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Bauwerke

Artikel 12

11. Februar 2006Wojciech Czaja
Der Standard

Die Ware Landschaft

Schnee schon wieder. Doch der Winter wird vorüber- ziehen und dann wird die Stadtlandschaft wieder einen unverzichtbaren Stellenwert einnehmen. Was Land- schaft so alles bedeuten und beinhalten kann, das zeigt sich am besten anhand der Projekte von heri&salli

Schnee schon wieder. Doch der Winter wird vorüber- ziehen und dann wird die Stadtlandschaft wieder einen unverzichtbaren Stellenwert einnehmen. Was Land- schaft so alles bedeuten und beinhalten kann, das zeigt sich am besten anhand der Projekte von heri&salli

Die Frage musste einfach sein. Kaum sitzt man mit heri&salli an einem Tisch, muss man sofort an diese andere Tischszene denken, in der sich halt Harry und Sally gegenübersitzen und - na ja, den Rest kennt man. Aber nein, so versichern Heribert Wolfmayr und Josef Saller, mit dem Hollywood-Spielfilm habe ihr Büroname nichts zu tun. Vielmehr ist er aus der Not entstanden, als man im Zuge des allerersten gemeinsamen Projekts innerhalb weniger Stunden plötzlich auch noch nomenklatorisch kreativ sein musste. Und mit dem Familiennamen alleine tritt es sich auf dem heiß bebauten, österreichischen Architektenmarkt - wie man ja weiß - nicht so gut auf.

Heribert Wolfmayr und Josef Saller haben zwar gemeinsam studiert, doch so richtig aufgespürt haben die beiden einander erst Jahre später. Nach den ersten anfänglichen Konzepten und Installationen hat man eines fernen Tages dann die Liebe zur Landschaft entdeckt. Und zwar in all ihren Facetten. Dass heri&salli ihren ersten Landschaftsversuch justament auf dem Salzburger Residenzplatz verwirklichen wollten, haben ihnen die Bewohner wohl bis heute nicht verziehen. Heri: „Die Struktur unseres Eingriffes war eigentlich nur ein Spiegelbild des Bestandes rund um den Residenzplatz. An dieser einen Stelle wollten wir die Stadt auf ihre alleinige Oberfläche reduzieren, und zwar in Form einer begrünten Fläche.“

Als die beiden Architekten das temporäre Projekt der Stadtverwaltung vorgestellt hatten, machte sich ein tiefer Graben breit. Die Politik, allen voran Bürgermeister Heinz Schaden, suhlte sich anfänglich noch in Begeisterung, die Presse jedoch buhte das junge Vorhaben von Beginn an aus. „Wahnsinn, Rasengag oder Kunst?“, titelten die Tageszeitungen, wobei mit ersterem Begriff vor allem der Salzburger Landeskonservator Walter Schlegel zitiert wurde. Eine dreimonatige Kunstinstallation auf einem historisch gepflasterten Platz mitten in der Stadt? Ein Ding der Unmöglichkeit! Zeitgeist ist auf Salzburgs Plätzen wohl nicht denkbar, was - nebenbei bemerkt - im Jahre 2003 ein weiteres Mal unter Beweis gestellt wurde, als der Künstlergruppe gelatin und ihrem Triumphbogen ebenfalls eine zwar späte, doch glatte Abfuhr erteilt wurde. Wie auch immer, nach knapp zwei Jahren Vorbereitungszeit und nach vielen veröffentlichten Karikaturen in Rage über den Rasen wurde das Projekt von heri&salli nolens volens abgeblasen.

2004 war es dann schließlich so weit. Wenn auch nicht in der Landeshauptstadt, so doch in Bischofshofen. Sechs Künstler und Architekten wurden eingeladen, ihre Vorstellung einer „Wahren Landschaft“ zum Besten zu geben. Grundidee der Initiatoren war es, entlang eines Weges - quer durch das asphaltiere Ortsgebiet und weiter durch den angrenzenden Wald - so genannte wahre Landschaftsobjekte auszuarbeiten. heri&salli: „Dieses Thema in einer gewissen Art von Direktheit und Eindeutigkeit zu formulieren, birgt das Fundament des Scheiterns in sich.“ Warum das so ist? Die wahre Landschaft existiere bereits, wahre Landschaft könne sich daher nur selbst bauen. Die einzige Möglichkeit einzugreifen, bestünde darin, „echte fehler“ zu machen - und schon hat man einen Titel.

Im Gegensatz zu ihren installierenden Kollegen haben heri&salli entlang der gewünschten Route mitten durch Bischofshofen nicht etwa einen weiteren Punkt inszeniert, sondern haben die bereits existierenden Kunstpunkte in Form eines Zebrastreifens miteinander verbunden. Wahrlich, ein vier Kilometer langer Fußgängerübergang hat Seltenheitswert. Vor allem, wenn er über erdigem Boden plötzlich in die dritte Dimension emporwächst und mitten durch den Wald führt. „Ein Zebrastreifen ist ein gewisser transitorischer Code, selbst Orte einer anscheinend völligen Banalität werden dadurch plötzlich interessant.“

700 Zebrastreifen auf den Asphalt zu pinseln - da stellt sich doch unweigerlich die Frage nach der Bodenmalerei. Denn bei aller Liebe zur Konzepthaftigkeit jeder Kunstidee war die Umsetzung in Bischofshofen selbstverständlich ein ganz schön großer Brocken Arbeit. Geholfen haben den beiden Architekten die Schüler und Schülerinnen der beiden örtlich ansässigen Hauptschulen. Statt Werkerziehung wurde im Akkord gepinselt, statt bildnerischer Erziehung wurde großflächig gemalt. Alle hatten Spaß, alle hatten weiß gestreifte Jeans am Ende. Doch genau so sieht sie aus, die Idee der viel zitierten Interdisziplinarität. Im Übrigen wurden die „echten fehler“ für den Adolf-Loos-Staatspreis nominiert, des weiteren wurde das Projekt bei einem japanischen Wettbewerb („A Town Landmark“, Juryvorsitz Toyo Ito) ausgezeichnet.

Was alles passieren kann, wenn man dem Zebrastreifen nicht den nötigen Respekt zugesteht, zeigt sich in der Ausstellung „Niemandsland“ im Wiener Künstlerhaus (2004). Dort bildet ein weißer Opel Kadett nach dem Totalschaden den Mittelpunkt der Installation „Zeit.Punkt“. Ein schwarzer Raster als örtliches Bezugssystem zieht sich über Raum und Karosserie, so schön kann Opel sein! „Niemandsland ist dort, wo Zeit und Ort auf den Nullpunkt reduziert werden“, erklärt Salli, „dieser Moment des absoluten Nullpunkts ist ein Crash.“ Hmm. Einstein hätte mit dem brutalen Umgang mit seiner hoch geschätzten vierten Dimension wohl keine Freude gehabt. Doch es reicht ja, wenn Architekten in den ihrigen dreien schon Meister sind, da muss man sich nicht allseits gewandt auch noch mit der Zeit herumschlagen. heri&salli indes bleiben cool: „Wir sind uns sehr wohl dessen bewusst, dass unser Zugang zu Kunst und Architektur sehr reich an Metaphern ist. Daher ist es auch nicht schlimm, wenn das nicht für jedermann verständlich ist.“

Heribert Wolfmayr und Josef Saller sind Stellvertreter einer neuen Generation voll konzeptioneller Stärke, voll von Biss und Vision. Freilich ist diese Generation auch der Inbegriff konzeptioneller Rebellion und unbeschwerter Unvoreingenommenheit. Ein ähnliches Phänomen war in der österreichischen Architekturszene schon vor einem Jahrzehnt zu beobachten, als die so genannten Boygroups wie Schwammerl aus dem fruchtbaren Berufsboden schossen. Ein Büro nach dem anderen, eines frecher als das andere.

Mit heri&salli zeigt sich exemplarisch, dass nun eine neue Generation dabei ist, sich durch die Kruste des harten Berufslebens zu boxen. Der alten Architektenclique der Graumelierten haben die Emporkömmlinge rund um querkraft, propeller z und awg vor rund zehn Jahren schon mühsamst die Show abgerungen, zumindest einen Teil davon. Nun liegt es an ihnen, den Ball wieder weiterzugeben.

Genau dieser Generation widmete sich eine Ausstellung in der Berliner Galerie Aedes. Unter dem Titel „AustriArchitektur“ haben sieben österreichische Büros an einem gemeinsamen Präsentationsstrang gezogen. Mit an Bord waren auch heri&salli, die sich der allseits verbindenden Ausstellungsarchitektur gewidmet haben. Das immergleiche Problem des geringen Budgets hat aus der Not eine Tugend gezaubert. Zehn Kilometer Infusionsschläuche wurden rot eingefärbt und bildeten den Hintergrund der österreichischen Architekturlandschaft. heri&salli: „Der Raum an sich ist nicht die Architektur, sondern nur eine Ansammlung von möglichen architektonischen Horizonten.“ Wahnsinn, Krankenhausgag oder Kunst? - Architektur.

28. Oktober 2005Salzburger Nachrichten

Preis für „heri und salli“

(SN, APA) Die Architekten Josef Saller und Heribert Wolfmayr („heri und salli“) wurden in Tokio mit einem dritten Preis für die beste „Town Landmark“ ausgezeichnet....

(SN, APA) Die Architekten Josef Saller und Heribert Wolfmayr („heri und salli“) wurden in Tokio mit einem dritten Preis für die beste „Town Landmark“ ausgezeichnet....

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Profil

2004 Bürogründung durch Heribert Wolfmayr und Josef Saller in Wien

Leitbild

Seit 2004 arbeiten Heribert Wolfmayr und Josef Saller - heri&salli - an architektonischen, räumlichen und temporären Konzepten, welche ihr tatsächliches Ziel erst im realisierten, dem Menschen gegenübergestelltem Objekt erreichen. Durch sein Gegenüber erhält das Material seinen Sinn und seine Aufgabe. Der Mensch als aktives Teil wird immer wieder zur Ursache für ein räumliches Konzept.

Veranstaltungen

02/2001 „Architekturavantgarde Österreich“ Werkvortrag / Wien
04/2001 „provincial future“ Vortag über das Projekt City-Scape / Salzburg

04/2002 „ scheiter-stadt“ / im Rahmen der Ausstellung „mega: manifeste der anmaßung“ / wien
04/2002 „Vodka pur“ Vortag im Haus der Architektur Graz
12/2002 „iszw“ - Vorstellung der inneren Szene/ Wien Kallco Haus

05/2004 „Arch!fest“ / Werkvortrag Nationalgalerie Prag

04/2005 „Cheap“ Es ist wie in der Popmusik …… (Zitat: Wolf D. Prix)
Podiumsdiskussion im Forum Stadtpark / Graz
04/2005 „Architekturloge“ mit Jan Tabor und Henny Liebhardt-Ulm
Projektvorstellung im Atelier heri&salli/Wien Gäste: Fabrica aus Bratislava.
11/2005 Bene Vortrag - Werkvortrag / Wien
11/2005 „annual 2005“" - oberflächen sind körper / msa münster school of architecture
12/2005 „ POSTMEDIALE KONDITION“ / Medien und Architekturbiennale Graz

08/2006 Werkvortrag in Rahmen der Internationalen Sommerakademie für Bildende Kunst / Salzburg
11/2006 „junge Architektur 06“ – Werkvortrag in AFO – Architekturforum Oberösterreich

06/2007 „Grenzen und Schleusen“ – Vortrag im Rahmen von „Alpha-Space“ / MSA-Münster
08/2007 Werkvortrag in der Kunsthalle Wien / Karlsplatz / Wien / YOVA – Ausstellung
10/2007 „Grenzen und Schleusen“ – Vortrag im Rahmen der Blickfang 07 / Wien
11/2007 „Exit City“ / Vortrag an der TU-Wien

03/2008 „Anders Bauen“ / Vortrag im BDA-Wechselraum / Stuttgart
12/2008 Werkvortrag im HDA – Graz / „prominente Domenig-Schüler“

02/2009 Werkvortrag im Gemeindeamt Bischofshofen
10/2009 Werkvortrag an der Kunstuniversität Linz

01/2010 Werkvortrag in Kosice
10/2010 „in progress“ / Werkvortrag Bene/Zumtobel - Innsbruck
12/2010 „Kunst des urbanen Handelns“ / AZW – Wien

04/2011 „Temporäres“ / Vortrag an der TU-Wien
06/2011 „Im öffentlichen Raum“ / Vortrag im Gasthaus Vorstadt – Wien

05/2012 „Pecha Kucha - night“ / HDA - Graz
10/2012 „Space Affairs / Raumaffairen“ / Vortrag und Symposium im Rahmen der gleichnamigen Ausstellung mit Günther Zamp Kelp und the next enterprise im MUSA - Wien
10/2012 „Schwarzbrotreihe“ / Werkvortrag an der Universität Stuttgart
11/2012 „more than architecture“ / Vortrag am Bauhaus Weimar

10/2013 „East Centric Architecture Triennale“ / Vortrag und Ausstellung

05/2014 „CanActions“ Festival Kiev / Ausstellungsbeitrag und Werkvortrag
10/2014 „Über Licht“ – im Dunkeln / Mies Festival, Seestadt Aspern – Flederhaus
10/2014 „Month of Design“ / Werkvortrag Laibach

Auszeichnungen

2018 Preis der Stadt Wien für Architektur
2015 in der Kategorie Räumliches Gestalten und eine Anerkennung beim Outstanding Artist Award Design 2016
2014 Bauherrnpreis 2014 / Projekt OfficeOff
2014 Architekturpreis des Landes Burgenland 2014 / Projekt OfficeOff
2011„Best Digital Exhibition Award“ bei der 9. Internationalen Architekturbiennale Sao Paulo
2011 Anerkennung Kärntner Holzbaupreis 2011
2010 „europe 40 under 40“ Award
2009 Förderungspreis der Stadt Wien für Architektur
2005 Preisträger beim „Central Glass International Architectural Design Competition 2005“ – Tokyo
2005 Architekturförderungspreis des Landes Salzburg 2004
2003 Salzburger Holzbaupreis 2003 für das Projekt Ordnungsimplantat, Kategorie Sonderbauten
2001 „work in progress“ / ORF-Kunststückepreis

In nextroom dokumentiert:
Holzbaupreis Burgenland 2016, Anerkennung, Office OFF
ZV-Bauherrenpreis 2014, Preisträger, Office OFF
Architekturpreis des Landes Burgenland 2014, Preisträger, Office OFF
Holzbaupreis Kärnten 2011, Anerkennung, Flederhaus
Holzbaupreis Salzburg 2003, Preisträger, Das Ordnungsimplantat

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