Editorial

TEC21 widmet das letzte Heft des Jahres den Stallbauten. Aktuell ist das Thema in zweierlei Hinsicht: – 1977 wurde die Milchkontingentierung in der Schweiz eingeführt. Nach 32 Jahren wird sie am 30. April 2009 nach einer kurzen Übergangsphase abgeschafft. Die staatliche Produktionslenkung des Milchmarkts soll den Kräften von Angebot und Nachfrage überlassen werden und die Mengenregelung privatrechtlich erfolgen – so mindestens ist die Absicht des Parlaments.

Milchproduzenten sind gezwungen, ihre Betriebsauslegung und Produktionsmethoden zu hinterfragen und allenfalls neu zu gestalten. Die Artikel von Christof Baumgartner und Fredi Leuthold (S. 20 ff. und S. 23 ff.) geben Hinweise, wie Stallbauten idealerweise beschaffen sein sollten. Die Anforderungskriterien an die Bauten sind auf die Leistungsmerkmale der heutigen Züchtungen und auf einen möglichst wirtschaftlichen Betriebsablauf ausgelegt. Sie haben sich in den letzten Jahrzehnten grundlegend geändert. Eine Kuh des 17. Jahrhunderts gab beispielsweise etwa 700 kg Milch pro Laktationsperiode. Heutige Kühe liefern im Durchschnitt 6500 kg Milch.

Gegen Ende jedes Jahres erhält der Stall als Behausung – umgenutzt notabene – mit der Weihnachtsgeschichte eine besondere Bedeutung. Der Stall in der weihnachtlichen Erzählung diente den Protagonisten als ungewöhnliche Liegestatt, weil in der Herberge kein Platz für sie war. Im Artikel «Wieder belebt» wird ebenso die Geschichte eines umgenutzten Stalles erzählt (S. 27ff.). An einem ungewöhnlichen Ort wird auf spezielle Weise ein Raum geschaffen, in dem der Bauherr Inspiration und Ruhe finden kann – nicht nur über die Weihnachtszeit.

In diesem Sinne wünscht die Redaktion der gesamten Leserschaft besinnliche Weihnachten, erholsame Feiertage und einen fröhlichen Jahreswechsel.
Clementine van Rooden

Inhalt

05 WETTBEWERBE
Erweiterung Kunsthaus Zürich – eine Replik | Velux-Wettbewerb «Light of Tomorrow»

12 PERSÖNLICH
Interview: «Einfluss hat man nur indirekt»

13 MAGAZIN
Schutz vor Naturgefahren: Rechtslage | 20 Jahre «Hochparterre» | Spielzeug aus Flüssigholz

20 WETTBEWERB ANREGEN
Christof Baumgartner
Anfang 2009 wird ein nationaler Preis für den wirtschaftlichsten Milchviehstallbau mit Modellcharakter vergeben. Grobauswertungen für geeignete Gebäudekonzepte werden bereits dargelegt

23 GEEIGNETES MATERIAL
Fredi Leuthold
Jede Tierart muss gemäss ihren Bedürfnissen untergebracht werden. Für ein gesundes Stallklima sind Konstruktion und Materialwahl entscheidend.

27 WIEDER BELEBT
Clementine van Rooden
Ein alter, leer stehender Stall in Präz ob Thusis wurde umgenutzt und dient nun einem jungen Texter aus Zürich als Arbeitssitz.

32 SIA
Tod von Dieter Suter, SIA-Ehrenmitglied | Vom Bauhandbuch zu CRB online | Schutz der «schöpferischen Leistung»

37 FIRMEN

39 PRODUKTE

45 IMPRESSUM

46 VERANSTALTUNGEN

Wettbewerb anregen

Das Gebäudekonzept eines Stalles beeinflusst die Produktionskosten von Milch. Um einen Betrieb wirtschaft lich auszulegen, muss das Konzept die Arbeitskosten senken. Die landwirtschaftlichen Beratungs- und Bildungszentren Arenenberg (TG), Liebegg (AG) und Grangeneuve (FR) wollen Bauherrschaft en und Planerteams dafür sensibilisieren und haben dieses Jahr einen Preis für Milchviehstallbauten mit Modellcharakter ausgeschrieben. Mit der Aufhebung der Milchkontingentierung auf Januar 2009 möchten viele Bauern die Milchproduktion in ihren Betrieben weiterentwickeln – sie sind meist dazu gezwungen, um konkurrenzfähig zu bleiben. Eine einfache Rechnung belegt, wie wichtig ein gut funktionierendes Gebäudekonzept für diese «Nachrüstung» und Umorientierung ist: Eine Auswertung der Vollkostenrechnung für Milch im Jahr 2008 zeigt, dass die mittleren Produktionskosten pro Kilogramm Milch aktuell bei rund einem Franken liegen – dies bei einer Produktionsmenge von 219 000 kg[1] und einem Arbeitsstundenansatz von 27 Franken. Gebäude- und Arbeitskosten machen dabei 40 Rappen pro Kilogramm Milch aus, also 40 Prozent der Produktionskosten (Bild 2). Beeinflusst werden die beiden Kostenblöcke durch das Gebäudekonzept. Konzepte, die die Arbeitsproduktivität steigern, sind somit für eine Senkung der Produktionskosten entscheidend und sollen möglichst früh in der Planung berücksichtigt werden, umso mehr, als sie nicht zwingend höhere Gebäudekosten verursachen.

Unstrukturiertes Wachsen verhindern

Die Bauherrschaft beteiligt sich traditionell sehr stark bei der Erarbeitung des Gebäudekonzepts für einen neuen Milchviehstall. Nicht selten werden dabei aber gute Vorschläge desPlanerteams durch eine wenig weitsichtige Optik der Bauherrschaft überstimmt. Kurzfristige Erweiterungen führen oft zu einer unübersichtlichen Ansammlung von Stallabteilen, wodurch komplizierte und ineffiziente Wege und Abläufe entstehen. Dadurch geht viel Arbeitszeit unproduktiv verloren. Es gilt, hier nicht dieselben Fehler wie in Deutschland zu machen, als in den 1990er-Jahren mit der Möglichkeit, Milchkontingente (Produktionsmengen) zu handeln, oft planlos und laufend Strukturen angepasst wurden. Viele Ställe erinnern jetzt an «vereinigte Hüttenwerke». In der Schweiz waren die Milchkontingente erst ab 1999 handelbar, womit auch die Strukturentwicklung erst dann einsetzte. Vorher waren die Strukturen zementiert.

Impulse an die Bauherrschaft

Um die Diskussion über den Einfluss von Gebäudekonzepten auf die Produktionsskosten zu fördern und um geeignete Gebäudekonzepte für Stallbauten mit Modellcharakter einem breiten Fachpublikum zugänglich zu machen, schrieben die landwirtschaftlichen Beratungsund Bildungszentren Arenenberg (TG), Liebegg (AG) und Grangeneuve (FR) im vergangenen Herbst eine nationale Preisvergabe für Milchviehställe aus. Das Beratungsforum Schweiz (BFS) und die Arbeitsgemeinschaft für landwirtschaftliches Bauen (ALB) unterstützen den Preis aufgrund der potenziellen Impulse an Forschung, Beratung und Praxis. Der Wettbewerb soll einen Erkenntnisgewinn bieten, im Vordergrund steht jedoch die Bewusstseinsförderung bei der künftigen Bauherrschaft.

Auswertung der eingegangenen Projekte

Bis zum Abgabetermin am 10. Oktober 2008 waren 45 Projekte eingegangen. Neubauprojekte auf der grünen Wiese wurden ebenso abgegeben wie Neubauten mit Einbezug von Altbauten beim Futterlager und beim Güllelagervolumen. Alle Projekte erfüllten die vorgegebenen Abgabekriterien. So mussten die Bauten 2001 erbaut oder jünger sein, wobei Liegehalle, Melkbereich und Futterachse hauptsächlich neu erstellt sein mussten. In der Evaluation werden für Kapazitäten, die bereits vorhanden waren, Standardzuschläge gemacht, damit eine objektive Beurteilung möglich ist. Da tiefe Milchleistungen und eine schlechte Stallauslastung die Produktionskosten verteuern, sollen ausserdem nicht die Betriebsführung und die Managementfähigkeiten, sondern die Gebäudekonzepte miteinander verglichen werden. Darum rechnet das Organisationskomitee mit Standardmilchmengen je Kuhplatz bei maximaler Auslastung des Stalles. Die Arbeitszeiten werden unter Berücksichtigung einer Degression aufgerechnet und die Investitionskosten mit dem Baukostenindex korrigiert. Um ausserdem den unterschiedlichen Regionen und Milchproduktionssystemen gerecht zu werden, differenzierten die Auslober die Projekte in den Kategorien Talgebiet mit Silagefütterung, Talgebiet mit silofreier Fütterung (Heu) sowie Berggebiet. Gewertet werden die Stallbauten nach messbaren und qualitativen Kriterien: Arbeitskosten in Rappen pro kg Milch, jährliche Gebäudekosten in Rappen je kg Milch, qualitativer Modellcharakter bezüglich Reproduzierbarkeit, Arbeitsabläufe, Kuhkomfort, Ästhetik, Ergonomie, Energieeffizienz. Die beiden messbaren Kriterien wurden für die Vorselektion beigezogen. Die zentralen qualitativen Kriterien sind, nach eingehender Besichtigung der Höfe vor Ort, für die Bewertung der verbliebenen Projekte relevant.

Grosser Betrieb und Automatisierung als Vorteile

Die zehnköpfige Jury mit Vertretern aus Praxis, Beratung und Forschung tagte am 15. Dezember. In einer ersten Grobauswertung zeigte das Kernteam des Wettbewerbes auf, dass in der Maximierung der Produktionsmenge ein grosses Potenzial für eine Kostensenkung liegt – ganz allgemein haben grössere Betriebe eine höhere Arbeitsproduktivität (Bild 4). Im Weiteren erreichen kleinere Betriebe zwar teilweise günstige Gebäudekosten, ihre um einiges höheren Arbeitskosten werfen sie aber in der Rangordnung zurück. Die Betriebe mit den tiefsten Arbeits- und Gebäudekosten je kg Milch und damit den wirtschaftlichsten Gebäudekonzeptionen erreichten Gebäude- und Arbeitskosten von total unter 25 Rappen pro kg Milch (Gebäude 10 Rappen, Arbeit 15 Rappen) – gegenüber den heute durchschnitt-lich 40 Rappen eine deutliche Senkung. Für das Organisationskomitee überraschend war, dass Melkroboterbetriebe trotz ihren höheren Investitionskosten dank hoher Arbeitsproduktivität alle vorne in der Rangliste zu finden sind. Dies zeigt, dass in der Automatisierung und Mechanisierung von manuellen Arbeitsgängen unter Erhalt oder gar Steigerung des Tierkomforts die wesentlichen Herausforderungen in Bezug auf die Senkung von Produktionskosten in der Schweizer Milchproduktion liegen. Weitere wichtige Kriterien für wirtschaftliche Stallkonzepte sind zusammengefasst vor allem optimierte Arbeitsabläufe (sie beeinflussen die Arbeitskosten), ein hoher Kuhkomfort (damit die Kühe gute Leistungen erbringen können und ihre Fruchtbarkeit erhalten bleibt), eine niedrige Summe jährlicher Arbeits- und Gebäudekosten je kg Milch, eine ergonomische Arbeitsgestaltung (ein zentraler Faktor für die Leistungsfähigkeit, Gesundheit und Konzentration des Personals) und ein entwicklungsfähiger Standort (Bild 3). Betriebskonzepte, die eine Betriebsausdehnung verunmöglichen, zum Beispiel durch natürliche oder künstliche Hindernisse (Nachbarliegenschaften), sind nur sinnvoll, wenn Übergangslösungen bis zum definitiven Ausstieg oder Umzug realisiert werden müssen. Zukunftsgerichtete Konzepte müssen eine Aufstockung des Bestandes ermöglichen. Wegen der Tierschutzverordnung, die 10 m² pro Kuh vorschreibt[2], und dem heutigen Verbot, doppelgeschossige Stallbauten zu realisieren, ist eine Flächenerweiterung darum zwingend erforderlich. Anfang 2009 wird der Jurybericht veröffentlicht und der Sieger im Februar an der Fachmesse «Tier und Technik» in St. Gallen vorgestellt. Als Ergebnis des Wettbewerbs sollen ausserdem Merkblätter mit den wichtigsten Erkenntnissen erstellt werden, die zum Beispiel eine optimale Anordnung der Funktionsbereiche zur Arbeitszeitoptimierung aufzeigen.

[Christof Baumgartner, Berater und Lehrkraft Milchproduktion, BBZ Arenenberg, Fachstelle für Nutztierhaltung Thurgau]

Anmerkungen:
[1] 219 000 kg entsprechen rund 30 Kühen. Der Schweizer Durchschnitt liegt bei 120 000 kg (Berg und Tal), was rund 18 Kühen entspricht
[2] Die Vorschriften sind so formuliert, dass für ein «besonders tierfreundliches Stallsystem BTS» – Förderprogramm des Bundes – 10 m² pro Kuh vorhanden sein müssen (Liegefläche, Fressbereich und Laufflächen), wovon mindestens 2.50 m² unüberdacht

TEC21, Mi., 2009.01.07

07. Januar 2009

Geeignetes Material

Woraus baut man Ställe? Jede Tierart hat eigene Anforderungen an die Haltung und damit an die Unterbringung. Besonders die Konstruktion und die Materialisierung von Milchviehställen muss an zahlreiche Gegebenheiten angepasst werden. Die Tiere produzieren Wärme, Wasserdampf und Schadgase, die das Stallklima beeinflussen, das sich wiederum auf die Arbeitsbedingungen des Landwirts und die Lebensdauer der Gebäude auswirkt.

Bei der Planung eines Stalls müssen raumplanerische Vorgaben an Bauten ausserhalb der Bauzone, die Bedürfnisse der Tiere und die des Bewirtschafters berücksichtigt werden. Hinzu kommen die wirtschaftlichen Vorgaben, die auch die Materialisierung beachtlich beeinflussen. Die höchsten Anforderungen an das Gebäude werden an Milchviehställe gestellt, bedingt durch die intensive Mechanisierung. Viele landwirtschaftliche Betriebe wechseln heute von Anbindeställen zu Laufställen. Diese werden als tierfreundlicher und effizienter eingeschätzt. An oberster Stelle steht heute der «Kuhkomfort». Das Raum- und Platzangebot soll dem Tier ein möglichst natürliches Verhalten in Bezug auf das Sozialverhalten, die Futteraufnahme sowie die Liegegewohnheiten ermöglichen. Dies bedingt, dass die Gänge breit sind und die Tiere ungehindert kreuzen können. Die meisten Ställe werden nach den BTS-Richtlinien des Bundes (Besonders Tierfreundliche Stallsysteme) gebaut. Diese fordern unter anderem den dauernden Zugang zu einem unüberdachten Aussenbereich, der je nach Tier- und Herdengrösse ein Minimalmass aufweisen muss. Eine Kuh zum Beispiel benötigt 2.50 m². Durch solche Forderungen werden die heutigen Gebäude grösser als die alten Anbindeställe.

Technische Einrichtungen

Der Trend bei den Einrichtungen geht in Richtung Arbeitserleichterung und Komfort für den Landwirt. In der Milchproduktion werden beim Herdenmanagement (Brunstzyklus, Besamungszeitpunkt, Zeitpunkt des Trockenstellens, Anzeige bei schlechter Milchqualität), der Milchmengenmessung und der Fütterung immer öfter elektronische Lösungen mit Datenerhebung und -auswertung eingesetzt. Bei 40 Kühen und mehr sind diese Techniken unumgänglich. Nur so ist es möglich, solche Bestandesgrössen durch eine Person zu betreuen. Die Gesamtlösung geht von der Tiererkennung, d.h., wenn die Kuh den Melkstand betritt, über die Erfassung der Milchmenge bis zur Dosierung des Kraftfutters, das die Tiere selbstständig an der Futterstation abholen.

Bei der Entmistung wird meist eine Schieberentmistung mit Seilzug eingesetzt. Mittels zwei Seilwinden wird ein Metallschieber durch den jeweiligen Gang gezogen. Dieser befördert den Mist in die Mist- oder Güllengrube. Die technischen Einrichtungen erfordern eine entsprechende Elektroinstallation. Dabei sind der Potenzialausgleich und die Erdung sämtlicher Metallteile, die grösser als 1.0 m² sind, besonders zu beachten. Tiere reagieren empfindlich auf elektrische Spannungen. Untersuchungen haben gezeigt, dass Tränkeeinrichtungen mit einer Spannung von ca. 200 mV bereits gemieden werden oder dass Krippen, die mit Chromstahlblech ausgekleidet waren, plötzlich nicht mehr leergefressen wurden, bis ein durchgerostetes Erdungskabel ersetzt wurde. Kriechströme können auch ausserhalb des Gebäudes entstehen, zum Beispiel in der Nähe von Hochspannungsleitungen, Trafoanlagen oder Bahnlinien. Solche Faktoren müssen in die Planung einfliessen. Sie können den Standort des Gebäudes und die Ausführung der Elektroinstallationen beeinflussen.

Stehen auf drei Beinen

Für eine tiergerechte Bodenbeschaffenheit darf die Oberfläche nicht zu rau sein, da sonst der Klauenabrieb zu gross ist. Trotzdem muss die Trittsicherheit gewährleistet sein. Auf einem optimalen Untergrund kann sich eine Kuh am Euter lecken, also auf drei Beinen stehen. Bisher waren Betonböden, deren Oberfläche beim Betonieren mit dem Stossbesen leicht aufgeraut wurden, weit verbreitet und schienen der Sache zu dienen. Ein Nachteil dieser Bodenbeschaffenheit ist, dass die Oberfläche durch die mechanische Beanspruchung der Schieberentmistungsanlagen mit der Zeit zu glatt wird und wieder aufgeraut werden muss. Dieser Vorgang kann aber nur ein- bis zweimal durchgeführt werden, da sonst die minimale Überdeckung der Bewehrung nicht mehr gewährleistet ist. Abhilfe schafft eine vorgängig eingeplante zusätzliche Verschleissschicht.

Gussasphaltböden werden heute nicht mehr verwendet, da die Temperatur beim Einbringen zu grossen Einfluss auf die Oberflächenstruktur hatte und die Qualität deshalb nicht einheitlich war. Die Lebenserwartung dieser Böden ist zu kurz: Nach 10 bis 15 Jahren sind sie durchgelaufen, oder die Oberfläche ist zu rutschig oder zu rau. Heute werden vielfach weiche Oberflächenbeläge wie Gummimatten, die auf der Unterseite mit Gumminoppen versehen sind, benutzt. Dies bewirkt, dass die Klaue leicht einsinkt und das Tier eine gute Standfestigkeit erreicht. Ein weiterer Vorteil ist, dass mechanische Entmistungsanlagen diesen Boden weniger belasten als konventionelle Betonböden.

Eine weitere Möglichkeit ist das Einstreuen von Gummigranulat in die oberste Bodenschicht, während der Beton eingebracht wird. Diese Verarbeitungsform erfordert viel Know-how und ist bei den Baumeistern unbeliebt. Die Betonstärke der Bodenplatte muss dafür mindestens 150 mm betragen; bei Rindviehställen wird Beton der Expositionsklasse XC3, XA1 verwendet. In Bereichen, die durch Säuren belastet werden – wie Milchzimmer, Melkstand, Futtertisch –, wird der Beton mit einer Zwei-Komponenten-Beschichtung versehen. Bei den Bodenbeschichtungen wird Quarzsand als Gleitschutz eingestreut.

Trocken und sauber liegen

Die Liegebereiche können unterschiedlich gestaltet werden. In Mutterkuh- und Jungviehställen ist die Tiefstreu-Liegefläche weit verbreitet. Bei diesem Verfahren wird die gesamte Liegefläche als Strohbett eingestreut. Nachteilig ist der relativ hohe Strohverbrauch. In Milchviehställen werden meist Liegeboxen erstellt. Jede Kuh hat einen Liegeplatz, der durch Metallbügel seitlich abgegrenzt ist. Bei Kühen mit einer Widerristhöhe von 140 bis 150 cm müssen diese 125 cm breit und 260 cm lang sein. Unterschieden wird zwischen Hoch- und Tiefboxen. Bei Hochboxen wird der Liegebereich der Kühe (Läger) konstruktiv um ca. 20 cm erhöht, auf diese Fläche wird eine vom Bundesamt für Veterinärwesen (BVET) bewilligte weiche Unterlage aufgebracht. Zum Trocknen und Sauberhalten der Liegefläche muss ein geeignetes Einstreumaterial verwendet werden. Eine eingestreute Liegefläche, die hinten mit dem Kot- und vorne mit dem Bugholz eingegrenzt ist, wird Liegebox genannt. Als Einstreumaterial eignen sich Stroh, trockener Mist, Kompost oder Sägemehl.

Trockene luft, aber kein Durchzug

Ein gesundes Stallklima herrscht im Stall, wenn im Winter Feuchtigkeit und im Sommer Wärme abgeführt werden. Durch die Verdauung und Verdunstung von Kot und Urin entstehen aggressive Gase, vor allem Ammoniak (NH3). Ammoniak beschleunigt die Korrosion von Metallen, dies muss bei der Materialwahl beachtet werden. Die Tiere verdunsten zudem viel Wasser. Bei zu geringer Durchlüftung bildet sich Schimmel, und Bakterienstämme können sich ansiedeln. Dies kann zur Erkrankung der Luftwege führen und beeinträchtigt die Leistungsfähigkeit der Tiere in Bezug auf Wachstum, Fleisch und Milchproduktion sowie Fruchtbarkeit.

Der Luftaustausch sollte in der Luftschicht oberhalb der Tiere stattfi nden, da sonst Durchzug entsteht. Dies bedingt eine minimale Gebäudehöhe von ca. 3.0 m an der Aussenwand. Optimal ist, wenn der obere Teil der Längsfassade geöffnet werden kann, damit frische Luft in das Gebäude strömt. Als Abluftöffnung sollte das Gebäude parallel zur Trauföffnung am First offen sein. Diese Firstöffnung sollte mindestens 2.0 % der Stallbreite betragen, die Trauföffnungen je die Hälfte. Wichtiger als die baulichen Massnahmen ist die Bedienung der Lüftungseinrichtung. Die Neigung, im Winter alle Öffnungen zu verschliessen, nimmt zu, je grösser der Temperaturunterschied der Stallluft zur Aussenluft ist. Dadurch wird jedoch das Klima im Stall schlecht. Bei Bauten im Talgebiet funktioniert die beschriebene Art der Lüftung problemlos. Im Berggebiet, wo die Ställe zum Teil isoliert sind, müssen Zwangslüftungen in Form von Kaminen oder Ventilatoren eingebaut werden.

Stallgebäude konstruieren

Die Gebäudehülle ist so zu konstruieren, dass möglichst viel Sonnenlicht ins Gebäude dringen kann. Vor allem die Zirkulationsgänge und der Fressbereich sollten gut beleuchtet sein. Nur bei einer minimalen Lichtstärke von 15 Lux bewegen sich die Tiere genügend, und es kommt zu einer ausreichenden Futteraufnahme. Stallgebäude werden heute nicht mehr für eine Nutzung von 30 bis 50 Jahren gebaut. Ein Milchviehstall sollte mit wenig bzw. ohne bauliche Massnahmen in einen Mutterkuh- oder Jungviehstall umgenutzt werden können. Dies bedingt eine möglichst universelle Bauweise. Im Talgebiet sind stützenfreie Hallen weit verbreitet, im Berggebiet werden durch die hohen Schneelasten meist konventionelle Tragsysteme gewählt (Sparrendach mit Mittelpfetten und Stützen). Die Tragkonstruktionen (Binder) werden in Brettschichtholz oder in verzinktem Stahl ausgeführt. Metallkonstruktionen sind, wie erwähnt, anfällig auf Korrosion. Beton wird hauptsächlich dort eingesetzt, wo es aus statischen oder hygienischen Gründen notwendig ist (Melkstand, Milchzimmer). Bei Aussenwänden werden nur noch Brüstungen von ca. 1.2 m über der Bodenplatte betoniert, der Rest wird aus Kostengründen in der Regel in einer Holz- Riegel-Konstruktion ausgeführt.

Dachhaut

Die Ausführung der Dachhaut ist von der Nutzungsart und der Beanspruchung des Gebäudes abhängig. Je höher der Temperaturunterschied zwischen Innen- und Aussenluft ist, desto höher sind die Ansprüche an die Dachhaut. Das grösste Problem ist die Kondenswasserbildung im Gebäudeinnern. Als Deckmaterialien eignen sich Faserzementplatten (Welleternit) oder Profi lblech. Beim Blech ist eine Antitropfbeschichtung notwendig, da sonst beim geringsten Temperaturunterschied Kondensat entsteht. Üblich sind auch Blech-Sandwich-Panels mit einer Polyurethanschaum-Füllung. Bei Hallenställen kann dadurch der sommerliche Wärmeschutz verbessert werden. Den gleichen Effekt erreicht man bei Faserzementplatten mit einer Dachschalung. Diese Lösungen sind aufgrund der grossen Dachflächen kostenintensiv.

Unterschiedliche Bedürfnisse abdecken

Bei der Planung und Realisierung eines Stalles müssen die Bedürfnisse der Tiere und des Bauherrn unter einen Hut gebracht werden. Es existieren zahlreiche Vorschriften und viel Fachliteratur darüber, wie die Bedürfnisse der Tiere am Bau umzusetzen sind. Bezüglich der Bauherrschaft ist teilweise etwas mehr Fingerspitzengefühl gefordert, um herauszufinden, welche Lösung optimal ist. Die Topografie und die Zonen, in denen Ställe gebaut werden, spielen eine grosse Rolle. Die Standard-Stallbauten, wie sie im europäischen Raum die Norm sind, beschränken sich weitgehend auf das Mittelland. Die Betriebe und dementsprechend die Gebäude werden immer grösser, was bereits in leicht geneigtem Terrain zu massiven Mehrkosten führen kann. Der Beizug eines Spezialisten für Stallbauten ist aufgrund der produktionstechnischen und der rechtlichen Spezialnormen zu empfehlen.

[Fredi Leuthold, Stv. Regionalbüroleiter, Landwirtschaftliches Bau- und Architekturbüro Küssnacht a. R.]

TEC21, Mi., 2009.01.07

07. Januar 2009

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