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13. Januar 2017Ljubisa Tosic
Der Standard

Gläserne Ode an die Geduld der Musik

Eröffnung der ewigen Baustelle Hamburger Elbphilharmonie: In Anwesenheit der Politik (inklusive Kanzlerin Angela Merkel) zeigte das Orchester unter Thomas Hengelbrock auch die akustischen Qualitäten des markanten Glasbaus.

Eröffnung der ewigen Baustelle Hamburger Elbphilharmonie: In Anwesenheit der Politik (inklusive Kanzlerin Angela Merkel) zeigte das Orchester unter Thomas Hengelbrock auch die akustischen Qualitäten des markanten Glasbaus.

„Ich bin in Liverpool geboren, erwachsen wurde ich in Hamburg.“ Wer weiß, ob John Lennon, der mit den Beatles einst Hamburger Clubs bespielte, bei der Eröffnung der Elbphilharmonie dabei wäre. Womöglich würde er eines jener Projekte unterstützen, die sich im Schatten des Glasbaus wähnen. Etwa den popaffinen Golden Pudel Club, der abbrannte und nun auf Wiedererrichtung und Mithilfe der Kulturpolitik hofft.

Komponist Wolfgang Rihm wäre sicher angereist, allerdings wurde er krank. Man wünscht ihm bei der Einweihung im Großen Saal, der 2200 Plätze bietet, gute Besserung. Dennoch „sehen Sie einen glücklichen Intendanten“, erklärt Christoph Lieben-Seutter zuvor, Chef des neuen Kunstraumes. Auch bei Besuchern, welche die Elbphilharmonie einfach so aufgesucht hätten, wäre ein Lächeln aufs Antlitz gezaubert worden, schwärmt Lieben-Seutter.

Für seine Verhältnisse (er war auch Chef des Wiener Konzerthauses) wirkt er fast euphorisch. Verständlich. Letztlich ist alles fertig geworden, auch Rihms Eröffnungsstück Reminiszenz. Alles andere wäre nur als boshafte Komponistenpointe des Widerstands zu werten gewesen.

Die Elbphilharmonie wurde ja auch Wahrzeichen der Geduld und Misswirtschaft. Sie war, nun mit sieben Jahren Verspätung eröffnet, Weltwunder und schlechter Planungswitz zugleich. Von den ersten unrealistischen Schätzungen (77 Millionen) ging es fast hinauf bis zu schwindelerregenden 800 Millionen. 2007 kam Lieben-Seutter, um Inhalte für den Prachtbau zu entwerfen. Statt zügig Richtung Projektvollendung (für 2010) zu gleiten, musste er jedoch Geduld neu definieren.

Auch daran wird erinnert: Bundespräsident Joachim Gauck („Elphie ist erwacht!“) spricht vom Planungsalbtraum, der nun zum verwirklichten Traum wurde. Vom „Amphitheater der Tonkunst und des Bürgersinns“ spricht er, aber auch davon, dass Risiko gute Kalkulation benötige. Dies sei eine wichtige Lehre: „Sie haben sich in Hamburg etwas zugemutet“, so Gauck, in dessen Unterton Mitleid wie Ermahnung mitzuschwingen scheinen. Wie auch immer. Selbst wenn es die Musik nicht gäbe, die das Gebäude beleben soll, würde „Elphie“, die Welle aus Glas, errichtet auf einem alten Backsteinsockel, imposant und unverwechselbar wirken.

Eine 80 Meter lange Rolltreppe führt zur Plaza, die ein erhabenes Panorama bietet. Hafen und Stadt im Blick, geht es hinauf zum Großen Saal, wo das NDR Elbphilharmonie Orchester unter Dirigent Thomas Hengelbrock mittig, im Sinne der Hördemokratie, postiert ist. Kanzlerin Angela Merkel erlebt es, für sie gibt es trotz ihrer Verspätung Standing Ovations. Auch Akustiker Yasuhisa Toyota lauscht den im oberen Bereich des höhlenartigen Saales transparent, klar, aber nicht extrem warm wirkenden Klängen.

Suite der Kontraste

Der schalltechnisch durch Stahlfederkonstruktionen von Außenschwingungen entkoppelte Saal muss natürlich auch „eingespielt“ werden, es müssen sich die Musiker zudem an ihn gewöhnen. Es braucht Feinarbeit. Der erste Eindruck ist sehr respektabel. Delikat hat Hengelbrock ein Programm zusammengestellt, das auch Renaissance und Moderne übergangslos zu einer eindringlichen, Kontraste bietenden Suite bündelt. Sie pendelt zwischen Oboensolo (Brittens Pan ) und Zimmermann (Photoptosis), zwischen Caccini und Messiaen und stellt Wagners Parsifal -Vorspiel in die Nähe von Rihms impulsivem, zwischen Idylle und dramatischer Entladung changierendem Reminiszenz .

Das vom Architekturbüro Herzog & de Meuron entworfene Gebäude auf dem ehemaligen Kaispeicher ist eine Art Stadt in der Stadt. Auch daraus erklären sich die Mehrkosten, die nicht allein den Musikbereich betreffen. In dem gläsernen Bau finden sich neben drei Konzertsälen ein Hotel und 46 Wohnungen samt Parkgarage – und eben die Aussichtsplattform, von der aus jene Stadt überblickt wird, die alles bezahlt hat. Hamburgs Erster Bürgermeister Olaf Scholz nennt es wohl auch deshalb „ein Haus für alle“, gar eine „Einladung an die Welt“ und „ein Zeichen der Zuversicht“, das zeige, was „wir als Kulturnation Deutschland schaffen können“. Mag sein, dass sich die Kanzlerin zitiert fühlt.

Lieben-Seutter weiß hingegen, dass die Arbeit jetzt erst beginnt. Er soll nicht nur ein gläsernes Wahrzeichen in Strahleform halten. Er soll es durch Inhalte zum Anziehungspunkt formen. Was den Andrang anbelangt, darf er sich momentan nicht beschweren. Bis Saisonende ist alles ausverkauft, er plant Zusatzkonzerte, um die Nachfrage zu besänftigen – auch durch das Ensemble Resonanz, das hier ebenfalls eine Bleibe findet und für Überraschendes steht. Die Stunde der Wahrheit würde etwa ab der dritten Saison kommen, meint er. Ab da würde sich zeigen, ob Inhalte, vielfach zu Themenfestivals gebündelt, ausreichend Reiz versprühen.

Er hat aber auch jenes Konzerthaus weiter zu füllen, in dem er während der Wartezeit Musik anbot – in der Laeiszhalle. Ein Besuch ist Lieben-Seutter bis in alle Ewigkeit aber sicher. Unerschrockene und womöglich kunstaffine Industriekletterer werden dreimal im Jahr das Vergnügen haben, das Glashaus zu reinigen.

Der Standard, Fr., 2017.01.13

30. März 2013Ljubisa Tosic
Der Standard

Räume für Klangträume

Dafür, dass zurzeit immer noch von der heikelsten Schulden- und Wirtschaftskrise der letzten Jahrzehnte gesprochen wird, ist es erfreulich, dass kulturbaulichen...

Dafür, dass zurzeit immer noch von der heikelsten Schulden- und Wirtschaftskrise der letzten Jahrzehnte gesprochen wird, ist es erfreulich, dass kulturbaulichen...

Dafür, dass zurzeit immer noch von der heikelsten Schulden- und Wirtschaftskrise der letzten Jahrzehnte gesprochen wird, ist es erfreulich, dass kulturbaulichen Aktivitäten überhaupt zu vermelden sind: Da gibt es in Wien sogar mit dem Muth einen Konzertsaal für die reisefreudigen Sängerknaben (Kosten: 15 Millionen Euro). Und in Erl eröffnete unlängst schon ein Opernhaus (Kosten: 36 Millionen), das Dirigent Gustav Kuhn die Möglichkeit bietet, auch im Winter ein Opernfestival zu veranstalten.

Blickt man zeitlich weiter zurück, wirkt die Menge der Neuheiten ebenfalls respektabel: Da gab es 2006 in Salzburg die Umwandlung des kleinen Festspielhauses in das Haus für Mozart (um 29 Millionen Euro). Da gab es 2004 die Errichtung der vier neuen Säle im Wiener Musikverein (mit fünf Millionen gesponsert von Frank Stronach, nachdem Financier Alberto Vilar ausfiel). Und für das Franz-Liszt-Festival in Raiding wurde 2006 auch ein Konzertsaal (um 6,8 Millionen) errichtet.

Genannt werden muss natürlich Grafenegg in Niederösterreich: In eine aparte Parklandschaft wurde 2007 mit dem Wolkenturm eine Freiluftbühne hineingesetzt. Um bei Wetterproblemen nicht Konzerte absagen zu müssen, kam 2008 (um 20 Millionen) auch noch ein Konzertsaal hinzu, das Auditorium Grafenegg. Zu erwähnen wären auch der Angelika-Kaufmann-Saal im Vorarlberger Schwarzenberg und der Kristallsaal auf Schloss Rothschild in Waidhofen an der Thaya, den Hans Hollein entworfen hat. Blickt man nach Deutschland, findet man auch Spannendes: In München kämpft Dirigent Mariss Jansons um die Errichtung eines Konzertsaals für sein Orchester des Bayerischen Rundfunks. Und in Hamburg wird - so nicht weitere Verzögerungen eintreten - 2017 die Elbphilharmonie eröffnet, bei welcher der ehemalige Wiener Konzerthaus-Chef Christoph Lieben-Seutter erhebliche Geduld beweist. Man wollte 2010 eröffnen, die Baukosten beliefen sich einst auf 186 Millionen Euro. Nun ist man bei 575 Millionen.

Linz hat es jedenfalls geschafft. Jetzt muss „nur noch“ auch inhaltlich alles funktionieren - das Mehrspartenhaus muss sein Publikum finden. Dass es eine Weile dauern kann, bis das passende Konzept implantiert ist, zeigte St. Pölten: Dessen 1997 errichtetes Festspielhaus schlitterte bald nach der Eröffnung in eine Krise, die aber längst überwunden ist.

Der Standard, Sa., 2013.03.30



verknüpfte Bauwerke
Musiktheater Linz

03. Februar 2012Ljubisa Tosic
Der Standard

Mehr Raum, mehr Kinderoper

Etwas neidisch war Dominique Meyer seinerzeit, wie er als designierter Staatsoperndirektor die Infrastruktur der Bundestheaterholding und der in ihr zusammengeschlossenen...

Etwas neidisch war Dominique Meyer seinerzeit, wie er als designierter Staatsoperndirektor die Infrastruktur der Bundestheaterholding und der in ihr zusammengeschlossenen...

Etwas neidisch war Dominique Meyer seinerzeit, wie er als designierter Staatsoperndirektor die Infrastruktur der Bundestheaterholding und der in ihr zusammengeschlossenen Häuser studierte. Das Wiener Burgtheater etwa hatte zwei echte Probebühnen, die Wiener Staatsoper hingegen keine.

Meyer fand das in jeder Hinsicht eine unpraktische Situation: „Wenn man ein bisschen Erfahrungen mit den Opernhäusern der Welt hat, findet man die bisherigen Probenbedingungen echt arm.“ Nun jedoch hat die Staatsoper ihren adäquaten Zusatzraum. Er steht im Arsenal und wird die Logistik des Hauses am Ring verbessern.

Wichtig: Das Struktur bildet exakt die Bühnendimensionen der Staatsoper ab, was eine entscheidende Verbesserung darstellt, da nun mit Kulissen geprobt werden kann. In der Staatsoper selbst gab es zwar drei Probebühnen und eine Ballettbühne, jedoch sind diese Räume kleiner als die Hauptbühne. Und: Auf der Hauptbühne fand aufgrund der Kulissenumbauten bisher nur eine Probe pro Tag statt.

Geplant wurde die Probebühne vom Architekturbüro Kiskan-Kaufmann und Venturo ZT; und mit elf Monaten Bauzeit wie Gesamtkosten von rund 8,2 Millionen Euro liegt die neue Probebühne im Zeit- und Budgetrahmen. Sie sei auch eine „sehr elegante Lösung“, so Meyer. Schließlich gehöre der Grund bereits der Theaterservice GmbH, das Kulissendepot und die Werkstätten liegen auch nebenan. Finanziert wird der Umbau mit einer Mietzinsvorauszahlung auf 25 Jahre.

Den neu gewonnen Platz auf der Hauptbühne will Direktor Meyer ab kommende Saison auch für mehr Kinderaufführungen nutzen: Für ihn „ist es enorm wichtig, dass wir regelmäßig Kinderopern im großen Hauptraum spielen.“ Trotzdem bleibt das Kinderzelt auf dem Dach der Staatsoper bestehen; wo man weiterhin kleinere Opern spielen wird.

Seit 20. Jänner läuft jedenfalls der Probebetrieb im Arsenal, zur Zeit wird an Bellinis La sonnambula gearbeitet. Veranstaltungen mit Zuschauern wird es dort indes nicht geben. „Es reicht. Wir wollten keine zusätzliche Spielstätte. Wir wollten ein Problem lösen, kein neues schaffen“, so Meyer.

Der Standard, Fr., 2012.02.03



verknüpfte Bauwerke
Probebühne Wiener Staatsoper

16. März 2011Ljubisa Tosic
Der Standard

Für Musikwinter gerüstet

So erfolgreich die Festspiele in Erl bisher auch waren - mit Ende der warmen Jahreszeit schloss man die Programmpforten. Das ehrwürdige Passionsspielhaus...

So erfolgreich die Festspiele in Erl bisher auch waren - mit Ende der warmen Jahreszeit schloss man die Programmpforten. Das ehrwürdige Passionsspielhaus...

So erfolgreich die Festspiele in Erl bisher auch waren - mit Ende der warmen Jahreszeit schloss man die Programmpforten. Das ehrwürdige Passionsspielhaus war nicht zu beheizen, an Festivalaktivitäten abseits des Sommers war nicht zu denken. Mit dem geplanten Winterfestspielhaus, das im Dezember 2012 eröffnet werden soll, ändert sich die Lage jedoch grundlegend.

Es soll mehr als 800 Sitzplätze und einen Orchestergraben von 160 Quadratmeter bieten, wodurch es den Instrumentalisten mehr Platz gönnt als die Wiener Staatsoper (123 Quadratmeter). Zudem soll das Winterhaus (Nutzfläche: 7000 Quadratmeter) nicht nur Festivals beherbergen, vielmehr in einer Art Saisonbetrieb die künstlerischen Ideen von Erl-Chef und Dirigent Gustav Kuhn kontinuierlich vermitteln. Mit Bach, Händel, Haydn, Mozart, Belcanto und Zeitgenössischem reichen sie ja weit über Wagner-Opern hinaus, mit denen Erl berühmt wurde.

Rund 36 Millionen Euro soll der Neubau, den Delugan Meissl Associated Architects planen, kosten; mehr als 50 Prozent der Baukosten wird dabei der Industrielle Hans Peter Haselsteiner übernehmen. Die kommenden „Passionshausspiele“ (7. bis 31. Juli) widmen sich übrigens wieder Wagner. Man sieht eine Tannhäuser-Premiere und Wiederaufnahmen der Meistersinger von Nürnberg sowie von Parsifal.

Der Standard, Mi., 2011.03.16

05. Mai 2008Ljubisa Tosic
Der Standard

Festgelage für die Ohren

In Grafenegg wurde mit dem Auditorium ein neuer Konzertsaal für 1300 Personen errichtet. Er soll das Musikfestival Grafenegg bereichern und auch als Ausweichquartier für die sommerliche Open-Air-Bühne dienen.

In Grafenegg wurde mit dem Auditorium ein neuer Konzertsaal für 1300 Personen errichtet. Er soll das Musikfestival Grafenegg bereichern und auch als Ausweichquartier für die sommerliche Open-Air-Bühne dienen.

Dass zur Eröffnung des neuen Konzertsaals in Grafenegg just Schuberts „Unvollendete“ auf dem Programm stand, war durchaus passend - immerhin muss die Bestuhlung des neuen Raumes erst fertiggestellt werden. Auch so allerdings ließ sich anhand der Musik eruieren, dass mit dem Auditorium etwas Markantes und Praktikables gelungen ist, das auch verwöhnten internationalen Künstlerohren Spaß machen dürfte.

Der Klang des Auditoriums ist trocken, transparent, der Saal trägt die Töne und hilft doch, sie schlank wirken zu lassen. Auch in lauten Momenten tönten die Tonkünstler unter Bruno Weil jedenfalls einigermaßen homogen, festlich-schwungvoll wirkte das fünfte Klavierkonzert von Beethoven in der Version von Rudolf Buchbinder. Und auch das fleißige Absingen der Landeshymne konnte den guten Eindruck nicht destabilisieren. Akustisch wird noch nachjustiert, jetzt erst verfügt Akustiker Karlheinz Müller, der mit Architekt Dieter Irresberger (nach Plänen von „schröder schulte-ladbeck“) an dem Projekt gearbeitet hat, über Daten, wie der Saal vollbesetzt klingt.

Zum Einsatz kommt das Auditorium im Sommer beim Musikfestival Grafenegg. Zum einen ist es ein Ausweichquartier für die Open-Air-Bühne des Wolkenturms. Zum anderen soll es aber auch als regulärer Konzertort das Festival mit internationalen Ambitionen aufwerten.

War ja auch nicht ganz billig: Der Bau zwischen Alter Reitschule und Schlosstaverne hat 20 Millionen Euro benötigt, er bietet Platz für 1300 Personen (auf drei Ebenen) und hat eine Bühnenfläche von 110 Quadratmeter. Bei einer Bankettbestuhlung können 400 Personen empfangen werden. Der Saal wirkt hell, Kalksteinputz nach alter venezianischer Stuccolustro-Technik und der Einsatz von Eichenholz sind hilfreich. Steht man im Park, erkennt man, dass die Kupferdecke dem Gebäude eine besondere Prägung verleiht. Auch inhaltlich ist für Qualität gesorgt: Immerhin kommen im Sommer auch Pianist Piotr Anderszewski, Mezzosopranistin Vesselina Kasarova und Tenor Michael Schade.

Der Standard, Mo., 2008.05.05



verknüpfte Bauwerke
Auditorium Grafenegg

31. Oktober 2003Ljubisa Tosic
Der Standard

Ein Haus der unterirdischen Klangerlebnisse

Im Wiener Musikverein wurden vier von Architekt Wilhelm Holzbauer gestaltete neue Säle fertig gestellt: Sie sollen Probenmöglichkeiten und Konzerte (Gläserner Saal und Metallener Saal) bieten, stehen aber auch für Empfänge und Präsentationen offen (Steinerner Saal und Hölzerner Saal).

Im Wiener Musikverein wurden vier von Architekt Wilhelm Holzbauer gestaltete neue Säle fertig gestellt: Sie sollen Probenmöglichkeiten und Konzerte (Gläserner Saal und Metallener Saal) bieten, stehen aber auch für Empfänge und Präsentationen offen (Steinerner Saal und Hölzerner Saal).

Es war keine ungeplante Kostenexplosion, es war eine geplante Projektausweitung, die die Ausbausumme des Wiener Musikvereins von 30 Millionen Euro nach sich gezogen hat. Aus dem Vorhaben, unterirdisch einen neuen Probensaal zu errichten, wurde der von Architekt Wilhelm Holzbauer umgesetzte Plan, vier neue Säle entstehen zu lassen - animiert auch durch die Synergieeffekte, die sich aus der in unmittelbarer Nähe des Musikvereins befindlichen neuen Wendeanlage der U 2 ergeben haben.


Freundliche Helle

Die Gesamtfläche des Erweiterungsbaus beträgt fast 3500 Quadratmeter und be- inhaltet den Gläsernen Saal (statt Alberto-Vilar-Saal nun nach dem Sponsor Magna-Auditorium benannt), den Hölzernen Saal, den Metallenen Saal und den Steinernen Saal. Die Räume liegen bis zu 16 Meter unter Platzniveau; am tiefsten Punkt befindet man sich zwei bis 3,5 Meter unter dem Grundwasserspiegel. Dennoch kein Gefühl von unterirdischer Enge: In freundlicher Helle präsentieren sich die Gänge, die die sehr unterschiedlich gestalteten neuen Säle verbinden.

Der „Gläserne“ ist mit 230 Quadratmetern Größe (380 Sitzplätze) der Bühne und den ersten drei Reihen des Goldenen Saals nachempfunden; Blattgoldhinterlegungen der Glaselemente verweisen zusätzlich auf den Saal im Hauptgebäude.

Ziemlich „cool“ der Metallene Saal (145 Quadratmeter, maximal 100 Sitzplätze): Mit seiner „black box“-Optik soll er speziell für jüngeres Publikum attraktiv sein. Der Steinerne (109 Quadratmeter, 70 Sitzplätze) und der Hölzerne Saal (88 Quadratmeter, 90 Sitzplätze) sind hingegen vorwiegend für Empfänge oder Veranstaltungen gedacht.

In den nächsten Monaten geht es vor allem um den Feinschliff, also auch um die Anpassung der akustischen Bedingungen an die Erfordernisse von Musik. Adäquate, der Musik angepasste Verhältnisse werden in den Sälen mit allerlei akustischen Feinheiten erreicht: Das sind Lochstanzungen unterschiedlicher Größe (in den Metallplatten) mit dahinter liegenden dämpfenden Raffrollos (Metallener Saal), absorbierende Fugen oder die beweglichen Glaselemente (Gläserner Saal), mit denen die Hallzeit an die Bedürfnisse von Großproben mit Chor und Orchester bis zum Klavierabend befriedigt werden kann.


100 Veranstaltungen

Hörbares wird es ab 20. März 2004 geben, man möchte sich langsam an das Publikum „herantasten“, so Musikvereinschef Thomas Angyan. Bis zu 100 Veranstaltungen wird es bis Saisonende geben, fix darf man mit Sänger Thomas Quasthoff rechnen, der als Jazzsänger agieren wird. Zudem erwartet die Besucher ein Schostakowitsch-Filmprojekt und eine halbszenische Kinderproduktion.

Insgesamt dürften Jazziges und Ethnosounds verstärkt angeboten werden, das Projekt soll sich im Grunde an ein Publikum von morgen richten: „Wir haben eine Auslastung von 96 Prozent“, sagt Thomas Angyan. „Wir dürfen nicht warten, bis wir bei 70 Prozent angelangt sind, und erst dann etwas unternehmen. Man muss jetzt etwas tun!“

Das spektakuläre Vorhaben ist noch nicht zur Gänze ausfinanziert: Die ursprünglich auf 16,35 Millionen Euro projektierten Baukosten sind durch Erweiterung der Vorhaben auf 30 Millionen Euro angewachsen. Die von der Musikfreunde-Gesellschaft aufzubringenden Eigenmittel stiegen dadurch von 5,45 auf 19,1 Millionen Euro an.

13,6 Millionen sind schon aufgebracht worden, 5,5 Millionen sind noch offen. Anfang Oktober wurden Frank Stronach und sein Magna-Konzern als neuer Großsponsor - mit 4,5 Millionen Euro für das Bauvorhaben bis Ende 2006 - präsentiert.

Für die nun zusätzlich anfallenden Betriebskosten will die Gesellschaft der Musikfreunde selbst aufkommen. Für das Programm bräuchte man im Idealfall von Stadt und Bund jeweils 200.000 Euro. Die Staatsoper hat den Gläsernen Saal übrigens für Proben im Frühjahr gebucht.

Der Standard, Fr., 2003.10.31



verknüpfte Bauwerke
Wiener Musikverein - Neue Säle

Presseschau 12

13. Januar 2017Ljubisa Tosic
Der Standard

Gläserne Ode an die Geduld der Musik

Eröffnung der ewigen Baustelle Hamburger Elbphilharmonie: In Anwesenheit der Politik (inklusive Kanzlerin Angela Merkel) zeigte das Orchester unter Thomas Hengelbrock auch die akustischen Qualitäten des markanten Glasbaus.

Eröffnung der ewigen Baustelle Hamburger Elbphilharmonie: In Anwesenheit der Politik (inklusive Kanzlerin Angela Merkel) zeigte das Orchester unter Thomas Hengelbrock auch die akustischen Qualitäten des markanten Glasbaus.

„Ich bin in Liverpool geboren, erwachsen wurde ich in Hamburg.“ Wer weiß, ob John Lennon, der mit den Beatles einst Hamburger Clubs bespielte, bei der Eröffnung der Elbphilharmonie dabei wäre. Womöglich würde er eines jener Projekte unterstützen, die sich im Schatten des Glasbaus wähnen. Etwa den popaffinen Golden Pudel Club, der abbrannte und nun auf Wiedererrichtung und Mithilfe der Kulturpolitik hofft.

Komponist Wolfgang Rihm wäre sicher angereist, allerdings wurde er krank. Man wünscht ihm bei der Einweihung im Großen Saal, der 2200 Plätze bietet, gute Besserung. Dennoch „sehen Sie einen glücklichen Intendanten“, erklärt Christoph Lieben-Seutter zuvor, Chef des neuen Kunstraumes. Auch bei Besuchern, welche die Elbphilharmonie einfach so aufgesucht hätten, wäre ein Lächeln aufs Antlitz gezaubert worden, schwärmt Lieben-Seutter.

Für seine Verhältnisse (er war auch Chef des Wiener Konzerthauses) wirkt er fast euphorisch. Verständlich. Letztlich ist alles fertig geworden, auch Rihms Eröffnungsstück Reminiszenz. Alles andere wäre nur als boshafte Komponistenpointe des Widerstands zu werten gewesen.

Die Elbphilharmonie wurde ja auch Wahrzeichen der Geduld und Misswirtschaft. Sie war, nun mit sieben Jahren Verspätung eröffnet, Weltwunder und schlechter Planungswitz zugleich. Von den ersten unrealistischen Schätzungen (77 Millionen) ging es fast hinauf bis zu schwindelerregenden 800 Millionen. 2007 kam Lieben-Seutter, um Inhalte für den Prachtbau zu entwerfen. Statt zügig Richtung Projektvollendung (für 2010) zu gleiten, musste er jedoch Geduld neu definieren.

Auch daran wird erinnert: Bundespräsident Joachim Gauck („Elphie ist erwacht!“) spricht vom Planungsalbtraum, der nun zum verwirklichten Traum wurde. Vom „Amphitheater der Tonkunst und des Bürgersinns“ spricht er, aber auch davon, dass Risiko gute Kalkulation benötige. Dies sei eine wichtige Lehre: „Sie haben sich in Hamburg etwas zugemutet“, so Gauck, in dessen Unterton Mitleid wie Ermahnung mitzuschwingen scheinen. Wie auch immer. Selbst wenn es die Musik nicht gäbe, die das Gebäude beleben soll, würde „Elphie“, die Welle aus Glas, errichtet auf einem alten Backsteinsockel, imposant und unverwechselbar wirken.

Eine 80 Meter lange Rolltreppe führt zur Plaza, die ein erhabenes Panorama bietet. Hafen und Stadt im Blick, geht es hinauf zum Großen Saal, wo das NDR Elbphilharmonie Orchester unter Dirigent Thomas Hengelbrock mittig, im Sinne der Hördemokratie, postiert ist. Kanzlerin Angela Merkel erlebt es, für sie gibt es trotz ihrer Verspätung Standing Ovations. Auch Akustiker Yasuhisa Toyota lauscht den im oberen Bereich des höhlenartigen Saales transparent, klar, aber nicht extrem warm wirkenden Klängen.

Suite der Kontraste

Der schalltechnisch durch Stahlfederkonstruktionen von Außenschwingungen entkoppelte Saal muss natürlich auch „eingespielt“ werden, es müssen sich die Musiker zudem an ihn gewöhnen. Es braucht Feinarbeit. Der erste Eindruck ist sehr respektabel. Delikat hat Hengelbrock ein Programm zusammengestellt, das auch Renaissance und Moderne übergangslos zu einer eindringlichen, Kontraste bietenden Suite bündelt. Sie pendelt zwischen Oboensolo (Brittens Pan ) und Zimmermann (Photoptosis), zwischen Caccini und Messiaen und stellt Wagners Parsifal -Vorspiel in die Nähe von Rihms impulsivem, zwischen Idylle und dramatischer Entladung changierendem Reminiszenz .

Das vom Architekturbüro Herzog & de Meuron entworfene Gebäude auf dem ehemaligen Kaispeicher ist eine Art Stadt in der Stadt. Auch daraus erklären sich die Mehrkosten, die nicht allein den Musikbereich betreffen. In dem gläsernen Bau finden sich neben drei Konzertsälen ein Hotel und 46 Wohnungen samt Parkgarage – und eben die Aussichtsplattform, von der aus jene Stadt überblickt wird, die alles bezahlt hat. Hamburgs Erster Bürgermeister Olaf Scholz nennt es wohl auch deshalb „ein Haus für alle“, gar eine „Einladung an die Welt“ und „ein Zeichen der Zuversicht“, das zeige, was „wir als Kulturnation Deutschland schaffen können“. Mag sein, dass sich die Kanzlerin zitiert fühlt.

Lieben-Seutter weiß hingegen, dass die Arbeit jetzt erst beginnt. Er soll nicht nur ein gläsernes Wahrzeichen in Strahleform halten. Er soll es durch Inhalte zum Anziehungspunkt formen. Was den Andrang anbelangt, darf er sich momentan nicht beschweren. Bis Saisonende ist alles ausverkauft, er plant Zusatzkonzerte, um die Nachfrage zu besänftigen – auch durch das Ensemble Resonanz, das hier ebenfalls eine Bleibe findet und für Überraschendes steht. Die Stunde der Wahrheit würde etwa ab der dritten Saison kommen, meint er. Ab da würde sich zeigen, ob Inhalte, vielfach zu Themenfestivals gebündelt, ausreichend Reiz versprühen.

Er hat aber auch jenes Konzerthaus weiter zu füllen, in dem er während der Wartezeit Musik anbot – in der Laeiszhalle. Ein Besuch ist Lieben-Seutter bis in alle Ewigkeit aber sicher. Unerschrockene und womöglich kunstaffine Industriekletterer werden dreimal im Jahr das Vergnügen haben, das Glashaus zu reinigen.

Der Standard, Fr., 2017.01.13

30. März 2013Ljubisa Tosic
Der Standard

Räume für Klangträume

Dafür, dass zurzeit immer noch von der heikelsten Schulden- und Wirtschaftskrise der letzten Jahrzehnte gesprochen wird, ist es erfreulich, dass kulturbaulichen...

Dafür, dass zurzeit immer noch von der heikelsten Schulden- und Wirtschaftskrise der letzten Jahrzehnte gesprochen wird, ist es erfreulich, dass kulturbaulichen...

Dafür, dass zurzeit immer noch von der heikelsten Schulden- und Wirtschaftskrise der letzten Jahrzehnte gesprochen wird, ist es erfreulich, dass kulturbaulichen Aktivitäten überhaupt zu vermelden sind: Da gibt es in Wien sogar mit dem Muth einen Konzertsaal für die reisefreudigen Sängerknaben (Kosten: 15 Millionen Euro). Und in Erl eröffnete unlängst schon ein Opernhaus (Kosten: 36 Millionen), das Dirigent Gustav Kuhn die Möglichkeit bietet, auch im Winter ein Opernfestival zu veranstalten.

Blickt man zeitlich weiter zurück, wirkt die Menge der Neuheiten ebenfalls respektabel: Da gab es 2006 in Salzburg die Umwandlung des kleinen Festspielhauses in das Haus für Mozart (um 29 Millionen Euro). Da gab es 2004 die Errichtung der vier neuen Säle im Wiener Musikverein (mit fünf Millionen gesponsert von Frank Stronach, nachdem Financier Alberto Vilar ausfiel). Und für das Franz-Liszt-Festival in Raiding wurde 2006 auch ein Konzertsaal (um 6,8 Millionen) errichtet.

Genannt werden muss natürlich Grafenegg in Niederösterreich: In eine aparte Parklandschaft wurde 2007 mit dem Wolkenturm eine Freiluftbühne hineingesetzt. Um bei Wetterproblemen nicht Konzerte absagen zu müssen, kam 2008 (um 20 Millionen) auch noch ein Konzertsaal hinzu, das Auditorium Grafenegg. Zu erwähnen wären auch der Angelika-Kaufmann-Saal im Vorarlberger Schwarzenberg und der Kristallsaal auf Schloss Rothschild in Waidhofen an der Thaya, den Hans Hollein entworfen hat. Blickt man nach Deutschland, findet man auch Spannendes: In München kämpft Dirigent Mariss Jansons um die Errichtung eines Konzertsaals für sein Orchester des Bayerischen Rundfunks. Und in Hamburg wird - so nicht weitere Verzögerungen eintreten - 2017 die Elbphilharmonie eröffnet, bei welcher der ehemalige Wiener Konzerthaus-Chef Christoph Lieben-Seutter erhebliche Geduld beweist. Man wollte 2010 eröffnen, die Baukosten beliefen sich einst auf 186 Millionen Euro. Nun ist man bei 575 Millionen.

Linz hat es jedenfalls geschafft. Jetzt muss „nur noch“ auch inhaltlich alles funktionieren - das Mehrspartenhaus muss sein Publikum finden. Dass es eine Weile dauern kann, bis das passende Konzept implantiert ist, zeigte St. Pölten: Dessen 1997 errichtetes Festspielhaus schlitterte bald nach der Eröffnung in eine Krise, die aber längst überwunden ist.

Der Standard, Sa., 2013.03.30



verknüpfte Bauwerke
Musiktheater Linz

03. Februar 2012Ljubisa Tosic
Der Standard

Mehr Raum, mehr Kinderoper

Etwas neidisch war Dominique Meyer seinerzeit, wie er als designierter Staatsoperndirektor die Infrastruktur der Bundestheaterholding und der in ihr zusammengeschlossenen...

Etwas neidisch war Dominique Meyer seinerzeit, wie er als designierter Staatsoperndirektor die Infrastruktur der Bundestheaterholding und der in ihr zusammengeschlossenen...

Etwas neidisch war Dominique Meyer seinerzeit, wie er als designierter Staatsoperndirektor die Infrastruktur der Bundestheaterholding und der in ihr zusammengeschlossenen Häuser studierte. Das Wiener Burgtheater etwa hatte zwei echte Probebühnen, die Wiener Staatsoper hingegen keine.

Meyer fand das in jeder Hinsicht eine unpraktische Situation: „Wenn man ein bisschen Erfahrungen mit den Opernhäusern der Welt hat, findet man die bisherigen Probenbedingungen echt arm.“ Nun jedoch hat die Staatsoper ihren adäquaten Zusatzraum. Er steht im Arsenal und wird die Logistik des Hauses am Ring verbessern.

Wichtig: Das Struktur bildet exakt die Bühnendimensionen der Staatsoper ab, was eine entscheidende Verbesserung darstellt, da nun mit Kulissen geprobt werden kann. In der Staatsoper selbst gab es zwar drei Probebühnen und eine Ballettbühne, jedoch sind diese Räume kleiner als die Hauptbühne. Und: Auf der Hauptbühne fand aufgrund der Kulissenumbauten bisher nur eine Probe pro Tag statt.

Geplant wurde die Probebühne vom Architekturbüro Kiskan-Kaufmann und Venturo ZT; und mit elf Monaten Bauzeit wie Gesamtkosten von rund 8,2 Millionen Euro liegt die neue Probebühne im Zeit- und Budgetrahmen. Sie sei auch eine „sehr elegante Lösung“, so Meyer. Schließlich gehöre der Grund bereits der Theaterservice GmbH, das Kulissendepot und die Werkstätten liegen auch nebenan. Finanziert wird der Umbau mit einer Mietzinsvorauszahlung auf 25 Jahre.

Den neu gewonnen Platz auf der Hauptbühne will Direktor Meyer ab kommende Saison auch für mehr Kinderaufführungen nutzen: Für ihn „ist es enorm wichtig, dass wir regelmäßig Kinderopern im großen Hauptraum spielen.“ Trotzdem bleibt das Kinderzelt auf dem Dach der Staatsoper bestehen; wo man weiterhin kleinere Opern spielen wird.

Seit 20. Jänner läuft jedenfalls der Probebetrieb im Arsenal, zur Zeit wird an Bellinis La sonnambula gearbeitet. Veranstaltungen mit Zuschauern wird es dort indes nicht geben. „Es reicht. Wir wollten keine zusätzliche Spielstätte. Wir wollten ein Problem lösen, kein neues schaffen“, so Meyer.

Der Standard, Fr., 2012.02.03



verknüpfte Bauwerke
Probebühne Wiener Staatsoper

16. März 2011Ljubisa Tosic
Der Standard

Für Musikwinter gerüstet

So erfolgreich die Festspiele in Erl bisher auch waren - mit Ende der warmen Jahreszeit schloss man die Programmpforten. Das ehrwürdige Passionsspielhaus...

So erfolgreich die Festspiele in Erl bisher auch waren - mit Ende der warmen Jahreszeit schloss man die Programmpforten. Das ehrwürdige Passionsspielhaus...

So erfolgreich die Festspiele in Erl bisher auch waren - mit Ende der warmen Jahreszeit schloss man die Programmpforten. Das ehrwürdige Passionsspielhaus war nicht zu beheizen, an Festivalaktivitäten abseits des Sommers war nicht zu denken. Mit dem geplanten Winterfestspielhaus, das im Dezember 2012 eröffnet werden soll, ändert sich die Lage jedoch grundlegend.

Es soll mehr als 800 Sitzplätze und einen Orchestergraben von 160 Quadratmeter bieten, wodurch es den Instrumentalisten mehr Platz gönnt als die Wiener Staatsoper (123 Quadratmeter). Zudem soll das Winterhaus (Nutzfläche: 7000 Quadratmeter) nicht nur Festivals beherbergen, vielmehr in einer Art Saisonbetrieb die künstlerischen Ideen von Erl-Chef und Dirigent Gustav Kuhn kontinuierlich vermitteln. Mit Bach, Händel, Haydn, Mozart, Belcanto und Zeitgenössischem reichen sie ja weit über Wagner-Opern hinaus, mit denen Erl berühmt wurde.

Rund 36 Millionen Euro soll der Neubau, den Delugan Meissl Associated Architects planen, kosten; mehr als 50 Prozent der Baukosten wird dabei der Industrielle Hans Peter Haselsteiner übernehmen. Die kommenden „Passionshausspiele“ (7. bis 31. Juli) widmen sich übrigens wieder Wagner. Man sieht eine Tannhäuser-Premiere und Wiederaufnahmen der Meistersinger von Nürnberg sowie von Parsifal.

Der Standard, Mi., 2011.03.16

05. Mai 2008Ljubisa Tosic
Der Standard

Festgelage für die Ohren

In Grafenegg wurde mit dem Auditorium ein neuer Konzertsaal für 1300 Personen errichtet. Er soll das Musikfestival Grafenegg bereichern und auch als Ausweichquartier für die sommerliche Open-Air-Bühne dienen.

In Grafenegg wurde mit dem Auditorium ein neuer Konzertsaal für 1300 Personen errichtet. Er soll das Musikfestival Grafenegg bereichern und auch als Ausweichquartier für die sommerliche Open-Air-Bühne dienen.

Dass zur Eröffnung des neuen Konzertsaals in Grafenegg just Schuberts „Unvollendete“ auf dem Programm stand, war durchaus passend - immerhin muss die Bestuhlung des neuen Raumes erst fertiggestellt werden. Auch so allerdings ließ sich anhand der Musik eruieren, dass mit dem Auditorium etwas Markantes und Praktikables gelungen ist, das auch verwöhnten internationalen Künstlerohren Spaß machen dürfte.

Der Klang des Auditoriums ist trocken, transparent, der Saal trägt die Töne und hilft doch, sie schlank wirken zu lassen. Auch in lauten Momenten tönten die Tonkünstler unter Bruno Weil jedenfalls einigermaßen homogen, festlich-schwungvoll wirkte das fünfte Klavierkonzert von Beethoven in der Version von Rudolf Buchbinder. Und auch das fleißige Absingen der Landeshymne konnte den guten Eindruck nicht destabilisieren. Akustisch wird noch nachjustiert, jetzt erst verfügt Akustiker Karlheinz Müller, der mit Architekt Dieter Irresberger (nach Plänen von „schröder schulte-ladbeck“) an dem Projekt gearbeitet hat, über Daten, wie der Saal vollbesetzt klingt.

Zum Einsatz kommt das Auditorium im Sommer beim Musikfestival Grafenegg. Zum einen ist es ein Ausweichquartier für die Open-Air-Bühne des Wolkenturms. Zum anderen soll es aber auch als regulärer Konzertort das Festival mit internationalen Ambitionen aufwerten.

War ja auch nicht ganz billig: Der Bau zwischen Alter Reitschule und Schlosstaverne hat 20 Millionen Euro benötigt, er bietet Platz für 1300 Personen (auf drei Ebenen) und hat eine Bühnenfläche von 110 Quadratmeter. Bei einer Bankettbestuhlung können 400 Personen empfangen werden. Der Saal wirkt hell, Kalksteinputz nach alter venezianischer Stuccolustro-Technik und der Einsatz von Eichenholz sind hilfreich. Steht man im Park, erkennt man, dass die Kupferdecke dem Gebäude eine besondere Prägung verleiht. Auch inhaltlich ist für Qualität gesorgt: Immerhin kommen im Sommer auch Pianist Piotr Anderszewski, Mezzosopranistin Vesselina Kasarova und Tenor Michael Schade.

Der Standard, Mo., 2008.05.05



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Auditorium Grafenegg

31. Oktober 2003Ljubisa Tosic
Der Standard

Ein Haus der unterirdischen Klangerlebnisse

Im Wiener Musikverein wurden vier von Architekt Wilhelm Holzbauer gestaltete neue Säle fertig gestellt: Sie sollen Probenmöglichkeiten und Konzerte (Gläserner Saal und Metallener Saal) bieten, stehen aber auch für Empfänge und Präsentationen offen (Steinerner Saal und Hölzerner Saal).

Im Wiener Musikverein wurden vier von Architekt Wilhelm Holzbauer gestaltete neue Säle fertig gestellt: Sie sollen Probenmöglichkeiten und Konzerte (Gläserner Saal und Metallener Saal) bieten, stehen aber auch für Empfänge und Präsentationen offen (Steinerner Saal und Hölzerner Saal).

Es war keine ungeplante Kostenexplosion, es war eine geplante Projektausweitung, die die Ausbausumme des Wiener Musikvereins von 30 Millionen Euro nach sich gezogen hat. Aus dem Vorhaben, unterirdisch einen neuen Probensaal zu errichten, wurde der von Architekt Wilhelm Holzbauer umgesetzte Plan, vier neue Säle entstehen zu lassen - animiert auch durch die Synergieeffekte, die sich aus der in unmittelbarer Nähe des Musikvereins befindlichen neuen Wendeanlage der U 2 ergeben haben.


Freundliche Helle

Die Gesamtfläche des Erweiterungsbaus beträgt fast 3500 Quadratmeter und be- inhaltet den Gläsernen Saal (statt Alberto-Vilar-Saal nun nach dem Sponsor Magna-Auditorium benannt), den Hölzernen Saal, den Metallenen Saal und den Steinernen Saal. Die Räume liegen bis zu 16 Meter unter Platzniveau; am tiefsten Punkt befindet man sich zwei bis 3,5 Meter unter dem Grundwasserspiegel. Dennoch kein Gefühl von unterirdischer Enge: In freundlicher Helle präsentieren sich die Gänge, die die sehr unterschiedlich gestalteten neuen Säle verbinden.

Der „Gläserne“ ist mit 230 Quadratmetern Größe (380 Sitzplätze) der Bühne und den ersten drei Reihen des Goldenen Saals nachempfunden; Blattgoldhinterlegungen der Glaselemente verweisen zusätzlich auf den Saal im Hauptgebäude.

Ziemlich „cool“ der Metallene Saal (145 Quadratmeter, maximal 100 Sitzplätze): Mit seiner „black box“-Optik soll er speziell für jüngeres Publikum attraktiv sein. Der Steinerne (109 Quadratmeter, 70 Sitzplätze) und der Hölzerne Saal (88 Quadratmeter, 90 Sitzplätze) sind hingegen vorwiegend für Empfänge oder Veranstaltungen gedacht.

In den nächsten Monaten geht es vor allem um den Feinschliff, also auch um die Anpassung der akustischen Bedingungen an die Erfordernisse von Musik. Adäquate, der Musik angepasste Verhältnisse werden in den Sälen mit allerlei akustischen Feinheiten erreicht: Das sind Lochstanzungen unterschiedlicher Größe (in den Metallplatten) mit dahinter liegenden dämpfenden Raffrollos (Metallener Saal), absorbierende Fugen oder die beweglichen Glaselemente (Gläserner Saal), mit denen die Hallzeit an die Bedürfnisse von Großproben mit Chor und Orchester bis zum Klavierabend befriedigt werden kann.


100 Veranstaltungen

Hörbares wird es ab 20. März 2004 geben, man möchte sich langsam an das Publikum „herantasten“, so Musikvereinschef Thomas Angyan. Bis zu 100 Veranstaltungen wird es bis Saisonende geben, fix darf man mit Sänger Thomas Quasthoff rechnen, der als Jazzsänger agieren wird. Zudem erwartet die Besucher ein Schostakowitsch-Filmprojekt und eine halbszenische Kinderproduktion.

Insgesamt dürften Jazziges und Ethnosounds verstärkt angeboten werden, das Projekt soll sich im Grunde an ein Publikum von morgen richten: „Wir haben eine Auslastung von 96 Prozent“, sagt Thomas Angyan. „Wir dürfen nicht warten, bis wir bei 70 Prozent angelangt sind, und erst dann etwas unternehmen. Man muss jetzt etwas tun!“

Das spektakuläre Vorhaben ist noch nicht zur Gänze ausfinanziert: Die ursprünglich auf 16,35 Millionen Euro projektierten Baukosten sind durch Erweiterung der Vorhaben auf 30 Millionen Euro angewachsen. Die von der Musikfreunde-Gesellschaft aufzubringenden Eigenmittel stiegen dadurch von 5,45 auf 19,1 Millionen Euro an.

13,6 Millionen sind schon aufgebracht worden, 5,5 Millionen sind noch offen. Anfang Oktober wurden Frank Stronach und sein Magna-Konzern als neuer Großsponsor - mit 4,5 Millionen Euro für das Bauvorhaben bis Ende 2006 - präsentiert.

Für die nun zusätzlich anfallenden Betriebskosten will die Gesellschaft der Musikfreunde selbst aufkommen. Für das Programm bräuchte man im Idealfall von Stadt und Bund jeweils 200.000 Euro. Die Staatsoper hat den Gläsernen Saal übrigens für Proben im Frühjahr gebucht.

Der Standard, Fr., 2003.10.31



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