Editorial

Die Brücke gehört zur Ingenieurbaukunst schlechthin. Doch gerade bei dieser Disziplin entsteht durch das Zusammenwirken von Statik und architektonischem Ausdruck überhaupt erst das Kunstwerk. Die Kunst ist es, das Überqueren zu einem Erlebnis zu machen, überraschende Momente zu schaffen für den Betrachter und den Benutzer, dem Bauwerk eine Persönlichkeit zu geben und diese auch in ihrer Umgebung zur Wirkung zu bringen.

Vorliegendes Steeldoc beschreibt die kunstvolle Überbrückung. Gezeigt werden Beispiele, die mehr sind als die funktionale Überwindung eines Hindernisses. Ein Bauwerk, welches diese Kunst virtuos inszeniert, ist die Hans-Wilsdorf-Brücke in Genf. Sie ist dem Gründer der Uhrenfabrikation Rolex gewidmet und verleiht diesem Geniestreich der Technik, der Präzision und Eleganz vollen Ausdruck.

Sie ist zudem die einzige Strassenbrücke dieser Auswahl und deshalb auch in einer beeindruckenden Dimension realisiert.

Natürlich kommt der Stahl als Konstruktionsmaterial regelrecht zur Blüte – und gerade dieses subtile Spiel organischer Netzstrukturen mit kalkulierter und präziser Fertigung macht dieses Werk so einzigartig.

Eine kunstvolle Überbrückung bietet auch ein Schulweg in Chur. Es ist eine Kombination aus Treppe, Passage und Brücke, welche den steilen Weg zwischen zwei Teilen eines Schulhauses zu einem Pilgerpfad mit träumerischen Ausblicken macht. Weiter geht es mit einer Brückenskulptur in Form einer Spannbandbrücke, umschlungen von einer unregelmässig schwingenden, überdimensionalen Spirale.

Sie dient der Erschliessung und Erfahrung einer Grünanlage im deutschen Essen. Organische Bezüge zum Blätterwald schafft auch ein kleiner Steg in Taufkirchen, dessen Seitenwangen aus Stahlblech gleichzeitig das Fachwerk der Brücke bilden. Als schmales, lineares Band schwingt sich der Aaresteg Mülimatt über drei Zwischenauflager hinweg über die Aare, um am anderen Ufer seine Fortsetzung zu finden. Und schliesslich schlängelt sich die Heusterzbrücke mehr wie ein umrahmter Weg über das flache Gewässer eines malerischen Naturschutzgebietes.

Für die Beispiele in Deutschland haben wir uns am Preis des deutschen Stahlbaus 2012 inspiriert, die Beispiele in der Schweiz sind Anwärter für den Schweizer Stahlbaupreis Prix Acier 2014.

Kunstvoll überbrücken wir das Glücksjahr 2013 mit dieser Ausgabe von Steeldoc, welche in Kooperation mit dem Studio circa drei in München entstanden ist. Wir wünschen viel Inspiration und Kontemplation beim Studium der nachfolgenden Seiten von Steeldoc.
Evelyn C.Frisch

Inhalt

Editorial

Hans-Wilsdorf-Brücke, Genf (CH)
Luftiges Stahlgeflecht

Fussgängerverbindung, Chur (CH)
Schulweg mit Ausblick

Brückenskulptur, Oberhausen (D)
«Slinky springs to fame»

Fussgängersteg, Taufkirchen/Vils (D)
Organische Gitterträger

Aaresteg Mülimatt, Brugg/Windisch (CH)
Spannender Verbund

Heusterzbrücke, Naturschutzgebiet Waldnaabaue (D)
Gerahmte Landschaft

Impressum

Luftiges Stahlgeflecht

(SUBTITLE) Hans-Wilsdorf-Brücke, Genf CH

Eine Folge verschlungener Ellipsen aus Stahl und linearer Elemente bilden das Tragwerk der Hans-Wilsdorf-Brücke. Mit ihrer ausgeprägten und eleganten Form stellt sie weit mehr als ein funktionales Verkehrsbauwerk dar: die Überquerung der Arve wird zu einem besonderen Erlebnis.

Die neue Brücke über die Arve verbindet das Stadtzentrum mit dem Stadtteil Praille/Acacias/Vernets, einem der wichtigsten Entwicklungsgebiete von Genf. Mit ihrer markanten Form stellt sie ein verbindendes und identitätsstiftendes Element zwischen den beiden sehr unterschiedlichen Quartieren her.

Die Geschichte der Überquerung des Flusses an dieser Stelle reicht bis in das 19. Jahrhundert zurück, als diese erst als Holzbrücke für die Landesausstellung von 1896 realisiert wurde. Diese Brücke wich zwanzig Jahre später, und erst Anfang der 50er-Jahre baute die Armee ein Provisorium. Bedrohliche Hochwasser führten immer wieder zu Sperrungen und Wiedereröffnungen. Erst vor ein paar Jahren bot sich durch die neuere Stadtentwicklung die Gelegenheit, die historische Achse wieder aufzunehmen und eine solide Stahlbrücke zu errichten, die dem grossen Uhrmacher und Gründer der Firma Rolex, Hans Wilsdorf, gewidmet ist.

Elliptische Hülle

Die 85,40 Meter lange Brücke ist eine Neuinterpretation der traditionellen Balkenbrücke und überspannt die Arve in einem kaum wahrnehmbaren, leichten Bogen ohne Zwischenabstützungen. Ihre architektonische und strukturelle Form ist das Resultat einer ausgefeilten Suche nach kunstvoller Zufälligkeit und wirtschaftlicher Ausführbarkeit des Stahlbaus.

Durch die röhrenförmige Tragstruktur mit einer Höhe von 8,50 Metern verläuft die Fahrbahn aus vorgespanntem Beton. Die elliptische Rohrform wird gebildet aus ineinander verschlungenen, elliptisch verlaufenden Hohlkastenprofilen. Die gesamte Tragstruktur setzt sich aus unterschiedlichen Elementen zusammen: drei längsverlaufenden unteren Kastenprofilen, zwei Eingangsportalen, zwei oberen Längsträgern, zwei Hauptbögen, den ellipsenförmigen Ringen sowie drei linearen Umhüllungsbögen, welche diagonal über die ganze Struktur verlaufen. Die Variation von zwei Typen unterschiedlich geneigter elliptischer Ringe bricht die Symmetrie des Bauwerks und verleiht der Gesamtkomposition mehr Dynamik.

Insgesamt wurden über 250 verschiedene parametrische Querschnitte berechnet und ausgeführt.

Modellhafte Bemessung

Der aussergewöhnliche Entwurf der Brücke erforderte komplexe statische Berechnungen. Den Ausgangspunkt bildete ein erstes Rechenmodell auf der Basis von Balken aus Rohrprofilen gleichbleibenden Querschnitts, welche einem Hohlkastenprofil von 400 mal 400 Millimetern entsprechen. Dieses Modell zeigte auf, dass zusätzlich zu den elliptischen Elementen, zwei längsverlaufende Bögen aus Vollstahl mit einem Durchmesser von 300 Millimetern notwendig sind, um übermässige Verformungen zu begrenzen. Die Berechnung der dynamischen Belastung der Tragstruktur erlaubte den Nachweis der Erdbebensicherheit und der Eigenfrequenz des Bauwerkes.

Das zweite Modell nahm für die elliptischen Ringe parametrische Querschnitte an, für die Ringe an den beiden Extremitäten der Struktur hingegen Schalen. Die zulässigen Verformungen und Spannungen in den tatsächlichen Querschnitten wurden durch eine nicht-lineare geometrische Berechnung überprüft. Dadurch erwiesen sich vier weitere, elliptische Ringe, zwei in der Mitte und zwei an den Enden, als notwendig. Zusätzlich wurden die Fusspunkte der Eingangsportale durch Aussteifungen ergänzt, um die Ableitung der auftretenden Kräfte in die Widerlager sicherzustellen. Mit Hilfe dieser Berechnungen und in enger Zusammenarbeit zwischen Planung und Ausführung konnte die Form, die Stahlgüte sowie die Dicke der Bleche, die von 20 bis 100 Millimeter variiert, optimiert werden.

Die Brückenkonstruktion liegt beidseits des Flusses auf einem Widerlager aus Stahlbeton auf. Je zwölf, 35 bis 40 Meter tiefe Pfahlgründungen leiten die auftretenden Kräfte in den tragfähigen Untergrund ab. Auf jedem Widerlager nehmen zwei seitliche Auflager die Vertikallasten auf, ein mittleres Auflager die Horizontal- und Querkräfte, die bei einem aussergewöhnlichem Hochwasser auftreten könnten.

Provisorische Arbeitsplattform

Bereits während der Bauzeit dienten die Widerlager gemeinsam mit fünf provisorischen Pfeilern im Fluss der Abstützung einer Arbeitsplattform, von der aus der Zusammenbau und das Verschweissen der unteren Teile des Stahlkonstruktion erfolgte. Auf die drei längsverlaufenden Kastenträger, quer verbunden durch die unteren Segmente der Ringe, wurde anschliessend die Fahrbahnplatte betoniert.

Die Stahlbetonplatte mit einer Dicke etwa 40 Zentimetern ist in Längs- und Querrichtung vorgespannt, was ihr eine hervorragende Stabilität verleiht. Über Kopfbolzendübel, welche vorzu in Aussparungen im Ortbeton eingelassen sind, ist sie fest mit der Stahl - konstruktion verbunden.

Nach dem Einbau der unteren Brückenteile begann der schwierigste Abschnitt der Baustelle: Ähnlich einem riesigen dreidimensionalen Puzzle wurden die in der Werkstatt vorgefertigten Elemente des oberen Stahltragwerkes zusammengesetzt. Spezielle Hebewerkzeuge waren nötig, um die bis zu 80 Tonnen schweren Teile im exakten Winkel zu platzieren. Zunächst mit provisorischen Verbindungen zusammengeheftet, konnten die Profile nach Überprüfung der genauen Ausrichtung zusammengeschweisst werden und die Konstruktion ihre Funktion als tragende Struktur aufnehmen.

Während der gesamten Montagezeit lag die Brücke auf der Arbeitsplattform auf. Erst zuletzt wurde das 3 000 Tonnen schwere Bauwerk ein wenig angehoben und nach dem Rückbau der Plattform ungefähr 30 Zentimeter tiefer auf den endgültigen Auflagern in Position gebracht.

Ausgezeichneter Stahlbau

Dank ihrer Breite von 15,50 Metern kann die Brücke zwei Fahrbahnen sowie je zwei Rad- und Gehwege aufnehmen. Die grosszügigen Abmessungen räumen dem Langsamverkehr eine privilegierte Stellung ein und binden so das Projekt in den Massstab des Quartiers ein. Nachts verwandelt sich das Brückenbauwerk zum Kunstobjekt: das warme rote Licht im Inneren und das bläulich weisse im Aussenbereich bilden die Zweifarbigkeit der alpinen Landschaft in der Morgen- und Abenddämmerung ab. Die Hans-Wilsdorf-Brücke widerspiegelt die kunstvolle Synthese zwischen architektonischer Skulptur und Ingenieurbauwerk und wurde für den Europäischen Stahlbaupreis 2013 nominiert, welcher im Oktober 2013 verliehen wird.

Steeldoc, Mo., 2013.06.03

03. Juni 2013 Evelyn C. Frisch, Martina Heizel

Schulweg mit Ausblick

(SUBTITLE) Fussgängerverbindung, Chur CH

Die neue Fussgängerverbindung in Chur überbrückt nicht nur den Höhenunterschied zwischen Plessur und Halde, sondern inszeniert ihn als ereignisreichen Weg mit einer dichten Abfolge von Ausblicken auf die Kathedrale, die Altstadt, die Berge und das Plessur- und Rheintal.

Nach der Zusammenführung zweier ehemals autonomen Schulstandorte mussten Schüler und Lehrer manchmal mehrmals täglich den Weg zwischen der Kantonsschule Halde hoch oben neben der Churer Kathedrale und dem Schulhaus im 35 Meter tiefer gelegenen Plessur-Aue zurücklegen. Die einzige Verbindung stellte die steile, kurvige Verkehrsstrasse nach Arosa dar. Die neue Fussgängerverbindung führt zwar unter der Strasse hindurch, passt sich aber so weit wie möglich oberirdisch an den Hang geschmiegt der Topographie an und vermittelt so das Gefühl «in der Landschaft zu sein».

Damit die Verbindung auch für gehbehinderte Personen zugänglich ist, umfasst sie neben der Treppe einen seilgezogenen Schräglift. Dieser verbindet, weitgehend in den Hang eingelassen, auf direkter Linie das untere und obere Niveau. Da diese Achse für die Fussgänger viel zu steil wäre, verläuft die Wegstrecke nur teilweise parallel. Die Treppenstruktur setzt früher ein, begleitet die Lifttrasse ein Stück, biegt dann rechtwinklig ab, kehrt um 180 Grad und folgt ihr schliesslich, um oben gemeinsam mit dem Lift anzukommen.

Die rostrote Überdachung schützt die Benutzer vor Sonne und Regen und verwandelt den Infrastrukturbau kunstvoll in einen Hybrid aus Haus und Weg, ähnlich den in Oberitalien gebräuchlichen Arkadengängen, die den Berg hoch zu den Wallfahrtskirchen führen.

Spannender Materialkontrast

Der grösste Teil des Bauwerks berührt den Fels, ist aus dem Fels gehauen oder dem Felsen «angegossen». Hier kam roher Beton zur Anwendung. Die Dächer über diesem massiven Sockel sind aus wetterfestem Stahl gefertigt. Die dünne Stahlkonstruktion erlaubt die zeitgemässe Übersetzung des Bildes der Bogengänge und passt sich mit Leichtigkeit den topografischen Vorgaben und der urtümlichen Landschaft an. Die Sequenz der sechseckigen Öffnungen erinnert einerseits an Arkaden, andererseits an die Öffnungen von Wabenträgern, wie sie im Stahlbau zur Vergrösserung der statischen Höhe angewandt werden.

Leichte Hülle

Die dünnen Seitenwände aus nur 12 Millimeter starkem Stahl verleihen der Konstruktion eine beinahe papierhafte Anmutung. Unterstützt wird dieser leichte Eindruck durch die nicht sichtbare Befestigung der Stahlhülle an den massiven Teilen. 23 mit den Betonbauarbeiten eingebaute Stahlkonsolen und 50 Distanzstücke halten die Bleche auf Abstand. Das Dach ist, von unten nicht erkennbar, als astenkonstruktion ausgeführt und sorgt für die nötige Steifigkeit.

Dank der grossen Öffnungen in den bis zu 6,5 Meter hohen Wandblechen können die Schüler während des Auf- und Abstiegs unterschiedliche Ausblicke geniessen. Durch die riesige Toröffnung in der Stützmauer führt die Treppe ins Innere, um auf der anderen Seite der Strasse wieder an die Oberfläche zu stossen. Die seitlichen Wandelemente setzen sich aus je vier Stahlblechen zusammen und bilden so den Rahmen für die wabenförmige, sechseckige Öffnung. Die aneinander gereihten Elemente sind mit vertikalen Rippen als äussere Stützen verstärkt. Damit erhält die flache Konstruktion auch eine räumliche Dimension.

Sämtliche Blechstösse wurden von Hand voll verschweisst. Um eine flache, geradlinige Konstruktion zu erhalten, musste der Wärmeverzug wieder genau gerichtet werden. Das saubere Abschleifen aller Schweissnähte war Voraussetzung für eine einwandfreie Oberflächenbeschichtung im Inneren.
Für den luft- und wasserdichten, bis zu 5,1 Meter breiten Dachkasten wurden 8 und 10 Millimeter starke Bleche verwendet. Zwischen den beiden Dachblechen eingeschweisste Stahlrippen versteifen die Konstruktion. Die Entwässerung erfolgt über eine auf den Dachelementen integrierte Rinne mit seitlichem Ablauf. Diese wurde, aufgrund möglicher Wasseransammlungen, mit einem speziellen Oberflächenschutz behandelt.

Aussen rostig, innen hell

Um die Innenseiten der Stahlbleche hell und «sauber» zu gestalten, wurden sie bereits im Werk sandgestrahlt und mit einer zweifachen weissen Farbbeschichtung versehen. Ein abschliessender Deckanstrich in glänzend weisser Farbe, der nach Beendigung der Bauarbeiten über der gesamten Stahlfläche im Innern aufgebracht wurde, reflektiert das einfallende Tageslicht und verleiht der stählernen Hülle Leichtigkeit. Den Kontrast dazu bilden die matten, in Orange- und Brauntönen changierenden Aussenseiten, die dem zwischen Rebbergen und Steinmauern eingebetteten Bauwerk zu Schwere und Farbigkeit verhelfen.

Steeldoc, Mo., 2013.06.03

03. Juni 2013 Evelyn C. Frisch, Martina Heizel

Spannender Verbund

(SUBTITLE) Aaresteg Mülimatt, Brugg/Windisch CH

Als schmales, lineares Band löst sich der Steg vom Terrain ab und schwingt über drei Zwischenauflager hinweg über die Aare, um am anderen Ufer seine Fortsetzung zu finden. Dabei fügt sich die einfache und schlanke Konstruktion wie selbstverständlich in den sensiblen Flussraum ein.

Die mit 183 Metern derzeit längste Spannbandbrücke der Schweiz verbindet das neue Sportausbildungszentrum Mülimatt mit den bestehenden Sportanlagen auf der gegenüberliegenden Seite des Flusses. Beide Neubauten sind Teil des Campus Brugg-Windisch der Fachhochschule Nordwestschweiz. Der Aaresteg stellt zudem eine attraktive lokale und regionale Langsamverkehrsachse dar, die Brugg und Windisch mit den Naherholungsgebieten verbindet und die Kantonsstrassen vom Fahrradverkehr entlastet.

Vierfeldrige Spannbandkonstruktion

Der gewählte Standort der Brücke ermöglichte nichtnur die Anbindung an das vorhandene Wegenetz, sondern auch eine Abstützung des Steges auf der Weberinsel, was für die Wahl des Tragsystems von grosser Bedeutung war. Mit den entstehenden Spannweiten von 35 – 78 – 35 – 35 Metern liess sich ein Spannbandsystem sowohl technisch als auch ästhetisch gut umsetzen. Entscheidend für die Realisierbarkeit dieses Systems war jedoch die Möglichkeit, die grossen Zugkräfte an den Brückenenden effizient in dem in etwa zehn Meter Tiefe vorgefundenen, tragfähigen Untergrund zu verankern.

Die geometrischen Rahmenbedingungen der Brücke wurde einerseits von der Topographie und der vorgegebenen Hochwasserkote bestimmt, andererseits musste die maximal zulässige Steigung von sechs Prozent für Rollstuhlfahrer eingehalten werden. Der hieraus resultierende mittlere Durchhang für die Hauptspannweite von 78 Metern betrug rund 1,10 Meter. Mit der Last und dem Durchhang war die Zugkraft im Spannband und damit auch der erforderliche Verankerungswiderstand an den Enden gegeben.

Ausgehend von den drei Zwischenauflagern, die als grosszügig gekrümmte stählerne Sattelrahmen ausgebildet sind, wurde die Stahl-Beton-Verbundlösung für die Gehwegplatte entwickelt. Die vier durchgehenden Stahlbänder liegen auf den vierteiligen Rahmensystemen der Auflagersattel auf. Gleitlager ermöglichen die Bewegung in Längsrichtung, wodurch sich die Horizontalkräfte auf die Rahmen stark reduzieren. In Querrichtung halten Führungsnocken die Bänder.

Zusammenspiel von Stahl und Beton

Die im Verbund mit den Spannbändern ausgeführte und an den Rändern nur 17 Zentimeter dicke Betonplatte ist teilweise vorgespannt. Die Stahlbänder wurden für den Betonierzustand bemessen. Im Endzustand wirken sie zusammen mit der schlaffen Bewehrung und den Vorspannkabeln in der Gehwegplatte im Verbundquerschnitt und dienen zur Aufnahme der zusätzlichen Zugkräfte, die durch Schwinden und Kriechen des Betons sowie in Folge von Temperaturschwankungen, Windeinwirkung und Nutzlasten entstehen.

Präzision in allen Bauphasen

Nach der Fertigstellung sämtlicher Fundationen in den Herbst- und Wintermonaten mit geringem Hochwasserrisiko erfolgte die Stahlbaumontage. Die Auflagersattel aus geschweissten Rechteckprofilen mitunterschiedlichen Wandstärken wurden komplett vorgefertigt und mit Hilfe eines fahrbaren Krans montiert. Anschliessend konnten die in 26 Meter langen Abschnitten angelieferten und vor Ort verschweissten Stahlbänder eingezogen, gespannt und an den Widerlagern befestigt werden.

Die Schalung wurde schwebend an den bereits eingespannten Flachstahlbänder montiert. Um das Tragwerk im Spannungsgleichgewicht zu halten, erfolgte das Betonieren der Gehwegplatte in nur einem Arbeitsgang. Von den Tiefpunkten aller vier Felder ausgehend, mussten innerhalb weniger Stunden 108 Kubikmeter Beton eingebracht und nachbehandelt werden.

Entwässert wird der Steg über ein zweiseitiges Quergefälle direkt in die Aare. Ein Belag aus Flüssigkunststoff, dessen Oberfläche durch Einstreuen von Duropsand rutschfrei ausgebildet ist, schützt die Tragkonstruktion vor eindringendem Wasser. Die helle Farbe der Versiegelung reflektiert das Licht der im Geländer eingebauten, nach unten gerichteten LED-Leuchten. Das energiesparende Beleuchtungskonzept minimiert die Lichtverschmutzung in die sensible, umliegende Flusslandschaft und begleitet die Menschen in der Nacht sicher und stimmungsvoll auf ihrem Weg über die Brücke.

Steeldoc, Mo., 2013.06.03

03. Juni 2013 Evelyn C. Frisch, Martina Heizel

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