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Texte

30. Mai 2025Ulf Meyer
Neue Zürcher Zeitung

Norman Foster löst Probleme mit schönen Dingen, und durch seine Hightech-Bauten wurde der Architekt weltberühmt

Neben seine Leidenschaft für Jets und schnittige Autos trat auch eine ausgeprägte Liebe für die Schönheit der Schweizer Alpen. Der britische Architekt, bekannt für seinen sanften Modernismus, wird 90 Jahre alt.

Neben seine Leidenschaft für Jets und schnittige Autos trat auch eine ausgeprägte Liebe für die Schönheit der Schweizer Alpen. Der britische Architekt, bekannt für seinen sanften Modernismus, wird 90 Jahre alt.

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05. Mai 2025Ulf Meyer
Neue Zürcher Zeitung

Das Museum am Drogenumschlagplatz

Das Musée des Beaux-Arts in Rennes hat einen Neubau in einer Plattenbausiedlung errichten lassen. Kultur wird hier in den Dienst der städtischen Transformation gestellt.

Das Musée des Beaux-Arts in Rennes hat einen Neubau in einer Plattenbausiedlung errichten lassen. Kultur wird hier in den Dienst der städtischen Transformation gestellt.

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03. Mai 2025Ulf Meyer
Der Standard

Musik, Veltliner und Kaiserschmarrn to go

Vor kurzem wurde die Expo 2025 in Osaka eröffnet. Das Spektrum reicht von billigen Klischees bis zu großartigem Ingenieursholzbau, vom Handtaschen-Eldorado bis zum kostbaren Ölgemälde von Caravaggio.

Vor kurzem wurde die Expo 2025 in Osaka eröffnet. Das Spektrum reicht von billigen Klischees bis zu großartigem Ingenieursholzbau, vom Handtaschen-Eldorado bis zum kostbaren Ölgemälde von Caravaggio.

O-su-to-lia, so heißt Österreich auf Japanisch. So steht es auch in großen Zeichen am Österreich-Pavillon auf der gerade angelaufenen Expo in Osaka. Mit Australien (O-su-to-la-lia) können es gebildete Japaner trotz der ähnlichen Laute kaum verwechseln, denn Austria ist von jeher das Land der Musik und steht als solches in Japan hoch im Kurs. Andere Klischees wie Sachertorte, Grüner Veltliner, Swarovski-Kristalle oder ein Bösendorfer-Konzertflügel dürfen freilich ebenfalls nicht fehlen in der Länderpräsentation, die in einer tageslichtlosen Blechkiste untergebracht ist, vollgepfropft mit viel Medieneinsatz, gestrichen in einem irgendwie undefinierbaren Flieder-Farbton.

Das ist unsinnlich und schade und auch alles andere als modern. Angenehm aus diesem Rahmen fällt da die Präsentation der Künstlerin Felice Rix-Ueno. Die Wienerin entwarf einst Hunderte von Mustern für die Wiener Werkstätte, bevor sie in Kioto Professorin wurde, wo sie fortan mit den führenden westlichen (Bruno Taut) und östlichen Architekten (Togo Murano) ihrer Zeit zusammenarbeitete. Allein mit diesem Pfund zu wuchern wagt die Schau im österreichischen Expo-Pavillon nicht so recht.
91 Meter lange Schleife

Gerettet wird die Tristesse der omnipräsenten Bildschirme nur von der Architektur: Vor der Black Box des O-su-to-lia-Pavillons steht eine aufwendig geformte, riesige geodätische Schleife aus Holz. Das Wiener Büro BWM Designers & Architects hat sie entworfen, und Architekt Erich Bernard, das „B“ in BWM, zeigte sich beim Besuch vor Ort sichtlich stolz auf sein Werk. Das von ihm entworfene Notenschriftband zeigt die ersten Takte von Beethovens Ode an die Freude . „Die aufstrebende Spirale soll ein kraftvolles Zeichen für Lebensfreude und Optimismus setzen“, so Bernard. „Die Hymne der Europäischen Union steht für die transnationale Identität Österreichs.“

Ober- und Untergurt der gigantischen, 17 Meter hohen und insgesamt 91 Meter langen Schleife sind durch hunderte Diagonalstäbe miteinander verflochten. Die verschraubten Holzlamellen aus Fichte wurde von der Firma Graf Holztechnik im niederösterreichischen Horn gefertigt und nach Japan transportiert. Das Band zeigt eindrücklich Österreichs Kompetenz im modernen Ingenieurholzbau. Gleichzeitig aber ist es bedauerlich, dass die verschlungene Form von fünf unbeholfenen Stahlpylonen getragen werden muss, dass die Treppe zur Aussichtsplattform wie ein notwendiges Übel wirkt, dass das alles mit der eigentlichen Pavillonkiste dahinter keinerlei Bezug aufnimmt.

Musik als Thema der österreichischen Länderpräsentation in Japan ist zwar nicht originell, aber eine gute Brücke. Und ein guter Frequenzgarant. Allerdings lässt sich Musik bildlich nur schwer darstellen. Das beweisen die Architektur und die Szenografie des Pavillons eindrücklich. Nach dem Rundgang durch den Pavillon kommen die Besucher zu einem kleinen Kiosk am Ausgang, wo unter anderem „Kaiserschmarrn to go“ verkauft wird.

Eine nationale – oder gar „transnationale“ – Identität in Architektur zu übersetzen ist eine Aufgabe, der sich alle 150 teilnehmenden Nationen auf dieser Expo stellen mussten. Mit unterschiedlichem Erfolg: Während Frankreich seinen Pavillon ungeniert in eine Werbebude für Lederhandtaschen verwandelt hat, überraschen Länder, die bisher nicht als Architekturgroßmächte galten, mit zum Teil pfiffigen und im besten Sinne ambitionierten Darstellungen: Bahrain und Usbekistan beispielsweise sind Bijous der Baukunst gelungen!

Reizvoller Stützenwald

Der vom Stuttgarter Atelier Brückner gestaltete Pavillon für Usbekistan hat einen Sockel aus Ziegel und Lehm, eine aufsteigende Plattform fährt Besucher von dort hinauf zu einer Terrasse, wo man durch einen reizvollen Stützenwald aus Zypressenholz wandeln kann. Das Königreich Bahrain hingegen hat Lina Ghotmeh, eine vielfach ausgezeichnete libanesische Architektin aus Paris, zur Gestalterin des nationalen Beitrags gekürt. Die Form ihres Pavillons erinnert an die Masten der sogenannten Dhaus, die einst die Küsten der Arabischen Halbinsel bis weit hinunter nach Ostafrika befuhren.

Während europäische Länder wie Deutschland, Großbritannien, die Niederlande und die nordischen Länder bloß matte Hütten aufgebaut haben, zeigt Italien, wie es geht: Die große Holzhalle mit viel Tageslicht, eleganten Stahldetails und einem schönen Dachgarten darauf bietet sinnliche Erfahrungen und Raumerlebnis aus Bella Italia. Dem Architekten Mario Cucinella aus Bologna ist für den darin integrierten Beitrag des Vatikans ein schöner Rahmen gelungen: Der Kirchenstaat hat ein kostbares Ölgemälde von Caravaggio nach Osaka liefern lassen, das die Besucher sichtlich berührt. Zwar ist eine Expo keine Kunstschau, aber die Emotion, die echte Objekte auszulösen imstande sind, bezeugt, wie fad die hunderten Videos sind, die in den dunklen Pavillonkisten überall flackern.

Arkadenring aus Holz

Zusammengehalten wird das disparate Feld der nationalen Selbstrepräsentationen von einem gigantischen Arkadenring aus Holz. Das Holzfachwerk mit 650 Meter Durchmesser, geplant vom Tokioter Architekten Sou Fujimoto, gibt der Expo Kontur und Halt. Ein Jammer, dass die größte Holzkonstruktion der Menschheitsgeschichte am Ende der Weltausstellung wieder abgebaut werden soll. Von der Expo 2025 wird also einst ebenso wenig erhalten bleiben wie von der Expo 1970 in Osaka.

Stattdessen soll das 150 Hektar große Expo-Gelände, das auf einer künstlichen Insel in der Bucht von Osaka liegt, zu einer Entertainmentstadt ausgebaut werden. Der Bauherr will auf dem dann aufgewerteten Stück Land, wenn der Kaiserschmarrnduft schon lange verzogen ist, teure Hotels und eine Formel-1-Rennstrecke errichten – mit Motorengeheul statt Ode an die Freude.

Am 23. Mai findet auf dem Expo-Gelände der österreichische Nationentag statt. Der STANDARD wird berichten.

Der Standard, Sa., 2025.05.03

22. April 2025Ulf Meyer
Neue Zürcher Zeitung

Der neue Hauptsitz der grössten Bank der Welt in New York soll null Betriebsemissionen aufweisen

In Manhattan hat die Firma JP Morgan Chase von Norman Foster, dem Hightech-Star unter den Architekten, einen neuen Bankenturm errichten lassen. Der Betrieb des Turms ist vollelektrisch. Aber ist er auch wirklich so ökologisch, wie er vorgibt?

In Manhattan hat die Firma JP Morgan Chase von Norman Foster, dem Hightech-Star unter den Architekten, einen neuen Bankenturm errichten lassen. Der Betrieb des Turms ist vollelektrisch. Aber ist er auch wirklich so ökologisch, wie er vorgibt?

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02. April 2025Ulf Meyer
Neue Zürcher Zeitung

Ein Haus ist auch eine Torte: Hinter der extravaganten Architektur von Hans Hollein steckt viel Kunst

Das Centre Pompidou in Paris widmet dem grossen Wiener Architekten eine Retrospektive.

Das Centre Pompidou in Paris widmet dem grossen Wiener Architekten eine Retrospektive.

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20. Februar 2025Ulf Meyer
Neue Zürcher Zeitung

In Norwegen kann man sich jetzt die Gegenwartskunst auf einer curryfarbenen Wendeltreppe erschliessen

Mit dem PoMo-Museum in Trondheim erhält Norwegen bereits die dritte private Institution für Gegenwartskunst, die in den letzten Jahren die öffentliche Museumslandschaft bereichert hat.

Mit dem PoMo-Museum in Trondheim erhält Norwegen bereits die dritte private Institution für Gegenwartskunst, die in den letzten Jahren die öffentliche Museumslandschaft bereichert hat.

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13. Januar 2025Ulf Meyer
Neue Zürcher Zeitung

Neugestaltung des Museo Egizio in Turin: Das alte Ägypten erstrahlt jetzt im Look einer Modeboutique

Die neue «Galerie der Könige» im Turiner Ägyptenmuseum zeigt, wie modern altägyptische Kunst präsentiert werden kann.

Die neue «Galerie der Könige» im Turiner Ägyptenmuseum zeigt, wie modern altägyptische Kunst präsentiert werden kann.

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23. Dezember 2024Ulf Meyer
Neue Zürcher Zeitung

Zum Tod des japanischen Architekten Yoshio Taniguchi: Er hat das Museum of Modern Art in New York neu in die städtische Geografie eingeschrieben

Der japanische Baukünstler ist hauptsächlich mit Museumsbauten berühmt geworden. Am 16. Dezember ist Yoshio Taniguchi im Alter von 87 Jahren gestorben.

Der japanische Baukünstler ist hauptsächlich mit Museumsbauten berühmt geworden. Am 16. Dezember ist Yoshio Taniguchi im Alter von 87 Jahren gestorben.

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Presseschau 12

30. Mai 2025Ulf Meyer
Neue Zürcher Zeitung

Norman Foster löst Probleme mit schönen Dingen, und durch seine Hightech-Bauten wurde der Architekt weltberühmt

Neben seine Leidenschaft für Jets und schnittige Autos trat auch eine ausgeprägte Liebe für die Schönheit der Schweizer Alpen. Der britische Architekt, bekannt für seinen sanften Modernismus, wird 90 Jahre alt.

Neben seine Leidenschaft für Jets und schnittige Autos trat auch eine ausgeprägte Liebe für die Schönheit der Schweizer Alpen. Der britische Architekt, bekannt für seinen sanften Modernismus, wird 90 Jahre alt.

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05. Mai 2025Ulf Meyer
Neue Zürcher Zeitung

Das Museum am Drogenumschlagplatz

Das Musée des Beaux-Arts in Rennes hat einen Neubau in einer Plattenbausiedlung errichten lassen. Kultur wird hier in den Dienst der städtischen Transformation gestellt.

Das Musée des Beaux-Arts in Rennes hat einen Neubau in einer Plattenbausiedlung errichten lassen. Kultur wird hier in den Dienst der städtischen Transformation gestellt.

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03. Mai 2025Ulf Meyer
Der Standard

Musik, Veltliner und Kaiserschmarrn to go

Vor kurzem wurde die Expo 2025 in Osaka eröffnet. Das Spektrum reicht von billigen Klischees bis zu großartigem Ingenieursholzbau, vom Handtaschen-Eldorado bis zum kostbaren Ölgemälde von Caravaggio.

Vor kurzem wurde die Expo 2025 in Osaka eröffnet. Das Spektrum reicht von billigen Klischees bis zu großartigem Ingenieursholzbau, vom Handtaschen-Eldorado bis zum kostbaren Ölgemälde von Caravaggio.

O-su-to-lia, so heißt Österreich auf Japanisch. So steht es auch in großen Zeichen am Österreich-Pavillon auf der gerade angelaufenen Expo in Osaka. Mit Australien (O-su-to-la-lia) können es gebildete Japaner trotz der ähnlichen Laute kaum verwechseln, denn Austria ist von jeher das Land der Musik und steht als solches in Japan hoch im Kurs. Andere Klischees wie Sachertorte, Grüner Veltliner, Swarovski-Kristalle oder ein Bösendorfer-Konzertflügel dürfen freilich ebenfalls nicht fehlen in der Länderpräsentation, die in einer tageslichtlosen Blechkiste untergebracht ist, vollgepfropft mit viel Medieneinsatz, gestrichen in einem irgendwie undefinierbaren Flieder-Farbton.

Das ist unsinnlich und schade und auch alles andere als modern. Angenehm aus diesem Rahmen fällt da die Präsentation der Künstlerin Felice Rix-Ueno. Die Wienerin entwarf einst Hunderte von Mustern für die Wiener Werkstätte, bevor sie in Kioto Professorin wurde, wo sie fortan mit den führenden westlichen (Bruno Taut) und östlichen Architekten (Togo Murano) ihrer Zeit zusammenarbeitete. Allein mit diesem Pfund zu wuchern wagt die Schau im österreichischen Expo-Pavillon nicht so recht.
91 Meter lange Schleife

Gerettet wird die Tristesse der omnipräsenten Bildschirme nur von der Architektur: Vor der Black Box des O-su-to-lia-Pavillons steht eine aufwendig geformte, riesige geodätische Schleife aus Holz. Das Wiener Büro BWM Designers & Architects hat sie entworfen, und Architekt Erich Bernard, das „B“ in BWM, zeigte sich beim Besuch vor Ort sichtlich stolz auf sein Werk. Das von ihm entworfene Notenschriftband zeigt die ersten Takte von Beethovens Ode an die Freude . „Die aufstrebende Spirale soll ein kraftvolles Zeichen für Lebensfreude und Optimismus setzen“, so Bernard. „Die Hymne der Europäischen Union steht für die transnationale Identität Österreichs.“

Ober- und Untergurt der gigantischen, 17 Meter hohen und insgesamt 91 Meter langen Schleife sind durch hunderte Diagonalstäbe miteinander verflochten. Die verschraubten Holzlamellen aus Fichte wurde von der Firma Graf Holztechnik im niederösterreichischen Horn gefertigt und nach Japan transportiert. Das Band zeigt eindrücklich Österreichs Kompetenz im modernen Ingenieurholzbau. Gleichzeitig aber ist es bedauerlich, dass die verschlungene Form von fünf unbeholfenen Stahlpylonen getragen werden muss, dass die Treppe zur Aussichtsplattform wie ein notwendiges Übel wirkt, dass das alles mit der eigentlichen Pavillonkiste dahinter keinerlei Bezug aufnimmt.

Musik als Thema der österreichischen Länderpräsentation in Japan ist zwar nicht originell, aber eine gute Brücke. Und ein guter Frequenzgarant. Allerdings lässt sich Musik bildlich nur schwer darstellen. Das beweisen die Architektur und die Szenografie des Pavillons eindrücklich. Nach dem Rundgang durch den Pavillon kommen die Besucher zu einem kleinen Kiosk am Ausgang, wo unter anderem „Kaiserschmarrn to go“ verkauft wird.

Eine nationale – oder gar „transnationale“ – Identität in Architektur zu übersetzen ist eine Aufgabe, der sich alle 150 teilnehmenden Nationen auf dieser Expo stellen mussten. Mit unterschiedlichem Erfolg: Während Frankreich seinen Pavillon ungeniert in eine Werbebude für Lederhandtaschen verwandelt hat, überraschen Länder, die bisher nicht als Architekturgroßmächte galten, mit zum Teil pfiffigen und im besten Sinne ambitionierten Darstellungen: Bahrain und Usbekistan beispielsweise sind Bijous der Baukunst gelungen!

Reizvoller Stützenwald

Der vom Stuttgarter Atelier Brückner gestaltete Pavillon für Usbekistan hat einen Sockel aus Ziegel und Lehm, eine aufsteigende Plattform fährt Besucher von dort hinauf zu einer Terrasse, wo man durch einen reizvollen Stützenwald aus Zypressenholz wandeln kann. Das Königreich Bahrain hingegen hat Lina Ghotmeh, eine vielfach ausgezeichnete libanesische Architektin aus Paris, zur Gestalterin des nationalen Beitrags gekürt. Die Form ihres Pavillons erinnert an die Masten der sogenannten Dhaus, die einst die Küsten der Arabischen Halbinsel bis weit hinunter nach Ostafrika befuhren.

Während europäische Länder wie Deutschland, Großbritannien, die Niederlande und die nordischen Länder bloß matte Hütten aufgebaut haben, zeigt Italien, wie es geht: Die große Holzhalle mit viel Tageslicht, eleganten Stahldetails und einem schönen Dachgarten darauf bietet sinnliche Erfahrungen und Raumerlebnis aus Bella Italia. Dem Architekten Mario Cucinella aus Bologna ist für den darin integrierten Beitrag des Vatikans ein schöner Rahmen gelungen: Der Kirchenstaat hat ein kostbares Ölgemälde von Caravaggio nach Osaka liefern lassen, das die Besucher sichtlich berührt. Zwar ist eine Expo keine Kunstschau, aber die Emotion, die echte Objekte auszulösen imstande sind, bezeugt, wie fad die hunderten Videos sind, die in den dunklen Pavillonkisten überall flackern.

Arkadenring aus Holz

Zusammengehalten wird das disparate Feld der nationalen Selbstrepräsentationen von einem gigantischen Arkadenring aus Holz. Das Holzfachwerk mit 650 Meter Durchmesser, geplant vom Tokioter Architekten Sou Fujimoto, gibt der Expo Kontur und Halt. Ein Jammer, dass die größte Holzkonstruktion der Menschheitsgeschichte am Ende der Weltausstellung wieder abgebaut werden soll. Von der Expo 2025 wird also einst ebenso wenig erhalten bleiben wie von der Expo 1970 in Osaka.

Stattdessen soll das 150 Hektar große Expo-Gelände, das auf einer künstlichen Insel in der Bucht von Osaka liegt, zu einer Entertainmentstadt ausgebaut werden. Der Bauherr will auf dem dann aufgewerteten Stück Land, wenn der Kaiserschmarrnduft schon lange verzogen ist, teure Hotels und eine Formel-1-Rennstrecke errichten – mit Motorengeheul statt Ode an die Freude.

Am 23. Mai findet auf dem Expo-Gelände der österreichische Nationentag statt. Der STANDARD wird berichten.

Der Standard, Sa., 2025.05.03

22. April 2025Ulf Meyer
Neue Zürcher Zeitung

Der neue Hauptsitz der grössten Bank der Welt in New York soll null Betriebsemissionen aufweisen

In Manhattan hat die Firma JP Morgan Chase von Norman Foster, dem Hightech-Star unter den Architekten, einen neuen Bankenturm errichten lassen. Der Betrieb des Turms ist vollelektrisch. Aber ist er auch wirklich so ökologisch, wie er vorgibt?

In Manhattan hat die Firma JP Morgan Chase von Norman Foster, dem Hightech-Star unter den Architekten, einen neuen Bankenturm errichten lassen. Der Betrieb des Turms ist vollelektrisch. Aber ist er auch wirklich so ökologisch, wie er vorgibt?

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02. April 2025Ulf Meyer
Neue Zürcher Zeitung

Ein Haus ist auch eine Torte: Hinter der extravaganten Architektur von Hans Hollein steckt viel Kunst

Das Centre Pompidou in Paris widmet dem grossen Wiener Architekten eine Retrospektive.

Das Centre Pompidou in Paris widmet dem grossen Wiener Architekten eine Retrospektive.

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20. Februar 2025Ulf Meyer
Neue Zürcher Zeitung

In Norwegen kann man sich jetzt die Gegenwartskunst auf einer curryfarbenen Wendeltreppe erschliessen

Mit dem PoMo-Museum in Trondheim erhält Norwegen bereits die dritte private Institution für Gegenwartskunst, die in den letzten Jahren die öffentliche Museumslandschaft bereichert hat.

Mit dem PoMo-Museum in Trondheim erhält Norwegen bereits die dritte private Institution für Gegenwartskunst, die in den letzten Jahren die öffentliche Museumslandschaft bereichert hat.

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13. Januar 2025Ulf Meyer
Neue Zürcher Zeitung

Neugestaltung des Museo Egizio in Turin: Das alte Ägypten erstrahlt jetzt im Look einer Modeboutique

Die neue «Galerie der Könige» im Turiner Ägyptenmuseum zeigt, wie modern altägyptische Kunst präsentiert werden kann.

Die neue «Galerie der Könige» im Turiner Ägyptenmuseum zeigt, wie modern altägyptische Kunst präsentiert werden kann.

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23. Dezember 2024Ulf Meyer
Neue Zürcher Zeitung

Zum Tod des japanischen Architekten Yoshio Taniguchi: Er hat das Museum of Modern Art in New York neu in die städtische Geografie eingeschrieben

Der japanische Baukünstler ist hauptsächlich mit Museumsbauten berühmt geworden. Am 16. Dezember ist Yoshio Taniguchi im Alter von 87 Jahren gestorben.

Der japanische Baukünstler ist hauptsächlich mit Museumsbauten berühmt geworden. Am 16. Dezember ist Yoshio Taniguchi im Alter von 87 Jahren gestorben.

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31. Oktober 2024Ulf Meyer
Neue Zürcher Zeitung

Endlich neue Wolkenkratzer für Berlin: Der Amazon-Tower und der Estrel Tower sind künftig die höchsten Häuser der Stadt

Bjarke Ingels und Barkow Leibinger haben die neusten Hochhäuser Berlins entworfen. Die Türme sind Kinder der beherzten Mittelmässigkeit der neuen Berliner Hochhauspolitik.

Bjarke Ingels und Barkow Leibinger haben die neusten Hochhäuser Berlins entworfen. Die Türme sind Kinder der beherzten Mittelmässigkeit der neuen Berliner Hochhauspolitik.

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14. Oktober 2024Ulf Meyer
Neue Zürcher Zeitung

Eine Oase der Kunst mitten in der lauten Metropole Lissabon

Der Neubau des japanischen Architekten Kengo Kuma für das Museum Gulbenkian verbindet Haus, Garten und Stadt.

Der Neubau des japanischen Architekten Kengo Kuma für das Museum Gulbenkian verbindet Haus, Garten und Stadt.

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11. Oktober 2024Ulf Meyer
Neue Zürcher Zeitung

Der amerikanische Architekt Richard Meier gilt als Meister der Raumkunst und der gerahmten Ausblicke. Zum 90. Geburtstag

Unter seinen Händen wurde alles weiss: Richard Meier baute in der Farbe der Unschuld – bis er sich wegen Vorwürfen sexueller Belästigung zurückzog

Unter seinen Händen wurde alles weiss: Richard Meier baute in der Farbe der Unschuld – bis er sich wegen Vorwürfen sexueller Belästigung zurückzog

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03. September 2024Ulf Meyer
Neue Zürcher Zeitung

Expo 2025: Der Schweizer Pavillon wirkt in der Bucht von Osaka wie Froschlaich

An der Expo 2025 ist die Schweiz mit einem Schaum-Pavillon vertreten, der den geringsten ökologischen Fussabdruck aller Expo-Gebäude hinterlassen und dennoch Eindruck machen soll.

An der Expo 2025 ist die Schweiz mit einem Schaum-Pavillon vertreten, der den geringsten ökologischen Fussabdruck aller Expo-Gebäude hinterlassen und dennoch Eindruck machen soll.

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03. August 2024Ulf Meyer
Der Standard

Blau-gelber Autotempel aus rot-weiß-rotem Holz

Mit österreichischer Holzbau-Expertise haben die Architekten von Henning Larsen in Göteborg einen spektakulären Markenauftritt für den größten Industriekonzern Skandinaviens geschaffen. Ein Besuch in der World of Volvo.

Mit österreichischer Holzbau-Expertise haben die Architekten von Henning Larsen in Göteborg einen spektakulären Markenauftritt für den größten Industriekonzern Skandinaviens geschaffen. Ein Besuch in der World of Volvo.

Wenn man über Schweden fliegt, kommt es einem vor, als sei das ganze Riesenland mit einem grünen Veloursteppich aus dichtem Wald überzogen. Für die Papier- und Zelluloseproduktion werden die schwedischen Forste weidlich genutzt. Als es aber darum ging, in Göteborg das größte Holzgebäude Schwedens zu errichten, die sogenannte World of Volvo, wurde österreichisches Holz importiert. Nicht nur wegen dessen materieller Qualität, sondern auch, weil es hierzulande eine unvergleichbar hohe Expertise in Holzbau-Engineering gibt, die weltweit gefragt ist. Das dänische Architekturbüro Henning Larsen aus Kopenhagen hat dabei mit Wiehag, einem Familienbetrieb aus Altheim, Oberösterreich, zusammengearbeitet.

Göteborg, zweitgrößte Stadt des Landes, gilt – im Vergleich zur glänzenden royalen Kapitale Stockholm – als die Industrie- und Handelsstadt Schwedens. Die großen Industriewerke, in denen Fahrzeuge und Kugellager hergestellt werden, liegen nördlich des Flusses Göta Älv. Mit dem Bau der Volvo-Welt jedoch traut sich der führende Automobilkonzern erstmals über den Fluss und rückt gen Süden in den bürgerlicheren Teil der Stadt vor. Bezeichnenderweise direkt neben einem großen Vergnügungspark hat sich Volvo einen riesigen Diskus aus Brettschichtholz und Brettsperrholz gebaut, der von der Stadtautobahn aus nicht zu übersehen ist und jeden Tag Zehntausende von Automobilsten bei Einfahrt in die Stadt mit seinen begrünten Dächern und hölzernen Trägern grüßt.

Neues architektonisches Bild

„Form und Material des Großgebäudes und seine Integration in die grüne Landschaft gehören zur kollektiven Identität Schwedens“, erzählt Martin Ringnér in großen Worten, Design-Director und zuständiger Projektleiter bei Henning Larsen. Aber auch abseits dieses Pathos gehe es bei dem Neubau darum, für die skandinavische Industrie ein neues architektonisches Bild zu finden. Schwedische Autos galten lange als extrem sicher und hochwertig in der Verarbeitung, doch die Wende zur E-Mobilität hat Volvo verschlafen und ist nun fest in chinesischer Hand. Lediglich die Busse, Baugeräte und Bootsmotoren sind noch weitgehend in schwedischem Besitz.

Der Neubau vereint die beiden Marken Volvo Group und Volvo Cars. Holz für einen Schaukasten der Industrie in diesem Maßstab zu verwenden, das erschien bis vor kurzem noch unvorstellbar, ja vielleicht sogar aufgesetzt und scheinheilig. Die nunmehrige Affinität zu Holz rührt aus neuen Planungs- und Herstellungsmethoden. Die komplexen Geometrien, die mit parametrischen Mitteln in CAD-Programmen generiert werden, wären bis vor kurzem nur mit hohem Aufwand baubar und finanzierbar gewesen. Doch das hat sich geändert.

„Wir haben mit Höhe, Radius und Geometrie variiert und experimentiert und haben dafür gesorgt, dass die komplexe Form des Bauwerks mit den Produktionsstandards im Holzbau in Einklang zu bringen sind“, sagt Erich Wiesner, Geschäftsführer von Wiehag, der den aktuell aufregenden Wandel im Holzgroßbau nicht nur begleitet, sondern regelrecht vorantreibt. „Mit dieser digitalen Zusammenarbeit ist es uns gelungen, den Materialeinsatz zu optimieren und ein ökonomisches Projekt auf die Beine zu stellen.“

Die Konstruktion besteht aus drei baumartigen Riesenstützen, die sich auffächern, um die Last des Daches abzuleiten. Der Übergang zwischen Innenraum und Dachgarten ist fließend. In der Halle ist Platz für Veranstaltungen mit weit über tausend Besuchern. Eine große Oldtimer-Ausstellung, Konferenzräume, Restaurants, Lounge und Shop dürfen natürlich auch nicht fehlen. Die Brettschichtholzträger und Brettsperrhölzer aus massiver Fichte geben den Fahrzeugen aus Stahl auf diese Weise einen neuen, weichen, zeitgeistigen Rahmen. „Von den ersten Skizzen bis zur finalen Umsetzung gab es einen digitalen Workflow, der auf die Logik der Holzbalkenelemente eingegangen ist“, so Fabia Baumann, Tragwerksplanerin bei Henning Larsen.

Wie zuvor bereits in den Autowelten von BMW in München, Porsche in Stuttgart und Hyundai in Seoul, allesamt von namhaften österreichischen Architekturbüros entworfen, die bei diesem Bautypus weltweit als führend gelten, wurde das Markenzentrum im Stadtteil Krokslätt auf einer Industriebrache errichtet, in diesem Fall auf dem Gelände der ehemaligen Saab-Getriebefabrik. Die Bebauung von Brownfields gilt als umweltfreundlich, weil kein wertvolles Ackerland erschlossen und versiegelt werden muss. Leider und ironischerweise jedoch steht der ökologisch schlanke Holzneubau auf einem unterirdischen Parkhaus, das fünf Etagen in die Tiefe reicht. Die graue Energie, die in diesen hunderten Tonnen Beton steckt, wird nie mehr sinnvoll weiterzuverwenden sein.

Kein Greenwashing

Volvo, aus dem Lateinischen wörtlich übersetzt so viel wie „ich rolle“, setzt auf Erschließung per Privat-Pkw, und ganz gleich, ob per Verbrenner oder rein elektrisch, so steht diese Rolleinladung doch in einem starken Widerspruch zu den Qualitäten des Baustoffs Holz. „Ich sehe darin aber keinen Akt oberflächlichen Greenwashings“, sagt Valentin Wiesner, Sohn des Firmengründers und Experte für Nachhaltigkeit bei Wiehag. Für eine der drei bekanntesten schwedischen Ikonen zu bauen, für das Triumvirat Abba, Ikea und Volvo, sei für ihn ein Akt der Omtanke, „Umsicht“ auf Schwedisch.

„Holz als CO₂-absorbierendes Material ist für mich der Baustoff der Zukunft. Die Energie, die im Transport der österreichischen Holzbauteile steckt, sorgt mich nicht wirklich. Im Vergleich zu Stahl und Beton ist die Ökobilanz immer noch eine sehr gute.“ Ästhetische Vorteile kommen hinzu: Weil Holz gut aussieht, gut riecht und sich gut anfühlt, ist es wohl unmöglich, sich den Qualitäten dieses Baustoffs zu entziehen.

Auch wenn sich Österreich unter Bundeskanzler Karl Nehammers Ägide unverbesserlich als „Verbrennungsmotorland“ identifiziert, zeigen Gebäude wie die World of Volvo, dass andernorts die Zeit schon reif ist für eine postfossile Fahrzeugwelt, in der österreichische Expertise anderer Provenienz gefragt ist und zu einer neuen Gestaltungswelt beiträgt.

Der Standard, Sa., 2024.08.03

12. Juli 2024Ulf Meyer
Neue Zürcher Zeitung

Er gilt als «der Amerikaner» der japanischen Baukunst-Szene. Und hat in Wiesbaden mit einem minimalistischen Museumsbau sein Vermächtnis gebaut

Fumihiko Makis Museum Reinhard Ernst in Wiesbaden zeigt alle Qualitäten seiner sensiblen Architektur. Es bildet nun den Abschluss des reichen Schaffens dieses herausragenden Baumeisters aus Japan.

Fumihiko Makis Museum Reinhard Ernst in Wiesbaden zeigt alle Qualitäten seiner sensiblen Architektur. Es bildet nun den Abschluss des reichen Schaffens dieses herausragenden Baumeisters aus Japan.

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12. März 2024Ulf Meyer
Neue Zürcher Zeitung

Nicht nur in der Schweiz wachsen derzeit neue Wohnhochhäuser aus Holz in den Himmel. Die Liebe zum Holz als tragendem Baumaterial wird weltweit neu entdeckt

Die neuen Holzhochhäuser sollen nicht nur umweltschonend sein, sondern vor allem auch einladend, wohnlich und menschenfreundlich.

Die neuen Holzhochhäuser sollen nicht nur umweltschonend sein, sondern vor allem auch einladend, wohnlich und menschenfreundlich.

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05. März 2024Ulf Meyer
Neue Zürcher Zeitung

«Ich entwerfe grosse Gebäude in einfacher Art»: Der The-Circle-Architekt Riken Yamamoto gewinnt den Pritzker-Preis

Der 78-jährige Japaner wird mit der renommiertesten Auszeichnung für Architekten geehrt.

Der 78-jährige Japaner wird mit der renommiertesten Auszeichnung für Architekten geehrt.

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30. Oktober 2023Ulf Meyer
Neue Zürcher Zeitung

Warme Moderne aus dem kalten Norden: Alvar Aalto setzte im Nachkriegsdeutschland auf sanfte Eleganz statt Pathos

Eine menschenfreundliche Architektur zu schaffen – diese Aufgabe ist dem «Vater des organischen Bauens» so meisterlich gelungen wie kaum einem anderen Architekten im 20. Jahrhundert. Eine Berliner Ausstellung zeigt erstmals die kostbaren Strichzeichnungen der deutschen Spätwerke des finnischen Architekten.

Eine menschenfreundliche Architektur zu schaffen – diese Aufgabe ist dem «Vater des organischen Bauens» so meisterlich gelungen wie kaum einem anderen Architekten im 20. Jahrhundert. Eine Berliner Ausstellung zeigt erstmals die kostbaren Strichzeichnungen der deutschen Spätwerke des finnischen Architekten.

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05. Juni 2023Ulf Meyer
db

Boot an Land

In der Hafenstadt Esbjerg an der dänischen Westküste wurde ein neues maritimes Zentrum eröffnet. Das von WERK Arkitekter und Snøhetta entwickelte Gebäude ist als gemeinsamer Bereich für Wassersportvereine und Besucher konzipiert und präsentiert sich in der Stadt als ein neues architektonisches Wahrzeichen.

In der Hafenstadt Esbjerg an der dänischen Westküste wurde ein neues maritimes Zentrum eröffnet. Das von WERK Arkitekter und Snøhetta entwickelte Gebäude ist als gemeinsamer Bereich für Wassersportvereine und Besucher konzipiert und präsentiert sich in der Stadt als ein neues architektonisches Wahrzeichen.

Wenn zwei Architekturbüros an einem Entwurf zusammenarbeiten, müssen sie vom Entwurf her und organisatorisch gesehen einen gemeinsamen Nenner finden. Das Büro Snøhetta aus Oslo, spätestens seit der Einweihung der Osloer Oper eines der bekanntesten Architekturbüros, und WERK Arkitekter aus Kopenhagen haben für ihre Zusammenarbeit einen Modus Vivendi gefunden, der trägt. Weil beide Länder, Dänemark und Norwegen, eine gemeinsame Geschichte der Wikinger-Kultur haben, lag es nahe, ein Motiv aus diesem Repertoire für den Entwurf ihres Neubaus in der westdänischen Hafenstadt Esbjerg zu wählen. WERK wurde von Snøhetta ausgewählt, weil sie mit dem Stubkaj-Gebäude in Kopenhagens Nordhavn bereits eine gute Referenz vorzuweisen hatten. Die Arbeit haben sie sich »im Verhältnis 50/50« aufgeteilt, wie die Vertreter beider Büros einmütig betonen.

Laterne und Anker

Bei dem Wettbewerb im Jahr 2019 hatten die beiden Architekturbüros ihrem Entwurf für das Zentrum am Hafen den Namen »Laterne« gegeben. Denn ihr Pionierbau soll städtebaulich als »Anker« einer neuen geplanten Wohnstadt am Hafen dienen, wie die größeren dänischen Städte Aarhus und die Hauptstadt Kopenhagen dies bereits erfolgreich vorgemacht haben.

Neben den »maritimen Nutzungen« für Sportvereine sollten ein Bootslager, Schulungsräume und eine Werkstatt in dem Haus untergebracht werden. Die Architekten haben ihrem Bau im Grundriss die Form eines unregelmäßigen Ovals (mit vier Radien) gegeben, das sich an den beiden Schmalseiten mit breiten Freitreppen für Besucher öffnet, die geradewegs über eine »Loggia« in den – ebenfalls ovalen – Innenhof im ersten Stock geführt werden. Er wirkt wie ein riesiger Oculus. Zusätzlich gibt es eine Wendeltreppe im Hof. Der Hof kann abends abgeschlossen werden, aber die Freitreppen bleiben zugänglich.

Sowohl die Straßen- als auch die Hoffassaden sind von horizontalen Holzlamellen geprägt, die zwischen leicht konkaven Rippen liegen. Sie geben dem Gebäude einen warmen, skandinavischen Touch. Form und Materialwahl des Gebäudes werden im Kontrast zu den später folgenden, kubischen Wohnbauten mit Putzfassaden stehen, die nebenan auf einer kleinen Hafeninsel gebaut werden, wenn man dem Bauschild glauben darf. Die obere Ebene beherbergt Vereinsräume für Rudern, Segeln, Tauchen und Triathlon sowie Gemeinschaftsräume und ein Fitness-Zentrum. Die untere Ebene, die durch einen doppelten Steg mit dem Hafenbecken verbunden ist, nimmt Bootslager und Werkstätten auf.

Blickbeziehungen innen und außen

Thomas Kock, Gründer und Inhaber des Büros WERK Arkitekter, wollte mit seinem Maritimen Zentrum (ein im Deutschen so kaum genutzter Begriff) einen »point de vue« an der Küste schaffen, »damit jeder den Weg zum neuen Stadtviertel am Meer findet«. Kock vergleicht das am weitesten von der Innenstadt entfernte neue Gebäude mit der Elbphilharmonie in Hamburgs HafenCity, in der er ebenfalls mehrere Neubauten plant.

Der projektleitende Architekt Frank Foray aus Oslo, Kocks Pendant bei Snøhetta, fügt hinzu, dass mit dem Neubau »Besucher zu Aktivität und Engagement eingeladen« werden sollen. Denn ihr Sport- und Seminar-Zentrum bietet Platz für alle: vom Taucher oder Kajakfahrer bis zum Krabbenfischer, Bürger und Passanten. Im EG ist der Grundriss orthogonal und im OG radial organisiert. Der Neubau lädt ein, »einen Blick auf das Meer zu werfen«, sagt Foray. Aber auch innerhalb des Gebäudes entstehen Blickbeziehungen in der Horizontalen und Vertikalen: Zwei ovale Öffnungen im Hof bringen Tageslicht in das EG und verbinden Ober- und Unterdeck des »Bootes« visuell.

Schön und roh, elegant und robust

Snøhettas Entwurf ist von der Geometrie und der Handwerkskunst des Bootsbaus inspiriert. Die Segmente erzeugen unterschiedlich tiefe Schatten, die an ein Kajak erinnern sollen. Die Fenster hingegen sind in vier Höhen unregelmäßig in die Fassadenstreifen eingesetzt. Auf dem geneigten Dach sind ringförmig die Sonnenkollektoren um den First herum integriert. Die Bewohner der höheren umliegenden Gebäude werden es zu schätzen wissen, dass die Architekten eine ansehnliche Dachaufsicht gestaltet haben. Foray wollte »das Poetische mit dem Praktischen vereinen« und »die Bewegung des Meeres mit Alltagsarbeiten«, wie er es formuliert – eine Symbiose von schön und roh, von elegant und robust. Der Blick fällt auf den Horizont über den Deich hinweg. In der Wettbewerbsauslobung war eine Dachterrasse vorgesehen. Da aber die Lage seines Neubaus an der dänischen Waterkant mit kalten, peitschenden Winden einhergehen kann, haben die Architekten mit dem Hof einen Raum geschaffen, der Schutz vor Sturm bietet.

Zugleich mussten die Planer an Hochwasser denken: Weil das Meerwasser bei einer Sturmflut den Damm am Hafenbecken übersteigen könnte, wurde das Warftgeschoss aus Ortbeton gebaut, der in einem Zug gegossen wurde. In Höhe der Türen im Hof verkleiden algengrüne Metallpaneele die Fassaden. Der Hof hat einen Belag aus Hartholz (Accoya) mit eigener paralleler Geometrie. Die Holzfassade darüber aus wärmebehandelter Kiefer hält rauen Wetterbedingungen stand und soll gleichmäßig ergrauen. Mit Patina soll das Maritime Zentrum noch besser aussehen, hoffen die Entwerfer. Auf der erhöhten, öffentlich zugänglichen Terrasse werden alle Aktivitäten zusammengeführt. Entlang der Treppen mit Sitzstufen können Besucher auf windgeschützten Terrassen die Aussicht genießen. Der Neubau des Maritimen Zentrums von Esbjerg beweist also, dass selbst ein Wassersport-Zentrum Räume bieten kann, die mit dem populären dänischen Adjektiv »hygge« am besten zu beschreiben sind.

db, Mo., 2023.06.05



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db 2023|06 Am Wasser

27. Dezember 2022Ulf Meyer
Neue Zürcher Zeitung

Der Welt ist nichts mehr hinzuzufügen: Was Babyboomer verwittern lassen, erfindet eine junge Generation japanischer Architektinnen und Architekten neu

Die Werkschau «Make Do With Now» in Basel zeigt, wie eine aufstrebende Architekturszene in Japan auf die grossen Fragen der Zeit reagiert.

Die Werkschau «Make Do With Now» in Basel zeigt, wie eine aufstrebende Architekturszene in Japan auf die grossen Fragen der Zeit reagiert.

Bisher galt Japan als Schlaraffenland der Architektur. Es gibt fast keine baurechtliche Regulierung oder thermische Anforderung für Fassaden, stattdessen fähige Baukonzerne und Handwerker. Mutige Bauherren agieren in einer der reichsten Volkswirtschaften der Welt. Die Ausstellung in Basel «Make Do With Now» (zu Deutsch «mit dem Jetzigen auskommen») überrascht deshalb. Kaum visuell attraktive Exponate werden gezeigt. Keine für Nippon gewohnte Wabi-Sabi-Ästhetik, keine Eleganz, die durch ihre Reduktion auf das Wesentliche perfektioniert ist.

Die Werkschau will «neue Wege in der japanischen Architektur» aufzeigen. Das gelingt ihr auch in ihrer gegenüber der Alltagskultur unprätentiösen Herangehensweise. Sie zeichnet ein radikal anderes Bild vom Land der aufgehenden Sonne. Eines nach Fukushima und eines einer schnell alternden Bevölkerung – besonders auf dem Land. Nach 150 Jahren des stetigen Wachstums geht in Japan die Bevölkerung seit 2008 zurück. Gemäss einer Studie von 2018 stehen bereits über zehn Prozent der Gebäude leer. Die bestehenden welken Gebäude, die die Babyboomer-Generation hinterlässt, werden vielerorts einfach abgerissen.

«Akiya» werden solche leerstehenden Häuser genannt, die sich in den verfallenden Wohnvierteln an den Peripherien der Metropolen zeigen. Beim Bau, bei der Herstellung und Montage von Bauteilen wird «graue Energie» aufgewendet. Insbesondere angesichts der Ressourcenknappheit und Klimadiskussion darf diese nicht verschwendet werden.

Abkehr vom Hochglanz seit Fukushima

Die an der Basler Schau beteiligten Architekturbüros sind kaum bekannt. Es sind Klein- und Kleinstbüros, deren Inhaber erste Umbau-Aufträge nutzen, um ihre gestalterischen Ideen zu testen.

Die neue Generation von Architekten in Japan «behilft sich mit vorgefundenen Materialien und Räumen», so der Kurator der Schau, Yuma Shinohara, im Gespräch. Vom Bild des Architekten als alleinigen Autors eines Gebäudes kehren die jungen Japaner ab. Mit dem Bauherren, den Nutzern, Nachbarn und Handwerkern wollen sie stattdessen Kollektive gründen, die die Umbauten gemeinsam leisten und teilweise auch betreiben.

Die in Basel präsentierten «Gebäude jenseits des Wachstumsparadigmas» haben oft raue Ecken und Kanten, sie suchen eine «Verbindung mit allem, was sie umgibt und bewohnt», sagt Shinohara. Eine Hochglanz-Ästhetik ist ihnen fremd.

Das Unglück von Fukushima 2011 war eine Zäsur, die in Japan auch die Fragilität der Baukunst bewusst gemacht und zum Umdenken geführt hat. Im alternden Werftviertel von Osaka haben «dot architects» beispielsweise einen heruntergekommenen Klumpen von Altbauten liebevoll renoviert und zu einem Kulturzentrum namens «Chidori Bunka» umgestaltet, in dem sie selber jeden Freitagabend eine Sake-Bar betreiben. Denn ihre Renovation sehen sie nicht nur als Reaktion auf den Leerstand, sondern auch als «Rehabilitation der lokalen Gemeinschaft».

Mit Mehrzweckraum, Galerie und Geschäft ist das «Chidori Bunka» Teil des Alltags der Menschen geworden. Es ist «nur ein gewöhnliches Gebäude, geflickt und gestopft mit Tischler-Arbeiten», wie die Architekten sagen. Der Umbau war eine «Bastelarbeit mit Werkzeugen und Materialien, die in der Nachbarschaft verfügbar waren». Es gab endlose Erweiterungen und Veränderungen und nicht einmal einen Plan. Toshikatsu Lenari, einer der Gründer von «dot architects», hat das Tragwerk und die Geschichte und Kultur der Nachbarschaft genau studiert und beide Ansätze zur Grundlage seines behutsamen Low-Budget-Umbaus gemacht.

Neue Ära, auch für die Schweiz

Gebäude als «Rohstofflager» zu betrachten, ist ein Gedanke, der auch in der Schweiz derzeit umfassend diskutiert wird. Vorgefundene Materialien und Räume neu zu nutzen, das Bauen im Bestand und die Partizipation der Nutzer und Nachbarn passen gut in den Zeitgeist, der ganz auf ökologische und soziale Kreisläufe ausgerichtet ist. Die Suche nach Engagement, sagt Shinohara, ist löblich, und die Generation Renovation entwickelt selbst angesichts mondäner Bauaufgaben eine «Can do»-Attitude.

Architekturbüros lediglich als Nichtregierungs- oder Non-Profit-Organisationen und den Architekten als Aktivisten zu betrachten, stösst jedoch an Grenzen. Die Basler Ausstellung präsentiert einen eingeschränkten und auch tendenziösen Blick auf einen kleinen Teil der zeitgenössischen Architektur. Im postolympischen Tokio thront jetzt beispielsweise Yuko Nagayamas Kabukicho-Tower über Shinjuku. Er ist der höchste von einer japanischen Architektin entworfene Wolkenkratzer. Ein paar Bahnstationen weiter südlich wird Sumitomo das höchste Holzhochhaus der Welt bauen.

Ein vollständiges Porträt der neuen Generation japanischer Architekten leistet die Basler Schau also nicht, aber einen aufschlussreichen Blick auf eine Sub-Szene der Architektur als «arte povera» – einen harschen Reality-Check im fernöstlichen Schlaraffenland der Baukultur, der allen Klischees über Japans Architektur widerspricht.

[ Ausstellung im S AM Basel bis 12. März 2023; Publikation: «Make Do With Now: New Directions In Japanese Architecture». Christoph-Merian-Verlag, Englisch. ]

Neue Zürcher Zeitung, Di., 2022.12.27

09. Februar 2022Ulf Meyer
Neue Zürcher Zeitung

Daneben sah Albert Speers Pavillon für das «Dritte Reich» alt aus: Stalins Architekt wird neu entdeckt

Boris Iofan war eine Schlüsselfigur der Sowjetarchitektur – von den Ikonen Stalins bis zum Plattenbau.

Boris Iofan war eine Schlüsselfigur der Sowjetarchitektur – von den Ikonen Stalins bis zum Plattenbau.

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14. Januar 2022Ulf Meyer
Neue Zürcher Zeitung

Märchen zum Hineinspazieren: Im H. C. Andersen-Museum übersetzt Kengo Kuma bürgerliche Gesellschaftsskizzen in Baukunst

Andersens Erzählungen sind weder linear noch transparent. Japans führender Architekt baut einen Parcours für die Märchenwelt des berühmten dänischen Dichters.

Andersens Erzählungen sind weder linear noch transparent. Japans führender Architekt baut einen Parcours für die Märchenwelt des berühmten dänischen Dichters.

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Hans Christian Andersen Museum

14. Januar 2022Ulf Meyer
Neue Zürcher Zeitung

Ricardo Bofill baute Versailles für das Volk - aus Betonfertigteilen

Als prominenter Exponent der Postmoderne in der Architektur war der Spanier nicht überall beliebt. «Pueblos und Paläste sind meine Inspirationsquelle», sagte er über sich, und: «Meine Stil-Auffassungen sind Ergebnis meiner Reisen.»

Als prominenter Exponent der Postmoderne in der Architektur war der Spanier nicht überall beliebt. «Pueblos und Paläste sind meine Inspirationsquelle», sagte er über sich, und: «Meine Stil-Auffassungen sind Ergebnis meiner Reisen.»

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07. Januar 2022Ulf Meyer
Bauwelt

Das Scheitern des Metabolismus

Der Nakagin-Kapselturm, das bekann­teste Gebäude des japanischen Metabolismus, soll abgerissen werden.

Der Nakagin-Kapselturm, das bekann­teste Gebäude des japanischen Metabolismus, soll abgerissen werden.

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Bauwelt 2022|01 re-use

06. Dezember 2021Ulf Meyer
Neue Zürcher Zeitung

Aurelio Galfetti stellte sich dem Durcheinander der 1960er Jahre mit klaren Formen entgegen

Der Tessiner Architekt legte Linien durch die Landschaft und machte die Mauern des Castelgrande in Bellinzona neu erlebbar. Nun ist er 85-jährig gestorben.

Der Tessiner Architekt legte Linien durch die Landschaft und machte die Mauern des Castelgrande in Bellinzona neu erlebbar. Nun ist er 85-jährig gestorben.

Schon das Erstlingswerk von Aurelio Galfetti wurde als Beginn einer neuen, radikalen Tessiner Architektur bezeichnet: Seine Casa Rotalinti in Bellinzona von 1961 stellte sich mit ihrem Bezug zum italienischen Rationalismus dem Durcheinander von Formen und Ideen der sechziger Jahre entgegen. Der kubische Bau aus Sichtbeton lebt ganz vom Spiel von Volumen und Aushöhlungen.

Architekten wie Galfetti standen in Opposition zur Pop- und High-Tech-Architektur ihrer Zeit und wollten der kommerzialisierten Moderne etwas entgegensetzen. Der Architekturhistoriker Kenneth Frampton ordnete das schlichte Wohnhaus sogar als wichtigsten Einfluss der Tessiner Architektur, die er als exemplarisch für den von ihm als «kritischen Regionalismus» bezeichneten Stil empfand, ein.

Galfetti, geboren 1936 in Biasca, gilt neben Mario Botta, Flora Ruchat-Roncati, Luigi Snozzi, Rino Tami und Livio Vacchini als Hauptvertreter der Tessiner Schule. Nach einem Praktikum im Architekturbüro von Tita Carloni studierte er an der ETH Zürich Architektur, bevor er 1960 in seiner Heimatstadt Lugano sein eigenes Büro eröffnete. Galfetti konnte später im Leben seine architektonischen Positionen im Rahmen von Gastprofessuren in Lausanne und Paris weitergeben und als erster Direktor der Accademia di Architettura di Mendrisio festigen.

Mittelalterliche Mauern erlebbar gemacht

Sein Opus magnum, das Castelgrande in Bellinzona, vereint Galfettis schlichte Gesten mit seinem grossen Respekt für die Traditionen der Architektur. Die Transformation des Kastells (1983–1991) wird auch Bellinzonas Akropolis genannt. Das im 13. Jahrhundert erbaute Castelgrande ist die älteste und grösste Festung der Stadt. Es thront auf einem ausgehöhlten Felssockel aus Gneis, in den Galfetti aus Beton geschickt eine neue Erschliessung modellierte.

Seine Überzeugung war es, «durch Transformation die Geschichte zu vergegenwärtigen»: Er führte den Felsen auf seinen Urzustand zurück und befreite ihn von jeglichem Bewuchs. Die «Kontinuität von steinernen Mauern und Fels», so Galfetti, kam damit zum Vorschein und zeigt den ästhetischen Dialog der Natur und der von Menschenhand geschaffenen Altstadt, die ebenfalls aus Stein besteht.

Um Touristen den beschwerlichen Aufstieg zum Kastell zu ersparen, werden sie über einen Vorhof an der Piazza del Sole in die enger werdende Felsschlucht mit Aufzügen geführt. Ein mit feinstem Sichtbeton ausgekleideter Felsspalt wirkt wie eine Pforte des Hades – Formen und Massstab von Galfettis Eingängen sind an antike Gräber angelehnt. Den Hügel umgibt heute ein Stadtpark, der Fels unter dem Kastell fungiert als Sockel.

Galfetti war es untersagt, die Fassaden der historischen Bauten umzugestalten, also nutzte er die Mittel der Subtraktion: Spätestens beim Betreten des Haupteingangs offenbart sich Besuchern eine der wichtigsten modernen Raumschöpfungen im Tessin: Durch das Dach der kuppelartigen Eingangshalle bleibt die fragile Aussenmauer lesbar. Belichtet werden die Räume durch Fensterschlitze mit schrägen Laibungen. Beim Stadtmuseum im Ostflügel des Kastells gelang es ihm, einen eindrücklichen Parcours zu formen, der den Bezug zur Stadt und zur Landschaft verstärkt. Galfetti hat mit seiner Transformation des Castelgrande Qualitätsmassstäbe gesetzt, an denen sich die Tessiner Architektur bis heute messen lassen muss.

Ein 500 Meter-Gebäude verbindet Stadt und Landschaft

In seinen eigenen Worten kann «der Verlust der historischen Städte nur kompensiert werden durch den Bau von Gebäuden als Städten en miniature». Die von ihm propagierte Einflussnahme der Architektur auf die Stadtentwicklung, eine der grossen Errungenschaften der Postmoderne, hat hier ihre Wurzeln. Aus dieser Entwurfshaltung ergibt sich auch die Vielgestaltigkeit von Galfettis Bauten, die auf ganz unterschiedliche Kontexte reagieren.

Ein wichtiger Teil von Galfettis Laufbahn war die Bekanntschaft mit Flora Ruchat-Roncati, der prominentesten Vertreterin der sogenannten Tessiner Schule. Ruchat-Roncati, Galfetti und Ivo Trümpy realisierten zusammen Bauten im Tessin, die ausgehend vom Werk Le Corbusiers zum Ziel hatten, den jeweiligen Ort in die Region einzubinden. Das bekannteste Beispiel dieser Arbeiten ist das Bagno Publicco von Bellinzona, welches das Trio Ende der sechziger Jahre entwarf und das zu einem Schlüsselwerk der neuen Tessiner Architektur wurde: Die Bauten des Freibads durchziehen ihr Gelände axial und verbinden die peripheren, stadtseitigen Wohnquartiere mit dem Flussufer.

Das sechs Meter über dem Boden aufgeständerte, 500 Meter lange «Weg-Gebäude» verbindet die Stadt mit ihrem Fluss über eine Kantonsstrasse hinweg. Der Steg schafft zugleich eine neue Beziehung zwischen den Bergen und der Landschaft und organisiert das ganze Gelände neu. Die Stahlbeton-Fussgängerbrücke wirkt dabei städtisch, während der Liegebereich der Landschaft zugeordnet wurde. Einläufige Treppen verbinden die Promenade mit dem tiefer liegenden Freibad. Die «promenade architecturale» verankert die mal geometrisch, mal organisch geformten Bassins und die expressiven Betonplastiken des Sprungturms und der Rutschbahn in der flachen, durch Bäume und Berge gerahmten Flusslandschaft. Die lange Passerelle, das zentrale Element des Bads, bietet Aussichten und verschmilzt Gebäude und Landschaft.

Bellinzonas Bagno Publicco stellte die Zeichen der Zeit auf eine zeitgemässe, menschenfreundliche Architektur, entgegen der High-Tech-Euphorie der 1960er Jahre. Dass die Landschaft, zusammen mit der Geschichte und Erinnerung des Ortes, selbst bei kleinen Bauten die Hauptrolle behält, demonstrierte Galfetti am Castelgrande. Sein Werk steht sowohl für die Rückbesinnung auf baumeisterliche Tätigkeit und Handwerk im Kleinen als auch für Sensibilität gegenüber dem Städtebau im grossen Massstab und wirkt bis heute nach. Sein Sohn Michele Galfetti machte beim Tessiner Sender RSI, wo er angestellt ist, den Tod in der Nacht auf heute Montag bekannt.

Neue Zürcher Zeitung, Mo., 2021.12.06

02. November 2021Ulf Meyer
Neue Zürcher Zeitung

Paolo Portoghesis Kirchen und Moscheen erweiterten die Religion um die üppige Freude an der Form

Der eigenwillige italienische Architekt schöpft aus der Natur, aus der Geschichte und aus der Vorstellungskraft. Nun ist er 90 Jahre alt.

Der eigenwillige italienische Architekt schöpft aus der Natur, aus der Geschichte und aus der Vorstellungskraft. Nun ist er 90 Jahre alt.

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23. Juli 2021Ulf Meyer
Neue Zürcher Zeitung

Arata Isozakis Baukunst prägt Städte von Nara bis Katar. Sein Mantra: «Unsere Städte existieren nur für einen flüchtigen Moment»

Er gilt als der führende Intellektuelle unter den Architekten in Ostasien. Nun wird Arata Isozaki neunzig Jahre alt.

Er gilt als der führende Intellektuelle unter den Architekten in Ostasien. Nun wird Arata Isozaki neunzig Jahre alt.

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17. Mai 2021Ulf Meyer
Neue Zürcher Zeitung

Grün ist das neue Gold: Europas grösste Pflanzenfassade ist ein Öko-Statement vor allem für die Augen

Pflanzen an Bauwerken werden immer beliebter: Dachgärten und Fassadengrün gehören zur städtischen Dichte. Doch entscheidende Fragen bleiben oft ausgeblendet.

Pflanzen an Bauwerken werden immer beliebter: Dachgärten und Fassadengrün gehören zur städtischen Dichte. Doch entscheidende Fragen bleiben oft ausgeblendet.

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10. Dezember 2020Ulf Meyer
Neue Zürcher Zeitung

Sein Text «Ornament und Verbrechen» machte Adolf Loos berühmt, doch am Ende traf die Justiz ihn selbst

Vor 150 Jahren wurde der interessanteste Architektur-Polemiker der Moderne geboren. Bis zum unschönen Ende blieb Loos streitlustig.

Vor 150 Jahren wurde der interessanteste Architektur-Polemiker der Moderne geboren. Bis zum unschönen Ende blieb Loos streitlustig.

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01. Dezember 2020Ulf Meyer
Neue Zürcher Zeitung

Alte Hausrezepte geben der Architektur einen völlig neuen Geschmack

Primitiv und unvollendet dürfen die Häuser sein, solange sie nur keine Geisterstädte produzieren. Ihre Rückbesinnung auf die Traditionen machen die indische Architektin Anupama Kundoo zur Provokateurin.

Primitiv und unvollendet dürfen die Häuser sein, solange sie nur keine Geisterstädte produzieren. Ihre Rückbesinnung auf die Traditionen machen die indische Architektin Anupama Kundoo zur Provokateurin.

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29. August 2020Ulf Meyer
Der Standard

Haus der deutschen Flüchtlinge

Die Vorarlberger Architekten Marte Marte haben das Deutschlandhaus in Berlin zu einem politisch umstrittenen Zentrum erweitert. Das Gebäude ist nun fertiggestellt. Auf die erste Ausstellungseröffnung jedoch muss man noch bis Sommer 2021 warten.

Die Vorarlberger Architekten Marte Marte haben das Deutschlandhaus in Berlin zu einem politisch umstrittenen Zentrum erweitert. Das Gebäude ist nun fertiggestellt. Auf die erste Ausstellungseröffnung jedoch muss man noch bis Sommer 2021 warten.

Berlin ist eine von vielen deutschen Städten, in denen man an jeder zweiten Ecke auf das Werk österreichischer Architekten trifft. Das Spektrum reicht von Hans Hollein und Gustav Peichl über Klaus Kada und die Ortner-Brüder bis hin zu Baumschlager Eberle und Berger Parkkinen. Mitten im Corona-Lockdown wurde im Zentrum von Berlin ein weiteres Werk österreichischer Architekten seiner Nutzung übergeben. Das Büro Marte Marte aus Feldkirch hat das Deutschlandhaus in Kreuzberg zum durchaus pikanten „Dokumentationszentrum Flucht, Vertreibung, Versöhnung“ umgestaltet.

Das Projekt ist politisch umkämpft, denn das Thema der Vertreibung von Millionen von Deutschen aus ihrer Heimat ist bis heute nur im Ansatz bewältigt. Die Arbeit an gesellschaftlich-historisch kontroversen Projekten scheint reizvoll: Erst unlängst schrieben Marte Marte Schlagzeilen, als sie den Wettbewerb zum Umbau des Geburtshauses von Adolf Hitler in Braunau gewannen. Vor politisch brisanten Bauaufgaben schrecken die Vorarlberger Architekten also nicht zurück. Warum sollten sie auch?

Pflege der ostdeutschen Kultur

Der Berliner Neubau der Stiftung liegt hinter den denkmalgeschützten Fassaden des Deutschlandhauses. Das Haus mit dem hochtrabenden Namen am Askanischen Platz in Berlin-Kreuzberg wurde 1931 von Richard Bielenberg und Josef Moser gebaut und nach Kriegsschäden wiederhergestellt. Es wurde in der Ära Adenauer zur „Pflege der ostdeutschen Kultur“ bestimmt und einer Organisation der Heimatvertriebenen übergeben. Nach dem Mauerbau war es einer der ersten Anlaufpunkte für Flüchtlinge aus der DDR. Im Deutschlandhaus hatten die Landsmannschaften des Bundes der Vertriebenen ihre Büros – bis Ende 1999 ihre Förderung eingestellt wurde.

Beim Entkernen sind die Architekten an die Grenzen der konstruktiven Statik gekommen. Eine Lichtfuge trennt nun den Bestand von der Erweiterung für Dauer- und Wechselausstellungen. Im Mittelpunkt des Vorarlberger Beitrags zum Berliner Architekturpotpourri steht ein großer Saal mit zwei Fenstern, der derzeit noch mit einem Panoramablick auf das Zentrum von Berlin glänzt. Sobald jedoch die Ausstellung installiert und das Haus der Öffentlichkeit übergeben ist, wird er von schwarzen Vorhängen verschlossen. Dann muss der Raum mit seiner Betonästhetik ganz für sich allein wirken.

Vertriebene seit 1945

Die Gestaltung der Ausstellung übernimmt das versierte Atelier Brückner aus Stuttgart. Die Vorarlberger mussten also eine Black Box im wahrsten und übertragenden Sinne entwerfen und um eine Bibliothek, Veranstaltungsräume sowie einen sogenannten Raum der Stille ergänzen, der von Königs Architekten aus Köln gestaltet wird. „Das Zeitzeugenarchiv räumlich und gestalterisch in die Ausstellung einzubinden“, sagt Gundula Bavendamm, Historikerin und Direktorin des Hauses, „war uns besonders wichtig. Auf diese Weise können wir unser Zentrum zu einem Forum für Bildung und Vermittlung ausbauen.“

Die Ausstellung wird aus drei Teilen bestehen, die sich über zwei Etagen erstrecken. Die Themen umfassen Zwangsmigrationen in Europa, Flucht und Vertreibung der Deutschen im europäischen Kontext sowie Vertriebene und Flüchtlinge in Deutschland seit 1945. Direktorin Bavendamm subsumiert die drei Teilbereiche, wie sie es nennt, unter dem gemeinsamen Nenner der „Europäischen Geschichte der Zwangsmigration“. Zwänge bestimmen das Projekt in jedem Fall: Nach Querelen über die inhaltliche Ausrichtung des Zentrums und einigen Wechseln in der Kuratoriumsleitung, die zu diversen Verzögerungen im Projekt führten, soll das Museum nun im Sommer 2021 eröffnet werden. Dann liegt der österreichische Wettbewerbsgewinn genau zehn Jahre zurück.

Einer der Schwerpunkte des Projekts ist die Erschließung. Bernhard und Stefan Marte haben zwei imposante Treppen entworfen – eine breite Freitreppe und eine elegante Wendeltreppe. Schon seitdem Schinkel vor 200 Jahren in Berlin den Bautypus Museum erfunden hat, spielen die inszenierten Wege hinauf und hinein in ein Museum eine zentrale Rolle. Leider liegt die Haupttreppe bei Marte Marte im rechten Winkel zum Eingang. Diese unorganische Besucherführung ist einer Verlegung des Eingangs während des Umbaus geschuldet. Die monumentale Wendeltreppe führt dafür „fließend in den Betonzylinder, der die Etagen miteinander verbindet“, wie Stefan Marte sagt.

Die tausend Quadratmeter große Ausstellungshalle, die der Vorarlberger entworfen hat, birgt ein imposantes Tragwerk. Der Hauptraum wird von der gut 30 mal 30 Meter großen Sichtbetondecke überspannt, die nur an den drei Treppenhäusern und einem Aufzugsschacht in den Ecken aufgelagert ist – wie ein Tisch auf vier Beinen. „Schon im Wettbewerb zeigte sich, dass der Bestand des Deutschlandhauses als Ausstellungszentrum nicht funktionieren würde“, sagt Marte. „Wir wollten deshalb nur das Wertvollste herausschälen.“

Es ist kein Geheimnis, dass die Architekten die Ausstellung gerne selbst entworfen hätten, und zwar in Zusammenarbeit mit dem Ausstellungsgestalter HG Merz. „Unser liberales Ausstellungskonzept sah keine strenge Route vor, sondern eher viele unterschiedliche Quereinstiege in den Parcours“, sagt Stefan Marte. „Aber immerhin gibt es ein Happy End für den Hochbau, denn die Ausstellung ist vergänglich, die Zeit aber arbeitet für uns.“ Speziell die großen Panoramafenster und die schicke Wendeltreppe sollen laut Architekten auf jeden Fall frei und erlebbar bleiben.

Schlechtes Omen?

Die beiden Marte-Brüder sind dafür bekannt, nach einem skulpturalen Ausdruck in der Architektur sowie nach schweren, reduzierten Formen zu suchen. Das ist ihnen in Berlin meisterlich gelungen. Ebenso wichtig ist den Vorarlberger Architekten der Kontext ihrer Entwürfe. Das urbane Umfeld jedoch dürfte sich in Zukunft dramatisch verändern. Schon bald wird ein Ministeriumshochhaus nebenan die Fassaden des Berliner Dokumentationszentrums verdecken. Hoffentlich kein schlechtes Omen.

Der Standard, Sa., 2020.08.29



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26. April 2020Ulf Meyer
Neue Zürcher Zeitung

Wolkenkratzer aus Holz sind Landmarken, keine Brandfackeln

Mit Holz wird weltweit in die Höhe gebaut, denn dank neuesten Techniken sind Baumstämme genauso feuerfest wie tragstark.

Mit Holz wird weltweit in die Höhe gebaut, denn dank neuesten Techniken sind Baumstämme genauso feuerfest wie tragstark.

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01. Februar 2020Ulf Meyer
Der Standard

Gebautes Internet für Bilder und Welten

Der Neubau des Springer-Verlags ist nicht nur ein Fanal im Berliner Zeitungsviertel, sondern auch ein Denkmal für den Druck und den Strukturwandel im Verlagswesen. Der Entwurf stammt vom ehemaligen Journalisten Rem Koolhaas.

Der Neubau des Springer-Verlags ist nicht nur ein Fanal im Berliner Zeitungsviertel, sondern auch ein Denkmal für den Druck und den Strukturwandel im Verlagswesen. Der Entwurf stammt vom ehemaligen Journalisten Rem Koolhaas.

„Journalismus ist Quatschen auf dem Flur.“ Dieses Bonmot des Hamburger Verlegers Henri Nannen scheint beim Neubau der Axel-Springer-Verlags in Berlin-Kreuzberg in Architektur übersetzt worden zu sein. Eine Kommunikationslandschaft im Zentrum des Medienhauses solle das „Arbeiten vor dem Computer als gemeinschaftliche Unternehmung erfahrbar machen“, so der Architekt Rem Koolhaas.

Der niederländische Pritzkerpreisträger und Gründer des Büros Office for Metropolitan Architecture (OMA) gilt seit den 1980er-Jahren als Vordenker einer „Zweiten Moderne“. Die Funktion von Bauwerken als „sozialen Katalysatoren“ hatte er früh erkannt und benannt. Koolhaas gilt derzeit als Europas einflussreichster und international bekanntester Architekt. Die Springer-Gruppe hingegen ist besonders für Boulevardmedien wie die Bild- Zeitung bekannt, hat in über vierzig Ländern aber ein unentwirrbares Geflecht von Medien gesponnen, das von Online-Marktplätzen bis zu angesehenen Zeitschriften und Tageszeitungen reicht.

Die Zusammenarbeit war nicht ohne Stolpereien: Koolhaas musste seinen ursprünglichen Entwurf ändern. Im Vergleich zum Wettbewerbsentwurf von 2014 ist der ausgeführte Plan weniger provokativ: Aus Rücksicht auf Nachbarn wurden die oberen Etagen zurückgesetzt und abgeschrägt. Doch die offene Arbeitsatmosphäre im Berliner Neubau des Medienkonglomerats ist zum Glück unverändert geblieben. Sie ähnelt jener einer Medienwerkstatt.

Identität für digitale Medien

Überall gibt es Podeste und Sitzstufen, die nicht nur als Treffpunkte für den informellen Austausch, für spontane Kommunikation gedacht sind, sondern auch als Arbeitsplätze. Der Neubau versteht sich als „gebautes Internet“, der das Berliner Zeitungsviertel in der Friedrichstadt in die Zukunft katapultieren soll. Der Modernisierungsstress, der aufgrund der Digitalisierung auf Printmedien lastet, wird hier visualisiert und spürbar gemacht: In Zeiten sinkender Druckauflagen soll der kuriose Entwurf mit seinen statischen, konstruktiven Verrenkungen dabei helfen, eine neue architektonische Identität für digitale Medien zu formulieren.

Der konservativere Axel-Springer-Verlag setzt dabei auf OMAs Architektur, die das Feuilleton der hauseigenen Tageszeitung Die Welt jahrelang mit fast allen Mitteln bekämpft hat. Mit hierarchiearmen Großraumbüros für die Redaktionen möchte die Springer AG, die heute fast ausschließlich auf elektronische Medien fokussiert ist, ein bauliches Fanal im Quartier setzen. Der Neubau, eines der wohlgemerkt größten Verlagshäuser Europas, bietet 3500 Arbeitsplätze, Fernsehstudios und einen Newsroom für Die Welt . Die „Medienzentrale für das Internetzeitalter“, wie das Haus sich selbst bezeichnet, soll zeigen, wie die Nachrichtenbranche im digitalen Zeitalter tickt.

Zentrum des Bauwerks ist eine große, das ganze Gebäude durchdringende „Arbeitssphäre“, die von dem ehemaligen Mauerverlauf, der durch das Gebäude führt, zu einem riesigen 45 Meter hohen Atrium mit gefalteter Fassade führt, das „das Zusammenwachsen der beiden ehemaligen Stadthälften thematisiert“, so der Rotterdamer Avantgarde-Architekt. Die „Vereinzelung in der digitalen Arbeitswelt“ soll in dem Raum „zugunsten einer transparenten, vernetzten Arbeitsatmosphäre“ überwunden werden. Die Nord- und Südhälften des Gebäudes werden über Brücken verbunden, die aus dem Atrium einen abenteuerlichen, piranesihaften Raum machen.

Koolhaas, dessen Diplomarbeit einst die Berliner Mauer als Architektur betrachtete, hatte seine Karriere selbst als Journalist begonnen. So schließen sich für Koolhaas und seinen Bauherrn die Kreise.

Sozialisten ärgern

Die Fassaden sind teils poppig goldeloxiert analog zur benachbarten Hochhausfassade des alten, bestehenden Springer-Sitzes, teils grau getönt mit einem Aufdruck, der an Ludwig Mies van der Rohes Hochhaus an der Friedrichstraße erinnern soll. Elegant ist jedoch allein die facettierte Atriumfassade, die ein optisches Kaleidoskop kreiert und auf das Stammhaus blickt: Nur sechs Jahre nach dem Bau der Berliner Mauer verlegte Axel Springer 1967 den Hauptsitz seines Unternehmens von Hamburg nach Berlin. Sein goldenes Hochhaus direkt an der Mauer sollte die Sozialisten auf der anderen Seite der Mauer ärgern (das gelang auch) und den goldenen Westen und seine freie Presse symbolisieren. Heute liegt das Berliner Zeitungsviertel wieder im Zentrum der Stadt.

Der Berliner Neubau wurde samt Grundstück bereits vor Bezug an den norwegischen Staatsfonds verkauft – auch das ein Zeichen für den Strukturwandel im Verlagswesen. Während manche Redaktionsstuben in anonyme Gewerbegebiete am Stadtrand verfrachtet werden, wo sie ihr tristes Dasein als „Content-Provider“ fristen, wie beim Neubau der Süddeutschen Zeitung am Rand von München, wollen andere Zeitungshäuser sichtbar als metropolitane Nervenzentrale in der Innenstadt architektonisch zelebriert werden wie bei Renzo Pianos Hauptsitz der New York Times .

Verlage im Wandel

Berlin hat Glück: Auch der ideologische Gegner des Springer-Verlags, die linke Tageszeitung Taz , hat einen ambitionierten Neubau an der Friedrichstraße von E2A Architekten aus Zürich bauen lassen, während die neue Zentrale des Suhrkamp-Verlags von Roger Bundschuh einen intellektuellen wie architektonischen Glanzpunkt im hippen Bezirk Mitte setzt. Selbst die ehrwürdige Frankfurter Allgemeine Zeitung steht kurz vor einem Umzug in ein modernes Hochhaus von Eike Becker Architekten im neuen Frankfurter Europaviertel.

Auch österreichische Architekten sind bei den Neubauten von Medienhäusern aktiv: Erst vor wenigen Monaten stellte das Wiener Büro AllesWirdGut in Essen die Verlagszentrale der Funke Mediengruppe für rund tausend Mitarbeiter fertig – samt Café, Fitnessstudio und Kindertagesstätte. Und in Graz zeigte zuletzt das im Grundriss bananenförmige Hochhaus der Styria Media Group, entworfen vom Büro Architektur Consult, städtebauliches Selbstbewusstsein: Das Hochhaus mit 1200 Arbeitsplätzen ist als neues Tor zur Stadt gestaltet. Von der Skylobby, einem Konferenz- und Veranstaltungsraum, blickt man über die ganze Stadt.

In Berlin hat es sich Rem Koolhaas zur obersten Prämisse gemacht, die architektonische Funktion des Neubaus zu unterstreichen und auf diese Weise auf sich aufmerksam zu machen – und en passant die „Innovation und Kreativität“ der Mitarbeiter zu fördern. Das können Verlage angesichts des Strukturwandels ihrer Branche gut gebrauchen und in ambitionierten – oder vielleicht überambitionierten – Neubauten als Statement eines Medienriesen postulieren.

Der Standard, Sa., 2020.02.01

23. Januar 2020Ulf Meyer
Neue Zürcher Zeitung

Der Beton blüht, die Postmoderne welkt. Und dieser deutsche Pritzkerpreisträger wird 100 Jahre alt

Der Kölner Architekt Gottfried Böhm ist eine Legende. Der Schöpfer von Meisterwerken und Fehlschlägen wird heute hundert Jahre alt.

Der Kölner Architekt Gottfried Böhm ist eine Legende. Der Schöpfer von Meisterwerken und Fehlschlägen wird heute hundert Jahre alt.

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07. Dezember 2019Ulf Meyer
Neue Zürcher Zeitung

Ein Haus für 6500 Franken

Die mexikanische Architektin Tatiana Bilbao macht Furore mit einfachen Wohnbauten für Arme und Reiche. Sie zählt zu den wichtigsten zeitgenössischen Exponentinnen lateinamerikanischer Baukunst.

Die mexikanische Architektin Tatiana Bilbao macht Furore mit einfachen Wohnbauten für Arme und Reiche. Sie zählt zu den wichtigsten zeitgenössischen Exponentinnen lateinamerikanischer Baukunst.

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17. Mai 2019Ulf Meyer
Neue Zürcher Zeitung

Er baute die Louvre-Pyramide: Der Architekt I. M. Pei ist tot

Der chinesisch-amerikanische Architekt gehörte zu den Grössten seines Fachs. Der Pritzkerpreisträger von 1983 hat weltweit faszinierende Bauwerke errichtet. Nun ist er im Alter von 102 Jahren gestorben.

Der chinesisch-amerikanische Architekt gehörte zu den Grössten seines Fachs. Der Pritzkerpreisträger von 1983 hat weltweit faszinierende Bauwerke errichtet. Nun ist er im Alter von 102 Jahren gestorben.

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verknüpfte Akteure
Pei Ieoh Ming

15. Dezember 2018Ulf Meyer
Der Standard

Laser statt Leser

Finnland schenkt sich selbst eine aufsehenerregende Bibliothek zum 101. Geburtstag. Das neue Oodi in Helsinki ist in jeder Hinsicht eine Ode an den Bildungsbürger.

Finnland schenkt sich selbst eine aufsehenerregende Bibliothek zum 101. Geburtstag. Das neue Oodi in Helsinki ist in jeder Hinsicht eine Ode an den Bildungsbürger.

Solche Politikerbiografien gibt es wohl nur in Finnland: Claes Andersson brach seine Karriere als Chefarzt ab, um fortan als Lyriker und Jazzmusiker zu brillieren, und wurde bald darauf Kulturminister Finnlands. Auf ihn geht die Idee zurück, auf dem besten Baugrundstück in ganz Finnland, direkt gegenüber dem Nationalparlament und mitten im neuen Kulturviertel der Hauptstadt, eine riesige neue Bibliothek zu bauen. Klar ist: Der Neubau hat architektonisch und inhaltlich das Zeug, zu einem Impulsgeber im Bibliothekswesen zu werden.

Zum 101. Geburtstag der Republik Finnland ist die neue Oodi-Bibliothek eröffnet worden. Seitdem strömen Bürger und Gäste in Scharen in die neue Bücherei, den jüngsten Stolz der Hauptstadt. Das nordische Land gilt als Pisa-Meister, bibliophil und als die am flächendeckendsten „alphabetisierte und digitalisierte Nation der Welt“. Aber selbst in dieser bibliotheksverwöhnten Gesellschaft hat das Oodi das Zeug dazu, zum neuen GoldsStandard im öffentlichen Bibliothekswesen zu werden.

Das finnische Architekturbüro ALA hat dem Gebäude mit einem holzverkleideten Trichter als Rieseneingang seine unverwechselbare, elegante Form gegeben. Das Oodi liegt vis-à-vis dem Parlament am Kansalaistori. Die wichtigste Konzerthalle (Musiikktalo) und das beste Museum zeitgenössischer Kunst (Kiasma) in Finnland flankieren diesen Bürgerplatz.

Das Gebäude bietet mehr als 17.000 Quadratmeter Fläche, aber „nur“ 100.000 Bücher. Denn lange Reihen mit Bücherregalen nehmen nur das oberste der drei Geschoße ein – mit herrlichen Panoramablicken über die Innenstadt, die Finlandia-Halle und die Tölöö-Bucht. Der Neubau definiert seine Rolle als urbanen Wohnraum. Tonstudios, eine Küche, große und stets bevölkerte Spiel- und Leseareale für Kinder und der „Maker Space“ machen aus dem Oodi ein „Forum für Gedanken und Werke“, wie es heißt.

Die doppelt gekrümmten Fassaden haben ALA Architects schon bei ihrem Gesellenstück, dem Kilden-Theater in Kristiansand (Norwegen), eingesetzt. Der mit finnischer Fichte verkleidete, gedeckte Eingang formt in der Bibliotheksetage einen großen Stadtbalkon, von dem aus die Bürger auf Augenhöhe auf das Parlament schauen können.

Zahl der Ausleihen steigt

Die symbolische Geste soll zeigen, dass Bildung und Politik der finnischen Gesellschaft gleich wichtig sind. Etwa 98 Millionen Euro haben sich Stadt und Staat ihren Neubau kosten lassen, der ein Grundbedürfnis befriedigt: Die fünf Millionen Finnen haben im letzten Jahr 68 Millionen Bücher aus ihren Stadtbibliotheken getragen. Für seine Bibliotheken hat der finnische Staat etwa 57 Euro pro Kopf ausgegeben, ein Rekordwert. Trotz Digitalmedien und florierender Streamingdienste steigt die Anzahl ausgeliehener Bücher weiter.

Dass das Oodi-Gebäude eine raffinierte Brückenkonstruktion aus Stahl ist, verschweigt es architektonisch innen wie außen. Zwei mächtige Stahlträger spannen über hundert Meter, um das stützenfreie Foyer zu ermöglichen. In diesem langen, dünnen Raumkontinuum liegen nur ein Kino, ein Auditorium und ein Café. Im Stockwerk darüber, einem geometrisch heillos verwurstelten Zwischengeschoß, in dem das überkomplexe Tragwerk halbherzig versteckt wird, liegen die Studios, Arbeits- und Seminarräume.

Die Beletage aber ist das zweite und letzte Obergeschoß: Sie ist als Bücherlandschaft unter einem leichten, gleißend-weißen Bücherhimmel gestaltet. Hölzerne Böden kontrastieren mit der Putzdecke, die sich wie Cumuluswolken wölbt und durch runde Oberlichter Tageslicht auf die Leser herablässt. Die niedrigen Regale lassen die Blicke frei schweifen.

Im Grundriss ist die Bibliothek der konventionellste Teil des Neubaus. Rem Koolhaas’ Bibliothek in Seattle oder Sou Fujimotos Bücherei für die Musashino-Universität bei Tokio haben erfolgreicher versucht, aus dem Programm selbst Funken zu schlagen. Aber die Architekten des Oodi versuchten nicht, das Bucharchiv ihrer Bibliothek neu zu erfinden, sondern sie um diverse Funktionen anzureichern und so für zukünftige Generationen relevant zu halten.

Der kostenlose und niedrigschwellige Zugang zu neuen Technologien wie 3D-Druckern und Lasercuttern, aber auch zu Spielkonsolen und Nähmaschinen steht im Oodi im Zentrum des Geschehens. Auch Sportgeräte, Werkzeuge und Geschirr können in der modernen Multimediathek ausgeliehen werden.

Oodi soll lebenslanges Lernen, eine aktive Bürgerschaft und damit schlichtweg „Demokratie und Meinungsfreiheit“ unterstützen, wie ihre Bauherren es nennen. Auch das gute alte Buch hat im Oodi einen Hightechtouch bekommen: Alle Medien sind mit Radio-Frequenz-Identifikations-Tags ausgestattet, mit deren Hilfe Roboter sie im Haus bewegen und bei Bedarf wieder an ihren Regalplatz befördern können.

Für alle Bürger

Der Name „Oodi“ („Ode“) wurde in einem ebenso offenen Wettbewerb ermittelt wie der architektonische Entwurf selbst. Die gebaute Ode ist ein Lobgesang auf den Bildungseifer und die Digitalaffinität der nordischen Gesellschaft. Die Formfreude des Gebäudes sorgt dafür, dass es zum neuen Symbol der finnischen Kapitale werden kann. Oodi ist ein schon jetzt beliebtes „Stadthaus für alle Bürger“, denen es helfen soll, „sich in der Welt zurechtzufinden“, wie die Ambition des Hauses heißt – keine kleine Aufgabe.

Der neue Typus der hybriden Bibliothek ist auf halber Strecke zwischen Wissensspeicher und digitalem Coworking-Space für kreative Aktivitäten angesiedelt. Vielleicht müssen Bibliotheken Hightechmultimediastudios sein, um als Bautypus zu überleben? Den Charme des Neubaus macht dennoch die geschmackvolle Assemblage von Büchern, Regalen, Licht zu schönen Orten aus. Eine Bibliothek muss schließlich nach wie vor zweierlei leisten: das schnelle Auffinden von Titeln, die man sucht, und die Begegnung auf dem Weg dorthin mit Titeln, von denen man nie wusste, dass es sie überhaupt gibt.

Im Google-Zeitalter ist dies die entscheidende Qualität zeitgenössischer Bibliotheken: Wissen übersichtlich zu speichern, aber auch zu verknüpfen. Nur dann wird angesichts der Digitalisierung aller Lebensbereiche die Existenz von Bibliotheken nicht infrage gestellt. Vielleicht schätzt am Ende die Lesergeneration, die fast ausschließlich mit ortloser Information aufgewachsen ist, die Hardware von Bibliotheken wie Oodi, die nichts mehr sind als das – schöne Orte der Bücher.

Der Standard, Sa., 2018.12.15

02. November 2018Ulf Meyer
Neue Zürcher Zeitung

Der Architekt, der für seine halben Häuser bekannt wurde, geht inzwischen aufs Ganze

Der chilenische Architekt Alejandro Aravena erobert die Herzen der Europäer – ist er wirklich Pionier einer neuen Architekturauffassung?

Der chilenische Architekt Alejandro Aravena erobert die Herzen der Europäer – ist er wirklich Pionier einer neuen Architekturauffassung?

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09. April 2018Ulf Meyer
Neue Zürcher Zeitung

Er schuf das Wahrzeichen von Sidney

Wer kennt sie nicht: die kühnen, je nach Perspektive an Muscheln oder an geschwellte Segel erinnernden Dächer der Oper von Sidney. Entworfen hat sie der Däne Jørn Utzon, dessen 100. Geburtstag heute zu feiern ist.

Wer kennt sie nicht: die kühnen, je nach Perspektive an Muscheln oder an geschwellte Segel erinnernden Dächer der Oper von Sidney. Entworfen hat sie der Däne Jørn Utzon, dessen 100. Geburtstag heute zu feiern ist.

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18. März 2018Ulf Meyer
Neue Zürcher Zeitung

Gebauter Humor

Berlin verdankt Gustav Peichl zwei mütterliche Brustkuppeln, Österreich sendet Tag für Tag aus seinen Tortengebäuden. Heute wird der Architekt und Karikaturist Gustav Peichl neunzig Jahre alt.

Berlin verdankt Gustav Peichl zwei mütterliche Brustkuppeln, Österreich sendet Tag für Tag aus seinen Tortengebäuden. Heute wird der Architekt und Karikaturist Gustav Peichl neunzig Jahre alt.

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28. Dezember 2017Ulf Meyer
Neue Zürcher Zeitung

Das Anti-Trump-Haus in Liechtenstein

Ein neues Wohngebäude in Vaduz bewegt sich wie von Geisterhand und versorgt nicht nur seine eigenen Bewohner mit nachhaltiger Energie.

Ein neues Wohngebäude in Vaduz bewegt sich wie von Geisterhand und versorgt nicht nur seine eigenen Bewohner mit nachhaltiger Energie.

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29. Juni 2017Ulf Meyer
Neue Zürcher Zeitung

Vom Pult zur Ernte

Immer öfter werden Gebäude aussen begrünt. Nun gehen japanische Architekten einen Schritt weiter und überlassen grosse Flächen in und auf Bürohäusern der Landwirtschaft.

Immer öfter werden Gebäude aussen begrünt. Nun gehen japanische Architekten einen Schritt weiter und überlassen grosse Flächen in und auf Bürohäusern der Landwirtschaft.

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08. Juni 2017Ulf Meyer
Neue Zürcher Zeitung

Amerikas Architekt

Er lebte das Klischeebild des Baukünstlers. Vor 150 Jahren wurde Frank Lloyd Wright in Wisconsin geboren. Zu seinen Meisterwerken zählen die Präriehäuser genauso wie das Guggenheim Museum.

Er lebte das Klischeebild des Baukünstlers. Vor 150 Jahren wurde Frank Lloyd Wright in Wisconsin geboren. Zu seinen Meisterwerken zählen die Präriehäuser genauso wie das Guggenheim Museum.

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verknüpfte Akteure
Wright Frank Lloyd

02. Februar 2017Ulf Meyer
Neue Zürcher Zeitung

Eine Puppenstube für Kunst-Touristen

Voran in die Vergangenheit: Mit dem Museum Barberini findet Potsdam zurück zu seiner neu-alten Identität.

Voran in die Vergangenheit: Mit dem Museum Barberini findet Potsdam zurück zu seiner neu-alten Identität.

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20. April 2016Ulf Meyer
Neue Zürcher Zeitung

Entrückte Hochsicherheitsbauten

Die Anschläge von Paris und Brüssel zeigen, wie verwundbar Europas Städte sind. Neubauten der Nato und des Internationalen Strafgerichtshofs (ICC) reagieren auf Terrorgefahr und andere Bedrohungen.

Die Anschläge von Paris und Brüssel zeigen, wie verwundbar Europas Städte sind. Neubauten der Nato und des Internationalen Strafgerichtshofs (ICC) reagieren auf Terrorgefahr und andere Bedrohungen.

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14. Januar 2016Ulf Meyer
Neue Zürcher Zeitung

Die Wahl von Alejandro Aravena führt weg vom Stararchitekten-Kult

Die Hyatt-Stiftung zeichnet mit Alejandro Aravena einen Architekten aus, der über den Tellerrand von Prestige-Bauten hinausschaut und sich den Problemfeldern der grossen Metropolen annimmt.

Die Hyatt-Stiftung zeichnet mit Alejandro Aravena einen Architekten aus, der über den Tellerrand von Prestige-Bauten hinausschaut und sich den Problemfeldern der grossen Metropolen annimmt.

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09. Juni 2015Ulf Meyer
Neue Zürcher Zeitung

Klanggrotte aus Schaumblasen

Die taiwanische Millionenstadt Taichung will mit Architektur punkten. Auf der Basis eines Wettbewerbs von 2005 beauftragte sie den Japaner Toyo Ito mit dem Bau eines schaumartig geformten Opernhauses.

Die taiwanische Millionenstadt Taichung will mit Architektur punkten. Auf der Basis eines Wettbewerbs von 2005 beauftragte sie den Japaner Toyo Ito mit dem Bau eines schaumartig geformten Opernhauses.

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11. Februar 2015Ulf Meyer
Neue Zürcher Zeitung

Architektur muss funktionieren

Das Teien-Kunstmuseum in Tokio ist ein Gebäude, in dem sich die Geschichte des europäisch-japanischen Kulturaustauschs und des Aufstiegs des Militarismus widerspiegelt. Nun hat es der Fotokünstler und Architekt Hiroshi Sugimoto um einen sorgfältig geplanten Anbau ergänzt.

Das Teien-Kunstmuseum in Tokio ist ein Gebäude, in dem sich die Geschichte des europäisch-japanischen Kulturaustauschs und des Aufstiegs des Militarismus widerspiegelt. Nun hat es der Fotokünstler und Architekt Hiroshi Sugimoto um einen sorgfältig geplanten Anbau ergänzt.

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07. Februar 2015Ulf Meyer
Der Standard

Zwischen Räumen leben

Der Wohnbau in Japan schafft Wohnqualität auf wenigen Quadratmetern. Ein Wohnzimmer kann in flexiblen Raumkonzepten auch zur öffentlich zugänglichen Zone für jedermann werden.

Der Wohnbau in Japan schafft Wohnqualität auf wenigen Quadratmetern. Ein Wohnzimmer kann in flexiblen Raumkonzepten auch zur öffentlich zugänglichen Zone für jedermann werden.

Wozu besitzen, wenn man auch teilen kann? Ein Haus in Yokohama, Japans drittgrößter Stadt, macht das zwischenmenschliche, urbane Mitein- ander exemplarisch vor. Architekt Osamu Nishida hat mit seinem Kanagawa Apartment House ein Konglomerat aus privaten Hausteilen geschaffen, die sich rund um eine öffentliche Hausmitte gruppieren. In diesem frei zugänglichen Atrium wird gekocht, gegessen und gewohnt. Quasi mitten auf der Straße.

Um den zentralen Zwischenraum, „chanoma“ genannt, auch bei kühlem Wetter nutzbar zu halten, hat der Architekt Osamu Nishida dicke, durchsichtige Plastiklamellen, wie man sie aus Kühlhäusern kennt, einfach in die Öffnungen gehängt. Schlanke, weiße Stahltreppen führen frei durch den Raum und erschließen die privaten Schlaf- und Rückzugsräume im Obergeschoß. Auf diese Weise ist es gelungen, auf einem nur 140 Quadratmeter großen Grundstück ein ebenso großes Haus hinzustellen, ohne jedoch dabei die winzige Parzelle voll zu bebauen. In jedem Raum des schlohweißen Gebäudes gibt es Tageslicht.

Das Kanagawa Apartment House ist typisch für die zeitgenössische japanische Wohnbauszene, die aus Nöten Tugenden macht. Bauland ist kostbar in Japan, die Grundstücke sind klein und stets teurer als die Häuser, die darauf stehen. „Die matchboxgroßen Mikrohäuser stehen bisweilen auf Parzellen, die nicht größer sind als ein Parkplatz, und haben Schlafzimmer, die so groß sind wie ein Kleiderschrank, und Kleiderschränke, die so groß sind wie ein Koffer, und Miniküchen wie man sie aus U-Booten kennt“, sagt der in Tokio tätige Architekt Kengo Kuma. „Auf kleinstem Raum dennoch angenehme Orte entwerfen zu können, das haben wir Japaner in unserer DNA.“

Das Teehaus als Vorbild

Das Talent für das Kleine, so Kuma, entspringe aus der Tradition der „cha-shitsu“, der kleinen japanischen Teehäuser, die im Garten oft als Ausblickspunkt und Ort der inneren Einkehr gebaut werden. Die bonsaihafte Miniaturisierung und der Rückgriff auf das bauliche Erbe bringen auch wieder Wärme und Wohnlichkeit zurück in die zeitgenössische Architektur. Hinzu kommen Handwerkskunst und die Verwendung von angenehmen Materialien wie etwa Bambus, Holz oder Papier.

Trotz der extremen Bevölkerungsdichte hat sich in Japan bis heute die Tradition des Einfamilienhauses gehalten, denn die japanische Gesellschaft wird von einer breiten Mittelschicht geprägt, der sich fast alle Japaner zugehörig fühlen - und die legt großen Wert auf privaten Grund- und Immobilienbesitz. Und sei er noch so klein.

In Tokio können Häuser mitunter zwei Meter schmal sein. So viel beträgt in der Hauptstadt die zulässige Mindestbreite für Wohnhäuser. Der Raumqualität tut dies keinen Abbruch. Wenn es um Stauraum und platzsparende Einbaumöbel geht, dann werden japanische Entwerfer zu genialen Erfindern und schlagen aus widrigen Umständen gestalterische Funken.

Mobiles Mobiliar

Um Platz zu sparen, werden die Funktionen in den einzelnen Räumen einfach überlappt. Weiche, fließende Raumfolgen werden oft nur von beweglichen Paravents unterteilt. Kissen und zusammenfaltbare Möbel sind leicht zu verstauen und helfen, Platz zu sparen. Oft schläft die ganze Familie bis zum Schulalter der Kinder auf demselben Futon. Die öffentlichen Bäder, die sogenannten „sento“, machen eine große Badewanne daheim unnötig. Und wohnen tut man ohnedies auch auf der Straße, am Arbeitsplatz, im Restaurant, im Zug.

Einige Tricks helfen, die Räume größer erscheinen zu lassen, als sie sind: In schmalen, hohen Häusern wird die Treppe zum vertikalen Flur, der oft nur einen einzigen Raum pro Etage erschließt. Privatsphäre ist ein knappes Gut in Japan und bedarf oft nicht mehr als eines Sichtschutzes. Die dünnen Wände sparen zwar Platz, tragen aber auch zum Mangel an akustischer Privatsphäre bei. Fluide Räume und opake Materialien sind beliebt, weil sie Licht, aber keine neugierigen Blicke hineinlassen. Oft sind die Minihäuser nach innen orientiert, um einen kleinen Innenhof herum und schaffen so ihren eigenen Mikrokosmos.

Der Tokioter Architekt Takaharu Tezuka bringt den Trend zur Smallness auf den Punkt: „Westliche Architekten sprechen gerne von der wichtigen Rolle des Zwischenraums zwischen innen und außen. Unser Ansatz ist anders: Bei uns ist alles Zwischenraum“, sagt er. Ein Minihaus zu bauen sei durchaus erschwinglich geworden - und vor allem sinnfällig: Nur noch eine Minderheit der Haushalte in Japan sind Familien. Unverheiratete, Alleinerziehende und Senioren machen mittlerweile einen größeren Teil aus als je zuvor. Die geringe Geburtenrate und die hohe Lebenserwartung führen zu immer kleineren Haushalten.

Trend zm Kleinsthaus

Und so ist es nicht weiter verwunderlich, dass auch im dichtbesiedelten Mitteleuropa die einzigartigen räumlichen Lösungen aus Japan hoch im Kurs sind. Die Welt wird immer urbaner und somit auch der japanischen Ausgangslage für Baukunst immer vergleichbarer. Architekten im Land der aufgehenden Sonne entwickeln Ideen, die die Zukunft anderer Länder schon vorwegnehmen. Die historisch niedrigen Zinsen befeuern die Nachfrage nach kleinen Wohnhäusern derzeit. Die Lust am Bau eines Kleinsthauses mit innovativen Raumideen und minimalistischer Ästhetik ist eine internationale.

Das beste Beispiel für den neuen japanischen Umgang mit der eigenen Tradition ist das Haus „MoyaMoya“ in Higashi-Kurume. Architekt Fumihiko Sano hat das ganze Haus mit einem Schleier umgeben, der den weißen Kubus dahinter nur erahnen lässt. Das haushohe Netz aus Edelstahl verhüllt den Bau und schafft eine leichte, durchscheinende Grenze zur Umgebung.

Drinnen geht es traditioneller zu: Die Bauherrin nutzt das Haus nicht nur zum Wohnen, sondern auch als Nähwerkstatt für Kimonos. Deren strahlende Farben und Muster kommen vor den Beige-Töne der Innenräume und dem hellen Holz von Boden, Treppe und Mobiliar besonders gut zur Geltung. Das alles ist möglich, auch auf wenigen Quadratmetern.

Der Standard, Sa., 2015.02.07

20. November 2014Ulf Meyer
Neue Zürcher Zeitung

Bibliothek und Gericht

Zwei Basler Architekturbüros haben internationale Wettbewerbe in Jerusalem gewonnen. Herzog & de Meuron sollen die neue Nationalbibliothek und das Studio PEZ den neuen Jerusalemer Gerichtshof bauen.

Zwei Basler Architekturbüros haben internationale Wettbewerbe in Jerusalem gewonnen. Herzog & de Meuron sollen die neue Nationalbibliothek und das Studio PEZ den neuen Jerusalemer Gerichtshof bauen.

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09. Oktober 2014Ulf Meyer
Neue Zürcher Zeitung

Kultur der Kleinheit

Selbst im Zentrum von Tokio wohnt man in dicht aneinandergereihten Einfamilienhäusern. Junge Architekten entwickeln nun Kleinhäuser, die dank Hüllen und opaken Fenstern intime Räume bieten.

Selbst im Zentrum von Tokio wohnt man in dicht aneinandergereihten Einfamilienhäusern. Junge Architekten entwickeln nun Kleinhäuser, die dank Hüllen und opaken Fenstern intime Räume bieten.

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08. August 2014Ulf Meyer
Neue Zürcher Zeitung

Ideenschmiede mit Ausblick

Neben Charles Rennie Mackintoshs legendärem Gebäude der Glasgow School of Art, das unlängst durch einen Brand in die Schlagzeilen gekommen ist, hat der New Yorker Architekt Steven Holl einen Werkstattbau, das Reid Building, errichtet. Über das über alte Mauern sich erhebende Gebäude wird kontrovers diskutiert.

Neben Charles Rennie Mackintoshs legendärem Gebäude der Glasgow School of Art, das unlängst durch einen Brand in die Schlagzeilen gekommen ist, hat der New Yorker Architekt Steven Holl einen Werkstattbau, das Reid Building, errichtet. Über das über alte Mauern sich erhebende Gebäude wird kontrovers diskutiert.

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02. August 2014Ulf Meyer
Neue Zürcher Zeitung

Nicht nur für Reiche bauen

Er zählt zu den wichtigsten japanischen Architekten unserer Zeit: Shigeru Ban. Seine gerne als human und ökologisch gefeierten Hauptwerke hat er bis jetzt jedoch fast nur im Ausland realisieren können. Dieses Jahr ist sein vielseitiges Schaffen mit dem Pritzkerpreis für Architektur ausgezeichnet worden.

Er zählt zu den wichtigsten japanischen Architekten unserer Zeit: Shigeru Ban. Seine gerne als human und ökologisch gefeierten Hauptwerke hat er bis jetzt jedoch fast nur im Ausland realisieren können. Dieses Jahr ist sein vielseitiges Schaffen mit dem Pritzkerpreis für Architektur ausgezeichnet worden.

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verknüpfte Akteure
Ban Shigeru

28. Juni 2014Ulf Meyer
Neue Zürcher Zeitung

In welchem Stile wollen wir bauen?

Synagogen gelten als höchster Ausdruck jüdischer Architektur. Die Geschichte zeigt aber, dass die Synagogenarchitektur ähnlich wie der Kirchenbau bis heute wechselnden formalen Moden folgt.

Synagogen gelten als höchster Ausdruck jüdischer Architektur. Die Geschichte zeigt aber, dass die Synagogenarchitektur ähnlich wie der Kirchenbau bis heute wechselnden formalen Moden folgt.

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11. April 2014Ulf Meyer
Der Standard

Matador für große Kinder

Der japanische Architekt Shigeru Ban, Pritzker-Preis-Träger 2014, hat in Zürich ein Medienhaus gebaut - mit japanischer Zimmermannstradition. Ohne Schrauben, ohne Nägel, ohne Leim.

Der japanische Architekt Shigeru Ban, Pritzker-Preis-Träger 2014, hat in Zürich ein Medienhaus gebaut - mit japanischer Zimmermannstradition. Ohne Schrauben, ohne Nägel, ohne Leim.

„Journalismus ist Quatschen auf dem Flur.“ Dieses Bonmot von Henry Nannen, dem langjährigen Herausgeber und Chefredakteur des Stern, scheint beim Neubau der Tamedia-Gruppe eins zu eins in ein Gebäude übersetzt worden zu sein. Shigeru Ban, jener Japaner, der in der zeitgenössischen Architektur für die Verwendung von Papier und Pappe bekannt wurde, hat für die Zürcher Mediengruppe ein sensationelles Bürogebäude an der Sihl errichtet - und zwar komplett aus Holz. Nicht von ungefähr erinnert es an ein Matador-Haus Größe XXL.

„Die Mitarbeiter schätzen den Holzgeruch und die Helligkeit, die Offenheit und das Licht im Gebäude“, sagt Pietro Supino, Leiter des Tamedia-Konzerns. Von außen jedoch wirkt das Bürohaus nicht unbedingt wie das Werk eines international anerkannten Stararchitekten. In Höhe und Volumen entspricht es der üblichen Blockrandbebauung und respektiert damit die städtebaulichen, nicht sonderlich aufregenden Eigenheiten des Quartiers.

Seine Einzigartigkeit offenbart es erst beim Eintreten: Die unverkleidete, tragende Holzkonstruktion prägt das Ambiente und umfasst große, zusammenhängende Büroflächen, die viel Platz für das für Journalisten so unerlässliche schnelle Gespräch unter Kollegen bieten, für den sogenannten „Flurfunk“. Das Ziel war, den Redakteuren und Mitarbeitern attraktive Arbeitsplätze mit „Chalet-Flair“ zu bieten, wobei ein Chalet in der Schweiz jene traditionelle alpine Holzhütte bezeichnet, die bei uns gerne auch „Lederhose“ genannt wird - und das mit Direktauftrag und zu nicht höheren Baukosten als für ein Bürohaus üblich.

Obwohl Ban aus dem fernen Tokio stammt und heute hauptsächlich in Paris lebt, ist der Neubau dennoch „typisch schweizerisch“. In Japan wäre dieses Haus weder technisch möglich noch juristisch genehmigungsfähig gewesen. Nur „weil das deutschsprachige Europa die höchstentwickelte Holzbaukultur der Welt hat“, sei das radikale Konzept umsetzbar gewesen, so Ban.

Die Konstruktion kommt gänzlich ohne Stahlbauteile aus und besteht aus vorfabrizierten, millimetergenau CNC-gefrästen Holzfertigteil-Elementen. Das gesamte Holz - 2000 Kubikmeter Fichte - stammt aus der Steiermark. In Zürich wurden die Bauteile in japanischer Zimmermannstradition schließlich ineinander verzahnt und zusammengesetzt. Die strengen Brandschutzvorschriften waren nur einzuhalten, weil Stützen und Träger größer dimensioniert wurden als nötig. Im Brandfall kann die verkohlte Außenschicht den Kern des Tragwerks effektiv schützen. Etwa 50 Millionen Franken (rund 41 Millionen Euro) ließ sich der Bauherr seinen Neubau kosten.

Hell und freundlich

Die vollflächige Glasfassade macht die ungewöhnliche Konstruktion transparent und sorgt zugleich für helle und freundliche Innenräume. Eine drei Meter tiefe Doppelfassade auf der Sihlseite, die vor allem als Klimapuffer dient und bei der natürlichen Ventilation des Hauses behilflich ist, bietet Raum für Lounges und Besprechungsräume (siehe großes Foto). Teilweise reichen diese informellen Arbeitsbereiche über zwei Geschoße. Kaskadentreppen schaffen kurze, innerbetriebliche Verbindungen.

Der neue Redaktionssitz der Tamedia bietet auf 8900 Quadratmetern Platz für insgesamt 480 Mitarbeiter und zeigt, dass im modernen Holzbau Techniken herangereift sind, die in den Händen innovationsfreudiger Architekten, Ingenieure und Holzbauer zu einer Wiederentdeckung des Holzbaus für große, innerstädtische Häuser führen. Schließlich ist Holz nicht nur ein nachwachsender und somit auch umweltfreundlicher Baustoff, der derzeit eine Renaissance erlebt. Viel mehr noch ist es in puncto Aussehen, Geruch und Haptik ein Material, das Menschen anzieht.

Der 1957 in Tokio geborene Ban hatte in New York und Los Angeles Architektur studiert, bevor er sich in Tokio selbstständig machte. Seine Karriere begann bald darauf mit dem Bau einer kleinen katholischen Kirche aus Pappröhren. Sie diente den Vietnamesen in der japanischen Hafenstadt Kobe, die beim verheerenden Hanshin-Erdbeben ihr Gemeindegebäude verloren hatten, als temporärer Ersatz. Bans Baukunst ist für ihre Eleganz und Innovation bekannt, aber auch für soziales Engagement: Besonders seine Entwürfe für Notunterkünfte aus Pappröhren für Bürgerkriegs- oder Erdbebenopfer kamen im Rahmen von Hilfsaktionen in Krisengebieten nach Bürgerkriegen oder Naturkatastrophen in der Türkei, in Neuseeland und in Japan zum Einsatz. In Ruanda hat er im Auftrag der United Nations High Commission on Refugees sogar Notunterkünfte für Flüchtlinge entworfen.

Billig und einfach

Aus Sperrholz, Karton und Textilien entwirft Ban geschickt temporäre Bauten, die leicht, billig und einfach zu bauen sind und dennoch ästhetischen Wert behalten. „Menschen sterben nicht wegen Erdbeben, sondern wegen einstürzender Gebäude“, sagt Shigeru Ban und kritisiert zugleich seine Architekturkollegen, die lieber „für Privilegierte arbeiten als temporäre Unterkünfte für Menschen zu entwerfen“.

In Europa bekannt wurde Ban mit seinem Japanischen Pavillon auf der Expo 2000 in Hannover. Die Halle bestand aus Pappröhren. Erneuert wurde die Aufmerksamkeit vor drei Jahren, als in Metz in Frankreich das Centre Pompidou II eröffnet wurde. Die Form der Kunsthalle mit wellenförmigem Dach ist von chinesischen, aus Reisstroh geflochtenen Hüten inspiriert.

Und nun Holz. In japanischer Tradition. Ohne Schrauben, ohne Nägel, ohne Lehm. Dass der mit 100.000 US-Dollar dotierte Pritzker-Preis 2014, wie kürzlich bekannt wurde, ausgerechnet an jenen „humanen und ökologischen“ Architekten vergeben wird, der auch den neuen Sitz der Tamedia-Gruppe plante, freut die Redaktion insbesondere. „Die Auszeichnung Bans mit dem Pritzker-Preis macht uns stolz und hat vielen Mitarbeitern bewusst gemacht, in was für einem außergewöhnlichen Gebäude sie arbeiten“, sagt Tamedia-Chef Pietro Supino mit einem bauherrlichen Lächeln auf seinen Lippen.

Der Standard, Fr., 2014.04.11

25. März 2014Ulf Meyer
Neue Zürcher Zeitung

Karton und Holz

In der traditionellen japanischen Architektur bestehen die Wände aus Papier. Das Motiv der Shoji hat der japanische Architekt Shigeru Ban erfolgreich für...

In der traditionellen japanischen Architektur bestehen die Wände aus Papier. Das Motiv der Shoji hat der japanische Architekt Shigeru Ban erfolgreich für...

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Ban Shigeru

06. März 2014Ulf Meyer
Neue Zürcher Zeitung

Klein-Manhattan an der Donau

Wie eine riesige, schwarze Stele steht Dominique Perraults «DC Tower» an der Donau in Wien. Klarheit und Abstraktion prägen das höchste Haus Österreichs. An der Aufgabe, die Donau-City zum Leben zu erwecken, scheitert es jedoch.

Wie eine riesige, schwarze Stele steht Dominique Perraults «DC Tower» an der Donau in Wien. Klarheit und Abstraktion prägen das höchste Haus Österreichs. An der Aufgabe, die Donau-City zum Leben zu erwecken, scheitert es jedoch.

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29. Oktober 2013Ulf Meyer
Neue Zürcher Zeitung

Das Unsichtbare sichtbar machen

Mit dem immateriell wirkenden Turm der Winde, der vielen wie eine Vorwegnahme der Architektur des 21. Jahrhunderts erschien, wurde Toyo Ito 1986 berühmt. Heute aber sind ihm Stärke, Präsenz und Intensität wichtiger als ephemere Transparenz und ätherische Leichtigkeit.

Mit dem immateriell wirkenden Turm der Winde, der vielen wie eine Vorwegnahme der Architektur des 21. Jahrhunderts erschien, wurde Toyo Ito 1986 berühmt. Heute aber sind ihm Stärke, Präsenz und Intensität wichtiger als ephemere Transparenz und ätherische Leichtigkeit.

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20. Juli 2013Ulf Meyer
Neue Zürcher Zeitung

«Très difficile»

Das Architekturbüro Herzog & de Meuron feiert weltweit Erfolge. Ausgerechnet um die Basler Projekte aber gab es jüngst einigen Wirbel: Die Messehalle und der Roche-Turm werden wegen ihrer städtebaulichen Dominanz kritisiert. Über das Bauen im eigenen Land und vieles mehr sprach Ulf Meyer mit Jacques Herzog.

Das Architekturbüro Herzog & de Meuron feiert weltweit Erfolge. Ausgerechnet um die Basler Projekte aber gab es jüngst einigen Wirbel: Die Messehalle und der Roche-Turm werden wegen ihrer städtebaulichen Dominanz kritisiert. Über das Bauen im eigenen Land und vieles mehr sprach Ulf Meyer mit Jacques Herzog.

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05. Juli 2013Ulf Meyer
Neue Zürcher Zeitung

Champagner ja, Beton nein

Die brutalistische Architektur der sechziger Jahre ist verhasst. Das bekommen die Bauten des Amerikaners Paul Rudolph (1918–1997) zu spüren. Eine New Yorker Stiftung versucht nun, sein bereits stark dezimiertes Œuvre zu retten.

Die brutalistische Architektur der sechziger Jahre ist verhasst. Das bekommen die Bauten des Amerikaners Paul Rudolph (1918–1997) zu spüren. Eine New Yorker Stiftung versucht nun, sein bereits stark dezimiertes Œuvre zu retten.

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27. Juni 2013Ulf Meyer
Neue Zürcher Zeitung

Begehbare Architekturlandschaft

Ausgerechnet im einsamen Mittelnorwegen findet alljährlich eines der grössten Jazzfestivals Europas statt: Wenn sich im Juli Jazzer aus aller Welt im Städtchen...

Ausgerechnet im einsamen Mittelnorwegen findet alljährlich eines der grössten Jazzfestivals Europas statt: Wenn sich im Juli Jazzer aus aller Welt im Städtchen...

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08. April 2013Ulf Meyer
db

Eine Reise auf dem Pfad zum Himmel

Krematorien sind meist ungeliebte Nachbarn. Das ist in Korea nicht anders als in Europa. Der Seoul Memorial Park, das größte Krematorium der Mega-Stadt Seoul, eine gigantische »Einäscherungs-Maschine«, duckt sich daher wie ein Werk der Land-Art in sein Grundstück am Rande der Stadt. Räumlich eindrücklich führt die Architektur die Trauernden entlang einer symbolischen Reise.

Krematorien sind meist ungeliebte Nachbarn. Das ist in Korea nicht anders als in Europa. Der Seoul Memorial Park, das größte Krematorium der Mega-Stadt Seoul, eine gigantische »Einäscherungs-Maschine«, duckt sich daher wie ein Werk der Land-Art in sein Grundstück am Rande der Stadt. Räumlich eindrücklich führt die Architektur die Trauernden entlang einer symbolischen Reise.

Inzwischen gibt es in Südkorea mehr Christen als Buddhisten; die Mehrheit der Gesamtbevölkerung bezeichnet sich in Umfragen jedoch als nicht-religiös. Die Feuerbestattung ist in Korea weit verbreitet und hat in einer Mega-City wie Seoul, die mit ihren 24 Mio. Einwohnern im Großraum als zweitgrößte Stadt der Welt gilt, auch ganz handfeste praktische Vorteile: Die Metropole platzt aus allen Nähten und Flächen für Friedhöfe sind entsprechend rar und teuer.

Architektur des Trostes

Das neue Groß-Krematorium mit dem euphemistischen Namen »Seoul Memorial Park« liegt am Rande der Stadt auf einem Hanggrundstück. Um die Schönheit der umgebenden Natur und die Blickbeziehungen von den Wanderwegen der Woo-myung-Berge am Fuße des 600 m hohen Cheonggyesan-Berges auf die Stadt nicht zu stark zu stören, haben die Architekten vom Büro Haeahn das Gebäude in den Hang geschmiegt, ja gegraben. Mit ihrem Entwurf hatten sie sich 2009 bei einem Wettbewerb durchgesetzt. Die Dächer sind wie Blütenblätter um das leere Zentrum herum arrangiert und begrünt, um das Gebäude so unauffällig wie möglich zu gestalten. Es soll nicht als Objekt, als Fremdkörper auf dem Terrain wahrgenommen werden, sondern wie eine Skulptur mit fließenden Formen, die in die Topografie eingebettet ist. Die niedrigen Fassaden bestehen aus Granit, Terracotta und Titan-Zink, sind jedoch im landschaftlichen Zusammenhang kaum auszumachen. Dennoch muss, wie das Gebäude beweist, solch städtebauliches Understatement nicht zwangsläufig zu einer »schwachen« oder »weichen« Architektur führen. Ganz im Gegenteil. Die Innenräume haben einen starken Ausdruck und folgen geschickt einer räumlichen Dramaturgie, die eine »promenade architecturale« beschreibt, die nicht weniger als das Leben selbst symbolisiert. Arrangiert um einen großen, zentralen Innenhof – der mit einer Wasserfläche über schwarzem Stein, einer Blüten-Skulptur und Vegetation das Leben darstellt – führt der »Pfad zum Himmel« gegen den Uhrzeigersinn von Station zu Station über beide Etagen des Hauses. Das Regenwasser, das am Hang anfällt, wird in einem zentralen Becken gesammelt und dient als Spiegelfläche.

Warten auf die Asche der Verstorbenen

Die Zufahrt zum Gebäude von Norden, vom Bezirk Seocho-gu aus, gleicht dem Aufbau, wie man ihn aus englischen Landschaftsgärten kennt. Mit jeder Kurve und Wendung des Wegs gibt das Gebäude ein kleines Stück mehr von sich preis und »schält« sich so visuell aus der umgebenden Topografie heraus. Die Zuwegung erfolgt entlang verschiedener ökologisch gestalteter Gärten, die »zu Meditation und Gedenken einladen sollen«, so die Architekten, und auf die Trauerfeier einstimmen sollen. Trauernde Familien und Hinterbliebene reisen meist in einem Van – zusammen mit dem Sarg – an und gelangen, geschützt durch ein großes Vordach, in den »Gedenk-Park«. Am Eingang empfängt sie eine Kunstgalerie für kleine Ausstellungen. Die Angehörigen begleiten den Sarg bis zur Kremation und – anders als in Europa – warten dann darauf, dass Ihnen die Asche in einer Urne in einem besonderen Übergabe-Raum ausgehändigt wird. Einhüftige breite Gänge führen die Trauergemeinde von Station zu Station. Die Seite des Flurs, die zum Innenhof weist, ist als Ganzglas-Vorhangfassade ausgebildet. Die Flure und Räume in diesem Bereich des Krematoriums sind mit Natursteinplatten aus poliertem Marmor bekleidet, die den Schall gut reflektieren und das Weinen und Wimmern von Hinterbliebenen durch das ganze Haus tragen. Das wird nicht als penetrant empfunden, sondern als Zeichen aufrichtiger Trauer. Der Klageruf »Eigo, Eigo« wird oft und lange, wie ein Mantra gemurmelt.

Farblich sind die Räume unaufdringlich, fast neutral gestaltet; sie wirken feierlich-ernst. Oberlichter bringen Tageslicht in die Räume und machen sie hell und freundlich. Die Raumhöhen wachsen zum Raum der Übergabe an die eigentliche Kremation hin auf das Doppelte an. Hier findet der Abschied vom Körper des Verstorbenen statt. Im OG warten die Angehörigen in einem Warteraum mit Sitzgelegenheiten, bis auf einem Monitor der Name des Verstorbenen erscheint und seine Asche abholbereit ist.

Im Garten der Stille

Das Paradies ist ein Garten und kein Gebäude. Der Klimax der letzten Reise führt deshalb in einen »hortus conclusus«. Mit der Urne in der Hand führt der mäandrierende Pfad die Hinterbliebenen aus dem Gebäude hinaus durch einen Garten zu einem geschützten, steinernen Aschegefäß unter freiem Himmel mit Blick in die Weite und auf die Ausläufer Seouls. Die Gärten sind so gestaltet, dass sie zu den verschiedenen Jahreszeiten ganz unterschiedlich wirken, um den Fortlauf der Zeit und somit Erneuerung zu symbolisieren. Der Pfad und die räumliche Sequenz, die er beschreibt, markiert die Stationen des Abschieds und des Loslassens. Er gleicht einer Prozession. Die Reise des Lebens endet symbolisch in einem friedlichen und natürlichen Rahmen. Natur und Gebäude gehen ebenso nahtlos ineinander über, wie die Reise vom Leben zum Tod. Dieses Narrativ wird durch die fluide Formensprache des Entwurfs erreicht, die Orte der Reflexion, der Trauer und des Trostes entlang des Weges anbietet. Deswegen wurden für Böden und Wände reflektierende Materialien verwendet. Bei der Trauerfeier kleiden sich die Frauen meist in Weiß, die Männer in Schwarz. Der Tote selbst ist nicht mehr zu sehen: In Korea werden Verstorbenen die Augen geschlossen, der Leichnam gründlich gewaschen und in Hanf gewickelt. In den Mund gibt man etwas Reis als letzte Speisung.

Eine sensible Maschine

Bauherr des 18 000 m² großen Krematoriums ist die Stadt Seoul. Wegen der anfänglichen Widerstände der Anwohner vergingen von der ersten Planung bis zur Einweihung 14 lange Jahre, während derer in Seoul eine Krematoriums-Krise ausgerufen wurde. Um Umweltverschmutzung und Energieverbrauch in der Anlage möglichst gering zu halten, wurden umweltfreundliche Double-Casing-Öfen eingebaut, die doppelte Hüllen haben. Die elf Verbrennungsöfen erlauben 65 Einäscherungen am Tag. Es sind also meist mehrere trauernde Familien gleichzeitig im Haus. Die Öfen nutzen die moderne Counter-Flow Combustion-Methode, bei der sich die Re-combustion unter dem Hauptverbrennungspfad befindet und Materie während der vier Verbrennungsstufen von oben nach unten geführt wird. Die Anlage ist komplett rauch- und geruchsfrei. Eine neu entwickelte Software erlaubt es, den Trauernden einen One-Stop-Service anzubieten, wie die Stadt stolz vermeldet: In ein automatisiertes Software-System geben die Hinterbliebenen ihre Wünsche für die Kremation und Feier ein und alle Prozeduren und Zeitfenster werden dann effizient computergesteuert.

Der Seoul Memorial Park ist das erste urbane Krematorium in Korea und ein städtebaulich gut versteckter Koloss. Architektonisch überzeugt er durch eine Symbolik, die reich, aber nicht aufdringlich ist und Raum für individuelle Geschmäcker und Gefühle lässt. Das Gebäude ist sensibel gestaltet und zugleich auch eine moderne Hi-Tech-Maschine in einer der größten Städte der Welt.

db, Mo., 2013.04.08



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30. März 2013Ulf Meyer
Neue Zürcher Zeitung

Meister der geometrischen Präzision

Aus einfachen Verhältnissen stammend, ist Mario Botta zu einem der bekanntesten zeitgenössischen Architekten aufgestiegen. Seine Werke sind auf drei Kontinenten zu bewundern. Am 1. April kann der Tessiner seinen 70. Geburtstag feiern.

Aus einfachen Verhältnissen stammend, ist Mario Botta zu einem der bekanntesten zeitgenössischen Architekten aufgestiegen. Seine Werke sind auf drei Kontinenten zu bewundern. Am 1. April kann der Tessiner seinen 70. Geburtstag feiern.

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28. August 2007Ulf Meyer
Neue Zürcher Zeitung

Baukünstlerischer Theaterdonner

Die kleine Stadt Akron in Ohio sorgt seit neustem mit der exzentrischen Erweiterung ihres Kunstmuseums für Aufmerksamkeit. Entworfen wurde der Bau vom Wiener Büro Coop Himmelb(l)au.

Die kleine Stadt Akron in Ohio sorgt seit neustem mit der exzentrischen Erweiterung ihres Kunstmuseums für Aufmerksamkeit. Entworfen wurde der Bau vom Wiener Büro Coop Himmelb(l)au.

Wegen seiner Durchschnittlichkeit gilt Ohio als der amerikanische Gliedstaat, dessen politische Entscheide die Meinung im ganzen Land spiegeln. Schon nicht mehr Hinterland der Ostküste und noch nicht Mittelwesten, hat sich Ohio in den letzten Jahren nicht nur als gültiges Politbarometer erwiesen, sondern auch als fruchtbarer Boden für dekonstruktivistische Architektur aus aller Welt: Mehrere Hauptexponenten dieser Strömung sind in Ohio mit wichtigen Werken vertreten: Peter Eisenman in Columbus, Zaha Hadid in Cincinnati und Frank Gehry in Cleveland. Das Wiener Architekturbüro Coop Himmelb(l)au fehlte bisher in dieser Sammlung. Diese Lücke konnte nun vor wenigen Tagen mit der Eröffnung des neue Akron Museum of Art geschlossen werden. Bei diesem Gebäude, welches das bestehende Kunstmuseum der kleinen, jüngst zur «All-American City» erkorenen Industriestadt Akron erweitert, handelt es sich um das erste Werk von Coop Himmelb(l)au in den USA.

Dramatische Inszenierung

Die 1922 gegründete Institution bezog 1981 den liebenswerten Klinkerbau des 1899 eröffneten ehemaligen Postamts, wo es allerdings nur einen Bruchteil der über 3000 Werke seiner Sammlung zeigen konnte. Deshalb träumte Mitchell Kahan, der Direktor des Museums, seit Jahren von einem Neubau für die fotografischen Schätze sowie die Bestände an moderner und zeitgenössischer Kunst mit Schwergewicht auf dem regionalen Schaffen. Im Rahmen eines Wettbewerbs unter drei europäischen Architekturbüros entschied man sich für das Projekt von Coop Himmelb(l)au. Die Architekten schlugen eine physische und metaphorische Öffnung des Museums zur Stadt hin vor und entwarfen dazu ein grosses, gläsernes Foyer, das teilweise in den Altbau integriert und aufwendig gefaltet wurde. Die Galerien hingegen sind in einem schlichten Kubus untergebracht, der mit Aluminiumplatten verkleidet ist und zur Strasse hin 15 Meter weit auskragt.

Die Idee, ein Kunstmuseum so zu gestalten, dass es auch Besucher anzieht, die sich weniger für seinen Inhalt als für seine formale Erscheinung interessieren, ist in Amerika seit I. M. Peis Ostflügel der Nationalgalerie in Washington immer wieder – und mit unterschiedlichem Erfolg – verwirklicht worden. Buchladen, Café und der Raum, in dem sich die vermögenden Spender selbst feiern, sind dabei oft wichtiger als die «langweiligen Galerien» für die Kunst. Das einst als Schatzhaus wahrgenommene Kunstmuseum wandelt sich so immer mehr zum öffentlichen Ort für Leute, die sich vergnügen wollen.

Wie schon 1998 bei seinem UFA-Kino in Dresden trennt Coop Himmelb(l)au die Begegnungszonen streng von den Ausstellungssälen. Während sich die Räume für neuere Werke und Wechselausstellungen in einer Silberbox ohne Tageslicht befinden, wird im Altbau die Kunst von 1850 bis 1950 gezeigt. Wie bei ihrem derzeit kontrovers diskutierten Entwurf für die Europäische Zentralbank in Frankfurt am Main gingen die Architekten auch in Akron mit dem Altbau recht ruppig um und sägten ihn einfach an. Architektonische Funken schlägt der Entwurf allein im gläsernen Foyer, dem dramatisch in Szene gesetzten «Kristall». Mit der Zweiteilung in eine formal aufgeregte Lobby und einen Ausstellungsbereich, der ausschliesslich der Kunst dienen will, versucht sich Coop Himmelb(l)au von einer Tendenz abzusetzen, die mit spektakulärer Architektur die Kunst zu übertönen sucht, wie dies jüngst wieder bei Daniel Libeskinds Erweiterung des Kunstmuseums von Denver geschehen ist.

Die wilden, unkontrollierten Geometrien des Foyers führen unweigerlich zu unschön zusammengefügten Baudetails. Eine plumpe Betontreppe führt hinauf zu den Galerien und will doch «wie die Carceri von Piranesi wirken». Auch die grobe Glasfassade ist letztlich konventionell und dürfte mit der Zeit nicht schöner werden. Der Neubau bietet zwar viele aufregende Ansichten, aber keine haptischen Qualitäten: Sichtbeton trifft auf grauen Stahl und Aluminium, es gibt weder Farben noch warme Materialien. Dafür ist der Liftturm unmotiviert geknickt. Es scheint, als ob die Architekten mit architektonischem Theaterdonner jegliche Harmonie und Pragmatik vertreiben wollten.

In seiner Exaltiertheit übertroffen wird das Foyer noch von der hundert Meter langen «Dachwolke» aus Stahl, die über dem Alt- und Neubau schwebt. Sie wird nachts von innen blau erleuchtet, so dass ein Lichtschimmer zurück in die Lobby und auf ein von Sol LeWitt eigens für diesen Ort angefertigtes Wandbild fällt. Die vier funktionslosen Arme der «Dachwolke» wirken wie die Rotorblätter eines Helikopters. Sie sind rein dekorativ und räumlich unwirksam, aber geben vor, sich drehen zu wollen. Die expressive Erscheinung des Gebäudes ist – ähnlich wie die Wellenform von Renzo Pianos Klee-Museum in Bern – auf die vorbeifahrenden Autofahrer abgestimmt und versteht sich «als dreidimensionales Aushängeschild». Derlei untektonische Baukunst macht den geplanten Skulpturengarten unnötig.

«Architektur muss brennen»

Über 40 Millionen Dollar musste das Privatmuseum bei Gönnern für den Neubau sammeln. Jede Treppe, jeder Raum trägt den Namen eines Spenders. Nur so liess sich die spektakuläre Architektur realisieren, die wiederum die Aufmerksamkeit der Medien, Sammler und Besucher auf sich zieht. Die drei Ziele, welche der Direktor Mitchell Kahan mit dem Neubau verfolgte, erfüllt dieser mühelos: Er wertet das Zentrum von Akron auf, definiert den öffentlichen Raum neu und erlaubt es, die wichtigsten Bestände der Sammlung permanent zu zeigen. Der von den «etablierten Schockern» aus Europa für das konservative Akron geschaffene Neubau wirkt zwar nicht mehr wirklich anarchistisch. Dennoch will Akron von der einst revolutionären Haltung der Wiener Baukünstler, die im Kampfruf «Architektur muss brennen!» gipfelte, profitieren – selbst wenn die Gefahr besteht, dass sich diese Architektur schnell verbraucht.

Neue Zürcher Zeitung, Di., 2007.08.28

16. Juni 2007Ulf Meyer
Neue Zürcher Zeitung

Zwischen Kunst und Wissenschaft

Für Charles Eames war die Moderne kein Stil, sondern eine Lebensphilosophie. Die genialen Entwürfe des am 17. Juni 1907 geborenen Designers gelten als gestalterische Quintessenz des 20. Jahrhunderts.

Für Charles Eames war die Moderne kein Stil, sondern eine Lebensphilosophie. Die genialen Entwürfe des am 17. Juni 1907 geborenen Designers gelten als gestalterische Quintessenz des 20. Jahrhunderts.

Er hat Möbel entworfen, die zu den Klassikern des 20. Jahrhunderts gehören und zugleich ausgesprochen bequem sind - der am 17. Juni 1907 in St. Louis (Missouri) geborene Charles Eames. Seine Entwürfe lösen den scheinbaren Widerspruch zwischen Eleganz und Komfort, zwischen skulpturaler Form und ergonomischen Ansprüchen, zwischen konstruktiver Logik und organischer Form mühelos auf. Sie haben unsere Ansprüche an Sitzmöbel und unsere Vorstellungen von eleganten Wohn- und Büroräumen geprägt.

Nach einem abgebrochenen Architekturstudium an der Washington University in Missouri eröffnete Eames 1930 sein erstes eigenes Atelier. Die Legende will es, dass er von der Schule gehen musste, weil er «Frank Lloyd Wright zu sehr propagierte». Acht Jahre später ermöglichte der aus Finnland in den Mittelwesten der USA emigrierte Architekt Eliel Saarinen dem jungen Eames ein Stipendium an der Cranbrook Academy of Art in der Nähe von Detroit, die jener damals leitete. Nur zwei Jahre später gewann Eames zusammen mit Eliels Sohn Eero bei einem vom Museum of Modern Art in New York ausgeschriebenen Wettbewerb zum Thema «Organic Home Design» den 1. Preis. Dies war der Beginn von zwei der interessantesten Gestalter-Karrieren im «amerikanischen Jahrhundert».

Weiter Horizont

Eames hatte sich zunächst im Auftrag der amerikanischen Marine mit hölzernen Beinschienen für verwundete Soldaten beschäftigt und konnte seine dabei erworbenen Kenntnisse über geformtes Schichtholz sehr erfolgreich im Möbelbau anwenden. Obwohl Eames und seine Frau, die Künstlerin Ray Kaiser, die er an der Cranbrook Academy kennengelernt hatte und 1941 in zweiter Ehe heiratete, vor allem als Möbelentwerfer in die Geschichte eingegangen sind, tut man dem berühmten Gestalterpaar mit dieser Einschränkung unrecht. Charles und Ray Eames haben ein Gesamtkunstwerk hinterlassen, das Architektur, Film, Fotografie und Grafik umfasst - und damit eine ganze Weltsicht impliziert.

Das junge Paar zog nach Kalifornien, wo es die produktivste Design-Schmiede Amerikas begründete. Fast jedes zweite Jahr spuckte das «Eames Office» Möbelentwürfe aus, die alle rasch zu Klassikern wurden - vom «Plywood Chair» über «La Chaise» und den «Wire Chair» bis hin zum berühmten «Lounge Chair». Bei diesen übertrugen die Eameses nacheinander die Prinzipien der Schichtholzverformung über Dampf auf Materialien wie Fiberglas, Aluminiumguss und Drahtgitter. Über den Massstab von Büros und Wohnräumen hinaus hat Eames auch öffentliche Räume wie jene der Airports von Washington Dulles und Chicago O'Hare mit seinen «Tandem Sling Seating»-Sitzbänken möbliert. Diese werden noch immer produziert und verleihen bis heute Flughäfen in aller Welt eine gewisse Eleganz. Schon die Architekturkritikerin Esther McCoy hatte in Eames' Entwürfen «die Stühle des Jahrhunderts» gesehen. Denn das Besondere am Design der Eameses ist die Verbindung von Kunst und (Natur-)Wissenschaft.

Auch wenn für den «Chair-Man» Charles Eames im Grunde «alles Architektur» war, blieb das «Eames House» sein einziges wichtiges baukünstlerisches Werk: 1949 wurde es im südkalifornischen Pacific Palisades unweit des Ozeans auf einem sanften Hügel gebaut. Es war die Weiterentwicklung des achten Beitrags zu der epochalen «Case Study House»-Serie, die das «Arts and Architecture Magazine» initiiert hatte und damit der kalifornischen Nachkriegsmoderne internationale Beachtung verschaffte. Mit dem Case- Study-Programm sollten Möglichkeiten zum Bau günstiger Wohnungen - nicht zuletzt für die aus dem Zweiten Weltkrieg heimkehrenden Soldaten - gefunden werden. Das vollständig aus handelsüblichen Fertigteilen zusammengesetzte Stahlhaus der Eames kam gleichwohl nicht über den Zustand eines Prototyps hinaus. Es zeigt jedoch in seiner liebevollen, konsistenten Gestaltung, dass für Eames «Details nicht nur Details» waren.

Design als Lebensphilosophie

Seit den 1950er Jahren richteten «die Eameses», wie sie genannt werden, ihr kreatives Interesse verstärkt auf die Fotografie und die Experimentalfilmkunst. Mit Hilfe ihres Freundes Elmer Bernstein drehten sie insgesamt 85 Kurzfilme, die thematisch von «Franklin and Jefferson» über Meerestiere bis zu Konzepten höherer Mathematik reichten. Der Film «Powers of Ten» jedoch ist das beste Beispiel für Eames' Talent und sein weitreichendes Erkenntnisinteresse von nahezu humboldtschen Ausmassen: Der Film über verschiedene Massstäbe in Zehnerpotenzen «bewies» ästhetisch, dass die Makro- der Mikrowelt gleicht - von der kleinsten DNA bis zur grössten Milchstrasse liegen der Natur die gleichen Strukturprinzipien zugrunde.

Seit dem Tod von Charles Eames im Jahre 1978 wird das Büro Eames von seiner Tochter Lucia weitergeführt. Aber ein zweiter Gestalter, dem es wie Eames gelingt, Entwürfe zu entwickeln, die nicht nur Ausfluss ihrer Zeit sind, sondern ihre Zeit erfassen und über diese hinaus leben, ist in den USA derzeit nicht in Sicht. Auch nach vierzig Jahren wirkt das zugleich szientistische und kreative Denken von Charles Eames deshalb noch ebenso aktuell und unverbraucht wie seine Designentwürfe. Für Eames war die Moderne kein Stil, sondern eine Lebensphilosophie - ergänzt durch die Liebe zur und den Respekt vor der Natur. Philip Morrison hat über Eames gesagt: «Er liebte die Welt und ihr Antlitz und wollte verstehen, warum sie so aussieht, wie sie aussieht, und was Schönheit und Form bedeuten.» Dieses Forschungs- und Gestaltungsinteresse hatte für Eames wie die Wissenschaft zwei Ziele: die Welt zu ordnen und den eigenen Erfahrungshorizont zu weiten. Eames' bleibende Leistung besteht darin, die Gegenstände in eine Form zu bringen.

[ Zum Jubiläum ist in mehreren Sprachen ein neuer Eames-Band erschienen: Die Möbel von Charles & Ray Eames. Vitra, Weil am Rhein 2007. 159 S., Euro 19.90. ]

Neue Zürcher Zeitung, Sa., 2007.06.16

11. Juni 2007Ulf Meyer
Neue Zürcher Zeitung

Leicht und leuchtend

Das auf europäische und asiatische Kunst spezialisierte Nelson-Atkins-Museum in Kansas City konnte soeben seinen Erweiterungsbau eröffnen. Der vorbildliche Bloch-Wing stammt von Steven Holl.

Das auf europäische und asiatische Kunst spezialisierte Nelson-Atkins-Museum in Kansas City konnte soeben seinen Erweiterungsbau eröffnen. Der vorbildliche Bloch-Wing stammt von Steven Holl.

Europäische Besucher sind meist erstaunt, wenn sie feststellen, dass Kansas City nicht in Kansas liegt, sondern in Missouri. Noch überraschender ist für viele jedoch die Erkenntnis, dass es hier, in der geografischen Mitte des nordamerikanischen Kontinents, neben unendlich weiten Prärien auch Kultur gibt: Das Nelson-Atkins-Museum in Kansas City hat nicht nur eine der besten Sammlungen europäischer und asiatischer Kunst des Mittelwestens. Seit dem letzten Wochenende besitzt es mit dem neuen Bloch-Wing auch einen der gelungensten Museumsneubauten der USA. Der New Yorker Architekt Steven Holl, der den rund 200 Millionen Dollar teuren Anbau entworfen hat, zeigt damit seinen Kollegen, wie man die nicht immer einfache Bauaufgabe der Museumserweiterung mustergültig meistern kann. Dies ist umso bedeutender, als amerikanische Museen landauf, landab dank sprudelnden Spendengeldern ihre Häuser erweitern - allerdings nicht immer zum Vorteil der bestehenden Altbauten.

Architektonische Zurückhaltung

Bekannt geworden ist Steven Holl mit feinfühligen Architekturaquarellen. Die gleiche Sensibilität zeichnet auch den Neubau in Kansas City aus und hebt diesen aus der Masse der Museumserweiterungen weit heraus. Dem noch immer anhaltenden Trend im Museumsbau, architektonische Kunstwerke statt Hüllen für die Kunst zu schaffen, ist Holl nicht gefolgt. Im Gegenteil: Mit seinem Entwurf wollte er «Kunst nicht nur mit den Augen erfahrbar machen, sondern mit dem ganzen Körper». Das ist ihm gelungen.

Der 1933 eingeweihte Altbau des Nelson- Atkins-Museums dominiert mit seinen symmetrischen Kalksteinfassaden einen Hügel. Die monumentale, durch eine strenge Säulenordnung akzentuierte Hauptfassade galt es zu erhalten, als sich sechs geladene Architekten 1999 daranmachten, Vorschläge für einen Neubautrakt auszuarbeiten. Holl war der einzige, der sich gegen den geplanten Bauort auf der Rückseite entschied und einen Neubau im rechten Winkel zum Altbau auf der Schauseite vorschlug. Gleichzeitig verzichtete er auf eine grosse Geste und verlegte den Hauptteil des über 16 000 Quadratmeter grossen Baukörpers unter ein grünes Rasendach. Entlang einer fast 300 Meter langen, als innere Strasse konzipierten Promenade architecturale führt nun der Bloch-Flügel kaskadenartig den Hügel hinab. Vom Foyer gelangen die Besucher über flache Rampen oder kleine Stufen in die miteinander verbundenen Galerien.

Lediglich vier milchig weisse, laternenartige Oberlichter schauen aus den Grasflächen hervor. Diese transluzenten, ungleichmässig geformten Körper punktieren den Garten und brechen dessen Symmetrie. Nachts wirken sie wie schwerelose Skulpturen. Ihre Glashüllen erlauben nicht nur nächtliche Illuminierung, sie bringen auch angenehm diffuses Tageslicht in die Galerien. Eine fünfte, grössere Laterne dient als Eingangspavillon. Sie steht direkt dem Altbau zur Seite - ohne diesen zu bedrängen. Die transluzenten Glaswände und die polierten weissen Putzwände der Galerien verhindern das Aufkommen von «Kellergefühlen». Obwohl die von der Topografie bestimmte Gesamtform des Museums komplex ist, erschliesst sie sich intuitiv. Es ist, als wolle sie - ähnlich wie das New Yorker Guggenheim-Museum - dem Besucher «keep moving!» zuflüstern.

Vor jeder Galerie hat Holl ein Plateau aus schwarzem Granit eingerichtet, von dem aus die Besucher sich zunächst einen Überblick verschaffen und die Kunstwerke im Ensemble geniessen können, bevor sie sich in einzelne Werke vertiefen. Der Pfad durch das Haus ist mehrfach leicht geknickt, um «die Strenge eines ‹White Box›- Museums zu vermeiden». Verbunden sind die Räume nicht entlang einer zentralen Achse, sondern übereck. Unterbrochen wird der Rundgang durch den «Kunst-Dschungel» von «Lichtungen» unter den grossen Glaskörpern, die gleichmässig weiche Helligkeit in die Räume dringen lassen.

Dass Holl es versteht, «Licht wie ein Maler zu nutzen», hatte er schon mit seinem ersten internationalen Erfolg, dem Kiasma-Museum in Helsinki, bewiesen. Holls lyrische Baukunst prägt aber auch die neue, im vergangenen September eröffnete Residenz des Schweizer Botschafters in Washington, die durch die Verkleidung mit sandgestrahltem Strukturglas ihr Raffinement gewinnt. Nun hat er auch das Genre der Museumserweiterungen klug bereichert, indem er Licht als Baumaterial einsetzte.

Im Zentrum die Kunst

Vorbei an einem Wasserbecken mit einer Skulptur von Walter de Maria betritt man Holls Neubauflügel über einen Vorhof. Wie es sich in einer ganz auf das Auto ausgerichteten Stadt gehört, hat Holl auch den Zugang zur Tiefgarage attraktiv gestaltet. Ein neues Treppenhaus verbindet nun die europäischen, amerikanischen und chinesischen Sammlungen im Altbau mit dem neuen Bloch-Wing. Dieser nimmt neben der Impressionismus-Sammlung von Marion und Henry Bloch die Dauerausstellung moderner und zeitgenössischer Kunst auf. Ein Raum ist Isamu Noguchi gewidmet. Ebenso wie die kleine Sammlung afrikanischer Kunst hat hier auch die von der in Kansas City ansässigen Grusskartenfirma Hallmark geschenkte Fotosammlung geeignete Räume gefunden. Nirgends lenkt dabei die Architektur von der Kunst ab, denn Holls Neubau kommt ohne baukünstlerische Sensationen aus. Er ist das räumliche Gegenteil des kolossalen Altbaus, ohne sich in eine freche Antihaltung zu verstricken. Leicht und leuchtend kommt er daher - und bezieht gerade daraus sein Gewicht.

Neue Zürcher Zeitung, Mo., 2007.06.11

23. Januar 2007Ulf Meyer
Neue Zürcher Zeitung

Papiertiger oder Powerhouse?

Die aufstrebenden Privatmuseen in Tokio bekommen staatliche Konkurrenz: Das grösste Ausstellungshaus in Japan, das neue National Art Center Tokyo (NACT), wertet Roppongi zum interessantesten Kulturviertel der japanischen Hauptstadt auf.

Die aufstrebenden Privatmuseen in Tokio bekommen staatliche Konkurrenz: Das grösste Ausstellungshaus in Japan, das neue National Art Center Tokyo (NACT), wertet Roppongi zum interessantesten Kulturviertel der japanischen Hauptstadt auf.

Wie ein metropolitaner Totempfahl markiert das dicke Mori-Hochhaus seit 2003 den Stadtteil Roppongi unübersehbar in der Skyline von Tokio. Mit dem Mori Art Center im 53. Stock hat das Hochhaus nicht nur ein Zeichen für den wirtschaftlichen Aufschwung der japanischen Kapitale nach den turbulenten Jahren der Bubble-Economy gesetzt, sondern auch eines für private Kunstliebe in neuen Höhen. Zu Füssen des silbernen Wolkenkratzers eröffnete am 21. Januar das neue National Art Center Tokio. Es ist Japans grösstes Museum und macht das ehemals leicht anrüchige Rotlichtviertel Roppongi zu Tokios aufregendstem Kunst- und Kulturviertel.
14 000 Quadratmeter Ausstellungsfläche

Das riesige Atrium im Inneren der neuen Kunsthalle wird von einer in beiden Dimensionen gekrümmten Glasfassade geschlossen, deren ebenfalls gläserne Sonnenschutzstreifen als Brise- Soleil fungieren. Zwei grosse Betonkegel im Foyer, die wie versteinerte Tornados wirken, sehen aus, als hätten sie die Wellen in der Fassade generiert. Einer der bekanntesten japanischen Architekten der zweiten Generation der Moderne, Kisho Kurokawa, hat das NACT entworfen. Von den tollkühnen metabolistischen Kapsel- Träumen, mit denen Kurokawa in den siebziger Jahren die Bucht von Tokio komplett überwuchern lassen wollte, ist nur ein müder Abglanz geblieben: Besucher des NACT sehen zunächst einen kreisrunden Pavillon, der nur eine einzige, völlig überraschende Funktion hat: Hier kann der Gast an Regentagen seinen Schirm einschliessen, bevor er sich dem Kunstgenuss widmet.

Durch einen grossen, indirekt beleuchteten Trichter hindurch führt der Weg in das 22 Meter hohe Foyer: Über 14 000 Quadratmeter Ausstellungsfläche in stützenfreien, teilbaren Galerien, in die Oberlichter Tageslicht schaufeln, wollen vom Besucher erkundet werden: Fünf Galerien dienen Wechselausstellungen der diversen japanischen Künstlerverbände, die hier ihre Jahresausstellungen veranstalten werden. Die beiden höchsten Galerien jedoch, mit Deckenhöhen von über 8 Metern, dienen Sonderausstellungen, die das NACT selbst organisiert. Sein Direktor, Hideki Hayshida, hat sich zum Ziel gesetzt, «Partizipation, Interaktion und Kreativität der Besucher» anzusprechen.

Über dreissig Milliarden Yen hat sich das japanische Kulturministerium seinen Neubau auf einem ehemaligen Grundstück der Universität Tokio kosten lassen. Das NACT ist die fünfte Kunstinstitution unter dem Dach der Nationalmuseen nach den Museen für moderne Kunst in Tokio, Osaka und Kyoto und dem Museum für westliche Kunst. Das NACT ist damit die erste staatliche Kunstinstitution ohne eigene Sammlung. Schon seit Mitte der siebziger Jahre hegte das Ministerium seinen Bauwunsch, und in dieser Zeit wurzeln auch die Architektursprache von Kurokawa und seine «Theorie der Symbiose». Im Fall des NACT konnte er architektonische Energie aus dem Gegensatz von ostasiatischer Kunsttradition und dem westlichen Konzept öffentlicher Museen schlagen - und von Ordnung und Natur, wie ihn ein orthogonal gepflanzter Bambusgarten symbolisieren soll, oder Hightech und natürlichen Elementen: Über die Fussböden aus Holz aus den Regenwäldern Borneos fahren automatische Reinigungsroboter.
Kunstdreieck Roppongi

Ob sich das Haus, das für die gleichzeitige Präsentation von zwei oder mehr Ausstellungen konzipiert ist, für diese Funktion wirklich eignet, wird sich bereits mit den beiden Eröffnungsausstellungen zeigen: Die eine beschäftigt sich unter dem Titel «Living in the Material World» mit «Dingen in der Kunst des 20. Jahrhunderts» (bis 19. März). Das vergangene Jahrhundert verstehen ihre Kuratoren als «Zeitalter der materialistischen Zivilisation, in der die Menschen von immer mehr Dingen umgeben werden». Schon am 7. Februar folgt zusätzlich die Schau «Paris du monde entier - Artistes étrangers à Paris 1900-2005» (bis 7. Mai), die das Centre Pompidou zusammengestellt hat.

Ob das NACT ein Papiertiger ist oder im Medienzeitalter auch ein sammlungsloses Kunsthaus wie das NACT zu einem artistischen Kraftwerk werden kann, zeigt erst die Zukunft. Architektonisch gehört das NACT jedoch bereits zu den stimulierendsten Kunstorten in Tokio. Zusammen mit dem neuen Suntory Museum of Art von Kengo Kuma und dem Design Site 21 von Tadao Ando, die beide am 30. März in der Nachbarschaft eröffnet werden, entsteht ein starkes Kunstdreieck Roppongi.

Neue Zürcher Zeitung, Di., 2007.01.23

02. Januar 2007Ulf Meyer
db

Denken mit dem Architekturgedächtnis der Welt

Tadao Ando, den sicher berühmtesten Architekten Japans, zu kontaktieren, ist eine Herausforderung. Denn die öffentlichen Auftritte des als publikumsscheu...

Tadao Ando, den sicher berühmtesten Architekten Japans, zu kontaktieren, ist eine Herausforderung. Denn die öffentlichen Auftritte des als publikumsscheu...

Tadao Ando, den sicher berühmtesten Architekten Japans, zu kontaktieren, ist eine Herausforderung. Denn die öffentlichen Auftritte des als publikumsscheu bekannten Ando sind ebenso minimalistisch wie seine feinen Sichtbetonarchitekturen. Weder eine Webseite noch Briefpapier, weder einen Telefonbucheintrag noch einen PR-Referent hat Ando nötig. Um dennoch ein exklusives Gespräch mit dem interview-resistenten Entwerfer zu bekommen, bedurfte es einiger Finesse: Mit Hilfe einer Muttersprachlerin, die die Interview-Fragen vorab gewissenhaft ins Japanische übersetzte und per Fax nach Osaka schickte, gelang es, Zugang zu den Gedanken des architektonischen Autodidakten zu finden ...

In Europa spricht man bei feinem Sichtbeton mit höchsten Ansprüchen an die Ausführungsqualität von »Ando-Beton«. Eigentlich ist Beton ein hartes Material, aber in Ihren Entwürfen bekommt er eine hohe haptische Qualität: Die weichen Sichtbetonoberflächen möchte man förmlich berühren. Aus dem monumentalen Werkstoff machen Sie ein weiches, sensibles Material, das man streicheln möchte, Sie benutzen nie raue Schalungen. Beton lässt sich wie »flüssiger Stein« frei formen, aber Sie verwenden ihn nicht plastisch, sondern flächig-tafelhaft. Resultiert das aus der japanischen Bautradition der flächigen Shoji (papierbespannte Trenn- und Schiebewand)?

Als ich ungefähr zwanzig Jahre alt war, fand ich in einem Antiquariat ein Buch von Le Corbusier. Von dem wenigen Geld, das ich gespart hatte, habe ich es gekauft. Dieses Buch riss mich mit. Als 1964 endlich auch normale Japaner ohne Visum ins Ausland reisen konnten, fuhr ich sofort nach Europa. Zwar konnte ich Le Corbusier leider nicht treffen, aber ich sah seine Architektur mit meinen eigenen Augen und war begeistert davon, wie er den Beton so einfach und so kräftig verwendete. Jedoch fühlte ich, dass die rauen Oberflächen auf Japaner sehr fremd wirken würden, wenn sie sie jeden Tag anschauen und damit leben sollten.
Ich gründete bald mein eigenes Architekturbüro und entwarf selbst erste kleine Häuser. Dabei wollte ich Gebäude aus Stahl, Glas und Beton gestalten, den weit verbreiteten Baumaterialien des 20. Jahrhunderts, und diese an das japanische Klima anpassen.
So intensiv mit Beton gebaut habe ich, um das Material zur Wirkung zu bringen. Außerdem ist es ein sehr günstiger Baustoff und benötigt kein Finish. Um ein »japanisches Raumgefühl« zu schaffen, arbeitete ich mit den Arbeitern auf der Baustelle immer aus, wie der Beton verarbeitet werden sollte, wie zum Beispiel durch das Streichen der Furnier-Schalung eine besonders glatte Betonoberfläche erreicht werden kann. So entwickelte und testete ich verschiedene Mischungen des Betons, bis ich eine fand, bei der sich der Beton auch angenehm anfühlte.
Für mich ist beim Entwerfen auch die Geometrie sehr wichtig. Architektur begleitet das Leben der Menschen, ist physisch erfahrbar und spiegelt ihre Umgebung wider, die reine Geometrie hingegen ist abstrakt. Wenn man beides mischt, kann eine Architektur entstehen, die Ordnung und Vielfalt bietet, einfache und komplexe Aspekte hat.
Beton, wie ich ihn in meiner Architektur verwende, zeigt ebene oder geschwungene Geometrien, die keine Tiefe haben. Er wirkt nicht durch seine monolithische Masse, sondern durch seine raumfassenden Flächen. Die traditionelle Holzbauarchitektur in Japan basiert ebenso auf Linien und Flächen und auf einem Skelett. Deshalb scheint es vordergründig eine Ähnlichkeit mit der japanischen traditionellen Architektur zu geben. Ich habe von dieser Architektur viel gelernt, bin sicher auch von ihr beeinflusst. Aber ich weiß nicht, ob dieser Einfluss so unmittelbar ist.

Bauen Sie in Europa anders als in ihrer Heimat? Die Handwerkskunst, aber auch das ästhetische und kulturelle Verständnis sind hier ja anders.

Zuerst lade ich die Mitarbeiter des ausländischen Büros ein, sich meine Werke anzuschauen; besonders solche Projekte, die noch im Bau sind, damit sie verstehen, was für uns beim Bauen wichtig ist. Anschließend sollen sie vor Ort diskutieren, wie unser Entwurf realisiert werden kann. Wir bieten natürlich unser Fachwissen an, aber wir zwingen niemandem japanische Techniken oder Detailausführungen auf, weil die Technik an den jeweiligen Ort gebunden ist. So gehen wir aber nicht nur im Ausland vor, sondern auch in Japan. Die Architektur entsteht durch die Zusammenarbeit mit den Bauunternehmern und Bauherren.
Ich glaube, Grundlage eines Entwurfs ist es, das Grundstück und den Hintergrund des Gebäudes zu»lesen«. Meine Architektur bezieht sich zwar auf die gegenwärtige Technik. Aber ich werde durch den Ort, die geplante Nutzung des Bauwerks und die Denkweise des Auftraggebers inspiriert und erhalte hierdurch die entscheidenden Impulse. Außerdem denke ich mit dem Gedächtnis der Architektur der Welt, auch der japanischen, und nutze die bisherigen Erfahrungen. Meine Architektur hat Kenneth Frampton »critical regionalism« genannt. Seiner Meinung nach gibt es in meiner Baukunst wenige direkte Zitate. Durch meine Erfahrung und das kulturelle Gedächtnis, zusammen mit dem Einfluss des Ortes, wird meine Architektur erdacht.

Mehr als andere Architekten werden Sie mit einem Werkstoff identifiziert, dem Beton. Werden Sie damit identifiziert oder identifizieren Sie sich auch selbst damit? Und was was wollen Sie vom Beton? Warum Beton?

Ich baue nicht nur mit Beton, sondern auch mit Holz und Stahl. Wie gesagt, als ich mein Büro gründete, fand ich Beton sehr attraktiv und habe seinen Möglichkeiten nachgejagt. Dies hat meine Karriere geprägt, das möchte ich nicht verneinen. Beton ist ein faszinierendes Material und ich hege eine sehr große Zuneigung zu diesem Baustoff, aber letztlich ist er doch nur ein Mittel, um zu bauen. Die Materialwahl erfolgt unter sehr verschiedenen Bedingungen. Also: »Beton-Architektur« ist nicht meine einzige Identifikation.

Sie haben bisher viele Museen und öffentliche Gebäude entworfen. Das Projekt »Omotesando Hills« in Tokio, ein großes Einkaufszentrum, ist Ihr größtes kommerzielles Bauprojekt. Ist es ein Ausbruch in Material und Maßstab?

Heutzutage sind Waren hochwertig verfeinerte Kunstwerke. Mein »Omotesando-Hills«-Bau ist wie ein Ausstellungsraum. Ich denke nicht, dass es heutzutage einen großen Unterschied zwischen einem Einkaufszentrum und einem Museum gibt.
Zu Beginn meiner Architekturtätigkeit habe ich sowohl kleine Privathäuser als auch Geschäftshäuser samt Innenausstattung entworfen, wie zum Beispiel »Rose Garden«, TIME'S und »Collezione« in Tokio. Das sind meine repräsentativen kommerziellen Werke. Bei diesen Projekten habe ich Gebäude entworfen, die nicht nur als kommerzieller, sondern auch als öffentlicher Raum genutzt werden können, durch den viele Leute wandeln. Diese Denkweise war auch bei anderen Projekten, die für unterschiedliche Nutzungen entworfen wurden, die Grundlage. Dieses Mal hatte ich Gelegenheit, für das Projekt Omotesando Hills Gewerbe und Wohnungen zu mischen.

Die Korrespondenz für die db führte Ulf Meyer.

db, Di., 2007.01.02



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db 2007|01 Beton

10. November 2006Ulf Meyer
Neue Zürcher Zeitung

Eine Festung aus Stein und Glas

Auf kaum einem anderen Gebiet hat die deutsche Architektur in den letzten Jahren ähnlich innovative Leistungen hervorgebracht wie auf jenem des Synagogenbaus....

Auf kaum einem anderen Gebiet hat die deutsche Architektur in den letzten Jahren ähnlich innovative Leistungen hervorgebracht wie auf jenem des Synagogenbaus....

Auf kaum einem anderen Gebiet hat die deutsche Architektur in den letzten Jahren ähnlich innovative Leistungen hervorgebracht wie auf jenem des Synagogenbaus. Denn nachdem die Mitgliederzahl der jüdischen Gemeinden Deutschlands dank der Zuwanderung aus Osten in jüngster Zeit stark angewachsen war, entstanden allenthalben Neubauten, darunter die architektonisch bedeutenden Gemeindezentren von Duisburg und Dresden. Gestern nun konnte, auf den Tag genau 68 Jahre nachdem Deutschlands Synagogen brannten, in München ein weiteres jüdisches Gotteshaus eingeweiht werden. Sein Vorgängerbau allerdings, die prächtige neuromanische Synagoge neben der Frauenkirche, war auf Befehl Hitlers schon am 7. Juni 1938, also fünf Monate vor der Reichspogromnacht, abgerissen worden.

Die neue Münchner Synagoge am Jakobs- Platz ist ein Meisterwerk zeitgenössischer Sakralarchitektur. Sie stellt zusammen mit dem noch nicht eröffneten Museum und dem Gemeindehaus das grösste Bauvorhaben einer jüdischen Gemeinde seit langem in Europa dar. Der Synagogenbau selbst besteht aus zwei aufeinandergestellten minimalistischen Kuben, von denen der untere, fensterlose mit Naturstein verkleidet ist und den Tempel Salomons in Jerusalem symbolisiert. Er bildet den Sockel für den Glasquader, der den Gebetsraum beleuchtet und zugleich den Blick der Gläubigen hinauf zum Himmel richtet. Die stählerne Stützkonstruktion der gläsernen Hülle besteht aus einem Dreiecksmuster, das Davidsterne bildet. Das sensible Spiel von Licht und Schatten verleiht dem Raum eine einzigartige Atmosphäre. Nachts schimmert der Glaskörper von innen her in goldenem Licht und schreibt sich in die Silhouette der Stadt ein wie einst die 1887 geweihte Münchner Hauptsynagoge an der Herzog-Max-Strasse.

Die archaisch abstrakten Kuben wirken skulptural und massiv, sinnlich und einfach zugleich. Ihre ganze Wirkung werden sie aber erst entfalten, wenn am 22. März 2007 auch das Jüdische Museum eingeweiht wird, welches das gestalterische Thema des geschlossenen Steinblocks variiert. Der dritte Neubau am Jakobs-Platz ist das Gemeindehaus der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern. Bibliothek, Sporthalle, Volkshochschule, Rabbinat, Kindergarten, Schule, Verwaltung und ein koscheres Restaurant gruppieren sich hier um einen begrünten Innenhof. Die drei Teile des Ensembles fügen sich in den kleinteiligen Massstab des Jakobs-Platzes ein, setzen durch ihre Schrägstellung und ihre Form aber dennoch städtebauliche Akzente.

Das neue Gotteshaus gleicht entfernt der neuen Synagoge in Dresden. Dies ist kein Zufall, denn beide Sakralbauten wurden vom Architekturbüro Wandel Hoefer Lorch aus Saarbrücken entworfen. Der Münchner Neubau soll den spirituellen Bedürfnissen der in den letzten Jahren auf 9000 Mitglieder angewachsenen Gemeinde ebenso dienen wie der alltäglichen Gemeinde- und Bildungsarbeit. Mit ihm kehrt jüdisches Leben wieder in das Herz Münchens zurück.

Neue Zürcher Zeitung, Fr., 2006.11.10



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Jüdisches Zentrum Jakobsplatz

14. Oktober 2006Ulf Meyer
db

Grünes Glas und grauer Faserzement

Mit dem Neubau der Fakultät für Informatik der TU Dresden sollen die räumlichen Voraussetzungen für die Unterbringung aller Fachbereiche der Fakultät an einem Ort geschaffen werden. Nicht nur hier in Dresden ist die wirtschaftliche Zukunft der Stadt ganz wesentlich mit der erfolgreichen Stärkung von Forschung und Lehre verknüpft.

Mit dem Neubau der Fakultät für Informatik der TU Dresden sollen die räumlichen Voraussetzungen für die Unterbringung aller Fachbereiche der Fakultät an einem Ort geschaffen werden. Nicht nur hier in Dresden ist die wirtschaftliche Zukunft der Stadt ganz wesentlich mit der erfolgreichen Stärkung von Forschung und Lehre verknüpft.

Informatikstudenten gelten als »Nerds« (Anmerk. d. Red.: amerikanischer, umgangssprachlicher Begriff für Fachidioten und Langweiler): Mit Karohemd und schlechter Haut interessieren sie sich nicht für das andere Geschlecht und verbringen ihre Tage in dunklen Räumen vor dem Bildschirm. So will es das Klischee. Der Neubau der Informatik-Fakultät der TU Dresden will zeigen, dass auch Informatiker ein ästhetisches Empfimden haben können. Das Gebäude ist durchaus maskulin in seiner Strenge, bietet aber durch seine Farb- und Materialwahl sowie die allgegenwärtigen Aussichten in Höfe und die Umgebung immer wieder Anlass, den Blick vom Bildschirm aufzurichten.

Informatik ist in Dresden nicht nur irgendein Fach unter vielen: Schon vor – und erst recht nach – der politischen Wende 1989 hing die wirtschaftliche Zukunft der Elbe-Metropole maßgeblich von Mi- kroelektronik und Informatik ab. Mit »AMD« und »Infineon« sind heute zwei große Arbeitgeber in der Stadt, die die Absolventen aus der örtlichen Uni saugen. Das Elbetal will zum ostdeutschen Silicon-Valley werden. Der Neubau verhilft dem Informatik-Fachbereich endlich zu der gestalterischen Geltung, der ihm wirtschaftlich gebührt. Die bisher über die ganze Stadt verstreuten Räume der Informatiker wurden nun in einem 35 Mio Euro teuren Gebäude an einem Standort konzentriert. Städtebaulich als geschlossene Anlage in der Südvorstadt konzipiert, bildet er eine Raumkante zur Nöthnitzer Straße und öffnet sich nach Süden.

Den beiden Architekten ist es gelungen, ein Gebäude zu planen, das technisch, aber nicht technoid ist und trotz seiner Größe von 8600 Quadratmetern übersichtlich bleibt, ohne stur zu wirken. Und das geht so: die Rechner-, Seminar- und Übungsräume, Forschungslabors und Büros sind in einem großen, eckigen »S« angeordnet. Dieses »S« bildet zwei etwa gleichgroße Höfe aus, von denen einer eine große Glashalle als Foyer und der andere – nur im Erdgeschoss – das große Rechenzentrum aufnimmt, das dank seines Gründachs für die oberen Stockwerke zum grünen, wenn auch nicht begehbaren Blickpunkt wird. Das Rechenzentrum mit 24-Stunden-Betrieb hat ein weitgehend separates, introvertiertes Leben, während sich das über vier Geschosse verglaste Foyer extrovertiert gibt: Von großen Seminarräumen umgeben öffnet sich die Eingangshalle nach Norden. Zwei gläserne Aufzüge und eine offene Stahltreppe werden über Brücken mit den Gebäuderiegeln verbunden. Die Halle ist nur leicht temperiert, das Rechenzentrum hingegen hochinstalliert was Daten, Lüftung, Kühlung und Sicherheit angeht. Tatsächlich sieht man das den sechs »PC-Pools« jedoch nicht an, die Architekten haben viel Mühe darauf verwendet, alle technischen Anforderungen zu erfüllen, ohne sich davon ihre Architektur dominieren zu lassen. Wer die George-Orwell-haften Räume verlässt, kann mit Blick auf einen Teich an offenen Arbeitstischen einen Kaffee trinken und wieder die analoge Welt genießen. Hölzerne Stege (ohne Brüstungen) laufen rückwärtig um das Gebäude, von denen aus die Studenten im Sommer ihre Füße in einem kleinen Gartenteich kühlen können.

Gebäudemäander

Die ringsum homogenen Fassaden haben geschosshohe Fenster, die in unregelmäßigen Abständen mit geschlossenen Flächen alternieren. Horizontale, mit grünem Farbglas verkleidete Brüstungsfelder werden durch große, senkrecht stehende Tafeln aus dunkel durchgefärbten Faserzementplatten überlagert. Diese sind, zum Beispiel in der Halle, aus akustischen Gründen grob perforiert. Um die Innenräume vor neugierigen Blicken zu schützen, haben die Architekten die Glasflächen mit einem Muster aus vertikalen Strichcodes in »Pacman-Grün« bedrucken lassen, die die Fassaden wie überdimensionale Lochkarten wirken lassen. In diesem Muster wiederum gibt es freie Flächen, die wie Fenster aussehen. Diese »Nullen und Einsen« sind von innen erstaunlich durchsichtig. Das selbst entworfene Muster haben die Architekten auch für die Brüstungsfelder verwendet, die mal vor einer massiven Brüstung liegen und mal frei. Die Gläser wurden in verschiedenen Ebenen bedruckt, so dass sie wie tiefe, geheimnisvolle 3D-Bilder wirken. Zusätzlich lassen sich die Räume mit geteilten Streckmetall-Screens, die sich vor die Fassaden fahren lassen, vor direkter Sonne schützen, damit keine Reflektionen den Blick auf die Bildschirme stören.

Die Büros der acht Institute liegen in den mäandrierenden, nahezu identischen Obergeschossen. Als Rückgrat fungiert ein alle Gebäudeteile verbindender Flur. Große Fenster entlang der einhüftigen Gänge sowie Fenster an ihren Enden bringen Licht in die Flure. Die Sichtbetonwände auf der einen Seite kontrastieren mit glatt-grünen Leichtbauwänden und Böden. Durch die fortlaufende Struktur des Baukörpers sind die Grenzen der Institute fließend und flexible Anpassungen der Raumgrößen möglich. Das gesamte Gebäude ist barrierefrei für Geh- und Sehbehinderte. Dass es kaum Veränderungen gegenüber dem Wettbewerbsentwurf gab, liegt daran, dass der Wettbewerbsbeitrag bereits eine ungewöhnliche Reife hatte. Nur um den Bau der Halle mussten die Architekten kämpfen.

Für die anfallenden hohen Wärmelasten ist der relativ hohe Anteil von massiven Bauteilen und unverkleideten Sichtbetondecken vorteilhaft. Das »Apfelgrün« taucht auch in den Epoxydharz-Fußböden im Erdgeschoss wieder auf. Die Böden der Obergeschosse haben einen schwarzen Kautschukbelag, der die Leuchtkraft des »Pacman-Grüns« noch verstärkt.

Mit Streckmetall-Paneelen verkleidete Wände verstecken die Akustikpaneele und Wandschränke, die Garderoben, Beamer und Kästen für Aushänge. Die Architekten haben hier ihre Handschrift bis zum Möbelbau durchgezogen. Die Trennung von Roh- und Ausbau geht sogar so weit, dass in den Seminarräumen alle elektrischen Schalter und auch die Steckdosen in die Türrahmen integriert wurden. Um Stützen im Raum zu vermeiden, gibt es tragende Außenwände. Die Giebelseiten haben Doppelfassaden, bei denen die äußere Lamellenfassade lediglich den Sonnenschutz in Form von Raffstores schützt. Ein derart aufwändiger Blendschutz und Verdunklungsmöglichkeiten haben wohl nur in einem Informatikbau ihre Berechtigung. Nach Norden sind die äußeren Lamellenfassaden fix, nach Süden beweglich.

Ohne aufgeregte Inszenierung ist den Architekten, deren bisher größtes Projekt der Bau war, ein zurückhaltendes, frisches und exaktes Gebäude gelungen, das einen willkommenen Ausgleich zur virtuellen Bildschirmrealität der Studenten liefert – ob mit oder ohne Karohemd.

db, Sa., 2006.10.14



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db 2006|10 Zwischen Görlitz und Eisenach

13. Oktober 2006Ulf Meyer
Neue Zürcher Zeitung

Meisterwerke und Visionen

Eine Ausstellung in der Bundeskunsthalle in Bonn widmet sich der Architektur der Guggenheim-Museen. Vorgestellt werden neben Frank Lloyd Wrights New Yorker Hauptsitz und Frank Gehrys Neubau in Bilbao auch die zahlreichen unrealisierten Guggenheim-Projekte in aller Welt.

Eine Ausstellung in der Bundeskunsthalle in Bonn widmet sich der Architektur der Guggenheim-Museen. Vorgestellt werden neben Frank Lloyd Wrights New Yorker Hauptsitz und Frank Gehrys Neubau in Bilbao auch die zahlreichen unrealisierten Guggenheim-Projekte in aller Welt.

Es gibt zwei Museen, die eindrücklich beweisen, welche Bildkraft meisterhafte Architektur für ein weltweites Publikum entfalten kann: die weisse Spirale des Guggenheim-Museums in New York und dessen Filiale im baskischen Bilbao. Das zwischen 1943 und 1959 nach Plänen von Frank Lloyd Wright realisierte Stammhaus an der Fifth Avenue wirkt ebenso wie ein gebautes Markenzeichen des global agierenden Kulturunternehmens Guggenheim wie das 1997 eröffnete architektonische Gewitter aus Stahl, Stein und Titanblech am Ufer des Nervión. Ohne diese beiden markanten Bauten wäre die Sammlung des Museums wohl kaum weltberühmt geworden. Andere Projekte des Guggenheim-Museums waren allerdings weniger erfolgreich: So hat dessen Direktor Thomas Krens ein Neubauprojekt nach dem anderen geplant - und dann zu Grabe getragen.

Enthusiastische Baukünstler

Knapp fünfzig Jahre nach der Eröffnung des New Yorker Hauptsitzes widmet sich das Guggenheim- Museum erstmals in einer grossen Ausstellung dem architektonischen Engagement der Institution Guggenheim. Die vielen nie gebauten Museen illustrieren dabei das Vorgehen des Museumskonzerns: Ort und Architekt der neu geplanten Guggenheim-Filialen sind austauschbar, solange sie bekannt genug sind. In Salzburg sollte der örtliche Ableger in den Mönchsberg hinein gebaut werden, in Guadalajara oberhalb der Stadt auf einem steilen Felsen thronen und in Tokio weit in die Bucht hinausragen. Kaum zeigten sich aber Schwierigkeiten, gab Krens jeweils die Entwürfe auf. Weder dem Museum noch den beteiligten Politikern oder Architekten sind diese Misserfolge jedoch peinlich. Im Gegenteil, es scheint zum guten Ton zu gehören, mindestens ein Guggenheim-Museum irgendwo auf der Welt entworfen zu haben: Von Asymptote über Shigeru Ban, Vittorio Gregotti, Hans Hollein und Arata Isozaki bis Rem Koolhaas reicht die Liste der Guggenheim-Planer. Jean Nouvel und Zaha Hadid haben ihr Glück sogar schon mehrmals erfolglos probiert - doch weder in Guadalajara oder Rio de Janeiro noch in Singapur, Taichung oder Tokio war letztlich ein ernsthafter Bauherr dauerhaft für die Kolonien des Guggenheim-Konzerns zu begeistern.

Dass sich die Guggenheim-Stiftung die Bundeskunsthalle in Bonn als Ort ihrer baukünstlerischen Nabelschau ausgesucht hat, hängt mit dem Sponsor der Schau zusammen, dessen Hauptsitz sich in der Nachbarschaft des Bonner Ausstellungshauses befindet. Aber es gibt auch eine kunstgeschichtliche Verbindung zwischen New York und Deutschland: Schliesslich war es die deutsche Künstlerin Hilla von Rebay, die nach Stationen in Zürich und Paris in New York beim Porträtieren den Kupfermagnaten Solomon Guggenheim kennenlernte. Dessen Familie stammte aus Lengnau im Kanton Aargau, emigrierte 1848 nach Philadelphia und investierte in die Silberminen von Colorado und bald auch in Mexiko, Alaska und Chile. Rebay konnte Guggenheim mit nahezu religiösem Eifer davon überzeugen, bei seinen Kunstkäufen ganz auf Wassily Kandinsky und die gegenstandslose europäische Avantgarde zu setzen. Es war auch Hilla von Rebay, die Frank Lloyd Wright beauftragte, einen «Tempel des Geistes» für die Guggenheim-Stiftung zu bauen. Sie wünschte sich ein «rundes Museum ohne Treppen, Fenster und feste Räume». In Wrights Schneckenhaus fahren die Besucher mit dem Lift nach oben, schlendern dann auf einer spiralförmigen Rampe hinunter und geniessen die Kunst en passant. Die Spirale hat Wright in über 700 Zeichnungen entwickelt, von denen einige in der Bonner Schau zu sehen sind. Das New Yorker Museum wurde bald populärer als die Kunst, die es beherbergt: Der Rahmen wurde wichtiger als das Bild.

Eleganter Projektfriedhof

Im Jahr 1992 wurde das New Yorker Museum nach Entwürfen von Charles Gwathmey um einen scheibenförmigen Turm erweitert. Doch damit war der Expansionsdrang des Guggenheim-Imperiums nicht gestillt: In SoHo wurde eine Dépendance eröffnet (und bald wieder geschlossen). Ihr folgten 1997 eine mit Hilfe der Deutschen Bank ermöglichte Niederlassung in Berlin und eine Filiale in einem Spielkasino in Las Vegas. Gut zwei Dutzend Entwürfe für Museumsneubauten hat die Stiftung zusätzlich in Auftrag gegeben, die allesamt scheiterten, darunter ein skulpturales Monument von Gehry in Lower Manhattan, das nach den Attentaten auf das World Trade Center sang- und klanglos gestrichen wurde. Die von Peter Noever vom Wiener Museum für Angewandte Kunst (MAK) kuratierte Schau in Bonn zeigt die Pläne für all die unrealisierten Bauten zu einem eleganten Projektfriedhof arrangiert, aus dessen Dunkel die strahlenden Modelle wie exotische Gewächse eines überambitionierten Bauherrn hervorzuwachsen scheinen.

[ Bis 12. November. - Kurzführer: The Guggenheim Architecture. Bundeskunsthalle, Bonn 2006. 64 S., Euro 6.50. - Symposium zum «Bilbao-Effekt» am 17. Oktober. ]

Neue Zürcher Zeitung, Fr., 2006.10.13

07. April 2006Ulf Meyer
Neue Zürcher Zeitung

Architektur des Friedens

Das von David Adjaye gestaltete Nobel Peace Centre in Oslo

Das von David Adjaye gestaltete Nobel Peace Centre in Oslo

Alljährlich schaut die Welt zu, wenn im Osloer Rathaus der Friedensnobelpreis verliehen wird. Gleich neben dem Rathaus wurde nun vor einigen Monaten im ehemaligen Westbahnhof am Fährhafen von Oslo das Nobel Peace Centre eröffnet. Gestaltet wurde es von David Adjaye, dem Wunderkind der britischen Architektur. Der 39 Jahre alte Diplomatensohn aus Ghana hat sich zuvor mit Künstlerwohnungen und bürgerfreundlichen Bibliotheken in London einen Namen gemacht. Der 33 Millionen Franken teure Umbau des Nobel Peace Centre mit der von ihm eingerichteten Dauerausstellung über den Friedensnobelpreis und die Friedensbemühungen in aller Welt ist sein erstes Auslandsprojekt.

Von Adjaye sagt man, er könne «attraktive Orte aus dem Nichts schaffen». Das machte ihn zur richtigen Wahl im spröden Oslo. Mit nichts als Farbe, Licht und Textur ging er zu Werk: Besucher, die durch die Mitteltür des alten Bahnhofs treten, sehen zunächst nur eine unregelmässig perforierte Kiste aus schwarz glänzendem Holz. Die kleinen Löcher darin bilden eine stilisierte Weltkarte der internationalen Konfliktherde. Die Wände des «Ehrensaals» hat Adjaye ganz mit schimmernder Goldbronze verkleidet und so zum «Fort Knox des Weltfriedens» stilisiert. Dort werden Informationen über den neusten Friedensnobelpreisträger gegeben, derzeit also über Mohammed El Baradei.

Das benachbarte knallrote Foyer und die dschungelgrün gemusterten Wände des «Café de la Paix» sind nach Ansicht von Adjaye ebenso kontrastreich wie Nobel selbst, der zugleich Philanthrop und Waffenhändler war. Die Gestaltung des Friedenszentrums, die auf Hightech- und MTV-Ästhetik beruht, überwältigt die Besucher förmlich mit Bildern und Klängen. Höhepunkt des Rundgangs ist ein blau beleuchteter Raum voller kleiner interaktiver Bildschirme auf Stelzen, die wie futuristische Friedensblumen aus dem Boden wachsen - je einer für jeden Friedenspreisträger.

Weil der Westbahnhof ein wichtiges Osloer Baudenkmal des 19. Jahrhunderts ist, musste Adjaye sich auf den Innenausbau beschränken und dort ein «Museum ohne physischen Inhalt» schaffen. Die Rolle, die er dabei zu spielen hatte, vergleicht er mit der des Regisseurs: «Diese ist etwas sehr Zeitgemässes im Informationszeitalter, denn unsere heutige Kultur ist im Prinzip eine Filmkultur. Wir sind das Zapping und Sequencing gewohnt.»

Neue Zürcher Zeitung, Fr., 2006.04.07

30. Januar 2006Ulf Meyer
Neue Zürcher Zeitung

Umbau und Selbstfindung

Der 800 Millionen teure Umbau Turins soll dabei helfen, der Grossstadt - die mehr ist als eine Industriestadt - ein neues Selbstverständnis zu geben. Die Fabrikgelände werden nun urbanisiert, Zugpferd der Strukturänderung ist die Architektur.

Der 800 Millionen teure Umbau Turins soll dabei helfen, der Grossstadt - die mehr ist als eine Industriestadt - ein neues Selbstverständnis zu geben. Die Fabrikgelände werden nun urbanisiert, Zugpferd der Strukturänderung ist die Architektur.

Von der Krise der italienischen Autoindustrie ist Turin, wo Fiat seinen Hauptsitz hat, unmittelbar betroffen. Das verstärkt den Minderwertigkeitskomplex, an dem die erste Hauptstadt des italienischen Königreichs leidet: Mailand ist wirtschaftlich, Rom politisch bedeutender, und Venedig ist schöner. Viele Touristen machten bisher einen Bogen um die «Industriestadt». Doch das könnte sich dank den Olympischen Winterspielen ändern. Denn für das sportliche Grossereignis ist ein 800 Millionen Euro teurer, nachhaltiger Stadtumbau in Gang gesetzt worden. Die Stadtverwaltung von Turin orientierte sich an Barcelona, wo 1992 vorgeführt wurde, wie man Olympische Spiele für urbanistische Interventionen nutzen kann, die sich bis in die Wohnviertel auswirken. Als südeuropäische Mittelstädte mit grossen Jugendstilvierteln und strengem Strassenraster ähneln sich die beiden Städte. Doch während die katalanische Kapitale durch ihr Städtebauprogramm «zurück ans Meer» wollte, möchte die piemontesische Metropole ihre Fabrikgelände urbanisieren und das Image der Industriestadt abschütteln.

Die kalte Pracht der Sportstätten

Zugpferd der Strukturänderung ist die Architektur. Ähnlich wie in Barcelona sind auch in Turin dezentrale Sportprojekte realisiert worden. Für die nichtalpinen Wettkämpfe wurden zwei Sporthallen renoviert: die Giovanni-Agnelli-Halle von Pier Luigi Nervi und das Stadio Communale. Der japanische Architekt Arata Isozaki hat den runden Betonbau von 1934 um eine eckige Halle erweitert. Deren eisige, horizontal geschlitzte Stahlfassade verweist auf die kalte Pracht im Inneren. Gleichwohl ist die Halle nicht so spektakulär ausgefallen wie Isozakis Sant-Jordi-Sportpalast in Barcelona. Den Turiner Bauherren ging es weniger um auffällige Bauten als vielmehr um chirurgische Eingriffe in das städtische Gewebe. Neu gebaut wurden nur der ovale «Palasport Velocità» für den Eisschnelllauf von HOK aus London und der Sportpalast im Industriegebiet Mirafiori. Die Eröffnungs- und die Schlusszeremonie der Spiele finden im Alpenstadion, der Heimat von «Juventus», statt. Das wichtigste Stadion der Stadt ist jedoch der hexagonale «Palazzo Vela» von Annibale und Giorgio Rigotti, in welchem die Eiskunstlauf- und Short-Track-Wettbewerbe abgehalten werden. Die Betonhalle mit über 150 Meter Spannweite am linken Ufer des Po wurde von Gae Aulenti und Arnaldo de Bernardi für die Spiele umgebaut.

Auch das alte Lingotto-Werk von Fiat erfuhr eine Aufwertung. Das 600 Meter lange Gebäude, auf dessen Dach Giacomo Matte Trucco die berühmte Versuchspiste anlegte, ist das Symbol des italienischen Industriebaus. Schon vor Jahren wurde es von Renzo Piano zum Hochschul-, Hotel-, Büro- und Einkaufszentrum umgebaut. Der Bolla genannte kugelförmige Konferenzraum auf dem Dach und die Pinakothek, in der Kunstwerke aus der Agnelli-Sammlung gezeigt werden, sind der sichtbarste Ausdruck der neuen Nutzung. Für die Spiele wird im Lingotto das grosse Pressezentrum eingerichtet, denn den 2600 Athleten stehen 9600 Journalisten gegenüber!

Vom Lingotto aus fällt der Blick auf die Betondächer der benachbarten «Mercati Generali». Die 25 000 Quadratmeter grosse Halle, Umberto Cuzzis rationalistisches Meisterwerk von 1934, ist zum Zentrum für die Akkreditierung, Logistik und medizinische Versorgung, aber auf für Konferenzen umgebaut und mit Läden und Restaurant versehen worden. Die eleganten, parabolischen Betonformen dienten Hugh Dutton als Inspiration für seine riesige rote Hängebrücke, die sofort zum architektonischen Symbol der Spiele avancierte. Für den Bau des olympischen Dorfs nebenan wurde eine wahre «europäische Architektur-Olympiade» veranstaltet. Der Masterplan stammte von Otto Steidle aus München; an der Realisierung aber waren Architekten aus Basel, Berlin, London, Lyon, Mailand, München, Paris, Turin und Wien beteiligt.

Das bunte Ergebnis einer europäischen Koproduktion bietet 750 Wohnungen für 2500 Sportler, die nach den Spielen zu Studentenheimen sowie Miethäusern werden. Insgesamt 39 Bauten mit fünf bis acht Stockwerken wurden in einem Schachbrettmuster errichtet. Alle öffentlichen Räume, Plätze, Höfe und Gärten sind miteinander verbunden. Neben verschiedenen italienischen Baukünstlern haben auch international bekannte Architekten wie Roger Diener aus Basel, Adolf Krischanitz und Manfred Ortner aus Wien einzelne Wohnhäuser der ökologischen Modellsiedlung entworfen. Das Farbschema, das der Berliner Künstler Erich Wiesner für das olympische Dorf entwickelt hat, fasst die unterschiedlichen architektonischen Handschriften zu einem einprägsamen, farbigen Katalog der europäischen Wohnarchitektur zusammen.

Eisenbahn statt Autos

Eine der wichtigsten städtebaulichen Veränderungen in Turin war der Bau von zwei neuen U-Bahn-Linien. Der Hauptbahnhof, die Stazione Porta Nuova, wird zugunsten des Bahnhofs Porta Susa geschlossen. An seiner Stelle entsteht ein Stadterweiterungsgebiet, das künftig das Zentrum mit den riesigen Industrieflächen im Süden verbinden soll. Über dem «Passante» genannten 15 Kilometer langen Tunnel, der die Hauptbahnlinie von Turin aufnimmt, entstand eine neue «Spina Centrale», eine grosse Allee, die die beiden bisher getrennten Stadthälften verbindet und zur wichtigsten Nord-Süd-Verbindung der Stadt wurde. Die anliegenden Grundstücke werden nun sukzessive umgewidmet: Eine alte Stahlfabrik wurde zum Umwelttechnologiepark und die Reparaturhallen der italienischen Staatsbahn zum Polytechnikum.

Seitdem die Stadt 1997 den «Progetto Speciale Periferie» verabschiedet hat, verfolgt die Planung das Ziel, Turin polyzentrisch zu entwickeln, und deshalb wurden auch die Bahnverbindungen zwischen Stadt und Umland verbessert. Der Familie Agnelli, der neben Fiat auch die grosse Tageszeitung in Turin und mehrere Banken gehören, dürfte es recht sein, denn sie ist auch in der Bahnindustrie aktiv. Die Schicksale der Stadt und des Konzerns sind eben traditionell eng verwoben. Nun bereitet sich Turin auf die postindustrielle Ära vor. Die Olympischen Winterspiele 2006 sind dafür nur ein Baustein.

Neue Zürcher Zeitung, Mo., 2006.01.30

03. Januar 2006Ulf Meyer
Neue Zürcher Zeitung

Museen als Orte räumlicher Vielfalt

Im nächsten Sommer soll in Luxemburg das neue Kunstmuseum eröffnet werden. Autor des Musée d'art moderne Grand- Duc Jean ist der in New York tätige und durch die Louvre-Pyramide in breiten Kreisen bekannt gewordene Ieoh Ming Pei. Mit dem 1917 geborenen Architekten und Pritzker-Preis-Träger sprach Ulf Meyer in Luxemburg.

Im nächsten Sommer soll in Luxemburg das neue Kunstmuseum eröffnet werden. Autor des Musée d'art moderne Grand- Duc Jean ist der in New York tätige und durch die Louvre-Pyramide in breiten Kreisen bekannt gewordene Ieoh Ming Pei. Mit dem 1917 geborenen Architekten und Pritzker-Preis-Träger sprach Ulf Meyer in Luxemburg.

In diesem Jahr werden gleich drei Ihrer Museen fertiggestellt: in Dauha, Suzhou und in Luxemburg. In einem Alter, da andere Menschen längst den Ruhestand geniessen, arbeiten Sie gleichzeitig auf drei Kontinenten.

Manchmal wünschte ich, dass ich jünger wäre. Denn jeder Ort, an dem ich tätig sein darf, lehrt mich etwas Neues; und die unterschiedlichen kulturellen Kontexte zwingen mich dazu, mich zu verändern.

Die Bedeutung des Bauherrn

Haben Ihnen die staatlichen Auftraggeber in Luxemburg beim Entwurf freie Hand gelassen?

Eine Laissez-faire-Einstellung der Auftraggeber tut Architekten meist nicht gut. Entwerfer brauchen starke Bauherren, an denen sie sich reiben können. Ich entwerfe kontextuell und bin nicht bestrebt, an jedem Ort auf der Welt meine unverkennbare Handschrift zu hinterlassen. Ich verstehe meine Baukunst nicht als «Brand» oder als internationale Marke. Um es mit Ludwig Mies van der Rohe zu sagen: Ich möchte nicht neu sein, sondern gut! Architektur ist für mich eine pragmatische Kunst, die auf Notwendigkeit basiert. Freiheit im Ausdruck gibt es nur innerhalb des Rahmens von Bewegung, Mass und Proportion. Dies immer bezogen auf den Genius Loci.

Sie gelten als der «Architekt der Mächtigen»: Zu Ihren wichtigsten Bauherren zählten die Kennedys, die Kommunistische Partei Chinas und François Mitterrand. Glauben Sie, dass es Helmut Kohl mit dem Deutschen Historischen Museum in Berlin und Jacques Santer mit dem Luxemburger Musée d'art moderne Grand-Duc Jean in Sachen Prestige Mitterrand gleichtun wollten?

Santer hätte eine zweite Amtszeit gebraucht, um genügend Einfluss auf dieses Projekt zu nehmen. Aber ein guter Bauherr ist für mich auf jeden Fall wichtiger als das Bauprojekt selbst.

Sie haben Ihr ganzes Leben lang Museen entworfen: vom Erweiterungsbau der Nationalgalerie in Washington über die Museen in Boston und im japanischen Shigaraki bis hin zu den Erweiterungen in Paris und Berlin, um nur einige zu nennen. Suchen Sie den universellen Raum, oder wollen Sie vielmehr Räume schaffen, die auf die Kunstwerke zugeschnitten sind?

Als ich mich Anfang der neunziger Jahre daran machte, den Neubau für Luxemburg zu entwerfen, war die Sammlung des Museums noch sehr mager. Da ich mich nicht allzu sehr auf eine bestehende Sammlung beziehen konnte, versuchte ich Räume zu schaffen, die einen geeigneten Hintergrund für ein breites Spektrum von Kunst bilden - Räume mit Oberlichtern und Wänden aus honigfarbenem französischem Kalkstein. Die bisher einzigen Skulpturen in dem Gebäude sind die Wendeltreppen. Jedes Stockwerk hat seine eigene Lichtstimmung und eignet sich daher für unterschiedliche Werke. Aber meine Architektur soll sich nicht in den Vordergrund drängen und der Kunst die Schau stehlen. Sie soll lediglich motivieren: Die Oberlichter und die attraktiven Aufgänge sollen die Besucher verlocken, sich in allen Etagen umzusehen. Ich wollte Innenräume schaffen, die eine hochkarätige Sammlung überhaupt erst anziehen. Als Architekt muss man ein Museum so entwerfen, dass es auch einer anderen Sammlung als der vorhandenen dienen könnte.

Inflationär wirkender Bauboom

Wir erleben einen weltweiten Museumsboom.

Ja, angesichts dieser Inflation wirkt es fast so, als hätte das Museum als der das Stadtbild prägende Typus die Stelle eingenommen, die einst den Kirchen zukam.

Das Luxemburger Projekt ist das langwierigste Ihrer ganzen Karriere. Mehrmals gab es längere Baustopps. Waren die Baupausen dem Projekt zu- oder abträglich?

In diesem Fall war die lange Planungs- und Bauzeit kein Vorteil. Neben einem Streit um den richtigen Stein erwies sich die Lage des Haupteingangs als das grösste Problem. Der Zutritt konnte nicht - wie ursprünglich von mir vorgesehen - durch das benachbarte Fort erfolgen. Er musste auf die andere Seite der Gebäudes verlegt werden. Damit wurde meine Wahl des Bauortes eigentlich hinfällig.

Was bedeutet es Ihnen, in Luxemburg und damit einmal mehr in Europa zu arbeiten?

Luxemburg ist für mich eine Schnittstelle zwischen der französischen und der deutschen Kultur und als solche sehr interessant, weil ich in beiden Ländern schon Museen entworfen hatte. In Paris und Berlin hätte ich niemals erfolgreich sein können ohne Kenntnis der jeweiligen Geschichte. Europa ist für mich so faszinierend, weil es äusserst vielfältig ist. Ich hoffe, dass diese Vielfalt auch künftig in der EU erhalten bleibt und sich in Luxemburg widerspiegeln wird.

Neue Zürcher Zeitung, Di., 2006.01.03



verknüpfte Akteure
Pei Ieoh Ming

15. Dezember 2005Ulf Meyer
Neue Zürcher Zeitung

Architekturspektakel im Heiligen Land

Nach der Cymbalista-Synagoge von Mario Botta und dem Palmach-Museum von Zvi Hecker beweist Tel Aviv mit zwei formal ambitionierten Neubauten einmal mehr, dass qualitätvolle Architektur in Israel auf Interesse stösst. Es handelt sich dabei um Daniel Libeskinds Wohl Center der Bar-Ilan-Universität und Moshe Safdies Rabin Center.

Nach der Cymbalista-Synagoge von Mario Botta und dem Palmach-Museum von Zvi Hecker beweist Tel Aviv mit zwei formal ambitionierten Neubauten einmal mehr, dass qualitätvolle Architektur in Israel auf Interesse stösst. Es handelt sich dabei um Daniel Libeskinds Wohl Center der Bar-Ilan-Universität und Moshe Safdies Rabin Center.

Mit der für das Jahr 2008 geplanten Eröffnung von Frank O. Gehrys Museum der Toleranz in Jerusalem soll der «Bilbao-Effekt» auch in Israel zur Wirkung kommen. Aber bereits heute ist das Heilige Land ein beliebtes Tätigkeitsfeld für Baukünstler aus aller Welt. Das beweisen nach der Cymbalista-Synagoge von Mario Botta und dem Palmach-Museum von Zvi Hecker zwei weitere Projekte in Tel Aviv, die jüngst fertiggestellt worden sind: das Rabin Center von Moshe Safdie und das Wohl Center von Daniel Libeskind.

Ausländische Mäzene

Das Ende Oktober feierlich eingeweihte Wohl Center ist Libeskinds erstes Gebäude in Israel. Es steht auf dem neuen Nord-Campus der religiösen Bar-Ilan-Universität in Ramat Gan, einem längst mit Tel Aviv zusammengewachsenen Vorort der Mittelmeermetropole. Mit seinem «Stimmen und ihre Echos» genannten Entwurfskonzept wollte Libeskind die beiden Komponenten der als Bauherrin auftretenden Universität verbinden: das Säkulare und das Religiöse. Zugleich sollten mit architektonischen Mitteln «die Dynamik des Wissens und die vereinheitlichende Rolle des Glaubens ausgedrückt werden», wie es der Architekt mit der für ihn typischen Eloquenz nennt. Das 900 Sitze bietende Auditorium kragt weit über den Eingang des wie zersplittert erscheinenden Wohl Center aus. Ebenso spektakulär wie die dramatischen Bauformen sind die Fassaden mit ihren golden schimmernden Metallstreifen und expressiv gezackten Fenstern. Damit erinnert das von der Maurice and Vivienne Wohl Charitable Foundation gestiftete Gebäude unweigerlich an Libeskinds Jüdisches Museum Berlin, das bis anhin - nach seinem Misserfolg bei der Wiederaufbauplanung für Ground Zero in New York - das bedeutendste Werk des Architekten darstellt.

Ebenfalls ausländischem Mäzenatentum ist der zurzeit am hitzigsten diskutierte Neubau in Israel zu verdanken: das Yitzhak Rabin Center for Israel Studies, das unlängst anlässlich des 10. Jahrestags der Ermordung des einstigen israelischen Premierministers in Tel Aviv eingeweiht werden konnte. Entworfen wurde es von dem in Boston tätigen Moshe Safdie, der lange schon zu den einflussreichsten Architekten in Israel zählt. Als ehemaliger Freund Rabins wurde er von dessen Witwe mit der Planung und dem Bau des Zentrums beauftragt, nachdem er zuvor schon das Doppelgrab der Rabins entworfen hatte.

Safdies Neubau befindet sich am Rande eines Militärgeländes im nördlich der Innenstadt gelegenen Vorort Ramat Aviv. Durch seine Lage an Israels wichtigster Autobahn kann er täglich von Hunderttausenden von Verkehrsteilnehmern gesehen werden. Unter dem Hanggrundstück im Ha-Yarkon-Park, wo er sich erhebt, war in den fünfziger Jahren ein geheimes Notkraftwerk gebaut worden. Dieses lange schon aufgegebene unterirdische Kraftwerk liess Safdie nun mit einer monumentalen Sandsteinwand verkleiden. Das Rabin Center selbst besteht aus zwei Seitentrakten, die von weissen, organisch geformten Dächern bekrönt werden, und einer zweistöckigen Arkade, hinter der sich das Museum und das Forschungszentrum befinden. Die Schalendächer erinnern an die Flügel einer Friedenstaube und bestehen aus Schaumstoff, der durch einen mit Glasfasern verstärkten Überzug aus Polyester verkleidet wurde. Zu Füssen der Seitentrakte liegen der Clinton- und der Hussein-Garten.

Mit der Lea-Rabin-Halle auf der einen und der Bibliothek auf der anderen Seite verbindet das Zentrum «Erinnerung und historische Aufarbeitung, um Leben und Vermächtnis von Rabin als Soldat, Staatsmann, Sozialreformer und Visionär darzustellen». Im unteren Teil des Baus kommt Rabin als Kämpfer, im oberen aber als Diplomat und Vermittler zu Ehren. Räumlich am interessantesten ist das Rabin-Museum, das in der Form einer spiralförmigen Rampe konzipiert wurde. Mehrere Galerien gruppieren sich wie ein Schneckenhaus um diese Spirale und führen den Besucher fast wie im New Yorker Guggenheim Museum in die Tiefe, wo eine archaisch-schwere, säkulare «Klagemauer» an den grossen Politiker erinnert.

Fehlende Architekturtradition

Anlässlich der Eröffnung des Rabin Center kritisierte Safdie, dass es in Israel keinen respektvollen Umgang mit wichtigen Bauwerken gebe und diese auch nicht gepflegt würden. Das liege daran, dass die israelische Nation noch jung sei und den meisten Leuten ein Interesse an Denkmalschutz fehle. Er hoffe aber, dass sich Israel auf die Zeiten zurückbesinnen werde, als das Land ein blühendes Zentrum der mediterranen Moderne gewesen sei. Gute Bauherren sind Safdies Meinung nach in Israel schwer zu finden. Umso wichtiger sei daher das Engagement von ausländischen Gönnern und Stiftungen. Zu diesen zählt das Simon Wiesenthal Center in Los Angeles: Das von ihm in Auftrag gegebene Museum der Toleranz wird von Gehry nahe der Altstadt von Jerusalem aus lokal vorkommendem Kalkstein und blauen Titanplatten errichtet - mit spektakulär geschwungenen Bauteilen, in denen Theater, Konferenzzentrum und Bildungsräume ineinander verkeilt werden. Für das umstrittene Projekt ist allerdings bis jetzt erst ein Drittel der Baukosten gespendet worden.

Neue Zürcher Zeitung, Do., 2005.12.15

10. September 2005Ulf Meyer
Neue Zürcher Zeitung

Philosophie der «Symbiosis»

Als einer der führenden Vertreter der Metabolisten wurde der 1934 in Nagoya geborene Kisho Kurokawa Anfang der sechziger Jahre mit Kapseltürmen und Entwürfen wie der «Helix City» international bekannt. Kurokawa, der noch immer weltweit als Architekt tätig ist, versteht sich als Denker. Seine Philosophie der «Symbiosis» strebt nach dem Ausgleich der Gegensätze. Mit Kurokawa sprach Ulf Meyer in Berlin.

Als einer der führenden Vertreter der Metabolisten wurde der 1934 in Nagoya geborene Kisho Kurokawa Anfang der sechziger Jahre mit Kapseltürmen und Entwürfen wie der «Helix City» international bekannt. Kurokawa, der noch immer weltweit als Architekt tätig ist, versteht sich als Denker. Seine Philosophie der «Symbiosis» strebt nach dem Ausgleich der Gegensätze. Mit Kurokawa sprach Ulf Meyer in Berlin.

Interessieren sich junge japanische Architekten noch für Ihre metabolistischen Stadtideen, mit denen Sie berühmt geworden sind, oder ist der Metabolismus aus Sicht der zweiten Moderne schon eine abgeschlossene Architekturrichtung?

Die beiden wichtigsten Architekten der Generationen nach mir sind Toyo Ito und Tadao Ando. Während Ito versucht, das Paradigma der Moderne zu verändern, ist Ando ein reiner Handwerker. Die Vertreter der jüngeren Generation sind zwar ästhetisch sehr sensibel, aber sie fürchten sich vor dem sozialen Aspekt der Architektur. Sie sind nicht so hungrig, wie wir einst waren, und gehen harten Diskussionen lieber aus dem Weg. Der Metabolismus lebt also vielleicht weniger als Stil weiter denn als Geisteshaltung.

ARCHITEKTONISCHE UTOPIEN

Bisher haben Sie im deutschsprachigen Raum nur die aus den dreissiger Jahren stammende japanische Botschaft in Berlin zum Japanisch- Deutschen Zentrum umgebaut, in dem heute wieder die japanische Botschaft residiert. Haben Sie Interesse an neuen Herausforderungen hier?

Ich habe unlängst dem Berliner Senatsbaudirektor vorgeschlagen, meine «Helix City» in Berlin zu bauen, und er sagte: «Wir brauchen keine städtebaulichen Träume mehr. Ihre Visionen haben hier keine Chance.»

Ihre Utopien entstanden während des japanischen Booms der sechziger und siebziger Jahre. Aber die Zeiten haben sich geändert. Viele europäische Städte wachsen kaum noch, und in Deutschland gilt es noch immer eher, die Kriegswunden zu heilen, als neue Utopien zu kreieren.

Die japanischen Städte waren auch verwundet, wurden aber rasend schnell wieder aufgebaut. Wenn man ständig neu baut und wieder abreisst, ist das ein sehr verschwenderischer Umgang mit den Ressourcen. Meine Kapseltürme und Megastrukturen sind rezyklierbar. Während beispielsweise in Italien nach dem Zweiten Weltkrieg sehr qualitätvolle Wohnungsbauprogramme gestartet wurden, ist die Nachkriegsarchitektur in Japan jetzt schon abbruchreif. Und in China baut man heute noch viel weniger nachhaltig. Nach zehn oder fünfzehn Jahren werden die Gebäude schon wieder abgerissen. Meine metabolistischen Ideen sind für eine hohe Baudichte ausgelegt. Denn Japan besteht zu 80 Prozent aus Bergen, und die über 100 Millionen Einwohner müssen auf den verbleibenden 20 Prozent der Fläche wohnen.

Entgegen dem Klischee ist Tokio sehr flach bebaut; die meisten Häuser sind nur zweistöckig.

Ja, aber wenn die städtische Wucherung so weitergeht wie beispielsweise in Los Angeles und sich die Metropolen in die Landschaft ergiessen, kann man diese mit öffentlichen Verkehrsmitteln nicht mehr erschliessen, weil die Dichte zu gering ist. Meine kompakte Stadt hingegen sucht eine «Symbiosis» mit der Natur. Die «Helixstadt» wird über dem Meer oder einem See gebaut, so dass sie kein Land verbraucht, und kann an das U-Bahn-Netz angeschlossen werden. Stattdessen wird die Bucht von Tokio immer kleiner durch die zunehmende Landgewinnung. Für die Politik ist es einfacher, wenn die Städte sich ins Land oder Meer hinaus ausbreiten. Es ist sehr schade, dass meine Ideen nicht umgesetzt wurden.

Haben Sie als Chefplaner von Astana, der neuen Hauptstadt von Kasachstan, einige Ihrer Ideen der siebziger Jahre umsetzen können, oder haben Sie sich selbst von diesen distanziert?

In Astana ging es in erster Linie darum, die bestehende Stadt aus niedrigen, einfachen Bauten zu erhalten. Ich habe die Neustadt am anderen Flussufer vorgesehen und verbinde die Strassennetze der alten und neuen Stadt miteinander. Hier geht es um Städtebau und nicht um Architektur, denn die meisten Gebäude werden von Russen und Osteuropäern gebaut. Ich habe nur den neuen Flughafen entworfen. Sonst stammen lediglich die Infrastruktur und der neue Zonenplan von mir. Das Sumpfgebiet um die Stadt herum wird bei der Schneeschmelze regelmässig überschwemmt. Deshalb musste zuerst der Fluss befestigt werden. In meinem Plan wird er zum Zentrum der Stadt.

BAUENDER DENKER

Sie entwerfen eine neue Millionenstadt in China mit demselben leichten Strich wie ein Baudetail. Sind Architektur und Städtebau für Sie eins?

Die Prinzipien der «Symbiosis» sind universell und können gleichermassen auf Kunst, Gesellschaft oder Politik angewendet werden. Ich bin kein Sozialreformer oder Geschäftsmann, aber in meiner Profession, der Architektur, habe ich in fünfzig Jahren Praxis meine Philosophie ausgedrückt.

Sind Sie ein philosophierender Architekt oder ein entwerfender Philosoph?

Letzteres. Ich bin nie zufrieden mit meinem gebauten Werk, auch wenn ich viel Anerkennung dafür bekomme. Ein Gebäude kann in fünfzig Jahren schon abgerissen sein, aber Bücher bleiben. Der Zweite Weltkrieg hat bewiesen, wie vergänglich Architektur ist.

Bedeutet es Ihnen viel, dass Ihr «Kurokawa- Manifest», das 1987 erstmals auf Japanisch erschien, nun auf Deutsch vorliegt?

Ja, denn das Deutsche ist die Sprache von Immanuel Kant. Die Moderne in Europa und Amerika, die wir heute geniessen, basiert auf Kants Denken: Wissenschaft, Logik, Technik und der Mensch als Mittelpunkt beherrschen unser Weltbild. Aber in der Zukunft wird es andere Werte geben. Unsere Städte sind modernisiert, aber sind wir glücklich damit? Ich denke anders. Wir brauchen zwar auch zukünftig Metropolen, aber auch grosse Städte sind nur Gruppen von kleinen Städten. Städte werden in Zukunft immer stärker verschiedene Kulturen inkorporieren und dezentral werden. Wir leben jetzt in einer zunehmend grenzenlosen Gesellschaft, und das wirft viele Sicherheitsfragen auf, wie jüngst die U-Bahn-Attentate in London bewiesen haben. Die Schweiz zum Beispiel ist ein schönes und touristisch attraktives Land, aber was sie für mich interessant macht, ist der Zivilschutz. Unsere Verfassung schreibt uns ebenfalls vor, neutral zu sein - aber wenn ein anderes Land eine Rakete auf Japan abschiesst, können wir uns nicht verteidigen, bevor die Bombe eingeschlagen ist. Dennoch gibt es keinerlei Zivilschutz in meiner Heimat.

Auf Japanisch verwenden Sie für «Symbiosis» das Wort «Kyo-sei». Haben Sie es erfunden?

Ja, und sogar Bill Clinton und der Papst haben es aufgegriffen. In Japan wird das Wort von Politikern, Künstlern oder Geschäftsleuten schon sehr viel verwendet, auch wenn sie manchmal nicht seine volle Bedeutung kennen. Es ist einfach, die Welt in Ja und Nein, Ost und West, kapitalistisch und kommunistisch einzuteilen. Aber wie charakterisieren wir ein Land wie China? Wirtschaftlich ist China ein Paradebeispiel für «Symbiosis». Es ist weder noch. Mein Manifest wird gerade ins Chinesische übersetzt. Meine Philosophie versucht, nicht nur den einseitigen Rationalismus, sondern auch die Vorherrschaft der westlichen Kultur zu überwinden.

Neue Zürcher Zeitung, Sa., 2005.09.10



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Kurokawa Kisho

07. Juni 2005Ulf Meyer
Neue Zürcher Zeitung

Bunte Tourismuswelt

Die neuste Weltausstellung, die derzeit in der japanischen Präfektur Aichi stattfindet, ist eine skurrile Mischung aus Jahrmarkt und ernsthaften Anliegen. Dabei wurde das Thema der Expo, «die Weisheit der Natur», von fast allen Teilnehmern ignoriert.

Die neuste Weltausstellung, die derzeit in der japanischen Präfektur Aichi stattfindet, ist eine skurrile Mischung aus Jahrmarkt und ernsthaften Anliegen. Dabei wurde das Thema der Expo, «die Weisheit der Natur», von fast allen Teilnehmern ignoriert.

Mit dem Ausruf «Sugoi!» (etwa: super!) reagieren Japaner auf alles, was ihre Aufmerksamkeit erregt. Diesen «Sugoi-Faktor» möglichst oft zu erzeugen, ist Ziel der internationalen Aussteller auf der neusten Weltausstellung, die Ende März in der nahe Nagoya auf halbem Weg zwischen Tokio und Osaka gelegenen japanischen Präfektur Aichi eröffnet wurde. Wie ihre Vorgängerinnen ist auch diese Expo eine Mischung aus Jahrmarkt und ernsthaften Anliegen. Das Thema der Expo, «die Weisheit der Natur», wurde von fast allen Teilnehmern hartnäckig ignoriert. Der «Menschenzoo» der Nationalpavillons, der vor Anbruch des Zeitalters des Massentourismus traditionell die Hauptattraktion einer Weltausstellung war, ist auch in Aichi noch zentral: Die 120 Länderpräsentationen sollten nach Wunsch der Veranstalter eine «interkulturelle Symphonie» ergeben, kommen tatsächlich jedoch kaum über das Niveau einer Tourismusmesse hinaus. Der nordische Gemeinschaftspavillon zum Beispiel entspricht den Erwartungen der Besucher, indem er mit Wasser, hellem Holz und skandinavischem Design eine unaufdringliche, aber dennoch unverkennbar nordische Atmosphäre verbreitet. Die Niederlande haben ihren Pavillon mit riesigen blau-weissen Fliesen und orangefarbenen Blumen geschmückt. Da fehlen nur noch Holzschuh und «Kaaskunst» als nationale Stereotypen.

Dekorierte Schuppen

Das Zeitalter der Weltausstellungen als beendet zu erklären, wäre dennoch voreilig, auch wenn die Expo 2000 in Hannover gemessen an den Erwartungen der Veranstalter ein Flop war und daraufhin die für 2004 in Paris geplante Weltausstellung kurzerhand abgesagt wurde. Die wichtigste Attraktion der Expo in Hannover vor fünf Jahren, die nationale Selbstdarstellung durch Architektur, kommt in Aichi jedoch zu kurz, denn die «Nationenpavillons» sind bei kleineren, thematischen Weltausstellungen, zu denen Aichi zählt, jeweils nicht mehr als «dekorierte Schuppen». Das liegt daran, dass hier - wie etwa 1998 in Lissabon - die einzelnen Länder sich in vorfabrizierten Hallen einrichten mussten. Diese konnten sie lediglich innen und aussen gestalten. Dadurch wurden manche Aussteller dazu verleitet, die Besucher rein medialen Reizen auszusetzen.

So präsentiert die Schweiz eine Bergwelt, in deren Innerem die mit Taschenlampen ausgestatteten Besucher auf Entdeckungsreise durch die Mythenwelt gehen und schliesslich einen Blick aufs Matterhorn erhaschen können. Zeitgenössische Schweizer Gestaltungskunst findet sich nur im Café, einem Musterbeispiel für den weltweit anerkannten Schweizer Minimalismus. Auch Österreich dienen hohe Berge als Erkennungszeichen. Trecolore Architects haben einen hölzernen Rodelberg gebaut mit Walzertanzsaal und Wiener Kaffeehaus. Deutschland demonstriert zusammen mit Frankreich in einem grossen Doppelpavillon deutsch-französische Freundschaft, wobei im französischen Teil mittels eines Haus- im-Haus-Konzepts mit Fassaden aus hinterleuchteten Salztafeln ein eindrucksvoller Raum präsentiert wird. Andere Nationen setzten stärker auf Architektur: So hat Alejandro Zaera-Polo den spanischen Pavillon mit einer farbenfrohen und geometrisch raffinierten Fassade aus Keramik- Hexagonen fotogen verkleidet. Denn das Wichtigste für die Japaner sind möglichst exotisch wirkende Fotosujets. Die Besucher lassen sich denn auch gerne mit grossen Sombreros vor dem mexikanischen Pavillon oder neben Vertretern der kanadischen Gendarmerie in ihren schmucken, roten Uniformen ablichten.

Das Privileg, eigene Pavillons bauen zu dürfen, blieb den japanischen Konzernen und Gebietskörperschaften vorbehalten, und die haben regen Gebrauch davon gemacht: Der japanische Nationalpavillon wurde in Form einer halben Erdnussschale vollständig aus kompostierbaren Materialien - Bausteinen aus Biomasse und Bambusgras - gebaut. Überdacht ist der Pavillon von einfachen Bambusmatten. Der Turm, den die Stadt Nagoya nebenan errichtet hat, will hingegen nicht als ökologisches Vorzeigeprojekt, sondern als Spielerei punkten: In ihm befindet sich ein riesiges Kaleidoskop, das mit optischen Effekten verführt.

Neue Roboter

Richtig «sugoi» sind für das japanische Publikum die omnipräsenten Roboter. Bereits arbeitet man an Maschinen, die zukünftig in der schnell alternden japanischen Gesellschaft die Betagten pflegen sollen. Noch aber verursachen die Roboter mehr Arbeit, als sie dem Menschen abnehmen: Die überall auf dem Expogelände herumschwirrenden Menschmaschinen werden von Hostessen begleitet, die zwischen ihnen und den Neugierigen vermitteln. Der Traum von den bienenfleissigen und anspruchslosen Helfern wird in Japan allerdings schon seit Generationen geträumt: Bereits auf der ersten japanischen Expo, die 1970 in Osaka stattfand, waren sie ein grosses Thema. Eine klare Aussage wie damals, als Japan zur wirtschaftlichen Supermacht aufstieg, fehlt der Weltausstellung von Aichi. Bis zum Ende der Expo am 25. September werden dennoch 15 Millionen Besucher in Aichi erwartet, die hier Technik, Design und Architektur bewundern werden.

Nach Osaka waren 1970 allerdings 65 Millionen Neugierige geströmt. Die Expo 70 war nicht nur die erste ausserhalb der westlichen Welt. Sie war darüber hinaus auch für die Entwicklung einer eigenständigen japanischen Architekturmoderne zentral. Auch die Auftritte der Schweiz und anderer europäischer Länder konnten damals weit ambitionierter gestaltet werden, da es sich um eine grosse, umfassende Weltausstellung handelte. Die nächste Gelegenheit zu einer wirklichen architektonischen Selbstdarstellung werden die Länder der Welt erst wieder in fünf Jahren haben. Dann wird in Schanghai eine Weltausstellung «erster Klasse» eröffnet. Und die aufstrebende chinesische Wirtschaftskapitale ist heute schon «sugoi» - nicht nur in Japan.

Neue Zürcher Zeitung, Di., 2005.06.07

18. März 2005Ulf Meyer
Neue Zürcher Zeitung

Steingewordene Geschichte

Je weniger Menschen sechzig Jahre nach Ende des Zweiten Weltkriegs noch persönlich vom grössten Völkermord des 20. Jahrhunderts berichten können, desto wichtiger wird es, die Erinnerung an ihn den nachwachsenden Generationen weiterzugeben. Deshalb wurde in Yad Vashem ein neues Holocaust-Museum von Moshe Safdie errichtet.

Je weniger Menschen sechzig Jahre nach Ende des Zweiten Weltkriegs noch persönlich vom grössten Völkermord des 20. Jahrhunderts berichten können, desto wichtiger wird es, die Erinnerung an ihn den nachwachsenden Generationen weiterzugeben. Deshalb wurde in Yad Vashem ein neues Holocaust-Museum von Moshe Safdie errichtet.

Wie ein Pfeil durchbohrt das neue Jerusalemer Holocaust-Museum den Har Hasikaron, den Berg des Gedenkens, und duckt sich unter Tag, um das tröstlich wirkende Grün von Yad Vashem bestmöglich zu erhalten. Nur Anfang und Ende des überwiegend unterirdischen Gebäudeprismas ragen wie schwebend aus dem Hügel heraus und bilden Ein- und Ausgang des neuen Museums. Das im Schnitt dreieckige Gebäude wird durch ein 175 Meter langes, den Hügel durchschneidendes Oberlichtband natürlich belichtet. Mit ihm ist die 1953 eröffnete Gedenkstätte Yad Vashem nach zehn langen Jahren des Planens und Bauens um einen Ort des Erinnerns erweitert worden. Entworfen wurde der ungewöhnliche, 56 Millionen Dollar teure Neubau von dem 1938 in Haifa geborenen Moshe Safdie, der Architekturbüros in Boston, Toronto und Jerusalem unterhält und bereits das Kindermahnmal und das Transport Memorial in Yad Vashem gebaut hat.

Von der Finsternis zum Licht

Der vor drei Tagen in Anwesenheit von Politikern aus aller Welt feierlich eingeweihte Neubau (NZZ 16. 3. 05) ersetzt das bestehende Holocaust- Museum von Yad Vashem, das in den letzten Jahren zunehmend als etwas «altbacken» kritisiert wurde: Zu streng chronologisch und zu abstrakt war vielen Besuchern die Präsentation geworden - besonders nachdem das in Washington eröffnete Holocaust-Museum neue Standards für das Holocaust-Gedenken in der Museumsdidaktik gesetzt hatte: Modernste Technik und authentische Exponate anstelle von zweidimensionalen Fotos und Dokumenten machen dort das Erlebnis der Museumsbesucher persönlicher und plastischer. Mit dem neuen Konzept des Jerusalemer Museums ist deshalb auch die Hoffnung verbunden, in der Öffentlichkeit wieder mehr Anteilnahme am unermesslichen Leid zu wecken, das von den Todeslagern ausging. Hatten 1999 noch über zwei Millionen Menschen Yad Vashem besucht, war diese Zahl drei Jahre später auf unter 570 000 gefallen und ist seitdem nur geringfügig angestiegen, obwohl Yad Vashem nach wie vor ein Muss für jeden israelischen Schüler und Soldaten sowie für jeden Staatsgast und Touristen ist. Es ist bis heute das beeindruckendste Areal weltweit, das dem Gedenken an den Holocaust gewidmet ist.

Weil immer weniger Zeitgenossen eigene Erinnerung an die Vernichtungslager der Nazis haben, weil immer mehr Überlebende sterben, sollen den jüngeren und nachwachsenden Generationen die Lebensgeschichten der Opfer des Holocausts in Safdies Neubau möglichst lebendig erzählt werden. Das millionenfache Schicksal wird beispielhaft anhand von Tagebüchern und Videoaufzeichnungen erzählt. Diese sehr persönlichen Berichte, aus denen auch geschichtlich Bewanderte neue Informationen ziehen können, berühren emotional aufs Stärkste. Dazu kommt, dass der Weg durch das neue Museum einer eindrücklichen architektonischen Dramaturgie folgt: von der dunklen Vergangenheit in Europa zur lichten Zukunft in Israel. Schon vom Eingang aus blicken Besucher entlang des Gebäudes mit seinen Oberflächen aus rohem Sichtbeton zum Licht am Ende des Pfades, steigen hinab in die düstere Geschichte bis 1945 und anschliessend wieder empor. Unpassierbare Furchen im Betonboden des Mittelgangs, die für Wendepunkte in der Geschichte der Shoah stehen, zwingen die Besucher in dem mit 4500 Quadratmetern auf mehr als die dreifache Ausstellungsfläche angewachsenen neuen Haus dazu, einen Zickzackweg durch die unterirdischen Kabinette zu beschreiten: Die Wendepunkte der Geschichte müssen begangen werden, weil der Weg geradeaus versperrt ist. Denn so linear, wie der prismatische Zentralraum des Museums auf den ersten Blick glauben machen könnte, verlief die Geschichte nicht.

Räumlich und inhaltlich am beeindruckendsten ist die kreisrunde «Halle der Namen» am Ende des narrativen Pfades durch das neue Museum: In einem abgehängten Kegelstumpf aus Glas hängen hinterleuchtete Fotos von fast 600 ermordeten Juden und blicken auf die Besucher hinab. Darunter befindet sich eine spiegelbildliche, trichterförmige Aushöhlung, die elf Meter tief bis hinunter auf den Fels reicht und mit Wasser gefüllt ist. In dessen Oberfläche spiegeln sich die Halle und mit ihr die Gesichter aus dem Kegel darüber, während sich vor den eigenen Füssen ein Abgrund auftut. Die fotografierten Gesichter repräsentieren die bekannten, die unheimliche Grube aber die unbekannten Opfer des Massenmords. Rundherum stehen grosse schwarze Regale, in denen Millionen von Dokumenten der namentlich bekannten Opfer des Judenmords stehen, die in Yad Vashem gesammelt wurden.

Krönung von Safdies Werk in Israel

Der Weg der Museumsbesucher führt schliesslich zu einem grossen Balkon im Freien mit herrlichem Ausblick auf die Hügellandschaft Jerusalems. Zwei grosse seitliche Betonflügel - für deren Ausführung eine Ausnahmegenehmigung eingeholt werden musste, weil die Gebäude Jerusalems sonst mit dem örtlichen Kalkstein verkleidet sein müssen - rahmen trichterförmig den Blick auf das Gelobte Land. Hier also tritt man aus dem Dunkel der Geschichte hinaus ans Licht. Dieses Licht am Ende des Tunnels steht für die jüdische Heimkehr nach Israel. Anschliessend gelangt man vom Aussichtsbalkon aus zum neuen Museum für Holocaust-Kunst, zur Synagoge und zu einer grossen Galerie für Sonderausstellungen.

In seiner Wirkung als Abbild der jüdischen Existenz zwischen Shoah und hoffnungsvoller Zukunft kommt dem neuen Holocaust-Museum in Israel nationale Bedeutung zu. Nicht zuletzt deshalb stellt es die Krönung dar von Safdies Werk in Israel, wo der Architekt schon seit über 35 Jahren baut. Nach einem glänzenden Karrierestart mit der modularen Wohnanlage Habitat auf der Weltausstellung von 1967 in Montreal kehrte Safdie nach dem Sechstagekrieg zeitweise wieder zurück in seine Heimat. Denn nachdem Israel sich 1967 die Kontrolle über die Altstadt von Jerusalem erkämpft hatte, konnte Safdie umfangreiche Pläne für die Neugestaltung des jüdischen Viertels und für den Vorplatz der Klagemauer entwerfen, die zwar nur teilweise realisiert wurden, für ihn aber zum Auftakt einer Karriere in Israel wurden. Seitdem hat Safdie Jerusalem wie kein zweiter zeitgenössischer Architekt geprägt. Der Campus des Hebrew Union College wurde zum Höhepunkt der monumentalen, neoorientalistischen israelischen Postmoderne, und Safdies Architektursprache emanzipierte sich zusehends vom Strukturalismus und von den Geometrien seines einstigen Lehrmeisters Louis Kahn.

Das Kindermuseum von Yad Vashem, das nach Safdies Plänen 1987 fertiggestellt wurde, nahm bereits zwei wichtige Elemente des Entwurfs für das neue Holocaust-Museum vorweg. Ein unterirdischer Gedenkraum öffnet sich auch dort mit einem grossen Trichter zur Aussenwelt. Was der New Yorker Architekturkritiker Paul Goldberger über diesen kleinen Vorläufer des Museums sagte, nämlich es sei «bewegend, ohne melodramatisch» zu sein, gilt auch für dessen grossen Bruder in Yad Vashem.

Neue Zürcher Zeitung, Fr., 2005.03.18



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Yad Vaschem Holocaust-Museum

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