Editorial
Holz ist ein Werkstoff der Superlative. Es ist leistungsfähig, unter richtigen Bedingungen dauerhaft, lässt sich leicht und präzise verarbeiten, ist formbar und gestaltbar. Es kommt in zahlreichen Variationen vor, kann leicht sein oder schwer, weich oder hart, hell oder dunkel, hat verschiedene Farben und Texturen. Es lässt sich zerlegen und wieder zusammenfügen, solitär verwenden – behandelt oder unbehandelt – sowie mit anderen Werkstoffen kombinieren. Holz ist angenehm zu berühren und anzuschauen, es erzeugt eine besondere Atmosphäre.
Ganze Städte stehen auf Holzpfählen, wie Venedig oder Amsterdam; Häuser, Möbel, Bodenbeläge, Brücken, Schiffe, Küchengeräte oder Kinderspielsachen können aus Holz hergestellt werden. Und es wächst stetig nach, ist umweltverträglich und nachhaltig nutzbar.
Der durchschnittliche jährliche Zuwachs an nutzbarem Holz beträgt in der Schweiz knapp sieben Millionen Kubikmeter, wovon in den letzten Jahren je knapp sechs Millionen geschlagen wurden. Davon gemäss BAFU (Jahrbuch Wald und Holz, 2007) rund 20 Prozent im Jura, 25 Prozent in den Voralpen, 10 Prozent in den Alpen, 43 Prozent im Mittelland und 2 Prozent in den Südalpen. Weltweit beträgt die jährliche Ernte etwa 3,6 Milliarden Kubikmeter.
Holz bindet gewaltige Mengen an CO2, im Wald und auch als feste Holzmasse im Bauwesen. Die Herstellung von Holzprodukten ist in der Regel energieeffizienter als die alternativer Produkte. Es spielt damit eine wichtige Rolle in der Energie- und Klimadiskussion. Strategie soll eine «Kaskadennutzung » sein, wie Ulrike Krafft und Michael Gautschi in ihrem Artikel über die Ressourcenpolitik des Bundes schreiben, eine Mehrfachnutzung, die von einem hohen Wertschöpfungssystem in ein tieferes mündet, also von der stofflichen in die energetische Nutzung.
Wie arbeitet nun die Landschaftsarchitektur mit Holz? Welche Hölzer verwendet sie und in welcher Form, wie behandelt und wie verarbeitet? Mit welchen Intentionen setzt sie dieses gestalterisch ein? anthos 4/09 stellt hierzu eine breite Palette von Beispielen vor, von Gärten, Kinderspielplätzen, Kindergärten, Plätzen, Parkanlagen, Zoologischen Gärten bis zu ländlichen Räumen und zum Bach- oder Hangverbau. Artikel über die Eigenschaften und Verwendungsmöglichkeiten von Holz sowie über den konstruktiven und nichtkonstruktiven Holzschutz runden dieses Themenheft ab.
Bernd Schubert
Inhalt
Michael Gautschi und Ulrike Krafft
- Ressourcenpolitik Holz – Vom Wald zum Wohnen zur Wärme
Beat Breitenfeld
- Holzmauern terrassieren eine Böschung
Stefan Reimann
- Holzgestaltung auf der Landesgartenschau Wernigerode
Hans-Georg Kellner
- «Es war einmal…
Caroline Zollinger
- Holz zum Anfassen
Franz Hirschmann
- Fischgräten aus Birkenstämmen
Jean-Yves Le Baron
- Wie ein Blatt auf dem Wasser…
Till Rehwaldt
- Ein Stück Savanne in Dresden
Lorenz Eugster
- Wald und Holzflechtwerk: Der neue Elefantenpark im Zoo Zürich
Daniela Saxer
- Spielraum ohne Grenzen
Andreas Bosshard
- Was war vor den Flexinets und Litzenzäunen?
Werner Gerber und Christian Rickli
- Holz als Baustoff im Wildbach- und Hangverbau
Christoph Schindler
- Holz verrottet. Oder?
Rubriken
- Eigenschaften inländischer Holzarten/Holz im Garten
- Schlaglichter
- Jardins dessus dessous – Lausanne 2009
- Wettbewerbe und Preise
- Dank an Bernd Schubert
- Literatur
- Mitteilungen der Hochschulen
- Agenda
- Schweizer Baumschulen
- Produkte und Dienstleistungen
- Markt
- Die Autoren
- Impressum
Ressourcenpolitik Holz
(SUBTITLE) Vom Wald zum Wohnen zur Wärme
Den Rohstoff unserer Wälder nachhaltig und effizient zu nutzen, ist das Ziel der Ressourcenpolitik Holz. Das Holzproduktionspotenzial des Schweizer Waldes soll ausgeschöpft und das geerntete Holz möglichst in Kaskaden verwertet werden.
Erneuerbar, klimaneutral, vielfältig: Holz ist eine der wichtigsten natürlichen Ressourcen unseres Landes. Mit dem Rohstoff Holz bauen wir Häuser, richten sie ein und heizen sie, und wir gestalten Freiräume. Aus Holz entstehen Papier und Karton, Treibstoffe und chemische Ausgangsstoffe. Die Vielfalt an Verwendungsmöglichkeiten einerseits, die zunehmende Verknappung und Verteuerung der übrigen Ressourcen andererseits lassen erahnen, dass die Holznachfrage – und somit auch der Druck auf die Wälder – erheblich zunimmt. Eine nachhaltige Holznutzung trägt jedoch dazu bei, dass die Wälder regelmässig verjüngt werden und damit auch stabil bleiben.
«Ressourcenpolitik Holz» als strategische Leitplanke
Vor diesem Hintergrund hat das Bundesamt für Umwelt BAFU zusammen mit dem Bundesamt für Energie BFE und dem Staatssekretariat für Wirtschaft SECO in Abstimmung mit wichtigen Partnern rund um die Wald- und Holzwirtschaft eine «Ressourcenpolitik Holz» entwickelt (BAFU, 2008). Sie soll allen Beteiligten als strategische Leitplanke dienen, um die Ressource Holz optimal zu nutzen (siehe Abb. 2 und Kasten). Zwei Fragen stehen dabei im Zentrum: Wie viel Holz stellt der Schweizer Wald jährlich nachhaltig zur Verfügung? Und wie sieht eine optimale Verwertung aus?
Unausgeschöpfte Potenziale
Gesamtschweizerisch betrachtet wird das Holz aus unseren Wäldern noch nicht in dem Umfang genutzt, wie dies nachhaltig möglich wäre: Es wächst mehr verwertbares Holz nach, als geerntet wird (BAFU, 2007). Wichtige Gründe hierfür sind die schwache Nachfrage der Vergangenheit, das Angebotsverhalten der Waldbesitzer, kleinstrukturierte Eigentumsverhältnisse und auch geländebedingt hohe Erntekosten in verschiedenen Regionen.
Indessen hat die globale Verknappung von Erdöl dazu beigetragen, dass die Nachfrage nach Holz seit 2006 erheblich gestiegen ist. Zudem setzen die Energie- und die Klimapolitik zur Vermeidung von CO2-Emissionen auf erneuerbare Rohstoffe. Damit hat sich der Druck auf den Wald erhöht.
Obwohl die Bevölkerung gepflegte, lichte und «aufgeräumte» Waldbilder schätzt, weckt die vermehrte Holznutzung bei manchen Menschen Ängste vor Waldzerstörung. Durch die Abstimmung der Ressourcenpolitik Holz mit den verschiedenen Interessengruppen – Wald- und Holzwirtschaft, Kantone, Umweltverbände, Wissenschaft – finden die unterschiedlichen Anliegen Berücksichtigung. Aus heutiger Sicht wird angestrebt, so viel Holz zu nutzen wie nachwächst. Ob es Sinn macht, in Zukunft auch die hohen Holzvorräte zu senken, ist Gegenstand von vertieften Untersuchungen.
Kaskadennutzung
Die Konkurrenz zwischen den verschiedenen Verwertungsformen – stofflich oder energetisch – des nur begrenzt zur Verfügung stehenden Rohstoffs hat sich verstärkt. Aus volkswirtschaftlicher Sicht ist eine direkte energetische Nutzung nicht optimal, sofern eine stoffliche Nutzung möglich ist. Ein Ziel der Ressourcenpolitik ist es denn auch, Holz in einer Kaskade zu verwerten: Holz und Holzprodukte sind so lange wie möglich im Wirtschaftssystem zu nutzen. Dabei werden Nutzungskaskaden durchlaufen, die von einem hohen Wertschöpfungsniveau schrittweise in tiefere münden. Was sich als Werk- oder Baustoff eignet, soll nicht direkt im Ofen landen – am Schluss aber möglichst immer: Zuerst kommt das Wohnen und erst zuletzt die Wärme.
Dies macht auch aus Klimaperspektive Sinn, wie eine BAFU-Studie zeigt (Taverna et al., 2007). Bis ins Jahr 2025 könnten in der Schweiz die momentanen CO2-Emissionen um rund 12 Prozent gesenkt werden, wenn es zu einem verstärkten Holzeinsatz nach dem Kaskaden-Nutzungsprinzip käme.
«Aktionsplan Holz» mit wichtigen Projekten
Zur Umsetzung der Ressourcenpolitik dient ein Aktionsplan Holz (siehe Kasten). Im Vordergrund steht dabei der ökologisch und ökonomisch sinnvolle Einsatz dieses Rohstoffs. Bedenkt man, dass rund 45 Prozent des Endenergieeinsatzes in der Schweiz für das Heizen und Kühlen sowie für die Erstellung von Gebäuden und die Warmwasseraufbereitung aufgewendet werden (BFE, 2007), wird deutlich, welches Einsparpotenzial nachhaltige und ressourcenschonende Bauweisen aufweisen.
Holz kann hier einen wichtigen Beitrag leisten. Im «Aktionsplan Holz» gibt es deshalb einen eigenen Massnahmenschwerpunkt, der die Weiterentwicklung von energieeffizienten, vor allem grossvolumigen Holzbausystemen fördert. So werden in Zusammenarbeit mit der Holzbranche (Lignum und Branchenverbände) wichtige Holzbauprojekte vorangetrieben: optimierter Schallschutz im mehrgeschossigen Holzbau, an die verschärften Brandschutz-Vorschriften angepasste Planungsgrundlagen, Qualitätssicherung für Oberflächenbehandlungen oder auch zusätzliche Umsetzungshilfen für Bauplaner, um nur einige Beispiele zu nennen.
Begleitend dazu soll der Markt für mehrgeschossige Holzbauten gezielt erschlossen werden, indem Entscheidungsgrundlagen für institutionelle Investoren sowie Argumentationshilfen für Bauplaner und Architekten bereitgestellt werden. Das Ziel ist beispielsweise, den Anteil der neu in Holzbauweise erstellten Mehrfamilienhäuser um rund 50 Prozent zu steigern.
Das BAFU hat für die «Ressourcenpolitik Holz» und den «Aktionsplan Holz» die strategische und koordinierende Führung übernommen. Entscheidend für die erfolgreiche Umsetzung ist die partnerschaftliche Zusammenarbeit aller Kräfte – insbesondere mit den Vertretern der Schweizer Wald- und Holzwirtschaft. Deshalb hat das BAFU alle relevanten Partner von Beginn an mit einbezogen.anthos, Do., 2009.11.26
26. November 2009 Michael Gautschi, Ulrike Krafft
«Es war einmal…
ein Stück Holz…», beginnt die Geschichte von Pinocchio. Und so beginnen auch meine. Im Oerliker Park waren es 1678 Stück Holz, die auf ihre Weise anecken, sich fügen, herausragen, aus der Reihe tanzen.
Meine Spielplätze entstehen meist aus einem Gefühl heraus und nicht aufgrund sachlicher Überlegungen. Natürlich sind örtliche Gegebenheiten und funktionale Ansprüche massgebliche Parameter für landschaftsgestalterische Konzepte. Ein Spielplatz kann sich harmonisch einfügen oder auch einen bewussten Kontrapunkt setzen. Ich nehme die Vorüberlegungen ernst – mir aber auch den Spass heraus, mit dieser Ernsthaftigkeit zu brechen. Schon die im Konzept für den Oerliker Park genannte «Interventionszone » (siehe anthos 1/98), die eher an UN-Einsätze denken lässt als an attraktive Strukturen, um den öffentlichen Raum zu beleben, verführt dazu.
Der Oerliker Park war als Stadtraum in sich dermassen schlüssig, dass sich das Konzept als Selbstzweck offenbarte, da es ausser sich nichts zuliess. Intuitiv hätte ich mit Kitsch als Kontrast agiert, wäre der unnahbaren Schönheit des Platzes mit etwas Herzwärme begegnet: Kleingartenparzellen mit Liebe, Laube, Gartenzwergen, geblümte Natürlichkeit im strengen Grau. Ich hätte darin eine grossartige gestalterische Chance gesehen. Mit dem jetzt entstandenen Spielplatz wurde für mich das Potenzial des Ortes nur bedingt erfasst. Dennoch ist er eine stimmige Intervention, wenn man sieht, was die Dynamik der Oerliker Hölzer an Verwandlung bewirkt. Eine Spielstruktur, die wie Pinocchio an Gegensätzlichkeiten aneckt, keine sicheren Plattformen bietet, sondern stets neue Möglichkeiten eröffnet, einen eigenen Weg zu finden. Die motorische Herausforderung als erste kindliche Grenzerfahrung, wie weit kann man gehen, wie hoch hinaus und wer begleitet einen hinein in die dichte Mitte?
Meine Spielplätze sollen eine Geschichte bieten, die nicht nur Kinder interpretieren, sondern die Phantasie aller anregen. Ein Märchen lebt von seinem Erzähler, aber es braucht ein paar gute Zutaten, wie zum Beispiel ein lebendiges Stück Holz.
Ich bin kein Holzapologet in dem Sinne, dass es das einzig selig machende Material sei. Monokultur ist immer ungesund und wer Vielfalt verneint, vergibt eigentlich viel. Hinzu kommt, dass die Grenzen von Holz im Freiraum in seiner Natürlichkeit liegen, dass Verwitterung und Verfall bei der Planung zu bedenken sind. Mich hat im Laufe der Zeit vor allem die durch Holz eingeschränkte Formsprache zu anderen Materialien geführt, etwa Metall, gefärbt, gelasert und geflext, wie auch Kunststoff. Das Spektrum an gestalterischen und funktionalen Möglichkeiten wird hierdurch ungemein erweitert. Das Panorama an Sinneseindrücken, das solche Collagen zulassen, ist Spiel ohne Grenzen. Ein Spiel mit Brüchen um ein vieldeutiges Ganzes, Spielskulpturen als Anregung. Die Kontrastwirkung des Materialmixes ermöglicht ein weitaus ästhetischeres Altern der Objekte im Freiraum.
Im Sinne einer neuen Interpretation von Nachhaltigkeit würde ich meine Idee «wild, aber leicht» als Spiel mit der begrenzten Zeit umsetzen wollen. Etwa Fichte, Föhre, Fundstücke: einfach, schnell, kostengünstig zu entwickeln und voller Möglichkeiten. Spielplätze, die, bevor sie vergrauen und langweilen, ganz neu erfunden werden können.anthos, Do., 2009.11.26
26. November 2009 Hans-Georg Kellner