seine Verwendung für die Warteinseln der Haltestellen verdeutlicht einmal mehr die Beliebigkeit im Umgang mit Materialien. Wie das oben angeführte Beispiel zeigt auch der Brunnen mit dem Glaskubus (=Abgang zur Toilettenanlage) die Unüberlegtheiten der ArchitektInnen im Detail.

Uferlos

Wasser als gestalterisches Element, vor allem in Verbindung mit Glas, kann Effekte erzielen, deren Ästhetik auf die meisten Menschen Faszination ausübt. Spiegelung und Transparenz machen auch diesen Brunnen zum Blickfang. Doch was, wenn die Sonne einmal nicht scheint. Dann wird die „uferlose“ Wasserfläche - grau wie Pflaster - zur Falle, vor allem auch deshalb, weil sie in einer „direkten Wegverbindung“ zwischen den Haltestellen südlich und östlich am Platz liegt. So manche PassantInnen sind schon eiligen Schrittes „hineingetapst“ und mußten, naß bis zum Knie, in die nächste Boutique, um rasch eine neue Hose zu kaufen, da sie so nicht zur Arbeit etc. gehen konnten. Was mit der rund eine halbe Million Schilling teuren Anlage (vgl. Kleine Zeitung vom 7. Juni 1995) nun geschehen soll, ist noch immer ungeklärt. Solange die Sicherheit der PassantInnen nicht garantiert werden kann, bleibt der Brunnen aber leer. Zuletzt wurden die von den ArchitektInnen vermiedenen Poller aufgestellt, um die „Ufer“ zu markieren. Ein Detail „am Rande“: Durch die fehlende Abgrenzung verschmutzt der Brunnen besonders rasch und wird zur „Drecklack’n“. Die Pflegekosten steigen.

Info-Turm und Wartehalle

Unerwähnt blieben bisher das Wartehallengebäude mit Imbißstand, Zeitungskiosk, Schließfächern, Telefon und Behinderten-WC - in der Dimensionierung teilweise zu klein geraten; im Imbißstand kann man sich bspw. kaum umdrehen - sowie der Info-Turm mit Medienband zur Anzeige von Luftgüte, Temperatur, Zeit, etc. - ursprünglich als Baukörper mit „Büro- und Aufenthaltsbereich für die Stadtwerke in den Obergeschossen und Information und Fahrkartenverkauf im Erdgeschoß“ (GASPARIN, MEIER, 1993-1994) geplant, in der Überarbeitung aber zurückdimensioniert. Auch die Schrift des Medienbandes kann aufgrund ihrer geringen Größe kaum gelesen werden - außerdem wechselt sie sehr langsam - , weshalb die Bezeichnung „Narrenturm“, zu dem die PassantInnnen „verkrampft“ hinaufschauen, bald durch alle Munde ging.

Raum ohne Gebrauchswert

Liest man die Projektbeschreibungen aufmerksam durch, so ist selten von Gebrauch und Funktion die Rede, häufig von Raum, Einheit und Elementen. Dennoch wollte Architekt Beny Meier nicht behübschen. Er schreibt: „Raum und Räumlichkeit ist das, was der Architektur ihren fundamentalen Charakter als Kunst, ihren fundamentalen Charakter als Disziplin verleiht. Bestrebt Auswege aus konservativem Verhalten aufzuzeigen, zielt unser Schaffen auf eine Architektur des zweiten, dritten Blickes; auf eine Architektur als selbstverständlicher Lebens-Raum, als Hintergrund für menschliche Tätigkeiten; auf eine Architektur fernab von der großen Geste, vom Zitat“ (ebd.). Freiraumplanung aber geht „von konkreten Gebrauchswerten aus. Sie weiß, daß die Bedeutungen, die den Gebrauch erlauben, im soziokulturellen Wissensvorrat und den sozial konstruierten Institutionen und Rollen vorgebildet sind, und daß Freiräume Optionen für die Entwicklung“ (BÖSE, 1981) brauchen. Sie nimmt also die Verhältnisse vor Ort ernst und versucht nichts „wegzuleugnen“, sondern organisiert Möglichkeiten, die von den Menschen vor Ort aufgegriffen werden können, dabei aber keine Beliebigkeiten sind, was uns die Schlußworte der „Eröffnungsrede“ von Architekt Meier suggerieren: „Ich hoffe, daß sich niemand auf den Schlips getreten fühlt, daß Klagenfurt möglichst viel damit (gemeint ist die Neugestaltung des Heiligengeistplatzes als solche, Anm. d. Autorin) anzufangen weiß“ (MEIER, 1995 mündl.).

Viertel eins - wie man in Kärnten für 00 Uhr 15 sagt - die Solarlampen beleuchten die Grenze zwischen „Buseinfahrt“ und „eigentlichem“ Platz, doch der letzte Bus verläßt gerade seine Haltenische und die meisten Menschen schlafen schon.


Literatur:

BÖSE, H. (1981): Die Aneignung städtischer Freiräume. Arbeitsberichte des Fachbereichs Stadtplanung und Landschaftsplanung an der Gesamthochschule Kassel. Heft 22. Kassel.
FAVOLE, P. (1995): Plätze der Gegenwart. Frankfurt/New York.
GASPARIN, S., MEIER, B. (1993-1994): Unterlagen zur Ausstellung „Architektur zeigen“. Villach. HEINEMANN, G., POMMERENING, K. (1979): Entwicklung von Methoden der Freiraumanalyse, bezogen auf innerstädtische Gebiete. In: Böse et al. (1989): Notizbuch 10 der Kasseler Schule. Nachlese: Freiraumplanung. Hrsg.: Arbeitsgemeinschaft Freiraum und Vegetation. Kassel.
GÄLZER, R. (1995): Plätze in der Stadt. In: Zolltexte Nr. 3/1995. Hrsg.: Personenkomitee Forum Landschaftsplanung. Wien.

zolltexte, Sa., 1996.03.30



verknüpfte Bauwerke
Heiligengeistplatz

Profil

Studium der Landschaftsplanung und Landschaftspflege
1999 Diplom am Institut für Städtebau, Raumordnung und Raumplanung der TU Wien

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