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16. September 2008Nora G. Vorderwinkler
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Eine Frage der Schichtweise

Die wohnliche Adaptierung eines Dachbodens im städtischen Gefüge birgt wenig Spektakuläres. Dass daraus ein Werk von bemerkenswerter praktischer und konstruktiver...

Die wohnliche Adaptierung eines Dachbodens im städtischen Gefüge birgt wenig Spektakuläres. Dass daraus ein Werk von bemerkenswerter praktischer und konstruktiver...

Die wohnliche Adaptierung eines Dachbodens im städtischen Gefüge birgt wenig Spektakuläres. Dass daraus ein Werk von bemerkenswerter praktischer und konstruktiver Innovation hervorgehen kann, stellten der Innsbrucker Architekt Daniel Fügenschuh und sein Bauherr eindrücklich unter Beweis. In einem spannungsvollen Wechselspiel aus Leere und Inhalt entstanden, auf unterschiedliche Raumebenen verteilt, konzentrierte Wohnbereiche, die in ihrer Komposition zu einem schlüssigen Ensemble verschmelzen. Der imposante Dachraum des historischen Stadthauses aus der Gründerzeit inspirierte den jungen Planer bereits von Beginn der Entwurfsphase an zu größtmöglicher räumlicher Offenheit. Als erste Konsequenz daraus öffnete er die darunterliegende Wohnung des Auftraggebers nach oben hin und integrierte diese in das neue Raumkonzept. Die zusätzliche Wohnfläche sollte zur Gänze in eigenständigen, frei schwebenden Baukörpern untergebracht werden.

Dazu entstanden zwei mächtige Holzquader aus naturbelassenem Fichten-Brettsperrholz, die in unterschiedlichen Höhen die Dachhaut durchdringen und als dominierende Elemente den architektonischen Eingriff prägen. Im Inneren der Boxen bilden Schlafzimmer, Bad, Fitnessraum und Meditationsnische in einem durchdachten Spiel aus Höhenniveaus und Sichtbezügen den intimen Wohnbereich. Die Materialwahl zugunsten von Brettsperrholz ermöglichte es, den Entwurfsgedanken eines weitestgehend unverbauten Luftraums konsequent zu verfolgen. »Unter Ausnutzung der statischen Qualitäten von Brettsperrholz konnten dreidimensional wirksame Strukturen entwickelt werden«, erklärt Daniel Fügenschuh und verweist auf eine der Holzboxen, die – nach dem statischen Prinzip einer Brücke ausgebildet – stützenfrei über die gesamte Raumtiefe spannt. »Ihre Last ruht beiderseits auf den Außenmauern des Gebäudes. Durch die Verankerung mit dem bestehenden Mauerwerk wird die statische Funktion der zuvor abgetragenen Tramdecke von der schwebenden Raumzelle übernommen«, so der Architekt weiter. Neben den Herausforderungen an die holzverarbeitende Firma sorgte die statische Einpassung der hölzernen Raumboxen im Zuge der Bauabwicklung für spannungsreiche Momente. Nach Anlieferung der Brettsperrholzelemente wurden zuerst die Komponenten des kleineren Raumquaders aufgeständert, in luftiger Höhe zusammengesetzt und nach Fertigstellung des größeren Holzvolumens mit diesem verbunden.

Im Anschluss daran schlug die Stunde der Wahrheit: Mit dem Entfernen der provisorischen Tragkonstruktion nahmen die Holzboxen die ihnen zugedachte Position ein – ihre gesamte Last wurde nach und nach auf die Außenmauern übertragen. Eine Doppelfunktion kommt den Seitenwänden des zentralen Treppenlaufes zu: Aufgrund der Fähigkeit von Brettsperrholz, auch diagonale Kräfte aufzunehmen, fungieren diese zugleich als Handlauf und als statisches Aussteifungselement. Neben den konstruktiven Vorteilen kam die naturbelassene Oberfläche des Fichtenholzes dem Wunsch des Bauherrn nach einer umweltbewussten Bauweise in hohem Maße entgegen. Die Rohheit des Materials und die Echtheit der Konstruktion verleihen dem Innenraum einen natürlichen und unaufdringlichen Charakter. Hervorzuheben sind auch die unkomplizierte Bearbeitung und gestalterische Flexibilität des Holzbaustoffs während des gesamten Bauprozesses. Entscheidungen über die Positionierung von Wandnischen und Fensteröffnungen fielen großteils erst vor Ort in Absprache mit dem Bauherrn und der ausführenden Firma. Drei Freibereiche krönen den baulichen Abschluss der dominierenden Raumzelle: Straßenseitig erstreckt sich ein Balkon über die gesamte Breite der Box, hofseitig eine Dachterrasse. Unter dieser verbirgt sich als exotisches Schmuckstück ein japanischer Garten. Von hier aus ragt meterhoher Bambus durch einen Holzrost aus feinen Lärchenlamellen, der zugleich »Gartendecke« und Terrassenboden ist, nach oben.

Von ähnlicher Raffinesse zeigen sich die Brüstungen der Außenbereiche. Durch die entsprechende Neigung der abgeschrägten Holzelemente fallen Sonnenstrahlen ein, unerwünschte Blicke von außen bleiben allerdings verwehrt. Neben der materialgerechten Detailplanung setzt sich eine konsequent angewandte Maßstäblichkeit in allen Bereichen fort. In städtebaulicher Hinsicht fügt sich der Dachbodenausbau zurückhaltend in die Umgebung ein. »Straßenseitig sollte der Umbau unauffällig bleiben und durch die Präsenz der neuen Fassadenelemente lediglich erahnt werden«, so Daniel Fügenschuh. In luftiger Höhe lugen die kompakten, holzverschalten »Hochleistungsboxen« über die Dachlandschaft der Stadt.

(Zeitschrift Zuschnitt 31, 2008; Seite 10ff.)

zuschnitt, Di., 2008.09.16



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15. September 2007Nora G. Vorderwinkler
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Holz macht Schule

Seine Erinnerungen an die eigene Volksschulzeit beschreibt der Vorarlberger Architekt Jakob Albrecht in idyllischen Bildern: »Die Schule war vollständig...

Seine Erinnerungen an die eigene Volksschulzeit beschreibt der Vorarlberger Architekt Jakob Albrecht in idyllischen Bildern: »Die Schule war vollständig...

Seine Erinnerungen an die eigene Volksschulzeit beschreibt der Vorarlberger Architekt Jakob Albrecht in idyllischen Bildern: »Die Schule war vollständig aus Holz gebaut. Morgens hat die Hauswärterin im runden, eisernen Ofen, der mitten im Klassenraum stand, Feuer gemacht. In der Pause haben wir dann darin Äpfel gebraten.« Gut zwanzig Jahre später, gerüstet mit einem Architekturdiplom der Akademie der Bildenden Künste in Wien, besteht Albrechts erste eigenständige Bauaufgabe in der Errichtung eines Schulgebäudes in seiner Heimatregion, dem Bregenzerwald: Mit der Hauptschule Egg schuf Albrecht im Jahr 1962 ein öffentliches Gebäude, das die weitere Architekturentwicklung der Region entscheidend prägen sollte. Es entstand wider die damals geltende Brandschutzverordnung als erster mehrgeschossiger öffentlicher Bau, bei dem Holz konstruktiv zum Einsatz kam.

Dank der massiven Unterstützung durch den amtierenden Bürgermeister von Egg wurde eine Sondergenehmigung von der Baubehörde erteilt. Im Gegenzug wurde der junge Planer angehalten, sämtliche tragende Holzbauteile überzudimensionieren. In seinem Entwurf nimmt Albrecht Bezug auf die Holzbautradition des Bregenzerwaldes. Auf die topografischen Gegebenheiten – die schmale Parzelle erstreckt sich entlang einer prägnanten Hangkante neben der Hauptstraße – antwortete Albrecht mit einem lang gezogenen Baukörper nach dem formalen Konzept einer Korridorschule. Zu beiden Seiten der dreigeschossigen, zentral positionierten Aula erstrecken sich schmale zweigeschossige Klassentrakte. Form und Größe der Schule brachten dem Rohbau bald den spöttischen Beinamen »Seilerei« ein, doch die Verwunderung seitens der Bevölkerung wich zusehends dem Staunen über den modernen Bau.

Bei der Eröffnung im Herbst 1962 machten die rundum holzverkleideten Klassenräume und deren beidseitige Versorgung mit Tageslicht Furore. Die Positionierung der Fenster in kindgerechter Augenhöhe wurde ebenso bestaunt wie die großzügige Aula und die breiten Korridore. Eine absolute Neuheit aber war der südseitig verglaste Gymnastiksaal am Ende des Ostflügels. Zwar wurde die Schule in Mischbauweise ausgeführt, ihre Gesamterscheinung wird jedoch innen wie außen von Holzbauteilen dominiert: von den in Ständerbauweise ausgeführten Nord- und Südwänden, der sichtbaren Holzkonstruktion mit den großflächigen Verglasungen im Aulabereich und den mächtigen Leimbindern der Dachstruktur. Handwerklich kamen durchwegs solide, einfache Techniken zum Einsatz. Dennoch stellte der Bau in dieser Hinsicht eine Herausforderung dar.

Zimmerer wurden damals vorwiegend mit der Errichtung von landwirtschaftlichen Gebäuden beauftragt, wobei auf die Qualität der sichtbaren Oberflächen wenig Wert gelegt wurde. Der im Inneren der Schule geforderte Verarbeitungsstandard des sichtbaren Holzes verlangte den Handwerkern also eine damals überdurchschnittliche Genauigkeit ab. »Für die Verglasung der Schulhalle sollten etwa Fälze in die konstruktiven Bauteile eingearbeitet werden. Dazu musste der Zimmerer die Präzision eines Tischlers an den Tag legen – das war für ihn völlig neu«, erklärt Jakob Albrecht. Das Ergebnis ist aus heutiger Sicht bemerkenswert. Hermann Nenning, Zimmerer der nachfolgenden Generation zur Ausführung des Baus: »Es ist erstaunlich, mit welcher Selbstverständlichkeit und Natürlichkeit mit Holzoberflächen früher umgegangen worden ist.« »Doch genau das macht heute den Charme des Gebäudes aus«, ergänzt der Architekt Walter Felder, der mit der Sanierung des Baus betraut wurde.

Selbst mit den atmosphärischen Vorzügen des Holzes aufgewachsen, soll er nun die Hautpschule Egg in eine neue bautechnische Ära geleiten. Die geplanten Maßnahmen konzentrieren sich auf die bauphysikalische Nachrüstung der Schule, insbesondere in akustischer und thermischer Hinsicht. Dabei erweisen sich die vorhandenen Holzbauteile als ideal: Die Außenelemente der Nord- und Südwand können komplikationslos ausgebaut, in der Werkstatt gedämmt und anschließend wieder montiert werden. Zur akustischen Nachbesserung der Klassenzimmer wird die bestehende Täfelung ersetzt. Proportionen und Holzart der Täfer bleiben gleich, lediglich die Fugen werden offen gehalten. Raumkonzept, Lichtführung sowie Erschließung bleiben vom Umbau unberührt.

Brandschutztechnische Fragen regeln die zuständigen Beamten mit großer Gelassenheit. Im Fall der Schule Egg wurde, wie bereits bei ihrer Entstehung, auch für die Sanierung eine Sondergenehmigung erteilt. Diese betrifft die Holztäfelungen und -böden in den Klassen, die den aktuellen Schulbau- und Brandschutzverordnungen nicht entsprechen. Im Gegenzug mussten die Architekten Ersatzmaßnahmen einplanen, etwa zusätzliche Brandmelder und Löschgeräte.

Die Entstehungsgeschichte der Hauptschule Egg und ihr heutiger Stellenwert sind repräsentativ für die allgemeine Entwicklung des Holzbaus im öffentlichen Bereich seit 1945 in Vorarlberg. Albrechts Herangehensweise als junger Architekt trug entscheidend dazu bei, das verzerrte Image zu korrigieren: Sein determiniertes Handeln, sein Vertrauen in die Materialfähigkeiten und die Umsetzung von präzise durchdachten Details in die Praxis bilden rückblickend den Anfang der überzeugendsten Imagekampagne zur Wiedereinführung des Baustoffs Holz.

zuschnitt, Sa., 2007.09.15



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20. September 2006Nora G. Vorderwinkler
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Zu laut gejodelt, aber nicht verstummt

»Wir bauen eine Zirbenstube!« Was anfangs eher für bürointernes Amusement sorgte, fand kürzlich in Vorarlberg seine bauliche Umsetzung – und zwar mehrfach. Insgesamt sechs Zirbenstüble konzipierte die arge Riepl Riepl und Johannes Kaufmann als Aufenthaltsräume für die Bewohner eines Seniorenwohnheims in Dornbirn. Weitab vom gängigen Zirbenstuben-Klischee stehen die geräumigen Stüble für eine gelungene Neuinterpretation einer in Vergessenheit geratenen Holzart. Die derzeitigen Architekturtrends verheißen der Zirbe eine bereits einsetzende Renaissance.

»Wir bauen eine Zirbenstube!« Was anfangs eher für bürointernes Amusement sorgte, fand kürzlich in Vorarlberg seine bauliche Umsetzung – und zwar mehrfach. Insgesamt sechs Zirbenstüble konzipierte die arge Riepl Riepl und Johannes Kaufmann als Aufenthaltsräume für die Bewohner eines Seniorenwohnheims in Dornbirn. Weitab vom gängigen Zirbenstuben-Klischee stehen die geräumigen Stüble für eine gelungene Neuinterpretation einer in Vergessenheit geratenen Holzart. Die derzeitigen Architekturtrends verheißen der Zirbe eine bereits einsetzende Renaissance.

Ursprünglich galt die Zirbe in den alpinen Regionen Mitteleuropas über Jahrhunderte als bevorzugte Holzart für den Innenausbau. Als die raumtypologische Entwicklung des Bauernhauses im 15. Jahrhundert erstmals die Trennung von Küche und Wohnraum hervorbrachte, gewann die Stube zunehmend an Bedeutung. Durch Holzverkleidungen an Decken und Wänden wurde diese zum wichtigsten Aufenthaltsraum des Hauses aufgewertet. Und als Holzart kam dabei meist die Zirbe zum Einsatz, denn ihre großen Bestände im hochalpinen Gebiet lieferten Rohstoff im Überfluss. Als Vorzug dieser weichen Holzart wurde ihre leichte Bearbeitbarkeit von Hand geschätzt. Die reichen Schnitzereien an Stubenelementen standen schon bald als Zeichen für Wohlstand. Zu den üblichen Hochzeitsgaben zählten reich dekorierte Truhen aus Zirbenholz zur Aufbewahrung wertvoller Gegenstände. Hier kam eine bemerkenswerte Eigenschaft des Materials zum Einsatz: dank seiner mottenabweisenden Wirkung ließen sich Festgewänder generationenlang unversehrt in den Truhen aufbewahren. Die Tradition der geschnitzten Zirbenstube entwickelte sich über Jahrhunderte weiter, bis ihr Image in der Mitte des 20. Jahrhunderts durch exzessiven Einsatz im Namen eines missverstandenen Traditionsbewusstseins zusehends in die Rustikalecke gedrängt wurde.

Die Assoziationen der Zirbe mit üppig geschnitzten, funktionslosen Balkenimitaten und überbordend dekorierten Täfelungen, die bis heute Hotelsuiten und Gaststätten von beachtlichen Dimensionen zieren, hielten sich hartnäckig bis weit in die 1990er Jahre. Als Folge dieses Imageverlustes fand die heimische Kiefernart kaum mehr Absatz, große Bestände lagen brach. Doch eine längerfristige Überalterung der Zirbenbestände ist stets mit einer ökologischen Gefahr verbunden: die niedrigen und äußerst widerstandsfähigen Kieferngewächse sind nicht selten in steilen Hanglagen fest verwurzelt und erfüllen somit eine wichtige Schutzfunktion gegen Lawinen und Hangerosionen.

Einer gemeinsamen Initiative des Tiroler Waldbesitzerverbandes mit den Landesforstdirektionen von Nord-, Südtirol und der Schweiz ist zu verdanken, dass einer Überalterung der Schutzwälder entgegengewirkt werden konnte. Bei einer einberufenen Zirbentagung im Jahr 2000 wurden neben den Möglichkeiten einer Imagekorrektur auch geeignete Vermarktungsstrategien angedacht, um die Zirbe in der zeitgenössischen Architektur wieder zu etablieren. Dazu sollte das uralte Wissen um Materialverhalten und Wirkung des Zirbenholzes wissenschaftlich untermauert werden. Die Forschungsgesellschaft Joanneum Research in Graz führte dazu eine breit angelegte Versuchsreihe durch. Die daraus gewonnenen Ergebnisse lieferten unzählige Argumente, um die lange verkannte Holzart wieder erfolgreich zu vermarkten.

Im Vergleich mit anderen heimischen Nadelholzarten zeichnet sich die Zirbe durch ihr geringes Gewicht aus. Außerdem weist sie das geringste Quell- und Schwindverhalten auf, wodurch sie kaum zur Rissbildung neigt. Das zirbeneigene Terpen Pinosylvin wirkt nachweislich Pilzen und Bakterien entgegen. Zwischenzeitlich werden die wertvollen Holzinhaltsstoffe der Zirbe, die erwiesenermaßen eine äußerst positive und beruhigende Wirkung auf den menschlichen Organismus haben, in Form von Ölen, Seifen und Kissenfüllungen am Markt angeboten. Die eindrücklichsten Laborergebnisse der Grazer Studie belegen nämlich, dass der menschliche Biorhythmus in Räumen mit Zirbeninterieur messbar ruhiger arbeitet, so konnte bei »Zirbenbettschläfern« gar eine durchschnittliche »Ersparnis« von 3500 Herzschlägen pro Tag festgestellt werden. Der positive Einfluss reichte sogar so weit, dass bei den Testpersonen in Zirbenräumen keine Wetterfühligkeit nachweisbar war. Angesichts dieser erstaunlichen Forschungsergebnisse überrascht es kaum, dass die Wiedereinführung des Zirbenholzes beim Bau just in unseren gesundheits- und wellnessorientierten Zeiten erfolgversprechend anläuft.

Dass die positiven Eigenschaften der Zirbe zu wesentlich weitreichenderen Zwecken eingesetzt werden, beweisen die eingangs erwähnten Aufenthaltsbereiche für Betagte von Kaufmann und Riepl Riepl in der Dornbirner Seniorenresidenz. Um diese möglichst gemütlich zu gestalten, stand die Idee des »Vorarlberger Stubencharakters« anfangs tatsächlich im Vordergrund. In Gesprächen mit den künftigen Nutzern der Institution stellte sich heraus, dass die beruhigende Wirkung der Zirbe die heutigen therapeutischen Ansätze in der Altenbetreuung auf ideale Weise ergänzt: »Im modernen Pflegebereich versucht man zunehmend, die Sinne der HeimbewohnerInnen so lange wie möglich zu fördern. Durch den Einsatz der Zirbe wurde die Kombination des Vertrauten mit der Förderung des Geruchs- und Tastsinnes erreicht«, so Johannes Kaufmann. Eben dieser therapeutische Effekt wurde bis in den Garten weiterverfolgt: stark riechende Kräuter sollen die Erinnerungsfähigkeit von schwer dementen Patienten möglichst lange anregen.

Anwendungsgebiete, die dem Zirbenholz seine vielfältigen Talente in ihrem gesamten Umfang abverlangen, sind Bade- und Wellnessbereiche. In hygienischer, konstruktiver und regenerativer Hinsicht entfaltet die Zirbe hier ihr ganzes Können – und ihren charakteristischen Duft, der dank der hohen Konzentration an ätherischen Ölen als besonders lang anhaltend gilt. Diese überzeugenden Tatsachen führten zu einem Siegeszug der Zirbe bei Badezimmern, Schwitzboxen und Ruheräumen.

Die mannigfaltigen Vorzüge einer Zirbenausstattung genießt auch der Bewohner einer Hausmeisterwohnung in Lech am Arlberg, die vom Architektenteam Holzbox im Jahr 2004 ausgestattet wurde. Das maßgeschneiderte Minimalhaus wird dieser Bezeichnung in jeder Hinsicht gerecht: In einer gelungenen Kombination von Zirbeneinbauten und Elementen aus Schichtholzplatten wurde jeder Winkel des ehemaligen Autoliftgebäudes aus den 1980er Jahren auf optimale Weise genutzt. Der Hausmeister, ein überzeugter Wahlvorarlberger, ist von seinem praktischen Einmann-Haushalt begeistert: »Mein Wohlgefühl hier in Oberlech hängt sicher auch mit diesem Wohnraum zusammen.« Und tatsächlich bildet das rundum zirbenverkleidete Interieur des Baues inmitten der hochalpinen Vorarlberger Landschaft eine spürbar authentische Einheit. Armin Kathan vom Holzbox-Team zeigt sich von der Neuinterpretation der geschichtsträchtigen Holzart überzeugt: »Es werden ganz sicher noch weitere Anwendungen von Zirbe in unseren Projekten folgen.«

zuschnitt, Mi., 2006.09.20



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15. April 2006Nora G. Vorderwinkler
20er

Landhaus im Gleichgewicht

Das Schlagwort „Gender Mainstreaming“ findet zusehends Eingang in unterschiedlichste Lebensbereiche. Der Begriff wurde 1985 im Zuge der UN-Frauenkonferenz...

Das Schlagwort „Gender Mainstreaming“ findet zusehends Eingang in unterschiedlichste Lebensbereiche. Der Begriff wurde 1985 im Zuge der UN-Frauenkonferenz...

Das Schlagwort „Gender Mainstreaming“ findet zusehends Eingang in unterschiedlichste Lebensbereiche. Der Begriff wurde 1985 im Zuge der UN-Frauenkonferenz in Nairobi aus der Taufe gehoben. Inhaltlich wird dabei die Überwindung von sozialen Ungleichheiten zwischen Frauen und Männern in allen Lebensbereichen und bei allen Planungs- und Entscheidungsschritten gefordert. Doch wie steht es heute, 20 Jahre später, um diese Forderung in einer männerdominierten Branche wie der Architektur?

Beim Neubau des Landhaus 2 in Innsbruck wurden die Leitlinien des Gender Mainstreaming österreichweit erstmals in einem öffentlichen Gebäude umgesetzt. Dabei war der Anspruch auf eine geschlechtersensible Planung keineswegs von vorne herein im Projekt implementiert. Der Beschluss der Tiroler Landesregierung zur Umsetzung des Gender Mainstreamings in allen Bereichen war zwar 2002 bereits erfolgt, dennoch bedurfte es erst eines Hinweises an die Stadtverantwortlichen, das Thema beim Bau des Landhauses zu berücksichtigen. Mit der Aufgabe wurde die Innsbrucker Architektin Elke Krismer betraut. Da das Projekt zum Zeitpunkt ihres Einstieges bereits weit gediehen war – die Polierplanung stand kurz vor dem Abschluss – konnte die Architektin in ihren Bemühungen um eine rollenneutrale Bauausführung nur in beschränktem Maße Einfluss nehmen. Am Beginn ihrer Arbeit stand eine geschlechterspezifische Analyse der Ausgangssituation und der Grundlagen für das Projekt in Form eines Fragebogens, der neben den Projektleiter, Auftraggeber und Architekten auch an die Sonderplaner und an die künftigen NutzerInnen des Gebäudes ausgegeben wurde. Nach deren Auswertung wurden konkrete Maßnahmen zur Erreichung eines Idealzustandes erarbeitet und weitestgehend umgesetzt. Der Maßnahmenkatalog umfasste neben der Überprüfung der Standortfrage hinsichtlich Erreichbarkeit und vorhandener Infrastruktur auch Fragen der Sicherheit. Um so genannte Angsträume zu vermeiden, wurde die Situierung der Frauenparkplätze bei gleichzeitiger hierarchieloser Zuteilung der Benutzerparkplätze überprüft. Ebenfalls erfolgte eine Adaptierung der allgemeinen Lichtsituation und des Treppenhauses, indem teilverglaste Türen eingesetzt wurden. Die öffentlichen Wartebereiche wurden mit Spielnischen für Kinder ausgestattet. Eine dezidierte Kinderbetreuungsstätte für NutzerInnen und Kunden hatte sich nach Auswertung der Fragebögen als hinfällig erwiesen. Die Arbeits- und Bürobereiche sind möglichst transparent gestaltet. Das Leitsystem weist haptische, symbolische, farbliche und sprachliche Merkmale auf, die geschlechterdifferenzierte Bezeichnungen verwenden und sich vom Außenbereich in Verbindung mit dem Blindenleitsystem konsequent durchziehen. Hinsichtlich der Gestaltung des Außenbereichs wurden staudenartige Pflanzen durch hochstämmige Bäume ersetzt, um uneinsehbare Bereiche zu vermeiden. Das Landhaus 2 gilt als Pilotprojekt für die Umsetzung des Gender Mainstreamings im öffentlichen Bau. Fortschritte wurden auch schon anderorts erzielt: In Oberösterreich wird die Umsetzung des Gender Mainstreamings noch in diesem Jahr in die Anforderungsliste für öffentliche Förderungen im Wohnbau aufgenommen werden.

20er, Sa., 2006.04.15



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15. März 2006Nora G. Vorderwinkler
20er

Bauen ohne Hürden

Wenn Lebenssituationen sich ändern, werden die eigenen Lebensbedingungen oft neu hinterfragt. Zwei hier vorgestellte Bauherren nahmen ihr Schicksal zum Anlass, sich mit einer neuen, entsprechenden Architektur zu umgeben.

Wenn Lebenssituationen sich ändern, werden die eigenen Lebensbedingungen oft neu hinterfragt. Zwei hier vorgestellte Bauherren nahmen ihr Schicksal zum Anlass, sich mit einer neuen, entsprechenden Architektur zu umgeben.

Seit der Geburt ihrer körperlich schwer behinderten Tochter hatte Familie F. aus Oberösterreich sechs Jahre in einer Wohnung zugebracht, deren bauliche Gegebenheiten die Pflege und Betreuung des Kindes im Rollstuhl zunehmend erschwerten. Als endlich ein geeignetes Grundstück gefunden war, konnte die Familie ein detailliert durchdachtes Raumkonzept in Form eines eigenen Hauses umsetzen. Um ihrer heranwachsenden Tochter größtmögliche Selbstständigkeit zu ermöglichen, stand ein eigener Bereich für das Kind im Mittelpunkt. Zu einem späteren Zeitpunkt soll dieser in eine eigene Wohneinheit verwandelt werden. Als Leitlinien für die Planung bediente sich die beauftragte Architektin, Helga Flotzinger, der ÖNORM für „barrierefreies Bauen“. Diese beinhaltet Empfehlungen, die für die Errichtung öffentlicher Bauten seit 2003 bindend sind, im privaten Bereich jedoch nach Bedarf eingesetzt werden können. Im Haus F. bezogen sich die Maßnahmen auf eine großzügige Ausgestaltung von Gängen und einer rollstuhlgerechten Durchgangsbreite der Türen. Anstelle von Türgriffen wurden automatische Bodenleisten eingebaut, alle Lichtschalter können bequem vom Rollstuhl aus bedient werden. Wie in allen anderen Bereichen ist auch im Badezimmer das Mobiliar höhenverstellbar. Im Herzen des Hauses befindet sich ein Schwimmbad mit integriertem Therapiebecken. Selbst die Freibereiche sind barrierefrei gestaltet: auf eigens angelegten Wegen kann die Tochter ungehindert den Garten erkunden. „Seit dem Bezug des Hauses hat die Tochter einen extremen Entwicklungsschub gemacht“, freut sich die Architektin, und fügt hinzu: „Wenn bauliche Möglichkeiten vorgegeben werden, reagieren die Betroffenen extrem positiv darauf. Der therapeutische Effekt zieht wiederum eine große Entlastung für die pflegenden Eltern nach sich.“ Eine architektonische Anpassung an neue Lebensumstände vollzog auch Familie D. in Vorarlberg. Noch während deren Sohn sich infolge eines schweren Autounfalls in einem Rehabilitationszentrum an das Leben im Rollstuhl gewöhnen musste, wurden auf dem elterlichen Grundstück in Wolfurt bauliche Maßnahmen in Angriff genommen. Das Architektenduo archetypen (Thomas Burtscher und Wolfram Knall) gestaltete für den 24-Jährigen eine autarke Wohneinheit mit direkter Anbindung an das Elternhaus. Obgleich die Architekten der bereits erwähnten ÖNORM einige Hinweise zur barrierefreien Planung entnehmen konnten, mussten doch zahlreiche rollstuhlgerechte Details gemeinsam mit dem Betroffenen erst erarbeitet werden. So wurden etwa die Höhe der Arbeitsflächen, die Schranktiefe und der erforderliche Raum für unterfahrbare Küchenmöbel eigens vermessen und entsprechend der Bedürfnisse des Nutzers umgesetzt. Da die handelsüblichen Behindertengriffe meist teuer und wenig attraktiv sind, entwickelten die Architekten eigene Möbel- und Türbeschläge aus Flachstahl. Damit gelang ihnen bis ins Detail, Praktisches mit Ästhetischem zu verbinden.

20er, Mi., 2006.03.15

15. Mai 2005Nora G. Vorderwinkler
20er

Preisverbindliches Bauen

Hochwertige Architektur entsteht nicht ausschließlich aus dem Einsatz qualifizierter Architektinnen und Architekten, sondern zu einem wesentlichen Teil...

Hochwertige Architektur entsteht nicht ausschließlich aus dem Einsatz qualifizierter Architektinnen und Architekten, sondern zu einem wesentlichen Teil...

Hochwertige Architektur entsteht nicht ausschließlich aus dem Einsatz qualifizierter Architektinnen und Architekten, sondern zu einem wesentlichen Teil auch aus dem Engagement der Auftraggeber. Um die Bedeutung dieser Symbiose hervorzustreichen, initiierte die Zentralvereinigung der Architekten (ZV) bereits im Jahre 1967 die Verleihung eines österreichweiten „Bauherrenpreises“. Während diese jährliche Würdigung der Bauherren deren Einsatz zur Entstehung von außergewöhnlichen architektonischen Lösungen aufzeigt, haben zwischenzeitlich auch andere Branchen, wie etwa Banken, die Idee weiterentwickelt und übernommen. Während die ZV mit der Vergabe ihres Preises um die Steigerung eines allgemeinen Architekturbewusstseins bemüht ist, so verfolgen Banken mit ihren Bauherrenpreise vielschichtigere Ziele. Beispiel dafür ist der BTV Bauherrenpreis, der heuer nunmehr zum vierten Mal in Tirol verliehen wird. Die regionale Initiative entstand aus einem persönlichen Anliegen der Geschäftsführung bezüglich der Verbreitung von qualitätsvoller Architektur. „Wir betrachten die Preisverleihung als Instrument zur Kommunikation. Mit der Architektur soll eine Plattform geschaffen werden, auf der sich unser Institut wiederfindet“ so Matthias Staller, diesjähriger BTV-Projektverantwortlicher für die Organisation des Baupreises. Mit dem Bau zahlreicher architektonisch hochwertiger Filialgebäude und der im Zweijahresrhythmus stattfindenden Bauherrenpreisverleihung nutzt die Bank dieses Nischensegment zur Marktpositionierung.
Dreh- und Angelpunkt des BTV-Bauherrenpreises bildet das heutige aut.architektur und tirol, das 1999 zur Anwicklung des Einreich- und Auswahlprozesses hinzugezogen wurde. Drei unabhängige Juroren aus verschiedenen Bereichen der Architektur, wie Planern, Publizisten und Bauträgern, ermitteln die jeweiligen Siegerprojekte aus vier Kategorien: Einfamilien- bzw. Mehrfamilienhaus, Wohnbau, öffentliches Bauwerk und Transformierung.

Das von der Bank vergebene Preisgeld wird zu gleichen Teilen an die Bauherren und Architekten vergeben. Fallweise beinhaltete der freie Verwendungszweck dieser Summe eine durchwegs verbindende Komponente: als etwa die Stadtväter von Inzing im Jahr 1999 für den Bau des neuen Gemeindeamtes durch den Architekten Erich Gutmorgeth den Bauherrenpreis gewannen, wurde damit kurzerhand ein Stadtfest organisiert. Arno Ritter, Leiter des aut. architektur und tirol bemerkt dazu: „Bauherrenpreise haben durchaus auch eine soziale Funktion. Sie binden Bauherren und Architekten aneinander beziehungsweise an das entstandene Objekt“. Dass der BTV-Bauherrenpreis heute die anerkannteste Architekturauszeichnung des Landes ist, macht sich nicht zuletzt an der kontinuierlich steigenden Anzahl der eingereichten Projekte erkennbar. Am 2.Juni werden heuer wieder die Sieger aus über hundert erwarteten Einreichungen prämiert.

20er, So., 2005.05.15

15. April 2005Nora G. Vorderwinkler
20er

Baukulturelle Schnittstelle

Mit den „Grands Ateliers de l’Isle d’Abeau“ in Villefontaine entstand nahe Lyon eine Institution, die europaweit einzigartig ist. Die – wörtlich übersetzt...

Mit den „Grands Ateliers de l’Isle d’Abeau“ in Villefontaine entstand nahe Lyon eine Institution, die europaweit einzigartig ist. Die – wörtlich übersetzt...

Mit den „Grands Ateliers de l’Isle d’Abeau“ in Villefontaine entstand nahe Lyon eine Institution, die europaweit einzigartig ist. Die – wörtlich übersetzt – „großen Werkstätten“ sind eine interdisziplinäre Bildungs- und Forschungsstätte, die zur praktischen und theoretischen Annäherung der Fachgebiete des Bauwesens geschaffen wurde. Durch die Wiedervereinigung der einst eng miteinander verknüpften Disziplinen Architektur, Kunst, Design und Ingenieurwesen wird hier der drohenden Isolation einzelner Fachbereiche entgegengesteuert. Ziel ist es, Nutzern und Studenten das Bauen in seiner Gesamtheit erfahrbar zu machen.

Die Gründung der „Grands Ateliers“ geht auf eine Initiative von elf Architektur- und Kunsthochschulen der Region Rhône-Alpes und dem französischen Bauforschungszentrum CSTB (Centre Scientifique et Technique du Bâtiment) im Jahr 1995 zurück. Die Architekten der Grands Ateliers, Florence Lipsky und Pascal Rollet, konzipierten den 2002 fertig gestellten Bau als „Arbeitswerkzeug“, das neben einer 2 300 m² großen, technisch hochgerüsteten Werkhalle und einer Freiluftwerkstatt auch Unterrichtsräume, Forschungslabors und großzügige Ausstellungsflächen im Innen- und im Außenbereich beherbergt.

Die Hauptaufgabe der Grands Ateliers, die didaktischen Vermittlung von fachübergreifenden Themen aus Architektur, Kunst und Ingenieurwesen, wird als Ergänzung zum konventionellen Unterricht an den Universitäten verstanden. Im Mittelpunkt steht dabei die Lehre und Erforschung von Baumaterialien und der Qualität von bewohnten Räumen. Neben den über 40 Unterrichtsmodulen, die hier von den einzelnen Partneruniversitäten angeboten werden, runden praktische Experimente in den Labors und Werkstätten den Lehrinhalt ab. Die Ergebnisse des „überdachten Werkunterrichts“ werden anschließend in Form von Ausstellungen der Öffentlichkeit präsentiert. Die Betreiber der Grands Ateliers sind auch um die Bildung eines Netzwerkes von Forschern und professionellen Partnern aus der Bauwirtschaft bemüht. Zu diesem Zweck können sich Künstler, Wissenschaftler und Forscher – nach dem Prinzip des „Artist in Residence“ – temporär in den Ateliers niederlassen und die vorhandene Infrastruktur nutzen. Dank der Unterstützung namhafter Firmen aus der Baubranche können meist auch die benötigten Materialien zur Verfügung gestellt werden.

Die Idee, die Baukultur unter Berücksichtigung all ihrer Komponenten als Gesamtheit zu vermitteln, stößt in der Fachwelt wie auch in der Öffentlichkeit auf reges Interesse. Seit der Entstehung der Institution nutzen zahlreiche Universitäten aus ganz Europa das Angebot, darunter Finnland, Belgien, Italien, Irland und Liechtenstein. Es kann als Erfolg gewertet werden, dass es den Verantwortlichen in Villefontaine mit ihrem disziplinübergreifenden Ansatz gelang, eine Plattform für den grenzüberschreitenden Wissensaustausch zu schaffen.

20er, Fr., 2005.04.15

15. März 2005Nora G. Vorderwinkler
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Gedämmte Baukosten

Bauphysikalische Mängel hatten die Sanierung des Altersheimes Landeck, ein Terrassenbau aus dem Jahr 1976, unumgänglich gemacht. Aufwändige Reparaturarbeiten...

Bauphysikalische Mängel hatten die Sanierung des Altersheimes Landeck, ein Terrassenbau aus dem Jahr 1976, unumgänglich gemacht. Aufwändige Reparaturarbeiten...

Bauphysikalische Mängel hatten die Sanierung des Altersheimes Landeck, ein Terrassenbau aus dem Jahr 1976, unumgänglich gemacht. Aufwändige Reparaturarbeiten und schwere Energiedefizite führten zu hohen Betriebs- und Erhaltungskosten, die alljährlich das Gemeindebudget belasteten. Das Isolieren der Ostfassade und eine Gesamterneuerung der Heizungsanlage konnten als Erste-Hilfe-Maßnahme die Ausgaben während der vergangenen Jahre zwar senken, langfristig zufrieden stellende Bedingungen waren damit jedoch nicht geschaffen. Bautechnische Schwächen wies vor allem die Westfassade auf: Neben einer mangelhaften Isolierung beinhaltete diese auch ein desolates, in die Betonbauteile integriertes Entwässerungssystem. Da das Heim auch in funktioneller Hinsicht nicht mehr den heutigen Anforderungen entsprach, reagierten die Verantwortlichen: Sanierung und Umstrukturierung des Bestandes in ein zeitgemäßes Pflegeheim für Senioren wurden Gegenstand eines Architekturwettbewerbs, aus dem gharakhanzadeh sandbichler architekten als Sieger hervorgingen.

Nach der Wettbewerbsentscheidung gaben die Bauherren ihr Einverständnis, das Siegerprojekt in eine laufende Forschungsarbeit der Architekten zu sogenannten »Synergie aktivierenden Modulen (s.a.m.)« aufzunehmen. Die Studie zielte auf die Optimierung modularer Holzsysteme ab, die bei einer größtmöglichen Breite an sanierungsbedürftigen Bauten zum Einsatz kommen sollten. »Ziel unserer Forschung war es, durch die Revitalisierung mit ,s.a.m.‘ Betriebs- und Erhaltungskosten zu senken, und gleichzeitig die Nutzbarkeit der Objekte subjektiv und objektiv zu verbessern«, erklärt Bruno Sandbichler. Da die Nachhaltigkeit eine zentrale Rolle bei den Sanierungskonzepten einnimmt, kommt der vermehrte Einsatz von Holz den Ansprüchen der Architekten bei der Systementwicklung sehr entgegen: »Aufgrund seiner idealen Werte in bauphysikalischer und konstruktiver Hinsicht ziehen wir Holz als erstes Material in Betracht.« Nach den Kriterien der s.a.m.-Studie unterzogen die Architekten das Altersheim Landeck einer umfassenden Bestandsanalyse. Neben den bereits bekannten bautechnischen Mängeln zeigten sich dabei noch weitere veränderungsbedürftige Aspekte betreffend die soziale Situation der Bewohner und die im Heim gebotene Wohnqualität. Ausgehend von diesen Erkenntnissen erarbeiteten die Wiener Planer ein umfassendes Verbesserungskonzept für das Altenheim, das in seinem Umfang weit über die im Wettbewerb geforderte Aufgabe hinausging. Dank hoher Effizienz in konstruktiver Hinsicht und Materialwahl entsprachen die Kosten des erweiterten Entwurfs dem vorgegebenen Budgetrahmen.

Um die geforderte Größe der Bewohnerzimmer zu erlangen, wurden raumerweiternde Elemente aus vorgefertigten Holzmodulen in die vorhandene Betonstruktur eingepasst. Die Dimensionen dieser boxenartigen Module entsprechen dem vorgegebenen Konstruktionsraster, der Beton übernimmt weiterhin die tragende Funktion, während das Holz für die bauphysikalische Aufwertung des Gebäudes zuständig ist. »Die Montage von selbsttragenden Leichtbauelementen ohne vorherige Errichtung einer Primärkonstruktion spart Zeit und Kosten und optimiert den ökologischen Materialeinsatz«, so die Architekten. Die Übernahme des Rastermaßes führte zu einer gestalterischen Neuinterpretation der vorhandenen Fassade, erhöhte aber vor allem die Kosteneffizienz des Entwurfs. Außerdem erlaubte das Modulsystem durch seine Flexibilität, die Zimmer in ihrer Größe zu vereinheitlichen. Mit dem Einbau der Raumzellen mussten charakteristische Elemente des ursprünglichen Terrassenbaus der Erweiterung der Zimmer weichen: »Da es nicht möglich war, die Zimmer nach innen zu vergrößern, bestand die einzige Möglichkeit darin, sie nach außen zu erweitern. Daher beschlossen wir, die Balkone zu eliminieren, die von vielen pflegebedürftigen Bewohnern ohnehin nicht selbständig benutzt werden konnten. Dafür wurden im Erdgeschoss leicht erreichbare Aufenthaltsbereiche mit direktem Zugang zum Park geschaffen«, erklärt Feria Gharakhanzadeh die planerische Überlegung.

Die Raumzellen selbst waren ursprünglich als »Holzkisten« konzipiert. Ein Gutachten des Bauphysikers brachte jedoch die geplante Zellenbauweise zu Fall: Zur schalltechnischen Verbesserung der Zimmertrennwand wurden die seitlichen Holzelemente durch zweischalige Leichtwände ersetzt. Nur ungern verwarfen die Architekten ihre dreidimensionale »Kistenidee« zugunsten eines modularen Systems aus Wand-, Decken- und Dachelementen, doch die deutlich niedrigeren Bau- und Transportkosten der neuen Lösung bekräftigten diese Entscheidung. Zur Auftragsvergabe wurden Firmen gesucht, die in der Lage waren, die vorgefertigten Elemente schon im Werk weitestgehend auszustatten. Wand- und Dachelemente sollten inklusive Dämmung, Fenster und Türen, Dachabdeckung, Entwässerungselementen, Fassadenverkleidung und aller Anschlussdetails »aus einer Hand« gefertigt werden.

Um sämtliche konstruktiven Fragen mit den ausführenden Firmen zu klären, gaben die Architekten die Anfertigung eines Prototyps für das Raummodul im Maßstab 1:1 in Auftrag. Schließlich kam es in der Werkstatt der beauftragten Firma sogar zum Probelauf eines Montagezyklus, der die Optimierung des Bauablaufs ermöglichte. Darauf basierend erstellte die Bauleitung ein Zeitschema und berechnete genau, wie lange jeder Arbeitsschritt dauerte. Die gewonnenen Erfahrungen und Messungen führten zu einer zeitlich genauestens abgestimmten Abfolge sämtlicher Gewerke. Jeweils drei übereinander liegende Wohneinheiten wurden zugleich umgebaut. Die Arbeitsschritte – Abriss, Rohbau, Ausbau, Montage bis zur Endreinigung – waren so präzise kalkuliert, dass der Umbau dieser Einheiten in nur drei Tagen abgeschlossen werden konnte.

Schrittweise wanderte der Bautrupp in nur zehn Wochen über die gesamte Fassade, während im Gebäudeinneren der Pflegebetrieb fast ungehindert fortgesetzt werden konnte. Da sich die schnelle und kostengünstige Holzleichtbauweise fast ausschließlich auf Trockenbauarbeiten beschränkte, konnten sämtliche Sanierungs- und Umbauarbeiten in einem einzigen Bauabschnitt vollzogen werden. In gestalterischer Hinsicht entspricht der Bau im Wesentlichen dem Wettbewerbsentwurf. Eine Änderung erfolgte lediglich hinsichtlich der Fassadengestaltung. In Übereinstimmung mit den Bauherren und den ausführenden Firmen entschieden sich die Architekten gegen die ursprünglich geplante Holzfassade und für eine Fassade aus Kupferblech. Das war ideal, weil damit Dach, Fassade und Entwässerung aus einem Material gemacht werden konnten. Den Architekten gefiel auch die charakteristische Patina, die sich auf der Kupferoberfläche bildet. Die Verkleidungspaneele wurden vorpatiniert und beleben nun abwechselnd mit den Markisen, deren Farbgestaltung der Künstler Peter Sandbichler entworfen hat, die Fassade...

zuschnitt, Di., 2005.03.15



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Presseschau 12

16. September 2008Nora G. Vorderwinkler
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Eine Frage der Schichtweise

Die wohnliche Adaptierung eines Dachbodens im städtischen Gefüge birgt wenig Spektakuläres. Dass daraus ein Werk von bemerkenswerter praktischer und konstruktiver...

Die wohnliche Adaptierung eines Dachbodens im städtischen Gefüge birgt wenig Spektakuläres. Dass daraus ein Werk von bemerkenswerter praktischer und konstruktiver...

Die wohnliche Adaptierung eines Dachbodens im städtischen Gefüge birgt wenig Spektakuläres. Dass daraus ein Werk von bemerkenswerter praktischer und konstruktiver Innovation hervorgehen kann, stellten der Innsbrucker Architekt Daniel Fügenschuh und sein Bauherr eindrücklich unter Beweis. In einem spannungsvollen Wechselspiel aus Leere und Inhalt entstanden, auf unterschiedliche Raumebenen verteilt, konzentrierte Wohnbereiche, die in ihrer Komposition zu einem schlüssigen Ensemble verschmelzen. Der imposante Dachraum des historischen Stadthauses aus der Gründerzeit inspirierte den jungen Planer bereits von Beginn der Entwurfsphase an zu größtmöglicher räumlicher Offenheit. Als erste Konsequenz daraus öffnete er die darunterliegende Wohnung des Auftraggebers nach oben hin und integrierte diese in das neue Raumkonzept. Die zusätzliche Wohnfläche sollte zur Gänze in eigenständigen, frei schwebenden Baukörpern untergebracht werden.

Dazu entstanden zwei mächtige Holzquader aus naturbelassenem Fichten-Brettsperrholz, die in unterschiedlichen Höhen die Dachhaut durchdringen und als dominierende Elemente den architektonischen Eingriff prägen. Im Inneren der Boxen bilden Schlafzimmer, Bad, Fitnessraum und Meditationsnische in einem durchdachten Spiel aus Höhenniveaus und Sichtbezügen den intimen Wohnbereich. Die Materialwahl zugunsten von Brettsperrholz ermöglichte es, den Entwurfsgedanken eines weitestgehend unverbauten Luftraums konsequent zu verfolgen. »Unter Ausnutzung der statischen Qualitäten von Brettsperrholz konnten dreidimensional wirksame Strukturen entwickelt werden«, erklärt Daniel Fügenschuh und verweist auf eine der Holzboxen, die – nach dem statischen Prinzip einer Brücke ausgebildet – stützenfrei über die gesamte Raumtiefe spannt. »Ihre Last ruht beiderseits auf den Außenmauern des Gebäudes. Durch die Verankerung mit dem bestehenden Mauerwerk wird die statische Funktion der zuvor abgetragenen Tramdecke von der schwebenden Raumzelle übernommen«, so der Architekt weiter. Neben den Herausforderungen an die holzverarbeitende Firma sorgte die statische Einpassung der hölzernen Raumboxen im Zuge der Bauabwicklung für spannungsreiche Momente. Nach Anlieferung der Brettsperrholzelemente wurden zuerst die Komponenten des kleineren Raumquaders aufgeständert, in luftiger Höhe zusammengesetzt und nach Fertigstellung des größeren Holzvolumens mit diesem verbunden.

Im Anschluss daran schlug die Stunde der Wahrheit: Mit dem Entfernen der provisorischen Tragkonstruktion nahmen die Holzboxen die ihnen zugedachte Position ein – ihre gesamte Last wurde nach und nach auf die Außenmauern übertragen. Eine Doppelfunktion kommt den Seitenwänden des zentralen Treppenlaufes zu: Aufgrund der Fähigkeit von Brettsperrholz, auch diagonale Kräfte aufzunehmen, fungieren diese zugleich als Handlauf und als statisches Aussteifungselement. Neben den konstruktiven Vorteilen kam die naturbelassene Oberfläche des Fichtenholzes dem Wunsch des Bauherrn nach einer umweltbewussten Bauweise in hohem Maße entgegen. Die Rohheit des Materials und die Echtheit der Konstruktion verleihen dem Innenraum einen natürlichen und unaufdringlichen Charakter. Hervorzuheben sind auch die unkomplizierte Bearbeitung und gestalterische Flexibilität des Holzbaustoffs während des gesamten Bauprozesses. Entscheidungen über die Positionierung von Wandnischen und Fensteröffnungen fielen großteils erst vor Ort in Absprache mit dem Bauherrn und der ausführenden Firma. Drei Freibereiche krönen den baulichen Abschluss der dominierenden Raumzelle: Straßenseitig erstreckt sich ein Balkon über die gesamte Breite der Box, hofseitig eine Dachterrasse. Unter dieser verbirgt sich als exotisches Schmuckstück ein japanischer Garten. Von hier aus ragt meterhoher Bambus durch einen Holzrost aus feinen Lärchenlamellen, der zugleich »Gartendecke« und Terrassenboden ist, nach oben.

Von ähnlicher Raffinesse zeigen sich die Brüstungen der Außenbereiche. Durch die entsprechende Neigung der abgeschrägten Holzelemente fallen Sonnenstrahlen ein, unerwünschte Blicke von außen bleiben allerdings verwehrt. Neben der materialgerechten Detailplanung setzt sich eine konsequent angewandte Maßstäblichkeit in allen Bereichen fort. In städtebaulicher Hinsicht fügt sich der Dachbodenausbau zurückhaltend in die Umgebung ein. »Straßenseitig sollte der Umbau unauffällig bleiben und durch die Präsenz der neuen Fassadenelemente lediglich erahnt werden«, so Daniel Fügenschuh. In luftiger Höhe lugen die kompakten, holzverschalten »Hochleistungsboxen« über die Dachlandschaft der Stadt.

(Zeitschrift Zuschnitt 31, 2008; Seite 10ff.)

zuschnitt, Di., 2008.09.16



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15. September 2007Nora G. Vorderwinkler
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Holz macht Schule

Seine Erinnerungen an die eigene Volksschulzeit beschreibt der Vorarlberger Architekt Jakob Albrecht in idyllischen Bildern: »Die Schule war vollständig...

Seine Erinnerungen an die eigene Volksschulzeit beschreibt der Vorarlberger Architekt Jakob Albrecht in idyllischen Bildern: »Die Schule war vollständig...

Seine Erinnerungen an die eigene Volksschulzeit beschreibt der Vorarlberger Architekt Jakob Albrecht in idyllischen Bildern: »Die Schule war vollständig aus Holz gebaut. Morgens hat die Hauswärterin im runden, eisernen Ofen, der mitten im Klassenraum stand, Feuer gemacht. In der Pause haben wir dann darin Äpfel gebraten.« Gut zwanzig Jahre später, gerüstet mit einem Architekturdiplom der Akademie der Bildenden Künste in Wien, besteht Albrechts erste eigenständige Bauaufgabe in der Errichtung eines Schulgebäudes in seiner Heimatregion, dem Bregenzerwald: Mit der Hauptschule Egg schuf Albrecht im Jahr 1962 ein öffentliches Gebäude, das die weitere Architekturentwicklung der Region entscheidend prägen sollte. Es entstand wider die damals geltende Brandschutzverordnung als erster mehrgeschossiger öffentlicher Bau, bei dem Holz konstruktiv zum Einsatz kam.

Dank der massiven Unterstützung durch den amtierenden Bürgermeister von Egg wurde eine Sondergenehmigung von der Baubehörde erteilt. Im Gegenzug wurde der junge Planer angehalten, sämtliche tragende Holzbauteile überzudimensionieren. In seinem Entwurf nimmt Albrecht Bezug auf die Holzbautradition des Bregenzerwaldes. Auf die topografischen Gegebenheiten – die schmale Parzelle erstreckt sich entlang einer prägnanten Hangkante neben der Hauptstraße – antwortete Albrecht mit einem lang gezogenen Baukörper nach dem formalen Konzept einer Korridorschule. Zu beiden Seiten der dreigeschossigen, zentral positionierten Aula erstrecken sich schmale zweigeschossige Klassentrakte. Form und Größe der Schule brachten dem Rohbau bald den spöttischen Beinamen »Seilerei« ein, doch die Verwunderung seitens der Bevölkerung wich zusehends dem Staunen über den modernen Bau.

Bei der Eröffnung im Herbst 1962 machten die rundum holzverkleideten Klassenräume und deren beidseitige Versorgung mit Tageslicht Furore. Die Positionierung der Fenster in kindgerechter Augenhöhe wurde ebenso bestaunt wie die großzügige Aula und die breiten Korridore. Eine absolute Neuheit aber war der südseitig verglaste Gymnastiksaal am Ende des Ostflügels. Zwar wurde die Schule in Mischbauweise ausgeführt, ihre Gesamterscheinung wird jedoch innen wie außen von Holzbauteilen dominiert: von den in Ständerbauweise ausgeführten Nord- und Südwänden, der sichtbaren Holzkonstruktion mit den großflächigen Verglasungen im Aulabereich und den mächtigen Leimbindern der Dachstruktur. Handwerklich kamen durchwegs solide, einfache Techniken zum Einsatz. Dennoch stellte der Bau in dieser Hinsicht eine Herausforderung dar.

Zimmerer wurden damals vorwiegend mit der Errichtung von landwirtschaftlichen Gebäuden beauftragt, wobei auf die Qualität der sichtbaren Oberflächen wenig Wert gelegt wurde. Der im Inneren der Schule geforderte Verarbeitungsstandard des sichtbaren Holzes verlangte den Handwerkern also eine damals überdurchschnittliche Genauigkeit ab. »Für die Verglasung der Schulhalle sollten etwa Fälze in die konstruktiven Bauteile eingearbeitet werden. Dazu musste der Zimmerer die Präzision eines Tischlers an den Tag legen – das war für ihn völlig neu«, erklärt Jakob Albrecht. Das Ergebnis ist aus heutiger Sicht bemerkenswert. Hermann Nenning, Zimmerer der nachfolgenden Generation zur Ausführung des Baus: »Es ist erstaunlich, mit welcher Selbstverständlichkeit und Natürlichkeit mit Holzoberflächen früher umgegangen worden ist.« »Doch genau das macht heute den Charme des Gebäudes aus«, ergänzt der Architekt Walter Felder, der mit der Sanierung des Baus betraut wurde.

Selbst mit den atmosphärischen Vorzügen des Holzes aufgewachsen, soll er nun die Hautpschule Egg in eine neue bautechnische Ära geleiten. Die geplanten Maßnahmen konzentrieren sich auf die bauphysikalische Nachrüstung der Schule, insbesondere in akustischer und thermischer Hinsicht. Dabei erweisen sich die vorhandenen Holzbauteile als ideal: Die Außenelemente der Nord- und Südwand können komplikationslos ausgebaut, in der Werkstatt gedämmt und anschließend wieder montiert werden. Zur akustischen Nachbesserung der Klassenzimmer wird die bestehende Täfelung ersetzt. Proportionen und Holzart der Täfer bleiben gleich, lediglich die Fugen werden offen gehalten. Raumkonzept, Lichtführung sowie Erschließung bleiben vom Umbau unberührt.

Brandschutztechnische Fragen regeln die zuständigen Beamten mit großer Gelassenheit. Im Fall der Schule Egg wurde, wie bereits bei ihrer Entstehung, auch für die Sanierung eine Sondergenehmigung erteilt. Diese betrifft die Holztäfelungen und -böden in den Klassen, die den aktuellen Schulbau- und Brandschutzverordnungen nicht entsprechen. Im Gegenzug mussten die Architekten Ersatzmaßnahmen einplanen, etwa zusätzliche Brandmelder und Löschgeräte.

Die Entstehungsgeschichte der Hauptschule Egg und ihr heutiger Stellenwert sind repräsentativ für die allgemeine Entwicklung des Holzbaus im öffentlichen Bereich seit 1945 in Vorarlberg. Albrechts Herangehensweise als junger Architekt trug entscheidend dazu bei, das verzerrte Image zu korrigieren: Sein determiniertes Handeln, sein Vertrauen in die Materialfähigkeiten und die Umsetzung von präzise durchdachten Details in die Praxis bilden rückblickend den Anfang der überzeugendsten Imagekampagne zur Wiedereinführung des Baustoffs Holz.

zuschnitt, Sa., 2007.09.15



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20. September 2006Nora G. Vorderwinkler
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Zu laut gejodelt, aber nicht verstummt

»Wir bauen eine Zirbenstube!« Was anfangs eher für bürointernes Amusement sorgte, fand kürzlich in Vorarlberg seine bauliche Umsetzung – und zwar mehrfach. Insgesamt sechs Zirbenstüble konzipierte die arge Riepl Riepl und Johannes Kaufmann als Aufenthaltsräume für die Bewohner eines Seniorenwohnheims in Dornbirn. Weitab vom gängigen Zirbenstuben-Klischee stehen die geräumigen Stüble für eine gelungene Neuinterpretation einer in Vergessenheit geratenen Holzart. Die derzeitigen Architekturtrends verheißen der Zirbe eine bereits einsetzende Renaissance.

»Wir bauen eine Zirbenstube!« Was anfangs eher für bürointernes Amusement sorgte, fand kürzlich in Vorarlberg seine bauliche Umsetzung – und zwar mehrfach. Insgesamt sechs Zirbenstüble konzipierte die arge Riepl Riepl und Johannes Kaufmann als Aufenthaltsräume für die Bewohner eines Seniorenwohnheims in Dornbirn. Weitab vom gängigen Zirbenstuben-Klischee stehen die geräumigen Stüble für eine gelungene Neuinterpretation einer in Vergessenheit geratenen Holzart. Die derzeitigen Architekturtrends verheißen der Zirbe eine bereits einsetzende Renaissance.

Ursprünglich galt die Zirbe in den alpinen Regionen Mitteleuropas über Jahrhunderte als bevorzugte Holzart für den Innenausbau. Als die raumtypologische Entwicklung des Bauernhauses im 15. Jahrhundert erstmals die Trennung von Küche und Wohnraum hervorbrachte, gewann die Stube zunehmend an Bedeutung. Durch Holzverkleidungen an Decken und Wänden wurde diese zum wichtigsten Aufenthaltsraum des Hauses aufgewertet. Und als Holzart kam dabei meist die Zirbe zum Einsatz, denn ihre großen Bestände im hochalpinen Gebiet lieferten Rohstoff im Überfluss. Als Vorzug dieser weichen Holzart wurde ihre leichte Bearbeitbarkeit von Hand geschätzt. Die reichen Schnitzereien an Stubenelementen standen schon bald als Zeichen für Wohlstand. Zu den üblichen Hochzeitsgaben zählten reich dekorierte Truhen aus Zirbenholz zur Aufbewahrung wertvoller Gegenstände. Hier kam eine bemerkenswerte Eigenschaft des Materials zum Einsatz: dank seiner mottenabweisenden Wirkung ließen sich Festgewänder generationenlang unversehrt in den Truhen aufbewahren. Die Tradition der geschnitzten Zirbenstube entwickelte sich über Jahrhunderte weiter, bis ihr Image in der Mitte des 20. Jahrhunderts durch exzessiven Einsatz im Namen eines missverstandenen Traditionsbewusstseins zusehends in die Rustikalecke gedrängt wurde.

Die Assoziationen der Zirbe mit üppig geschnitzten, funktionslosen Balkenimitaten und überbordend dekorierten Täfelungen, die bis heute Hotelsuiten und Gaststätten von beachtlichen Dimensionen zieren, hielten sich hartnäckig bis weit in die 1990er Jahre. Als Folge dieses Imageverlustes fand die heimische Kiefernart kaum mehr Absatz, große Bestände lagen brach. Doch eine längerfristige Überalterung der Zirbenbestände ist stets mit einer ökologischen Gefahr verbunden: die niedrigen und äußerst widerstandsfähigen Kieferngewächse sind nicht selten in steilen Hanglagen fest verwurzelt und erfüllen somit eine wichtige Schutzfunktion gegen Lawinen und Hangerosionen.

Einer gemeinsamen Initiative des Tiroler Waldbesitzerverbandes mit den Landesforstdirektionen von Nord-, Südtirol und der Schweiz ist zu verdanken, dass einer Überalterung der Schutzwälder entgegengewirkt werden konnte. Bei einer einberufenen Zirbentagung im Jahr 2000 wurden neben den Möglichkeiten einer Imagekorrektur auch geeignete Vermarktungsstrategien angedacht, um die Zirbe in der zeitgenössischen Architektur wieder zu etablieren. Dazu sollte das uralte Wissen um Materialverhalten und Wirkung des Zirbenholzes wissenschaftlich untermauert werden. Die Forschungsgesellschaft Joanneum Research in Graz führte dazu eine breit angelegte Versuchsreihe durch. Die daraus gewonnenen Ergebnisse lieferten unzählige Argumente, um die lange verkannte Holzart wieder erfolgreich zu vermarkten.

Im Vergleich mit anderen heimischen Nadelholzarten zeichnet sich die Zirbe durch ihr geringes Gewicht aus. Außerdem weist sie das geringste Quell- und Schwindverhalten auf, wodurch sie kaum zur Rissbildung neigt. Das zirbeneigene Terpen Pinosylvin wirkt nachweislich Pilzen und Bakterien entgegen. Zwischenzeitlich werden die wertvollen Holzinhaltsstoffe der Zirbe, die erwiesenermaßen eine äußerst positive und beruhigende Wirkung auf den menschlichen Organismus haben, in Form von Ölen, Seifen und Kissenfüllungen am Markt angeboten. Die eindrücklichsten Laborergebnisse der Grazer Studie belegen nämlich, dass der menschliche Biorhythmus in Räumen mit Zirbeninterieur messbar ruhiger arbeitet, so konnte bei »Zirbenbettschläfern« gar eine durchschnittliche »Ersparnis« von 3500 Herzschlägen pro Tag festgestellt werden. Der positive Einfluss reichte sogar so weit, dass bei den Testpersonen in Zirbenräumen keine Wetterfühligkeit nachweisbar war. Angesichts dieser erstaunlichen Forschungsergebnisse überrascht es kaum, dass die Wiedereinführung des Zirbenholzes beim Bau just in unseren gesundheits- und wellnessorientierten Zeiten erfolgversprechend anläuft.

Dass die positiven Eigenschaften der Zirbe zu wesentlich weitreichenderen Zwecken eingesetzt werden, beweisen die eingangs erwähnten Aufenthaltsbereiche für Betagte von Kaufmann und Riepl Riepl in der Dornbirner Seniorenresidenz. Um diese möglichst gemütlich zu gestalten, stand die Idee des »Vorarlberger Stubencharakters« anfangs tatsächlich im Vordergrund. In Gesprächen mit den künftigen Nutzern der Institution stellte sich heraus, dass die beruhigende Wirkung der Zirbe die heutigen therapeutischen Ansätze in der Altenbetreuung auf ideale Weise ergänzt: »Im modernen Pflegebereich versucht man zunehmend, die Sinne der HeimbewohnerInnen so lange wie möglich zu fördern. Durch den Einsatz der Zirbe wurde die Kombination des Vertrauten mit der Förderung des Geruchs- und Tastsinnes erreicht«, so Johannes Kaufmann. Eben dieser therapeutische Effekt wurde bis in den Garten weiterverfolgt: stark riechende Kräuter sollen die Erinnerungsfähigkeit von schwer dementen Patienten möglichst lange anregen.

Anwendungsgebiete, die dem Zirbenholz seine vielfältigen Talente in ihrem gesamten Umfang abverlangen, sind Bade- und Wellnessbereiche. In hygienischer, konstruktiver und regenerativer Hinsicht entfaltet die Zirbe hier ihr ganzes Können – und ihren charakteristischen Duft, der dank der hohen Konzentration an ätherischen Ölen als besonders lang anhaltend gilt. Diese überzeugenden Tatsachen führten zu einem Siegeszug der Zirbe bei Badezimmern, Schwitzboxen und Ruheräumen.

Die mannigfaltigen Vorzüge einer Zirbenausstattung genießt auch der Bewohner einer Hausmeisterwohnung in Lech am Arlberg, die vom Architektenteam Holzbox im Jahr 2004 ausgestattet wurde. Das maßgeschneiderte Minimalhaus wird dieser Bezeichnung in jeder Hinsicht gerecht: In einer gelungenen Kombination von Zirbeneinbauten und Elementen aus Schichtholzplatten wurde jeder Winkel des ehemaligen Autoliftgebäudes aus den 1980er Jahren auf optimale Weise genutzt. Der Hausmeister, ein überzeugter Wahlvorarlberger, ist von seinem praktischen Einmann-Haushalt begeistert: »Mein Wohlgefühl hier in Oberlech hängt sicher auch mit diesem Wohnraum zusammen.« Und tatsächlich bildet das rundum zirbenverkleidete Interieur des Baues inmitten der hochalpinen Vorarlberger Landschaft eine spürbar authentische Einheit. Armin Kathan vom Holzbox-Team zeigt sich von der Neuinterpretation der geschichtsträchtigen Holzart überzeugt: »Es werden ganz sicher noch weitere Anwendungen von Zirbe in unseren Projekten folgen.«

zuschnitt, Mi., 2006.09.20



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15. April 2006Nora G. Vorderwinkler
20er

Landhaus im Gleichgewicht

Das Schlagwort „Gender Mainstreaming“ findet zusehends Eingang in unterschiedlichste Lebensbereiche. Der Begriff wurde 1985 im Zuge der UN-Frauenkonferenz...

Das Schlagwort „Gender Mainstreaming“ findet zusehends Eingang in unterschiedlichste Lebensbereiche. Der Begriff wurde 1985 im Zuge der UN-Frauenkonferenz...

Das Schlagwort „Gender Mainstreaming“ findet zusehends Eingang in unterschiedlichste Lebensbereiche. Der Begriff wurde 1985 im Zuge der UN-Frauenkonferenz in Nairobi aus der Taufe gehoben. Inhaltlich wird dabei die Überwindung von sozialen Ungleichheiten zwischen Frauen und Männern in allen Lebensbereichen und bei allen Planungs- und Entscheidungsschritten gefordert. Doch wie steht es heute, 20 Jahre später, um diese Forderung in einer männerdominierten Branche wie der Architektur?

Beim Neubau des Landhaus 2 in Innsbruck wurden die Leitlinien des Gender Mainstreaming österreichweit erstmals in einem öffentlichen Gebäude umgesetzt. Dabei war der Anspruch auf eine geschlechtersensible Planung keineswegs von vorne herein im Projekt implementiert. Der Beschluss der Tiroler Landesregierung zur Umsetzung des Gender Mainstreamings in allen Bereichen war zwar 2002 bereits erfolgt, dennoch bedurfte es erst eines Hinweises an die Stadtverantwortlichen, das Thema beim Bau des Landhauses zu berücksichtigen. Mit der Aufgabe wurde die Innsbrucker Architektin Elke Krismer betraut. Da das Projekt zum Zeitpunkt ihres Einstieges bereits weit gediehen war – die Polierplanung stand kurz vor dem Abschluss – konnte die Architektin in ihren Bemühungen um eine rollenneutrale Bauausführung nur in beschränktem Maße Einfluss nehmen. Am Beginn ihrer Arbeit stand eine geschlechterspezifische Analyse der Ausgangssituation und der Grundlagen für das Projekt in Form eines Fragebogens, der neben den Projektleiter, Auftraggeber und Architekten auch an die Sonderplaner und an die künftigen NutzerInnen des Gebäudes ausgegeben wurde. Nach deren Auswertung wurden konkrete Maßnahmen zur Erreichung eines Idealzustandes erarbeitet und weitestgehend umgesetzt. Der Maßnahmenkatalog umfasste neben der Überprüfung der Standortfrage hinsichtlich Erreichbarkeit und vorhandener Infrastruktur auch Fragen der Sicherheit. Um so genannte Angsträume zu vermeiden, wurde die Situierung der Frauenparkplätze bei gleichzeitiger hierarchieloser Zuteilung der Benutzerparkplätze überprüft. Ebenfalls erfolgte eine Adaptierung der allgemeinen Lichtsituation und des Treppenhauses, indem teilverglaste Türen eingesetzt wurden. Die öffentlichen Wartebereiche wurden mit Spielnischen für Kinder ausgestattet. Eine dezidierte Kinderbetreuungsstätte für NutzerInnen und Kunden hatte sich nach Auswertung der Fragebögen als hinfällig erwiesen. Die Arbeits- und Bürobereiche sind möglichst transparent gestaltet. Das Leitsystem weist haptische, symbolische, farbliche und sprachliche Merkmale auf, die geschlechterdifferenzierte Bezeichnungen verwenden und sich vom Außenbereich in Verbindung mit dem Blindenleitsystem konsequent durchziehen. Hinsichtlich der Gestaltung des Außenbereichs wurden staudenartige Pflanzen durch hochstämmige Bäume ersetzt, um uneinsehbare Bereiche zu vermeiden. Das Landhaus 2 gilt als Pilotprojekt für die Umsetzung des Gender Mainstreamings im öffentlichen Bau. Fortschritte wurden auch schon anderorts erzielt: In Oberösterreich wird die Umsetzung des Gender Mainstreamings noch in diesem Jahr in die Anforderungsliste für öffentliche Förderungen im Wohnbau aufgenommen werden.

20er, Sa., 2006.04.15



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15. März 2006Nora G. Vorderwinkler
20er

Bauen ohne Hürden

Wenn Lebenssituationen sich ändern, werden die eigenen Lebensbedingungen oft neu hinterfragt. Zwei hier vorgestellte Bauherren nahmen ihr Schicksal zum Anlass, sich mit einer neuen, entsprechenden Architektur zu umgeben.

Wenn Lebenssituationen sich ändern, werden die eigenen Lebensbedingungen oft neu hinterfragt. Zwei hier vorgestellte Bauherren nahmen ihr Schicksal zum Anlass, sich mit einer neuen, entsprechenden Architektur zu umgeben.

Seit der Geburt ihrer körperlich schwer behinderten Tochter hatte Familie F. aus Oberösterreich sechs Jahre in einer Wohnung zugebracht, deren bauliche Gegebenheiten die Pflege und Betreuung des Kindes im Rollstuhl zunehmend erschwerten. Als endlich ein geeignetes Grundstück gefunden war, konnte die Familie ein detailliert durchdachtes Raumkonzept in Form eines eigenen Hauses umsetzen. Um ihrer heranwachsenden Tochter größtmögliche Selbstständigkeit zu ermöglichen, stand ein eigener Bereich für das Kind im Mittelpunkt. Zu einem späteren Zeitpunkt soll dieser in eine eigene Wohneinheit verwandelt werden. Als Leitlinien für die Planung bediente sich die beauftragte Architektin, Helga Flotzinger, der ÖNORM für „barrierefreies Bauen“. Diese beinhaltet Empfehlungen, die für die Errichtung öffentlicher Bauten seit 2003 bindend sind, im privaten Bereich jedoch nach Bedarf eingesetzt werden können. Im Haus F. bezogen sich die Maßnahmen auf eine großzügige Ausgestaltung von Gängen und einer rollstuhlgerechten Durchgangsbreite der Türen. Anstelle von Türgriffen wurden automatische Bodenleisten eingebaut, alle Lichtschalter können bequem vom Rollstuhl aus bedient werden. Wie in allen anderen Bereichen ist auch im Badezimmer das Mobiliar höhenverstellbar. Im Herzen des Hauses befindet sich ein Schwimmbad mit integriertem Therapiebecken. Selbst die Freibereiche sind barrierefrei gestaltet: auf eigens angelegten Wegen kann die Tochter ungehindert den Garten erkunden. „Seit dem Bezug des Hauses hat die Tochter einen extremen Entwicklungsschub gemacht“, freut sich die Architektin, und fügt hinzu: „Wenn bauliche Möglichkeiten vorgegeben werden, reagieren die Betroffenen extrem positiv darauf. Der therapeutische Effekt zieht wiederum eine große Entlastung für die pflegenden Eltern nach sich.“ Eine architektonische Anpassung an neue Lebensumstände vollzog auch Familie D. in Vorarlberg. Noch während deren Sohn sich infolge eines schweren Autounfalls in einem Rehabilitationszentrum an das Leben im Rollstuhl gewöhnen musste, wurden auf dem elterlichen Grundstück in Wolfurt bauliche Maßnahmen in Angriff genommen. Das Architektenduo archetypen (Thomas Burtscher und Wolfram Knall) gestaltete für den 24-Jährigen eine autarke Wohneinheit mit direkter Anbindung an das Elternhaus. Obgleich die Architekten der bereits erwähnten ÖNORM einige Hinweise zur barrierefreien Planung entnehmen konnten, mussten doch zahlreiche rollstuhlgerechte Details gemeinsam mit dem Betroffenen erst erarbeitet werden. So wurden etwa die Höhe der Arbeitsflächen, die Schranktiefe und der erforderliche Raum für unterfahrbare Küchenmöbel eigens vermessen und entsprechend der Bedürfnisse des Nutzers umgesetzt. Da die handelsüblichen Behindertengriffe meist teuer und wenig attraktiv sind, entwickelten die Architekten eigene Möbel- und Türbeschläge aus Flachstahl. Damit gelang ihnen bis ins Detail, Praktisches mit Ästhetischem zu verbinden.

20er, Mi., 2006.03.15

15. Mai 2005Nora G. Vorderwinkler
20er

Preisverbindliches Bauen

Hochwertige Architektur entsteht nicht ausschließlich aus dem Einsatz qualifizierter Architektinnen und Architekten, sondern zu einem wesentlichen Teil...

Hochwertige Architektur entsteht nicht ausschließlich aus dem Einsatz qualifizierter Architektinnen und Architekten, sondern zu einem wesentlichen Teil...

Hochwertige Architektur entsteht nicht ausschließlich aus dem Einsatz qualifizierter Architektinnen und Architekten, sondern zu einem wesentlichen Teil auch aus dem Engagement der Auftraggeber. Um die Bedeutung dieser Symbiose hervorzustreichen, initiierte die Zentralvereinigung der Architekten (ZV) bereits im Jahre 1967 die Verleihung eines österreichweiten „Bauherrenpreises“. Während diese jährliche Würdigung der Bauherren deren Einsatz zur Entstehung von außergewöhnlichen architektonischen Lösungen aufzeigt, haben zwischenzeitlich auch andere Branchen, wie etwa Banken, die Idee weiterentwickelt und übernommen. Während die ZV mit der Vergabe ihres Preises um die Steigerung eines allgemeinen Architekturbewusstseins bemüht ist, so verfolgen Banken mit ihren Bauherrenpreise vielschichtigere Ziele. Beispiel dafür ist der BTV Bauherrenpreis, der heuer nunmehr zum vierten Mal in Tirol verliehen wird. Die regionale Initiative entstand aus einem persönlichen Anliegen der Geschäftsführung bezüglich der Verbreitung von qualitätsvoller Architektur. „Wir betrachten die Preisverleihung als Instrument zur Kommunikation. Mit der Architektur soll eine Plattform geschaffen werden, auf der sich unser Institut wiederfindet“ so Matthias Staller, diesjähriger BTV-Projektverantwortlicher für die Organisation des Baupreises. Mit dem Bau zahlreicher architektonisch hochwertiger Filialgebäude und der im Zweijahresrhythmus stattfindenden Bauherrenpreisverleihung nutzt die Bank dieses Nischensegment zur Marktpositionierung.
Dreh- und Angelpunkt des BTV-Bauherrenpreises bildet das heutige aut.architektur und tirol, das 1999 zur Anwicklung des Einreich- und Auswahlprozesses hinzugezogen wurde. Drei unabhängige Juroren aus verschiedenen Bereichen der Architektur, wie Planern, Publizisten und Bauträgern, ermitteln die jeweiligen Siegerprojekte aus vier Kategorien: Einfamilien- bzw. Mehrfamilienhaus, Wohnbau, öffentliches Bauwerk und Transformierung.

Das von der Bank vergebene Preisgeld wird zu gleichen Teilen an die Bauherren und Architekten vergeben. Fallweise beinhaltete der freie Verwendungszweck dieser Summe eine durchwegs verbindende Komponente: als etwa die Stadtväter von Inzing im Jahr 1999 für den Bau des neuen Gemeindeamtes durch den Architekten Erich Gutmorgeth den Bauherrenpreis gewannen, wurde damit kurzerhand ein Stadtfest organisiert. Arno Ritter, Leiter des aut. architektur und tirol bemerkt dazu: „Bauherrenpreise haben durchaus auch eine soziale Funktion. Sie binden Bauherren und Architekten aneinander beziehungsweise an das entstandene Objekt“. Dass der BTV-Bauherrenpreis heute die anerkannteste Architekturauszeichnung des Landes ist, macht sich nicht zuletzt an der kontinuierlich steigenden Anzahl der eingereichten Projekte erkennbar. Am 2.Juni werden heuer wieder die Sieger aus über hundert erwarteten Einreichungen prämiert.

20er, So., 2005.05.15

15. April 2005Nora G. Vorderwinkler
20er

Baukulturelle Schnittstelle

Mit den „Grands Ateliers de l’Isle d’Abeau“ in Villefontaine entstand nahe Lyon eine Institution, die europaweit einzigartig ist. Die – wörtlich übersetzt...

Mit den „Grands Ateliers de l’Isle d’Abeau“ in Villefontaine entstand nahe Lyon eine Institution, die europaweit einzigartig ist. Die – wörtlich übersetzt...

Mit den „Grands Ateliers de l’Isle d’Abeau“ in Villefontaine entstand nahe Lyon eine Institution, die europaweit einzigartig ist. Die – wörtlich übersetzt – „großen Werkstätten“ sind eine interdisziplinäre Bildungs- und Forschungsstätte, die zur praktischen und theoretischen Annäherung der Fachgebiete des Bauwesens geschaffen wurde. Durch die Wiedervereinigung der einst eng miteinander verknüpften Disziplinen Architektur, Kunst, Design und Ingenieurwesen wird hier der drohenden Isolation einzelner Fachbereiche entgegengesteuert. Ziel ist es, Nutzern und Studenten das Bauen in seiner Gesamtheit erfahrbar zu machen.

Die Gründung der „Grands Ateliers“ geht auf eine Initiative von elf Architektur- und Kunsthochschulen der Region Rhône-Alpes und dem französischen Bauforschungszentrum CSTB (Centre Scientifique et Technique du Bâtiment) im Jahr 1995 zurück. Die Architekten der Grands Ateliers, Florence Lipsky und Pascal Rollet, konzipierten den 2002 fertig gestellten Bau als „Arbeitswerkzeug“, das neben einer 2 300 m² großen, technisch hochgerüsteten Werkhalle und einer Freiluftwerkstatt auch Unterrichtsräume, Forschungslabors und großzügige Ausstellungsflächen im Innen- und im Außenbereich beherbergt.

Die Hauptaufgabe der Grands Ateliers, die didaktischen Vermittlung von fachübergreifenden Themen aus Architektur, Kunst und Ingenieurwesen, wird als Ergänzung zum konventionellen Unterricht an den Universitäten verstanden. Im Mittelpunkt steht dabei die Lehre und Erforschung von Baumaterialien und der Qualität von bewohnten Räumen. Neben den über 40 Unterrichtsmodulen, die hier von den einzelnen Partneruniversitäten angeboten werden, runden praktische Experimente in den Labors und Werkstätten den Lehrinhalt ab. Die Ergebnisse des „überdachten Werkunterrichts“ werden anschließend in Form von Ausstellungen der Öffentlichkeit präsentiert. Die Betreiber der Grands Ateliers sind auch um die Bildung eines Netzwerkes von Forschern und professionellen Partnern aus der Bauwirtschaft bemüht. Zu diesem Zweck können sich Künstler, Wissenschaftler und Forscher – nach dem Prinzip des „Artist in Residence“ – temporär in den Ateliers niederlassen und die vorhandene Infrastruktur nutzen. Dank der Unterstützung namhafter Firmen aus der Baubranche können meist auch die benötigten Materialien zur Verfügung gestellt werden.

Die Idee, die Baukultur unter Berücksichtigung all ihrer Komponenten als Gesamtheit zu vermitteln, stößt in der Fachwelt wie auch in der Öffentlichkeit auf reges Interesse. Seit der Entstehung der Institution nutzen zahlreiche Universitäten aus ganz Europa das Angebot, darunter Finnland, Belgien, Italien, Irland und Liechtenstein. Es kann als Erfolg gewertet werden, dass es den Verantwortlichen in Villefontaine mit ihrem disziplinübergreifenden Ansatz gelang, eine Plattform für den grenzüberschreitenden Wissensaustausch zu schaffen.

20er, Fr., 2005.04.15

15. März 2005Nora G. Vorderwinkler
zuschnitt

Gedämmte Baukosten

Bauphysikalische Mängel hatten die Sanierung des Altersheimes Landeck, ein Terrassenbau aus dem Jahr 1976, unumgänglich gemacht. Aufwändige Reparaturarbeiten...

Bauphysikalische Mängel hatten die Sanierung des Altersheimes Landeck, ein Terrassenbau aus dem Jahr 1976, unumgänglich gemacht. Aufwändige Reparaturarbeiten...

Bauphysikalische Mängel hatten die Sanierung des Altersheimes Landeck, ein Terrassenbau aus dem Jahr 1976, unumgänglich gemacht. Aufwändige Reparaturarbeiten und schwere Energiedefizite führten zu hohen Betriebs- und Erhaltungskosten, die alljährlich das Gemeindebudget belasteten. Das Isolieren der Ostfassade und eine Gesamterneuerung der Heizungsanlage konnten als Erste-Hilfe-Maßnahme die Ausgaben während der vergangenen Jahre zwar senken, langfristig zufrieden stellende Bedingungen waren damit jedoch nicht geschaffen. Bautechnische Schwächen wies vor allem die Westfassade auf: Neben einer mangelhaften Isolierung beinhaltete diese auch ein desolates, in die Betonbauteile integriertes Entwässerungssystem. Da das Heim auch in funktioneller Hinsicht nicht mehr den heutigen Anforderungen entsprach, reagierten die Verantwortlichen: Sanierung und Umstrukturierung des Bestandes in ein zeitgemäßes Pflegeheim für Senioren wurden Gegenstand eines Architekturwettbewerbs, aus dem gharakhanzadeh sandbichler architekten als Sieger hervorgingen.

Nach der Wettbewerbsentscheidung gaben die Bauherren ihr Einverständnis, das Siegerprojekt in eine laufende Forschungsarbeit der Architekten zu sogenannten »Synergie aktivierenden Modulen (s.a.m.)« aufzunehmen. Die Studie zielte auf die Optimierung modularer Holzsysteme ab, die bei einer größtmöglichen Breite an sanierungsbedürftigen Bauten zum Einsatz kommen sollten. »Ziel unserer Forschung war es, durch die Revitalisierung mit ,s.a.m.‘ Betriebs- und Erhaltungskosten zu senken, und gleichzeitig die Nutzbarkeit der Objekte subjektiv und objektiv zu verbessern«, erklärt Bruno Sandbichler. Da die Nachhaltigkeit eine zentrale Rolle bei den Sanierungskonzepten einnimmt, kommt der vermehrte Einsatz von Holz den Ansprüchen der Architekten bei der Systementwicklung sehr entgegen: »Aufgrund seiner idealen Werte in bauphysikalischer und konstruktiver Hinsicht ziehen wir Holz als erstes Material in Betracht.« Nach den Kriterien der s.a.m.-Studie unterzogen die Architekten das Altersheim Landeck einer umfassenden Bestandsanalyse. Neben den bereits bekannten bautechnischen Mängeln zeigten sich dabei noch weitere veränderungsbedürftige Aspekte betreffend die soziale Situation der Bewohner und die im Heim gebotene Wohnqualität. Ausgehend von diesen Erkenntnissen erarbeiteten die Wiener Planer ein umfassendes Verbesserungskonzept für das Altenheim, das in seinem Umfang weit über die im Wettbewerb geforderte Aufgabe hinausging. Dank hoher Effizienz in konstruktiver Hinsicht und Materialwahl entsprachen die Kosten des erweiterten Entwurfs dem vorgegebenen Budgetrahmen.

Um die geforderte Größe der Bewohnerzimmer zu erlangen, wurden raumerweiternde Elemente aus vorgefertigten Holzmodulen in die vorhandene Betonstruktur eingepasst. Die Dimensionen dieser boxenartigen Module entsprechen dem vorgegebenen Konstruktionsraster, der Beton übernimmt weiterhin die tragende Funktion, während das Holz für die bauphysikalische Aufwertung des Gebäudes zuständig ist. »Die Montage von selbsttragenden Leichtbauelementen ohne vorherige Errichtung einer Primärkonstruktion spart Zeit und Kosten und optimiert den ökologischen Materialeinsatz«, so die Architekten. Die Übernahme des Rastermaßes führte zu einer gestalterischen Neuinterpretation der vorhandenen Fassade, erhöhte aber vor allem die Kosteneffizienz des Entwurfs. Außerdem erlaubte das Modulsystem durch seine Flexibilität, die Zimmer in ihrer Größe zu vereinheitlichen. Mit dem Einbau der Raumzellen mussten charakteristische Elemente des ursprünglichen Terrassenbaus der Erweiterung der Zimmer weichen: »Da es nicht möglich war, die Zimmer nach innen zu vergrößern, bestand die einzige Möglichkeit darin, sie nach außen zu erweitern. Daher beschlossen wir, die Balkone zu eliminieren, die von vielen pflegebedürftigen Bewohnern ohnehin nicht selbständig benutzt werden konnten. Dafür wurden im Erdgeschoss leicht erreichbare Aufenthaltsbereiche mit direktem Zugang zum Park geschaffen«, erklärt Feria Gharakhanzadeh die planerische Überlegung.

Die Raumzellen selbst waren ursprünglich als »Holzkisten« konzipiert. Ein Gutachten des Bauphysikers brachte jedoch die geplante Zellenbauweise zu Fall: Zur schalltechnischen Verbesserung der Zimmertrennwand wurden die seitlichen Holzelemente durch zweischalige Leichtwände ersetzt. Nur ungern verwarfen die Architekten ihre dreidimensionale »Kistenidee« zugunsten eines modularen Systems aus Wand-, Decken- und Dachelementen, doch die deutlich niedrigeren Bau- und Transportkosten der neuen Lösung bekräftigten diese Entscheidung. Zur Auftragsvergabe wurden Firmen gesucht, die in der Lage waren, die vorgefertigten Elemente schon im Werk weitestgehend auszustatten. Wand- und Dachelemente sollten inklusive Dämmung, Fenster und Türen, Dachabdeckung, Entwässerungselementen, Fassadenverkleidung und aller Anschlussdetails »aus einer Hand« gefertigt werden.

Um sämtliche konstruktiven Fragen mit den ausführenden Firmen zu klären, gaben die Architekten die Anfertigung eines Prototyps für das Raummodul im Maßstab 1:1 in Auftrag. Schließlich kam es in der Werkstatt der beauftragten Firma sogar zum Probelauf eines Montagezyklus, der die Optimierung des Bauablaufs ermöglichte. Darauf basierend erstellte die Bauleitung ein Zeitschema und berechnete genau, wie lange jeder Arbeitsschritt dauerte. Die gewonnenen Erfahrungen und Messungen führten zu einer zeitlich genauestens abgestimmten Abfolge sämtlicher Gewerke. Jeweils drei übereinander liegende Wohneinheiten wurden zugleich umgebaut. Die Arbeitsschritte – Abriss, Rohbau, Ausbau, Montage bis zur Endreinigung – waren so präzise kalkuliert, dass der Umbau dieser Einheiten in nur drei Tagen abgeschlossen werden konnte.

Schrittweise wanderte der Bautrupp in nur zehn Wochen über die gesamte Fassade, während im Gebäudeinneren der Pflegebetrieb fast ungehindert fortgesetzt werden konnte. Da sich die schnelle und kostengünstige Holzleichtbauweise fast ausschließlich auf Trockenbauarbeiten beschränkte, konnten sämtliche Sanierungs- und Umbauarbeiten in einem einzigen Bauabschnitt vollzogen werden. In gestalterischer Hinsicht entspricht der Bau im Wesentlichen dem Wettbewerbsentwurf. Eine Änderung erfolgte lediglich hinsichtlich der Fassadengestaltung. In Übereinstimmung mit den Bauherren und den ausführenden Firmen entschieden sich die Architekten gegen die ursprünglich geplante Holzfassade und für eine Fassade aus Kupferblech. Das war ideal, weil damit Dach, Fassade und Entwässerung aus einem Material gemacht werden konnten. Den Architekten gefiel auch die charakteristische Patina, die sich auf der Kupferoberfläche bildet. Die Verkleidungspaneele wurden vorpatiniert und beleben nun abwechselnd mit den Markisen, deren Farbgestaltung der Künstler Peter Sandbichler entworfen hat, die Fassade...

zuschnitt, Di., 2005.03.15



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15. März 2005Nora G. Vorderwinkler
20er

Gläserner Klangkörper

Der Neubau der Musikschule Kufstein lässt das Bild von Eierkarton-gedämmten Proberäumen in düsteren Kellern weit in die Vergangenheit rücken. Mit seinem...

Der Neubau der Musikschule Kufstein lässt das Bild von Eierkarton-gedämmten Proberäumen in düsteren Kellern weit in die Vergangenheit rücken. Mit seinem...

Der Neubau der Musikschule Kufstein lässt das Bild von Eierkarton-gedämmten Proberäumen in düsteren Kellern weit in die Vergangenheit rücken. Mit seinem Wettbewerbsbeitrag setzte sich das Innsbrucker Architektentrio riccione (Clemens Bortolotti, Tilwin Cede und Mario Ramoni) dem Image entgegen, dass Musikunterricht hinter schwerem Gemäuer stattzufinden hat. Mit gekonnten Planungsansätzen und durchdachtem Materialeinsatz gelang ein architektonischer Lichtblick im doppelten Wortsinn: der zeitgemäße Musikschultypus steht stellvertretend für die Tatsache, dass selbst die speziellen raumakustischen Anforderungen an eine Musikschule mit einer transparenten und offenen Bauweise bewältigbar sind. Funktionell vereint der riegelförmige Baukörper die Musikschule (im Obergeschoss), die Stadtbücherei und das Stadtarchiv (im Erdgeschoss) unter einem Dach. Die horizontale Gliederung der nord- und ostseitigen Glasfassade macht die unterschiedliche Nutzung der Geschosse ablesbar. In den Obergeschossen ist jedes der boxenartigen Fassadenmodule jeweils einem Unterrichtsraum zugeordnet. Die Strukturierung der hochwertigen Verglasung hat schalltechnische Gründe: die Schwingungen werden von den einzelnen „Rahmen“ aufgenommen, ohne dass sie auf benachbarte Klassenräume übertragen werden. Als zusätzliche Maßnahme wurden Raum trennenden Bauteile – Wände und Decken – leicht schräg konzipiert. Dadurch verringert sich die Nachhallzeit in den musikerfüllten Räumen, was wiederum das so genannte Flatterecho von Wand zu Wand vermiedet. Neben der üblichen schalldämmenden Wandverkleidung aus gelochten Holzpaneelen sorgen zweierlei textile Vorhänge in jedem Unterrichtsraum für einen individuell einsetzbaren Schall- und Sichtschutz. Je nach Bedarf kann wahlweise der transparente oder der blickdichte Stoff vor Fenster und Wände gezogen werden. Zur Lösung dieser sensiblen Bauaufgabe stand den Architekten der erfahrene Akustikberater Bernd Quiring zur Seite, der vor einigen Jahren beim Umbau des Musikvereinssaales der Wiener Philharmoniker sein Fachwissen eingebracht hatte.

„Wir wollten keinen spiegelnden Palast bauen, sondern eine Schule, die nicht möglichst wenig „akademisch“ wirkt. Die Transparenz soll die Scheu abbauen, das Haus zu besuchen und zu nutzen“, erklärt Clemens Bortolotti. Als Beweis für die geglückte Einhaltung dieser selbst auferlegten Vorgabe steht die großzügige Arena im Erdgeschoss des Gebäudes. Ursprünglich für Darbietungen der Musikschule konzipiert, wird dieser öffentliche Bereich heute von unterschiedlichsten Nutzern intensiv bespielt. Kinder-, Senioren- und Tanzgruppen erobern regelmäßig mit diversen Aktivitäten das Terrain.

Maßgeblich für das Gelingen der Bauaufgabe war nicht zuletzt die äußerst positive Zusammenarbeit der Planer mit den Gemeindevertretern der Stadt Kufstein. „Für uns ist es immer noch wie ein Wunder, dass die Stadt Kufstein den Mut aufgebracht hat, ihre Musikschule in der heute bestehenden Art darzustellen“ sind sich die Architekten einig.

20er, Di., 2005.03.15



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Landesmusikschule Kufstein

15. Februar 2005Nora G. Vorderwinkler
20er

Adambräu: Industriearchitektur umgenutzt

Mit dem Einzug des Archivs für Baukunst, Architektur und Ingenieurwesen der Universität Innsbruck und dem aut.architektur und tirol in den neuadaptierten Adambräu-Turm fiel der Startschuss für eine umfassende Auseinandersetzung mit dem aktuellen und historischen Architekturgeschehen Tirols. Mit dem neuen Architekturzentrum entstand eine fachliche Schnittstelle, deren inhaltliches Spannungsfeld zwischen Alt und Neu auch anhand ihres historischen Standortes selbst erfahrbar wird.

Mit dem Einzug des Archivs für Baukunst, Architektur und Ingenieurwesen der Universität Innsbruck und dem aut.architektur und tirol in den neuadaptierten Adambräu-Turm fiel der Startschuss für eine umfassende Auseinandersetzung mit dem aktuellen und historischen Architekturgeschehen Tirols. Mit dem neuen Architekturzentrum entstand eine fachliche Schnittstelle, deren inhaltliches Spannungsfeld zwischen Alt und Neu auch anhand ihres historischen Standortes selbst erfahrbar wird.

Der Brauturm aus dem Jahr 1931 rückt in seiner neuen Rolle als Zentrum für Architektur nicht zum ersten Mal in den Mittelpunkt des architektonischen Interesses. Schon zu seiner Entstehungszeit, als das Gebiet rund um die Brauerei stark im städtebaulichen Wandel begriffen war, wurde die Fertigstellung des modernen Baues mehrfach kommentiert. Nicht nur die neuartige, nüchterne Erscheinung des Industriebaues machte von sich sprechen, sondern auch seine für damalige Verhältnisse beachtliche Höhe von 34 Metern, die das Innsbrucker Stadtbild stark prägte. Die Innsbrucker Nachrichten vom 22. August 1931 bemerkten dazu: „In einigen Wochen wird Innsbrucks Wolkenkratzer 2 im fertigen Kleide zum Himmel ragen und seiner Bestimmung – wirtschaftsfördernd zu wirken – zugeführt werden. Und unsere unvergänglichen Bergriesen werden verständnisvoll ihre Fittiche darüber breiten.“ Schöpfer des Adambräu-Turmes war der Architekt Lois Welzenbacher. Im Tirol der Zwischenkriegszeit setzte dieser mit seinen Bauten – darunter auch das Verwaltungsgebäude der Städtischen Elektrizitätswerke (1926) und das Kurhotel Seeber in Hall (1930-32) – gestalterische Akzente im Geiste der modernen Bewegung.

Mit seinem gebauten Bekenntnis zur Sachlichkeit bezog der dem Deutschen Werkbund nahestehende Welzenbacher eine klare Stellung in der lange andauernden Formensuche der heimischen Industriearchitektur. Die Innovationskraft, die von Welzenbachers Schaffen ausging, prägte das kulturelle Geschehen in solchem Maße, dass sein Werk 1932 als einziger österreichischer Beitrag bei der Ausstellung „The International Style: Architecture since 1922“ im Museum of Modern Art in New York gezeigt wurde. Die zahlreichen architektonischen Veränderungen in der Landeshauptstadt während der 1920er und 1930er-Jahre verstärkten das öffentliche Interesse am aktuellen Baugeschehen. Dieses drückte sich unter anderem in der ungewöhnlich hohen Zahl an abgehaltenen Architekturwettbewerben aus, deren planerische Beiträge häufig Gegenstand öffentlicher Diskussionen war. Das unaufhaltsame Wachstum der Stadt beeinflusste auch die Umgebung rund um das Adambräu und führte zu einschneidenden städtebaulichen Veränderungen.

Bis ins Ende des 19. Jahrhunderts war dieser Teil Wiltens in seiner Funktion als Wirtschaftsstandort definiert. Zahlreiche Produktionsstätten, darunter Mühlen und Schmieden reihten sich hier aneinander und versorgten die Stadt mit ihren Produkten. Eine begünstigende Rolle für die Ansiedlung von Industrie spielte der Sillkanal, der einst entlang der heutigen Adamgasse verlief. Dieser versorgte die Fabriken und Gewerbebetriebe mit Wasserkraft. 1890 zählte man allein auf Wiltener Gebiet 25 Gewerbebetriebe an der „kleinen Sill“, wie der Kanal allgemein genannt wurde. Im Herzen dieses Industriegebietes wurde 1825 die vierte Brauerei Innsbrucks eingerichtet: das Adambräu. Nach seinem Gründer Franz Josef Adam benannt, war die Brauerei vorerst im historischen Ansitz Windegg und seinen Nebengebäuden untergebracht. Sein Ansuchen um die Braurechte begründete Adam damit, „daß bei der gegenwärtigen schlechten Qualität des hiesigen Bieres und bei der immer zunehmenden Consumtion desselben die Errichtung einer vierten Braustätte gewünscht sein müsse“. Als die späteren Besitzer mehr als ein Jahrhundert nach der Betriebsgründung Lois Welzenbacher mit dem Neubau des Sudhauses und des danebenliegenden Kühlschiffes beauftragten, wurde der Wunsch nach Qualitätssteigerung jedenfalls in architektonischer Hinsicht zweifelsfrei erfüllt. Um die Jahrhundertwende begannen Zinshäuser und neue Verkehrswege die alten Produktionsstätten zu ersetzen. Lange Zeit war das Adambräu die letzte produzierende Industriestätte in diesem Gebiet, bevor 1994 die Brautätigkeit endgültig eingestellt wurde.

Nach der Stillegung der Brauerei fand der Welzenbacherbau erneut Eingang in die Schlagzeilen. Auf dem Wiltener Industrie-Areal drohte nun dem letzten Relikt aus vergangenen Zeiten, gemeinsam mit der nahegelegenen Klosteranlage des Karmeliterinnenordens, der Abriss. In den Jahren zuvor waren mehrgeschoßige Wohnbauten bereits in bedrohliche Nähe dieser Altbestände gerückt, sodass das brachliegende, locker bebaute Adambräu-Areal schon bald zum Sanierungsgebiet erklärt wurde. Die Umwidmung des Gewerbegebietes sowie die Erarbeitung eines Bebauungsplanes waren schon im Gange, als im Juni 1995 der Denkmalbeirat der Stadt beschloss, das Sudhaus samt danebenliegendem Kühlschiff unter Denkmalschutz zu stellen. Da die Frage einer künftigen Nutzung zu diesem Zeitpunkt noch nicht geklärt war, wurden die Regeln einer denkmalgerechte Sanierung eher locker gehandhabt: Demnach sollte zwar die Hülle des Turmes gewahrt bleiben, auf die Erhaltung der übrigen Details wurde nicht explizit Wert gelegt. Es kann also rückblickend als glückliche Fügung gewertet werden, dass aus dem ehemaligen Brauereiturm ein Zentrum für Architektur wurde, und dass die künftigen Nutzer auf diese Art Einfluss auf die Sanierung nehmen konnten. Heute ist das Sudhaus weitestgehend in seiner Originalform erhalten.

Der „Beinahe-Abriss“ des Adambräu-Turmes macht deutlich, wie sehr die Bedeutung von Welzenbachers architektonischen Schaffen mit der Zeit in Vergessenheit geraten war. Die wieder aufgenommene Debatte hatte die Rettung weiterer Bauten zur Folge, die von Umbau- oder Abrissplänen bedroht waren. So gelang es etwa im Jahr 2000 dank einer privaten Initiative, das Turmhotel Seeber in Hall in seinem ursprünglichen Zustand zu erhalten. Da die Zahl der von Welzenbacher ausgeführten Bauten ohnehin nicht groß ist und bereits einige davon durch Kriegsschäden oder durch Abbruch unwiederbringlich verloren gegangen sind, kann der Erhaltung weiterer Werke nicht genug Bedeutung beigemessen werden. Die Geschichte des Brauturmes trägt vom Zeitpunkt seiner Entstehung an die Spuren einer lebendigen Architekturdebatte, die das enge Zusammenspiel gegenwärtiger Entwicklungen mit der Geschichte einer Stadt verdeutlicht.

Der Zeitpunkt der Eröffnung des Adambräus fällt günstig. Nachdem das Interesse an österreichischer Architektur bis vor wenigen Jahren auf Graz und Vorarlberg fokussiert war, ist der Funke nun auch nach Tirol übergesprungen. Der Aufschwung zeigt sich in der verstärkten Präsenz der Tiroler Architektur, die mit der Vorstellung zahlreicher heimischer Bauobjekte auf der Architekturbiennale von Venedig im vergangenen Jahr einen vorläufigen Höhepunkt erlangte. Mit der Entdeckung des Neuen geht die Erforschung der historischen Hintergründe einher. Sensible Bauaufgaben wie der Neubau der Berg Isel-Sprungschanze oder die Erschließung der Nordkettenbahn fordern eine historische Auseinandersetzung. Mit der räumlichen Nähe des Archivs für Baukunst zum aut entstanden ideale Voraussetzungen, um die fachliche Diskussion voranzutreiben und das Bewusstsein für architekturspezifische Themen zu beleben. Die Synergien, die durch dieses österreichweit einzigartige Zusammenspiel ausgelöst werden können, bieten eine große Chance für die Positionierung Innsbrucks auf dem kulturellen Feld.

20er, Di., 2005.02.15



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Adambräu – Umbau Sudhaus

15. November 2004Nora G. Vorderwinkler
20er

Das Glas aller Dinge

Transparenz ist letzthin zum Lieblingsschlagwort des Marktes avanciert. Ob bei der Handyrechnung, an den Ölmärkten, im Netz: Transparenz verspricht, Klarheit durch den Austausch von Information zu schaffen.

Transparenz ist letzthin zum Lieblingsschlagwort des Marktes avanciert. Ob bei der Handyrechnung, an den Ölmärkten, im Netz: Transparenz verspricht, Klarheit durch den Austausch von Information zu schaffen.

In der Architektur stellen transparente Bauteile die Beziehung eines Gebäudes mit seiner Umwelt her. Vor allem im Ladenbau ist dieser visuelle Informationsaustausch von Bedeutung, geht es doch darum, Produkte zu präsentieren und das Interesse der Kunden daran zu wecken. Schaufenster sind die „dreidimensionale Visitenkarte“ eines Geschäftes. Sehr oft scheint sich der Mut der Händler und die Kreativität ihrer Planer bei der Geschäftsgestaltung allerdings darin zu erschöpfen, Fassaden großflächig aufzureißen und mit Glaselementen zu versehen. Was sich im Anschluß dahinter abspielt, ist derart austauschbar, daß nichts an den Versuch einer Marktpositionierung erinnert. „Viele dieser Geschäfte werden in ihrer Identität nicht wahrgenommen, das ist ja für die Händler selbst kontraproduktiv“ meint Thomas Wiederin dazu. Mit seinem neueröffneten Buchladen am Sparkassenplatz setzte er gemeinsam mit dem Architekten Rainer Köberl ein Zeichen dafür, daß gute Geschäftsarchitektur einen wichtigen Beitrag zur Identitätsstiftung leisten kann. Und daß sich mit Glaselementen, durchdacht eingesetzt, verblüffende Ergebnisse erzielen lassen. Der Wunsch des Bauherren, sein Geschäft zum Platz hin zu öffnen und zugleich ein Teil davon zu werden, wurde planerisch erfüllt. So können etwa die großen, schwarz umrahmten Schaukästen mit zurückversetzten Fensterflächen straßenseitig als erweiterte Vitrine genutzt werden. Der durchgehend schwarz gestaltete Raum bringt die Bücher in den raumhohen Regalen deutlich zur Geltung. Mit Einsetzen der Dämmerung verdunkelt sich die „Freiluftvitrine“, während der beleuchtete Innenraum in den Vordergrund tritt. Die klare Lesbarkeit der Fassade spiegelt die Geschäftsidee des Inhabers wieder:„Wir wollten die Annäherung zwischen dem, was Architektur schafft und dem, was gute Literatur ist, hervorheben: wechselnde Wahrnehmung, plastische Elemente und auch Irritation“. Um etwas andere bauliche Anforderungen ging es beim Konzept für eine „offene Bank“, das der Architekt Peter Lorenz 2001 in der Museumstraße realisierte. Die Filiale der Schoellerbank wurde mit einer Vielzahl von optischen Effekten innen wie außen attraktiv gestaltet. Die Glaselemente im Eingangsbereich bilden den „blauen Tunnel“, der im Farbton des Banklogos gehalten ist, um baulich auf die Corporate Identity des Geldinstitutes einzugehen. Die geschoßhohe Glassfassade wurde der freigelegten historische Fassade des Hauses vorgesetzt und hat geradezu denkmalpflegerischen Charakter. Bedruckte Trennwände aus Glas schaffen im Innenraum die erforderliche Diskretion, ohne den Blick in die gesamte Raumtiefe zu versperren. Die gläsernen Bauteile fügen sich harmonisch an den vorhandenen Altbestand. Identität und Funktion sind hier gekonnt miteinander verbunden. Da sich die gelungene Geschäftsgestaltung im Stadtzentrum bisher leider auf einige wenige Ausnahmen beschränkt, kann vorerst der Feststellung Wiederins nur beigepflichtet werden: „Ich vermisse bei den Händlern das Selbstbewußtsein, architektonische Identität zu übernehmen“.

20er, Mo., 2004.11.15

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