Editorial
Mit den digitalen Medien hat sich auch die Arbeitswelt im Büro maßgeblich verändert. Dieser Wandel und seine Konsequenzen wurden in Fachkreisen ausführlich diskutiert - von den Raumkonzepten bis zu unterschiedlichen Lichtlösungen und von akustischen Interventionen bis zur Ergonomie von Schreibtischstühlen und der Idee des dynamischen Sitzens. Was die Konkurrenz unterschiedlicher Bürotypen anbetrifft, so hat sich der Open Space in der Zwischenzeit klar durchgesetzt, auch in Europa.
Vorbei sind die Zeiten, in denen jeder Einzelne in einer winzigen, anonymen Kabine am Schreibtisch saß. Jacques Tati vermittelt in seinem Film `Playtime´ von 1967 einen treffenden Eindruck davon, wie seelenlos die Bürowelt zu Zeiten der Cubicles war. Doch der Open Space an sich ist noch kein Heilmittel, er muss mehr bieten als nur einen Großraum. Seine Flächen müssen abwechslungsreich strukturiert sein, ihre Gestaltung muss sich auf die Bedürfnisse der Mitarbeiter einlassen und verschiedene Zonen für unterschiedliche Nutzungen anbieten. Neben Meetingbereichen zählen dazu auch weitere, differenzierte Kommunikationszonen und Rückzugs- sowie Konzentrationsmöglichkeiten.
Wir zeigen Ihnen in der Mai/Juni-Ausgabe der deutschen Domus markante Büros mit gestalterischem und architektonischem Anspruch. Die Arbeitsplätze für das junge Start-Up-Unternehmen Onefootball in Berlin zum Beispiel sind von Kopf bis Fuß aufs Kicken eingestellt. Die Architekten von Tkez architecture & design entwickelten ein Interiorkonzept, in dem der Geschäftsbereich der Firma zum Leitmotiv für ein Design wird, das die Mitarbeiter gezielt zum Teamplay motivieren soll. Statt zu einer rein funktionalen und rationalen Arbeitswelt bekennt sich die Bürogestaltung zu Emotionen und spielt diese sogar gezielt aus. Büros spiegeln den Charakter und die Haltung eines Unternehmens. Dieser Zusammenhang ist nicht nur für die Innenraumgestaltung, sondern auch für die Architektur an sich entscheidend. Als gebaute Corporate Identity repräsentiert sie das Selbstverständnis einer Firma und prägt ihren Auftritt in der Öffentlichkeit. Die Stuttgarter Architekten Elke Reichel und Peter Schlaier entwickelten für das schwäbische Familienunternehmen Kärcher ein offenes und einladendes Areal, das die bestehenden Bürogebäude ergänzt. Amber Sayah war für die deutsche Domus vor Ort in Winnenden und beschreibt die Eckpunkte des umfassenden architektonischen Konzepts. Auch der Neubau für die Konzernzentrale des medizintechnischen Unternehmens Synthese hat repräsentativen Anspruch: Der Schweizer Architekt Peter Märkli konzipierte das Bürogebäude als einen selbstbewussten Baukörper am Ufer der Aare bei Solothurn. Hubertus Adam erläutert in seinem Kommentar, worin der Charme des Gebäudes liegt und warum es zu den herausragendsten Beispielen aktueller Schweizer Architektur zählt. Außerdem zeigen wir Ihnen ein neues Bürogebäude des italienischen Architekten Michele De Lucchi in Pforzheim und die raffinierte Intervention von José Ignacio Linazasoro in Troyes in der Champagne.
Der spanische Architekt hat die Verwaltungsräume des Departements geschickt in die Altstadt implementiert und den historischen Stadtkern auf sensible Art mit zeitgenössischen Gebäuden ergänzt.
Auch hier wird Architektur zu einem Statement, das diesmal eine politische Komponente hat und sich mit einer klaren Botschaft an die Bürger wendet. Auf den Designseiten unserer aktuellen Ausgabe stellen wir ein Gestaltertrio vor, das so vielseitig arbeitet wie kaum ein anderes Studio und dieses Jahr ein rundes Jubiläum feiert. Gernot Bohmann, Harald Gründl und Martin Bergmann haben sich während ihres Studiums kennengelernt, seit 20 Jahren firmieren sie unter dem Namen Eoos. Norbert Philipp war für die deutsche Domus im Studio der Designer in der Zelinkagasse in Wien und ergründet ihre Arbeitsweise am Beispiel aktueller Entwürfe. Erst am Anfang ihrer Karriere und doch bereits auf einem guten Weg sind die beiden Designer Florian Kallus und Sebastian Schneider. Das junge Kölner Duo nennt sich Kaschkasch und kann bereits auf einige verblüffende Entwürfe verweisen, die Sandra Gottwald in ihrem Feature vorstellt.