Editorial

Holzenergie: Fluch oder Segen?

Die Wärmegewinnung aus Holz ist weitgehend klimaneutral und darum wichtig für die Energieversorgung der Zukunft. Die Holzverbrennung ist ein komplexer Prozess, der zwangsläufig zu mehr oder weniger hohen Schadstoffemissionen führt. Zwei Feststellungen, ein Dilemma.

Wie aus jedem Dilemma gibt es Auswege. Zuerst stellt sich die Frage nach dem Stand der Technik. Bei Grossanlagen ist es klar: Wer Kehricht mit Emissionen von weniger als 1 Milligramm Staub pro Kubikmeter verbrennen kann, könnte das mit Holz sicher auch. Automatische Steuerungen sorgen für optimale Verbrennungsbedingungen. Eine moderne Holzfeuerung mit Elektro- oder Gewebefilter erreicht bereits Werte von 20 Milligramm. Auch die Stickoxidemissionen können mit geeigneten Methoden um die Hälfte reduziert werden. Zweifellos werden diese Abgasreinigungssysteme noch weiter entwickelt in Richtung «mehr Leistung zu einem günstigeren Preis». Da in der Schweiz rund 40 Prozent des Brennholzes in grossen Anlagen verfeuert werden, kann die Schadstofffracht aus der Holzverbrennung bereits in naher Zukunft deutlich gesenkt werden.

Wie sieht es nun aus bei kleineren Anlagen? Technologien für optimale Verbrennung und Abgasreinigung wurden auch in diesem Segment entwickelt, sind aber bisher nicht vorgeschrieben worden und darum auch noch wenig verbreitet. Dazu kommt im Gegensatz zu Grossanlagen oder auch zu Öl- und Gasfeuerungen der Faktor Mensch. Wird in einem nicht idealen Gerät auf nicht ideale Weise gefeuert, so steigen die Partikelemissionen schnell auf das Hundertfache. Noch kritischer wird es, wenn das Holzfeuer gleichzeitig dazu benutzt wird, Abfälle loszuwerden.

Obwohl sie viel kleiner sind und kürzere Einsatzzeiten aufweisen, sind die privaten Kleinfeuerungen unter dem Strich deshalb genauso wichtig. Zur Lösung der lufthygienischen Probleme in diesem Bereich ist deshalb eine Doppelstrategie nötig: einerseits eine Festlegung von Abgasstandards, wie sie mit der Revision der Luftreinhalteverordnung und dem Qualitätssiegel von Holzenergie Schweiz vorgesehen ist. Und anderseits eine verbesserte Instruktion des Betreibers, gekoppelt mit einer einfachen Feuerungskontrolle, wie sie bei Ölheizungen schon seit 30 Jahren üblich ist. Dabei darf die Anfeuerphase keinesfalls vergessen gehen; sie macht bei Holzfeuerungen fast die Hälfte der Emissionsfracht aus. Wenn Ofen, Brennstoff und Bedienung den Anforderungen der Luftreinhaltung entsprechen, können auch kleine Anlagen mit Partikelemissionen von 50 Milligramm pro Kubikmeter oder weniger betrieben werden. Das ist bis zehnmal weniger als heute.

Fazit: Die Holzverbrennung fordert uns auf allen Ebenen. Wenn wir die Herausforderungen annehmen, lässt sich der lufthygienische Fluch beseitigen und der Segen der einheimischen Holzenergie nutzen, vom CO2-Vorteil bis zur Cheminéefeuer-Atmosphäre. Und nur das kann unser Ziel sein.

Hansjörg Sommer, Leiter Abteilung Lufthygiene, Amt für Abfall, Wasser, Energie und Luft des Kantons Zürich

Inhalt

Schadstoffarme Verbrennung
Thomas Nussbaumer, Norbert Klippel
Soll bis ins Jahr 2020 die Holzenergie verdoppelt werden, so müssen die Feinstaubemissionen der Holzfeuerungen deutlich reduziert werden. Problematisch sind insbesondere Russ und Teer, die vor allem bei handbeschickten Holzöfen und Cheminées entstehen. Automatische Holzfeuerungen emittieren demgegenüber vorwiegend salzartige Partikel, die mit Gewebefiltern oder Elektroabscheidern weitgehend abgeschieden werden können

Wärmeverbund Luthern
In Luthern im Kanton Luzern erweitert ein Sägereibesitzer das lokale Wärmenetz, so dass ab nächstem Sommer praktisch das ganze Dorf mit Wärme von einer zentralen Holzheizung versorgt wird. Jährlich können so rund 1000 Tonnen CO2 eingespart werden. Die Stiftung Klimarappen unterstützt das privat finanzierte Projekt.

Meinungen zur Energieholz-Nutzung
Energieholz könnte in der Schweiz bald schon knapp werden. Somit stellt sich die Frage, wie das zur Verfügung stehende Holz genutzt werden soll. Verschiedene Möglichkeiten sind denkbar: So kann aus Holz Wärme, Strom oder Treibstoff gewonnen werden. Christoph Rutschmann, Geschäftsführer von Holzenergie Schweiz, plädiert für eine vorwiegend dezentrale Wärmenutzung. Samuel Stucki vom Paul Scherrer Institut erläutert, weshalb auch die Gewinnung von Strom und Treibstoff aus Holz eine interessante Option für die Zukunft sein könnte.

Wettbewerbe
Veröffentlichen: Schulheim Rossfeld in Bern / Keine Anbiederung: Mehrzweckhalle in Dättlikon / Im ländlichen Raum: Wohnheim Höchenen / Um den «Dorfplatz»: Erweiterung der Kinder- und Jugendpsychiatrie Neuhaus

Magazin
SAH-Tagung «Brücken und Stege in Holz» / Aufschwung im Holzmarkt / Geld für saubere Holzfeuerungen / Nationalstrassen Zentralschweiz / «AS»: 35 Jahre Architekturpublikation

Aus dem SIA
Rechtsfrage: Verantwortung lässt sich nicht überwälzen / OTIA-Preisausschreiben 2007 / Satelliten- und Luftbilder für die Krisenbewältigung

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Schadstoffarme Verbrennung

Soll bis ins Jahr 2020 die Holzenergie verdoppelt werden, so müssen die Feinstaubemissionen der Holzfeuerungen deutlich reduziert werden. Problematisch sind insbesondere Russ und Teer, die vor allem bei handbeschickten Holzöfen und Cheminées entstehen.
Automatische Holzfeuerungen emittieren demgegenüber vorwiegend salzartige Partikel, die mit Gewebefiltern oder Elektroabscheidern weitgehend abgeschieden werden können.


Die Verwendung von Holz als Energieträger ist sinnvoll, weil Holz erneuerbar ist und bei nachhaltiger Waldbewirtschaftung keinen Anstieg der Treibhausgase verursacht. Durch den Ersatz einer Öl- oder Gasheizung durch eine gute Holzheizung können rund 90% der fossilen Primärenergie eingespart werden. 10% graue Energie sind notwendig für die Versorgung mit Holz und den Bau der Heizung. Aus Sicht der Klimaveränderung ist ein Ersatz von Heizöl und Erdgas durch Holz somit vorteilhaft. Öl und Gas sind als nicht nachwachsende Rohstoffe zu wertvoll, um verbrannt zu werden. Sie sollten für Anwendungen gespart werden, wo es zum Erdöl kaum Alternativen gibt, nämlich für Kunststoffe und Pharmazeutika. Wenn Treibstoff aus Holz hergestellt wird, ist dies mit zusätzlichen Verlusten verbunden, weshalb Holz in Heizanlagen mehr fossile Energie einspart als im Verkehr.

Schadstoffe aus Holzfeuerungen
Dem Vorteil von Holz stehen vergleichsweise hohe Emissionen an Luftschadstoffen gegenüber. Die Emissionen können zum Teil durch die Feuerungstechnik beeinflusst werden, sie sind teilweise aber auch brennstoffbedingt. Bei handbeschickten Feuerungen werden sie zudem sehr stark durch die Betriebsweise beeinflusst. Sehr entscheidend für die Art der Schadstoffe ist, ob eine vollständige Verbrennung des Holzes stattfindet.
Im Kasten (siehe rechts) sind die relevanten Schadstoffe aufgeführt. Die Emissionen der 3. Gruppe sind gering, sofern naturbelassenes Holz verbrannt wird. Werden jedoch Altholz oder Abfälle mitverbrannt werden, so treten hohe Emissionen an Schwermetallen HCl und meist auch an Kohlenwasserstoffen auf.

Feinstaub als Hauptschadstoff
Lungengängiger Feinstaub kleiner als 10 Mikrometer (Particulate Matter PM10) gilt seit der berühmten
6-Städte-Studie in den USA als wichtigster Indikator der gesundheitsschädigenden Wirkung von Schadstoffen in der Umgebungsluft1. Bei Holzheizungen ist Feinstaub der bedeutendste Schadstoff, wobei Feinstaub aus der Holzverbrennung vorwiegend aus Russ und Teer sowie salzartigen Partikeln besteht2.
Russ und Teer sind krebserzeugend und stark gesundheitsschädlich. Relativ hohe Konzentrationen an solchen organischen Substanzen verursachen handbeschickte Holzfeuerungen. Gute Stückholzkessel können vergleichsweise tiefe Gesamtstaubemissionen von deutlich unter 50 mg/m3 (bei 13 Vol.-% O2) erzielen. Dasselbe gilt für Cheminéeöfen bei idealem Betrieb mit kleinen Mengen und kleinen Holzscheitern. Bei nicht idealem Betrieb – zum Beispiel durch zu starkes Füllen oder zu frühes Schliessen der Luftklappen – können Holzöfen und Cheminées zehnfach höhere Emissionen verursachen. Gar bis zu hundert mal höhere Emissionen sind möglich, wenn nach dem Anfeuern die Luftklappen geschlossen werden, um den Abbrand zu verzögern. Der dabei emittierte Feinstaub (Holzruss) ist zudem viel toxischer als Dieselruss und deshalb besonders kritisch3. Da die Holzverbrennung, wie Analysen der Umgebungsluft zeigen, teilweise mehr als 50% der Russbelastung verursacht, sind solche Einzelquellen zu vermeiden. Nebst schlecht betriebenen Holzheizungen ist allerdings auch die unnötige Verbrennung im Freien zu bekämpfen.
Bei der Holzverbrennung gelangen auch salzartige Aschebestandteile durch Verdampfung und Oxidation ins Abgas. Diese Feinstäube sind deutlich weniger gesundheitsschädlich als Diesel- oder Holzruss. Sie treten bei automatischen Holzfeuerungen, welche geringe Emissionen an Russ und Teer erzielen, jedoch in erhöhtem Mass auf und führen dort zu typischen Gesamtemissionen von 50 bis 150 mg/m3 (bei 13 Vol.-% O2).

Massnahmen zur Feinstaubminderung
Um die Luftverschmutzung durch Feinstaub zu reduzieren und die heute regelmässig überschrittenen Immissions-Grenzwerte einzuhalten, hat der Bund im Januar 2006 einen Aktionsplan gegen den Feinstaub lanciert. Von den neun angekündigten Massnahmen betreffen drei die Holzfeuerungen4. Mit diesen Massnahmen will die Schweiz sicherstellen, dass mit der aus energie- und klimapolitischen Gründen angestrebten Verdoppelung der Energieholznutzung mittel- bis langfristig keine gravierenden Luftreinhalteprobleme entstehen.
Aufgrund der Bildungsart der Schadstoffe sind folgende Massnahmen erforderlich, um bei Holzfeuerungen die Feinstaubemissionen zu reduzieren:
1. Leider zeigen Praxisuntersuchungen, dass in Holzheizungen oft Abfall unerlaubterweise verbrannt wird5. Eine wirkungsvolle Kontrolle zur Durchsetzung des Abfallverbrennungsverbots ist deshalb notwendig. Das gleiche gilt für Altholz, welches lediglich in speziellen Altholzfeuerungen genutzt werden darf.
2. Bei der Verbrennung von naturbelassenem Holz können hohe Emissionen an organischen Stoffen auftreten3. Sichtbarer schwarzer Rauch ist ein Zeichen für zu hohe Emissionen und darf bei korrektem Betrieb höchstens während kurzer Zeit beim Anfeuern auftreten. Zur Vermeidung von Russ, Teer und gasförmigen Kohlenwasserstoffen sind folgende Anforderungen zu erfüllen6:
Zentral ist eine gute Feuerungstechnik. Realisieren lässt sich diese mit einer zweistufigen Verbrennung: Zuerst wird im Glutbett das Holz mit Primärluft vergast. Anschliessend wird das Gas mit Sekundärluft vermischt und in einer heissen Brennkammer verbrannt. Dieses Prinzip wird bei handbeschickten Holzfeuerungen mit unterem Abbrand erzielt (Bild 1). Einfache Holzöfen weisen demgegenüber konstruktiv bedingte Limiten auf. Bei Pelletsfeuerungen und automatischen Holzfeuerungen wird eine Aufteilung der Verbrennungsluft dagegen standardmässig verwirklicht.
Weiter ist geeigneter Brennstoff zu verwenden. Dieser unterscheidet sich je nach Feuerungstyp. Schwachlastbetrieb ist zu vermeiden, die Anfahrphasen sind zu minimiern. Die optimale Einstellung des Luft-/Brennstoffverhältnisses (Luftüberschuss Lambda) sollte durch eine Regelung erfolgen.
3. Werden die Bedingungen für eine vollständige Verbrennung erfüllt, so entstehen aber immer noch salzartige Feinstäube und Stickoxide. Für handbeschickte Holzfeuerungen sind diese zwei Schadstoffe von untergeordneter Bedeutung. Die technische Weiterentwicklung muss sich deshalb vorab darauf konzentrieren, wie sich eine unvollständige Verbrennung vermeiden lässt. Bei automatischen Holzfeuerungen hingegen können die Staubemissionen künftig durch technische Massnahmen (Feinstaubabscheider) reduziert werden. Zur Verminderung der Stickoxidemissionen wurden feuerungstechnische Konzepte entwickelt, die in die Praxis aber noch nicht zum Einsatz kommen. Für grössere Anlagen kommen zudem Verfahren zur nachträglichen Stickoxidreduktion in Frage.

Häusliche Holzheizungen
Für handbeschickte Holzfeuerungen hat eine vollständige Verbrennung des Brennstoffs Priorität. Moderne Stückholzkessel weisen dazu meist ein zweistufiges Verbrennungsprinzip auf (Bild 1). Im Weiteren verfügen sie über einen Ventilator, was eine kontrollierte Luftzuführung mit verbesserter Mischung und wetterunabhängigem Betrieb ermöglicht. Zudem sollten sie über einen Wärmespeicher zur Vermeidung von Schwachlastbetrieb verfügen. Holzöfen und Cheminées weisen dagegen meist Kompromisse bezüglich Feuerungstechnik auf. Die Forderung, dass die Feuerraumtür jederzeit geöffnet werden kann, erschwert den Einsatz von zweistufigen Verbrennungsprinzipien. Auf den Einsatz eines Ventilators wird meist verzichtet, was die Regelbarkeit sowie die Mischungsqualität zwischen Luft und Gas einschränkt. Eine interessante Alternative sind Pelletsheizungen. Holzpellets ermöglichen eine vollautomatische Verbrennung für kleine Leistungen sowie einen stabilen und geregelten Betrieb. Wesentliche Vorteile sind die konstanten Brennstoffeigenschaften und der reduzierte Einfluss des Betreibers.
In den letzten Jahren ist zur Reduktion der Feinstaubemissionen bei Cheminées und Holzöfen ein Feinstaubabscheider entwickelt worden. In der Schweiz kommt derzeit ein einfacher Elektroabscheider auf den Markt, welcher den Kamin als Abscheidefläche nutzt und Abscheidewirkungen von rund 60 bis 80% erzielt7. Der Staub muss vom Kaminfeger periodisch entfernt werden. In Norwegen wurde ein System entwickelt, das sich auch zum nachträglichen Anbau auf einen Kamin eignet und über 90% Abscheidewirkung erzielt8.

Automatische Holzheizungen
In korrekt betriebenen automatischen Holzfeuerungen können die Anforderungen an eine vollständige
Ver­brennung zur Vermeidung von Russ und Teer weitgehend erfüllt werden. Automatische Holzheizungen sind schon für Leistungen unter 100 kW verfügbar, meist kommen jedoch Anlagen ab 250 kW bis 2 MW zum Einsatz. Wegen der grösseren Dimensionen und des höheren technischen Aufwands sind Holzheizungen zwar deutlich teurer als Öl- oder gar als Gasheizungen. Die Gesamtkosten hängen aber massgeblich von den Brennstoffpreisen ab. Bei heute typischen Preisen von 5 Rp./kWh für Holz und von 8 Rp./kWh für Heizöl (80 Franken pro 100 Liter) ist Wärme aus einer automatischen Holzheizung ohne Feinstaub­abscheider für Leistungen bis zu 500 kW rund
3 Rp./kWh oder 25% teurer als Wärme aus Heizöl. Bei 1 MW Leistung sind Holz und Heizöl wirtschaftlich annähernd gleichwertig (Bild 2) Elektroabscheider und Gewebefilter
Die Feinstaubemissionen, welche aus Aschebestandteilen gebildet und weitgehend anorganischer Natur sind, können bis zu einem gewissen Grad durch besondere Gestaltung des Feuerraums und Betrieb mit stark reduzierter Luftzufuhr im Glutbett verringert werden (Low-Particle Konzept)10. Für eine weitergehende Reduktion sind jedoch Feinstaubabscheider erforderlich. Dazu kommen Elektroabscheider und Gewebefilter zum Einsatz. In Elektroabscheidern werden die Partikel in einem elektrischen Feld aufgeladen und anschliessend an einer metallischen Elektrode abgeschieden, während die Abscheidung bei Gewebefiltern auf einer Filterschicht erfolgt (Bild 3). Da die Partikel grossteils anorganisch sind, ist kein Abbrennen wie bei Dieselruss möglich, weshalb im Gegensatz zu Dieselpartikelfiltern Filterasche als zu entsorgender Rückstand anfällt.
Der Einsatz von Feinstaubabscheidern erlaubt eine Reduktion der Emissionen unter 20 mg/m3, wobei in der Praxis bei korrektem Betrieb sogar Werte von deutlich unter 10 mg/m3 möglich sind. Diese Feinstaubemissionen sind somit kaum mehr relevant. Feinstaubabscheider stehen heute für Leistungen ab rund 500 kW zur Verfügung und verteuern die Wärme aus Holz für diese Leistung um knapp 2 Rp./kWh oder um rund 10% bis 15% (Bild 2) 11.
Neben Feinstaub verursachen automatische Holzheizungen auch höhere Emissionen an Stickoxiden (NOX) als Öl- und Gasfeuerungen, weil im Holz Stickstoff in Form von Aminen enthalten ist, welcher bei der Verbrennung teilweise oxidiert wird. In Forschungsarbeiten wurden deshalb Konzepte zur Luft- und Brennstoffstufung entwickelt, welche eine Stickoxidreduktion um
50 bis 80% erzielen6. Diese Möglichkeiten zur Stickoxidminderung werden in der Praxis allerdings noch nicht eingesetzt.

Minimale Emissionen bei Grossanlagen
Neben der Nutzung in Heizanlagen kommt auch die Stromerzeugung aus Holz in Kraftwerken in Frage. Mit konventionellen Dampfkraftwerken werden allerdings in der in Frage kommenden Leistungsgrösse lediglich bescheidene elektrische Wirkungsgrade erzielt (typisch sind 20% für Kraftwerke mit weniger als 5 MW und gegen 30% mit rund 25 MW elektrischer Leistung). Solche Anlagen sind dann interessant, wenn mit der Abwärme ein grosser Wärmeverbraucher versorgt werden kann. Entsprechende Standorte sind in der Schweiz allerdings nur beschränkt vorhanden. Ein Wirkungsgradsprung um mehr als 10% ist aber möglich durch den Einsatz neuer Techniken mit Holzvergasung und anschliessender Nutzung des Gases in einem Kombikraftwerk mit Gas- und Dampfturbine. Entsprechende Kraftwerke kämen ab rund 50 MW elektrischer Leistung in Frage und könnten Wirkungsgrade von 40 bis 45% erzielen12. Aus ökonomischen Gründen wäre eine Anlagengrösse von rund 150 MW elektrischer Leistung ideal, was etwa einem Zehntel der Grösse eines modernen Kohle- oder Kernkraftwerks entspricht. Gemäss heutigen Abschätzungen könnte ein solches Holzkraftwerk rund einen Viertel des ungenutzten Energieholzes der Schweiz nutzen und mit jährlich rund 900 GWh Strom etwa 1.5% des heutigen Strombedarfs erzeugen. Mit dezentralen Wärmepumpen, welche aus 1 Kilowattstunde Strom mehr als 3 Kilowattstunden Wärme produzieren, könnten damit indirekte Heizungswirkungsgrade von mehr als 120% erzielt werden, was einer höheren Ausnutzung als mit Holzheizungen entspräche. Ein solches Kraftwerk würde zudem sehr geringe Feinstaubemissionen aufweisen und könnte deshalb als Ergänzung zu dezentral betriebenen Holzheizungen sinnvoll sein. Ein weiterer Vorteil wäre, dass in einer Anlage dieser Grösse auch minderwertige Energieholzsortimente genutzt werden könnten, welche in Kleinanlagen nicht verbrannt werden dürfen. Falls in der Schweiz ein Erdgas-Kombikraftwerk gebaut wird – was derzeit in der Elektrizitätswirtschaft diskutiert wird –, dann wäre auch eine Angliederung einer Holzvergasungseinheit an ein Erdgaskraftwerk möglich, wodurch fossiles CO2 eingespart und die Vorteile noch grösserer Leistungen ausgenutzt werden könnten.

TEC21, Mo., 2006.11.27

27. November 2006

Wärmeverbund Luthern

In Luthern im Kanton Luzern erweitert ein Sägereibesitzer das lokale Wärmenetz, so dass ab nächstem Sommer praktisch das ganze Dorf mit Wärme von einer zentralen Holzheizung versorgt wird. Jährlich können so rund 1000 Tonnen CO2 eingespart werden. Die Stiftung Klimarappen unterstützt das privat finanzierte Projekt.

Von den über 13000 automatischen Holzheizungen in der Schweiz speisen laut Schätzungen etwa 1000 einen Wärmeverbund. Darunter befinden sich sowohl kleinere Anlagen mit einigen wenigen Wärmebezügern als auch Grossanlagen, deren Wärmenetze mehrere Kilometer lange sind und Hunderte von Abnehmern mit Wärme versorgen. Befindet sich die Heizzentrale weit weg von den Wärmeabnehmern, so spricht man von Fernwärme. Um einen Nahwärmeverbund handelt es sich hingegen, wenn von der Heizung bis zu den Wärmeabnehmern verhältnismässig kleine Distanzen zu überwinden sind.
Nahwämeverbünde haben viele Vorteile. Grosse Heizungen weisen gute Wirkungsgrade auf und die Kosten für die Abscheidung des Feinstaubs fallen weniger stark ins Gewicht als bei kleinen Anlagen. Für die Hausbesitzer hat ein Anschluss an ein Wärmenetz ebenfalls positive Seiten. So wird etwa kein Heizungs- und Tank­raum mehr benötigt. Um das Haus mit Heizwärme und Warmwasser zu versorgen, ist lediglich eine Übergabestation mit einem Wärmetauscher erforderlich. Die Reinigung des Kamins, die jährlichen Emissionsmessungen sowie das Nachbestellen von Heizöl fallen weg – und damit auch der Ärger, weil der Öltank meistens genau dann leer ist, wenn die Heizölpreise sich auf einem Zwischenhoch befinden.

Bald über 90 Prozent am Wärmenetz
Die Vorzüge, die ein Wärmeverbund mit sich bringt, scheinen auch die Einwohner von Luthern überzeugt zu haben. Bruno Christen, Unternehmer und Sägereibesitzer, realisiert derzeit einen Ausbau des bestehenden Wärmenetzes auf privater Basis. Zu den 1.4 km Leitungen werden weitere 1.4 bis 1.6 km hinzukommen. Die Detailplanung läuft auf Hochtouren, nachdem Ende Oktober die Stiftung Klimarappen entschieden hatte, das Vorhaben finanziell zu unterstützen. Es ist das erste Projekt dieser Art, das durch die Stiftung bewilligt worden ist. «Im nächsten August werden 90 bis 95 Prozent in Luthern mit Wärme und Warmwasser von der zentralen Holzheizung versorgt», sagt Christen.
Der Zeitpunkt für den Ausbau des Wärmenetzes ist ideal. Die Leute seien sensibilisiert und wollten vom Öl weg. Vor einem Jahr seien viele zu ihm gekommen und hätten gefragt, ob das Wärmenetz nicht in den oberen Dorfteil erweitert werden könnte. Darauf hin habe er eine Orientierungsveranstaltung durchgeführt. «Das Interesse war überwältigend und einige Hausbesitzer haben noch am selben Abend spontan zugesagt», erinnert sich Christen.
Die erste Holzheizung, eine 500 kW Anlage, wurde bereits 1984 installiert. Damals nahm Bruno Christen in seiner Sägerei zwei Schnittholztrockner in Betrieb. Die dafür benötigte Wärme wollte er aber nicht mit einer Ölheizung bereitstellen, sondern durch die Nutzung von Rinde und anderen Holzreststoffen, die im eigenen Betrieb anfallen. Neben den beiden Schnittholztrocknern belieferte die Heizung auch das zur Sägerei gehörende Wohn- und Bürogebäude sowie zwei Mehr- und fünf Einfamilienhäuser.
2002 erfolgte die erste Erweiterung. Die neue Heizung mit einer Leistung von 1.25 MW beliefert seither praktisch das ganze Unterdorf mit Wärme. Das Schulhaus und auch die Napf-Chäsi wurden ebenfalls ans Netz angeschlossen. Die Käserei, die derzeit ihre Kapazitäten erweitert, ist besonders wichtig, weil sie für die Käseherstellung auch im Sommer viel Wärme benötigt, was die Auslastung der Heizung verbessert. Doch ganz so einfach war die Erweiterung nicht. Der Grund dafür waren die damals tiefen Erdölpreise. Der Sägereibesitzer konnte die Leute im Dorf jedoch überzeugen, musste ihnen aber günstige Preise anbieten, wie er heute sagt.

Pauschale Abrechnung für Einfamilienhäuser
Die einmalige Anschlussgebühr für ein Haus beträgt 18000 bis 25000 Franken. In diesen Kosten ist auch der Wärmetauscher, der im Haus installiert wird, eingesschlossen. Aus Kostengründen verfügen die Einfamilienhäusern über keinen eigenen Wärmezähler. Die Abrechnung erfolgt pauschal: Je nach Grösse des Hauses sind es 1700 oder 2200 Franken pro Jahr (Heizwärme und Warmwasser). Bei den grösseren Wärmebezügern wird hingegen die bezogene Wärme in Rechnung gestellt. Derzeit sind es 8 Rp./kWh.
Die jetzige Erweiterung kann dank den Beiträgen der Stiftung Klimarappen realisiert werden. Zur bestehende Heizung kommt eine weitere mit einer Leistung von
2.1 MW hinzu. Im Endausbau sollen durch die Substitution von Erdöl jährlich 1000 Tonnen CO2 eingespart werden. Als Brennstoff wird weiterhin vorwiegend Rinde eingesetzt, die sonst gegen Gebühren entsorgt werden müsste. Verbrannt werden auch sogenannte Kappstücke. Diese kleinen Holzstücke fallen bei der Herstellung von Latten an, können aber, weil sie zu klein sind, nicht gehäckselt werden. Was gehäckselt werden kann – zum Beispiel Schwartenstücke von Stämmen – , wird nämlich nicht verbrannt, sondern geht in die Zellulosefabrik Attisholz. Das Sägemehl nimmt das Spanplattenwerk der Kronospan ab. «Wie Erdöl ist Holz eigentlich viel zu schade, um es einfach zu verbrennen», sagt Christen. Nach seiner Überzeugung sollte alles, was durch die Holzindustrie stofflich verwertet kann, dieser auch zugeführt werden. Für die energetische Nutzung ist in seinen Augen nur Holz zu verwenden, für das es keine stoffliche Verwertung gibt. «Bekomme ich zu wenig Brennstoff für die Heizung, dann kaufe ich lieber bei den Bauern Waldhackschnitzel, die stofflich nicht verwertet werden können», erklärt er. Um die Feinstaubemissionen möglichst gering zu halten, werde der bestmögliche Elektroabscheider installiert, verspricht Christen, schliesslich wolle er eine Vorzeigeanlage bauen.
Hohe Anschlussdichte verbessert Wirtschaftlichkeit
In Luthern sind die Voraussetzungen für einen Wärmeverbund nahezu ideal. Das Dorf ist kompakt, ein paar grosse Wärmeabnehmer sind vorhanden und der Bau der Leitungen ist mit relativ wenig Aufwand möglich, da nur wenige Strasssen unterfahren werden müssen. Doch es gibt auch Beispiele, wo Wärmenetze zu den hohen Wärmegestehungskosten beitragen. Wie Fallstudien zeigen können diese sich zwischen weniger als 10 und bis zu 40 Rp./kWh Wärmeenergie bewegen. Holzenergie Schweiz hat in den letzten Jahren zahlreiche Holz-Nahwärmenetze bezüglich ihrer Wirtschaftlichkeit ausgewertet. «Werden Anlagen sorgfältig geplant, so sind Wärmegestehungskosten von 10 bis 14 Rp./kWh möglich», sagt Andreas Keel von Holzenergie Schweiz. Um diese Werte zu erreichen, sind jedoch einige Kennzahlen zu berücksichtigen. So sollte die Heizung mindestens 2000 Vollbetriebsstunden pro Jahr erreichen. Ein wichtiges Kriterium ist die sogenannte Anschlussdichte. Sie beschreibt die abgegebene Wärme im Verhältnis zur Länge des Netzes. Je höher die Anschlussdichte, desto geringer sind die Wärmeverluste. Als Faustregel gilt, dass pro Laufmeter Wärmeleitung jährlich rund 2000 kWh Nutzwärme abgegeben werden. Ein Quartier mit sehr gut isolierten Einfamilienhäusern, die nur wenig Heizenergie benötigen, ist für ein Wärmenetz somit nicht geeignet. Die Investitionskosten wären viel zu hoch. Am besten sind wenige, aber grosse Wärmebezüger. Zum Zeitpunkt der Inbetriebnahme der Heizzentrale sollte zudem mindestens 70 Prozent der Endauslastung des Wärmenetzes erreicht sein.
Ein grosses Potenzial für Holzheizungen sieht Keel bei den Wohnbaugenossenschaften. Diese verfügen nämlich meistens über Wärmenetze. Eine Umfrage bei 200 Wohnbaugenossenschaften im Kanton Zürich ergab, dass von den 104 grösseren Wärmeverbünden mehr als 60 Prozent mit Gas oder Öl, mehr als 30 Prozent mit Fernwärme, knapp 5 Prozent mit Wärmepumpen, jedoch nur 1.6 Prozent mit Holz betrieben werden. Würden Öl- und Gasheizungen durch Holzheizungen ersetzt, so liesse sich hier auf einfache Weise und relativ rasch viel fossile Energie einsparen.

TEC21, Mo., 2006.11.27

27. November 2006

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