Editorial
Er liegt quasi direkt vor unserer Nase - und ist doch so unerreichbar: der neue Flughafen von Berlin. In dieser Ausgabe der deutschen Domus wollen wir Ihnen den seit 2012 architektonisch fertigen Airport vorstellen. Ein Flughafen, dessen desaströse Entwicklung Geschichte schreibt und der zum Präzedenzfall werden sollte. Der Umgang mit dem Sujet ist schwierig. Wie seine Vorbehalte abbauen, um das Objekt rein von seiner architektonischen Seite zu betrachten? Doch soweit kam es gar nicht. Denn obwohl wir mehrmals um eine aktuelle Begehung gebeten hatten, wurde uns kein Zutritt zu dem öffentlichen Gebäude gewährt. Dennoch oder glücklicherweise hat ihn unser Autor besichtigt und stellt ihn in dieser Domus nicht nur vor, sondern beschreibt auch den Paradigmenwechsel, der sich im Laufe der Jahre vom Berliner Flughafen Tegel zum neuen Flughafen vollzogen hat. Apropos Tegel: Durch die lange Verzögerung des großen hat der kleine, aber feine stadtnahe Flughafen immer mehr an Zuneigung gewonnen. Warum und was ihn so besonders macht, erfahren Sie direkt im Anschluss an den Artikel über den BER.
Alle anderen Verkehrsprojekte, die in dieser Ausgabe vorgestellt werden, sind eingeweiht und werden benutzt. Sie sind Anlaufpunkte für zahlreiche Menschen, die sich von einem Ort zu einem anderen bewegen. Ein Paradebeispiel ist der Umbau des Forum des Halles in Paris, La Canopée. Er umfasst in einer großzügigen Geste des Willkommens öffentliche Plätze und kulturelle Einrichtungen. Ein prächtiger Baldachin breitet sein Dach über Millionen von Menschen, die von der Metro in das Zentrum von Paris aufsteigen.
In Amsterdam haben Wiel Arets Architects den bestehenden Bahnhof erweitert. Ihre Lösung, die den Strom von Passagieren und Passanten vorbildlich verteilt, öffnet sich zur Stadt und zum Wasser. Glas- und Spiegelelemente holen die Bewegungen in das Gebäude hinein. Raumhohe Screens verwandeln zusätzlich auch die geschlossenen Wände in bewegte Bilder.
Außerdem feiern wir in dieser Domus die Liebesbeziehung zwischen Architektur und Film. Am Anfang steht ein Fotoessay über Filmsets, dessen Blicke hinter die Kulissen diese in ihrem wahren Kontext zeigen, gefolgt vom Porträt eines Architekten, der leidenschaftlich gern filmte, dabei aber seine eigenen Gebäude meist ausließ. Wir stellen die neuen Production Designer nach Ken Adam vor, die gebaute Kulissen virtuos mit virtuell erstellten Welten verbinden, und zeigen Design-Ikonen, die als Moviestars auch Filmgeschichte geschrieben haben.
Unser Editorial Brand Director Paolo Tumminelli war für Domus auf der diesjährigen Kölner Möbelmesse unterwegs und hat eine aufschlussreiche Erkenntnis mit-gebracht: wie viel lebendiger doch Möbel sind, wenn sie schwingen, schaukeln oder wanken. Die Interaktion zwischen Nutzer und Möbel, so seine These, gleicht einem Tanz zwischen Mensch und Gegenstand, der durchaus als Zeichen von Aufmerksamkeit, Zuneigung – ja sogar Liebe empfunden werden kann.
Mit dieser Ausgabe verabschiedet sich unser Artdirector Anton-Georg Kiener. Die Domus-Redaktion möchte sich bei ihm ganz herzlich für seine zuverlässige, feinsinnige Arbeit bedanken und wünscht ihm auf seinen neuen Wegen alles Gute. Wenn er zum Abschied nur das Logo noch etwas größer machen könnte … Viel Freude beim Lesen und Entdecken des Heftes! Die nächste Domus-Ausgabe erscheint am 4. Mai 2017.
Nancy Jehmlich