Editorial

Warum, werden Sie sich fragen, publiziert das Architekturjournal wettbewerbe mit dem Erste Campus beim Hauptbahnhof Wien ein Verfahren, das vier Jahre alt ist? Nun, der Zeitpunkt ist nicht zufällig gewählt: Ende Juni fand der offizielle Spatenstich für das von henke und schreieck architekten geplante neue Hauptquartier der Erste Group statt. Gewonnen hatte das Architektenteam den Wettbewerb mit vorangegangenem internationalem Bewerbungsverfahren bereits 2008 mit den für sie so typischen geschwungenen Baukörpern, zwischen denen sie den Grünraum des angrenzenden Schweizergartens mit einem 7.500 m² großen Landschaftsgarten weiterziehen.

Publiziert hat die Bank den Wettbewerb aber bisher noch nie. Gründe wie die 2008 ausgebrochene weltweite Finanzkrise waren für die Verzögerung verantwortlich. Darüber hinaus konnten die Bauarbeiten mit dem Aushub erst im Jänner 2011 nach dem vollständigen Abriss des Südbahnhofs mitsamt den Gleisanlagen beginnen.

Aus dem Jahr 2012 stammen hingegen die Entscheidungen der anderen Wettbewerbe, die wir Ihnen in dieser Ausgabe präsentieren: den Bauträgerwettbewerb für den ersten Teil der Wohnbebauung im neuen Stadtteil Wien-Aspern auf einem 3,3 Hektar großen Bereich. Oder den Viola Park, ein Expertenverfahren zur Findung eines städtebaulichen Leitbilds rund um die Generali-Arena in Wien-Favoriten, das königlarch architekten gewonnen haben und das eine Riegel- und Stadtvillenstruktur mit Schaffung von differenzierten und vielfältigen Hofbereichen vorsieht. Beim geplanten Neubau des Wiener Wilhelminenspitals handelt es sich um ein zweistufiges Vergabeverfahren für Generalplanerleistungen. Alle 25 Bewerber wurden zur Teilnahme in der zweiten Stufe eingeladen, 23 österreichische Teams haben ihre Projekte eingereicht. Wie das Verfahren ausgegangen ist, erfahren Sie ab Seite 92.

Über 230 Einreichungen aus mehr als 20 Nationen kann hingegen der Zumtobel Group Award 2012 vorweisen. Der zum dritten Mal ausgelobte Bewerb sucht nachhaltige und menschliche Baulösungen für eine lebenswerte Zukunft. Ein Spital in Ruanda im Bereich Gebaute Umwelt und ein Konzept für Mitbestimmung im urbanen Raum sind die Preisträger. Mehr dazu ab Seite 109.

Mit dem Thema Licht befassen wir uns in der Rubrik Innovationen. Unsere Design- und Architekturexpertin Barbara Jahn zeigt, wie sich die LED-Technologie auf die Gestaltung von Beleuchtungskörpern auswirkt: Leuchten, die nicht immer auf den ersten Blick als solche erkennbar sind und bei denen der Lichteffekt mehr Rolle spielt als die Lampe, beispielsweise. Mehr zu diesem spannenden Thema lesen Sie ab Seite 122.

Viel Freude beim Lesen wünscht Ihnen
Roland Kanfer . Chefredakteur

Inhalt

Impressum, Editorial

Positionen

Forum Neues Bauen
GUGLE – ein smartes Stadtquartiermodell für den Gebäudebestand in Wien / Licht ist Leben / Kostengünstiges Wohnen / Spitäler für das 21. Jahrhundert

Berichte
best architects 13 Award / Wohnhaus am Mühlgrund, Wien 22 / Global Award for Sustainable Architecture 2012 / Architekt/in 2012 / DOMICO Baupreis „Metall in der Architektur“ / Expo Real 2012 / White Mountain. Zeitgenössische Architektur aus Chile. Ausstellung / Sowjetmoderne 1955 - 1991. Unbekannte Geschichten. Ausstellung / Loisium – Wine & Spa Resorts Südsteiermark, Ehrenhausen / Sto Verkaufscenter in Wien 23 / Landratsamt für den Landkreis Erlangen-Höchstädt, Deutschland. Wettbewerb / Bücher / ISR Architektur Award 2013. Ausschreibung / „Das beste Haus“ Architekturpreis 2013. Ausschreibung

Wettbewerbe
Viola Park, Wien 10
aspern Die Seestadt Wiens, 1. Tranche, Wien 22
Erste Campus – Die neue Zentrale der Erste Group, Wien 10
Wilhelminenspital, Neubau Teilprojekt 1, Wien 16
Zumtobel Group Award for Sustainability and Humanity in the Built Environment 2012

Innovationen
LED-Technologie: Ein paar Kilos leichter / Neuerungen durch das Energieausweis-Vorlagegesetz 2012 / Smart Working / Ein Korb voller Geborgenheit / best wood®: Holzfaser-Dämmplatten für Dach und Wand

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Forum Neues Bauen: GUGLE

(SUBTITLE) Ein smartes Stadtquartiermodell für den Gebäudebestand in Wien

Serie Umwelt und Planung
Europäische Klimaschutzziele

Um für die nächsten Generationen eine zukunftssichere Entwicklung zu garantieren, haben sich die Länder der EU einvernehmlich den Ausstieg aus der fossilen Energie als wichtigstes Ziel gesetzt. Nach dem renommierten US-Ökonom Jeremy Rifkin, ist die EU trotz Finanzkrisen der letzten Jahre aufgrund ihres Bildungsniveaus, ihrer wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit und ihres Wohlstandes die einzige globale Region, in der dieser Umstieg zuerst möglich ist.

In der EU wurden zur Erreichung dieser Zielsetzungen, beginnend im Jahr 2000 mit dem Europäischen Programm für den Klimaschutz (ECCP), auf politischer Ebene Beschlüsse gefasst. Dazu zählen die EU-Kernziele bis 2020 (Senkung der Treibhausgasemissionen gegenüber dem Niveau von 1990 um 20 %, Steigerung des Anteils erneuerbarer Energien auf 20 %, Steigerung der Energieeffizienz um 20 %) und die „Roadmap 2050“ („Dekarbonisierung“ der europäischen Wirtschaft durch die Senkung des Treibhausgasausstoßes um mind. 80 % gegenüber 1990). Die vier primären Beweggründe der EU-Nationen, sich geschlossen für diese Zielsetzungen zu engagieren sind[1] Sicherheit ohne Abhängigkeit von fossilen Energieimporten[2], Verhindern von Energiearmut durch Verknappung fossiler Energie[3], Senkung von CO2-Emissionen aus Klimaschutzgründen[4], die Vision, Europa als globale Leitwirtschaft auf dem Sektor der Umwelttechnologien und Erneuerbaren Energien zu etablieren.

Smart Cities

In einem Jahrzehnt werden rund zwei Drittel der Weltbevölkerung in Städten leben. Nur ökologisch funktionierende Städte bieten jedoch die Chance, natürliche Landschaften zu erhalten und gleichzeitig die Lebensbedingungen der Bevölkerung zu sichern [1]. Dies ist der Hintergrund von „Smart City“ Initiativen, welche das Ziel verfolgen Städte, als potenziell energieeffizienteste Wohnräume, in Zukunft lebenswerter und attraktiver zu gestalten. Zu den wichtigsten Werkzeugen smarter Stadtentwicklungsmodelle zählen: ambitionierte Sanierungen des Gebäudebestands, die Schaffung neuer Wohnquartiere mit höchster Energieeffizienz, der Umstieg von fossilen Energieträgern auf Erneuerbare Energien und die Entwicklung intelligenter Verkehrslösungen. [...]


Anmerkungen:
[01] Treberspurg, „Ökologischer Stadtbau“, Bauwelt 1995 , Heft 24
[02] Das erste weltweite „Smart City Ranking“ wurde 2012 vom USKlimastrategen Boyd Cohen durchgeführt – Wien landete vor Toronto und Paris auf dem ersten Platz. Mehr Infos zur Smart City Wien siehe wettbewerbe 304, Heft 3/2012
[03] „Invert/EE-Lab“ ist ein dynamisches Simulationstool, welches eine Entwicklung des Gebäudebestandes, die Investitionsentscheidungen der Investoren und das Nutzerverhalten der Gebäudenutzer über eine bestimmte Zeit abbildet. Der Energieeinsatz wird über Gebäudekenngrößen und Klimabedingungen berechnet. Das Tool wurde im Rahmen eines Forschungsprojektes von EEG und TU Wien entwickelt. Weitere
Informationen bei Kranzl et al. (2011)
[04] ÖROK, 2011: ÖROK-Regionalprognosen 2010, Anhangtabellen im
Excel Format, http://www.oerok.gv.at/r

architekturjournal wettbewerbe, Mo., 2012.11.26

26. November 2012 Martin Treberspurg

Domico Baupreis „Metall in der Architektur“

(SUBTITLE) Bericht

Beteiligung: 36 Projekte, davon 17 aus Deutschland, 14 aus Österreich, 2 aus Italien, 2 aus Ungarn, 1 aus Tschechien
Jury: 14 Einreicher, 2 Redakteure von Fachzeitschriften
Jurierung: September 2012

Zum achten Mal wurde der DOMICO Baupreis „Metall in der Architektur“, dotiert mit insgesamt 20.000 Euro, heuer von der DOMICO Dach-, Wand- und Fassadensysteme Gesellschaft m.b.H. & Co. KG mit Sitz in Vöcklamarkt/ Oberösterreich vergeben.
1993 rief DOMICO diesen Architektur-Wettbewerb ins Leben. Ziel war und ist es, den erfolgreichen Gedanken- und Ideenaustausch mit den Planenden zu intensivieren und dabei die breitgefächerten Anwendungsgebiete der DOMICO Produktpalette aufzuzeigen. Zudem sollen damit der kreative Einsatz von Metall im Dach-, Wand- und Fassadenbereich gefördert sowie die Leistungen der Planer und Architekten gewürdigt werden.

Bewertungskriterien waren einmal mehr Form und Design, technische Details sowie materialgerechte Gestaltung. Parallel zu einer neutralen Jury von Fachjournalisten konnten auch Einreicher selbst bewerten.

Die Bewertung der Projekte erfolgte dann anhand eines Wertungsschlüssels. Insgesamt vier Preisträger aus Deutschland und Österreich wurden 2012 ausgezeichnet.

Für den Science Park der JKU Linz galt es, mehrere einzelne Gebäude zu entwerfen, die sowohl in einem Zusammenhang zueinander, als auch zum bestehenden Campus der Linzer Universität stehen. Beim Bauteil 2 setzt sich ebenfalls das Spiel mit Knicken an Baukörper, Außenhülle und Innenräumen fort. Allerdings sind sowohl Achsen, als auch Dachschrägen verdreht: Anstatt bei Betrachtung von Süden nach links abzuknicken, wurde diesem Objekt eine Rechtskante gegeben. Dafür senkt sich das Dach leicht ab, um sich dann Richtung Norden vergleichsweise steil nach oben zu bewegen. Die Sondernutzungsräume wurden nordseitig erdgeschoßig ins Gelände geschoben und oberflächlich begrünt. ...

1. Preis/EUR 8.000,–
caramel architekten, Wien
Science Park – Bauteil 2,
Johannes Kepler Universität, Linz
Bauherr: BIG
[...]

architekturjournal wettbewerbe, Mo., 2012.11.26

26. November 2012 Redaktion architekturjournal wettbewerbe

Erste Campus – Die neue Zentrale der Erste Group, Wien 10

(SUBTITLE) Wettbewerb

Auslober
IMMORENT Aktiengesellschaft, 1061 Wien

Gegenstand des Wettbewerbes
Ausarbeitung eines Lösungsvorschlages für einen in seiner Gestaltung herausragenden und seiner städtebaulichen Einfügung vorbildlichen Gebäudeentwurf, der mit eigener Identität durch seine exponierte Lage am Kreuzungsbereich Wiedner Gürtel /Arsenalstraße ein prägnanter Teil des gesamten neuen Stadtteils wird. Gleich hohe Erwartungen werden an die Funktionalität, die Kommunikationsqualität, das Energiekonzept und die Wirtschaftlichkeit gestellt.

Art des Wettbewerbes

Zweistufiger, beschränkter Realisierungswettbewerb. 1. Stufe: konzeptioneller Entwurfsvorschlag; anonym. 2. Stufe: Weiterentwicklung von bis zu max. 5 Entwürfen; in Kooperation mit dem Fachteam des Auslobers.

Zur Teilnahme am Wettbewerb wurden auf der Grundlage des stattgefundenen öffentlichen internationalen Bewerberverfahrens (2007) von der Juryentscheidung folgende Büros eingeladen:
Barkow Leibinger Architekten, Berlin; Baumschlager Eberle ARC ZT GmbH, Wien; Burkard Meyer Architekten BSA Aktiengesellschaft, Basel; Caruso St John Architects, London; Tony Fretton Architects Ltd, London; Hascher Jehle Architektur, Berlin; Henke und Schreieck Architekten, Wien; Ingenhoven Architekten, Düsseldorf; Architekturbüro Klaus Kada, Graz; Architekt Adolf Krischanitz ZT GmbH, Wien; Marcel Meili, Markus Peter Architekten AG, Zürich; Niels Torp AS architects MNAL MNIL, Oslo; Ortner & Ortner Baukunst ZT GmbH, Wien; ARGE Pauhof Architekten, Wien; Staab Architekten Gesellschaft von Architekten mbH, Berlin.

Beurteilungskriterien

Städtebauliche Gesamtentwicklung; Architektonische Wirkung nach außen; Architektonische Wirkung nach innen; Funktionalität; Nutzungsflexibilität; Arbeitsplatzqualitäten; Kommunikationsqualität; Energiekonzept / Gebäudeökologie; Wirtschaftlichkeit und Kosten.

Beteiligung
2. Stufe: 5 Projekte
Überarbeitung: 3 Projekte
[...]

Warum ein Erste Campus?

Der Erste Campus wird ab 2016 das neue Headquarter für die Erste Group Bank AG werden und entsteht auf dem Areal des alten Südbahnhofs. Statt auf 20 Standorten über die Stadt verteilt, werden die Mitarbeiter dann ihre Arbeitsplätze vereint auf dem Erste Campus haben. Statt viel Zeit für die Wege zwischen den Standorten zu opfern, wird nun durch den Erste Campus die Zusammenarbeit gestärkt und den Mitarbeitern ein modern ausgestatteter und inspirierender Arbeitsplatz geboten werden. Höchste Baustandards sorgen für Wirtschaftlichkeit und senken so die Betriebs- und Energiekosten. Durch neue Technologien und Service-, Freizeit- und Nahversorgungseinrichtungen in den öffentlich zugänglichen Teilen bietet der Erste Campus ein angenehmes Arbeitsumfeld mit einer hohen Arbeits- und Lebensqualität für die Mitarbeiter. [...]

architekturjournal wettbewerbe, Mo., 2012.11.26

26. November 2012 Redaktion architekturjournal wettbewerbe

Ein paar Kilos leichter

(SUBTITLE) Innovationen: Beleuchtungstechnik

Leuchten sind der neue Spiegel des Zeitgeistes, des gesellschaftlichen und des technologischen Wandels. Der Bogen spannt sich von Industriecharme bis Natürlichkeit, von Luxus bis Humor. Mit der LED-Technologie ist die neue Leuchtengeneration auch bedeutend schlanker beim Energieverbrauch.

Es scheint sich ja schon längst abzuzeichnen, dass nach der offiziellen Beerdigung der Glühbirne auch die Tage der hoch gepriesenen Energiesparlampe gezählt sind. Alle, die in das Entwickeln und Entwerfen rund um das Lichtdesign involviert sind, haben nur noch einen Fokus, und zwar jenen, Technik und Gestaltung in Sachen LED unter einen Hut zu bringen.

Ein Licht geht auf

Als man sich dazu entschloss, das so genannte „Glühlampen-Verbot“ zu verhängen, war das gut und schlecht in einem. Das Aus für die Glühlampe bedeutete einen Abschied von einer treuen Begleiterin, die seit ihrer Erfindung ausschließlich Positives geleistet hat. Bis auf den einen Punkt, der ihr zum Verhängnis wurde: Die Sache mit dem Energieverbrauch. Doch sie ebnete den Weg für ihren Nachwuchs, der ohnehin schon viel zu lange in den Kinderschuhen stecken blieb – die Stunde der Licht emittierenden Diode (LED) war endlich gekommen. Die Energiesparlampe, die keiner wollte und die trotzdem in den Leuchten Einzug hielt, kann man getrost als Pausenprogramm betrachten. [...]

architekturjournal wettbewerbe, Mo., 2012.11.26

26. November 2012 Barbara Jahn

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