Editorial

Die Gebäudehülle muss vielen An­forderungen gerecht werden. Neben ­ihrer gestalterischen Rolle im Umgang mit dem baulichen und landschaftlichen Umfeld und den üblichen technisch notwendigen Funktionen ­einer thermisch wirksamen Hüllfläche kann sie auch Aufgaben übernehmen, die darüber hinausgehen: z. B. zur ­Verbesserung des Mikroklimas, für ­erhöhte Schallschutz- und Sicherheitsstandards, zur Energiegewinnung oder als Kommunikationsträger. Daneben greift unsere Projektauswahl in der aktuellen db Ausgabe »Umhüllt« auf, ­wie das Material der Gebäudehülle und das zugrunde liegende Architektur­konzept einander bedingen.

Umbau zu einem Generationenhaus in Vorarlberg

In einem kleinen Bergdorf in Vorarlberg haben MWArchitekten ein Einfamilienhaus so transformiert, dass es nun Platz für drei Generationen bietet. Kern des Entwurfs ist eine fein abgestimmte Holzhülle, die präzise zwischen Intimität und Transparenz changiert.

Wie geht man mit einem Einfamilienhaus aus den 1980er-Jahren um, das keine architektonischen Qualitäten aufweist? Und das nun Platz für drei Generationen bieten soll? Ein Abriss liegt da nahe, zumal es sich – zumindest anfangs –, um die kostengünstigere Variante handelte. Trotzdem entschieden sich die Bauherren des Generationenhauses in einem kleinen Vorarlberger Bergdorf für den größtmöglichen Erhalt der Bausubstanz. Der Grund ist in der Geschichte des Gebäudes zu finden, wie Lukas Mähr von MWArchitekten erläutert: »Die Familie errichtete das Haus ursprünglich selbst und setzte das sehr hochwertig um. Im Bestand steckten also gute Materialien und viel Herzblut.« Für den Umbau verfolgte Mähr das Konzept einer umschließenden Holzhülle. Sie verwandelt das Konglomerat aus Wohnhaus und Doppelgarage in ein homogenes Ganzes, das nun wie selbstverständlich an seinem Platz sitzt. Dabei hielt die Lage des Hauses aufgrund der Erschließungssituation und der vorhandenen Bebauungsdichte einige Herausforderungen bereit. Das kleine Dorf, oberhalb des Rheintals gelegen und über Serpentinen mit dem Auto erreichbar, weist einen historisch gewachsenen Kern auf. Traditionelle Holzbauten mit einer Mischnutzung aus Wohnen und Landwirtschaft prägen den Ort. Alles ist über enge und steile Gassen miteinander verbunden – und so war die Erschließung eines der ersten Probleme, die der Architekt lösen musste. Um mehr Wohnraum zu schaffen, wurde die ursprünglich im EG befindliche Garage auf die nördliche Querseite des im Hang sitzenden UGs verlegt. Damit die Zufahrt funktioniert, dürfen die Bauherren nun beim gegenüberliegenden Nachbarn rangieren.

Neue räumliche Zonierung

Die Verlegung der Garage ermöglichte eine neue Zonierung des EGs, wobei sich der Architekt an die ursprüngliche Aufteilung von Betongarage und Mauerwerkshaus hielt: Die ehemalige Außenwand des Gebäudes dient im Norden nun als Trennwand für zwei Wohneinheiten, die sich jeweils über das EG und das 1. OG verteilen. In der ehemaligen Garage im Norden ist nun eine Einliegerwohnung mit 75 m² untergebracht. Das südlich gelegene Haupthaus bietet auf 175 m² Platz für eine fünfköpfige Familie. Beide verfügen über separate Eingänge, haben aber über entsprechend platzierte Türen im Innern Zugang zur Kellertreppe. Sie ist Teil der ehemaligen Haupterschließung in Form einer zweiläufigen Treppe, die in der Familienwohnung zum OG führt. In der Einliegerwohnung übernimmt das eine neue, im Wohnbereich platzierte Stichtreppe. Dabei achtete Mähr auf die größtmögliche Beibehaltung der räumlichen Zonierung und damit auch auf die Bewahrung der Bausubstanz. Eine vorhandene Mauerwerkswand in der größeren Wohnung trennt etwa das Wohnzimmer auf der Straßenseite vom Ess- und Kochbereich auf der Hangseite. Gleichzeitig wird sie durch Schiebetüren perforiert, die fließende räumliche Übergänge erzeugen. Im Gegensatz zu den beiden Geschossen darunter handelt es sich beim 1. OG um eine neue Konstruktion in Holzständerbauweise mit Zellulosedämmung. Sie ersetzt das alte DG, das einen zu niedrigen Kniestock hatte. Durch die dazugewonnene Raumhöhe konnten drei Schlafzimmer, ein großes Arbeitszimmer und zwei Bäder in der Familienwohnung untergebracht werden. Der Grundriss ist flexibel gehalten und ohne größere Baumaßnahmen neu konfigurierbar. Ein Beispiel ist das durch einen Luftraum mit dem darunterliegenden Ess- und Kochbereich verbundene Arbeitszimmer. Es kann in ein räumlich abgetrenntes Schlafzimmer umgewandelt werden, da die Unterteilung der im Süden gelegenen Fenstertüren das Andocken einer neuen Trennwand ermöglicht.

Präziser Filter

Beim zentralen Thema des Entwurfs, der umschließenden Hülle, ließ sich Mähr von der umgebenden Bebauung inspirieren: »Die traditionellen Häuser vor Ort mit ihrer pragmatischen Holzarchitektur, dem massiven Sockel und der einfachen Bretterschalung für die Fassade, haben den Entwurf stark beeinflusst. Typisch für die lokale Architektur ist auch ein Vorbereich, zum Beispiel in Form eines Schopfs, der eine Pufferzone zwischen dem Privaten und dem Öffentlichen bildet«, sagt er über das Konzept. Ähnlich wie beim Grundriss reagiert auch die neue Fassade auf den Bestand. So wurden die vorhandenen Fensteröffnungen im UG und EG entweder beibehalten oder an einigen Stellen leicht modifiziert – etwa beim links vom Eingang liegenden Bandfenster, das ursprünglich aus zwei Öffnungen bestand. Eine vertikale Lattung aus Weißtanne dient als Wetterschale für die Holz- und Mauerwerkswände. Sie fasst das Haus ein und legt sich in Form einzelner Latten teilweise über die Fenster. Das bietet einerseits den aufgrund der hohen Bebauungsdichte notwendigen Sichtschutz zu den Nachbarn. Anderseits hält sie das Gebäude zusammen. Um eine homogene Kubatur auf der Eingangsseite im Osten zu ermöglichen, wurde die zuvor zurückspringende Außenwand der ehemaligen Garage im EG an die Flucht des Wohnhauses angepasst. Der neue Eingang mit den beiden Wohnungstüren springt nun in der Fassade zurück und definiert einen geschützten Vorbereich.

Ein bestimmendes Element der Fassade ist der räumliche Filter mit perforierter Holzlattung, den Mähr als vorgestellte Holzkonstruktion auf der Hangseite des Gebäudes anordnete. Er ersetzt einen länglichen Betonbalkon, kragt aber im Unterschied zu diesem nicht aus, sondern steht mit seinen Stützen auf einem kleinen Vorsprung an der Hangkante. Dabei umschließt er als eine Art Schopf den Sockelbereich im UG, der weiß verputzt belassen wurde. So wird das Thema der homogenen Hülle konsequent fortgeführt. Gleichzeitig ermöglicht der Filter geschützte Außenbereiche in den beiden darüberliegenden Geschossen durch eingehängte Holzplattformen.

Mittels großzügiger Öffnungen wird hier der Außen- mit dem Innenraum verwoben. Der Essbereich öffnet sich in der größeren Wohnung mit Fenstern und Glasschiebetüren über Eck zu einem umlaufenden Balkon, der auch von der Einliegerwohnung genutzt werden kann. Die Latten sind so perforiert, dass sie als Sichtschutz zu den Nachbarn funktionieren und trotzdem Ausblicke ermöglichen, wie Mähr erklärt: »Wir haben viel mit dem Abstand zwischen den Holzlatten experimentiert und verschiedene Muster gebaut, um das richtige Verhältnis von offen und geschlossen hinzubekommen.« Zudem gibt es gezielte Ausschnitte in der Lattung, die u. a. beeindruckende Ausblicke auf den angrenzenden Hausberg und das Rheintal inklusive Bodensee freigeben, ohne das kompakte Erscheinungsbild des Baus zu stören.

Grafische Fassade

Beeindruckend ist auch die handwerkliche Präzision des Filters: So wurden die Latten als Schwalbenschwanzverbindung ausgeführt, was ein ruhiges und wohlproportioniertes Erscheinungsbild erzeugt. Die Scheiben der Glasbrüstung kommen ohne sichtbare Verbindungselemente aus und wurden stattdessen in Ausfräsungen an den tragenden Stützen eingefasst. Ein weiteres gelungenes Detail ist die Hinterlüftung der Fassade, die aus kreisrunden Löchern besteht und dezent zum grafischen Erscheinungsbild beiträgt. Der Wille zur handwerklichen Präzision findet sich auch im Innern wieder. Ein Beispiel ist der Essbereich in der Familienwohnung, dessen zwei Stockwerke umfassende Wände inklusive überspannendem Satteldach mit unbehandelter Weißtanne verkleidet sind. Trotz seiner sakral anmutenden Höhe wird der Raum zum behaglichen Wohnmöbel mit Sitznische. Das restliche Mobiliar wie auch die angrenzende Küche oder die Einbauschränke in den Erschließungsbereichen wurden ebenfalls vom Architekten geplant, wie Mähr erläutert: »Wir achten sehr darauf, dass die von uns verwendeten heimischen Hölzer wie Esche für Boden, Möbel und Türen oder Weißtanne für die Fenster und Verkleidungen im Zusammenspiel ein homogenes Ganzes bilden.« Dadurch ergibt sich innen wie außen ein stimmiges Gesamtbild, dem man zu keiner Zeit ansieht, dass es sich hier um einen Umbau handelt. Die Entscheidung, den Bestand zu erhalten, lohnte sich für die Bauherren schlussendlich auch finanziell, da einsetzende Lieferschwierigkeiten die Preise für neue Bauprodukte in die Höhe trieben. Damit zeigt das Projekt exemplarisch, dass die Entscheidung für die Bewahrung eines Gebäudes ökologisch und ökonomisch sinnvoll sein kann. Umso besser, wenn dabei gelungene Architektur entsteht.

db, Fr., 2024.05.03

03. Mai 2024 Alexander Russ



verknüpfte Bauwerke
Generationenhaus mit Blick

Wohnungsbau in Hasselt

Im belgischen Hasselt hat das Atelier Kempe Thill im Innenhof einer ehemaligen Kaserne einen ungewöhnlichen Wohnungsbau mit neun flexibel einteilbaren Ebenen realisiert. Die lichte Architektur mit ihrer rundum verglasten Fassade sorgt in den Wohnungen für viel Tageslicht und steht im gelungenen Kontrast zu den Backsteinfassaden des sanierten bzw. ergänzten Bestands.

Wer mit dem Zug von Aachen oder Brüssel nach Hasselt kommt, dessen Blick trifft direkt am Bahnhof als Allererstes auf die futuristische Architektur des monumentalen Gerichtsgebäudes, das 2013 nach Plänen von Jürgen Mayer H. hier fertiggestellt wurde. Mit der 2022 umgenutzten Herkenrode-Kaserne hat die gerade mal 70 000 Einwohner:innen zählende Hauptstadt der Provinz Limburg mittlerweile ein architektonisches Juwel ganz anderer Art zu bieten. Denn nach der Schließung und temporären Zwischennutzung des innerstädtischen Blocks als Bürostandort hatte die Kommune 2015 beschlossen, den teilweise noch aus dem 17. Jahrhundert stammenden Komplex zu verkaufen, um das ehemals militärisch genutzte Areal behutsam nachzuverdichten und in ein vielfältig nutzbares Innenstadtquartier umzuwandeln.

Mittlerweile ist das Projekt weitgehend fertiggestellt. Eine typologische Besonderheit ist dabei das im Zentrum der Anlage auf dem ehemaligen Exerzierplatz neu entstandene Wohngebäude. Der 2022 nach Plänen von André Kempe und Oliver Thill fertiggestellte Neubau stellt auf neun Ebenen mit einer Bruttogeschossfläche von insgesamt 7 500 m² fünfzig individuell gestaltete Wohnungen mit einer Größe von 28 bis 210 m² zur Verfügung und überrascht dabei durch seine rundum durchgehende Glasfassade und die dahinterliegenden offenen Wintergärten.

Ausgangspunkt für die Planung war ein 2015 ausgeschriebener Einladungswettbewerb, aus dem aufgrund des großen Projektumfangs ein gemeinsamer Entwurf vom Atelier Kempe Thill (Rotterdam) sowie von Abscis Architecten (Gent), dem UAU Collectiv (Hasselt) und LAND landschapsarchitecten (Antwerpen) als Sieger hervorgegangen war. In enger Zusammenarbeit mit den örtlichen Immobilienentwicklern Kolmont und Vestio hatten die vier Büros vorgeschlagen, die zentral innerhalb des mittelalterlichen Stadtringes gelegene Blockbebauung mit ihren monumentalen Kasernengebäuden aus dem späten 19. Jahrhundert und dem markanten Torhaus grundlegend zu sanieren und durch Balkone und Durchgänge stärker zum Blockinneren hin zu orientieren. Parallel dazu wurde das aus der Renaissance (1544) stammende Refugium der Schwestern der Abtei Herkenrode behutsam in das neue Konzept eingebettet.

Ein Teil der nördlichen Blockrandbebauung aus dem 20. Jahrhundert ist demgegenüber aufgrund von Bauschäden abgerissen und durch zeitgenössische Wohnbauten mit hellen Klinkerfassaden ersetzt worden (Planung: Abscis Architecten und UAU-Collectiv). »Die Bestandsgebäude der ehemaligen Kaserne und das Torhaus stehen andererseits als Veranstaltungsgebäude für die Universität Hasselt zur Verfügung, sodass in der Summe ein vielfältiger Funktionsmix entstanden ist«, so André Kempe und Oliver Thill, die beide aus Ostdeutschland stammen und seit 2000 ein eigenes Büro mit Hauptsitz in Rotterdam führen.

Im Rahmen der Planung haben sich die beteiligten Büros ganz bewusst am Konzept der mittelalterlichen Stadt orientiert, ergänzt durch neue räumliche, soziale und ökologische Qualitäten: »Ganz wichtig war in diesem Zusammenhang der städtebauliche Impuls des Projekts«, wie Oliver Thill erklärt. »Denn im Rahmen der Umsetzung ist der bislang geschlossene Baublock durch drei neue Durchgänge geöffnet und über eine halböffentliche Durchwegung an das städtische Gefüge der Stadt Hasselt angebunden worden.« Durch die neu geschaffene Tiefgarage ist es gleichzeitig gelungen, das Gelände komplett autofrei zu halten. Der nach Plänen von LAND gestaltete und in Teilen begrünte Innenhof bietet stattdessen eine sichere Spielumgebung für Kinder und dient gleichzeitig als ruhige Oase für die Bewohnerinnen und Bewohner. Radfahrende haben über einen Fahrrad- und Lastenaufzug einen eigenen Zugang zur Tiefgarage. Eine neu geschaffene unterirdische Verbindung zu einer weiteren Tiefgarage und zu einem außerhalb des Altstadtkerns gelegenen Parkplatz sorgt darüber hinaus dafür, dass das Zentrum von zusätzlichen Verkehrsbewegungen entlastet wird.

Luftiger Wohnungsbau im Kern der Anlage

Die augenfälligste Veränderung vor Ort betrifft den im Zentrum des Blocks auf einer Fläche von 22 x 35 m neu platzierten Wohnungsbau von André Kempe und Oliver Thill, der den Innenhof nach Westen einfasst: »Zu Beginn unserer Planung hatten wir noch überlegt, die mittelalterliche Struktur des Bestandes aufzugreifen«, blickt Oliver Thill zurück. »In enger Abstimmung mit dem Bauherrn haben wir uns dann aber für eine bewusst leichte Architektur mit durchgehenden Glasfassaden entschieden, um so ein deutliches Gegengewicht zu der vorhandenen Backsteinarchitektur zu schaffen und um das vorhandene Licht im Innenhof optimal zu nutzen.« Und trotz des überraschenden Kontrasts und trotz des großen Volumens des Baukörpers ist es gelungen, den Neubau weitgehend zurückhaltend zu gestalten und die Gesamtsituation nicht zu dominieren.

Betont wird der leichte, beinahe schwebende Eindruck des insgesamt rund 9,6 Mio. Euro teuren Neubaus durch die horizontale Gebäudestruktur mit ihren offenen Gebäudeecken und den um rund 0,6 m auskragenden Geschossdecken. Eine Besonderheit sind außerdem die auf der Ost- und Westseite jeweils 2,7 m, auf der Nord- und Südseite jeweils 1,7 m tiefen, je nach Wohnungsgröße unterschiedlich langen Wintergärten. Die mit Meranti-Holzböden angenehm warm gestalteten Wintergärten nehmen rund ein Drittel der jeweiligen Wohnfläche ein und erlauben mit ihren bis zu 5,70 m hohen, oben und unten in Aluminiumprofilen fixierten Ganzglas-Schiebeelementen eine beinahe ganzjährige Nutzung. Zusätzlich fungieren die Wintergärten auch als energetischer Puffer, indem sie die zurückliegenden Wohnungen im Sommer vor der hochstehenden Sonne schützen und im Winter andererseits den Heizwärmebedarf reduzieren. Ein ausreichender Schutz gegen die hohen Windlasten insbesondere in den oberen Ebenen wird dabei durch eine obere Aushebesicherung in den Elementen sichergestellt.

Privatsphäre auch im EG

Ab der fünften Etage und im Staffelgeschoss ermöglichen die geschosshohen Glasfassaden einen ungestörten Panoramablick über die Dachlandschaft von Hasselt. »Die unteren beiden Etagen haben wir demgegenüber als Maisonette-Einheiten ohne von außen sichtbare Geschossdecke ausgebildet, um so die Anordnung von Schlafzimmern im Erdgeschoss zu vermeiden«, erklärt Oliver Thill. »Um auch für die Wohnräume im Erdgeschoss ausreichend Privatsphäre und Komfort zu gewährleisten, haben wir es außerdem um 0,5 m angehoben und die Wohnräume mit vorspringenden, doppelt so hohen Wintergärten ausgebildet.«

Der Zugang zum Gebäude erfolgt über ein luftiges doppelgeschossiges Foyer auf der Westseite, das mit seiner materialbetonten Gestaltung mit Sichtbeton, dem polierten Betonestrich und einer frei stehenden Stirnwand aus Eichenholz den urbanen Charakter des Gebäudes unterstreicht. Von hier erschließen zwei Aufzüge und eine Innentreppe im tragenden Stahlbetonkern die verschiedenen Ebenen: »Zusätzlich zu diesem Kern waren aus bautechnischer Sicht keine tragenden Wände notwendig«, erklärt Oliver Thill. »Stattdessen haben wir lediglich acht notwendige Stützen in den Grundriss integriert, teilweise kombiniert mit den Schächten für Kabel und Rohre. Im Verbund mit einem Innenausbau in Leichtbauweise haben wir eine maximale Kompaktheit und Wirtschaftlichkeit erreicht und gleichzeitig die Grundlage für eine sehr flexible Grundrissentwicklung geschaffen, sodass wir die Wohnungen ganz individuell an die Bedürfnisse der künftigen Bewohner anpassen konnten.«

Mit dem Projekt in Hasselt knüpfen André Kempe und Oliver Thill ganz bewusst an vorherige Entwürfe im Bereich Wohnungsbauprojekte an. Ganz offensichtliche Bezugspunkte bietet dabei das bereits 2009 fertiggestellte Apartmenthaus »HipHouse« im niederländischen Zwolle. Auch dort war es den Architekten gelungen, mit einer raumhohen, hälftig als Schiebetüren ausgeführten Verglasung luftige Wohnungen mit offenem Loft-Charakter zu schaffen: »Aufbauend auf dieser Erfahrung haben wir auch hier in Hasselt versucht, durch eine strategische Verschmelzung städtischer und vorstädtischer Qualitäten ein bezahlbares Idealmodell für städtisches Wohnen zu schaffen«, erklärt Oliver Thill. »Mit seinen großen Wintergärten, dem fließenden Innen-außen-Verhältnis, den loftartigen Grundrissen und der sehr hochwertigen Materialisierung betrachten wir das Projekt dabei als echte Alternative zum vorherrschenden flämischen Wohnmodell in Einfamilienhäusern.«

db, Fr., 2024.05.03

03. Mai 2024 Robert Uhde

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