Editorial

Die Genehmigung des Projekts «N01/40 Einhausung Schwamendingen  ­Lüftung Schöneichtunnel» durch das Eidgenössische Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommu­nikation steht unmittelbar bevor. Ist diese Hürde genommen, kann aus einer Vision Realität werden. Ganz sicher gilt das für den Bau des Tagbautunnels und die damit einhergehende Reduktion der Lärm- und Luftbelastung für die Menschen in Zürichs Norden. Ob es auch für die Vision eines attraktiven Wohnquartiers und eines belebten Ueberlandparks gilt, muss sich zeigen.

Fakt ist: Zürich Schwamendingen wird heute von einer stark frequentierten Autobahn durchschnitten. Schlimmer geht es eigentlich nicht mehr. Der ­Strassenabschnitt zwischen Schöneichtunnel und ­Aubrugg wird in den kommenden Jahren auf 1.7 km Länge überdeckt – unter laufendem Verkehr.

Das ist ein technisch zwar komplexes, aber durchaus machbares Unterfangen. Damit reagiert das Astra auf die Forderung nach Lärmschutz. Wie sich das neue Bauwerk in das Stadtquartier integrieren und wie sich der Ueberlandpark beleben lässt, darüber haben sich die Gestalter den Kopf zerbrochen. Sie haben gute Lösungen vorgestellt und damit den Weg für eine positive Entwicklung geebnet. Ob der Ueberlandpark – 7 m über Terrain – das Zeug zur Touristenattraktion hat, können allerdings erst die Reisenden der nächsten Generation beurteilen.

Daniela Dietsche

Inhalt

AKTUELL
07 WETTBEWERBE
Zurückhaltendes Zeichen

11 PANORAMA
Risiken bei Ganzglasgelän-­dern | Neue Bücher

14 VITRINE
Innovative Küchenwelten

15 NEUE REGELN ZUR ZERTIFIZIERUNG VON METALLBAUUNTERNEHMEN
Vernehmlassungen | Vorschriften vor Eigenverantwortung? | Nachverdichtung in Stahlbauweise | Querschnittwissen ist gefragt

20 VERANSTALTUNGEN

22 EIN TAGBAUTUNNEL GEGEN DEN LÄRM
Daniela Dietsche
Die Aufgabe: Autobahnlärm reduzieren. Die Lösung: die Strasse einhausen.

25 TRANSFORMATION DER GARTENSTADT
Julia Sulzer
Die Aufgabe: ­Stadtreparatur. Die Lösung: ­verbindliche Spielregeln.

29 VOM MANKO ZUM PLUS
Daniela Dietsche
Die Aufgabe: eine Betonkiste schön machen. Die Lösung: viel Grün.

AUSKLANG
32 STELLENINSERATE

37 IMPRESSUM

38 UNVORHERGESEHENES

Tagbautunnel gegen den Lärm

Die A1 soll zwischen dem Autobahnkreuz Aubrugg und dem Schöneichtunnel umhüllt werden. Für die Autofahrer entsteht ein Tunnelbauwerk, für die Quartierbewohner ein Grün- und Freiraum auf dessen Dach.

Der Streckenabschnitt zwischen dem Autobahnkreuz Aubrugg und dem Schöneichtunnel zählt zu den meistbefahrenen Verkehrsachsen in Zürich. Mehr als 110 000 Fahrzeuge benutzen die A1 in diesem Bereich täglich. Sie gilt als die wichtigste nördliche Einfahrachse in der Agglomeration Zürich. Lärm- und Feinstaubbelastungen liegen hier regelmässig über den zulässigen Grenzwerten, teilweise über den Alarmwerten.

1980 wurde erstmals in Lärmschutzmassnahmen wie Schallschutzglas und Schutzmauern investiert, doch der Lärmpegel sank nur punktuell. Als Eigen­tümer ist das Bundesamt für Strassen (Astra) jedoch gemäss Umweltschutzgesetz und der seit 1987 geltenden Lärmschutzverordnung verpflichtet, Stras­senabschnitte zu sanieren, die übermässigen Lärm verursachen. Seit einigen Jahren verfolgen der Bund, der Kanton und die Stadt Zürich deshalb die Idee, die Nationalstrasse mit einem Tagbautunnel zu umschliessen. Die Geneh­migung des Projekts durch das Eidgenössische Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunika­tion (Uvek) steht bevor.

Die Lage der Autobahn bleibt im Wesentlichen bestehen, die Fahrspuren werden weiterhin richtungsgetrennt geführt. Die Einhausung schliesst in Richtung Stadtzentrum direkt an den bestehenden Schöneichtunnel an. Gemäss den Richtlinien des Bundes ist diese Kombination als zusammenhängende Tunnelanlage zu betrachten. Dadurch wird der Schöneichtunnel erheblich länger und muss lüftungs- und sicherheitstechnisch besser ausgerüstet werden. Zudem werden die Rasterdecke Waldgarten geschlossen und beim Westportal Tierspital ein neues Lüftungsbauwerk mit Abluftkamin erstellt. Die Einhausung und das Lüftungsbauwerk sollen die Luftqualität auf der Strecke zwischen den Portalen Aubrugg und Tierspital verbessern. Auf der Überdeckung entsteht ein Hochpark. Durch Treppen, Lifte, Rampen sowie die Auf­weitung und Neugestaltung der Unterführung ­Saat­lenstrasse soll die innere Verbindung des von der Natio­nalstrasse durchschnittenen Wohnquartiers gestärkt werden (vgl. «Vom Manko zum Plus», S. 29).

Statt Lärmschutzwand

Bis sich die Idee der Einhausung etablierte, hat es 20 Jahre gedauert. Noch 1995 entschied sich der Kanton für eine konventionelle Sanierung.[1] Vorgesehen waren 3 m hohe Lärmschutzwände, eine Geschwindigkeitsreduktion und Fenstersanierungen. 1999 kam die kantonale Volksinitative «Einhausung der Autobahn Schwamendingen» zustande. Der Regierungsrat lehnte den Vorschlag der Bevölkerung ab und legte dem Kantonsrat am 9. Juli 2001 eine Motion mit einem möglichen Finanzierungsschlüssel zwischen Bund, Kanton und Stadt vor. Um die städtebauliche Einordnung eines ­weitergehenden Lärmschutzes (z. B. bezüglich Materia­lisierung und Kon­struktion) beurteilen zu können, ­prüften die Architekturbüros Hotz, Diener & Diener und agps.architecture, unterstützt von weiteren Fachleuten, im Rahmen eines Studienauftrags 2003/2004 drei ­Varianten: eine Einhausung, eine Brücke und einen Tunnel. Ein Tunnel wurde aus finanziellen und technischen Gründen nicht weiterverfolgt, die beiden ande­ren Varianten vertieft.

Schliesslich gaben finanzielle und städtebauliche Überlegungen den Ausschlag dafür, aufgrund des Vorschlags von agps.architecture eine Einhausung zur Kreditvorlage auszuarbeiten. Sie wurde am 24. September 2006 vom Stimmvolk angenommen.

Zunächst war eine mit Erdreich überdeckte ­Betoneinhausung mit einem Park auf dem Dach und begrünten Böschungen angedacht. Im aktuellen Projekt sind die Böschungen aus Platzgründen und wegen der mangelnden Tragfähigkeit des Untergrunds nicht enthalten: Aufgrund der bestehenden Querstrassen hätte man die Hügelzüge immer wieder unterbrechen und viele Gebäude entlang der Autobahn rückbauen müssen. Zudem hätten Anschüttungen dieser Dimension zu grossräumigen Setzungen geführt. Stattdessen sind nun sieben Meter hohe Betonwände vorgesehen.

Die Einhausung soll das Quartier sowohl von Abgasen als auch von Lärm entlasten. Die Messungen auf der Überlandstrasse zeigen heute eine Lärmbelastung von 72 dB(A).[2] Das Astra schätzt, dass der verbleibende Grundlärm nach dem Bau der Einhausung bei 42 dB(A) liegen wird. Das Lärmproblem ist damit zwar weitgehend gelöst, es stellt sich aber die Frage, wie das neue Bauwerk städtebaulich sinnvoll ins Quartier eingebunden werden kann (vgl. «Transformation der Gartenstadt»).

Innen Tunnel, oben Park

Die Einhausung und ihre Sicherheitsinfrastruktur werden vom Astra unterhalten. Sie wird innen behandelt wie ein Tunnel, d. h., die Anforderungen an Lüftung, Entrauchung oder Signalisation unterscheiden sich nicht von anderen Nationalstrassentunnels. Da sich der Baugrund als setzungsempfindlich herausgestellt hat, wurde als Fundament eine aufgelöste Pfahlwand gewählt. Im Bereich des unter der Autobahn verlaufenden Tramtunnels bis zur Station Schörlistrasse wird die Decke des Tagbautunnels mit Fertigteilträgern ausgebildet, der Bereich von der Tramstation Schörlistrasse bis zum Portal Aubrugg mit einer Ortbetondecke. Grös­se und Komplexität des Projekts bedingen eine aufwendige Logistik. Der Bedarf an Installations-, Bewegungs-, Logistik- und Rettungsflächen mitten im Wohnquartier ist zeitlich und örtlich gross. Zahlreiche freie Flächen im Quartier werden temporär genutzt. Die Bauarbeiten sind so projektiert, dass die Autobahn unter Wahrung der Verkehrs- und Arbeitssicherheit vierspurig befahrbar bleibt. Auch der Tramtunnel mit seinen Stationen und Zugängen bleibt immer in Betrieb. Umleitungen über die Quartierstrassen sind nicht vorgesehen. Für bestimmte Arbeiten wird die Autobahn nachts gesperrt. Hierfür wurden im Zusammenarbeit mit der Dienst­abteilung Verkehr der Polizei grossräumige Umleitungskonzepte entwickelt. Zudem orientiert das Astra die Auto­fahrer mit einer begleitenden Informationskam­pagne frühzeitig über Alternativen.


Anmerkungen:
[01] Vor der Neugestaltung des Finanzausgleichs und der Aufgabenteilung zwischen Bund und Kantonen (NFA) waren für die Nationalstrassen noch die Kantone verantwortlich. [02] Das Gebiet entlang der Autobahn ist punkto Lärm­empfindichkeit vor allem in die Empfindlichkeits­stufen ES II und vereinzelt ES III klassiert. In diesen gelten tagsüber ein Immissionsgrenzwert (IGW) von 60 bzw. 65 dB(A) und ein Alarmwert (AW) von 70 dB(A).

TEC21, Fr., 2015.06.05

05. Juni 2015 Daniela Dietsche

Transformation der Gartenstadt

Die Einhausung bringt eine neue Dimension nach Zürich Schwamendingen. Das Amt für Städtebau hat verbindliche Spielregeln definiert, damit entlang des Ueberlandparks ein belebtes Wohnquartier entsteht. Eine Verantwortliche erzählt von ihrer Arbeit.

Seit mehr als 30 Jahren belastet der Autobahnabschnitt der A1 die angrenzenden Wohngebiete von Schwamendingen-Mitte und Saatlen mit Lärm und Feinstaub (vgl. «Ein Tagbautunnel gegen den Lärm», S. 22). Um diesen Emissionen baulich entgegenzuwirken, haben Bund, Kanton und Stadt entschieden, diesen Abschnitt der Autobahn zu überdecken. Das Amt für Städtebau (AfS) hat sich zum Ziel gesetzt, das Infrastrukturbauwerk in eine gesamtheitliche Planung einzubinden, den Bau von zusätzlichen Wohnungen auf den angrenzenden Parzellen zu ermöglichen und qualitativ hochwertige Aussenräume zu schaffen, ohne dabei die charakteristische Bebauungsstruktur des Quartiers zu verlieren.

Leitbild für Park und Quartier

Um diesen vielfältigen Anforderungen gerecht zu werden, erarbeitete das AfS zusammen mit den Partnerämtern der Stadt Zürich und in Abstimmung mit den Grundeigentümern und der Quartierbevölkerung ein städtebauliches Leitbild, das die Grundlage für das Planungsinstrument, den öffentlichen Gestaltungsplan, bildet.[1] Die im Leitbild formulierte räumliche Vision berücksichtigt den städtebaulichen und den architektonischen Massstab. Sie gibt vor, wie sich der neue Stadtpark ins Quartier einbindet, beschreibt eine angemessene bauliche Verdichtung mit einem vielfältigen Wohnangebot und fordert eine hohe Qualität der Freiräume. Dieses Ziel hat das AfS vor dem Hintergrund formuliert, dass die Akzeptanz einer baulichen Verdichtung unter anderem dann gegeben ist, wenn im Gegenzug qualitativ hochwertige öffentliche Räume für die Bevölkerung entstehen.[2]

Für den Entwurf des städtebaulichen Leitbilds haben sich die Planenden intensiv mit den bestehenden Qualitäten und Defiziten der historischen und aktuellen Bebauungsstruktur auseinandergesetzt: Bis heute ist Schwamendingen geprägt durch meist drei- bis viergeschossige Zeilenbauten, die auf die Planung von Stadtbaumeister Albert Heinrich Steiner im Jahr 1948 zurückgehen. Inspiriert durch das Modell der «Gartenstadt» von Ebenezer Howard[3] und die Planungskonzepte der frühen Nachkriegsmoderne entwarf Steiner für Schwamendingen eine offene Bebauungsstruktur mit fliessenden Grünräumen.[4] Dass besonders die Aussenräume solcher Planungen Defizite aufweisen, beschrieb die Städtebaukritikerin Jane Jacobs bereits in den 1960er-Jahren.[5] Zeitgenössische Experten wie Jan Gehl schliessen sich der Kritik an den räumlichen und funktionalen Paradigmen dieser Zeit an. Besonders problematisch sind Gehl zufolge die weitläufigen Aussenräume und die grosse Entfernung zwischen den Gebäuden. Aufgrund dieser Distanzen können unpersönliche Zwischenräume entstehen.[6] Diese Typologie von ausgedehnten, oft unbelebten öffentlichen Flächen ist in Schwamendingen an den Hauptachsen und in den dahinter liegenden Siedlungen zu beobachten.

Da das Quartier auch künftig ein Wohnquartier bleiben soll, war es wichtig, Ideen zur Belebung des Stadtparks und zur Gliederung der Freiräume zu entwickeln. Daher zielt das städtebauliche Leitbild auf die räumliche und programmatische Verknüpfung von Park und Gebäuden. Um vielfältige Weg- und Sichtbezüge zum Park zu ermöglichen, schreibt das Leitbild eine Querstellung der Bauten vor. Diese soll eine quasi «private» Vereinnahmung des Ueberlandparks – etwa durch Bauten parallel zur Einhausung – verhindern. Zudem wird eine Kontinuität der für Schwamendingen typischen Zeilenbauweise gewahrt (vgl. Abb. rechts).

Brücken bauen

Gestalterische Aussagen auf städtebaulichem Massstab reichen jedoch nicht aus, um die angestrebte bauliche Verknüpfung und die Ziele für eine qualitätsvolle Verdichtung aufzuzeigen. Daher hat das AfS in Zusammenarbeit mit dem Architekturbüro Jakob Steib Architekten drei Prototypen für eine mögliche Bebauung entlang des Ueberlandparks entworfen. Diese liefern Ideen für eine bauliche Vielfalt, geben Anregungen für eine Neuinterpretation der Zeilenbauweise, machen Vorschläge zur Gliederung der Freiräume und beschreiben die räumliche Verbindung zwischen Park und Gebäuden.

Aufgrund der Höhe der Einhausung ist eine Aussicht der angrenzenden Wohnungen auf den Park erst ab dem dritten Obergeschoss möglich. Die Masse für die zukünftige Bebauung orientieren sich an den Vorgaben für Arealüberbauungen, wie sie in der geltenden Bau- und Zonenordnung geregelt sind. Entlang des Ueberlandparks soll dies jedoch auch auf Arealen möglich sein, die kleiner sind als 6000 m². Denkbar sind sowohl gestapelte Maisonette- als auch Geschosswohnungen oder eine Kombination verschiedener Wohnungstypen.

Auch die Aussenräume der Wohnungsbauten sollen qualitativ hochwertig sein. Daher haben die Architekten bei der Ausarbeitung der Prototypen die Gliederung der Freiräume mitgedacht. Typisch für die ursprüngliche Planung Steiners sind nicht klar zugeordnete, fliessende Grünräume. Bei der angestrebten baulichen Verdichtung hingegen sollen die Freiräume präzise hierarchisiert werden.

Unmittelbar vor der Fassade werden private Vorzonen definiert, von denen die Wohnungen im Erdgeschoss profitieren. Zusätzlich zu diesen Vorzonen sollen vielfältig nutzbare Aussenräume entstehen.

Um die Verbindung der beiden städtischen Ebenen Gartenstadt und Ueberlandpark zu ermöglichen, sehen alle drei Prototypen eine bauliche Anbindung an den Park vor: Über Brücken werden gemeinschaftlich genutzte Bereiche des Hauses mit dem Park verbunden. Durch die räumliche Verknüpfung erhält das Haus eine zusätzliche Adresse am Ueberlandpark. Zugleich soll so erreicht werden, dass die Bewohnerinnen und Bewohner den Park mit verschiedenen Aktivitäten beleben, was die Qualität dieses Freiraums erhöht (vgl. Abbildung unten).

Zusammenarbeit trotz Individualinteressen

Um die räumlichen Qualitäten umzusetzen, die im städtebaulichen Leitbild und in den Prototypen beschrieben sind, hat das AfS zusätzlich einen öffentlichen Gestaltungsplan erarbeitet. Die darin festgeschriebenen Regelungen bieten den Grundeigentümern verschiedene Anreize, nach den Vorgaben des Leitbilds zu bauen: Realisieren Bauherrschaften beispielsweise eine Verbindung zwischen Park und Gebäuden, werden sie mit dem «Brügglibonus» belohnt, der eine Mehrausnützung von zehn Prozentpunkten erlaubt. Den Grundeigentümern wird ausserdem die Möglichkeit eingeräumt, sich zusammenzuschliessen und innerhalb der von der Stadt festgelegten Baufelder nach der sogenannten «Antrittsregelung» zu bauen. In diesem Fall orientieren sich die baulichen Masse an den Vorschriften für die Arealüberbauung. Im Gegenzug wird eine «besonders gute» Gestaltung der Gebäude und Freiräume verlangt. Um diese Qualität sicherzustellen, schreibt das AfS gemäss seiner Praxis Wettbewerbsverfahren vor oder fordert die Beurteilung der Bauvorhaben durch das Baukollegium ein.

Aufgrund der heterogenen Eigentumsverhältnisse musste die Stadt auch für eine parzellenweise Bebauung Vorschriften definieren. Die Masse für Einzelbauten sind in der sogenannten «Grundordnung» festgeschrieben. Um die Umsetzung der städtebaulichen Grundprinzipien gemäss dem Leitbild sicherzustellen, gilt die Querstellung der Bauten für die «Antrittsregelung» und die «Grundordnung».

Damit eine qualitätsvolle bauliche Verdichtung entlang des Ueberlandparks gelingt, kommt es auf die Zusammenarbeit aller Beteiligten an. Bund, Stadt und Kanton führten regelmässig Gespräche mit den Grundeigentümern. Vor allem diesen Verhandlungen ist es zu verdanken, dass die vorgesehenen Teilgebiete im Gestaltungsplan eigentümerverbindlich festgeschrieben werden konnten. Die verschiedenen Interessen wurden abgewogen und aufeinander abgestimmt, sodass es im Rahmen der öffentlichen Auflage lediglich sechs Stellungnahmen gab. Die Planenden haben jedoch nicht nur die Grundeigentümer in den Prozess einbezogen. Auch der Austausch mit dem Quartier war wichtig. Um die Bevölkerung umfassend über die Entwicklung zu informieren, organisierte das AfS eine Informationsveranstaltung und eine Ausstellung vor Ort. In wöchentlichen Sprechstunden beantworteten Fachleute aus der Verwaltung zudem die Fragen der Anwohner und erläuterten das Planungsvorhaben anhand von Modellen, Bildern und Zeichnungen. Die Bewohnerinnen und Bewohner des Quartiers bekräftigten in den Gesprächen den Wunsch, dass auf dem Dach der Einhausung ein belebter Park entstehen soll, der vom Quartier aus gut zugänglich ist. Diese Forderungen sind in das städtebauliche Leitbild und den Gestaltungsplan eingeflossen: Die gestalterischen Prinzipien ermöglichen eine hohe Durchlässigkeit, und eine Vielzahl an Wegeverbindungen sind festgeschrieben.

Planerisches Neuland betreten

Das städtebauliche Leitbild und der öffentliche Gestaltungsplan sind zum einen das Ergebnis von Verhandlungen mit den Grundeigentümern und der Quartierbevölkerung. Zum anderen hat sich das integrative Vorgehen auf mehreren planerischen Ebenen ausgezahlt: Die gestalterischen Vorgaben beziehen sich auf den städtebaulichen Massstab und auf dessen architektonische Übersetzung; die räumlichen Visionen sind im Leitbild nicht nur empfehlend beschrieben, sondern im Gestaltungsplan auch eigentümerverbindlich als Bauordnung festgeschrieben; die Sicherung spezifischer gestalterischer Themen wird durch planerische Anreize gefördert; und das Planungsinstrument regelt sowohl die Bebauung einzelner Parzellen als auch die Zusammenarbeit der Grundeigentümer in den vorgegebenen Teilgebieten.

Mit diesem integrativen Planungsprozess ermöglicht das AfS eine qualitätsvolle Verdichtung mit hochwertigen öffentlichen Räumen. Durch die Vermittlung zwischen den Partikularinteressen Einzelner, den Bedürfnissen der Quartierbevölkerung und der Gesamtstrategie der Verwaltung ist somit die Ausgangslage dafür geschaffen worden, dass entlang des Ueberlandparks zukünftig ein lebendiges, durchmischtes Stadtquartier entstehen kann.


Anmerkungen:
[01] Hochbaudepartement der Stadt Zürich: Städtebauliches Leitbild und öffentlicher Gestaltungsplan zum Ueberlandpark Schwamendingen, Zürich, Stand Öffentliche Auflage, 2013. (Der Gestaltungsplan Ueberlandpark Schwamendingen ist noch nicht rechtskräftig.)
[02] Vgl. Johannes Fiedler: Herausforderung Erdgeschoss, Wüstenrot-Stiftung (Hg.), Berlin 2014, S. 256.
[03] Vgl. Ebenezer Howard, Garden Cities of Tomorrow, London 1902 (2nd edition).
[04] Vgl. Daniel Kurz, Baukultur in Zürich, Affoltern, Oerlikon, Schwamendingen, Seebach, Hochbaudepartement der Stadt Zürich (Hg.), Zürich 2002, S. 81 ff.
[05] Vgl. Jane Jacobs, The Death and Life of Great American Cities, New York 1992 (Erstauflage 1961).
[06] Vgl. Jan Gehl, Leben zwischen Häusern, Berlin 2014, S. 31.

TEC21, Fr., 2015.06.05

05. Juni 2015 Julia Sulzer

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