Architektur muss heute mehr denn je der Vielfalt und Prozesshaftigkeit unterschiedlicher Organisationsformen und Lebensentwürfe gerecht werden und die vielschichtigen Bedürfnisse der Menschen erfüllen, für die sie errichtet wird: als Individuen und Gemeinschaft, in unterschiedlichen Lebensaltern und Lebensphasen. Gängige, an singulären Interessen ausgerichtete Machbarkeitsstudien greifen hier zu kurz.

Auch in der Fachliteratur gab es bis dato keine Publikation, die sich dezidiert mit der Vorbereitung und Begleitung komplexer Bauvorhaben unter dem Aspekt „Soziale Nachhaltigkeit“ auseinandersetzt.

Mit SMART STUDIES – Architektur als Soziales Gefüge ist es den Autoren Birgit Trenkwalder und Martin Kunath gelungen, diese Lücke zu schließen; und einen neuartigen und europaweit den bislang ersten Leitfaden vorzustellen, auf dessen Basis auch die sozialen Aspekte eines Bauvorhabens - wie etwa Beziehungsstrukturen, Partizipation und Atmosphären - standardisiert abgefragt und Nachdenkprozesse über mögliche Alternativen ausgelöst werden. Dass der Leitfaden neben entsprechenden Checklisten auch skalierbare Tools beinhaltet, mit deren Hilfe sich die sozialen Aspekte auch grafisch darstellen lassen, macht ihn besonders praxistauglich.

Der Schwerpunkt der Arbeit liegt in der Aktivierung des sozialen Potenzials. Sie schärft den Blick auf das soziale und gesellschaftliche Gefügte, fördert partizipative Entscheidungsprozesse und schafft kongruente Verbindungen zwischen bestehenden und neuen Standorten und sozialen Gemeinschaften. Gemeinden, Bauträgern und privaten Investoren, die von Anfang an auf Nachhaltigkeit bauen, bieten SMART STUDIES daher eine effiziente Hilfestellung: Im Idealfall bereits in der Phase der Projektvorbereitung eingesetzt, schaffen sie die Grundlage für eine zukunftsgerichtete, sozial verantwortungsbewusste Projekt-Positionierung, die die Interessen aller Beteiligten so weit wie möglich berücksichtigt und in Einklang bringt; und nachträgliche, kostenintensive Korrekturen à priori vermeidet.

ISBN
9873851251784
Sprache
Deutsch
Publikationsdatum
2011
Format
Softcover,

Presseschau
12. Oktober 2011Wojciech Czaja
Der Standard

Planen mit weichen Faktoren

(SUBTITLE) Studie will bauliche Investitionen objektivierbar machen

Stadtplaner und Projektentwickler berücksichtigen bei ihrer Arbeit eher Verkehrsachsen und Bebauungslinien als die sogenannten weichen Standortfaktoren...

Stadtplaner und Projektentwickler berücksichtigen bei ihrer Arbeit eher Verkehrsachsen und Bebauungslinien als die sogenannten weichen Standortfaktoren wie beispielsweise soziale Infrastruktur und Freiraumqualität. So jedenfalls lautet die Kritik der Wiener Architekten Martin Kunath und Birgit Trenkwalder. Mit ihrer eben erschienenen Forschungsarbeit „Smart Studies. Architektur als soziales Gefüge“, die kommende Woche veröffentlicht wird, wollen sie dem ein Ende bereiten. Die Studie wurde vom Austria Wirtschaftsservice (AWS) und Departure gefördert.

Unachtsamkeit bringt Flops

„Es passiert leider allzu oft, dass Bauträger und Investoren Projekte entwickeln, die an den eigentlichen Bedürfnissen einer Gemeinde komplett vorbeizielen“, sagt Trenkwalder. „Meistens werden ganz banale Dinge wie Gebäudeleerstand, Nahversorgungsdichte oder etwa der Bedarf an Bildungseinrichtungen, Spielplätzen, Arztpraxen, Pflegewohnplätzen und barrierefreien Wohnungen nicht berücksichtigt.“ Die Folge dieser Unachtsamkeit sind oft unverwertbare Miet- und Eigentumsflächen. Mit einem Wort: Flops. Mit der nun vorliegenden Publikation sollen derartige „kostspielige Unfälle“ vermieden werden. Mithilfe eines umfangreichen Fragenkatalogs, der zum Teil nach einem Punktesystem ausgewertet wird, können sich Bürgermeister, Geldgeber und Projektentwickler ein objektives Bild über die Sinnhaftigkeit neuer baulicher Investitionen machen. Eine Analyse vor Ort, die je nach Umfang zwischen drei und zehn Tagen in Anspruch nimmt, komplettiert die Arbeit.

„Das größte Problem ist, dass es in der Entwicklungsphase niemanden gibt, der ganz objektiv an die Sache herangeht und das Projekt betrachtet, ohne dabei die rosarote Brille aufzuhaben“, erklärt die Studienautorin. „Mit einer rechtzeitigen Abfederung von Fehlentwicklungen beziehungsweise mit objektiven Empfehlungen, die aus der Analyse resultieren, kann man nicht zuletzt private wie auch öffentliche Gelder einsparen.“ Die ersten Gemeinden, in denen der Fragekatalog bereits angewandt wurde, sind Neudegg, Gars am Kamp und Wien-Gerasdorf. Nach Auskunft der Architekten hat ein Bundesland bereits Interesse bekundet, die Studie in Zukunft flächendeckend einzusetzen.

Der Standard, Mi., 2011.10.12

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