Editorial
„'für die jugend' auf dem umschlag – und kein einziger jugendlicher auf den bildern!“ dieser stossseufzer, wurde anlässlich der Übergabe dieses heftes an unsere grafikerinnen ausgestossen. nicht seitens der redaktion, haben wir uns doch längst an die menschenleeren bilder der architekturfotografen gewöhnt. und doch gaben die folgenden fragen zu denken: sind solche aufnahmen vielleicht charakteristisch für eine architektur, die überhaupt nicht mit ihren bewohnern rechnet? makellose bilder ein ausdruck davon, dass nutzer und gebrauch als kontamination, deren spuren als lästige beschmutzung aufgefasst werden?
die menschenleeren architekturbilder wären demnach ausdruck einer menschenverachtenden architektur. so naheliegend und einleuchtend der gedanke scheint, ist er doch allzu einfach und wohl in den allermeisten fällen falsch. in seiner „wissenschaftlichen selbstbiographie“ erzählte aldo rossi, wie er sich ein bild vom grossen lichthof der universität zürich gewünscht habe, weil ihm dieser gerade so lieb und teuer war, wie er mit den vielen studierenden und voller leben üblicherweise ist. heinrich helfenstein fotografierte den raum dann allerdings an einem feiertag, menschenleer. „was er erfasste“, erkannte rossi, „ist dessen bereitschaft, bewohnt zu werden. auf dieser fotografie erscheint das leben, welches das gebäude ausfüllen könnte, wie aufgehoben.“ die leere halle zeigt sich als ein gefäss voller möglichkeiten. die architektur und das leben, so scheint das bild zu sagen, sind nicht dasselbe, sondern sie ergänzen sich. der bau bietet den rahmen, die bühne oder ganz einfach raum für das leben, mit all seinen unwägbarkeiten – gerade weil dieses nicht teil der architektur ist. die redaktion