Editorial

Für Bauwerke, in denen Menschen leben und arbeiten, müssen Planer brandsichere Konzepte entwickeln. Lange schien die Verkleidung von Stahlbauten die einfachste Methode zum konstruktiven Brandschutz zu sein — mit dem Nachteil allerdings, dass der Stahlbau selbst unter der Verkleidung verschwand. Heute erlaubt eine Vielzahl technisch und wirtschaftlich interessanter Brandschutzmassnahmen und Berechnungsverfahren das brandsichere Bauen mit sichtbarem Stahl.

Per 2005 sind die revidierten, einheitlichen Schweizerischen Brandschutzvorschriften VKF in Kraft getreten, die für den Stahlbau einige Erleichterungen, mehr Planungssicherheit und neue Gestaltungsmöglichkeiten bringen. Interessant sind namentlich Kombinationen von baulichem Brandschutz mit technischen Massnahmen wie Sprinkleranlagen. So können Stahlkonstruktionen auch in Innenräumen sichtbar bleiben, und die Kosten für den Brandschutz lassen sich markant reduzieren.

Mit der vorliegenden Ausgabe von Steeltec steht nun eine zusammenfassende Publikation zum Thema Brandschutz im Stahlbau zur Verfügung, die von der Vereinigung Kantonaler Feuerversicherungen als Stand der Technik anerkannt wird. Sie zeigt einfache, übersichtliche Konzepte für den Bauwerks-Entwurf und leicht verständliche Verfahren für die Berechnung des Feuerwiderstandes. Für die detaillierte Brandschutzplanung sind zusätzlich die Brandschutzrichtlinien mit den ergänzenden Anhängen anzuwenden.

Das Stahlbau Zentrum Schweiz hat jahrelang intensive Forschungs- und Entwicklungsarbeit zum Thema Brandschutz geleistet — auch auf europäischer Ebene. So sind anwenderfreundliche Nachweisverfahren für den Feuerwiderstand von Stahlbauteilen entwickelt worden, die auf wissenschaftlichen Versuchsergebnissen und geprüften Rechenmodellen beruhen.
Im vorliegenden Heft sind diese Nachweisverfahren an die Schweizerischen Brandschutzvorschriften VKF und die SIA-Normen angepasst worden.

Eine Projektgruppe des Stahlbau Zentrums Schweiz hat sich mit der Konzipierung und kritischen Begleitung der vorliegenden Publikation befasst.
Substantielle Beiträge stammen vom Institut für Baustatik und Konstruktion (IBK) der ETH Zürich. Diese Publikation wurde durch die im Anhang aufgeführten Firmen und Institutionen unterstützt. Wir danken allen beteiligten Fachpersonen und Firmen für ihren Beitrag.
Evelyn C. Frisch

Der Inhalt dieser Publikation wurde durch die Technische Kommission Brandschutz der Vereinigung Kantonaler Feuerversicherungen auf materielle Übereinstimmung mit der VKF-Brandschutznorm und den VKF-Brandschutzrichtlinien, Ausgabe 2003 geprüft und als Stand der Technik verabschiedet.

Inhalt

I Brandschutz im Stahlbau
1 Einführung 4
1.1 Die Schweizerischen Brandschutzvorschriften 4
1.2 Brandschutz für Stahltragwerke 4
2 Grundlagen des Brandschutzes 5
2.1 Brandverlauf 5
2.2 Schutzziele 5
2.3 Brandschutzanforderungen 5
2.4 Brandschutzmassnahmen 6
3 Brandschutzkonzepte 6
3.1 Standardkonzepte 6
3.2 Objektbezogene Konzepte 6
3.3 Technischer und organisatorischer Brandschutz 7
3.4 Brandabschnitte und Fluchtwege 7
4 Feuerwiderstand 7
4.1 Feuerwiderstandsklassen 7
4.2 Brandverhalten von Stahl 8
4.3 Anforderungen an den Feuerwiderstand 8
4.4 Feuerwiderstand von Stahlbauteilen 9
4.5 Nachweis des Feuerwiderstandes 9
5 Baulicher Brandschutz 11
5.1 Ungeschützter Stahl 11
5.2 Brandschutzanstriche 11
5.3 Verkleidungen 13
5.4 Spritzputze 13
5.5 Stahl-Beton-Verbundkonstruktionen 14
5.6 Stahl-Holz-Verbundkonstruktionen 14
5.7 Blech-Verbunddecken 15
5.8 Slim-Floors 15
5.9 Wasserdurchflossene Profile 15
6 Besondere Konstruktionskonzepte 16
6.1 Tragende und nicht tragenden Elemente 16
6.2 Redundante Systeme 16
6.3 Dilatationsfugen und Sollbruchstellen 16
6.4 Membranwirkung 17
6.5 Tragstruktur im Aussenraum 17
7 Technische Brandschutzmassnahmen 18
7.1 Einsatz von Sprinkleranlagen 18
7.2 Weitere technische Brandschutzmassnahmen 18
8 Brandschutzplanung in der Praxis 18
8.1 Wahl von Brandschutzlösungen 18
8.2 Auswahlkriterien für Konzeptentscheide 18
8.3 Kostenvergleich von Brandschutzlösungen 19
8.4 Grobkosten von Brandschutzmassnahmen 19
9 Objektbeispiele 20
II Bemessung
1 Nachweis des Feuerwiderstandes 23
2 Euronomogramm 24
3 Euronomogramm-Anwendung 28
4 Besondere Verfahren 31
5 Nachweisformular 33
6 Bezeichnungen und Einheiten 34
Anhang
1 Übersicht von Bauformen und Abmessungen 35
2 Dämmschichtbildende Brandschutzanstriche 36
3 Profilfaktoren für Walzprofile 37
4 Literaturverzeichnis, Quellenangaben 38

Die Schweizerischen Brandschutzvorschriften

(SUBTITLE) Einführung

Die hoheitlichen Aufgaben im Brandschutz der Schweiz liegen in der Kompetenz der Kantone. Eine wesentliche Vereinheitlichung erfolgte in der Schweiz erstmals 1993 durch die von der Vereinigung Kantonaler Feuerversicherungen (VKF) herausgegebenen, harmonisierten Brandschutzvorschriften. Diese wurden jedoch nicht durch alle Kantone vollständig übernommen, und es blieben einige regionale Besonderheiten.

Revision der Brandschutzvorschriften Per 2005 sind in der Schweiz revidierte, einheitliche Brandschutzvorschriften in Kraft getreten. Vom interkantonalen Konkordat IVTH (Interkantonale Vereinbarung zum Abbau technischer Handelshemmnisse) verabschiedet, gelten sie mit geringfügigen Ausnahmen für alle Kantone einheitlich. Ihre Vorteile sind effiziente Planung, Rechtsgleichheit und einfacher Vollzug.

In der Hand der kantonalen Brandschutzbehörden liegen der Vollzug der Vorschriften, die Auflagen im Bewilligungsverfahren, die Beratung und fachliche Unterstützung der Planenden und die Überprüfung der Sicherheitsstandards.

Die Schweizerischen Brandschutzvorschriften VKF bestehen aus den Gesetzestexten1:
- Brandschutznorm (Sicherheitsstandards)
- Brandschutzrichtlinien (Ergänzungen)
- Prüfbestimmungen für die Zulassung von Brandschutzprodukten

Sie werden ergänzt durch:
- Brandschutzerläuterungen
- Brandschutzarbeitshilfen
- Dokumente zum Stand der Technik

Die neuen Schweizerischen Brandschutzvorschriften VKF bieten mehr Spielraum für optimierte Lösungen, die Bezug nehmen auf den Schutz der Personen und Sachen.

Wesentliche Neuerungen sind:
- Vereinheitlichung der Standardanforderungen
- Berücksichtigung von Sprinklern ohne rechnerischen Nachweis mit einer Reduktion des geforderten Feuerwiderstandes um 30 Minuten.
- Grössere Akzeptanz von objektbezogene Lösungen mit entsprechenden Nachweisverfahren

Die Technische Kommission der VKF legt fest, was im Brandschutz Stand der Technik ist. Vorliegendes Steeltec Brandschutz wurde von der VKF als Stand der Technik für den Nachweis des Feuerwiderstandes von Stahltragwerken anerkannt und zur Anwendung freigegeben.

1.2 Brandschutz für Stahltragwerke

Stahl ist nicht brennbar und trägt auch nicht zur Brandbelastung und Brandentwicklung bei. Allerdings sind die mechanischen Materialeigenschaften von Stahl temperaturabhängig. Brandschutzmassnahmen für Stahltragwerke zielen deshalb vor allem auf den Schutz des Stahls vor Hitzeeinwirkung. Dieser Schutz kann durch bauliche und technische Massnahmen wie beispielsweise Sprinkleranlagen gewährleistet werden.

Für den Stahlbau bringen die Schweizerischen Brandschutzvorschriften VKF einige Erleichterungen, mehr Planungssicherheit und neue Gestaltungsfreiheit für Architekten, insbesondere durch bauliche Konzepte mit Brandschutzanstrichen oder technische Konzepte mit Sprinkleranlagen, sowie durch Kombination dieser Konzepte. Massgebende Neuerungen für den Stahlbau sind zudem:
- Vergrösserung der Brandabschnittsflächen von Büro- und Gewerbebauten. Für die meisten zweigeschossigen Bauten mit geringer und mittlerer Brandlast (bis 1000 MJ/m2, bezogen auf die Grundfläche) bestehen keine Anforderungen an den Feuerwiderstand.
- Keine Anforderungen an den Feuerwiderstand bei Parkhäusern mit mindestens 25% Öffnungsgrad der Fassaden (dank Wärmeabfuhr).

Weiterhin zugelassen sind Nachweisverfahren für die Planung von objektbezogenen Brandschutzkonzepten, insbesondere unter Naturbrand. Vermehrt zum Einsatz gelangen dämmschichtbildende Brandschutzanstriche bis zur Feuerwiderstandsklasse R 60. In diesem Steeltec Brandschutz werden die für den Stahlbau gängigen Nachweisverfahren vorgestellt.

Steeldoc, So., 2006.08.27

27. August 2006

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