Editorial

Bei den entscheidenden Fragen zur Familienpolitik und Kinderbetreuung befand sich die deutsche Politik noch bis zur Jahrtausendwende buchstäblich in einer Art komatösem Tiefschlaf – ganz so, als ob sich die Welt für Frauen und Familien seit den 1960er Jahren nicht verändert hätte. Erst die Weckrufe des ersten PISA-Schocks im Jahr 2000 und der zeitgleich von Demoskopen lancierten Sorge, die Deutschen würden aussterben, wenn sie weiterhin so wenige Kinder zur Welt brächten, führten dazu, dass bis dato eine hitzige innenpolitische Auseinandersetzung über den Ausbau von Kinderkrippen, die Erhöhung des Kindergelds und die so genannte »Herdprämie« (das Betreuungsgeld für Eltern, die ihre Kinder zu Hause erziehen) stattfindet. Aufgabe einer auf die Dokumentation von realisierten Beispielen, geplanten Projekten sowie Wettbewerbsentscheidungen spezialisierten Architekturzeitschrift ist es sicher nicht, die aktuelle Debatte und das mittlerweile daraus entstandene Flickwerk an eingeleiteten Maßnahmen zu kommentieren. Dennoch zeigte sich bei der Recherche und Auswahl der Objekte für diese Ausgabe einmal mehr, welchen Einfluss politische Entscheidungen letztlich auch auf die Architektur haben. Wenn es Bauherren beziehungsweise den Trägern der Einrichtungen an finanziellen Möglichkeiten mangelt, kann ein Kindergarten hierzulande oft nicht mehr als eine »Aufbewahrungsstätte« sein. Aufgabe der Architekten ist es, räumliche Konzepte zu entwickeln, die den Kindern – trotz oder gerade wegen der bislang unbefriedigenden Situation – eine anregende, kindgerechte Umgebung ermöglichen. Die in dieser Ausgabe vorgestellten Beispiele stammen überwiegend aus anderen Ländern; sie zeigen, was eigentlich auch hier möglich sein müsste.

Inhalt

Zum Thema
Kinderwelten | Josef Lenz

Bauten
Kindergarten in Tachikawa | Tezuka Architects
Kindertagesstätte in Kopenhagen | Dorte Mandrup Arkitekter
Betriebskindergarten in Verona | Antonio Citterio and Partners
Kinderkrippe in Ávila | BmasC arquitectos
Kindergarten in Covolo di Pederobba | C S Associati Architetti
Kindergarten in Ludwigsburg | Kai Dongus
Kindergarten in St.Anton am Arlberg | AllesWirdGut Architektur ZT GmbH
Kindergarten in Marmoutier | Dominique Coulon architecte
Erweiterung eines Kindergartens in Neumarkt im Mühlkreis | Schneider & Lengauer Architekten
Jugendhaus in Kopenhagen | PLOT = BIG JDS
Kinderhort, Seniorenwohnungen und Drogenentzugsklinik in Dublin | Henchion Reuter Architects

Projekte
Jugendzentrum und Boxclub in Dublin | Henchion Reuter Architects
Jugendzentrum in Santoña | MiSC arquitectos
Wohnhaus für Kinder und Jugendliche in Hamburg | J. MAYER H. Architekten mit Sebastian Finckh
Kinderkrippe und Kindergarten in Rom | Ebner Ullmann mit Andreoletti/Valentino

Hochschularbeit
Jugend- und Kulturzentrum in Madrid | Corina Dietrich

Wettbewerbe
Jugendzentrum in Starnberg
Kindertageseinrichtungen in Systembauweise in München
Kindertagesstätte in Berlin-Mitte

Kinderwelten

Kinder, ihre Lebenswelten, ihre Zukunft und Bildungschancen sowie die Perspektiven für Familien sind Themen, die auf der gesellschaftlichen Agenda ganz oben stehen. Häufig leider nur aus demographischen Gesichtspunkten betrachtet. Aber haben Kinder Bedeutung für Architekten, Stadtplaner und Landschaftsarchitekten? Wenn ja, in welcher Art und Weise?

Die Aneignung von Architektur und des öffentlichen Raumes gestaltet sich je nach Altersphase der Kinder unterschiedlich. Eine Aneignung zu animieren anstatt sie zu verhindern, sollte auch der Architektur wichtig und möglich sein. Bauen für Kinder scheint auf den ersten Blick eine einfache Aufgabe zu sein, bei der allerdings Architekten schnell in den Konflikt geraten, zwischen kindgerecht oder kindisch unterscheiden zu müssen. Doch wenn man bereit ist sich auf die Kinder einzulassen, wird schnell klar, dass das Entwerfen von Gebäuden als Spielwelt für Kinder eine komplexe Herausforderung darstellt. Die Möglichkeiten Kinder jeden Alters eine Spielwelt und eine Welt des Lernens zu bieten, sind für die Architektur condiciones sine quibus non – notwendige Bedingungen.

In der Kindheit einen Garten

Verstecken in verwinkelten Gassen, Fußball auf der Straße, streunen durch Wiesen und Wälder, Baumhäuser als Phantasieschlösser. Die Arbeitswelt der Erwachsenen in Haus und Hof, die Mühsal der Gartenarbeit und die einhergehende Erfahrung von Witterung oder die Stunden hoher handwerklicher Konzentration in Großvaters Werkstatt – all das sind Erlebnisse und Räume, durch die Kinder vielseitig angeregt wurden. War es früher ganz selbstverständlich, dass Kinder an den Arbeiten der Erwachsenen teilhaben konnten, so ist innerhalb weniger Jahrzehnte eine Veränderung eingetreten. Was für viele von uns Selbstverständlichkeiten waren, sind heute bloß schöne Erinnerungen, deren Erlebiswert sich vielen Kindern heute nicht mehr bieten wird.
Im Alltag eines Kindes gibt es immer weniger Augenblicke, in denen es sich aus seinem eigenen Interesse heraus beschäftigen kann. Aber genau bei solchen Beschäftigungen lernen Kinder besonders intensiv. Heutzutage sind Kinder in ihrem Alltag in Termine und Verpflichtungen eingebunden – natürlich nur, zu ihrem Besten. Schule, Sportverein und Musikschule lassen kaum Momente zum Träumen, Trödeln oder Spielen. Denn Kinder sollen ja zu eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeiten heranwachsen. Die Grundlage erschöpft sich also nicht im Nachdenken darüber, wie man das Kind lehren und erziehen kann, sondern wie man ihm eine Umgebung schaffen kann, die seiner Entwicklung förderlich ist, um dann in dieser Umgebung sich auch frei entwickeln zu können. Könnte nicht der Garten als Metapher eines Ortes oder eines Raumes dazu dienen, eine informelle Plattform für eine Kinderwelt bereitzuhalten, die im weitesten Sinne zur Kontemplation und Muße einlädt, damit Kinder Zeit geschenkt bekommen? Dieser Grundgedanke Platons und des von ihm ausgestalteten Olivenhain Akademos, dem ersten »Akademischen Schule«, wäre ein Ort in dem das Sich-Wundern, das kindliche Staunen oder auch das Unbehagen gegenüber der Welt ein Gesicht bekommen könnte.

Gras wächst nicht schneller, wenn man daran zieht

Unendlich viele disparate Gesichtspunkte beim Bauen für Kinder gilt es zu berücksichtigen. Ein Puzzle aus Themenfeldern, das sich aus Aspekten der Soziologie, wie der Medizin, aus Fragmenten der Pädagogik, wie der Psychologie zusammensetzt. Es gibt kein Grundrezept, das man pauschal für ein Gelingen brauchbarer Kinderwelten anwenden kann. Im Mittelpunkt steht sicher die pädagogische Orientierung, die Konzepte einer Gesellschaft und deren Vorstellung von Erziehung in der Bandbreite von Summerhill bis Montessori und vieler weiterer Facetten.
Kleinkinder sind in einer Phase der Entwicklung, in der ihre Einstellung, ihr Vertrauen in das Leben, ihre Phantasie und ihre Kreativität geprägt werden. Daher ist es sehr wichtig, dass die sie umgebenden Objekte und Räume, Rücksicht auf diese, noch in der Entwicklungsphase befindenden Persönlichkeiten nehmen. Die Räume in denen Erziehung und Leben stattfinden, also in Architekturräumen, spielt daher für Kinder eine nicht unwesentliche Rolle in diesem Aneignungsprozess. Eine Voraussetzung für kindgerechte Architektur, das Bauen der Kinderwelten, ist, dass dieses Bauen unter Einbeziehung der Kinder stattfindet. Ein Bauen für Kinder ist daher eher erfolgreich, wenn das Entwickeln dieser Welten gemeinsam mit den Kindern geschieht. Wer mit Kindern in der Rolle als »Bauherr« zu tun hat, der lernt sehr schnell diese andere Perspektive zu sehen und wer die Welt der Kinder beobachtet, kann sich von ihr inspirieren lassen. Aus solch einem Entwurf kann eine experimentierfreudige, moderne Architektur entstehen, eine Architektur die Funktionalität, Sinnlichkeit und Phantasie verbindet.
Kindergärten und Schulen, die sichtbetoniert modisch sind, sind für viele Architekten Vorbilder. Sind sie es auch für Kinder? Viele Beispiele zeigen, wie unterschiedlich Architekten mit Kinderräumen umgehen. Aber wesentlich bedeutsamer ist die Reaktion der Kinder auf diese gebauten Räume. Wie sie ihre Räume beschreiben, worauf sie achten. Vieles wird von Kindern anders an- und wahrgenommen, als es sich Architekten vorstellen.
Aus vielen Erfahrungen können wir schließen, dass die Kinder selbst entscheiden, ob diese Architektur gelungen ist oder nicht. Kinder erobern ihre Welt, sie gestalten sie und diese Möglichkeiten zu unterstützen wäre nicht nur die Aufgabe der Architekten. Partizipation und Geduld sind zwar nicht die alleingültigen Annäherungswege an Kinderwelten aber sie können einen kreativen Geist zu außergewöhnlichen Ergebnissen führen.

Kinder brauchen Raum und Zeit

Dies vor allem für sich. Ein schwedisches Sprichwort – »Ein Kind hat drei Lehrer: Der erste Lehrer sind die anderen Kinder. Der zweite Lehrer ist der Lehrer. Der dritte Lehrer ist der Raum.« – beschreibt den Raum, damit die Architektur als ein Vorbild für Kinder und dies sicher nicht im Sinne Euklids, sondern definitiv als Werkzeug des eigenen Gestaltens, der eigenen Wahrnehmung. Unsere Lebenswelt und damit auch die unserer Kinder, ist Leben in Raum und Zeit und kann nicht unabhängig dieser Bedingungen gedacht werden. Die daraus entstehende Notwendigkeit, den Raum konzeptuell zu gestalten, führt uns Architekten zum Gestalten eines modernen Mensch-Raum-Zeit-Verhältnisses, das weit entfernt von einfacher Funktionspragmatik sich als kreatives Entwurfswerkzeug anbietet.
Zu Beginn des 20.Jahrhunderts gab es keine speziellen Räume für Kinder, denn Kinder gingen zum Spielen nach draußen, in die unmittelbare Wohnumgebung. Ihre Orte erreichten die Kinder zu Fuß. In den letzten 30 Jahren ist eine Trennung von Außen- und Innenräumen zu beobachten. Der moderne (Lebens-)Raum ist für Kinder kein einheitliches erfahrbares Phänomen mehr, denn der primäre Raumtopos der Wohnung, der Straße bis hin zum Quartier ist dem Modell des »verinselten« Lebensraumes gewichen. Die Merkmale dieser veränderten Lebenswelt in der Moderne wird in der Soziologie mit der These der »Verinselung« umfangreich beschrieben. Damit einhergehend wird eine weitere Tendenz sichtbar: Eine zunehmende Nutzung geschlossener Räume (Stichwort: Verhäuslichung). Diese Veränderungen der Außenräume bedingt auch eine Veränderung der Innenräume, wie wir dies am größeren Wohnraumbedarf und der Stellung und Bedeutung des »Kinderzimmers« ablesen können. Kinderzimmer sind kleine adaptierte oder oktroyierte Lebenstypologien zwischen Mädchenland der Prinzessin Lillifee oder Baukasten.
Um Räume aneignen zu können, brauchen Kinder Zeit. Raum-Zeit, die notwendig ist, um einen Raum im Geiste als Plattform abzuschreiten und auszuloten. Aus Kindersicht ist Architektur dann lebendig, wenn Einbauten und Verdichtungen in eine räumliche Konfiguration möglich sind. Eine informelle aktive räumliche Nutzung im zeitlichen Intervall gilt als Ideal der Architekturaneignung. An den gebauten Kinderwelten der Architekten Peter Hübner und Christoph Forster, die Zeit und Raum den Kindern schenken, ist das Modell der Partizipation ein Ansatz der gelungene Architektur hervorbringt. An ihren Projekten für Kinder und Jugendliche, spürt man, dass die Einbeziehung der Kinder zu ganz erstaunlichen, vielleicht etwas unkonventionellen, aber vor allem für die Nutzer optimalen Ergebnissen führen. Eine andere Gruppe junger Planer unter dem Namen »Baupiloten« hat sich ebenfalls die Einbeziehung der Nutzer, die Partizipation als Leitfaden vorgenommen und zum Programm gemacht. Ihre Projektentwicklung zusammen mit Kindern und Jugendlichen bringen ganz erstaunliche phantasievolle Ergebnisse zutage. Nicht nur die Teilhabe am Erschaffen ihrer Welt stimuliert Kinder und Jugendliche, es ist auch die räumliche Komplexität, die sie und auch wir für unser Wohlbefinden benötigen.

Die Entwicklung des erkennbaren Raumes

Hier schließt sich ein scheinbarer Kreis, der Architekten und Kinder verbindet. Architekten wollen Räume entwickeln mit den unterschiedlichsten Zielen: Ein großes Universum, eine bunte Burg, ein Haus als Spielgerät und manche bauen gar ein schräges Schiff. Raumentwicklung aus Image, Geschichten oder Ideen?
Die Entwicklung einer Raumvorstellung bei Kindern geht auf zwei unterschiedlich, zeitlich aufeinander folgenden Ebenen vor sich. Der Entwicklungsprozess beginnt auf der Wahrnehmungsebene und verfestigt sich auf der Vorstellungsebene. Erst bei sieben- bis achtjährigen Kindern entwickeln sich Proportionen, Abstände oder die Koordination der Perspektive zu einer Raumkonstruktion, zu einem erkennbaren Raum. Auf diese Fähigkeit ausgerichtet, sich mit der Theorie und dem Hintergrund von Raum-Zeit-Verhältnissen bei Kindern zu beschäftigen, bedeutet auch, sich mit der Entwicklung und den Bedürfnissen des Kindes auseinanderzusetzen. Durch diesen »Umweg« ist es erst möglich, eine Architektur zu erschaffen, die Kinder als eigenständige Wesen in ihrer Entwicklung weiterträgt.

Architektur + Wettbewerbe, Di., 2008.03.18

18. März 2008 Josef Lenz

Kindertagesstätte in Kopenhagen

Das Quartier um die Skanderborggade und die Krausesvej ist durch eine bunte Mischung von Gebäuden geprägt: Die dichte Blockrandbebauung aus der Gründerzeit wird durch einzelne Villen unterbrochen, darüber hinaus gibt es eine größere brachliegende Fläche, die im Zuge der Stadterneuerung entstanden war. Der Block Skanderborggade/Krausevej selbst besteht aus fünfeinhalbgeschossigen Bauten, die einen besonders engen Hof umschließen, der fast kein Sonnenlicht erhält.
Der Auftrag bestand darin, eine Kindertagesstätte für drei Gruppen zu planen, welche bei Bedarf zu einer Vorschule umgebaut werden kann. Das Raumprogramm sah drei Gruppenräume vor, denen jeweils eine Umkleide zugeordnet ist, einen Gemeinschaftsraum, einen Waschraum, eine Küche sowie Büro- und Nebenräume. Zudem sollten Freibereiche vorgesehen werden, die annähernd die gleiche Fläche aufweisen sollten, wie die Innenräume selbst. Mit ihrem Entwurf gelang es den Architekten – trotz der strengen Vorgaben des Planungsrechts – dem Wunsch des Bauherren nach einer größtmöglichen Verknüpfung zwischen den Freibereichen auf Erdgeschoss- und Dachniveau zu entsprechen; zudem macht der Entwurf das Beste aus der unvorteilhaften Orientierung des Grundstücks zur Sonne. Der Neubau nutzt die zur Verfügung stehende Baufläche maximal aus. Vom Freibereich im Erdgeschoss führt eine schräge Ebene wie eine Art Böschung direkt bis auf das Dach der Kindertagesstätte. Der elliptische Einschnitt in das Gebäude zeichnet den Lauf der Sommersonne von Nordosten nach Nordwesten nach. Unter der schrägen Fläche befindet sich eine unbeheizte Spielfläche mit einem Stützenwald, die vor allem dann genutzt werden kann, wenn es draußen regnet. Zwei Oberlichter in der Dachebene bringen Tageslicht in das Gebäude. Die Verkehrsflächen konnten minimiert werden, indem beispielsweise die Garderobe mit dem Windfang und dem Foyer zusammengelegt wurde oder die Gruppenräume direkt vom Gemeinschaftsraum aus erschlossen werden. So war es möglich, die gemeinschaftlich genutzten Flächen um insgesamt 80 Prozent größer zu machen als ursprünglich gefordert. Der Gemeinschaftsraum bildet das Zentrum der Einrichtung und ist direkt mit der Küche, den Spielbereichen, der Garderobe und den Personalräumen verbunden. Der gemeinsame Eingang zur Kindertagesstätte liegt in der Krausevej. An den Eingangsbereich schließt sich der Gemeinschaftsraum und der »Stützenwald« an. Die Küche ist zum Gemeinschaftsraum großzügig geöffnet. Die drei Gruppenräume haben jeweils eine unterschiedliche Form und wurden zu unterschiedlichen Himmelsrichtungen orientiert. Vom ersten Gruppenraum gelangt man direkt zum abgerundeten Spielhof mit der Rampe; der zweite Gruppenraum hat Zugang zu einem weiteren kleinen Hof im Westen. Der dritte Gruppenraum öffnet sich nach Norden zu einem ruhiger gelegenen Hof; über eine schmale Verbindung gelangt man aber ebenso auch zu dem kleinen Hof im Westen. Der Hof im Norden ist vor Straßengeräuschen weitgehend abgeschirmt und wurde mit Laubbäumen bepflanzt.

Architektur + Wettbewerbe, Di., 2008.03.18

18. März 2008



verknüpfte Bauwerke
Kindertagesstätte in Kopenhagen

Kindergarten in Ludwigsburg

Im städtebaulich inhomogenen Umfeld an der Schnittstelle zwischen einer Wohnbebauung aus den 1970er Jahren und einem Industriegebiet wurde für das vergleichsweise kleinmaßstäbliche »Kinderhaus« bewusst die strenge Grundform des Quadrates gewählt. Die zweigeschossige Bauweise führte zu einem geringen Flächenverbrauch und einer größtmöglichen Ökonomie – Kriterien, welche für die Durchführbarkeit dieses Objektes von besonderer Bedeutung waren. Der Besonderheit des Ortes entsprechend sind das Erdgeschoss und das Obergeschoss gegeneinander um 90 Grad verdreht. Zudem wurden die Flure als breite, großzügige Spielbereiche angelegt. Im Erdgeschoss öffnen sich diese nach Osten zum Garten mit Morgensonne, im Obergeschoss nach Süden zu einem Grünzug. Flankiert werden diese Spielbereiche von Nebenraumspangen, in welchen sich Garderoben-, Sanitär- und Technikräume befinden. Die periphere Lage der Gruppenräume ermöglicht deren optimale, zweiseitige Belichtung. Durch bodentiefe Verglasungen können auch Kleinkinder schöne Ausblicke in die Umgebung genießen. Große Schiebetüren öffnen die Gruppen- und Mehrzweckräume im Erdgeschoss zur Natur.

Das gesamte Kindergartengebäude wurde als Holzständer- beziehungsweise Massivholz-Konstruktion ausgeführt. Dies umfasst sowohl tragende wie auch nichttragende Wände und alle Decken. Die Konstruktion lässt sich wegen der klaren Grundrissgeometrie je Geschoss in neun quadratische Würfel mit Abmessungen von 9 x 9 Meter einteilen. Somit ergeben sich über beide Geschosse 18 quadratische Grundrissflächen, die teilweise zu größeren Rechtecken zusammengefasst wurden. Die Decken bestehen im Kern aus Brettschichtholzträgern, die im unteren Deckenbereich durch Querhölzer verbunden sind. Die unterste sichtbare Holzlage ist mit einer Profilierung in Spannrichtung versehen. Durch die Integration von Absorberelementen wirken die Elemente schalldämmend, weshalb keine weiteren akustischen Maßnahmen erforderlich waren. Die Spannweite der Decken konnte durch Integration der Wände in den Servicebereichen auf jeweils etwa sieben Meter reduziert werden. Im Bereich des Treppenaufganges sind die Deckenelemente auskragend. Die Wände wurden in konventioneller Rahmenbauweise mit Füllhölzern aus Konstruktionsvollholz, Brettschichtholz und beidseitiger Beplankung ausgeführt. Als Material für die Beplankung wurden Drei-Schicht-Platten aus Douglasienholz mit 21 Millimeter Stärke gewählt. Wie im Holzbau üblich, konnte auch hier durch den hohen Vorfertigungsgrad des Holzbaugewerkes eine äußert kurze Bauzeit vor Ort erzielt werden. Die Fassadenverkleidung besteht aus hinterlüfteten Holzwerkstoffplatten mit Kupferverkleidung.

Architektur + Wettbewerbe, Di., 2008.03.18

18. März 2008



verknüpfte Bauwerke
Kindergarten in Ludwigsburg

4 | 3 | 2 | 1