Editorial

Eine Zeitschrift, die sich der Architektur und dem Städtebau verschrieben hat, beschäftigt sich zentral mit Artefakten, mit den Gebäuden selbst, mit ihren ideellen Hintergründen, mit Gärten vielleicht, die zwar der Natur erwachsen, jedoch von ihrer Domestizierung, vom Wunsch nach der Verhäuslichung des Wilden erzählen. Auch die Architekturfotografie pflegt im Allgemeinen diese Sicht, zumeist schon weil aus Gründen der Erkennbarkeit der Vordergrund gebaut sein muss und nur den Hintergrund die Wolken, Bäume, Stadtlandschaften bilden. Die Fotografien von Guido Baselgia eröffnen einen anderen Blick: Das Urwüchsige des Bergs, seine vielschichtig gebrochene Textur lässt den Zugriff des Menschen zurücktreten. Und obwohl das Künstliche hier zuweilen als unscheinbar und vergänglich erscheint, bedingt gerade der dominante Hintergrund eine intensive, differenzierte, nach Interpretation suchende Wahrnehmung. In diesem Sinne können die Bilder wie Texte gelesen werden. Die Ironie, welche die Fotografien gelegentlich auch auszeichnet, hat nichts mit Zynismus, aber viel mit zugeneigtem, tiefem Interesse zu tun.
Matthias Ackermann

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